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Praxishandbuch Katzendermatologie

Symptome, Diagnostik, Therapie

von Rosanna Marsella (Autor:in)
190 Seiten

Zusammenfassung

Schnelle Hilfe bei Dermatitis, Alopezie und Pruritus

Dermatologische Erkrankungen bei Katzen sind eine Herausforderung. Dieses Praxishandbuch gibt Kleintiermedizinern nützliche Handlungshilfen zum komplexen Thema Dermatologie: Flussdiagramme leiten sicher durch die Diagnostik, klinische Bilder zeigen charakteristische Symptome und liefern Beispiele für die unterschiedlichen Erscheinungsformen feliner Hautkrankheiten. Die Autorin gibt dabei gut umsetzbare Praxistipps aus ihrer jahrelangen klinischen Erfahrung.

Viele dermatologische Erkrankungen haben ein ähnliches Erscheinungsbild. Dieses Buch soll helfen, die zugrunde liegende Krankheit erfolgreich zu diagnostizieren, anstatt nur Symptome zu behandeln. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf katzencharakteristischen Syndromen sowie auf den Besonderheiten, die beim Medikamenteneinsatz bei der Katze zu beachten sind.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Half Titelseite
  • Titelseite
  • Impressum
  • Inhaltsverzeichnis
  • Autorin/Deutsche Übersetzung
  • Vorwort
  • 1 Klinisches Vorgehen bei Katzen mit Hauterkrankungen
  • 1.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 1.2 Signalement und Anamnese
  • 1.3 Klinische Untersuchung
  • 1.3.1 Definition und Beispiele für Primärläsionen
  • 1.3.2 Beispiele für Sekundärläsionen
  • 1.3.3 Weitere häufigedermatologische Begriffe
  • 1.4 Aufarbeitung der Erkrankung
  • 1.5 Abschließende Bemerkungen
  • 2 Diagnostische Tests in der Katzendermatologie
  • 2.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 2.2 Hautzytologie
  • 2.3 Hautgeschabsel
  • 2.4 Trichogramm
  • 2.5 Wood’sche Lampe
  • 2.6 Pilzkultur auf Dermatophyten-Test-Medium (DTM)
  • 2.7 Bakteriologische Kultur
  • 2.8 Hautbiopsie
  • 2.9 Intradermaltest
  • 2.10 Patch-Test
  • 3 Dermatologische Therapie
  • 3.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 3.2 Therapie gegen Ektoparasiten
  • 3.3 Therapie mykotischer Infektionen
  • 3.4 Therapie bakterieller Infektionen
  • 3.5 Therapie allergischer Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen
  • 3.5.1 Allergien
  • 3.5.2 Autoimmunerkrankungen
  • 3.6 Therapie von Keratinisierungsstörungen
  • 4 Klinisches Vorgehen bei felinem Pruritus
  • 4.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 4.2 Diagnose Pruritus
  • 4.2.1 Verteilungsmuster
  • 4.2.2 Weiterführende Diagnostik
  • 4.2.3 Ätiologische Diagnose
  • 5 Klinisches Vorgehen bei feliner allergischer Dermatitis
  • 5.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 5.2 Futtermittelallergie
  • 5.3 Umgebungsallergie
  • 5.3.1 Vorkommen und klinisches Bild
  • 5.3.2 Pathogenese
  • 5.3.3 Diagnostik
  • 5.3.4 Therapie
  • 5.4 Flohspeichelallergie
  • 6 Klinisches Vorgehen bei felinen oberflächlichenPilzinfektionen
  • 6.1 Dermatophytose
  • 6.1.1 Prävalenz und Entwicklung der Infektion
  • 6.1.2 Klinisches Bild
  • 6.1.3 Diagnostik
  • 6.1.4 Therapie
  • 6.1.5 Umgebungsdekontamination und Management von Dermatophytose in Mehrkatzenbeständen
  • 6.2 Malassezia-Dermatitis
