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Das 5-Minuten-Rückentraining

In 8 Wochen stark und schmerzfrei. Give me five! Inkl. kostenlosem Video-Coaching mit Gesundheitstrainer Manuel Eckardt. Empfohlen von: Aktion Gesunder Rücken e.V.

von Manuel Eckardt (Autor:in)
208 Seiten

Zusammenfassung

Der erste Gesundheitsratgeber mit interaktivem Personal Coach! Dieser Ratgeber geht Rückenschmerzen wirklich auf den Grund. Der erfolgreiche Motivationstrainer Manuel Eckardt hat einen 8-Wochen-Plan entwickelt, der von jedem problemlos in fünf Minuten pro Tag durchgeführt werden kann. Zahlreiche, gut illustrierte Übungen helfen Rückenschmerzen nicht nur zu lindern, sondern auch vorzubeugen. Das bestätigt die Zeitschrift ÖKO-TEST: Das 5-Minuten-Rückentraining belegt Platz 2 im Test und wird mit der Gesamtnote GUT bewertet.

Rückengeplagte können alle Übungen anhand der Abbildungen im Buch durchführen – oder sie nutzen zusätzlich das kostenlose Online-Video-Training. Ergänzt wird das Übungsprogramm mit jeder Menge Wissen über Ihren Körper und eine ausgewogene, alltagstaugliche Ernährung. Außerdem steht Manuel Eckardt seinen Lesern acht Wochen lang als Online-Coach mit Rat und Tat zur Seite.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich weiß genau, was Sie denken: Schon wieder ein Rückenbuch. Und da ich genau weiß, dass Sie das denken, werde ich Ihnen verraten, dass es sich hierbei doch um ein anderes Buch handelt, als Sie vermuten.

Seit Jahren vertrete ich die Ansicht, dass man Dinge viel leichter ändert, wenn man weiß, wie sie funktionieren. Ziel dieses Buches ist es daher, Ihnen zu zeigen, wie Ihr Körper und insbesondere Ihre Wirbelsäule, dieses irrwitzige Zusammenspiel vieler verschiedener Komponenten, funktionieren, was dabei alles falsch laufen kann und wie Sie zu einer optimal funktionierenden Wirbelsäule kommen.

Sie hielten dieses Buch sicher nicht in der Hand, wenn Ihr Rücken Sie nicht plagen würde oder Sie nicht Angst hätten, an einem Rückenleiden zu erkranken. Da sind Sie nicht allein! Es gibt eine große, verschworene Gemeinschaft der Rückengeplagten. Es sind mehr, als Sie denken, und es kommen täglich neue hinzu. Das ist aus meiner Sicht völlig logisch: An allen Ecken und Enden fehlt es an Bewegung.

Dabei kann es so einfach sein, ohne Beschwerden alt zu werden. Und genau das habe ich mir für dieses Buch vorgenommen: Ihnen zu zeigen, was Sie tun können, damit Sie lange Freude an Ihrer Wirbelsäule und an Ihrem Körper haben und gerne alt werden möchten. Ich rede hier nicht von Sport und Höchstleistung – und nein, ich möchte auch kein Loblied auf das Turnen anstimmen. Mir geht es vielmehr um einfache Tricks für mehr Bewegung im Alltag, die jeder kann und tun sollte.

In meinen Vorträgen und Sendungen stelle ich sehr oft die Frage: „Wer möchte 100 Jahre alt werden?” Ob Sie es glauben oder nicht, es meldet sich keiner! Nicht ein Einziger! Dann formuliere ich die Frage anders: „Wer möchte mit dem gesundheitlichen Zustand, in dem er sich heute befindet, 100 Jahre alt werden?” Und schon gehen die meisten Hände nach oben. Bei „alt” haben wir die Vorstellung von zittrig und klapprig und Altersheim. Aber vergessen Sie die ganz schnell! Unser Körper ist eine Wahnsinnsmaschine, die extrem leistungs- und ausbaufähig ist und eine sehr lange Haltbarkeitsdauer hat! Sie muss nur richtig bewegt werden. Das ist der Schlüssel zum Erfolg und das große Geheimnis. Stellen Sie sich doch bitte einfach vor, dass Sie Ihren körperlichen Status „einfrieren” könnten. Würden Sie dann nicht auch gern sehr alt werden?

Ich werde hier keine Wunder versprechen, aber ich zeige Ihnen, was Sie selbst für sich tun können, damit Sie lange beweglich und fit bleiben.

Durch meine langjährige Erfahrung als Sporttherapeut, Trainer und Motivationstrainer ist mir einiges klar geworden – insbesondere die KUSS-Formel. KUSS steht für „Kurz und sehr simpel”. Egal, was ich Ihnen hier zeigen werde, es wird alles sehr kurz und sehr simpel sein, denn etwas anderes macht keinen Sinn. Lange Vorträge über Dinge, die Sie nicht tun sollen, spare ich mir, denn das wissen Sie selbst am besten. Es macht auch keinen Sinn, Ihnen ein Programm an die Hand zu geben, das Sie stundenlang an den Boden oder an den Stuhl fesselt.

In der heutigen Zeit muss alles schnell und effektiv gehen. Und das kann es auch. Sie kommen aber nicht darum herum, mitzumachen – und genau darum geht es: um das Mitmachen! Sie müssen aktiv werden. Aber keine Angst, nur 5 Minuten am Tag! Ja, Sie haben richtig gelesen. Nur 5 Minuten am Tag. Natürlich können Sie auch gern mehr machen, aber mir würde es schon reichen, wenn Sie mit mir 5 Minuten am Tag verbringen.

Dafür habe ich ein Programm entwickelt, das wirklich jeder durchführen kann. Ich habe dem Programm den Namen „Give me five!” gegeben. Geben Sie mir 5 Minuten Ihrer Zeit, und ich zeige Ihnen, was Sie für sich und Ihre Gesundheit tun können! Sie können das Programm egal wo Sie sind durchführen. Sie werden sehen, wenn Sie es einmal gemacht haben, geht es Ihnen sofort besser. Nach jeder Art von Bewegung beschleicht uns ein Gefühl der Befriedigung. Wir haben etwas für uns getan, das registriert unser Hirn und wir fühlen uns gut. Lassen Sie uns dieses Gefühl einfach täglich miteinander erzeugen und sehen, was in acht Wochen aus unserem Körper wird.

Wissen Sie eigentlich, was das Besondere an diesem Buch ist? Dieses Buch und das hierin enthaltene Programm sind mit mir verknüpft. Sie können alles, was Sie hier lesen und sehen, auch online mit mir mitmachen. Das ist neu und einzigartig.

