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Vom Umgang mit Trauer im Pflegealltag

Wie Sie Formen von Trauer erkennen, Pflegebedürftige besser verstehen und heikle Alltagssituationen meistern können

von Birgit Proske (Autor:in)
196 Seiten

Zusammenfassung

„Altern ist nichts für Feiglinge“, sagte Joachim Fuchsberger
– Recht hat er: Fähigkeiten gehen verloren, die
eigene Wohnung muss aufgegeben werden, die Freiheit,
die Selbstständigkeit, die Bewegungs- und oft
auch die Entscheidungsfähigkeit. Die angemessene
Reaktion darauf: Trauer. Sie begegnet den Pflegekräften
tagtäglich – als Widerstand, Trotz, Aggression
etc.. Denn die Trauer, die all diese Emotionen auslöst,
wird nur selten klar erkannt.
Dieses Buch ist ein sensibler Zugang zur „alltäglichen“
und vielgestaltigen Trauer im Pflegealltag bei den
Pflegebedürftigen (und ihren Angehörigen). Darüber
hinaus gibt es Pflegefachkräften das nötige Handwerkszeug,
damit sie trauerbehaftete Situationen
empathisch, souverän und hilfreich meistern können.
Praktisch: Das Buch enthält viele Übungen
zur direkten Umsetzung und fürs eigene Training.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titelseite
  • Impressum
  • Inhalt
  • Grußwort
  • Einführung
  • 1 Was ist Trauer? Welche Formen begegnen uns im Pflegealltag?
  • 1.1 Was ist »Trauer« eigentlich?
  • 1.1.1 Abschiede und Verluste im Leben
  • 1.1.2 Trauermodelle
  • 1.2 Trauer – Leben auf schwankendem Grund
  • 2 Trauer im Alter – theoretische Annäherung
  • 2.1 Fertig werden mit »Immer weniger«
  • 2.2 Demenz – wenn alles zerbröselt
  • 2.3 Wenn Bindungen verloren gehen
  • 2.4 Verlustreich – der Einzug ins Pflegeheim
  • 2.5 Trauernden Angehörigen empathisch begegnen
  • 2.5.1 Resilienz-Übung in emotional aufgeladenen Begegnungen
  • 2.6 Wünsche am Lebensende – Vorsorge als Sicherheit in schwierigen Momenten
  • 2.7 Sterben und Trauer
  • 2.7.1 Die Gefühlswelt sterbender alter Menschen
  • 2.7.2 Die Gefühlswelt von An- und Zugehörigen am Sterbebett
  • 3 Konzeptionelle Gedanken zur Trauerkultur in der Altenhilfe
  • 4 Umgang mit Trauer – die praktische Umsetzung
  • 4.1 Trauerarbeit in Pflege und Betreuung
  • 4.1.1 Verhalten trauernder Menschen in der Eingewöhnungsphase im Pflegeheim
  • 4.1.2 Die Eingewöhnungsphase aus psychosozialer Perspektive gut gestalten
  • 4.1.3 Kleines Einmaleins der Kommunikation
  • 4.1.4 Gespräche mit trauernden Senior*innen führen
  • 4.1.5 Einzelbetreuung: Methoden der Trauerarbeit im Pflegealltag
  • 4.2 Themen für die zusätzliche Soziale Betreuung (auch in Tagespflegen)
  • 4.2.1 Gruppen- und Einzelangebote
  • 4.2.2 Texte und Rituale für Trauer-Situationen
  • 4.3 Trauerarbeit mit Angehörigen
  • 4.3.1 Wenn Angehörige mit der Pflegeeinrichtung vertraut gemacht werden müssen
  • 4.3.2 Wenn die Eltern gestorben sind
  • 4.3.3 Trauercafé für Angehörige – eingebunden in Quartiersarbeit
  • 4.4 Trauerarbeit bei Mitarbeiterinnen
  • 4.4.1 Persönliche Trauer im Arbeitsalltag
  • 4.4.2 Wenn Kolleg*innen sterben
  • 4.4.3 Todesfälle auf Station
  • 4.4.4 Die Vorbereitung auf das Unvermeidliche
  • 4.4.5 Umgang mit Suizid von Bewohner*innen
  • 5 Selbst- und Teamfürsorge im Umgang mit starken Emotionen
  • 5.1 So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl
  • 5.1.1 Mit diesen Übungen machen Sie sich auf den Weg
  • 5.2 Humor als Ressource
  • 5.3 Das Wir-Gefühl stärken – Zusammenwachsen für erfolgreiche Pflege, Betreuung und Begleitung
  • 5.4 Fazit
  • Dankes-Nachwort
  • Checkliste Trauerkultur im Pflegebereich
  • Trauerrituale im Überblick
  • Übungen im Überblick
  • Selbstwertgefühl/Selbstfürsorge
  • Links zu Texte und Musik zum Abschied
  • Literatur
  • Register

