Lade Inhalt...

Das Leber-Buch

Wie halte ich meine Leber gesund? Neue Therapien und Stand der Forschung. Die Leber von A bis Z

von Deutsche Leberstiftung (Herausgeber:in) und Bianka Wiebner (Autor:in)
200 Seiten

Zusammenfassung

Die Leber ist das größte innere Organ des Menschen und erfüllt viele lebenswichtige Aufgaben. Als zentrales Stoffwechselorgan spielt sie eine entscheidende Rolle bei der Entgiftung des Körpers – Alkohol, Medikamente, Fette und Umweltgifte können ihr dabei ebenso zu schaffen machen wie Infektionen oder die Folgen von Stoffwechsel und Autoimmunerkrankungen. Die Leber verdient also vollste Aufmerksamkeit.
In diesem Ratgeber erklärt das hochkarätige Expert*innen-
Team, welche Funktionen die Leber hat, wie sie arbeitet, wie
man Lebererkrankungen erkennen und vorbeugen kann und welche Rolle die Ernährung spielt. Zudem nennen die Mediziner*innen Maßnahmen, mit denen jede*r die Gesundheit der Leber aktiv unterstützen kann.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die Leber ist unser größtes inneres Organ und erfüllt eine Vielzahl von lebenswichtigen Aufgaben. Mit diesem Buch möchten wir Ihnen die Leber näherbringen, Ihnen ihre Aufgaben vorstellen und zeigen, wodurch die Gesundheit der Leber gefährdet wird.

Lebererkrankungen sind wenig bekannt, aber weitverbreitet – wir schätzen, dass mindestens fünf Millionen Menschen in Deutschland an einer Lebererkrankung leiden. Viele sind betroffen, ohne es zu merken. Lebererkrankungen verursachen kaum Schmerzen und weisen uneindeutige Symptome auf. Daher werden Lebererkrankungen oft erst spät erkannt, manchmal zu spät, um schwerwiegende Folgen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs zu vermeiden.

Das Leber-Buch zeigt Ihnen, wie man eine Lebererkrankung rechtzeitig erkennen und behandeln kann. Viele Betroffene stellen die Frage, was sie selbst ihrer Leber Gutes tun können. Dafür soll das Leber-Buch Ihr Ratgeber sein. Gesunde Ernährung ist auch bei Lebererkrankungen wichtig. In diesem Buch finden Sie viele Tipps dazu. Das Glossar bietet Ihnen Informationen zur Leber von A (wie Adenom) bis Z (wie Zyste).

Über die Leber gibt es weit mehr Interessantes zu berichten als die biologischen und medizinischen Fakten. Aufgrund ihrer großen Bedeutung im Körper hat die Leber auch immer im Leben und der Sprache der Menschen eine wichtige Rolle gespielt. Wer kennt nicht die Sage von Prometheus oder „spricht nicht auch mal frei von der Leber weg“? Im Altertum wurde aus der Leber die Zukunft vorhergesagt, sie galt auch als Sitz der Temperamente. In die Literatur hat das Thema beispielsweise durch Isabel Allende („Paula“) Einzug gehalten. Bekannte Musiker wie Beethoven litten an Lebererkrankungen. Diese und viele weitere Geschichten finden Sie im Leber-Buch.

Die Deutsche Leberstiftung setzt sich dafür ein, die Früherkennung von Lebererkrankungen und die Patientenversorgung zu verbessern. Über unsere Arbeit informieren wir Sie ebenfalls in diesem Buch.

Wir wünschen Ihnen eine interessante und anregende Lektüre.

Die Autoren

DIE LEBER – DAS KRAFTWERK DES KÖRPERS

Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan unseres Körpers und hat eine charakteristische dunkel-rotbraune Farbe. Sie findet sich von den Rippen geschützt, direkt unter dem Zwerchfell im rechten Oberbauch. Mehr als ein Viertel des Blutes, das vom Herzen in den Kreislauf gepumpt wird, fließt jede Minute durch sie hindurch (beim Gehirn ist es nur ein Sechstel).

image

Ohne Leber kein Leben!

Die Leber besteht aus einem größeren rechten und einem kleineren linken Lappen. Als Funktionseinheit der Leber dienen die Leberläppchen. Diese werden aus einer Vielzahl von Zellen gebildet, in denen sich hochkomplexe Stoffwechselvorgänge abspielen. Hier finden rund um die Uhr Billiarden biochemischer Reaktionen statt. Die Leber weist eine Besonderheit auf: Sie wird (als einziges Organ) von zwei Blutgefäßen versorgt. Die Pfortader und die Leberarterie treten an der Unterseite in die Leber ein und versorgen das Organ mit Sauerstoff für zahlreiche Stoffwechselvorgänge.

Die Lage der Leber im Bauchraum.

image

Über die Pfortader erreichen Schadstoffe zur Entgiftung sowie Nährstoffe aus dem Magen-Darm-Trakt die Leber. Die im Blut enthaltenen Zucker, Fette, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente werden von den Leberzellen verarbeitet, gespeichert und je nach Bedarf wieder an den Organismus abgegeben. Die Leber spielt somit eine entscheidende Rolle für unser inneres Gleichgewicht; sie ist das Kraftwerk des Körpers.

image

Die Leber erfüllt gleich eine ganze Reihe von essenziellen Aufgaben für den Körper. Die Leber steuert den Stoffwechsel. Ohne die Leber würde der Körper keine Energie erhalten, und wichtige Funktionen wie die Blutgerinnung würden ausfallen. Daher ist ein Leben ohne funktionierende Leber nicht möglich.

Das Organ reguliert den Fett- und Zuckerstoffwechsel sowie den Mineral- und Vitaminhaushalt. Dabei fungiert die Leber als eine Art chemische Fabrik, in der zunächst Eiweiße aus der Nahrung in ihre Bausteine, die Aminosäuren, zerlegt und dann zu körpereigenen Proteinen (Eiweiße) umgebaut werden. Die Leberzellen nehmen auch Kohlenhydrate, Vitamine, Mineralstoffe und Fettsäuren auf und verarbeiten sie. Eiweiße sind beispielsweise wichtig für die Abwehrmechanismen des Körpers. Wird zu wenig Eiweiß für das Immunsystem produziert, leidet der Mensch unter einer Abwehrschwäche und einer Neigung zu Infekten. Ein wichtiges Protein der Leber ist Albumin – es hält das „Körperwasser“ in den Gefäßen. Auch bei Enzymen, Gerinnungsfaktoren und Hormonen handelt es sich vorwiegend um Eiweiße, die in der Leber gebildet werden.

Aus diesen Gründen ist ein Leben ohne funktionierende Leber nicht möglich. Fällt sie aus, droht innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen der Tod.

Ein Depot für alle Fälle

Weiterhin wandelt die Leber überschüssigen Blutzucker zu Glykogen, der Speicherform des Zuckers, um. Der Weg der Nährstoffe in das Kraftwerk ist aber keine Einbahnstraße, die Leber fungiert auch als Depot für Notzeiten und Spitzenbelastungen. Bei Bedarf stellt sie Energie aus ihren Fett- und Stärkedepots wieder bereit. So kann der Körper selbst längere Hungerzeiten überstehen, ohne dass seinen Zellen die lebenswichtige Energie ausgeht. Dies gilt auch für den akuten Bedarf, etwa bei sportlicher Anstrengung. Rasch wird Glykogen in Traubenzucker umgewandelt und den Muskeln zur Verfügung gestellt.

image

Die Leber speichert viele lebenswichtige Substanzen.

Die Leber speichert noch andere Substanzen, ohne die wir nicht leben könnten. So wird Eisen, das aus den roten Blutkörperchen frei wird, teilweise deponiert – ohne Eisen ist kein Sauerstofftransport möglich. Ein wichtiges Speicherorgan ist die Leber zudem für die fettlöslichen Vitamine A (für das Augenlicht), D (für die Knochenstabilität), E (für die Haut und geistige Leistungsfähigkeit) und K (für die Blutgerinnung) sowie für Folsäure und Vitamin B12.