Wie soll das gehen? Ganz einfach. Sie können sich kostenlos auf meine Seite www.give-me-five.tv einloggen und mit mir die gezeigten Übungen am PC, iPad oder Tablet-PC sowie am Fernseher mitmachen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und Bewegen – und vor allem wünsche ich Ihnen eine starke und gesunde Wirbelsäule. Auf ein tolles Miteinander!

 

 

Ihr

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WISSEN – DER ERSTE SCHRITT ZUR VERÄNDERUNG

Natürlich können und dürfen Sie gleich loslegen und ins Training einsteigen, um möglichst bald erste Erfolge zu sehen. Aber Sie erinnern sich – man ändert leichter etwas, wenn man weiß, wie es funktioniert. Deshalb möchte ich Ihnen in diesem Kapitel erklären, wie Ihre wunderbare Wirbelsäule samt ihrem Halteapparat aufgebaut ist, wie sie funktioniert und welche Nährstoffe sie braucht, um all ihre Aufgaben optimal zu erfüllen und Ihnen ein Leben lang eine starke, schmerzfreie Stütze zu sein.

Was ist und was leistet unsere Wirbelsäule?

In diesem ersten Kapitel möchte ich verdeutlichen, welche Rolle die Wirbelsäule im Gesamtgefüge Ihres Körpers spielt und warum starke Muskeln darum herum so wichtig sind.

Symmetrie – das Fundament unserer Gesundheit

Ich will nicht sagen, dass der Aufbau des Körpers einfach ist, aber man könnte, wenn man wollte. Sie kennen bestimmt die berühmte Zeichnung von Leonardo da Vinci, der vitruvianische Mensch, Ihnen vielleicht besser bekannt als die Symmetriestudie des Körpers. Anhand dieser verdeutlicht Leonardo, dass der gesamte Aufbau unseres Körpers symmetrisch und harmonisch ist und sich alles im Einklang befindet. Dieses Bild sagt viel über uns und unseren Körper aus. Sehen Sie den Körper als eine ausgewogene Einheit an, die bei der Geburt in völligem Einklang mit sich ist. Alle Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke befinden sich von Anfang an in absoluter Harmonie und Symmetrie. Doch das bleibt leider nicht lange so. Durch Fehlbelastungen, Überlastungen und Nichtbelastungen verändert sich unser Körper im Lauf der Zeit.

Der menschliche Körper ist darauf ausgelegt, dass wir ausgeglichen sind. In jeglicher Hinsicht. Sie merken schnell, wenn dem nicht so ist. Sie kennen das Gefühl, wenn in Ihrem Körper irgendwas nicht stimmt. Ganz gleich, ob es sich um eine Magenverstimmung oder ein verknackstes Knie handelt. Sie merken, dass es Sie belastet, körperlich und mental. So verhält es sich auch mit Ihrer Wirbelsäule: Sie merken, bewusst oder unbewusst, dass etwas nicht stimmt. Das hat Auswirkungen auf Ihr ganzes Tun und Handeln. Genau das ist dann der Anfang eines Teufelskreises. Dieses Buch ist nicht nur dafür gedacht, wenn es zu spät ist, sondern richtet sich auch an diejenigen, die erst gar nicht in diesen Teufelskreislauf geraten möchten.

Ich möchte nun versuchen, Ihnen die Zusammenhänge zwischen Körper, Geist und Seele näherzubringen, ohne esoterisch und philosophisch zu werden. Erst wenn man die Zusammenhänge verstanden hat, kann man Dinge einfacher und schneller ändern. Sie werden beim Lesen des Buches feststellen, dass es keinen Sinn macht, nur die Symptome zu bekämpfen. Lernen Sie mit mir zusammen die Zusammenhänge Ihres Körpers, Ihres Rückens und Ihrer Wirbelsäule kennen. Sie werden sehen, Ihr Alltag wird sich verändern. Sie werden anders gehen, sitzen, laufen, schlafen und wahrscheinlich auch denken. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, wie etwas funktioniert, und sich selbst helfen zu können, wenn es mal zwackt oder klemmt.

Ich habe nicht umsonst Leonardo da Vinci angeführt, um Ihnen bewusst zu machen, dass Sie Ihren Körper als Ganzes sehen sollen. Wir können nicht einfach nur die Wirbelsäule rausgreifen und sagen: „So sieht sie aus, so funktioniert sie und hier ist sie kaputt!” Es ist eher so, dass die Wirbelsäule unser Körperzentrum darstellt, das von allem darum herum abhängt. Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Unternehmen der wichtigste Mensch, alle zerren an Ihnen und Sie müssen sich nach allen Seiten biegen und beugen – und das auch noch mit Verantwortung und Gewicht um den Hals. Genau das erwarten wir von der Wirbelsäule. Sie soll sich biegen und beugen, und das unter größter Last, und wir erwarten, dass sie das alles ohne Murren mitmacht. Aber das ist nicht so einfach.

An unserem Rumpf hängen Arme und Beine, die jeweils immense Auswirkungen auf die Wirbelsäule haben. Die Beine stehen auf Füßen, die ebenfalls einen wesentlichen Teil zur Gesundheit der Wirbelsäule beitragen. Und an den Armen hängen die Hände, die uns täglich Dienste leisten. So könnte ich stundenlang fortfahren und Ihnen zeigen, was dabei die Wirbelsäule alles belastet oder verformt. Aber dazu kommen wir später noch bei den Übungen.

Da Vinci stellte mit seiner Symmetrie-Studie über den Menschen fest, dass alles im Gleichgewicht und ausgeglichen ist. Das bedeutet für uns und für unseren Plan, dass dieser auch ausgeglichen sein muss. Wenn wir nicht symmetrisch trainieren und uns nicht ausgeglichen belasten, erzeugen wir wieder Ungleichheiten im Körper, die wiederum zu anderen Beschwerden, Verschiebungen führen könnten. Schmerzen, Verspannungen, Blockaden oder auch Dysbalancen entstehen nicht einfach so. In den meisten Fällen sind sie das Ergebnis eines langen Prozesses, den wir aber so gar nicht wahrnehmen.

Wie entsteht ein Ungleichgewicht?

