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100 Fragen zu Palliative Care

Die wichtigsten Grundlagen für Ihren Arbeitsalltag. Mit einem Grußwort von Dr. Sr. Liliane Juchli

von Ingrid Hametner (Autor:in)
168 Seiten
Reihe: Pflege Praxis

Zusammenfassung

Ein würdevolles Sterben ist das große Ziel, dem sich die Pflege immer stärker verpflichtet fühlt. Das hat auch die Politik verstanden: Das neue Hospiz-Palliativ-Gesetz sieht Palliative Care als regulären Bestandteil der Versorgung. So liegt in der 3., aktualisierten Auflage dieses Buches der Akzent noch stärker auf der Selbstbestimmung des Einzelnen. Auch das Angebot einer bedarfsgerechten Versorgung wird thematisiert. Ingrid Hametners praktisches Kompendium bietet somit Pflegefachkräften und Angehörigen zu den alltäglichen Fragen rund um Palliative Care Antworten: Von A wie Appetitlosigkeit bis Z wie Zorn.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Grußwort

Palliative Care – ein Thema, das in den letzten Jahren mehr und mehr ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gekommen ist. Das ist sicher kein Zufall. Die demografische Situation hat sich in den vergangenen Jahren radikal verändert. Immer mehr Menschen werden älter. Das Ende des Lebens kann immer weiter hinausgeschoben, die aktive Lebensphase deutlich erweitert werden. Die aktuelle Altersdiskussion und die Schlagzeilen rund um das Thema »Aktive Sterbehilfe« zeigen die Kehrseite der Medaille: Wer nicht mehr leben will, dem kann »geholfen werden«. Bei solchen Diskussionen wird kaum gefragt, ob dieser Mensch auch wirklich nicht mehr leben möchte. Alter und Krankheit können schwerwiegende Einschränkungen mit sich bringen, doch dies sind nicht die alleinigen Gründe, wenn ein Mensch seinen Tod vorzeitig herbeiführen will. Es ist vielmehr der Umgang mit Alter, Krankheit und deren Begleitprozessen, die das Leben oft nicht mehr lebenswert erscheinen lässt. Häufig wird auch argumentiert, ein durch Krankheit und Leiden belastetes Leben sei »unwürdiges Leben«, das um der Würde willen beendet werden könne oder gar müsse. Dem ist klar, eindeutig und unmissverständlich entgegenzuhalten, dass exakt dieses Argument der Würde des Menschen diametral entgegensteht.

Die Grundlage der humanen Gesellschaft sind nach wie vor die Menschenrechte. Ihr Ausgangspunkt ist die unveräußerliche Würde jedes Menschen. Gemeint ist damit, dass den Menschen Würde zukommt, weil sie Menschen sind. Sobald wir mit der oben angeführten Problematik konfrontiert sind, wird die Brisanz dieser Grundlage offensichtlich. Von der menschlichen Würde auszugehen, heißt, einen Menschen unabhängig von seinem körperlichen oder psychischen Gesundheitszustand immer als Person zu achten. In dieser Achtung ist auch die Verpflichtung enthalten, versehrtes Leben nicht auszugrenzen.

Hier liegt die große Chance des Konzepts der Palliative Care. Sie verweist, gerade auch in der Diskussion um die »aktive Sterbehilfe«, auf ein »lebenswertes Leben«, das dann zur Wirkung kommen kann, wenn es einen Ort findet, wo es im Angesicht von Leiden und Sterben begleitet und in Liebe umsorgt wird. Es gilt anzunehmen, dass sich mit der Erkrankung, insbesondere in der terminalen Phase des Lebens, zwangsläufig eine Verschiebung der Werteordnung ergibt. Es muss neu bestimmt werden, was als wertvoll gilt und worauf (noch) Wert gelegt wird. Dies ist nicht nur für die Betroffenen eine große Herausforderung, sondern auch für die betreuenden Personen – Angehörige Ärzte und Pflegende – denen diese Menschen zur Betreuung und Pflege anvertraut sind.

Palliative Care-Angebote nützen den Menschen letztlich aber nur, wenn sie auch die Institutionen erreichen, in denen nach die meisten Menschen sterben, nämlich Krankenhaus und Pflegeheim, und wenn die für die Pflege und Therapie zuständigen Personen das nötige Rüstzeug haben: Schulung und Weiterbildung.

Ein Buch, wie das hier vorliegende, kann und will dazu einen Beitrag leisten. In seiner Konzeption ist es ein praktisches Kompendium, das zu den alltäglichen, wie auch zu besonderen Fragen Antworten gibt. Wer schwerkranke und sterbende Menschen pflegt und begleitet, wird vor stets neuen Problemen und Fragen stehen. Dieser kleine Ratgeber ersetzt kein Grundlagenwerk oder gar Lehrbuch für Palliative Care, aber er ist eine sinnvolle und zweckmäßige Ergänzung, und kann vor allem im Praxisfeld, also dort wo diese Menschen betreut werden, eine große Hilfe sein.

Die Autorin dieses Buches hat in vielen Jahren Erfahrungen mit dem Konzept der Palliative Care und seiner Umsetzung bei schwerkranken und sterbenden Menschen sammeln können. Sie hat dieses Konzept theoretisch reflektiert, in Schulung und Beratung eingesetzt und immer wieder an den neuen Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung überprüft, wie auch den sich verändernden Praxisanforderungen angepasst.

Möge das Buch vor allem jenen Menschen ein Begleiter sein, die sich im Alltag mit dem unausweichlichen Widerspruch von Institutionalisierung und Menschlichkeit auseinandersetzen müssen. Menschen wollen menschenwürdig leben und den Kranken und Sterbenden ein menschenwürdiges Umfeld ermöglichen, gleichzeitig aber sind wir auch konfrontiert mit dem Trend einer Gesellschaft, die nach raschen Lösungen sucht. Palliative Care kann aber keine raschen Lösungen anbieten und ist vielleicht darum auch eine unbequeme Herausforderung an die Gesellschaft.

Pflegende erfahren in ihrem Alltag, im Zusammenleben mit den hilfs- und pflegebedürftigen Menschen, dass es oft mehr Fragen gibt als Antworten. Vielleicht werden sie aber gerade in der Auseinandersetzung damit zu neuen und unerwarteten Antworten finden. Etwa so wie Martin Buber es einmal ausdrückt: »Ich habe mit ihnen zu tun bekommen, vielleicht habe ich etwas zu vollbringen; aber vielleicht habe ich nur etwas zu lernen … Es kommt jetzt nur darauf an, dass ich das Antworten auf mich nehme.«1

Im letzten gilt, dass sich Palliative Care – will sie der Wortbedeutung entsprechen – an den Begleitenden orientiert, die Pflegebedürftige darin unterstützen, was diese als heilend, tragend und bergend erfahren.

Ich wünsche mir, dass dieses Buch von Ingrid Hametner eine breite Leserschaft findet, dass es auf Menschen stößt, die Fragen stellen und nach Antworten suchen, Antworten, die oft rasch gebraucht werden und die gleichzeitig einen langen Atem erfordern.

Zürich, im Januar 2011 Sr. Liliane Juchli (1933-2020)

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1 Vgl. Buber M (1973): Das dialogische Prinzip. Schneider Verlag, Heidelberg.

Vorwort zur 4., aktualisierten Auflage

Wir erleben derzeit intensiv die Bedrohung des Lebens durch eine weltweite Pandemie. Obwohl wir wissen, dass Leben immer gefährdet ist, führt uns das Covid-19 Virus die Zerbrechlichkeit des Lebens und den Tod täglich vor Augen.

In enger Verbindung zu Palliative Care dürfen wir uns als Gesellschaft dabei nicht in erster Linie an Statistiken orientieren, sondern müssen auch in diesen Zeiten das »Sterben in Würde« thematisieren. Die 4. Auflage meines Buches kann sich dem gewaltigen Thema »COVID 19« nur am Rande zuwenden. Alles andere wäre anmaßend. Verschiedene anerkannte Fachautoren haben Empfehlungen, Handlungsrichtlinien oder Hinweise zur Unterstützung schwerkranker Menschen in der Corona-Pandemie erarbeitet, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte und deren Quellen Sie im Buch finden.