Die Leber wirkt als Depot für lebenswichtige Stoffe.

image

image

Wie eine Kläranlage

Eine zentrale Funktion hat die Leber bei der Entgiftung schädlicher Stoffe – die sowohl von außen aufgenommen werden als auch im Körper während der Stoffwechselprozesse entstehen können. Sie arbeitet wie eine Kläranlage, filtert Schlackenstoffe und Gifte aus dem Blut. Die schädlichen Stoffe werden im Zuge von Umwandlungsreaktionen inaktiviert oder in Substanzen umgewandelt, die mit der Galle oder dem Urin ausgeschieden werden können. Inaktiviert werden auch Steroidhormone, Bakterien, defekte Körperzellen und Arzneimittel. Von großer Bedeutung ist die Ammoniakentgiftung. Ammoniak fällt beim Abbau von Eiweißbausteinen an und ist stark giftig. Es ist verantwortlich für Müdigkeit und das sogenannte Leberkoma. Die Leber wandelt ihn in ungiftigen Harnstoff um. Schon Paracelsus wusste um das Kunstwerk Leber und meinte: „Die Leber ist der Alchimist im Bauche.“

Die Leber filtert Schlackenstoffe und Gifte aus dem Blut.

image

Ein wichtiges Anhängsel

Die Gallenblase, ein birnenförmiges Säckchen, liegt direkt unter der Leber und bildet mit ihr ein Organsystem. Die Leber produziert unablässig Galle (bis zu einem Liter pro Tag), die in der Gallenblase gespeichert und zu den Mahlzeiten in den Zwölffingerdarm ausgeschüttet wird. Eine zentrale Rolle nehmen hier die Gallensäuren ein. Unter Mitwirkung der Bauchspeicheldrüse spalten sie, ähnlich wie ein Spülmittel, die Fette der Nahrung in immer kleinere Bestandteile auf, bis diese so winzig sind, dass sie die Darmwand passieren und in den Blutkreislauf übergehen können. Die Galle hilft damit dem Organismus bei der Fettverdauung. Die Gallensäuren zirkulieren über das Blut mehrfach zwischen Darm, Leber und Gallenblase und unterliegen dabei einer Art Recycling. Die Medizin nennt das den enterohepatischen Kreislauf.

image

Die Leber produziert pro Tag bis zu einem Liter Gallensaft für die Fettverdauung.

Die Leber spaltet mithilfe der Galle die Fette in der Nahrung auf.

image

Über die Galle werden auch Substanzen wie Bilirubin, Cholesterin sowie Medikamente und ihre Stoffwechselprodukte aus dem Körper ausgeschieden. Die Gallenflüssigkeit hält das Cholesterin in Lösung (bei einer Änderung der Zusammensetzung kristallisiert Cholesterin und es bilden sich Gallensteine). Die Gallebildung ist wesentlich für das Gleichgewicht des Cholesterins im Körper.

image

Leber und Hormone

Die Leber hat durch Produktion und Abbau von Hormonen eine wichtige Funktion für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts unseres Hormonhaushalts. Baut beispielsweise eine überstrapazierte Leber das Östrogen schlecht ab, klagen Männer über Potenzprobleme, die Hoden verkleinern sich, die Bauchbehaarung geht verloren, es bilden sich kleine Brüste. Frauen müssen mit Menstruationsstörungen und sogar dem Ausbleiben der Periode rechnen.

Wenn die Leber zu erschöpft ist, um Cholesterin als Baustein der Sexualhormone herzustellen oder zu verarbeiten, wirkt sich das negativ auf die Produktion von Geschlechtshormonen aus.

Leber sorgt für Toleranz

Eine bedeutende Rolle spielt die Leber bei der Regulation von Immunantworten. Sie ist insbesondere wichtig bei der sogenannten Toleranzbildung. Dabei werden Eiweißbestandteile der Nahrung, die dem Organismus zunächst fremd vorkommen, dem Körper „bekannt gemacht“. Danach werden sie vom Körper und seinem Abwehrsystem toleriert. Funktionieren diese speziellen Mechanismen in der Leber nicht optimal, können zum Beispiel Allergien gegen Nahrungsmittel entstehen. Somit kann man die Leber auch als „Immunorgan“ bezeichnen.

Funktionen der Leber

DIE LEBER FUNKTIONIERT ALS ... ... FÜR DEN KÖRPER
Energiespeicher Glykogen wird bei akutem Energiebedarf schnell in Traubenzucker aufgelöst.
Speicher anderer wichtiger Substanzen Eisen, Vitamine A, D, E, K, Vitamin B12.
Eiweißproduzent Eiweiße sind wichtige Bausteine von Hormonen, Antikörpern, Blutgerinnungsfaktoren oder Albumin.
Produzent von Gallensäuren Gallensäuren spalten die Fette der Nahrung auf, um sie verwertbar zu machen. Sie halten Cholesterin in Lösung.
Entgiftungsstation Schadstoffe von außen wie von innen werden wie in einer Kläranlage gereinigt. Die Stoffe werden inaktiviert oder in Substanzen umgewandelt, die mit der Galle oder dem Urin ausgeschieden werden.
Nährstoffdepot Fette, Zucker und Eiweiße werden verarbeitet und bei Bedarf wieder freigesetzt.
Toleranzbildner Die Leber stellt dem Körper fremde Eiweiße vor. So toleriert sie der Körper und aktiviert keine Immunabwehr.
Hormonhaushälter Die gesunde Leber hält den Hormonhaushalt in Balance, etwa durch den Abbau von Östrogen und die Produktion von Cholesterin als Baustein wichtiger Geschlechtshormone.

image

Die Regenerationskünstlerin

Im Vergleich zu anderen Organen verfügt die Leber über eine erstaunliche Fähigkeit, sich zu regenerieren. Sie kann außergewöhnlich gut und schnell nachwachsen. Das erklärt, warum sich die Leber bei Änderungen der Ernährung oder Verzicht auf Alkohol oft schnell erholt. Muss eine Hälfte der Leber, zum Beispiel aufgrund einer Krebsmetastase, entfernt werden, so erreicht das Organ innerhalb weniger Monate nach dem Eingriff wieder das normale Volumen. Die Regenerationsfähigkeit ist allerdings abhängig von der Schwere der vorbestehenden Leberschädigung. Bei Lebertransplantationen kann man sich die Regenerationsfähigkeit zunutze machen. So können der rechte und der linke Leberlappen bei zwei verschiedenen Patienten transplantiert werden. Innerhalb kurzer Zeit erreicht die Leber ihre ursprüngliche Größe.

Schon in der Prometheus-Sage spielt die Regenerationsfähigkeit der Leber eine wichtige Rolle.

image

LEBERERKRANKUNG – DIE UNTERSCHÄTZTE VOLKSKRANKHEIT

Klaglos und geduldig verrichtet die Leber in unserem Körper ihre lebenswichtigen Dienste. Das zentrale Organ für Stoffwechsel und Entgiftung ist unerhört leistungsfähig und verzeiht vieles. Wenn die Leber erkrankt, leidet sie meist stumm, viele Erkrankungen bleiben lange Zeit unbemerkt. Das kann fatale Folgen haben, bis hin zum tödlichen Leberversagen.

image

Der Feind Nummer eins

Leberleiden sind eine unterschätzte Volkskrankheit. Mindestens fünf Millionen Deutsche tragen eine mehr oder minder kranke Leber mit sich herum. Was macht nun die Leber krank? Es gibt eine Reihe von Ursachen, wobei sich das Krankheitspanorama in den letzten 15 Jahren beträchtlich gewandelt hat.

Feind Nummer eins der Leber ist das „Metabolische Syndrom“, zu dem Störungen des Stoffwechsels im Rahmen der Zuckerkrankheit (Typ-2-Diabetes) und Übergewicht gehören. Dies kann zur nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung, der sogenannten NAFLD, führen, eine der typischen „Wohlstandskrankheiten“. Etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung soll an einer Fettleber leiden. Überdurchschnittlich häufig betroffen sind die 55- bis 75-Jährigen, aber auch bei Kindern stoßen die Ärzte neuerdings immer häufiger auf eine Fettleber. NAFLD ist mittlerweile die häufigste Lebererkrankung in Deutschland und wird bis 2030 einen großen Teil der Leberzirrhosen bedingen.