  • 7 Klinisches Vorgehen bei felinen Ektoparasitosen
  • 7.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 7.2 Flöhe
  • 7.3 Milben
  • 7.3.1 Notoedres
  • 7.3.2 Otodectes
  • 7.3.3 Demodex
  • 7.3.4 Cheyletiella
  • 7.4 Läuse und Haarlinge
  • 8 Klinisches Vorgehen bei felinen krustigen Dermatitiden
  • 8.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 8.2 Ätiologie
  • 8.2.1 Bakterien und Parasiten
  • 8.2.2 Allergien
  • 8.2.3 Autoimmunerkrankungen
  • 8.2.4 Virale Hauterkrankungen
  • 8.2.5 Blasenbildende Erkrankungen und Vaskulitis
  • 8.2.6 Idiopathische ulzerative Dermatitis
  • 8.2.7 Metabolische Erkrankungen
  • 8.2.8 Neoplasie
  • 8.2.9 Malassezia-Überwucherung
  • 8.2.10 Primäre Keratinisierungsstörungen
  • 8.3 Verteilungsmuster krustiger Dermatitiden
  • 8.4 Klinische Symptome
  • 8.5 Diagnostik
  • 8.6 Therapie
  • 8.7 Pemphigus foliaceus
  • 8.7.1 Signalement und Anamnese
  • 8.7.2 Klinisches Bild
  • 8.7.3 Diagnostik
  • 8.7.4 Therapie
  • 9 Klinisches Vorgehen bei felinen knotigen Dermatitiden
  • 9.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 9.2 Klinisches Vorgehen
  • 9.2.1 Signalement und Anamnese
  • 9.2.2 Klinische Untersuchung
  • 9.2.3 Initiale Diagnostik
  • 9.3 Infektiöse Knoten
  • 9.3.1 Pilzerkrankungen
  • 9.3.2 Bakterielle Erkrankungen
  • 9.3.3 Algen und Oomycetes
  • 9.4 Sterile/entzündliche Knoten
  • 10 Klinisches Vorgehen beim eosinophilen Granulomkomplex der Katze
  • 10.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 10.2 Indolentes Ulkus
  • 10.3 Eosinophiles Granulom
  • 10.4 Eosinophile Plaque
  • 11 Klinisches Vorgehen bei felinen ulzerativen Dermatitiden
  • 11.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 11.2 Bedeutung der Anamnese und der klinischen Untersuchung
  • 11.3 Vaskulitis
  • 11.4 Erythema multiforme
  • 11.5 Toxische epidermale Nekrolyse
  • 11.6 Pemphigus vulgaris
  • 11.7 Bullöses Pemphigoid
  • 11.8 Systemischer Lupus erythematosus
  • 11.9 Idiopathische Ulzerationen
  • 11.10 Indolente Ulzera
  • 11.11 Hautfragilitätssyndrom
  • 12 Klinisches Vorgehen bei feliner Alopezie
  • 12.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 12.2 Verteilung und Lokalisation der Alopezie
  • 12.3 Diagnostik
  • 12.4 Pathogenese
  • 13 Klinisches Vorgehen bei feliner Otitis
  • 13.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 13.2 Vier-Säulen-Modell der Otitis externa
  • 13.2.1 Otitis externa vs. Otitis media
  • 13.3 Aufarbeitung der Otitis externa
  • 13.4 Aufarbeitung der Otitis media
  • 13.5 Aufarbeitung der Pseudomonas-Otitis
  • 14 Klinisches Vorgehen bei feliner fazialer Dermatitis
  • 14.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 14.2 Allergien
  • 14.3 Parasiten
  • 14.4 Immunmediierte Erkrankungen
  • 14.5 Knotige Dermatitiden
  • 14.6 Virale Dermatitiden
  • 14.7 Polychondritis
  • 14.8 Erkrankungen des Planum nasale
  • 15 Klinisches Vorgehen bei felinen Pododermatitiden und Krallenerkrankungen
  • 15.1 Grundsätzliche Überlegungen
  • 15.1.1 Terminologie
  • 15.2 Differenzialdiagnosen
  • 15.2.1 Infektionen
  • 15.2.2 Allergien
  • 15.2.3 Plasmazelluläre Pododermatitis
  • 15.2.4 Weitere Ursachen
  • Anhang
  • Autorin/Deutsche Übersetzung
  • Weiterführende Literatur
  • Sachverzeichnis