Wir werden nicht umhinkommen, die gesellschaftliche Herausforderung wahrzunehmen, um Strukturen zu schaffen, die die Sicherheit vermitteln, auch am Lebensende gut versorgt zu sein. Dies gilt gerade auch jetzt angesichts der Corona Pandemie, bei der alle Beteiligten in einem bislang ungeahntem Ausmaß gefordert sind.

Bei der Bearbeitung dieser Auflage wurde mir deutlich, dass sich inzwischen viele Menschen mit dem Thema »Sterben in Würde« auseinandersetzen. Die Angst, dass es auch anders sein könnte, spielt dabei eine große Rolle. Diese erleben wir in der vermehrten Diskussion zu einer neuen gesetzlichen Regelung des assistierten Suizids. Wichtiger denn je scheint es, dem sogenannten CARE-Gedanken – als einem zentralen Element einer am humanistischen Menschenbild orientierten Gesellschaft – zu folgen.

Dazu gehört, dass Pflegearbeit in den professionellen Bereichen endlich entsprechend ihrer Bedeutung für das Wohlergehen der sterbenskranken Menschen gesehen und bewertet wird. Die beruflich Pflegenden bringen sich in den interdisziplinären Teams »auf Augenhöhe« mit den anderen Teammitgliedern ein und beeinflussen damit die Qualität der gesundheitlichen Versorgung der ganzen Gesellschaft.

Wie ich in meiner Beratertätigkeit erlebe, ist in den letzten Jahren in den unterschiedlichen Versorgungsformen die Bereitschaft groß, die Lebensqualität von Menschen am Lebensende weiterhin zu verbessern. Das geschieht durch eine institutionalisierte Palliativ-Kultur unter Beachtung der Grundsätze von Palliative Care. Diese Kultur verdanken wir allen Beteiligten und natürlich den interdisziplinären Teams und den ehrenamtlichen Hospizbegleitern, die ihre Rolle mit Persönlichkeits-, Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz ausfüllen.

Mit dem Hospiz- und Palliativgesetz 2015 gelang die Übernahme der Palliativversorgung von Menschen in der letzten Lebensphase in das Regelwerk der Gesetzlichen Krankenversicherung und die Stärkung der spezialisierten Palliativversorgung. Begleitet durch die Hospiz- und Palliativbewegung ist dieser wichtige Schritt gelungen.

Damit wird die Entwicklung des humanistischen Anspruchs auf ein »würdiges« Leben bis zuletzt weitergehen. Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland wurde inzwischen zu Handlungsempfehlungen im Rahmen einer Nationalen Strategie entwickelt und 2016 veröffentlicht.

Die gesellschaftliche Zielsetzung muss weiterhin darin bestehen, dass schwerkranke und sterbende Menschen mehr Unterstützung in ihrer schwierigen Lebenssituation und pflegende Angehörige zusätzliche Entlastung erfahren. Die Vorausplanung der gesundheitlichen Versorgung (Advance Care Planning = ACP) am Lebensende kann dazu eine Hilfe sein. Das Hospiz- und Palliativgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, es muss »gelebt werden«.

Um betroffene Menschen und ihre Angehörigen zu beraten und um in multiprofessionellen Teams arbeiten zu können, brauchen alle Akteure eine entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung und fachliche Begleitung. Die Strukturqualität in der institutionellen Versorgung benötigt außerdem Stellenschlüssel, die eine Wertigkeit der sorgenden Berufe verdeutlicht.

Mein Buch betrachte ich – und so wird es mir von den Lesern rückgemeldet – als einen Ratgeber für alle Ratsuchenden zur Begleitung und Pflege von Menschen in ihrer letzten Lebensphase.

Er enthält viele praktische Hilfen für die täglichen Aufgaben und ermuntert alle Beteiligten, Menschen in ihrer letzten Lebensphase nicht allein zu lassen. Es ist wichtig zu wissen, dass wir nicht nur am Lebensanfang Menschen brauchen, die unserer Mutter beistehen, sondern dass wir alle auch am Lebensende Menschen brauchen, die uns und unseren Angehörigen beistehen und etwas von Palliative Care verstehen.

In diesem Zusammenhang danke ich Ruprecht Schmidt vom Hospiz Leuchtfeuer, Heiner Melching von der DGP, Thorsten Ohlmann von der Kanzlei am neuen Hafen, Christine Doherr vom Haus im Park, einer Spezialeinrichtung für Menschen mit Demenz, und Christel Ludewig von der Palliative Care Akademie des DFA Hamburg für ihren fachlichen Rat.

Ich danke allen »Hospizlern« vom Hospizmodell Bremerhaven, dem Vorstand und den Koordinatoren, für die Verbundenheit, die unter uns Hospizlern existiert.

Ich fühle mich den Teilnehmern der Weiterbildungen zu Palliative Care weiterhin verbunden und begleite sie in Zusammenarbeit mit Monika Herda in entsprechenden Anschlussseminaren im Ev. Bildungszentrum Bad Bederkesa auf ihrem Weg.

Mein ganz besonderer Dank gilt meinem einzigartigen Mann und meiner genialen Lektorin Claudia Flöer, die mich beim Schreiben hervorragend unterstützt haben.

Ich gedenke in Dankbarkeit meiner wertgeschätzten Mentorin Dr. hc. Sr. Liliane Juchli, die leider am 30.11.2020 verstorben ist..

Ich danke meinen Lesern in Deutschland, der Schweiz und Österreich und wünsche mir, dass sie meinen Ratgeber weiterhin als Mutmach-Buch erleben und es sie zu einer vertieften Beschäftigung mit Fragen rund um Palliative Care anregt.

»Ich bin mir nicht sicher, wer mehr Angst hat, der schwerkranke Mensch oder die Begleiterinnen oder der Begleiter«2 – mit diesem Zitat von Luise Reddemann möchte ich Sie ermutigen, weiterhin Fragen zum Sterben und zum Tod zu stellen; vielleicht finden Sie hier die eine oder die andere Antwort darauf.

Bremerhaven, im März 2021 Ingrid Hametner

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2 Vgl. Reddemann L, Wetzel S (2018): Der Weg entsteht unter Deinen Füßen – Achtsamkeit und Mitgefühl in Übergängen und Krisen. Kreuz Verlag, Freiburg.

1. Frage:Was ist Palliative Care?

Der Begriff »Palliative Care« stammt aus England und bezeichnet ein multidisziplinär angelegtes Behandlungs-, Pflege- und Betreuungskonzept für Menschen in der letzten Lebensphase. Frei übersetzt kommt der Begriff von »Pallium« (lat. = Mantel und »Care« engl. = Fürsorge), sodass er sich vereinfacht ausgedrückt als »umhüllende Fürsorge« deuten lässt.

Definition Palliative Care

Die WHO (2002) definierte Palliative Care einen »Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen, und zwar durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, Einschätzen und Behandeln von Schmerzen sowie anderer belastender Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.«*

*https://www.dhpv.de/themen_hospiz-palliativ_palliative-pflege.html

Das Ziel von Palliative Care ist, die bestmögliche Lebensqualität für Patienten und deren Familien zu erreichen. Palliative Care als internationaler Ausdruck für Palliativmedizin hat sich auch als Terminus für Palliativmedizin und Palliativpflege im deutschsprachigen Raum etabliert.3

2. Frage:Welchen Grundsätzen folgt die Palliative Care?

Zur Orientierung werden folgende Grundsätze angegeben:

Exzellente Schmerz- und Symptomkontrolle

Integration von psychischen, sozialen und seelsorgerischen Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen und des Behandlungsteams, sowohl bei der Krankheit als auch beim Sterben und in der Zeit danach

Akzeptanz des Todes als Teil des Lebens. Durch eine deutliche Bejahung des Lebens soll der Tod weder beschleunigt noch hinausgezögert werden. Palliativmedizin ist eine eindeutige Absage an aktive Sterbehilfe

Kompetenz in den Fragen der Kommunikation und der Ethik

3. Frage:Wann ist Palliative Care notwendig?

Wenn alle kurativen (lat. heilenden) Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind, wird Palliative Care notwendig. Der Patient wechselt von der behandelnden Versorgungsform in eine palliativmedizinisch-pflegerische Versorgung über. Verkürzt ausgedrückt spricht man von Lindern, wenn Heilen nicht mehr möglich ist. Palliative Care bedeutet allerdings nicht, lediglich zu lindern, sondern – wenn möglich – Symptome erfolgreich zu behandeln. Der Symptomkontrolle kommt eine besondere Bedeutung zu, da sie das Maß für die Lebensqualität des Patienten ist. Die Übergänge von der kurativen Therapie zur palliativen Therapie sind fließend.