Erkrankungen der Leber bleiben oft sehr lange unbemerkt.

image

Innerhalb gewisser Grenzen kann es toleriert werden, dass die Leber geringe Fettmengen speichert. Doch bei einer übermäßigen Fetteinlagerung beginnt das Organ zu leiden. Viele der vom Fett belasteten Leberzellen können nicht mehr richtig arbeiten und sterben ab. Frei gewordene Fettsäuren können dann eine Entzündungsreaktion verursachen, die das Organ weiter schädigt. Das Organ bläht sich ungesund auf, ausgeprägte Fettlebern werden oft doppelt so schwer. Zudem verändert sich auch das Erscheinungsbild, Ärzte finden bei Operationen oder Bauchspiegelungen ein fettig-gelb glänzendes Organ unter den Rippen.

Nach wie vor ein gravierendes Problem ist die alkoholische Fettleber, die durch übermäßigen Genuss und Missbrauch alkoholischer Getränke entsteht. Alkohol kann die Leberzellen direkt schädigen und zu Fetteinlagerungen führen. Auch indirekt wirkt der Alkohol auf die Leber – er beeinflusst Stoffwechselvorgänge und Immunantworten, die eine Leberentzündung und -vernarbung fördern.

image

Ebenfalls weit verbreitet sind Lebererkrankungen infolge einer Virusinfektion. Davon sind in Deutschland rund eine Million Menschen betroffen. Experten gehen davon aus, dass viele Menschen gar nichts von ihrer Erkrankung wissen und somit nicht adäquat behandelt werden. Erkranken kann die Leber auch durch Medikamente oder Gifte. Weniger häufig sind Fälle, in denen die Leber aus genetischen Gründen erkrankt oder aufgrund eines überaktiven Immunsystems. In letzterem Fall ist das Abwehrsystem fehlgeleitet und greift die eigene Leber an.

image

Die Hepatitis

Ohne Therapie und gegebenenfalls eine Änderung des Lebensstils kann die Erkrankung fortschreiten und in eine Leberentzündung münden. Diese wird auch Hepatitis genannt (was vom griechischen „Hepar“ für Leber stammt). Die Hepatitis kann akut mit schweren Symptomen auftreten oder als „stumme Entzündung“ verlaufen. Auch bei letzterer leidet das Organ gleichsam auf niedriger Flamme, wie ein Schwelbrand. Nicht jeder Hepatitis geht eine Fettleber voraus. Bei viralen Infektionen etwa stellt die Leberentzündung das erste Stadium der Erkrankung dar.

Die Leberzirrhose

Heilt die Leberentzündung nicht ab, vernarbt das Organ zunehmend und die Leber verhärtet sich. Ihre Leistung lässt nach, was zu zusätzlichen Komplikationen führen kann. So kann die Leber beispielsweise Arzneimittel oder Giftstoffe nicht mehr gut abbauen. Im weiteren Verlauf kann sich eine Leberzirrhose entwickeln: Die gesunden Leberzellen sind verdrängt oder zerstört und werden durch immer dichteres Narbengewebe ersetzt. Die vormals aufgedunsene Leber schrumpft zusammen und kann ihrer Aufgabe als Stoffwechsel- und Entgiftungszentrale nicht mehr nachkommen. Dieser Umbau ist im Frühstadium (je nach Grunderkrankung) oft noch umkehrbar. Im späteren Stadium wird die Prognose für den Patienten düster, denn der Zustand der vernarbten „Schrumpfleber“ ist unumkehrbar. Die Funktion der Leber ist so gestört, dass nicht nur sie, sondern auch andere Organe wie Nieren und Lungen total versagen können – der Patient kann in der Folge sterben. Leberzirrhose und chronische Hepatitis können auch zu Leberzellkrebs führen. Bei der fortgeschrittenen Zirrhose kann oft nur noch eine Transplantation das Leben des Patienten retten.

image

Die kranke Leber meldet sich kaum zu Wort. Allenfalls haben Leberkranke diffuse Beschwerden wie Müdigkeit, Völlegefühl oder ab und an Schmerzen im rechten Oberbauch. Ein zunächst leichter Leberschaden bleibt also meist unbemerkt, obwohl dies nicht immer sein müsste – bisweilen weisen Gelenkschmerzen oder Hautveränderungen (siehe Kapitel „Ist meine Leber krank?“) darauf hin, dass mit der Leber etwas nicht stimmt. Wenn es dann zur Diagnose einer chronischen Lebererkrankung kommt, sind die Patienten oft völlig überrascht.

image

Wie schütze ich meine Leber?

image

Bewegung, eine gesunde Ernährung und ein vernünftiger Lebensstil schützen die Leber.

Sie können selbst vorbeugend viel dafür tun, dass Ihre Leber gesund bleibt. Eine gesunde Ernährung, Sport und Bewegung sind die Faktoren, die zählen. Das ist leichter gesagt als getan, aber viele Menschen schaffen es, nach und nach ihr Verhalten und ihren Lebensstil zum Positiven zu verändern.

Damit verringern Sie die Gefahr einer nicht alkoholischen Fettleber. Zur Vermeidung der alkoholischen Variante gibt es ebenfalls eine klare Strategie: weniger und seltener ist besser. Wein, Bier und andere alkoholische Getränke sind für den, der damit umgehen kann, ein Genussmittel. Aber man sollte nie vergessen, dass Alkohol ein starkes Zell- und Nervengift ist. Alkohol hat fast so viele Kalorien wie Fett (Bier wird ja gerne als „flüssiges Brot“ bezeichnet). Er fördert die Entstehung von Übergewicht und einer Fettleber, da er selbst viel Energie liefert und gleichzeitig den Fettabbau im Stoffwechsel hemmt.

Die Vergrößerung der Leber geht mit einer Funktionseinschränkung einher.

image

„Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“ – der Titel dieses Bestsellers von Eckart von Hirschhausen ist ein launiger Kneipenspruch. Aber wir erinnern uns an die Stadien einer Lebererkrankung: Erst bläht sie sich auf, dann aber schrumpft sie und es ist vorbei mit der Party.

Fachleute empfehlen risikoarme Trinkmengen: Für gesunde Männer sind täglich maximal 20 Gramm reiner Alkohol erlaubt, was etwa einem großen Glas Bier entspricht. Für Frauen werden nur maximal 10 Gramm genannt. Bei einigen Menschen können bereits geringere Mengen schädlich sein, insbesondere bei Menschen mit anderen Erkrankungen. Andererseits kann ein wenig Alkohol bei sonst Gesunden sogar positive Auswirkungen haben.

image

Zur Vorsorge gehört es auch, sich gegen Hepatitis A und B impfen zu lassen. Die Impfungen sind sehr wirkungsvoll und erzielen eine weitgehende Immunisierung. Nach der ersten Injektion des Impfstoffs gegen Hepatitis A ist man spätestens nach 14 Tagen geschützt. Dem Langzeitschutz dient die zweite Impfung, die nach sechs bis zwölf Monaten erfolgen sollte. Die Impfung gegen Hepatitis B wird dreimal durchgeführt. Die zweite Impfung erfolgt rund einen Monat nach der Erstimpfung, die dritte nach sechs bis zwölf Monaten. Diese Impfung schützt auch gleichzeitig gegen eine Infektion mit Hepatitis-D-Viren. Die Impfung gegen Hepatitis B schützt vor der akuten Infektion und möglichen Spätfolgen, sodass man sie als die erste Impfung gegen Krebs bezeichnen kann. Es gibt bislang keine Impfung gegen Hepatitis C. In China wurde ein Impfstoff gegen Hepatitis E im Januar 2011 zugelassen, steht aber in Europa nicht zur Verfügung.

image

Darüberhinaus sollten Patienten mit chronischen Lebererkrankungen gegen andere Viren und Bakterien wie zum Beispiel Influenza und Pneumokokken geimpft werden.

IST MEINE LEBER KRANK?

Wenn Sie das Gefühl haben, dass mit Ihrer Leber etwas nicht stimmt, wenn in der Familie schon Lebererkrankungen vorliegen oder wenn Sie ganz einfach nur auf Nummer sicher gehen wollen, dann empfiehlt sich eine entsprechende Blutuntersuchung.

image

Erst bei einer deutlichen Vergrößerung der Leber treten unspezifische Symptome auf, die eine mögliche Erkrankung signalisieren. Je früher eine Lebererkrankung diagnostiziert wird, desto höher sind die Chancen einer kompletten Heilung. Heute gibt es unkomplizierte Lebertests, mit denen Lebererkrankungen erkannt werden können, ehe sie chronisch werden. Sie sollten zu jeder Vorsorge gehören.