Autorin

Rosanna Marsella, Professor, DVM, Dip. ACVD
College of Veterinary Medicine
University of Florida
Department Small Animal Clinical Sciences
2015 SW 16th Ave
Gainesville, FL 32608
USA
image marsella@ufl.edu

Deutsche Übersetzung und Bearbeitung

Dr. med. vet. Nina Thom, Dip. ECVD
Klinik für Kleintiere - Innere Medizin
Klinikum Veterinärmedizin
Justus-Liebig-Universität Gießen
Frankfurter Straße 114
35392 Gießen
image nina.thom@vetmed.uni-giessen.de

Vorwort

Dieses Buch soll ein schneller und nutzerfreundlicher Leitfaden für praktizierende Tierärzte bei der Behandlung von Katzen mit dermatologischen Problemen sein. Als kurzes und unkompliziertes Nachschlagewerk wurde es im Sinne der „problembasierten Aufarbeitung“ konzipiert. Es werden verschiedene, häufig auftretende Erkrankungen vorgestellt. Für jedes klinische Bild wird eine Liste mit Differenzialdiagnosen erstellt, von den häufigsten Erkrankungen bis hin zu den selteneren. Während der Diskussion dieser Übersicht werden klinische Tipps gegeben, wie beispielsweise die Wertung der einzelnen Differenzialdiagnosen zustande kommt und welche diagnostischen Tests priorisiert werden sollten, um die finale Diagnose zeitnah und kosteneffektiv zu stellen.

Die Ähnlichkeit vieler dermatologischer Erkrankungen führt häufig zu Frustration und verhindert eine adäquate Diagnosestellung und Therapie, da diese dann oft nur symptomatisch erfolgt. Da jedoch die meisten Hauterkrankungen chronisch progressiv sind, ist es unerlässlich, eine korrekte Diagnose zu stellen, um Komplikationen und Therapieversagen zu vermeiden.

Dieses Buch richtet sich an Kleintierpraktiker und nicht-spezialisierte Veterinärdermatologen. Es konzentriert sich auf das Praktische und gibt keine umfassenderen Erläuterungen über die Pathogenese der Erkrankungen, wenn dies nicht von klinischer Relevanz ist. Aus diesem Grund gibt es in jedem Kapitel die Merkkästen „Das Wichtigste in Kürze“, welche die wesentlichen klinischen Inhalte zusammenfassen. Im Literaturverzeichnis im Anhang des Buches finden diejenigen Leserinnen und Leser, die mehr über den aktuellen Stand der Literatur zu einzelnen Erkrankungen erfahren möchten, weiterführende Quellen zu den einzelnen Kapiteln. Dies soll mehr Wissen vermitteln, ohne den praktischen und klinischen Lesefluss des Kapitels zu stören.

Die Therapie verschiedener Erkrankungen wird ebenfalls diskutiert. Aufgrund der „problembasierten Aufarbeitung“ gibt es Überschneidungen zwischen einzelnen Kapiteln, da einige Erkrankungen mehrere klinische Erscheinungsformen haben können und daher in mehr als einem Abschnitt erwähnt werden. In diesen Fällen wird auf die assoziierten Kapitel verwiesen.