In den Augen der Betroffenen ist es meist so, dass man morgens aufgewacht ist und auf einmal war er da. Der Schmerz. Oder man hat sich falsch gebückt oder bewegt und auf einmal gab es einen stechenden Schmerz. Wir gehen immer davon aus, dass Rückenschmerzen Akutschmerzen sind, die durch einen „Unfall” oder ein Ereignis auftreten. Dem ist aber nicht so. Das Ereignis ist nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und dann der Auslöser für die Schmerzen ist. Wir wollen dann nicht wahrhaben, dass wir uns schon die ganze Zeit zu wenig bewegt haben. Dass wir schon die ganze Zeit die Muskeln vernachlässigt haben. Dass wir schon lange keine Dehnübungen mehr gemacht haben – und eigentlich stellen wir fest, dass wir seit der Schule nicht mehr wirklich sportlich aktiv waren. Aber der Rückenschmerz kommt natürlich von der eben gemachten Bewegung … Ich hoffe, Sie nehmen mir das jetzt nicht übel, aber so sieht es in den meisten Fällen leider aus. Die wenigsten Menschen erleiden einen Bandscheibenvorfall, weil sie aktiv waren, sie erleiden ihn, weil sie die Wirbelsäule und deren Einflussfaktoren als gottgegeben hingenommen und schlicht und einfach vernachlässigt haben.

Ich habe eine erste Aufgabe für Sie! Ich garantiere Ihnen, es geht Ihnen ein Licht auf. Nein, Sie müssen jetzt nicht aufstehen, Sie müssen sich auch nicht bewegen. Fragen Sie sich bitte einfach kurz: „Wann habe ich das letzte Mal meine Bauchmuskeln trainiert?” – Ganz ehrlich, bitte! Ich rede jetzt nicht von drei Sit-ups zwischendurch. Nein, ich rede von 15 bis 20 Minuten effektivem Bauchtraining ohne Hanteln, ohne Hilfsmittel, nur Sie und Ihr Bauch, im Liegen, Stehen oder Sitzen.

Wenn Ihre Antwort „Diese Woche!” lautet und Sie das jede Woche machen, dann ist das perfekt und wirklich respektabel. Dann weiß ich aber auch, dass Sie zu denen gehören, die wenig oder gar keine Rückenprobleme haben. Wenn Sie nun anfangen müssen nachzudenken und das Denken länger als drei Sekunden dauert, dann kennen wir beide schon die Antwort. Es ist auf jeden Fall schon lange her und Ihr Rücken plagt Sie schon mal ab und zu.

Jetzt fragen Sie sich bestimmt: „Was hat das Bauchtraining mit meiner Wirbelsäule zu tun?” Das kann ich verstehen und ich kann Ihnen sagen, das fragt sich jeder, den ich in meiner täglichen Praxis wegen Rückenschmerzen behandle. Daran erkenne ich sofort, ob dem Betroffenen die Zusammenhänge seines Körpers bewusst sind. In der Regel ist dem nicht so. Dazu kommen wir später noch.

Was möchte ich Ihnen klarmachen? Ich möchte Ihnen damit nicht zeigen, dass Sie Ihre Bauchmuskeln trainieren sollen, das sollen Sie wohl auch, aber mir geht es hier um etwas anderes: Wir vergessen unseren Körper in unserem Tun und Handeln über den ganzen Tag. Tagein, tagaus. Wir nehmen ihn einfach als funktionierende Maschine hin. So lange, wie er uns nicht mit Schmerzen ärgert, sehen wir es nicht ein, etwas für ihn zu tun und ihn zu pflegen. Sei es körperlich oder mental. Noch viel schlimmer ist, dass wir die Warnsignale des Körpers abtun und denken, das geht auch wieder weg.

Wir sind Meister im Verdrängen, wir können prima Schmerzen ignorieren, solange sie noch auszuhalten sind. Und wissen Sie, warum? Weil das Aushalten des Schmerzes einfacher und angenehmer zu sein scheint, als uns zu bewegen und dazu aufzuraffen, etwas für uns zu tun. Wir nehmen Schmerzen so lange in Kauf, wie wir sie aushalten und solange wir nicht daran sterben. Drohen uns Tod oder extrem starke Schmerzen, dann erst ändern wir diese Haltung. Dann kommt der Punkt: „Ich muss mal was für meinen Rücken tun!” Es ist traurig, aber wahr. Ich kann Ihnen sagen, dass 80 Prozent aller Rückenschmerzen vermieden werden könnten, wenn die Betroffenen regelmäßig etwas für sich und ihren Körper tun würden. Ich schreibe hier extra Körper und nicht Rücken, da ich den Körper als Ganzes sehe und nicht nur die Wirbelsäule als Schmerzpunkt.

Vielleicht tue ich Ihnen auch gerade unrecht und Sie gehören zu den Geplagten, die etwas für sich tun und trotzdem unter Schmerzen leiden. Vielleicht hilft Ihnen ja mein Programm oder dieses Buch dabei, alles einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Vielleicht ist es mir ja in diesem kleinen Kapitel gelungen, Ihnen den einen oder anderen Denkanstoß zu liefern. Einfach mal nachzudenken: „Was mache ich eigentlich für mich? Wann habe ich das letzte Mal wirklich etwas für mich und meine Gesundheit getan?” Sollten Sie zu denjenigen gehören, die immer schon fit und aktiv waren und trotzdem Schmerzen haben, dann bleibt schlussendlich die Frage nach der Symmetrie und Ausgeglichenheit Ihres Trainings, und diese möchte ich hier zusammen mit Ihnen beantworten.

Die Wirbelsäule – unsere Mitte

Die Wirbelsäule ist unser Stützpfeiler, unsere körperliche Mitte, unser Ursprung und der Grund für unseren aufrechten Gang. Ein „aufrechtes” Leben als Mensch wäre ohne sie nicht möglich.

An dieser Stelle möchte ich Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie sich als Ganzes sehen sollten und Ihre Wirbelsäule als Ihr Zentrum, von dem alle Kraft abund ausgeht. Die Wirbelsäule steht nicht für sich allein, ohne ein ganzes Geflecht aus Muskeln, Bändern und Sehnen würde sie in sich zusammenklappen und hätte keinerlei Stabilität. Und das sind nur die Teile, die direkt mit ihr in Zusammenhang gebracht werden.

Neben diesen körperlichen Zusammenhängen müssen auch Verhaltensweisen, Bewegungsmuster, Denkmuster, psychische Belastungen und last but not least die Ernährung erwähnt werden. Diese „äußeren” Einflussfaktoren haben mehr Wirkung, als man im ersten Augenblick denken mag. Man möchte es auch nicht wirklich realisieren, dass man sich täglich zu wenig bewegt, falsch bewegt, das Falsche isst oder sich ständig über etwas ärgert.

Keine Sorge – ich werde hier nicht mit dem erhobenen Zeigefinger stehen und sagen: „Tun Sie dies und jenes nicht!” Oder: „Essen Sie dies und das nicht!” Nein, das werde ich nicht, denn die meisten Menschen wissen sehr genau, was sie falsch machen, essen oder denken. Ich zeige Ihnen aber, wie leicht es sein kann, Dinge zu ändern, wenn man mal einen Anfang gefunden hat.