Als erstes sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Hausarzt suchen. Er klärt die Symptome ab, spricht mit Ihnen über mögliche Risikofaktoren Ihrer Lebensführung, mit Blick auf Ernährung, Bewegung oder die Einnahme von Arzneimitteln. Zusätzlich benötigt der Arzt jedoch Ergebnisse von Laboruntersuchungen aus dem Blut. Bei klinischen Symptomen oder Hinweisen auf eine Lebererkrankung werden diese in der Regel von der Krankenkasse bezahlt.

Die Blutwerte

Verschiedene Blutwerte geben Hinweise auf eine Lebererkrankung. Dabei stützt sich der Arzt auf die Leberenzyme, die im Organ den Stoffwechsel in Gang halten. Sind Leberzellen geschädigt, treten diese Enzyme im Blut in erhöhter Konzentration auf. Je nachdem, welche Enzyme in welchem Verhältnis erhöht sind, kann man oft auf die Art der Erkrankung schließen. Zu den wichtigen Blutwerten gehören die sogenannten Transaminasen. Diese sind die Aspartat-Aminotransferase (AST, auch Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) genannt) und die Alanin-Aminotransferase (ALT, auch als Glutamat-Pyruvat-Transaminase GPT bekannt). Sie finden sich vorwiegend im Inneren der Leberzellen, wobei die AST auch im Muskelgewebe vorkommt.

image

Der Enzymanstieg im Blut entspricht dem Ausmaß der Schädigung der Leberzellen.

Die Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) ist der empfindlichere der beiden Werte, da dieses Enzym hauptsächlich in der Leber vorkommt und schon bei einer leichten Schädigung der Leberzellen freigesetzt wird. Die GPT ist der Leberwert schlechthin, wird schnell und einfach durch eine venöse Blutentnahme bestimmt und weist bei Erhöhung auf eine Leberzellschädigung hin.

Die Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) ist ein weiterer „Leberwert“, der zur Diagnosestellung hinzugezogen wird. Wenn der GOT-Wert über dem für die GPT liegt, muss man in der Regel von einem schweren Leberschaden ausgehen.

Weiterhin gehört das Enzym Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) zu den Leberwerten. Die GGT befindet sich in den Zellen der kleinen Gallenwege, kommt aber auch in anderen Organen vor. Ist die GGT gemeinsam mit der GOT und der GPT erhöht, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Erkrankung der Leber vor. Die GGT-Aktivität kann durch Medikamente oder Alkohol verstärkt werden und außerdem bei einem Gallenstau erhöht sein.

Die alkalische Phosphatase ist ein weiteres Enzym, das bei Gallenwegserkrankungen oder Gallenstau erhöht ist. Wenn bei normaler alkalischer Phosphatase nur der GGT-Wert oberhalb der Norm liegt, kann dies auf eine Herz-Kreislauf-Erkrankung hinweisen. Es bedarf dann einer Abklärung möglicher Risikofaktoren für Herz- und Gefäßerkrankungen.

Der Arzt kann im Labor auch den Wert des gelben Blutfarbstoffs Bilirubin bestimmen lassen. Es entsteht beim Abbau der roten Blutkörperchen und wird von der Leber in die Galle ausgeschieden. Das Bilirubin ist im Serum erhöht, wenn die Leber geschädigt ist und/oder wenn der Galleabfluss durch Gallensteine, Vernarbungen oder Tumore blockiert ist. Steigt das Bilirubin über einen bestimmten Wert, ist es für die „Gelbsucht“ (Ikterus), die gelbliche Verfärbung von Haut und Augen, verantwortlich.

Mit dem „Quicktest“ wird untersucht, wie schnell das Blut gerinnt. Fehlt es an Faktoren für die normale Gerinnung, ist diese verzögert und der Quickwert sinkt. Die Gerinnungsfaktoren werden überwiegend von der Leber hergestellt, ihre Höhe zeigt, wie leistungsfähig die Leber ist. Der Quickwert kann auch als INR-Wert angegeben werden. Hier zeigen hohe INR-Werte eine schlechte Gerinnung an.

Ein zweiter Arztbesuch ist wichtig, denn nur der Fachmann kann die Blutwerte nach den Tests im Labor richtig interpretieren. Bisweilen sind dann detektivische Fähigkeiten gefordert – der Arzt fahndet nach allen möglichen Faktoren, die oft auch zusammenwirken und die Leber krank machen, etwa die Kombination von Übergewicht und Alkoholmissbrauch. Andererseits kann eine Hepatitis ganz andere Ursachen haben, es muss längst nicht immer der Alkohol sein. Es ist wichtig, diese Ursachen herauszufinden. Der gute Arzt geht ins Detail, fragt nach Fernreisen, nach der Einnahme exotischer Speisen oder Getränke und vielem mehr. Er klärt ab, ob die erhöhten Leberwerte toxische Ursachen haben oder ob eine Virusinfektion, eine autoimmune oder eine genetische Lebererkrankung vorliegt.

image

Bisweilen sind weitere diagnostische Maßnahmen notwendig. Die grobe Abschätzung eines bereits vorhandenen narbigen Umbaus der Leber (Fibrose oder Zirrhose) kann durch die kombinierte Bestimmung verschiedener Laborwerte erfolgen. Hier unterscheidet man „Scores“, die sich aus der Kombination gängiger Laborwerte (GOT, GPT, Blutplättchen, GGT) berechnen lassen, wie der Forns Index, der APRI- oder FIB-4 Score. Darüber hinaus stehen in Speziallaboren Möglichkeiten wie der FibroTest, Fibrospect II oder ELF-Test zur Verfügung, die aus der Kombination mehrerer spezieller Blutwerte Rückschlüsse auf das Risiko für einen narbigen Umbau der Leber möglich machen. Besteht der Verdacht auf Leberzellkrebs, wird das Alpha-1-Fetoprotein (AFP) als sogenannter Tumormarker eingesetzt. Steigt der AFP-Wert steil an, spricht dies für das Vorliegen eines Leberkrebses. Bleibt er in der Norm, kann eine bösartige Erkrankung nicht ganz ausgeschlossen werden, weil ein Teil der Lebertumore kein AFP ausschütten. Andererseits können leicht erhöhte AFP-Werte auch bei Leberzirrhose vorkommen, sie zeigen eine erhöhte Leberregeneration an. Durch zusätzliche Bestimmung zweier weiterer Tumormarker, dem AFP-L3, einer Unterform des AFP, sowie von Des-Gamma-Carboxyprothrombin (DCP), kann die Sensitivität zur Erkennung eines Lebertumors weiter erhöht werden. Da nicht alle Tumore einen dieser Tumormaker in das Blut abgeben, ist bei der Leberkrebsvorsorge stets auch ein bildgebendes Verfahren wie beispielsweise eine Ultraschalluntersuchung notwendig.

Die Palette der Diagnostik – Blutwerte

DIAGNOSTIKA ... ... UND IHRE MÖGLICHKEITEN
GPT (ALT) Wenn die Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) erhöht ist, spricht vieles für eine kranke Leber. Der wichtigste Leberwert.
GOT (AST) Ist die Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) größer als die GPT, liegt in der Regel ein schwerer Leberschaden vor.
GGT Unspezifischer Leberwert, Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) ist bei einer Gallenwegserkrankung erhöht; kann außerdem bei einer Lebererkrankung, aber unter anderem auch durch Medikamente und Alkohol erhöht sein.
AP Alkalische Phosphatase (AP) ist bei Gallenwegserkrankungen oder Gallenstau erhöht.
Bilirubin Ein erhöhter Wert spricht bisweilen für eine eingeschränkte Entgiftungsfunktion der Leber oder einen Gallenstau.
Quick-Test (INR-Wert) Spiegelt die Blutgerinnung wider und somit indirekt die Leistungsfähigkeit (Syntheseleistung) der Leber.
AFP Alpha-1-Fetoprotein (AFP) ist ein Tumormarker, bei dem steile Anstiege für einen Leberkrebs sprechen.
Die Normalwerte sind – je nach Labor – unterschiedlich. Die Bewertung der Leberwerte sollte daher durch den behandelnden Arzt erfolgen.