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Info

Die University of Edinburgh hat einen Leitfaden zur Identifikation von Patienten, die von einer Palliativversorgung profitieren können, erstellt. Er kann auch zum palliativen Basisassessment sowie zur palliativen Versorgungsplanung genutzt werden. Er wird als Supportive and Palliative Care Indicators Tool (SPICTTM)* bezeichnet.

*www.spict.org.uk

4. Frage:Was bedeutet »exzellente Schmerz- und Symptomkontrolle«?

Der Duden4 übersetzt das Wort »exzellent« mit »aufs Beste, ausgezeichnet, bestens, brillant, erstklassig, exquisit, fabelhaft, genial, grandios, herrlich, hervorragend, sehr gut …« So können wir daraus schließen, dass im Rahmen der Schmerz- und Symptomkontrolle das Beste für den Patienten getan werden muss.

5. Frage:Welche körperlichen Symptome finden in der letzten Lebensphase besondere Beachtung?

Die Symptome in der letzten Lebensphase sind vielfältig und belastend: Schmerzen, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit, Schwäche, Obstipation, Dyspnoe (Atemnot), Übelkeit, Schlaflosigkeit, Schwitzen, Dysphagie (Schluckbeschwerden), urologische Symptome wie z. B. Dysurie (erschwerte Harnentleerung), Harnretention (Harnverhaltung), Neuropsychiatrische Symptome (wie z.B. Desorientiertheit, Schwindel, Krämpfe, Somnolenz [Benommenheit]), Dermatologische Symptome (z. B. Juckreiz, Infektionen, allergische und toxische Reaktionen, Dekubitalulzera [Druckgeschwüre]), Erbrechen, Dyspepsie (Reizmagen), Fatigue, Diarrhoe.5

6. Frage:Was ist Schmerz?

»Schmerz ist das, wovon ein Mensch sagt, dass es Schmerz ist – wann immer er das angibt.«6 Es ist ein Phänomen, das den ganzen Menschen betrifft.7

Etymologisch stammt der Ausdruck »Schmerz« vom althochdeutschen »smerzo«. Ein veralteter Begriff ist »Pein«, der eine sprachliche Nähe zum englischen Wort »pain« für Schmerz aufweist. In der Medizin werden die Bezeichnungen »Dolor« aus dem Lateinischen und »Algesie« aus dem Griechischen verwendet. Die Sinneswahrnehmung des Schmerzes wird auch als Nozizeption bezeichnet.

Die Empfindung Schmerz wird als komplexe Wechselwirkungen zwischen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren betrachtet, sodass von einem biopsychosozialen Schmerzkonzept des Menschen gesprochen wird.

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Info

Schmerz ist das, was der Patient als solchen empfindet. Unabhängig von der mutmaßlichen Ursache gilt: Nur der Patient nimmt seinen Schmerz wahr. Also sind alle Schmerzangaben ernst zu nehmen, auch wenn sie zunächst nicht nachvollziehbar erscheinen.

Schmerz bedroht den Patienten in seiner Integrität und ist meist von Angst, Rückzug und Depression begleitet. Schmerz hat auch eine kulturelle Dimension und kann sehr verschieden mitgeteilt werden. Wichtig ist ein vorurteilsfreier Umgang mit Menschen, die Schmerz erleiden. Schmerz ist auch Ausdruck und Kommunikation. Er teilt etwas mit: Verletzlichkeit, Hilfebedürftigkeit, Verzweiflung, Verlangen nach Zuwendung und Rücksicht.8

Leider haben Untersuchungen gezeigt, dass Ärzte oder Pflegefachkräfte den Schmerz häufig geringer einschätzen als der Patient. Schmerz ist eine der am stärksten mit Angst besetzten Erfahrungen.9 Unter diesem Aspekt haben die Schmerzerkennung und Schmerzbehandlung einen wesentlichen Anteil an der Palliative Care. Die Schmerzerkennung ist der erste Schritt zur Schmerzbekämpfung und es gilt, alle an der Begleitung von Menschen in der letzten Lebensphase Beteiligten dafür zu sensibilisieren, dass die meisten Menschen Angst davor haben, unter Schmerzen sterben zu müssen.

Schmerz und Palliativmedizin sind ein umfassendes Thema. Die Linderung von Schmerzen ist ein ureigenes Anliegen des ärztlichen Auftrages.

10 Die Symptomkontrolle des Schmerzes hat besonders in der Terminal, Präfinalphase und Finalphase oberste Priorität.11

Wichtig »Medikamentöse Behandlung in der Finalphase

festes Zeitschema

regelmäßige Applikation

ausreichende Bedarfsmedikation

gute Beobachtung der Symptome und des Verlaufs

Dosisanpassung, ggf. Umstellung der Applikation durch den Arzt

Erfolgskontrolle«*

* Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (2005). Palliative Care. Lehren + Lernen + Leben. Im Internet: https://www.dgpalliativmedizin.de/.../Die%20letzte%20Lebens-phase%20-%20fachlich

Natürlich greift eine medikamentöse Schmerzbehandlung – im Rahmen von Symptomkontrolle und Schmerztherapie – viel zu kurz. Komplementäre Therapieansätze spielen in der Palliative Care eine immer bedeutende Rolle.12 In diesem Ratgeber kann ich lediglich darauf verweisen, wie wichtig es ist, sich ausführlicher mit dem Themenbereich zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang weise ich für die Pflegefachkräfte auf die Handlungsrichtlinie des DNQP »Expertenstandard Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen (2011) und chronischen Schmerzen (2015)« hin.

Des Weiteren wird das Thema in allen in der Literaturliste angegebenen Fachbüchern behandelt. Alle im Handel erhältlichen Pflegezeitschriften beschäftigen sich immer wieder mit dem Themenbereich. Das Hospiz Stuttgart13 stellt Palliative Care-Tipps zum Themenbereich »Schmerz« für Angehörige und Betroffene und für ehrenamtliche Begleiter als Download14 zur Verfügung.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) hat 2018 durch die Fachgruppe Pflegeexperten Schmerz einen »Leitfaden für den Umgang mit opioidhaltigen Schmerzpflastern« herausgegeben. Er steht ebenfalls als Download15 zur Verfügung.

Bei Entlassungen von Patienten, die zur Schmerz- und Symptomkontrolle auf Betäubungsmittel eingestellt sind, haben die DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft) und das UKB (Universitätsklinikum Bonn) Hinweise bzw. eine Verfahrensanweisung herausgegeben. Die Verfahrensanweisung des UKB kann über die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin16 bezogen werden. Die Hinweise der DKG zum Verordnungswesen im Entlassmanagement stehen als PDF Datei17 zur Verfügung.