Da die Dermatologie von Bildern lebt, enthält jedes Kapitel zahlreiche Abbildungen, um die Variabilität der klinischen Ausprägungen derselben Erkrankung zu unterstreichen. Dies soll Tierärzten helfen, „einen Blick“ für die zahlreichen Läsionen und subtilen Unterschiede zu entwickeln, welche bei einzelnen Erkrankungen unter verschiedenen Voraussetzungen vorliegen können. Es ist jedoch wichtig, keine Diagnose allein anhand des klinischen Bildes zu stellen. Auch wenn einige Läsionen als pathognomonisch für eine bestimmte Erkrankung angesehen werden können, gibt es Ausnahmen, die erkannt werden müssen. Sonst wird früher oder später der Versuch, eine Diagnose nur anhand der klinischen Symptome zu stellen, in einer Fehldiagnose münden, da diese irreführend oder untypisch sein können. Um Fehlern vorzubeugen, ist eine logische und systematische Schritt-für-Schritt-Aufarbeitung der unterschiedlichen klinischen Erscheinungsformen erforderlich. Viele dermatologische Erkrankungen sehen gleich aus, daher ist ein systematisches Vorgehen mit diagnostischen Tests, die einzelne Differenzialdiagnosen ein- oder ausschließen, der erfolgreichste Weg zur Diagnose.

Beispielsweise sollte unter allen Umständen vermieden werden, eine Hefeinfektion zu diagnostizieren, nur weil es „nach Hefe riecht“: Der ranzige Geruch ist häufig lediglich Zeichen einer Hautinfektion, die durch viele verschiedene Erreger hervorgerufen werden kann. Deshalb muss immer eine zytologische Untersuchung durchgeführt werden, um einen Anfangsverdacht zu bestätigen. Die Infektionslage kann sich mit der Zeit verändern, darum ist es wichtig, auch bei den Verlaufskontrollen die Lage jedes Mal neu aufzuarbeiten.

Sowohl die topische als auch die systemische Therapie werden separat besprochen. Katzen haben spezielle Anforderungen in Bezug auf die Verträglichkeit von Medikationen, auch bei topischen Arzneimitteln. Daher muss der behandelnde Tierarzt berücksichtigen, welche Medikamente bei dieser Spezies sicher angewendet werden können.

Abschließend werden die Otitis sowie regionale Dermatosen in eigenen Kapiteln behandelt, um einen besonderen Schwerpunkt auf den Umgang mit diesen spezifischen und potenziell frustrierenden Erkrankungen zu legen.

Nach Konsultation dieses Buches sollen Tierärzte eine klare Vorstellung von der systematischen Aufarbeitung und Lösung dermatologischer Probleme bei Katzen haben und einen Plan für die Diagnostik und Therapie entwickeln können, um ihren felinen Patienten zu helfen.

Florida, im Frühjahr 2021
Rosanna Marsella

1 Klinisches Vorgehen bei Katzen mit Hauterkrankungen

 

 

 

 

1.1 Grundsätzliche Überlegungen

Patienten mit Hauterkrankungen kommen in der Praxis recht häufig vor; dennoch können Diagnosestellung und Management sehr unbefriedigend sein. Dabei spielen eine Reihe von Faktoren eine Rolle, wie z.B. die Chronizität der meisten Hauterkrankungen oder die Tatsache, dass viele dermatologische Veränderungen für ein untrainiertes Auge sehr ähnlich aussehen. Primärläsionen gehen sehr schnell in Sekundärläsionen über und sind dann bei der Identifikation der Grundursache kaum noch von diagnostischem Wert.

image BEACHTE

Untersuchende sollten mit dem Aussehen von Primärläsionen vertraut sein und alles daransetzen, diese möglichst bei jedem Patienten aufzufinden, um Art und Verteilungsmuster zu erkennen.

Auf eine detaillierte Liste der Primärläsionen und deren Definition wird später in diesem Kapitel eingegangen (image Kap. 1.3.1). Mit der Zeit und der entsprechenden Erfahrung wird man nicht nur die Primärläsion, sondern auch ihre subtileren Eigenschaften erkennen. Beispielsweise sind Pusteln Primärläsionen, sie können jedoch auch follikulär oder sehr groß sein und mehrere Haarfollikel überspannen. Diese riesigen Pusteln, die mehrere Follikel einbeziehen, sind verdächtig für Erkrankungen wie Pemphigus foliaceus, wenn sie an den Ohren oder im Gesicht mittelalter Patienten auftreten, während follikuläre Pusteln eher bei Dermatophytosen oder Staphylococcus-Infektionen auftreten.