Bildgebende Verfahren

Sonografie

Heutzutage steht eine breite Auswahl bildgebender Verfahren zur Verfügung. Bei der Sonografie werden Ultraschallwellen aus einem Schallkopf durch den Körper geschickt und von den verschiedenen Organen reflektiert. Aus den Signalen, die zurückkommen, berechnet der Computer ein Bild, beispielsweise von der Leber. Eine Variante ist die Kontrastmittelsonografie, die zusätzliche Informationen über die Gut- oder Bösartigkeit von Lebertumoren liefern kann. Hierbei wird eine normale Sonografie während der Verabreichung eines Kontrastverstärkers durchgeführt. Leider lässt sich nicht jeder Patient gut sonografieren, da Luft im Darm oder Fettleibigkeit die Bildqualität einschränken, sodass der Arzt auf andere Verfahren zurückgreifen muss.

image

Die Sonografie ist schmerz- und strahlungsfrei.

Untersuchung der Leber mittels Ultraschall.

image

Computertomografie (CT)

Bei der Computertomografie (CT) kreist eine Art Röntgengerät um den Patienten und erfasst den Körper aus allen Blickwinkeln. Aus diesen Informationen entsteht ein Körperquerschnitt. Die Computertomografie ist viel strahlungsintensiver als ein normales Röntgenbild, aber häufig nötig. So lässt sich bei Lebertumoren die exakte Ausbreitung/Streuung feststellen.

image

Die Magnetresonanztomografie ist weniger belastend als eine CT.

Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspintomografie)

Weniger belastend ist die Magnetresonanztomografie (MRT), die mit starken Magnetfeldern und strahlungsfrei arbeitet. Wegen des Magneten kommt eine MRT für Menschen mit bestimmten Herzschrittmachern oder magnetisierbaren Metallimplantaten aber nicht infrage. Eine Sonderform ist die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP) zur Darstellung des Gallengangsystems. Die MRCP eignet sich gut zur Diagnostik einer chronischen Entzündung der Gallenwege.

Magenspiegelung

Bei der Magenspiegelung schluckt der Patient einen Schlauch mit einem kleinen Videochip an seiner Spitze. So können Rachen, Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm von innen betrachtet und beispielsweise Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) entdeckt werden.

Laparoskopie

Mit optischer Technik arbeitet auch die Laparoskopie, auch Bauchspiegelung genannt. Mittels eines minimalinvasiven Eingriffs wird ein optisches Instrument (Endoskop) in den Bauchraum eingeführt, mit dem der Arzt Organe wie Leber oder Gallenblase begutachten und gegebenenfalls Gewebeproben entnehmen kann.

Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP)

Ein Endoskop ist auch Herzstück der ERCP, der endoskopisch retrograden Cholangiopankreatikografie. Die ERCP dient einerseits der diagnostischen Darstellung der Gallenwege, der Gallenblase und des Pankreasgangs; anderseits kann die ERCP auch therapeutisch genutzt werden, indem mit einem über den Arbeitskanal des Endoskops eingeschobenen Instrument Gallensteine entfernt und zertrümmert oder Engstellen aufgedehnt werden.

Die Palette der Diagnostik – bildgebende Verfahren

DIAGNOSTIKA ... ...UND IHRE MÖGLICHKEITEN
Sonografie Ultraschallwellen werden an den Grenzflächen der Leber reflektiert, aus den Werten berechnet der Computer ein Bild der Leber. Die Kontrastmittelsonografie liefert zusätzliche Informationen insbesondere bei der Untersuchung von Lebertumoren.
Computertomografie (CT) Mittels einer Rundumerfassung wird das Bild eines Körperquerschnitts errechnet. Die CT ist viel strahlungsintensiver als normales Röntgen, aber häufig sinnvoll, etwa zur Feststellung der exakten Ausbreitung eines Lebertumors.
Magnetresonanztomografie (MRT) Die Magnetresonanztomografie arbeitet mit starken Magnetfeldern, liefert ähnliche Bilder wie die CT, ist jedoch strahlungsfrei.
Magenspiegelung Der Patient schluckt einen Schlauch mit einem Minivideochip, über den Rachen, Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm betrachtet werden. Sinnvoll bei Leberzirrhose, zur Identifikation von Krampfadern in der Speiseröhre.
Laparoskopie Bauchspiegelung, bei der ein Endoskop in den Bauchraum eingeführt wird, um Organe wie Leber oder Gallenblase zu begutachten.
Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP) Mittels eines Endoskops kann der Arzt Gallenwege, Gallenblase und Pankreasgang betrachten.
Elastografie Das Gerät misst, wie rasch sich eine Schallwelle in der Leber ausbreitet. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Lebersteifigkeit und damit auf den Vernarbungsgrad des Organs.

Elastografie

Ein Diagnoseverfahren ist die Elastografie, die sich als Ergänzung, in einigen Fällen auch als Alternative zur Leberbiopsie anbietet. Dabei sendet das Diagnostikgerät eine mechanische Schallwelle durch den Körper und misst, wie schnell sich diese in der Leber ausbreitet. Dies vermittelt Informationen über die Leberfestigkeit oder Lebersteifheit, was Rückschlüsse auf den Vernarbungsgrad (Fibrose) einer kranken Leber erlaubt. Das Verfahren ist schnell durchführbar, schmerz- und strahlungsfrei und ohne Nebenwirkungen. Zusätzlich können Rückschlüsse auf den Fettgehalt der Leber gewonnen werden. Die Elastografie ist aber nicht in allen Praxen und Kliniken verfügbar und wird nicht immer von der Krankenkasse bezahlt. Die Methode gibt auch keine Auskunft über die Ursache erhöhter Leberwerte.

Die Leberbiopsie

Ein klassisches Diagnosemittel ist die Leberbiopsie. Hier wird unter Ultraschallkontrolle mit einer Hohlnadel in die Leber gestochen und ein kleiner Leberzylinder entnommen. Diese Gewebeprobe wird in ein pathologisches Labor geschickt, wo sie in einem besonderen Medium eingebettet und fixiert wird. Anschließend werden dünne Schnitte des Gewebes angefertigt und auf einen Objektträger aufgetragen. Nach speziellen Färbungen, mit denen bestimmte Zellen hervorgehoben werden, erfolgt die Beurteilung durch einen Pathologen. Damit gibt die Biopsie Auskunft über die Entzündungsaktivität, die Verfettung, eventuelle Ursachen einer Lebererkrankung und den Fibrosegrad, also das Stadium der Lebererkrankung. Dabei gibt es verschiedene Klassifizierungen. Nach dem Ishak-Punktesystem wird die Fibrose in die Fibrosegrade 0 bis 6 eingeteilt. F5 und F6 entsprechen dem Bild einer Zirrhose. Andere Klassifizierungen teilen den Leberumbau von 0 bis 4 ein, wobei das Stadium 4 einer Zirrhose entspricht.

image

Die Biopsie gibt Auskunft über Aktivität, Verfettung, Ursachen und Stadium der Lebererkrankung.

Manchmal werden auch gezielte Punktionen von Knoten in der Leber durchgeführt. Damit kann der Pathologe feststellen, ob ein Tumor gutartig oder aber entartet (also bösartig) ist.

Insgesamt verfügt die Medizin über ein breites Instrumentarium. Damit lassen sich heute die meisten Lebererkrankungen sicher diagnostizieren.

WAS PASSIERT, WENN MEINE LEBER KRANK IST?

Zahlreiche Lebererkrankungen beginnen mit einer Hepatitis, einer Leberentzündung. Dabei unterscheidet man die akute und die chronische Hepatitis. Weitere Stadien der Erkrankung sind dann die Leberfibrose und die Leberzirrhose.

image

Ein häufig auftretendes Symptom bei verschiedenen Lebererkrankungen ist die Gelbsucht, die auch Ikterus genannt wird. Zum Ikterus gehören eine Gelbfärbung von Haut und Schleimhäuten sowie der Lederhaut des Auges und eine erhöhte Konzentration von Bilirubin, dem Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Der gestörte Bilirubinstoffwechsel führt zum Ikterus. Ein oft vorkommendes Phänomen ist die Gelbfärbung der Augen infolge einer leichten Bilirubinerhöhung – die Erkrankung wird Morbus Meulengracht genannt. Rund neun Prozent der Bevölkerung, meist Männer, sind davon betroffen. Es handelt sich um einen harmlosen Enzymdefekt ohne gesundheitliche Auswirkungen, der keiner Therapie bedarf.