Was die Wirbelsäule braucht

Starke Muskeln durch Eiweiß. Lassen Sie uns mit dem einfachsten der Zusammenhänge des Körpers starten, der Ernährung. Sie denken jetzt mit Sicherheit: „Was hat denn Ernährung mit meinem Rücken zu tun?” Wahrscheinlich mehr als Sie denken und auch wahrhaben wollen. Aber keine Angst, wie gesagt kommt jetzt nicht der erhobene Finger. Hier kommt nur ganz kurz eine der wichtigsten Informationen Ihres Lebens.

Egal was wir tun, wir brauchen Eiweiß. Eiweiß, auch Protein genannt, ist der Baustein des Lebens, der Baustein des Körpers, der Baustein der Muskeln. Die Muskeln sind der Stützapparat unseres Skeletts und insbesondere der Wirbelsäule. Was bedeutet das?

Wenn Sie kein Eiweiß zu sich nehmen, können Ihre Muskeln weder wachsen noch stark werden, noch stark bleiben. Ohne ausreichend Eiweiß verlieren wir täglich an Muskeln und damit ist der körperliche Verfall vorprogrammiert. Was zur Folge hat, dass unser Skelett auf sich alleine gestellt ist, und dafür ist es nicht ausgelegt. Arthrose, Osteoporose oder Bandscheibenprobleme lassen dann nicht lange auf sich warten. Unsere Muskeln (unser ganzer Organismus!) brauchen Eiweiß. Ohne diesen Baustein nutzt das beste Training nichts. Nur mit Eiweiß werden Ihre Wirbelsäule und Ihre Muskeln stark. Wie das genau funktioniert, erfahren Sie weiter hinten im Kapitel „Die ideale Nahrung für eine starke Wirbelsäule”.

Geduld – eine starke Wirbelsäule kommt nicht von heute auf morgen. „Steter Tropfen höhlt den Stein” bedeutet: Der Körper braucht Zeit, um sich zu verändern. Und Sie brauchen Geduld. Vergleichen Sie dieses Buch mit dem Navi in Ihrem Auto. Das Navi führt Sie auf dem schnellsten Weg zu Ihrem eingegebenen Ziel, aber vorher müssen Sie ihm sagen, wo Sie sind, und ihm beibringen, wie es den schnellsten Weg findet. Und genau das ist mein Plan mit Ihnen. Ich möchte Ihnen zeigen, wo Sie stehen und wo Sie hinmüssen, und ich begleite Sie auf diesem Weg. Das dauert nicht lange und ist gemäß der KUSS-Formel kurz und sehr simpel. Sie werden damit sehr schnell Linderung, Besserung und ein tolles Wohlbefinden erzielen. Das ist die Bitte, die ich an Sie habe: Haben Sie dabei Geduld mit sich. Denn Ihr Körper wächst und verändert sich langsam! Am schnellsten wachsen Muskeln, wenn man sie richtig anspricht und ihnen die richtigen Nährstoffe gibt. Bänder und Sehnen hingegen brauchen länger.

Regelmäßige Wartung. Ich habe wieder eine Aufgabe für Sie. Nein, wieder keine Bewegung! Nur eine Frage: Wie alt ist Ihre „Maschine”, also Ihr Körper, und wie oft waren Sie bisher in der Inspektion bzw. Wartung? Haben Sie schon mal Ihre Gelenke nachgeölt? Komische Fragen, ich weiß. Aber es sind sinnvolle Fragen, denn sie sollen Ihnen verdeutlichen, dass es keine komplexere Maschine als unseren Körper gibt, die dann auch noch so wartungsarm und in den meisten Fällen problemlos funktioniert. Am beachtlichsten finde ich die Tatsache, dass sie ohne Wartung so lange fehlerfrei funktioniert. Nur Sie selbst können beurteilen, wie gut und intensiv Sie Ihren Körper pflegen, und ich rede hier nicht von äußerlicher Pflege wie Cremes oder Ähnlichem. Sie selbst wissen, was Sie essen, trinken und wie Sie sich bewegen. Alles Einflussfaktoren, die dieses Wunder „Körper” am Laufen halten. Vielleicht wird Ihnen jetzt schon bewusst, dass dieses Wunder besser funktioniert, wenn man es pflegt, und zwar nicht nur von außen, sondern auch von innen, und nicht nur durch Bewegung.

Bleiben wir noch einen Augenblick bei dem Vergleich Ihres Körpers mit Ihrem Auto. Gerade Männer pflegen und hegen ihr Auto mehr als ihren Körper. Allein die Tatsache, dass wir irgendwann dieses Gefährt erneuern oder gegen ein schickeres oder schnelleres eintauschen, lässt schon erkennen, dass der Vergleich ein bisschen hinkt. Das heißt übersetzt, wir kaufen uns ein neues, wenn das alte nicht mehr taugt. Können Sie erkennen, worauf ich hinauswill? Wir pflegen etwas, das wir irgendwann abstoßen, aber das, was uns das ganze Leben begleiten und bewegen soll und muss, dem widmen wir in der Regel sehr wenig Zeit. Schon verrückt, finden Sie nicht auch?

Essen, bewegen, entspannen – mehr ist es nicht! Bleiben wir weiterhin bei dem Vergleich mit dem Auto. Die Maschine Auto muss gepflegt werden. Sie muss betankt werden. Sie muss geölt werden. Ihr Körper auch! Sie müssen auch tanken. Sie müssen auch gepflegt werden und Sie müssen auch geölt werden. Am Beispiel des Autos können Sie das große Zusammenspiel vieler Komponenten einer Maschine erkennen und mit ein bisschen Fantasie können Sie sich vorstellen, dass auch Ihre Körpermaschine so funktioniert. Nur dass Ihre Tankfüllung nicht Benzin, sondern Ihre Ernährung ist. Dass Ihre Pflege durch die Bewegung und Entspannung und das Ölen durch das Mobilisieren und Dehnen vonstattengeht. Ja! So einfach ist das. Essen, bewegen, entspannen. Fertig.

Der Weg zurück in die Mitte und ins Gleichgewicht

Habe ich Ihnen schon gesagt, dass ich sehr stolz auf Sie bin? Sie haben einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Sie wollen mehr über Ihren Körper und Ihre Wirbelsäule erfahren und das ist ein toller Anfang. Mein Ziel ist es, Sie wieder in Ihre Mitte, in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen.