Grußwort

Eine lebensfrohe und immer gut gelaunte Persönlichkeit: Das ist das Erste, was mir einfällt, wenn ich an Birgit Proske denke. Vor allem, wenn ich an die Themen denke, welche sie tagtäglich in ihrer Arbeit begleitet, genießt sie hierfür meinen besonderen Respekt.

Sterben, Tod und die verbundene Trauer sind immer noch Tabuthemen in unserer Gesellschaft – auch bei den Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen. Obwohl in den Pflegeeinrichtungen dieses sensible Thema eigentlich schon fast zur »Normalität« gehört, können nicht alle mit dieser Thematik gleich professionell umgehen.

Gibt es denn beim »Versorgen und Begleiten« von Sterbenden sowie beim »Trauern« eine Professionalität? Eine Professionalität ist vielleicht der falsche Begriff, aber die Einrichtungen können spezielle Konzepte und Kulturen implementieren, welche für die Pflegekund*innen am Lebensende ein würdevolles Sterben bedeutet und für die Mitarbeitenden in der Pflege eine Stärkung der persönlichen Resilienz.

Hier kommt Birgit Proske ins Spiel. Sie ist mit ihrer lebensfrohen Persönlichkeit eine Bereicherung, um dieses Thema auch fachlich zu betrachten. Mit ihren Fortbildungen und Seminaren für die Pflege- und Betreuungskräfte motiviert, fördert und begeistert sie die Mitarbeitenden, um in den Einrichtungen die Abschiedskultur als wichtigen und nicht zu tabuisieren-den Schwerpunkt zu betrachten und zu implementieren.

Ich selbst biete im Bereich der Pflege viele Fortbildungen an und durfte und darf Birgit Proske hier zu »Sterben, Tod und Trauer« schon an viele Einrichtungen empfehlen. Die Rückmeldungen waren jedes Mal hervorragend.

An dieser Stelle kann ich Birgit Proske nur beglückwünschen zu diesem wundervollen Buch. Es ist eine fachliche Bereicherung für alle in der Pflege arbeitenden Menschen.

Birgit Proske ist eine ständig sich reflektierende und sich weiterentwickelnde Persönlichkeit. Ihre Leidenschaft ist gleichzeitig ihre Mission. »Ein würdevolles Sterben, eine für jeden Menschen individuelle Abschiedskultur entwickeln und mit der Trauer gefestigt und menschlich umzugehen.«

Wer denkt, dass Humor hier keinen Platz hat, hat sich hier getäuscht. Freude und Humor sind ein wichtiger Bestandteil, aber das kann Birgit Proske in diesem Buch besser erzählen und darstellen.

Ich wünsche allen Leser*innen viel Spaß mit dieser so wertvollen Lektüre und bedanke mich bei Birgit Proske für ihren wertvollen und so wichtigen Beitrag zu diesem Thema und wünsche ihr weiterhin Freude, Leidenschaft und Motivation, um die Mitarbeitenden in der Pflege fachlich und menschlich zu unterstützen.

