Gesundheitsratgeber Chronische Niereninsuffizienz

Inhaltsverzeichnis

• Cover
• Titelseite
• Inhalt
• VORWORT
• DAS LEISTEN UNSERE NIEREN
• Nieren filtern unser Blut
• Nieren sind Recyclingspezialistinnen
• Nieren regulieren den Säure-Basen-Haushalt
• Nieren regulieren den Blutdruck
• Nieren produzieren ein Hormon
• Nieren aktivieren Vitamin D
• Was die Nieren noch alles können
• WENN DIE NIEREN SCHWÄCHELN
• Überprüfung der Nierenfunktion
• Der Urin-Streifentest
• Die Urin-Mikroskopie
• Bestimmung der Nierenfunktion
• Erkennen hormoneller Störungen
• Bildgebende Verfahren
• Die Nierenbiopsie
• Einteilung von Nierenfunktionsstörungen
• Nierenschutz wird immer wichtiger
• Die fünf Stadien
• Typische Ursachen stiller Nierenleiden
• Der Hochdruckschaden
• Der Diabetesschaden
• Entzündliche Nierenkrankheiten
• Blasen- und Harnwegsinfektionen
• Kardiorenales Syndrom
• Chronisches Nierensteinleiden
• Vererbte Nierenkrankheiten
• Covid-19 und Nierenkrankheit
• Nierenzellkrebs
• Typische Beschwerden nierenkranker Menschen
• Müdigkeit, Schwäche und Antriebslosigkeit
• Geschwollene Beine und Augenlider
• Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen
• Unerklärliches Hautjucken
• Restless Legs, Knochen- und Gelenkschmerzen
• Schlafstörungen, Angst und Depression
• NIERENINSUFFIZIENZ: EIN FORTSCHREITEN HINAUSZUZÖGERN, IST MÖGLICH!
• Die medikamentöse Behandlung
• Blutdruck einstellen
• Optimierung des Wasserhaushaltes
• Optimierung des Stoffwechsels
• Hormontherapie
• Antientzündliche Therapie
• Eine korrekte Einnahme ist wesentlich
• HILFE ZUR SELBSTHILFE: RISIKOFAKTOREN VERMEIDEN
• Bewegung tut gut
• Mit dem Rauchen aufhören
• Eine nierengesunde Ernährung
• Wichtige Nahrungsergänzungen
• Nierengesund auch am Arbeitsplatz
• Auf den Punkt gebracht: Die wichtigsten Maßnahmen
• WENN EINE DIALYSE UNAUSWEICHLICH IST
• Formen der Dialyse
• Blutwäsche
• Bauchfelldialyse
• Welche Dialyse passt zu mir?
• Mein Entscheidungsfragebogen
• Anbieter von Dialysen
• Meine Checkliste Dialysezentrum
• Einmaleins der Dialysemedikation
• Alltagsleben mit der Dialyse
• Einschränkung der Trinkmenge
• Das richtige Maß zwischen Bewegung und Erholung
• Kalium- und phosphatreduzierte Kost
• Rehabilitation für mehr Lebensqualität
• Das Ziel: Erhalt der Selbstständigkeit
• Auf wirklich spezialisierte Kliniken achten
• Dialyse und Sozialrecht
• WER BEKOMMT EINE TRANSPLANTATION?
• Die Organspende
• Lebendspende
• Verstorbenenspende
• Leben nach der erfolgreichen Transplantation
• Dann besteht ein Abstoßungsriskio
• Transplantationsnachsorgeprogramm
• SERVICE
• Glossar
• Bücher und Broschüren zum Weiterlesen
• Adressen
• Register
• Danksagung
• Impressum

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt große Organe in unserem Körper, die Haut zum Beispiel oder die Leber. Es gibt kleine Organe, wie beispielsweise die Zirbeldrüse. Es gibt Organe, die häufig in den Medien sind, wie unser Herz oder das Gehirn. Und andere Organe werden fleißig in Fitnessmagazinen (die Muskeln) und Diätratgebern (Geschmacksnerven, Magen und Darm) beworben. Doch keines ist so komplex und gleichzeitig so in unserer Wahrnehmung vernachlässigt wie die Nieren! Erst wenn die Nieren einmal in ihrer Funktion schwächeln oder ganz aufgeben, erfahren wir plötzlich, wie sehr wir von diesem paarigen Organ rechts und links der Wirbelsäule abhängig sind.

Etwa zehn Prozent der Menschen in Westeuropa leiden an einer chronischen Nierenerkrankung, deutschlandweit sind mindestens fünf Millionen betroffen. Eine fortschreitende Funktionsstörung bleibt oft lange Zeit unbemerkt, jedoch stellt bereits eine nur geringgradig eingeschränkte Nierenfunktion einen Risikofaktor für weitere Erkrankungen beispielsweise des Herzkreislaufsystems dar. Nur mithilfe einer Dialyse oder einer Nierentransplantation kann der Mensch überleben, wenn die Nierenfunktion völlig versagt.

Dieser Ratgeber unterstützt Sie dabei, die Bedeutung der Nieren zu verstehen sowie Ursachen und Symptome einer Nierenschwäche – der Niereninsuffizienz – frühzeitig zu erkennen, um so bestmöglich alle Therapien zu nutzen, die Nierenfunktion möglichst lange zu stabilisieren.