Die akute Hepatitis

Die erste Phase einer Leberentzündung wird akute Hepatitis genannt. Der Auslöser einer solchen Hepatitis kann sehr verschieden sein. Mögliche Ursachen, die zu einer akuten Leberentzündung führen können, sind zum Beispiel Hepatitisviren, Alkohol und Medikamente. Allerdings nehmen die Patienten diese erste Phase einer Lebererkrankung häufig gar nicht bewusst wahr, da die Symptome meist sehr unspezifisch sind. Hierzu zählen Müdigkeit, Abgeschlagenheit und eventuell ein Druckschmerz im rechten Oberbauch. Oft werden diese Symptome von den Patienten als „Grippe“ gedeutet und nicht weiter beachtet. In einigen Fällen kann es im Rahmen einer akuten Lebererkrankung aber auch zu ganz typischen Beschwerden kommen. Den Patienten fällt zunächst eine Gelbverfärbung der Augen und später eventuell der Haut auf. Zusätzlich kann der Stuhl während dieser Zeit fast weiß erscheinen und der Urin sehr dunkel verfärbt sein. Manche Patienten geben auch Juckreiz an.

image

Die chronische Hepatitis

In der Regel verschwinden die Symptome der akuten Hepatitis nach einer gewissen Zeit ohne Zutun eines Arztes. Die Patienten fühlen sich wieder besser und haben das Gefühl, dass die Erkrankung überstanden sei. Häufig beginnt nun allerdings die zweite Phase der Lebererkrankung. Die zunächst akute Leberentzündung wird chronisch, das heißt, sie ist dauerhaft vorhanden. Die Entzündung ist jetzt mehr oder weniger stark ausgeprägt. Häufig wird das von den Patienten gar nicht bemerkt, da eine chronische Leberentzündung fast ohne Symptome auskommt. Symptome, die häufig auftreten, sind starke Müdigkeit trotz ausreichendem Schlaf und ein Druckschmerz im Oberbauch.

image

Bei einer chronischen Leberentzündung gibt es kaum Symptome.

Die dauerhafte Entzündung in der Leber führt nun zu einem langsamen Umbau des Gewebes. Gesunde funktionsfähige Leberzellen werden durch „Bindegewebszellen“ ersetzt, die dann allerdings nicht mehr die Aufgaben der ursprünglichen Leberzellen übernehmen können.

image

Die Leberzirrhose

Wenn die chronische Lebererkrankung nicht ausreichend therapiert werden kann beziehungsweise zu spät entdeckt wurde, kann die Erkrankung nach Jahren in das Endstadium einer chronischen Lebererkrankung übergehen. Hier besteht die Leber zum großen Teil aus „Bindegewebszellen“ und nur noch aus wenigen ursprünglichen Leberzellen. Der Übergang von einer gesunden Leber zu einer Leberzirrhose erfolgt dabei durch zunehmende bindegewebige Vernarbung. Man spricht zuerst von einer Leberfibrose und letztlich von einer Leberzirrhose.

Durch die Zirrhose werden alle Funktionen des Organs gestört, von der Entgiftung und dem Eiweißaufbau bis hin zur Speicherung von Kohlenhydraten oder der Bildung von Gallensäure. Bei einer Leberfibrose oder einer noch wenig fortgeschrittenen Leberzirrhose ist eine teilweise Rückbildung der Leberschäden möglich und die Leber kann an Funktion zurückgewinnen. Die fortgeschrittene Leberzirrhose ist in der Regel nicht umkehrbar, auch wenn es in einigen wenigen Fällen bei der richtigen Therapie Hoffnung auf Besserung gibt.

Da Vinci und die Leberzirrhose

Leonardo da Vinci (1452 bis 1519) war ein vielseitiger Künstler und Wissenschaftler. So nahm da Vinci 1508 in Florenz an der Autopsie eines über Hundertjährigen teil, wobei er auch Zeichnungen zur Gefäßanatomie der Leber anfertigte. Seine Anmerkungen zur Zeichnung „del vecchio“ gelten als erste makroskopische Beschreibung einer Leberzirrhose.

image

Eine Leberzirrhose entwickelt sich über Jahre bis Jahrzehnte hinweg, anfangs völlig ohne Symptome.

Eine Leberzirrhose entwickelt sich typischerweise über lange Jahre bis Jahrzehnte und dazu zunächst in tückischer Ruhe. Da die Leber zuerst über ausgeprägte Reserven verfügt, verläuft der Untergang der Leberzellen zunächst völlig ohne Symptome. Irgendwann macht sich die Leberzirrhose jedoch unter anderem durch Müdigkeit, Gewichtsverlust und allgemein nachlassende Leistungsfähigkeit bemerkbar. Bei vielen Menschen zeigen sich ansonsten noch keine Komplikationen, bei einer anderen Gruppe aber sehr wohl.

Dadurch, dass nicht mehr genügend funktionierende Leberzellen vorhanden sind, sammeln sich vermehrt Giftstoffe im Körper an. Das kann dazu führen, dass Hirn und Nerven ihre Funktionen nicht mehr ungestört wahrnehmen können: Es kann zu Problemen mit der Konzentration und dem Gedächtnis kommen, sodass man sich zum Beispiel an eigentlich bekannte Telefonnummern nicht mehr spontan erinnern kann. Darüber hinaus hat die Leber eine wichtige Funktion in der Bildung von für die Blutgerinnung wichtigen Stoffen. So können Menschen mit Leberzirrhose bemerken, dass sie länger als gewöhnlich bluten oder zu „blauen Flecken“ neigen. Infolge des erhöhten Bilirubinwerts wird der Urin dunkel. Bei Männern kann die Potenz leiden. Charakteristische Beschwerden sind auch die „Leberhautzeichen“ wie rote Handballen, Verminderung der Körperbehaarung, die Gelbfärbung von Augen und Haut. Im Bereich von Hals und Oberkörper können die „Gefäßspinnen“ (spider naevi) auftreten. Das sind punktartige Knötchen, von denen aus sich kleine Gefäße wie ein Spinnennetz nach außen ziehen. Den Verdacht auf eine Leberzirrhose legen auch Erscheinungen wie Weißnägel, Trommelschlegelfinger oder auffallend gerötete Lippen nahe.

image

image

Auf der Haut bilden sich Knötchenflechten, die Augen können unter Austrocknung leiden. Das Nervensystem wird massiv angegriffen, es kommt zu chronischer Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und Depressionen. Je nach zugrundeliegender Erkrankung kann die Schilddrüse erkranken oder den Nierenkörperchen der Niere eine Entzündung drohen. Beobachtet werden auch Schädigungen des Knochenmarks sowie Entzündungen des Darms, von Arterien und Venen. Dazu kommt der hepatische Pruritus (ein ausgeprägter Juckreiz, der entsteht, weil sich die Gallensäuren in der Haut ablagern). Im Endstadium der Zirrhose können weitere gravierende Komplikationen auftreten.

image

Ösophagusvarizen (Krampfadern in der Speiseröhre)

Im Verlauf der Leberschädigung entsteht ein hoher Widerstand für den Blutfluss durch die Leber. Dadurch kommt es zu einem Blutstau vor der Leber, das Blut sucht sich andere Wege. So entstehen zum Beispiel Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen), die sehr gefährlich sind, weil sie im Verlauf der Leberzirrhose zu Blutungen führen können. Diese Blutungen sind lebensbedrohlich. Jeder dritte Patient, der damit die Intensivstation erreicht, stirbt trotz Eingriff; wer überlebt, hat ein hohes Risiko für ein Wiederauftreten der Blutung. Das Abbinden der Krampfadern (Ligatur) dient der Behandlung der Blutung und wird zum Teil auch eingesetzt, um eine erneute Blutung zu verhindern. Diesem Zweck dienen alternativ auch Medikamente, wie zum Beispiel Propranolol oder Carvedilol. Um das Blutungsrisiko in Speiseröhre und dem Magen-Darm-Bereich zu minimieren, sind die rechtzeitige Unterbindung von Krampfadern der Speiseröhre und die Behandlung von Magengeschwüren angezeigt. Ganz wichtig ist eine regelmäßige Vorsorgeuntersuchung auf Krampfadern der Speiseröhre. Bei akuten Blutungen muss der Patient sofort ins Krankenhaus. Eine schnelle Versorgung ist wichtig, denn bei zu hohem Blutverlust kann es zu einem Kreislaufzusammenbruch kommen. Darüber hinaus sind weitere Komplikationen, wie beispielsweise ein hohes Risiko für das Auftreten einer hepatischen Enzephalopathie (siehe unten), mit einer Varizenblutung verbunden.

image

Aszites (Bauchwassersucht)

Eine weitere Folge der Leberzirrhose kann die Bildung von Aszites (Bauchwassersucht) sein, einer Flüssigkeitsansammlung in der freien Bauchhöhle – quasi durch „Auspressen von Wasser“ aus den Blutgefäßen. Das Bauchwasser kann sich in Gestalt einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) gefährlich entzünden. Diese Erkrankung ist die häufigste Infektion und eine der häufigsten Todesursachen von Patienten mit Leberzirrhose. Oftmals muss anschließend an die akute Episode ein Antibiotikum zur Vorbeugung eingenommen werden.