7. Frage:Was versteht man unter »Total Pain«?

Definition Total Pain

Der Begriff »Total Pain« wurde von der großen Pionierin der Hospizbewegung, Cicely Saunders, geprägt. Sie sprach von einem ganzheitlichen Schmerz, der Menschen in ihrer letzten Lebensphase erfassen kann. Total Pain beinhaltet nach ihrer Vorstellung neben dem physischen Leiden auch psychosoziales, soziales und spirituelles Leiden.*

* Vgl. http://www.palliativunna.de/fachinfos/lebensqualitaet.htm

Das Total Pain-Konzept will dafür sensibilisieren, dass die Leidensmomente häufig in Verbindung miteinander stehen. Körperliche Schmerzen können Ängste verstärken, wie auch Ängste das Schmerzerleben intensivieren können. Soziale Verlassenheit kann Gefühle von Heimatlosigkeit hervorrufen, wie auch Ausgrenzung oder mangelnde Würdigung das Gefühl verstärken können, von Gott und den Menschen verlassen worden zu sein. Umfassendes Leiden bedarf einer umfassenden Achtsamkeit und Aufmerksamkeit18. Dazu ein Satz von Schopenhauer19: »Wer ganz mit seinem Schmerz allein bleibt, der lernt den Schmerz.«

8. Frage:Was beinhaltet das Symptom »Mundtrockenheit«?

Mundtrockenheit stellt ein Symptom nahezu aller Patienten in der Terminalphase ihrer Erkrankung da, das aber oft zu wenig Beachtung findet.20

Da der Mund eine der wahrnehmungsstärksten Regionen des Körpers ist, wird jegliche Beeinträchtigung der Mundschleimhaut als unangenehm oder sogar schmerzhaft erlebt. Auch bei ausgeglichener Flüssigkeitsbilanz kann Mundtrockenheit auftreten.21 Diese Trockenheit kann als Folge verminderter Speichelbildung, durch Verdunsten des Speichels bei Mundatmung, bei Fieber, als Nebenwirkung von Antidepressiva, Neuroleptika, Opioiden oder anderen Medikamenten, natürlich auch durch mangelnde Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme und durch Angst entstehen.

Aus welchen Gründen sie auch entstanden ist, bedarf dieses Symptom immer einer besonderen Beachtung, da die Mundtrockenheit einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensqualität des Patienten hat.

Wenn der Mund trocken ist, entstehen bei den Betroffenen quälende Wünsche, den Mund anzufeuchten, Durstgefühle, Schwierigkeiten beim Kauen, Schlucken und Sprechen, schmerzhafte Missempfindungen im Mund, evtl. Mundgeruch, Beläge und Borken auf der Zunge, Appetitlosigkeit und Veränderungen des Geschmacks, um nur einige Auswirkungen zu nennen. Es lässt sich ableiten, wie wichtig die Anerkennung dieser Belastung ist, um Hilfestellung zu geben, wenn die Person keine ausreichende Mundbefeuchtung mehr durchführen kann.

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Info

Eine gute Mundpflege in der Sterbephase durchzuführen, ist eine besondere Herausforderung. Mit Übernahme oder Hilfestellung bei der Mundpflege erleben Pflegekräfte ihre Beziehung zum Kranken neu. Einerseits können sie dem Kranken damit etwas Gutes tun, Nähe geben und Intimität spüren. Andererseits wird ihnen zunehmend bewusst, welch große Verantwortung sie ihm gegenüber haben.

Franke, Haller & Napiwotzky22 eben neben wichtigen Hinweisen zur Durchführung der Mundpflege, Angebote zur Behandlung der Mundtrockenheit und entsprechende Hinweise zu Materialien, die dafür bereitgehalten werden müssen. Über eine spezielle Mundpflege, z. B. bei entzündlichen Prozessen oder Borken und Belägen im Mundraum, haben Kränzle et al.23 einen übersichtlichen Beitrag verfasst.

Es ist jedoch zu bedenken, dass die Mundpflege die Freiwilligkeit des sterbenden Menschen voraussetzt und das kann auch bedeuten, dass die Mundpflege – z. B. wenn die verbale Kommunikation nicht mehr möglich ist durch Verschließen des Mundes abgelehnt wird.

Hilfreich kann es sein, wenn bekannt ist, welche Flüssigkeiten/Getränke die sterbende Person zur Erfrischung bevorzugt hat. Es gehört eine sorgfältige Beobachtung der Reaktionen dazu und selbstverständlich eine Haltung, nichts gegen den Willen des Patienten/der Patientin durchzuführen.

9. Frage:Was versteht man unter Appetitlosigkeit im Rahmen der Symptomkontrolle?

Definition Appetitlosigkeit

Unter Appetitlosigkeit wird eine Abneigung gegen Essen oder eine Lustlosigkeit hinsichtlich des Essens verstanden. Häufig wird diese Abneigung auch auf das Trinken ausgeweitet. Wenn etwas gegessen oder getrunken wird, entsteht schnell ein Sättigungsgefühl.

Weil Essen und Trinken wesentliche Elemente des Lebenserhalts darstellen, wird die Appetitlosigkeit von den erkrankten Personen, aber noch stärker von ihren Angehörigen, als sehr bedrohlich wahrgenommen. Genussvoll essen können ist meist eng mit dem eigenen Wohlbefinden verknüpft. Nicht mehr essen zu können, bedeutet sterben zu müssen.24 Es gibt Kliniken die bereits Informationsblätter für Angehörige entwickelt haben, um auf die Appetitlosigkeit im Zusammenhang mit bestimmten Krankheitsbildern hinzuweisen und um Verständnis für das Verhalten der erkrankten Person zu bitten. Die Informationsblätter können Beratungsgespräche mit der betroffenen Person und Gespräche mit den Angehörigen ergänzen.

Bei anhaltender Appetitlosigkeit entstehen Störungen, die bis zur Kachexie (krankhafter Abmagerung) reichen können. Die Ursachen für die Appetitlosigkeit können krankheitsbedingt, z. B. bei Tumorerkrankungen, therapiebedingt, z. B. durch Medikamente, aber auch psychisch, z. B. durch die belastende Situation, bedingt sein. Ein praktisches Beispiel, wie sensibel der Koch eines Hospizes mit diesem Thema umgeht, können Sie in Frage 10 und 11 lesen, deren Antworten von Ruprecht Schmidt stammen.

10. Frage:Was ist wichtig, wenn man für sterbenskranke Menschen kocht?

»Die Bewohner sind nicht meine Gäste, denen ich etwas anbiete, was ich mir ausgedacht habe, sondern sie geben mir vor, was und wie ich es zu kochen habe. An erster Stelle stehen die Wünsche der Bewohner. Es geht nicht darum, dass ich mich am Herd austobe, sondern um die Umsetzung der Essenswünsche. Oft sind die Wünsche mit Erinnerungen verbunden. Erinnerungen an die Kindheit, an den Partner, an eine Reise. Diese gilt es herauszuhören, zu hinterfragen, damit es gelingen kann, das Essen annähernd so zu kochen, wie es sich der Bewohner vorgestellt hat. Dann gehe ich als Koch an den Herd und setze den Wunsch um. Mein Handeln folgt einer Richtschnur:

Ermutigen. Oft äußern die Menschen ihre Wünsche nicht, weil sie nicht wissen, ob sie das Gewünschte später auch essen können, z. B. wegen Übelkeit. Betonen, dass es nicht auf die Menge ankommt. Hauptsache, der eine Bissen/Löfel war ein Genuss.

Miteinander reden. Oft kommen die Menschen aus Krankenhäusern und haben mit dem Essen aufgehört. Im Gespräch muss man dann herausfinden, was sie mögen, womit sie vielleicht wieder anfangen wollen, womit man sie begeistern kann.

Flexibel sein. Mancher will erst nur eine Milchsuppe, ein paar Tage später soll es schon ein Steak sein.

Zurückhaltend sein. Nicht zu viele Vorschläge unterbreiten, denn mancher ist schon vom Zuhören »satt«

Sensibel wahrnehmen. Auch damit klarkommen, dass das Essen als Ventil genutzt wird. »Ich kann nichts mehr essen«, bedeutet auch, dass mir klar wird, dass ich bald sterben werde. ?Essen heißt, ich lebe noch.?

Nicht dem Kalorienwahn verfallen. Diese Menschen sollen genießen!