Aktiv werden. Fragen Sie mal, wer von Ihren Bekannten, Freunden, Arbeitskollegen und Familienmitgliedern regelmäßig Rückenbeschwerden hat. Stellen Sie sich dabei folgende Frage: „Wie sieht die Person aus, die gerade über Rückenschmerzen klagt?” Und fragen Sie sich dann noch: „Wann hat derjenige wohl das letzte Mal eine ‚Inspektion’ gemacht? Wann hat die Person sich das letzte Mal aktiv und längere Zeit bewegt?” Leider ist es in der Praxis tatsächlich so, dass aktive und schlanke Menschen weniger Probleme mit dem Muskel-Skelett-Apparat haben. Das soll nicht bedeuten, dass nur dicke und faule Menschen Probleme mit dem Rücken haben. Verstehen Sie mich bitte richtig, ich möchte hier niemandem zu nahe treten, aber der Zusammenhang zwischen Gewicht und Beschwerden liegt leider auf der Hand. Sie sind mit mir sicherlich einer Meinung, dass ein höheres Gewicht eine höhere Belastung für alle Bänder, Gelenke und die Wirbelsäule darstellt, oder? Ich möchte nicht alles auf die Faulheit schieben. Ich finde, Faulheit ist ein gemeines, unfaires Wort. Ich würde es eher Bequemlichkeit nennen. Es gibt so viele Einflussfaktoren, die uns einfach aus der Mitte katapultieren, und ich weiß: Der Weg zurück ist nicht immer leicht.

Aus der Mitte katapultiert – das sagt so viel über uns, unser Leben und unseren Lebensstil aus. Wir müssen uns immer weniger bewegen. Wir haben Arbeitsplätze, an denen wir den ganzen Tag sitzen. Der Weg zur Arbeit muss meist mit dem Auto zurückgelegt werden und in unserer Freizeit sitzen wir auf dem Sofa und schauen TV oder wir sitzen vor dem Computer. Man kann schon sagen, dass unser Mittelpunkt des Lebens sitzend ist. Im Gegensatz zu unseren Vorfahren verbringen wir die meiste Zeit unseres Lebens auf dem Hintern.

Das wäre ja nicht schlimm, wenn wir nicht, evolutionär betrachtet, Bewegungswesen wären. Aus der Evolution heraus ist unser Körper für große Wanderungen, schnelle Sprints und große körperliche Belastungen ausgelegt. Wir wurden nicht zum Sitzen geboren. Die sitzenden Berufe, das Fernsehen und der Computer sind gerade mal 30 bis 50 Jahre alt. Dass unser Körper mit der Geschwindigkeit, die unser Zeitalter mitbringt, nicht mitkommt, müsste jedem klar werden. Was bedeutet das nun für uns? Wir müssen aktiv, wenn nicht sogar aktiver werden. Wir müssen das kompensieren, was uns die Technik und die Entwicklung ab- bzw. wegnimmt. Alle Erleichterungen und Bequemlichkeiten des Alltags, die uns das Leben so angenehm machen, lassen unseren Bewegungs- und Skelettapparat verkümmern.

Insbesondere unsere Wirbelsäule, die in unserer (körperlichen) Mitte sitzt und uns einen aufrechten Gang ermöglicht, fühlt sich an manchen Tagen völlig nutzund wirkungslos an, da wir nur sitzen und liegen. Wissen Sie eigentlich, warum die Wirbelsäule doppelt gekrümmt ist? Weil wir als Läufer geboren wurden. Wir mussten in der Frühzeit Wildtieren hinterheroder vor ihnen davonlaufen, und das sehr schnell. Wer schon mal einen Sprinter bei einem Wettkampf gesehen hat, der weiß, dass dieser sich weit nach vorne legt und mehr oder weniger fast gebückt sprintet. Das wäre mit einem Stock als Wirbelsäule überhaupt nicht möglich. Eine lustige Vorstellung, aber unrealistisch.

Die doppelt gekrümmte Wirbelsäule sorgt auch dafür, dass wir einen geschmeidigen Gang haben und nicht alle Erschütterungen in unserem Hirn landen. Sie ist wie ein Federmechanismus für unseren Körper. Stöße, Schläge und Stürze können dank ihr in einer gewissen Intensität abgemildert werden.

Verspannungen und Dysbalancen vermeiden. Bevor ich Ihnen jetzt den weiteren Aufbau und die Funktionsweise der Wirbelsäule erkläre, möchte ich versuchen, Ihnen klarzumachen, dass es viele Faktoren gibt, die uns Rückenschmerzen verursachen. Nein, keine Panik, es wird weder esoterisch noch psychosomatisch. Sehen Sie Ihre Wirbelsäule als Dreh- und Angelpunkt Ihres Körpers. Ohne sie wäre ein aufrechter Gang nicht möglich. Sie allein macht uns aber noch nicht stehend und gehend. Dazu braucht es Muskeln, Bänder, Sehnen und kleine Gelenke.

Ich habe nicht umsonst das Bildnis von da Vinci angeführt und auf diese Symmetrie-Studie hingewiesen. Alles muss bzw. sollte im Einklang sein. Dies gilt nicht nur für das Training. Es gilt auch für die Ernährung, die Arbeitsbelastung und die Erholung. Übertreiben Sie einen der angesprochenen Punkte, wird sich wieder eine Dysbalance entwickeln und Sie treten auf der Stelle. Es kommt wirklich darauf an, wie Sie an das „Projekt Wirbelsäule” herangehen und ob Sie es ganzheitlich betrachten und auch betrachten wollen. Sicherlich können Sie punktuell Linderung und Verbesserungen Ihrer Probleme oder Symptome erzielen, aber ist es nicht sinnvoller, einen ganzheitlichen Ansatz zu wählen, der Ihnen dauerhaft Ruhe beschert? Es macht aus meiner Sicht einfach keinen Sinn, dass man immer nur kurzfristig die Symptome behandelt. Die große Herausforderung wird sein, Sie dauerhaft am Ball zu halten und Sie davon zu überzeugen, dass Bewegung der Schlüssel zum Erfolg ist, dass es Ihnen mit Bewegung besser geht! Aus diesem Grund bin ich ab sofort 8 Wochen lang Ihr persönlicher Begleiter.

Ich möchte Ihnen kurz ein Beispiel geben, wie leicht wir aus dem Gleichgewicht kommen können. Sie gehen aus dem Haus und es herrscht ein eisiger Wind. Sie sind nicht warm genug angezogen, Sie ziehen die Schultern zu den Ohren und versuchen Ihren Nacken vor der Kälte zu schützen. Sie verkrampfen und verspannen im Nacken total. Die Folge: Nackenschmerzen, eine Verspannung der Nackenmuskulatur. Diese hat nicht selten zur Folge, dass sich ein Wirbel schief stellt und zu einer Blockade avanciert, die Sie dann dauerhaft ärgert. Was Sie gegen so was tun können, erfahren Sie weiter hinten in diesem Buch. Was ich Ihnen anhand dieses Beispiels verdeutlichen möchte, ist, dass Sie gegen natürliche Reaktionen Ihres Körpers nicht wirklich gefeit sind. Es gibt Momente und Funktionen, die wir nicht beeinflussen können. Es muss nämlich nicht immer ein eisiger Wind sein, der Sie verkrampfen lässt. Angefangen von der Fehlhaltung beim Telefonieren bis hin zum Leistungsdruck auf der Arbeit oder der Angst vor dem Versagen – alles kann dazu führen, dass Sie Ihre Schultern bis zu den Ohren hochziehen und Ihre Muskeln das Ganze nicht so toll finden und mit einer ordentlichen Verspannung reagieren.

