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Verhaltensprobleme bei Nager, Reptil & Co.

Von den Grundlagen bis zum Management

von Dr. Patricia Solms (Herausgeber:in)
292 Seiten

Zusammenfassung

Angst und Aggression müssen nicht sein!
Kleintiere wie Kaninchen, Frettchen und auch Papageien, Sittiche oder Reptilien sind sehr beliebt, werden aber häufig nicht artgerecht gehalten. So wächst auch die Zahl dieser Tiere, die mit Verhaltensstörungen in der Tierarztpraxis vorgestellt werden.
Dieser Leitfaden vermittelt praxisnah und leicht verständlich Grundlagen des Medical Trainings, gibt wertvolle Tipps zur Prävention von Verhaltensstörungen und zeigt Therapieansätze auf. Ein hilfreiches Nachschlagewerk insbesondere für Praxisteams, die nicht auf Verhaltensmedizin spezialisiert sind.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Half Titelseite
  • Titelseite
  • Impressum
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • 1 Trainingsmethoden bei Heimtieren
  • 1.1 Allgemeine Einführung
  • 1.2 Lernverhalten
  • 1.2.1 Habituation
  • 1.2.2 Desensibilisierung
  • 1.2.3 Konditionierung
  • 1.2.4 Gegenkonditionierung
  • 1.2.5 Sozialisation und soziales Lernen
  • 1.2.6 Umgang mit unerwünschtem Verhalten
  • 1.3 Handling und Propädeutik
  • 1.3.1 Kleine Nager
  • 1.3.2 Meerschweinchen
  • 1.3.3 Kaninchen
  • 1.3.4 Frettchen
  • 1.3.5 Sittiche und Papageien
  • 1.3.6 Reptilien
  • 1.4 Medical Training
  • 1.5 Neophobie
  • 1.6 Orale Gabe von Medikamenten
  • 1.6.1 Nager und Kaninchen
  • 1.6.2 Sittiche und Papageien
  • 1.6.3 Reptilien
  • 1.7 Fixation
  • 1.8 Kooperationssignal
  • 1.9 Tellington TTouch®-Methode
  • 1.9.1 Basis-TTouch
  • 1.9.2 Kleine Nager
  • 1.9.3 Meerschweinchen und Kaninchen
  • 1.9.4 Reptilien
  • 1.9.5 Sittiche und Papageien
  • 2 Kaninchen
  • 2.1 Allgemeine Einführung
  • 2.2 Verhaltensprobleme
  • 2.2.1 Management
  • 2.3 Aggression
  • 2.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 2.3.2 Interspezifische Aggression
  • 2.3.3 Management
  • 2.4 Angstverhalten
  • 2.4.1 Management
  • 2.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 2.5.1 Management
  • 3 Meerschweinchen
  • 3.1 Allgemeine Einführung
  • 3.2 Verhaltensprobleme
  • 3.2.1 Management
  • 3.3 Aggression
  • 3.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 3.3.2 Interspezifische Aggression
  • 3.4 Angstverhalten
  • 3.4.1 Management
  • 3.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 3.5.1 Management
  • 4 Chinchillas
  • 4.1 Allgemeine Einführung
  • 4.2 Verhaltensprobleme
  • 4.2.1 Management
  • 4.3 Aggression
  • 4.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 4.3.2 Interspezifische Aggression
  • 4.4 Angstverhalten
  • 4.4.1 Management
  • 4.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 4.5.1 Management
  • 5 Degus
  • 5.1 Allgemeine Einführung
  • 5.2 Verhaltensprobleme
  • 5.2.1 Management
  • 5.3 Aggression
  • 5.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 5.3.2 Interspezifische Aggression
  • 5.4 Angstverhalten
  • 5.4.1 Management
  • 5.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 5.5.1 Management
  • 6 Ratten
  • 6.1 Allgemeine Einführung
  • 6.2 Verhaltensprobleme
  • 6.2.1 Management
  • 6.3 Aggression
  • 6.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 6.3.2 Interspezifische Aggression
  • 6.4 Angstverhalten
  • 6.4.1 Management
  • 6.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 6.5.1 Management
  • 7 Goldhamster
  • 7.1 Allgemeine Einführung
  • 7.2 Verhaltensprobleme
  • 7.2.1 Management
  • 7.3 Aggression
  • 7.3.1 Interspezifische Aggression
  • 7.4 Angstverhalten
  • 7.4.1 Management
  • 7.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 7.5.1 Management
  • 8 Rennmäuse
  • 8.1 Allgemeine Einführung
  • 8.2 Verhaltensprobleme
  • 8.2.1 Management
  • 8.3 Aggression
  • 8.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 8.3.2 Interspezifische Aggression
  • 8.4 Angstverhalten
  • 8.4.1 Management
  • 8.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 8.5.1 Management
  • 9 Farb- und Albinomäuse
  • 9.1 Allgemeine Einführung
  • 9.2 Verhaltensprobleme
  • 9.2.1 Management
  • 9.3 Aggression
  • 9.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 9.3.2 Interspezifische Aggression
  • 9.4 Angstverhalten
  • 9.4.1 Management
  • 9.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 9.5.1 Management
  • 10 Frettchen
  • 10.1 Allgemeine Einführung
  • 10.2 Verhaltensprobleme
  • 10.2.1 Management
  • 10.3 Aggression
  • 10.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 10.3.2 Interspezifische Aggression
  • 10.4 Angstverhalten
  • 10.4.1 Management
  • 10.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 10.5.1 Management
  • 11 Papageien und Sittiche
  • 11.1 Allgemeine Einführung
  • 11.2 Verhaltensprobleme versus Verhaltensstörungen
  • 11.2.1 Verhaltensprobleme
  • 11.2.2 Verhaltensstörungen
  • 11.3 Aggression
  • 11.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 11.3.2 Interspezifische Aggression
  • 11.4 Angstverhalten
  • 11.4.1 Management
  • 11.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • 11.5.1 Management
  • 12 Reptilien
  • 12.1 Allgemeine Einführung
  • 12.1.1 Haltung
  • 12.1.2 Ernährung
  • 12.1.3 Verhalten
  • 12.2 Verhaltensprobleme
  • 12.3 Aggression
  • 12.3.1 Intraspezifische Aggression
  • 12.3.2 Interspezifische Aggression
  • 12.4 Angstverhalten
  • 12.5 Abnormal-repetitives Verhalten
  • Anhang
  • Glossar
  • Autorinnen und Autoren
  • Zum Weiterlesen
  • Sachverzeichnis
  • Abbildungsnachweise