Keinen Zwang ausüben. Nicht zum Essen überreden; anbieten, aber nicht erzwingen. Das machen oft die Angehörigen, die diese Situation nicht ertragen können

Liebevoll sein. Egal, was gekocht wird, es sollte mit Sorgfalt und Liebe gekocht sein; gute (frische) Produkte verwenden.«25

11. Frage:Gibt es überhaupt kulinarische Wünsche in einem Hospiz?

»Ja. Und die Wünsche sind so unterschiedlich wie die Menschen, die hier wohnen. Es kann eine Suppe sein, ein frisch gepresster Saft, oder auch eine gebratene Scholle, Rinderroulade, ein Stück Käse, ein Glas Sekt oder Rotwein. Manche Menschen möchten an einer bestimmten Diät weiter festhalten, andere wiederum genießen ihre (wiedergefundene) Freude am Essen. Dahinter kann oft der Gedanke stehen, dass es mir ja nicht so schlecht geht, wenn ich noch essen kann. Denn: ?Essen heißt, ich lebe noch.?«26

12. Frage:Was wird unter »Freiwilligem Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit« in der Palliative Care verstanden?

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Info

Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) stellt für Menschen in palliativen Situationen eine Möglichkeit dar, das Sterben zu beschleunigen, um ihr Leiden zu begrenzen. Das Ziel von Palliative Care ist es, schwer kranke und sterbende Menschen ihren Wünschen entsprechend zu begleiten und ihr Leiden zu lindern. Trotzdem können manche Menschen an einen Punkt kommen, an dem sie das Sterben gern beschleunigen würden, um ihr Leiden zu verkürzen. Der Tod durch FVNF tritt innerhalb von Tagen oder Wochen ein.*

* Vgl. Chabot B, Walther C (2012/2017): Ausweg am Lebensende: Sterbefasten – Selbstbestimmtes Sterben durch freiwilligen Verzicht auf Essen und Trinken. Reinhardt, Freiburg.

Menschen können in unterschiedlichsten Lebenssituationen entscheiden, auf Essen und Trinken zu verzichten, um den Tod herbeizuführen. Ich möchte an dieser Stelle nur auf die spezielle Situation von Menschen in einer palliativen Situation eingehen. Einen Menschen zu begleiten, der sein Leben willentlich verkürzt, löst bei den Beteiligten eine moralische Irritation aus. Dieser Wunsch muss immer im Spannungsfeld der persönlichen Freiheit des Einzelnen, über sein Leben entscheiden zu können, und der Pflicht des Staates, Leben zu schützen, betrachtet werden. Als Orientierung kann helfen, dass der Patient entscheidungsfähig sein muss und gut über palliativmedizinische Hilfen – z. B. Symptomlinderung/Symptombekämpfung informiert sein soll. Das Gefühl, anderen zur Last zu fallen, muss genauso wie eine psychische Erkrankung ausgeschlossen werden.

An diesen Beispielen lässt sich erkennen, dass in jeder professionell begleiteten Pflegesituation eine Haltung der Akzeptanz zur Entscheidung der anderen Personen eingeschlossen ist – auch wenn sie möglicherweise der eigenen moralischen Haltung widerspricht. Gleichzeitig darf die professionelle Hilfe nicht aufgegeben werden. Der Einzelne muss die Möglichkeit haben, dieses Vorhaben jederzeit zu unterbrechen, abzubrechen oder weiterhin durchzuführen. Es beinhaltet jedoch ebenso, das die Teammitglieder sich der Aufgabe stellen beim Patienten zu bleiben und ihn weiter zu begleiten.27 »Die FVNF bleibt nur erträglich, wenn ausreichend Mundpflege betrieben wird.«28

Eine ethische Fallbesprechung zu diesem komplexen Geschehen hat sich in der stationären Altenpflege zum Wohl des Bewohners, aber zur Entlastung der Angehörigen und zur Entlastung der Teammitglieder bewährt.

Der Verzicht auf Nahrung bei Menschen mit Demenz oder psychisch erkrankten Menschen bedarf einer eigenen fachlichen Auseinandersetzung die hier an dieser Stelle nicht vorgenommen werden kann.

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Info

Viele unheilbar kranke und sterbende Menschen haben nur noch wenig Interesse an Essen und Trinken. Das sollte nicht mit der Absicht des Verzichtes auf Nahrung und Flüssigkeit zur schnelleren Herbeiführung des Todes verwechselt werden. Hier ist wieder Empathie, Verständnis und ein Angebot von Unterstützung angezeigt, wie es in den Antworten (image 10. Frage: Was ist wichtig, wenn man für sterbenskranke Menschen kocht?) (image 11. Frage: Gibt es überhaupt kulinarische Wünsche in einem Hospiz?) von Ruprecht Schmidt deutlich wird, der als Koch im Hamburger Hospiz Leuchtfeuer arbeitet. Er ist international durch seine sozialen Kompetenzen in seinem Aufgabenfeld bekannt und zu Vorträgen über seine Arbeit gefragt.

13. Frage:Was ist »Fatigue?«

Der Begriff Fatigue (ausgesprochen Fatieg) kommt aus dem französischen und englischen Sprachgebrauch und bezeichnet eine extreme Müdigkeit. In den USA wurde diese spezielle Erschöpfung von Cella (1995) als Tumorerschöpfung bezeichnet.

Wichtig Symptomatik der Fatigue

Fatigue drückt sich durch außerordentliche Müdigkeit, mangelnde Energiereserven und massiv erhöhtes Ruhebedürfnis aus. Der Schlaf führt allerdings nicht zur Regeneration. Die Betroffenen klagen über Müdigkeit, Lustlosigkeit (Gefühl, sich zu allem zwingen zu müssen), Mangel an Motivation oder an Interesse, den normalen Alltagsaktivitäten nachzugehen, generalisierte Schwäche, Verlust der körperlichen Belastbarkeit, ausgeprägte emotionale Reaktionen auf Erschöpfung, wie z. B. Angst, nicht wieder gesund zu werden, gestörte Schlafmuster, wie übermäßiges Schlafbedürfnis oder Schlaflosigkeit, Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags.

Die Zusammenstellung der Symptome zeigt, dass die Fatigue für den Patienten eine höchst belastende Lebenssituation darstellt und die Lebensqualität stark einschränkt. Gesunden Menschen fehlt oft das Verständnis für die Auswirkungen von Fatigue, da ihnen das Leiden häufig unbekannt ist und nur schwer nachempfunden werden kann.29 Nicht verwechselt werden darf Fatigue mit Schwäche. Ebenso muss zwischen Fatigue und Depression unterschieden werden.30

Da Fatigue die Lebensqualität erheblich mindert, brauchen die betroffenen Patienten soziale Unterstützung. Sie trauen sich häufig nicht darüber zu sprechen, da sie es als Schwäche betrachten.

Als Orientierungshilfe führen Kayser et al. zentrale Zielsetzungen der Behandlung an:

Verstärkende Faktoren mindern,

Hilfen für die Belastungen geben,

vorhandene Ressourcen aktivieren,

Balance zwischen Unter- oder Überforderung, z. B. mithilfe eines Energietagebuches, ermöglichen, um Kräfte einzuteilen und energiesparend zu leben

Immer wieder ist die Balance zwischen Aktivität und Ruhe zu fördern. Aber auch gezieltes körperliches Training und Bewegung zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit werden als Maßnahmen gegen dieses besonders belastende Symptom empfohlen. Es ist außerdem wichtig, auch die Angehörigen und selbstverständlich auch die Kostenträger gezielt aufzuklären. Die Tumorerschöpfung (cancer-related fatigue CrF) zählt zu den schwerwiegenden Symptomen, die mit einer Krebserkrankung einhergehen und betrifft nahezu alle Patienten vor, während und nach der Tumortherapie. Entsprechend dem »?state of art? sollte CrF von Beginn der Diagnosestellung über den Behandlungszeitraum hinaus sorgfältig erfasst werden ...«31

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Info

Kostenloses Info Material kann bei der Deutschen Fatigue Gesellschaft e.V. (DFaG), Postfach 511170, 50947 Köln (www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de) angefordert werden.