Juckreiz ist ein sehr häufiges Problem der Hautpatienten; entweder entsteht er bedingt durch die Grunderkrankung oder als eine Folge der Infektionen, die sich mit der Zeit entwickeln. Primäre Hauterkrankungen werden sehr häufig durch Sekundärinfektionen verkompliziert, die den Juckreiz verstärken, folglich wird das klinische Bild immer unspezifischer. Dementsprechend leidet die Mehrheit der Hautpatienten an Juckreiz infolge einer Infektion, auch wenn die zugrunde liegende Erkrankung keinen Juckreiz auslöst.

Aus diesen Gründen ist ein systematisches Vorgehen bei der Aufarbeitung von dermatologischen Fällen unerlässlich. Dies ist besonders bei jedem chronischen Fall wichtig, bei dem die Probleme mit der Zeit akkumuliert sind. Die Leitregel in der Praxis lautet, das Behandelbare zu behandeln und bei der Kontrolluntersuchung erneut sowohl die Läsionen als auch den Juckreiz zu reevaluieren. So sind die ersten Schritt die Diagnose und Behandlung der Sekundärinfektion; anschließend bewertet man die Patienten neu, wenn diese in Remission sind.

Zu den dermatologischen Herausforderungen gehört die Tatsache, dass spezifische Syndrome, wie die miliare Dermatitis oder der eosinophile Granulomkomplex, nur bei der Katze vorkommen und durch eine Reihe von Grunderkrankungen entstehen können, ohne dass es einen pathognomonischen Auslöser gäbe. Deshalb beginnt die eigentliche Arbeit erst nach der klinischen Diagnose eines solchen Syndroms, um herauszufinden, was dieses Syndrom in diesem individuellen Patienten ausgelöst hat.

Katzen putzen sich meist im Verborgenen. Daher können Besitzer oft keine realistische Einschätzung über die Stärke des Juckreizes geben, da die entsprechenden Verhaltensweisen typischerweise ausgeführt werden, wenn die Katzen allein und die Besitzer nicht anwesend sind. Folglich ist es bei Fällen von Alopezie wichtig, zu ermitteln, ob der Haarverlust spontan oder durch ein Selbsttrauma aufgrund von Juckreiz entstanden ist. Zu diesem Zweck ist die Untersuchung der Haarspitzen hilfreich, um ein Trauma zu bestätigen oder auszuschließen.

Während die Internistik auf Tests zurückgreifen kann, die einige Erkrankungen definitiv diagnostizieren, ist dies in der Dermatologie selten der Fall. Hier erhält man die wichtigsten Informationen nicht anhand eines Tests, sondern mithilfe der korrekt durchgeführten Anamnese und der klinischen dermatologischen Untersuchung.

1.2 Signalement und Anamnese

Signalement und Anamnese sind ausschlaggebend in der Dermatologie und verkürzen die Liste der Differenzialdiagnosen signifikant, da mit ihrer Hilfe die Ursache der Hauterkrankung genau identifiziert wird. Einige Erkrankungen treten wahrscheinlicher in bestimmten Altersgruppen oder unter gewissen Haltungsbedingungen auf, während die Progredienz der Symptome beim Einschätzen der Differenzialdiagnosen hilft.