Was passiert, wenn wir nicht im Gleichgewicht sind? Wir sind

unausgeschlafen, weil wir nicht richtig liegen können, geschweige denn richtig schlafen;

gestresst, weil uns Rückenschmerzen und Verspannungen plagen;

gereizt, weil permanenter Schmerz uns zermürbt;

nicht belastbar, weil jede Bewegung uns zusetzt;

schlapp, weil jedes Aufbringen von Energie doppelt so anstrengend ist.

Diese Liste könnte man nun sehr lange weiterführen, aber ich glaube, Sie sehen schon, worauf ich hinauswill. Haben Sie sich schon mal in den Finger geschnitten oder irgendwo eine kleine Verletzung zugefügt? Bestimmt, oder? Wir reagieren recht gelassen darauf. Warum? Weil wir wissen, es geht wieder weg. Früher oder später ist es geheilt und vergessen. Anders ist es mit Rückenschmerzen. Leider, muss ich sagen. Denn wir verschieben hier den Schmerz, die Ursache und alles, was dazugehört, in eine andere Bewusstseinsebene. Ein immer andauernder Schmerz wird vom Gehirn irgendwann nicht mehr bewusst wahrgenommen. Das heißt aber nicht, dass er nicht mehr da ist. Er ist da, nur nehmen wir ihn auf einer anderen Ebene wahr. Unbewusst spüren wir ihn noch. Wenn das geschieht, passiert Folgendes: Wir suchen nicht die Ursache, sondern wir suchen die Position, in der wir schmerzfrei sind. Wissen Sie, was das Schlimmste daran ist? Es hilft! Wir verlagern unsere Haltung so, dass wir den Schmerz nicht mehr spüren. Das ist der Beginn des Ungleichgewichts. Jetzt startet ein Prozess, der lange dauert, und ein Teufelskreis beginnt. Dieses Buch soll Ihnen dazu dienen, nicht in diesen Teufelskreis hineinzukommen – und Ihnen auch den Weg heraus zeigen.

Die Waage austarieren. Die Wirbelsäule stellt unser körperliches Zentrum dar. Am einen Ende, im Kopf, sitzt unser Zentrales Nervensystem. Von dort verlaufen sämtliche Nerven entlang der Wirbelsäule nach unten und gehen dann seitlich ab in unsere Extremitäten. Die Nerven verlaufen in einem Kanal, dem sogenannten Spinalkanal, „in” der Wirbelsäule. Am anderen Ende befindet sich unsere körperliche Mitte bzw. unser Schwerpunkt, der Po.

Es wäre alles einfach, wenn unser Gleichgewicht wie eine einfache Waage mit zwei Waagschalen funktionieren würde. Da unsere Wirbelsäule aber viel komplexer ist und wir uns dreidimensional drehen, beugen, biegen und in jede Richtung neigen können, ist es sehr schwierig, diese 3-D-Waage in ein Gleichgewicht zu bringen. Bleiben wir gedanklich kurz bei der einfachen Waage. Wenn Sie auf die linke Waagschale tagaus, tagein ein Sandkorn legen, passiert da täglich nicht viel. Machen Sie das aber zehn Jahre lang, türmt sich ein Sandhaufen auf.

Jeden Tag eine falsche Bewegung, ein falsches Sitzen, ein falsches Aussteigen aus dem Auto – unser Körper adaptiert falsche Bewegungen sehr schnell und stuft sie als ungefährlich ein und wir nehmen sie gar nicht mehr wahr. Fehlentwicklungen sind die Folge. Ein Teil unseres Körpers wird dadurch mehr trainiert und der andere Teil weniger. Es kommt zu den sogenannten Dysbalancen, also zu einem Ungleichgewicht. Muskuläre Dysbalancen sind der Hauptgrund Nummer eins für Probleme in der Wirbelsäule.

Balance fängt bei den Füßen an. Dysbalancen fangen schon in den Füßen an. Allein das Tragen von falschem Schuhwerk führt zu einem Ungleichgewicht der Füße und das hat Auswirkungen bis hoch in den Nacken. „Was haben meine Füße mit meinem Rücken zu tun?” Ich kenne diese Fragen nur allzu gut und kann Ihnen sagen, Ihr Rücken kann viel mit Ihren Füßen zu tun haben! Ich vergleiche unseren Körper sehr gerne mit einer Maschine, wenn es um Verbrennungs- und Gelenkprozesse geht. Wenn es aber um Stabilität, Gleichgewicht und Ausgewogenheit geht, vergleiche ich unseren Körper lieber mit einem Haus. Ein Haus ist nur so stabil wie das Fundament, auf dem es steht – und für unseren Körper sind unsere Füße das Fundament. Stehen wir nicht richtig oder tun uns permanent die Füße weh, dann suchen wir uns Stellungen und Positionen, in denen das nicht mehr der Fall ist. Dabei entlasten wir in den meisten Fällen ein Bein und nehmen so den Druck von den schmerzenden Füßen. Können Sie sich vorstellen, wie Sie dann stehen? Auf jeden Fall nicht gerade. Unser Körper möchte aber nicht akzeptieren, dass wir schief stehen, und sucht Mittel und Wege, um gerade zu stehen, was zur Folge hat, dass andere Körperpartien das ausgleichen müssen. Dauerhaft entsteht daraus eine Verspannung.

Lassen Sie es nicht so weit kommen. Eines möchte ich direkt vorwegnehmen: Es ist (fast) alles reversibel – heißt, es wird wieder gut! Es kommt immer darauf an, wie viel Sand schon auf der schwereren Seite Ihrer Waage liegt. Je länger Sie warten und täglich dort ein weiteres Sandkorn drauflegen, umso länger wird es dauern, diese Sandkörner wieder in Ausgleich zu bringen. Also, was ist unsere Aufgabe? Unsere Aufgabe ist sehr komplex, denn wir müssen eine 3-D-Waage in Einklang bringen. Zuerst auf feste und gesunde Füße stellen und anschließend für Ausgleich der Waagschalen sorgen. Mit anderen Worten: Wir müssen alle Waagschalen gleichmäßig beladen und austarieren.