14. Frage:Was bedeutet Obstipation im Rahmen der Palliative Care?

Unter Obstipation versteht man die unregelmäßige bzw. fehlende Entleerung von hartem Stuhl, wobei die Defäkation (Entleerung) fast immer mit Schmerzen einhergeht. Obstipation ist sehr häufig bei schwerkranken Menschen.32

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Info

Die besondere Obstipationsgefährdung von Palliativpatienten wird durch folgende Faktoren begünstigt: eingeschränkte Mobilität, schlechter Allgemeinzustand mit Schwäche, evtl. mit abgeschwächter Bauchpresse, schlechter Ernährungs- und Flüssigkeitsstatus/ Flüssigkeitsdefizit, Unvermögen ausreichend ballaststoffreiche Ernährung aufzunehmen – evtl. Herabsetzung der Peristaltik mit dem Anstieg der Stuhltransitzeit, dadurch vermehrte Rückresorption von Wasser; als Ergebnis kommt es zur Stuhlverhärtung, die Verwendung obstipierender Substanzen, wie z. B. Opioiden, trizyklische Antidepressiva, Diuretika u. a.

Häufige Beschwerden des Patienten, die auf eine Obstipation hinweisen, sind neben der verzögerten Obstipation abdominelle Schmerzen, Meteorismus, Defäkationsprobleme, Appetitlosigkeit, Übelkeit, evtl. Erbrechen. Der Patient beschreibt Beeinträchtigungen durch Schmerzen, Blähungen, Aufstoßen, schlechten Geschmack. Psychisch werden Störungen, die im Zusammenhang mit der Defäkation stehen, nur schwer verkraftet, da abdominelle Symptome häufig schambesetzt sind. Alle Patienten mit Risikofaktoren für eine Obstipation sollten prophylaktisch antiobstipative Substanzen erhalten. Allgemeine Maßnahmen, wie die Sicherstellung einer ausreichenden Mobilisation oder Flüssigkeitszufuhr, sind bei Patienten in einem reduzierten Allgemeinzustand häufig nicht durchführbar. Deshalb ist eine medikamentöse Behandlung mit Laxanzien Standard.33

15. Frage:Was ist eine Dyspnoe?

Bei der Dyspnoe handelt es sich um das subjektive Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen, mit und ohne objektive Ursachen. Das Wort setzt sich zusammen aus dem griechischen Ursprung »dys« für »schwierig« und »pnoe« für »Luft« und wird als »unangenehm empfundene, erschwerte Atemtätigkeit« übersetzt.

Definition Dyspnoe

Die American Thoracic Society definierte den Begriff 1999/2012 als subjektive Erfahrung von Atembeschwerden, die qualitativ unterschiedliche Empfindungen wechselnder Intensität beinhaltet. Dieses Erleben leitet sich aus dem Zusammenwirken von physiologischen, psychologischen, sozialen und Umweltfaktoren ab und kann weitere physiologische Reaktionen und Verhaltensreaktionen hervorrufen.*

* Vgl. Bausewein C, Simon S (2013): Atemnot und Husten bei Palliativpatienten. In: Dtsch Arztebl Int 2013; 110(33-34): 563-72; DOI: 10.3238/arztebl.2013.0563 Im Internet: www.aerzteblatt.de/archiv/145226/Atemnot-Husten-bei-Palliativpatienten

»Atemnot kann kontinuierlich als Symptom bestehen und durch Attacken verstärkt werden. Viele Patienten leiden ohne ständige Atemnot ?nur? anfallsweise unter Atemnot. Beide Situationen werden als sehr bedrohlich erlebt, häufig verbunden mit akuter (Todes) Angst, und müssen schnellstmöglich gelindert

werden.«34

Nach Student & Napiwotzky35 ist die Atemnot sehr häufig ein Aufnahmegrund für die stationäre Palliativversorgung. Wir wissen, dass die Dyspnoe bei schwerkranken Tumorpatienten ähnlich wie der Schmerz gefürchtet wird. Da Atem mit Leben verbunden wird, entsteht bei einer Dyspnoe Angst vor einem Erstickungstod. Der Patient klagt über das Gefühl, nicht genügend Luft zu bekommen. Diese Äußerung ist – genau wie bei Schmerzangaben – der Maßstab für das weitere Handeln. Es muss unbedingt beachtet werden, dass sich die Pflegekraft nicht von dem Angstgefühl anstecken lässt, da dies die Ängste des Patienten verstärken würde.

Wichtig Lufthunger, Kurzatmigkeit und Beklemmungsgefühle = Atemnot

Die Dyspnoe sollte nicht mit Hypoxie (Sauerstoffmangel), Tachypnoe (gesteigerte Atemfrequenz) oder Bradypnoe (reduzierte Atemfrequenz, verlangsamte Atmung), Hyperpnoe (vertiefte Atmung) oder Hyperventilation (beschleunigte Atmung und tiefer, als für den Stoffwechsel erforderlich) verwechselt werden.*

* Vgl. Kayser et?al. 2018

Zu bedenken ist immer: Atemnot löst Angst aus, Angst begünstigt Atemnot.36 Zur medikamentösen Therapie stehen Opioide, Kortikosteroide, Bronchospasmolytika und Sedativa zur Verfügung.37

Palliative-Care-Tipps zum Thema »Atemnot« sind in einem Download des Hospiz Stuttgart (image 6. Frage: Was ist Schmerz?) erhältlich. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) hat ihre Empfehlungen ergänzt und Informationen zur Symptombehandlung von Luftnot, Angst, Unruhe und Verwirrtheit bei COVID-19 vorgelegt.38

Im Vordergrund der Handlungen steht ein Wahrnehmen des subjektiven Erlebens des Patienten, um dadurch einen Teufelskreis, der die Verstärkung der Angst und Luftnot enthält, zu verhindern. Im multiprofessionellen Team rechtzeitig Notfallplan zur Dyspnoe anlegen. Die Linderung gelingt meist ebenfalls nur, wenn die unterschiedlichen Anteile der Therapie (Begleitung, Physio, Medikamente) ineinandergreifen und individuell auf den Menschen abgestimmt sind.

»Lebensqualität bedeutet nicht nur die Dämpfung der Atemnot, sondern die Möglichkeit, den Alltag mit wenig fremder Hilfe zu bewältigen. Auch bei eingeschränkter Lungenfunktion ist häufig eine Verbesserung der Mobilität möglich.«39

16. Frage:Was versteht man unter »death rattle«?

Unter »death rattle« wird die sogenannte Rasselatmung verstanden, die der sterbende Mensch entwickeln kann. Es handelt sich um die geräuschvolle Atmung von sterbenden Menschen in den letzten Stunden oder Tagen vor dem Tod.

Diese geräuschvolle Atmung selbst ist vermutlich weniger ein Ausdruck direkter Atemnot, unter der der sterbende Mensch leidet, als vielmehr ein mechanisch-funktionelles Ereignis, der sich hin und her bewegenden Schleimansammlung bei gleichzeitig vorhandener schlaffer Schlundmuskulatur sowie der Unfähigkeit, durch aktives Husten oder Schlucken den Schleim wirksam zu beseitigen. Ihr Auftreten deutet auf den nahen Tod hin.40 Entsprechend der Schleim- und Sekretproduktion unterscheiden Clemens & Klaschik41 zwei Arten, als Typ I und II benannt, die unterschiedlich medikamentös behandelt werden können.

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Info

Inwieweit der Sterbende selbst durch das Geräusch seiner Atmung beeinträchtigt wird oder es als Atemnot empfindet, ist ungeklärt. Vermutlich wird die Rasselatmung vom Sterbenden nicht mehr wahrgenommen.* Für die Angehörigen, Hospizbegleiter und die Pflegekräfte ist es aber ein sehr belastendes Symptom.

* Vgl. Clemens & Klaschik 2006

Das Wissen um die Ursache und darüber, dass das Rasseln den Sterbenden vermutlich nicht belastet, ermöglicht es, die Geräusche besser auszuhalten. Information und Beratung hat in dieser Pflegesituation eine ganz besondere Bedeutung. Findet keine oder eine ungenügende Information und Aufklärung über die Rasselatmung statt, kann diese sich erschreckend in das Gedächtnis der Angehörigen einprägen.