Vorwort
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„Denn auch die kleinen Tiere haben es verdient!“

 

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Für Hunde und Katzen hat die Verhaltensberatung schon länger Einzug in die Tierarztpraxen gehalten. Allerdings wird mit zunehmender Beliebtheit weiterer Spezies als Haustier auch deren Anteil in den Praxen immer größer. Dabei sind die Ansprüche der Besitzer stetig gestiegen. Ein CT bei der Ratte, Operationen bei Farbmaus und Hamster oder auch Blutentnahmen bei Meerschweinchen & Co. sind längst keine Seltenheit mehr. Doch nicht nur bei organischen Erkrankungen ist der Tierarzt die erste Anlaufstelle. Oftmals ist er für Kleintierbesitzer auch bei Fragen zur Haltung oder Verhaltensproblemen sogar der einzige Ansprechpartner.

Die Haltungsbedingungen haben sich in den letzten Jahren zwar verbessert und die Kenntnisse über Bedürfnisse der einzelnen Spezies Dank des Internets ebenso, doch für eine kompetente Beratung auf diesem Gebiet ist noch mehr erforderlich. An den Universitäten wird diesem Thema leider immer noch viel zu wenig Beachtung geschenkt. Fachkundige Literatur oder Fortbildungsveranstaltungen sind ebenso rar gesät und machen dieses Buch längst überfällig. Um ein gewisses Grundwissen zu vermitteln, soll das vorliegende Buch daher einen ersten Einblick in häufige Verhaltensprobleme bei kleinen Heimtieren und mögliche Therapieansätze liefern. Nicht nur für Tiermedizinische Fachangestellte, sondern für alle, die sich dafür interessieren. Denn auch die „kleinsten der Kleinen“ haben ein Recht auf die bestmögliche Behandlung in allen Bereichen!