Die Behandlung des Bauchwassers kann in leichten bis mittelschweren Fällen, unter anderem durch die Gabe eines Entwässerungsmittels erfolgen. Zusätzlich sollte auf eine eiweißreiche und salzarme Ernährung geachtet werden. In schweren Fällen kann das Bauchwasser durch den Arzt mit einer Kanüle abgelassen werden. Um wiederholte Punktionen mit der Gefahr einer Infektion oder einer Organverletzung zu vermeiden, kann alternativ ein TIPS (Transjugulärer Intrahepatischer Portosystemischer Shunt) gelegt werden. Hierbei handelt es sich um eine Verbindung, die zwischen der Pfortader und der Lebervene durch die Leber hindurch geschaffen wird. Für Patienten, bei denen eine Kontraindikation für einen TIPS besteht (zum Beispiel eine hepatische Enzephalopathie, s.u.) kann alternativ ein dauerhafter Katheter in die Bauchhöhle eingebracht werden. Dadurch wird ein eigenständiges Ablassen des Bauchwassers zuhause ermöglicht. Eine andere Möglichkeit ist das Einbringen einer kleinen Pumpe, von der Größe ähnlich eines Herzschrittmachers, die das Bauchwasser aus der Bauchhöhle direkt in die Harnblase pumpt. Die Ausscheidung erfolgt mit dem Urin.

Klinische Folgen einer Leberzirrhose: Aszites, Spider naevus, Trommelschlegelfinger (von links nach rechts).

image

Hepatische Enzephalopathie

Die Hepatische Enzephalopathie, eine Funktionsstörung des Gehirns, tritt im Endstadium einer Leberzirrhose auf. Die Leber kann Giftstoffe wie Ammoniak nicht mehr ausfiltern. Da die Leber ohnehin schon krank ist, hat der Körper in seiner Not für das Blut Umgehungskreisläufe an der Leber vorbei gebildet. Die fatale Folge: Die Leber hat gar keine Möglichkeit mehr, das Blut zu entgiften, auch wenn sie es könnte. Die Giftstoffe gelangen ins Gehirn, wo sie wie ein Narkotikum wirken: Bei niedrigen Konzentrationen wird der Mensch schläfrig, unkonzentriert und langsam. Diese Konzentrationseinschränkungen gehen auch mit einer erhöhten Unfallgefahr einher. Gerade in der Frühphase solch einer Enzephalopathie können Symptome noch weitestgehend unbemerkt bleiben. Bei vielen Menschen kann aber bereits in dieser Phase eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit vorliegen, da die Reaktionszeit der Betroffenen herabgesetzt ist. Deswegen ist Vorsicht geboten. Mit zunehmender Konzentration der Giftstoffe im Gehirn kommt es dann zu einer deutlichen Eintrübung. Im Endstadium können Betroffene trotz Schmerzreiz nicht mehr aufgeweckt werden und benötigen teilweise sogar Hilfe beim Atmen. Häufige Auslöser einer schnell zunehmenden Enzephalopathie sind beispielsweise Infekte (wie die spontan bakterielle Peritonitis (Entzündung des Bauchwassers), Harnwegsinfekt oder Lungenentzündung), Blutsalzstörungen, aber auch eine Blutung aus den Krampfadern der Speiseröhre, des Magens oder des Darms. Ein wichtiger Giftstoff, der zu einer Beeinträchtigung des Gehirns führen kann, ist Ammoniak, ein Eiweißabbauprodukt.

image

Im Endstadium kann die Leber das Blut nicht mehr entgiften: Die Giftstoffe gelangen direkt ins Gehirn.

Wenn die Leber ihre Entgiftungsfunktion nicht mehr wahrnehmen kann, droht die hepatische Enzephalopathie.

image

Patienten mit Leberzirrhose sollten jedoch nicht aus Angst vor einer hepatischen Enzephalopathie auf Eiweißzufuhr verzichten oder diese stark reduzieren. Eiweiß ist der Muskelaufbaustoff und viele Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose leiden an Muskelschwund – eine verminderte Eiweißaufnahme würde dies verschlimmern. Darüber hinaus kann die Muskulatur einen Teil der Giftstoffe kompensieren und somit vor einer hepatischen Enzephalopathie schützen. Wer keine Enzephalopathie hat, kann in normalen Mengen Eiweiß zu sich nehmen. Das Eiweiß sollte aber vor allem aus Milch oder Pflanzen stammen. Es wurde gezeigt, dass eine Ernährung auf dieser Basis vor einer hepatischen Enzephalopathie schützen kann. Eiweiße aus Fleisch sollten in der Ernährung eine untergeordnete Rolle haben und maximal zweimal pro Woche auf dem Teller landen.

Die Behandlung der hepatischen Enzephalopathie erfolgt durch die Gabe von Lactulose mit dem Ziel, mindestens zwei- bis dreimal täglich weichen, geformten Stuhlgang zu haben. Zur Verhinderung einer neuen Episode der hepatischen Enzephalopathie kann eine Therapie mit der Gabe eines nicht resorbierbaren Antibiotikums durchgeführt werden.

Auch die Einnahme von L-Ornithin-L-Aspartat hat in einer Studie einen Effekt in der Vorbeugung einer erneuten hepatischen Enzephalopathie gezeigt.

Häufig wird die Enzephalopathie durch äußere Faktoren ausgelöst. Neben einem vermehrten Vorhandensein von Eiweißen im Darm, zum Beispiel durch eine Blutung, können auch Infektionen, Störungen des Flüssigkeitshaushaltes und Störungen der Elektrolyte zu einer Enzephalopathie führen. Aus diesem Grunde ist es wichtig, nach solchen Ursachen einer Enzephalopathie zu suchen und diese zu beseitigen.

Erst wenn ein Großteil des gesunden Lebergewebes untergegangen ist, kommt es zur Ausbildung einer typischen Symptomatik. Der Arzt stellt die Leberzirrhose durch Tasten der Leber und Milz, durch Labortests und eine Ultraschalluntersuchung fest. Die definitive Diagnose erfolgt durch eine Biopsie oder eine Bauchspiegelung. Oftmals kann aber in Zusammenschau aller Symptome und Untersuchungen auf eine Biopsie verzichtet werden.

image

Bis vor Kurzem wurde das Stadium einer Leberzirrhose als irreversibel (nicht rückbildungsfähig) angesehen. Seit einigen Jahren hat sich aber gezeigt, dass in gewissen Fällen die Leber zumindest im Anfangsstadium der Zirrhose doch noch ein gewisses Rückbildungs- und Erholungspotenzial hat. Dieses kann sich aber nur entfalten, wenn es konsequent gelingt, die auslösende Ursache (Hepatitisviren, Alkohol etc.) zu beseitigen.

Wenn eine Rückbildung der Zirrhose nicht erreicht wird, besteht immerhin die Hoffnung, durch eine entsprechende Therapie und den kompletten Verzicht auf lebertoxische Substanzen die Leber in ihrem aktuellen Stadium „einzufrieren“, ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Gelingt auch dies nicht, sei es durch Therapieversagen oder weiteren Konsum, ist im Lauf der Zeit mit dem kompletten Funktionsverlust der Leber zu rechnen. Dann ist der Tod unausweichlich, es sei denn, eine Lebertransplantation rettet das Leben des Patienten.