Wichtig Therapiemöglichkeiten

Frühzeitige Gabe von Scopolamin s. c. (nur noch in der internationalen Apotheke erhältlich): meist 1,2–2,4?mg/24 h oder 0,4 mg 4-stündlich oder Scopolaminhybrobromid-Pflaster; das allerdings als Transdermales-Pflastersystem (1 mg/72 h Scopolamin TTS®) auch in Deutschland angeboten wird. Dabei ist es außerordentlich schwierig einzuschätzen, was »frühzeitig« bedeutet. Auch erhält man durch die Gabe von Scopolamin meist wenig überzeugende Ergebnisse.*

Anticholinergika – die Entscheidung trifft der Arzt

Absaugen ist bei Todesrasseln in der Regel nicht indiziert, da das Sekret viel zu tief sitzt, um nach oben transportiert werden zu können. Nur wenn sich Schleim in der Mundhöhle befindet, kann dieser mit dem Absauggerät entfernt werden, ohne den Patienten allzu sehr zu belasten.

* Vgl. Kränzle 2014/2018, Kayser et al. 2018

Pflegende und betreuende Personen können beim Anblick eines Menschen, der um jeden Atemzug ringt, leicht selber »außer Atem« geraten. Hier ist es wichtig, bewusst den eigenen Atemrhythmus beizubehalten. Auch das bewusste »sich erden«, indem die Aufmerksamkeit auf den Stand der eigenen Füße auf dem Boden gerichtet wird, befreit davon, sich mit dem Sterbenden zu identifizieren und dessen Atemnot zu übernehmen.42

17. Frage:Was bedeutet das Symptom »Pruritis« in der Palliativsituation?

Etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten mit einer Tumorerkrankung leiden zumindest zeitweilig unter Pruritis43 (Juckreiz). Es gehört zu den schwierigsten zu behandelnden Symptomen in der Palliative Care.

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Info

Am Zustandekommen von Pruritis sind laut Pschyrembel (2017)* das vegetative Nervensystem, die Hirnrinde, die Psyche, aber auch das Gefäßsystem und die Schmerzrezeptoren der Haut, innere Organe und Hormone beteiligt.

* Pschyrembel W. (2017): Pschyrembel – Medizinisches Wörterbuch. De Gruyter, Berlin.

Der Juckreiz wird vom Patienten als höchst unangenehm wahrgenommen und führt zum reflexartigen Kratzen, das bis zur Zerstörung der Hautoberfläche reichen kann. Bei sehr starkem Juckreiz verspürt der Patient Beschwerden, die sogar schmerzartig wahrgenommen werden können. Der Juckreiz kann so quälend sein, dass er die Lebensqualität erheblich einschränkt. Es ist zu bedenken, dass der Juckreiz zusätzlich zu anderen Problemen wie Angst, Schmerzen, Unruhe, Schlaflosigkeit auftritt.

Hier ist es wichtig, die Beschreibungen des Patienten sehr ernst zu nehmen und in enger Zusammenarbeit im Team Ursachen zu ermitteln und den Juckreiz gleichzeitig zu bekämpfen. Pflegerisch stehen Waschungen zur Verfügung, die lindernd wirken können, aber auch Einreibungen der Haut bis hin zu sanften Massagen mit einer weichen Bürste. Es gibt verschiedene medikamentöse Maßnahmen, die zur Linderung von Juckreiz führen können.44

18. Frage:  Warum treten Dekubitalulzera in der letzten Lebensphase auf?

Ein Dekubitus ist ein ernsthaftes Gesundheitsproblem, das mit erheblichen Einschränkungen für den betroffenen Patienten einhergeht. In der veröffentlichten internationalen Leitlinie des Nationalen Dekubitus Ausschusses in den USA (NPAUP) und des Europäischen Dekubitus Ausschusses (EPUAP) wird ein Dekubitus definiert als eine örtlich begrenzte Schädigung der Haut und (oder) des darunter liegendes Gewebes; in der Regel über Knochenvorsprüngen. Er ist das Ergebnis von Druck oder Druck in Kombination von Scherkräften.45

Auch in der Palliativen Pflege muss auf die Verhinderung von Dekubitalulzera größter Wert gelegt werden. Der dadurch verursachte Schmerz, Geruch und die Infektionsgefährdung durch die verlorene Hautbarriere – um die körperlichen Auswirkungen zu nennen – stellen eine große Belastung dar. Zusätzlich können die Belastungen mit Angst, Phantasien, Ekel und Gedanken, wie etwa: »Ich verfaule« verstärkt werden. Natürlich ergibt sich durch die Auswirkungen der dem Sterbeprozess zugrunde liegenden Erkrankung auch eine besondere Gefährdung für die Entstehung von Dekubitalulzera.

Im aktuellen Expertenstandard »Dekubitusprophylaxe in der Pflege«, wird die Risikoeinschätzung wie folgt beschrieben: »Die Pflegefachkraft beurteilt mittels eines systematischen Vorgehens das Dekubitusrisiko aller Patienten/Bewohner, bei denen eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Dies geschieht unmittelbar zu Beginn des pflegerischen Auftrags und danach in individuell festzulegenden Abständen sowie unverzüglich bei Veränderungen der Mobilität, der Aktivität oder bei Einwirkung von externen Faktoren, zum Beispiel Sonden, Katheter, die zur erhöhten und/oder verlängerten Einwirkung von Druck und/oder Scherkräften führen. In der Pflegeleitlinie der DGP Sektion Pflege wird auf die Besonderheit der Dekubitusprophylaxe während der letzten Lebensphase eingegangen.«46

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3 Vgl. Kayser H, Kieseritzky K, Melching H, Sittig, HB (2018). Kursbuch Palliative Care. UNI-MED, Bremen

4 https://www.duden.de/rechtschreibung/exzellent

5 Vgl. Aulbert E, Nauck F, Radbruch L (2011): Lehrbuch der Palliativmedizin. Schattauer Verlag, Stuttgart.

6 McCaffery, zit.n. Student JC, Napiwotzky A (2011): Palliative Care – Pflegepraxis. Thieme Verlag, Stuttgart.

7 Vgl. ebd.

8 Vgl. Kayser et?al. 2018

9 Knipping C in Schärer-Santschi E, Steffen-Bürgi B, Staudacher D et. al. (Hrsg.) (2017): Lehrbuch Palliative Care. 3. Aufl., Hogrefe, Göttingen.

10 Vgl. Kayser et?al. 2018

11 Vgl. Kern M, Nauck F (2006): Die letzte Lebensphase. Definitionen und Begriffe. Im Internet: https://www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/pdf/fachkompetenz/Die%20letzte%20Lebens-phase%20-%20personliche%20Kompetenz.pdf

12 Vgl. Bernatzky G, Likar R et?al. (2007): Nichtmedikamentöse Schmerzbehandlung. Springer, Wien.

13 Vgl. Haller S, Napiwotzky A, Student C (2011): Schmerz. Im Internet: https://www.elisabeth-kuebler-ross-akademie.de/palliative-care-tipps/

14 Vgl. https://www.elisabeth-kuebler-ross-akademie.de/palliative-care-tipps/

15 https://www.dbfk.de/media/docs/download/Allgemein/Leitfaden-Schmerzpflaster-2.-Auflage_2019.pdf

16 www.dgpalliativmedizin.de

17 www.dkgev.de

18 Vgl. Knipping C (2009): Umfassendes Leiden bedarf einer umfassenden Aufmerksamkeit. In: Age Dossier. Im Internet: https://www.age-stiftung.ch/fileadmin/user_upload/Publikationen/Age_Dossier/Age_Dossier_2009.pdf

19 Schopenhauer, zit. n. Kayser et al. 2018

20 Vgl. Bausewein C, Roller S, Voltz R (Hrsg.) (2018): Leitfaden Palliative Care – Palliativmedizin und Hospiz-begleitung. Elsevier, München

21 Vgl. Student JC, Napiwotzky A (2011): Palliative Care: wahrnehmen – verstehen – schützen. Thieme, Stuttgart.

22 Vgl. Franke E, Napiwotzky A, Haller S (2011): Guten Appetit – Hilfen bei der Nahrungsaufnahme. Palliative Care Tipps für Angehörige und Betroffene und für ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter. Broschüre der Elisabeth-Kübler-Ross-Akademie® für Bildung und Forschung*) im Hospiz Stuttgart.