 

Ettenheim, im Oktober 2022 Sascha Schmieder
www.schmieder-management.de

Einführung

Die drei folgenden Begebenheiten sollen illustrieren, wie höchst unterschiedlich sich Trauer äußern kann. Vielleicht ist Ihnen auf den ersten Blick gar nicht bewusst, dass die Gemeinsamkeit in den folgenden drei Szenarien darin liegt, dass sie mit Trauer zu tun haben:

»Sie lassen meine Mutter verwahrlosen!«

Frau B. liegt ruhig in ihrem Bett. Sie trägt ihr geliebtes Nachthemd, obwohl es Flecke hat. Doch Frau B. liegt im Sterben und niemand – weder Pflege-noch Betreuungskräfte – möchte es ihr jetzt noch zumuten, gewaschen und umgezogen zu werden. Außer ihrer Tochter. Die wirft einen Blick auf ihre Mutter, hastet durch die Flure, stößt auf die Betreuungskraft N. und schreit: »Sie lassen meine Mutter ja völlig verwahrlosen! Ich erwarte, dass Sie sie aus dem Bett holen. Ich will, dass sie einen Termin beim Frisör bekommt. Ich will, dass sie zum Bingo mitgenommen wird!«

Die Betreuungskraft entgegnet ruhig: »Frau B., Ihre Mutter stirbt. Sie kann und sollte nicht mehr aus dem Bett genommen werden.«

»So ein Blödsinn!«, keift die Tochter und läuft mit schnellen Schritten den Flur entlang. »Ich muss die Pflegedienstleitung finden…!«

»Warte doch, …«

Frau H. zerrt auf dem Flur an ihrer Mutter herum: »Nun komm schon! Was dauert das heute wieder lange! Ich hab nicht so viel Zeit! Komm schon, wir wollen doch in die Cafeteria!« – »Warte doch, warte, ich kann nicht so schnell«, sagt die Mutter verzweifelt, »immer diese Hektik mit dir, wenn du kommst! Ich kann nicht so schnell. Ich möchte erst noch auf die Toilette…« Die Tochter verdreht die Augen und stapft schließlich mit großen Schritten voraus.

»Ich hätte Euch niemals weggegeben!«

Das Auto rollt langsam vor dem Pflegeheim aus. Darin sitzen die 84-jährige Mutter, ihre 50-jährige Tochter und deren Mann. Die Türen öffnen sich, eine Pflegekraft kommt aus dem Heim dazu, will die alte Dame freundlich in Empfang nehmen. Doch diese weigert sich standhaft auszusteigen. »Ich gehe in kein Heim! Lieber sterbe ich hier und jetzt! Ich rede kein Wort mehr mit euch, wenn ihr mich hier absetzt!«

»Aber Mutter, wir haben doch alles besprochen! Du warst hier und hast dein Zimmer schon gesehen. Du hattest zugestimmt, hierherzukommen.« Die Tochter bemüht sich um einen sanften Ton, doch der wirkt eher anspornend auf die alte Dame: »Aber jetzt will ich nicht mehr! Ich will nach Hause. Ich war immer für euch da und hätte euch niemals weggegeben!«

»Das ist unfair und das weißt du! Wir können dich zuhause nicht pflegen. Ich dachte, dass wir alles besprochen hätten …« (die Tochter kann ihre Tränen kaum mehr zurückhalten.)

Die Pflegekraft schaltet sich ein und sagt: »Frau Müller, wir freuen uns doch auf Sie! Wollen Sie es nicht versuchen? Kommen Sie, der Kaffeetisch ist schon gedeckt. Ihre Zimmernachbarin freut sich schon auf Sie … «

Autor

  • Birgit Proske (Autor:in)

Birgit Proske begleitet seit mehr als 25 Jahren Menschen in schönen und schweren Phasen des Lebens, u.a. als Pfarrerin, Klinikseelsorgerin, Sterbe- und Trauerbegleiterin und in der psychosozialen Betreuung in Pflegeeinrichtungen. Diese Erfahrungen bringt sie mit ihrer Firma „Abschiedskultur Birgit Proske“ auch als Dozentin in Fortbildungen im Bereich „Sterben, Tod und Trauer“ in die Pflegebranche ein.
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Titel: Vom Umgang mit Trauer im Pflegealltag