Mein besonderer Dank geht diesmal an die Autoren, die sich nicht „zu schade“ dafür waren, sich auch den kleinen und exotischen Tieren zu widmen. Ein weiterer großer Dank geht an die Schlütersche Fachmedien GmbH, welche sich dazu bereiterklärt hat, ein Buch über die „besonderen Spezies“ zu verlegen und mit diesem dritten Werk die Reihe über Verhaltensprobleme und deren Management zu komplettieren.

Erneut danke ich den vielen Tiermedizinischen Fachangestellten, die tagtäglich ihr Leben den Tieren widmen und meinem Mann, der nicht müde wird, mich in meinem Tun zu unterstützen.

Widmen möchte ich dieses Buch meinen eigenen (leider längst verstorbenen) Heimtieren: Sheldon, Luna, Merlin, Joschka, Pucki, Grufti, Elli Pirelli, Hobbes, Keule, Schröder, Moppel, Cindy, Koko, Moses, Wilma sowie allen meinen „adoptierten“ C57- und BALB-Mäusen.

 

Mainz, im Frühjahr 2022 Patricia Solms

1.1 Allgemeine Einführung

Unter dem Begriff „Heimtiere“ versammelt sich ein breites Spektrum an Tierarten. Diese reichen von kleinen Nagern, wie Mäusen, Ratten und Gerbilen, bis zu etwas größeren Säugetieren, wie Kaninchen, aber auch Reptilien und viele Vogelarten. Die Grundlagen des Lernens sind für alle Tiere gleich. Jedes Tier ist grundsätzlich lernfähig, sonst könnte es nicht überleben, und somit ist auch jedes Tier trainierbar. Dem Lernen sind jedoch natürliche Grenzen gesetzt, z. B. aufgrund anatomischer Gegebenheiten. So kann beispielsweise eine Schildkröte keine Gegenstände mit den Füßen greifen.

Viele Heimtiere gehören zu noch nicht domestizierten Arten, diese sind häufig etwas weniger „fehlertolerant“ als domestizierte Arten, die oft auch dann noch die menschliche Nähe suchen, wenn sie zuvor schon negative Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Bei Wildtieren ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich bei Trainingsfehlern zurückziehen oder nur noch schwer zum Mitmachen zu motivieren sind, deutlich höher. Umso wichtiger ist ein sorgfältig und systematisch aufgebautes Training. Artspezifische Besonderheiten stellen den Halter beim Training vor unterschiedliche Herausforderungen. Beispielsweise kann es bei sehr kleinen, sich schnell bewegenden Tieren, wie z. B. Mäusen, schwieriger sein, im richtigen Moment zu belohnen.

Die Anforderungen des Trainings sollten an die Körpersprache des Tieres angepasst werden. Daher ist ein möglichst genaues Wissen über die Körpersprache hilfreich, um den emotionalen Zustand des Tieres zu erkennen: Ist es entspannt, aufmerksam oder schon etwas ängstlich?

Viele Heimtiere lernen am besten, wenn die Trainingseinheiten kurz sind und immer wieder von kleinen Pausen unterbrochen werden.

 

1.2 Lernverhalten

Alle Tiere lernen permanent, nicht nur wenn der Halter sich entscheidet, mit ihnen zu trainieren. Jedes Mal, wenn ein Mensch in den Wahrnehmungsbereich des Tieres kommt, findet Lernen statt. Wie der Alltag mit den Heimtieren gestaltet wird, hat somit erheblichen Einfluss darauf, ob sich die Tiere in ihrem Zuhause wohlfühlen und wie die gezielt geplanten Trainingseinheiten ablaufen.

Der Ort, an dem der Käfig, das Terrarium oder die Voliere steht, hat erheblichen Einfluss darauf, ob sich die Heimtiere wohlfühlen und wie viel sie vom Alltag der Menschen mitbekommen. Bei den meisten Arten ist es sinnvoll, einen ruhigen Standort zu wählen. Gleichzeitig sollte ein Zimmer gewählt werden, in dem sich regelmäßig Menschen aufhalten. Stehen die Heimtiere in einem nur wenig benutzten Zimmer, neigen zum einen die Halter eher dazu, die Versorgung zu vernachlässigen und zum anderen nehmen viele Heimtiere das Betreten des Zimmers durch einen Menschen als etwas Ungewöhnliches und damit potenziell Bedrohliches wahr.