Was heißt das jetzt übersetzt für unseren Körper? Ganz einfach, ein ausgeglichenes und ausgewogenes Training, bei dem nichts bevorzugt und nichts übertrainiert wird. Um das Ganze dann noch rund zu machen, versuchen wir schlechte Gewohnheiten auszumerzen und uns neue Verhaltensmuster anzueignen. Sie haben bestimmt schon mal gehört, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Wir eignen uns Gewohnheiten an und tun uns sehr schwer damit, sie wieder abzulegen. Das ist die Herausforderung! Ihre Herausforderung!

Darf ich vorstellen: Ihre Wirbelsäule

Damit Sie wissen, wofür Sie was machen und was es Ihnen bringt, wäre ein Grundverständnis von Ihrem Körper und insbesondere Ihrer Wirbelsäule von Vorteil. Ich möchte Ihnen zeigen, wie Ihre Wirbelsäule funktioniert und warum es gut ist, dass sie so ist, wie sie ist. Außerdem verrate ich Ihnen hier, was sie gar nicht mag.

Der Aufbau der Wirbelsäule – mehr als scheinbar leblose Knochen

Unsere Wirbelsäule ist geformt wie ein Doppel-S, also zweimal gekrümmt, und zwar einmal in die eine und dann einmal in die andere Richtung, wenn man sie von der Seite betrachtet. Durch die Doppel-S-Biegung funktioniert unsere Wirbelsäule wie eine Feder. Harte Stöße, Sprünge und Schritte werden durch sie abgefedert. Von hinten oder von vorne sollte sie gerade aussehen. Verläuft sie von vorne betrachtet nicht gerade, sondern gekrümmt, spricht man von einer Skoliose, einer seitlichen Krümmung der Wirbelsäule.

Was die Wirbelsäule so beweglich in alle Richtungen macht, ist die Tatsache, dass sie aus vielen kleinen Bauteilen besteht, die sich einzeln, auch gegeneinander bewegen können. Diese Bausteine sind die Wirbelkörper, also Knochen. Bei dem Wort Knochen haben Sie vielleicht ein Skelett bzw. einen leblosen weißen Gegenstand vor Augen. Doch Knochen können wachsen und man kann sie durch aktives Training auch stärker und leistungsfähiger machen. Das gilt für alle unsere Knochen, auch für die Wirbelkörper. Am Beispiel eines Knochenbruchs kann man sich das sehr leicht verdeutlichen. Der Knochen wächst ja wieder zusammen, in der Regel dauert dies zwischen sechs und acht Wochen. Dafür haben wir Geduld und Verständnis. Dieses Verständnis sollten Sie auch für alles andere aufbringen. Veränderungen im Muskel-Skelett-Apparat brauchen ihre Zeit. Das Wichtigste für Sie ist aber die Tatsache, dass es eine Veränderung geben kann!

Wir teilen die Wirbelsäule in drei große Bereiche ein, die wir aktiv bewegen und beeinflussen können, und zwei Teile, die wir nur sehr bedingt bewegen und aktivieren können.

Den oberen Teil nennen wir abgekürzt HWS – Halswirbelsäule. Sie besteht aus sieben Halswirbeln und den dazugehörigen Bandscheiben. Am oberen Ende sitzt unser Kopfgelenk, der sogenannte Atlas, der dafür sorgt, dass wir den Kopf drehen, kippen, neigen können. Sitzt dieses Gelenk nicht richtig oder ist blockiert, sind wir in unserer Beweglichkeit stark eingeschränkt bis hin zu permanenten Kopfschmerzen und Durchblutungsstörungen zum Kopf.

Die Abkürzung BWS steht für Brustwirbelsäule, den mittleren Teil unserer Wirbelsäule. Die BWS besteht aus zwölf Wirbelkörpern und den dazugehörigen Bandscheiben. Kommt es zu Fehlstellungen oder Blockaden von Wirbeln, führt das nicht selten zu stechenden Schmerzen in der Brust und in den Armen, bis hin zu Atembeschwerden beim Einatmen. Dies liegt daran, dass an der BWS unser Brustkorb mit den Rippen angeschlossen ist. Was viele nicht wissen bzw. verdrängen, ist, dass die Rippen nicht nur vor der Brust sitzen, sondern ihren Ursprung an der Wirbelsäule haben. Durch kleine Facettengelenke sind sie mit der Wirbelsäule verbunden. Das ist der Grund, warum wir ein Stechen in der Brust wahrnehmen, wenn in der BWS ein Wirbel klemmt oder schief steht. Dann schiebt der Wirbel die Rippe (wenn auch nur einen Millimeter) nach vorne und schon bekommen wir ein unangenehmes Gefühl. Allein an diesem Beispiel kann man sehen, wie ausgeklügelt unser Körper ist, dass wir selbst kleinste Verschiebungen und Änderungen im System sofort bemerken. Das heißt aber nicht, dass jedes Stechen in der Brust auf einen schief stehenden Wirbel zurückzuführen ist. Deshalb bitte in jedem Fall beim Auftreten eines stechenden Schmerzes in der Brust einen Arzt konsultieren.

Zum Schluss kommt die LWS, die Lendenwirbelsäule. Diese bildet das letzte frei bewegliche untere Ende unserer Wirbelsäule und besteht aus fünf Wirbeln mit dazwischenliegenden Bandscheiben. Blockaden oder Fehlstellungen führen hier zum oft zitierten „Kreuzschmerz”, der auch gern als Hexenschuss bezeichnet wird.

Nach dem letzten LWS-Wirbel folgt der Teil der Wirbelsäule, der nicht mehr frei beweglich ist.

Das Kreuzbein besteht in den meisten Fällen aus fünf Wirbelkörpern, die miteinander „verschmolzen” sind und einen knöchernen, unbeweglichen Kern bilden.

Den Abschluss bildet das Steißbein, das kleine „Schwänzchen” am Ende der Wirbelsäule. Auch dies ist nicht aus einem Guss, sondern besteht aus vier bis fünf sogenannten Wirbelrudimenten. Man kann sie eigentlich nicht mehr Wirbel nennen, aber es sind wirbelähnliche Knochen, die ebenfalls, wie beim Kreuzbein, miteinander verschmolzen sind.