Die Fülle der Aufgaben unserer Nieren zeugt von ihrer Bedeutung für die Allgemeingesundheit, für Vitalität und Leistungsfähigkeit. Anders herum gehören Abgeschlagenheit, Schlafstörungen, Energieverlust oder auch chronischer Juckreiz zum Beschwerdebild einer Nierenschwäche. Versuchen Sie nicht, auf eigene Faust mit solchen Beschwerden fertigzuwerden, sondern lassen Sie sich professionell beraten, was in Ihrem individuellen Fall dahintersteckt. Nur in zehn Prozent aller Fälle findet sich heute keine Ursache für den Funktionsverlust der Nieren. Die meisten Probleme lassen sich gut behandeln, schwerwiegende Funktionseinschränkungen oft zumindest verzögern.

Über den Lebensstil ergeben sich weitere Chancen zur Unterstützung der Nieren sowie zur Verbesserung der Lebensqualität. Einige praktische Ideen finden Sie in Kapitel 3. Kann trotz aller moderner Behandlungsmaßnahmen und optimaler Vorsorge ein endgültiges Nierenversagen nicht verhindert werden, sind verschiedene Nierenersatzverfahren zu unterscheiden. In Kapitel 4 und 5 finden Sie den aktuellen Wissensstand, zu welchem Zeitpunkt diese sinnvoll sein können.

Ich habe die in der Praxis auftretenden wichtigsten Fragen und Antworten für Sie zusammengestellt und wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine spannende, aufklärende und motivierende Lektüre über die faszinierende Welt der Nierengesundheit.

Ihr

DAS LEISTEN UNSERE NIEREN

Unsere Nieren sind mehr als ein Filter, der Urin produziert, sie sind an vielen Vorgängen im Körper beteiligt. Genauso vielfältig sind jedoch auch mögliche Krankheitserscheinungen, wenn die Nieren versagen. Die Nierenfunktion nimmt im Lebensverlauf ab: Mindestens fünf Millionen Menschen in Deutschland sind von einer chronischen Nierenerkrankung, Nephropathie genannt, betroffen – rechnet man die Dunkelziffer mit ein, sind es deutlich mehr. Ungefähr 100.000 Patientinnen und Patienten benötigen regelmäßig eine künstliche Blutwäsche (Dialyse), um ihr Leben zu erhalten, denn die Aufgaben der Nieren für den Organismus sind komplex. Alleine, um unser Blut buchstäblich zu waschen, pumpt der Körper jede Minute circa 20 Prozent des Blutes – das entspricht etwa 1,2 Litern – durch beide Nieren.

Holger S., 58 Jahre

„Ich arbeitete seit über 20 Jahren im Maschinenbau und gehe regelmäßig zu den arbeitsmedizinischen Untersuchungen. Dort wurde vor circa zehn Jahren Bluthochdruck festgestellt. Die Medikamente dafür bekam ich von meinem Hausarzt, sie haben jedoch den Blutdruck nicht wirklich gesenkt: Der erste Wert ging meist bis 180, der zweite bis 105 mmHg. Nur leicht erhöhte Wert mit etwa 140/80 habe ich leider nie erreicht. Blut- oder Urinuntersuchungen wurden bei mir nie gemacht. Bei der letzten betriebsärztlichen Untersuchung waren die Blutergebnisse dann so schlecht, dass ich sofort ins Krankenhaus geschickt wurde. Rückblickend war mir schon aufgefallen, dass ich bei der Arbeit mehr Pausen brauchte und auch oft weniger Luft bekam, aber ich habe das auf mein Alter geschoben. Im Krankenhaus wurde mir gesagt, ich habe Schrumpfnieren und man müsse sofort mit der Dialyse beginnen. Seither muss ich dreimal wöchentlich zur Blutwäsche. Ich würde gerne wieder voll arbeiten gehen, aber das ist jetzt nicht mehr möglich.”

Nieren filtern unser Blut

Die Nieren sind rotbräunliche, bohnenförmige Organe von 10 bis 12 cm Länge, die sich rechts und links der Wirbelsäule knapp unterhalb des Zwerchfells befinden. An deren oberen Ende sitzt die aprikosengroße Nebenniere als Kappe auf. Die Aufgabe unserer Nieren ist es, das Blut zu „waschen”. Dazu pumpt der Körper jede Minute circa 20 Prozent unseres Blutes durch beide Nieren.

Die Nierenkelche, in denen fertiger Urin enthalten ist, vereinigen sich zum Nierenbecken, aus dem der Harnleiter entspringt und entlang der Wirbelsäule bis zur Harnblase verläuft. Hier kann der Urin über Stunden gesammelt werden – ohne Blase müssten wir dauernd zur Toilette!

Anatomie der Nieren

Die Nieren werden durch eine Nierenarterie aus der Bauchschlagader (Aorta) mit Blut versorgt. Innerhalb der Nieren verzweigt sich diese Arterie in viele kleine, bogenförmige Arterien, die jeweils bis in die Nierenrinde ziehen, wo sich die Nierenfilter befinden. Von dort fließt das gereinigte Blut wieder über die Nierenvenen und die Hohlvene zurück in den Körper.