Ob mit jedem einzelnen Tier intensiv trainiert oder nur eine gewisse Gewöhnung an den Menschen angestrebt wird, hängt stark von der Anzahl der gehaltenen Tiere ab. So halten viele Reptilienzüchter Dutzende bis Hunderte Tiere, sodass ein Einzeltraining nicht möglich ist. Der typische Heimtierhalter hingegen hat nur wenige Tiere und sollte zeitlich in der Lage sein, sich mit diesen Tieren intensiv zu beschäftigen.

1.2.1 Habituation

Bei der Habituation kommt es zu einer „Gewöhnung“ an einen sich wiederholenden Reiz, sodass die Reaktion des Tieres auf diesen Reiz im Laufe der Zeit immer schwächer wird. Die Habituation ist gerade in den ersten Wochen nach dem Einzug neuer Heimtiere wichtig. Im besten Fall gewöhnen sich die Tiere an die typischen Geräusche, Gerüche und optischen Eindrücke des Haushaltes, in dem sie jetzt leben und reagieren auf diese nach einer Weile nicht mehr. Damit die Habituation gelingt, müssen folgende Faktoren berücksichtigt werden:

Der Reiz darf weder positive noch negative Konsequenzen haben.

Der Reiz tritt immer wiederholt auf oder hält über längere Zeit an.

Der Reiz ist so schwach, dass er keine stärkere emotionale Reaktion des Tieres auslöst.

Die Habituation an bestimmte Reize kann sehr unterschiedlich verlaufen: An leise Haushaltsgeräusche, z. B. das Geräusch einer Spülmaschine, gewöhnen sich die meisten Tiere sehr schnell, eine Habituation an das Geräusch des Staubsaugens ist hingegen viel unwahrscheinlicher, weil der Reiz für die meisten Tiere zu stark ist und deshalb ohne eine gezielte Desensibilisierung und Gegenkonditionierung (image Kap. 1.2.2, image Kap. 1.2.4) bei ihnen Furcht auslöst. Bei der Beurteilung der Reizintensität müssen unbedingt die unterschiedliche Hör- und Sehfähigkeiten der Tierarten berücksichtigt werden. So hören und kommunizieren manche Arten, z. B. Ratten und Gerbile, auch im Ultraschallbereich, der unserem Ohr nicht zugänglich ist (image Kap. 5.1, image Kap. 8.1). Andere Arten, wie z. B. Schlangen, hören nur sehr eingeschränkt und nehmen dafür Erschütterungen und Vibrationen sehr genau war (image Kap. 12.1). Somit würde eine Schlange, wenn ihr Terrarium in der Nähe der Musikanlage steht, die Erschütterungen durch die Bässe deutlich spüren.

1.2.2 Desensibilisierung

Bei der systematischen Desensibilisierung erfolgt ebenfalls eine Gewöhnung an einen Reiz. Diese Gewöhnung wird erreicht, indem das Heimtier gezielt in sehr kleinen Schritten mit dem auslösenden Reiz konfrontiert wird. Damit eine Desensibilisierung gelingt, müssen folgende Faktoren berücksichtigt werden:

Der Reiz muss so schwach sein, dass das Tier nicht oder nur minimal und kurz reagiert.

Die Stärke des Reizes wird in so kleinen Schritten gesteigert, dass das Tier weiter entspannt bleibt und keine Reaktion zeigt.

Der Reiz darf während des Trainings nicht unkontrolliert auftreten.

Autor

  • Dr. Patricia Solms (Herausgeber:in)

Dr. med. vet. Patricia Solms hat in Gießen studiert und über abnormal-repetitive Verhaltensweisen promoviert. Sie trägt die Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie, praktiziert in eigener Praxis in Mainz, gibt regelmäßig Seminare zu Verhaltensstörungen bei Klein- und Heimtieren für Tierärzte und Tiermedizinische Fachangestellte und ist Autorin zahlreicher Fachpublikationen. www.kleintierpraxis-rheinallee.de
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Titel: Verhaltensprobleme bei Nager, Reptil & Co.