In Deutschland sterben jährlich mindestens 14 000 Menschen an den Folgen einer Leberzirrhose. Eine vemeidbare Ursache ist der nach wie vor weitverbreitete Alkoholmissbrauch. Gerade bei Männern ist die Sterblichkeit durch alkoholbedingte Leberzirrhose signifikant erhöht. Darüber hinaus ist ein andauernder Alkoholkonsum ein Ausschlusskriterium für eine Lebertransplantation. In Europa zählt die Leberzirrhose bei Erwachsenen zwischen 30 und 50 zu den vier häufigsten krankheitsbedingten Todesursachen.

Der Leberzellkrebs

Der Leberzellkrebs gehört zu den fünfthäufigsten Karzinomen des Mannes. In Asien ist Leberzellkrebs die dritthäufigste Todesursache bei Männern. In Europa war in den letzten zehn Jahren ein dramatischer Anstieg von Leberzellkrebs zu beobachten – unter anderem als Folge der Virushepatitis, mit der sich in den 1970er-Jahren sehr viele Menschen infizierten. Auch in Deutschland erkranken viele Menschen an Leberzellkrebs. Die Therapie hat beträchtliche Fortschritte gemacht, denn heute sind die Tumoren heilbar, wenn sie früh behandelt werden. Gestellt wird die Diagnose häufig anhand von verschiedenen bildgebenden Verfahren (Sonographie, MRT, CT) mit Kontrastmitteln, da viele Lebertumore besondere Durchblutungsmuster aufweisen. Die Untersuchung auf Lebertumore beinhaltet zusätzlich die Bestimmung von Tumormarkern im Blut (unter anderem Alpha-1-Fetoprotein, AFP) und der mikroskopischen Untersuchung von Zellen, die mit einer dünnen Nadel aus dem verdächtigen Leberknoten entnommen werden.

image

Da der Leberzellkrebs keine Frühsymptome zeigt, wird er oft zu spät entdeckt.

Leberzellkrebs (HCC): Beim Leberzellkrebs hat sich die Gewebsstruktur vollständig geändert. Die wuchernden Zellkomplexe treten hier als deutlich erkennbare Bälkchen oder Haufen auf. Die Gefäßräume sind eng. (Rasterelektronenmikroskopaufnahme: Franz-Josef Vonnahme, Hameln)

image

Das Leberzellkarzinom (Hepatozelluläres Karzinom, HCC) ist eine bösartige Erkrankung, die sich direkt aus den Leberzellen entwickelt, meist auf Basis einer Leberzirrhose. Die Leber kann aber auch von einem Krebs in anderen Organen befallen werden, der Metastasen ausstreut. Auch die Gallengänge können von einem bösartigen Tumor (Cholangiozelluläres Karzinom, CCC) befallen werden. Nicht jeder Lebertumor ist bösartig; Tumor heißt erstmal nur Schwellung oder Geschwulst. Es gibt auch gutartige Lebertumoren wie Zysten, Adenome, Fokal Noduläre Hyperplasien (FNH) oder Blutschwämmchen (Hämangiome).

image

Bei bösartigen Tumoren kann man im Frühstadium einen Teil der Leber mit einem „Sicherheitsabstand“ entfernen (Leberteilresektion). Bei nicht zirrhotischen Lebern können bis zu 80 Prozent der Leber operativ entfernt werden, das Organ wächst wieder nach.

Im Spätstadium gibt es viele Therapieoptionen, die zwar nicht zur Heilung führen, jedoch das Leben verlängern können. Sind nur wenige Tumorknoten vorhanden, kommen sogenannte lokalablative Verfahren zum Einsatz. Hierbei wird eine spezielle Nadel in den Knoten gesteckt und der Tumor mittels elektrischem Strom (Radiofrequenzablation, RFA), Mikrowellenenergie (Mikrowellenablation, MWA) oder Hochspannungsimpulsen (irreversible Elektroportation, IRE) zerstört.

Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) ist bei mehreren über die ganze Leber verteilten Tumoren als Therapie geeignet. Über die Leberarterie wird ein Katheter bis in die Gefäße vorgeschoben, die für die Versorgung des Lebertumors zuständig sind. Der Tumor wird somit „vergiftet“ und von seiner Gefäßversorgung abgeschnitten.

Auch wenn eine vollständige Heilung nicht möglich ist, kann man mit dieser Methode ein Wachstum des Tumors zum Teil über mehrere Jahre hinweg verhindern. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert die Selektive Interne Strahlentherapie (SIRT), bei der mit einem Betastrahler beladene Kügelchen in die tumorversorgenden Gefäße gegeben werden.

An einigen Krankenhäusern weltweit wird auch eine Chemosaturation angeboten, bei der ein Chemotherapeutikum in die Leberschlagader gegeben wird und damit insbesondere den Tumor erreicht, der dadurch im Wachstum gehemmt wird. Nachdem das Chemotherapeutikum die Leber durchströmt hat, wird es gleich wieder durch einen speziellen Filter aus der Zirkulation entfernt. Dadurch lassen sich die typischen Nebenwirkungen einer Chemotherapie reduzieren.

Sorafenib war das erste moderne Chemotherapeutikum, das die Lebenserwartung beim Leberzellkrebs (HCC) verlängern konnte. Mittlerweile gibt es weitere Substanzen in Tablettenform (Lenvatinib, Regorafinib, Cabozantinib, Ramucirumab), die zur Behandlung in Frage kommen. Außerdem zeigten zuletzt vor allem Immuntherapien (unter anderem Atezolizumab + Bevacizumab), die als Infusionen verabreicht werden, große Therapieerfolge. Somit stehen nun eine ganze Reihe von Therapien auch für Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren zur Verfügung. Weitere Substanzen sind in der klinischen Prüfung.

Alle erwähnten Verfahren können miteinander verbunden werden. Optimale Kombinationen werden aktuell in Studien erprobt.

Die letzte Möglichkeit für die Patienten besteht dann in einer Lebertransplantation (siehe Kapitel „Die Lebertransplantation“). Ist der Krebs noch nicht zu weit fortgeschritten, kann durch die Transplantation eine Heilung erreicht werden. Bei großen Tumoren oder wenn der Krebs gestreut hat, ist eine Lebertransplantation nicht mehr möglich.

image

Das Gallengangskarzinom

Wenn die Gallenwege immer wieder oder sehr lange entzündet sind, kann es zur Entstehung eines Gallengangkarzinoms kommen. Dieser Tumor ist relativ selten. Die Heilungschancen sind derzeit sehr schlecht. Häufig wird dieser Tumor erst spät entdeckt, sodass eine Operation keine Therapiemöglichkeit mehr darstellt. In diesen Fällen kann man mit einer Chemotherapie und/oder mit der Einlage von Stents („Gefäßstützen“) in die Gallenwege unter Umständen eine geringe Verlängerung der Lebenserwartung beziehungsweise eine Verbesserung der Lebensqualität erzielen. Bei vielen Patienten mit Gallengangskarzinomen liegen tumorgenetische Veränderungen (zum Beispiel FGFR2-Fusionen, IDH1- und BRAF-Mutationen) vor, sodass gezielte molekulare Therapien hier zukünftig eine große Rolle spielen könnten. Die Wirksamkeit verschiedener molekularer Therapien wird aktuell in verschiedenen Studien untersucht. Damit könnten in Zukunft für einige Patienten maßgeschneiderte Therapien eine Option sein, die die individuellen genetischen Eigenschaften der Tumore berücksichtigen („molekulare Therapien“). Diese Ansätze werden aktuell in klinischen Studien getestet.

image

Die Heilungschancen bei diesem seltenen Tumor sind derzeit sehr schlecht, da er oft zu spät entdeckt wird.

Autoren

  • Deutsche Leberstiftung (Herausgeber:in)

  • und Bianka Wiebner (Autor:in)

Die Deutsche Leberstiftung setzt sich mit vielfältigen Aktivitäten für eine bessere Versorgung von Patient*innen mit Lebererkrankungen ein. Dafür betreibt sie Forschungsförderung und führt eigene wissenschaftliche Projekte durch. Mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit steigert die Stiftung die Wahrnehmung für Lebererkrankungen, damit diese früher erkannt und geheilt werden können. Sie bietet außerdem medizinische Information und Beratung für Betroffene und Angehörige sowie für Ärzt*innen und Apotheker*innen. Für „Das Leber-Buch“ haben ausgewiesene Leber-Expert*innen die Stiftung unterstützt.
Zurück

Titel: Das Leber-Buch
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
200 Seiten