23 Vgl. Kränzle S, Schmid U, Seeger C (2018): Palliative Care. Handbuch für Pflege und Begleitung. Praxis, Weiterbildung, Studium. Springer, Heidelberg.

24 Student & Napiwotzky 2011

25 Diese Frage beantwortete Ruprecht Schmidt. Er ist Starkoch im Hospiz Leuchtfeuer, Hamburg.

26 dito

27 Vgl. Dtsch. Ärztebl 2014;111(3):A67-71

28 Tolmein O (2018): Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit und rechtliche Fragestellungen in der deutschen Debatte, Zeitschrift für Palliativmedizin Nr.3 /2018.

29 Vgl. Kayser et al. 2018

30 Vgl. ebd.

31 Vgl. ebd.

32 Vgl. Student & Napiwotzky 2011

33 Vgl. Kayser et?al. 2018

34 Bausewein C, Roller S, Voltz R (Hrsg.) (2018): Leitfaden Palliative Care - Palliativmedizin und Hospizbegleitung. Elsevier, München, S. 177

35 Vgl. Student & Napiwotzky 2011

36 Vgl. Kränzle 2018

37 Vgl. Kayser et al. 2018

38 https://www.dgpalliativmedizin.de/images/200401_DGP_Handlungsempfehlung_palliative_Therapie_bei_COVID-19_2.0.pdf

39 Bausewein et al. 2018, S. 178

40 Vgl. Kayser et?al. 2018

41 Clemens KE, Klaschik E (2006): Menschliche Zuwendung ist wichtiger denn je. In: Im Focus Onkologie 7-8/2006. Im Internet: https://www.dgpalliativmedizin.de/images/stories/pdf/Leitlinie_Atemnot_end.pdf

42 Vgl. Kränzle 2018

43 Vgl. Knipping 2009

44 Vgl. Kränzle 2018

45 Kottner J (2010): Ätiologie – Dekubitus entwickeln sich nicht »von oben nach unten«. In: Schwester/Pfleger 10/2010. Bibliomed, Melsungen.

46 DNQP (2017): Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege. 2. Aktualisierung. Osnabrück. DGP Sektion Pflege (2004): Pflegeleitlinie Lagerung in der letzten Lebensphase. Im Internet: https://www.dgpalliativmedizin.de/pflege/pflegeleitlinien.html

Nachdem wir im ersten Kapitel beim ersten Grundsatz der Palliative Care begonnen haben, spielen in diesem Kapitel die Integration von psychischen Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen und des Behandlungsteams bei der Begleitung eine Rolle.

19. Frage:Was sollten wir über die Bedürfnisse wissen?

Wir sind darauf angewiesen, dass uns mit Respekt begegnet wird; dass uns Würde gegeben wird.47 Gerade wenn es uns nicht gut geht, brauchen wir diese besondere Anerkennung. Wenn wir von anderen Menschen abhängig werden, weil wir durch eine Erkrankung so geschwächt sind, dass unsere Selbstversorgung nicht mehr ausreicht, wird dieser Bedarf lebenswichtig. In dieser Lebenssituation kommt es nicht allein darauf an, »unseren Hunger zu stillen«, sondern uns zu verdeutlichen, dass wir als Person gesehen und wahrgenommen werden.

Die Bedürfnispyramide des amerikanischen Psychologen Abraham Maslow ist eine Orientierungshilfe. Maslow gliederte die Pyramide in fünf Stufen.

1. Physiologische Bedürfnisse: Die Basis der Pyramide bilden die physiologischen Prozesse, die dem Überleben bzw. der Homöostase des menschlichen Organismus dienen: Nahrung, Schlaf, Bewegung, Ruhe, Entspannung, Wärme und nicht zuletzt Schmerzlinderung. Wo physiologische Bedürfnisse akut gefährdet werden, können sie zum Hauptanliegen des Betrofenen werden.

2. Bedürfnis nach Sicherheit: Es ist das Bedürfnis, Bedrohung oder Gefahr zu vermeiden. Es drückt das Verlangen nach Zuverlässigkeit und Vertrauen aus. Wo Ordnung und Sicherheit fehlen, wird die Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses an erster Stelle stehen. Ist dieses Bedürfnis befriedigt, kann der Mensch sich Neuem, Unbekanntem zuwenden.

3. Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe: Manchmal wird auch von »sozialen Bedürfnissen« gesprochen. Es ist das Bedürfnis, zu lieben und geliebt zu werden, das Verlangen nach Anschluss und Geselligkeit; der Wunsch, Menschen um sich zu haben, Freundschaften zu schließen, Verbindungen herzustellen und aufrechtzuerhalten.

4. Bedürfnis nach Wertschätzung, Achtung, Respekt: Manchmal wird auch von »Anerkennungsbedürfnis« gesprochen. Es ist ein Verlangen nach Respekt von anderen Menschen, nach Status oder Prestige innerhalb der sozialen Gruppe. Maslow erwähnt hier auch die Selbstachtung, die für ihn wichtiger als die Fremdachtung ist.

5. Bedürfnis nach Selbstverwirklichung: Das Bedürfnis, das zu tun, was der Einzelne als richtig und gut empfindet, die eigenen Entscheidungen zu treffen. Der Begriff »Selbstverwirklichung« verbindet die Vorstellung, dass sich alle Motivationen auf die Selbstentfaltung hin ausrichten, d. h. auf das Bedürfnis, sich zu erhalten und etwas zu gestalten.48

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Info

Obwohl die Bedürfnispyramide auch Kritiker hat, besonders wenn sie als starres Regelwerk betrachtet wird, kann sie als Orientierung dienen. Für die Palliative Care ist sie gerade hinsichtlich des Bedürfnisses nach Selbstbestimmung bzw. unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung hilfreich.

20. Frage:Was ist eine »palliative Haltung«?

Die Wahrnehmung der Bedürfnisse von Menschen, die sich in ihrer letzten Lebensphase befinden, setzt eine bestimmte Haltung des Gesprächspartners voraus. Student & Napiwotzky49 formulierten dafür den Begriff der »Palliativen Haltung«, die sie mit den Fähigkeiten menschliche Wärme, Einfühlsamkeit und wohltätige Einstellung verbinden. Sie zitieren Derek Doyle, der in einer persönlichen Mitteilung 1992 davon spricht, dass Palliative Care für ihn circa 10 Prozent Wissen und 90 Prozent Haltung ausmacht.50

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Info

In der palliativen Pflege bestimmen die Bedürfnisse der Kranken die erforderlichen Maßnahmen. Dabei geht es aber nicht einfach darum, Wünsche zu erfüllen. Ebenso wichtig ist es, den schwerkranken und sterbenden Menschen in seiner psychosozialen, körperlichen aber auch spirituellen Situation wahrnehmen zu können und entsprechend der Ebenen auf die Vorstellungen des Menschen einzugehen.

Um das zu erreichen stellen Student & Napiwotzky* eine Verbindung zu drei Pflegekompetenzen (Wahrnehmen, Verstehen und Schützen) her.

* Vgl. Student & Napiwotzky 2011

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842691032
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (Mai)
Schlagworte
Medizin Onkologie Krebs Pflege

Autor

  • Ingrid Hametner (Autor:in)

Ingrid Hametner ist Diplom-Pädagogin, Krankenschwester, Lehrerin für Pflegeberufe sowie ausgebildete Management- und Personaltrainerin. Seit vielen Jahren arbeitet sie sehr erfolgreich in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Profis im Pflegebereich.
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Titel: 100 Fragen zu Palliative Care