Eine junge Katze mit Juckreiz beispielsweise hat wahrscheinlich kein kutanes Lymphom, aber naheliegend sind eine Dermatophytose, Milbenbefall oder Allergien gegen Flohspeichel oder Futter. Auch die Frage der Saisonalität oder das Ansprechen auf vorherige Therapien sind von Bedeutung. Bei einer Katze mit saisonalem Juckreiz spielt weniger wahrscheinlich eine Futtermittelallergie eine signifikante Rolle (es sei denn, die Besitzer verändern die Fütterung jahreszeitabhängig), vermutlich kommt hier eher eine Allergie gegen Insekten oder die Umgebung (z.B. Pollen) infrage. Eine Freigängerkatze, die Kontakte mit anderen streunenden Katzen hat, hat ein erhöhtes Risiko, sich mit Flöhen, Dermatophyten, Milben oder Bakterien und Mykobakterien zu infizieren, verglichen mit einer Wohnungskatze.

Auch wenn es also zeitraubend erscheint, Fragen über Kontakt zu anderen Tieren, Haltung, Ansprechen auf vorherige Therapien, Auslandsaufenthalte oder Saisonalität zu stellen, können die Antworten doch viel Geld und Zeit sparen bei der Abarbeitung der Differenzialdiagnosenliste. Im Mehrkatzenhaushalt beispielsweise kann ein Ohrmilbenbefall nur erfolgreich behandelt werden, wenn alle Katzen des Haushaltes gleichzeitig mitbehandelt werden. Ganz ähnlich wird eine flohspeichelallergische Katze nur auf die Therapie ansprechen, wenn alle Katzen eine Flohprophylaxe erhalten.

Der Vorbericht bezüglich der Fütterung und der Flohprophylaxe ist bei jeder Katze mit Juckreiz unabdingbar, denn nur so kann eine adäquate Eliminationsdiät ausgewählt und Lücken in der Flohkontrolle korrigiert werden. Dies ist besonders bei Katzen essenziell, da hier keine sicher verwendbaren Repellents verfügbar sind. So ist auch die Umgebungsbehandlung hier besonders wichtig.

Durch das Ansprechen auf vorherige Therapien können ebenso Rückschlüsse auf die Grunderkrankung gezogen werden. Einige Erkrankungen reagieren zuverlässig auf Glukokortikoide, zumindest initial, während andere dies nicht tun. Eine Flohspeichelallergie z.B. spricht typischerweise gut auf Glukokortikoide an, es sei denn, diese wurden schon zu lange und übermäßig verwendet, während eine Malassezia-Dermatitis typischerweise nicht auf Glukokortikoide anspricht. Es ist also hilfreich, zu erfahren, ob der Patient vorberichtlich positiv auf diese reagiert hat.

Ein weiteres Beispiel ist das Ansprechen auf Antibiotika. Das Therapieversagen der korrekten Dosis Amoxicillin-Clavulansäure bei einer Pyodermie spricht für das Vorliegen Methicillin-resistenter Staphylokokken und sollte umgehend zu einer bakteriologischen Kultur mit Resistenztest führen, verglichen mit einem Fall, in dem noch nie Antibiotika verschrieben wurden oder diese immer gut gewirkt haben.

Auch die Art der verwendeten Flohprophylaxe kann beim Ausschluss mancher Erkrankungen helfen. Beispielsweise wird eine Katze, die zur Flohkontrolle unter Fluralaner steht, höchstwahrscheinlich keine Demodikose haben, da dies die effektivste Demodex-Therapie ist.

image BEACHTE

Autor

  • Rosanna Marsella (Autor:in)

Prof. Rosanna Marsella, DVM, Dip. AVCD, ist Professorin am College of Veterinary Medicine der University of Florida. Sie leitet den Bereich vergleichende Dermatologie im Department Small Animal Clinical Sciences. Dr. Marsella ist international anerkannte Spezialistin für Veterinär-Dermatologie und hat zahlreiche Fachartikel und Bücher zu diesem Thema veröffentlicht. Über die Übersetzerin: Dr. med. vet. Nina Thom, Dip. ECVD, ist Leiterin der Abteilung Dermatologie in der Klinik für Kleintiere - Innere Medizin - am Klinikum Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen. Dr. Thom ist Fachtierärztin für Innere Erkrankungen der Klein- und Heimtiere.
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Titel: Praxishandbuch Katzendermatologie