Alles in allem besteht die Wirbelsäule also aus 24 frei beweglichen Bausteinen, die mit dazwischenliegenden Pufferscheiben, den Bandscheiben, eine Säule bilden. Das Witzige daran ist, das diese Säule allein für sich gesehen nicht stehen könnte. Also, wenn man alle 24 Wirbel mit den Bandscheiben übereinanderstapeln würde, dann würde dieser Turm umfallen. Es braucht also mehr als nur Wirbel und Bandscheiben, um aufrecht stehen zu können. Es braucht Muskeln, Bänder, Sehnen und Gelenke, damit daraus eine stabile und flexible Säule wird, die sich in alle Richtungen bewegen lässt.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen eine der wichtigsten Funktionen unseres Körpers näherbringen. Unser Körper hat die Funktion der „Eigen-Schmierung”. Das bedeutet, dass er in der Lage ist, sich selbst zu ölen und Gelenke und Wirbel gleitfähig zu halten. Das macht er aber nicht von sich aus und auch nicht alleine, sondern wir müssen uns bewegen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Gelenke und der Körper einrosten, wenn wir uns nicht bewegen. Das wollen wir nicht, also hilft nur Bewegung. Bewegung ist der Schlüssel zum Erfolg, der Schlüssel für ein langes und gesundes Leben. Wirbel sind Knochen und somit „lebendes” Gewebe. Sie können durch die richtige Ernährung und die richtige Bewegung lange gesund, stark und widerstandsfähig gehalten werden.

Die Bandscheiben – und warum sie Probleme machen können

Dieses Buch soll kein Diagnostikwerk sein, sondern es soll vereinfacht aufzeigen, was am häufigsten bei dauerhaft falschen Belastungen passiert, die man bewusst oder unbewusst macht. Wie kommt es dazu und was können Sie dagegen tun?

Wir haben 24 Wirbelkörper, die durch ebenso viele Bandscheiben auf Abstand gehalten werden, damit sie nicht aufeinanderreiben. Dieses Aufeinanderreiben nennt man Abrasion. Wenn die Wirbel sich abnutzen (das dauert natürlich sehr lange), kann es zu Verknöcherungen der einzelnen Wirbelkörper kommen. Das bedeutet, dass diese sich dann nicht mehr frei bewegen können und quasi zusammenwachsen. Das führt zu starken Schmerzen und starken Bewegungseinschränkungen. So weit sollte man es gar nicht erst kommen lassen. Da hilft nur Bewegung.

Was die Wirbel davon abhält, aufeinanderzureiben, sind in erste Linie unsere Bandscheiben, die ein Viertel der Wirbelsäule ausmachen. Ich bezeichne sie gern als Gummibärchen der Wirbelsäule. Gummibärchen sind weich, aber sehr zäh. Wenn man lange auf ihnen rumkaut, werden sie weich und durchsetzen sich mit Flüssigkeit. Lässt man sie lange liegen, dann werden sie spröde und hart. Legt man sie in Flüssigkeit, gehen sie auf und werden wieder elastisch. Genau so verhalten sich auch Bandscheiben. Hinzu kommt noch, dass die Bandscheiben außen härter sind als innen und sehr gut auf Zug und Druck reagieren.

Effektive Stoßdämpfer. Bandscheiben sind faserknorpelige Knochenverbindungen und sehr flexibel. Sie haben einen weichen Kern aus gallertartiger Masse und einen starken Faserring außenherum. Sie dienen als Stoßdämpfer zwischen den Wirbeln und federn sämtliche Schläge und Stöße ab. Ohne diese Scheiben wäre jeder Schritt eine einzige Qual, denn die Wirbel würden hart aufeinanderprallen und aneinanderreiben. Man kann sich die Bandscheiben als Wasserkissen oder Schwamm vorstellen. Das ist wichtig zu wissen. Denn dieses Wasserkissen leert sich tagsüber durch unsere Bewegungen und muss dann wieder aufgefüllt werden, was dazu führt, dass man abends gern mal zwei bis drei Zentimeter kleiner ist als morgens. Das ist nicht so tragisch, zum Problem wird es nur, wenn sie dauerhaft trocknen laufen und dadurch porös und spröde werden. Wenn das geschieht, dann nutzt der äußere Faserring sich ab und wird rissig.

Vorwölbung und Vorfall. Im nächsten Schritt entsteht aus einem rissigen und spröden Faserring eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder ein Bandscheibenvorfall (Prolaps). Letzterer bedeutet, dass Teile des gallertartigen Kerns nach außen in den Wirbelkanal dringen und dort auf Nervenbahnen drücken und somit Scherzen verursachen. Eine Protrusion (Vorwölbung) bedeutet, dass der Faserring noch hält, aber der Kern sich nach außen drückt und der Faserring in den Wirbelkanal geschoben wird. Das passiert natürlich nicht über Nacht, sondern ist ein langer Prozess. Leider ist dem Vorfall oder der Vorwölbung eine Bewegung als Auslöser vorangegangen, was dem Betroffenen suggeriert, dass die Bewegung jetzt der Grund für die Schmerzen ist. Dem ist aber nicht so. Es ist bewiesen, dass Vorwölbungen und Vorfälle keine Ad-hoc-Erkrankungen sind, sondern auf langes Fehlverhalten und Fehlbewegen zurückzuführen sind. Der Betroffene möchte das aber meist nicht wahrhaben.

Die wichtigste Eigenschaft unserer eingebauten Gummibärchen ist der Schwamm-Effekt. Sie haben bestimmt schon mal einen trockenen, harten Küchenschwamm in der Hand gehalten. Würden Sie ihn in den Händen reiben, würde er nach kurzer Zeit zerbröseln. Und genau das geschieht mit unseren Bandscheiben, wenn wir nicht dafür sorgen, dass sie flexibel und feucht gehalten werden. Laufen Bandscheiben trocken, dann unterliegen sie einem größeren Abrieb und das führt dann früher oder später zu dem oben beschriebenen Szenario mit Vorfall und Vorwölbung.

Aber wie können Sie nun Ihre Bandscheiben davor bewahren? Im Übungsteil finden Sie viele einfache Übungen, die Sie auch gern einfach mal zwischendurch machen können. Ich habe es gerade vorweggenommen, auch hier ist die Lösung die Bewegung, aber in diesem Fall die richtige Bewegung.

Warum? Kurz zurück zum Küchenschwamm. Den trockenen Küchenschwamm bekommt man nicht so einfach wieder weich. Es nutzt nichts, ihn unter fließendes Wasser zu halten. Sie müssen ihn dazu auch noch leicht drücken. Nur so entsteht die Saugwirkung des Schwamms. Und das müssen Sie auch mit Ihrer Bandscheibe machen. Es nutzt nichts, wenn Sie sie einfach nur in Wasser legen, Sie müssen sie dabei auch noch einem leichten Zug und Druck aussetzen. – Wie das geht, zeige ich Ihnen im aktiven Teil des Buches.

Die Funktionalität und Flexibilität der Wirbelsäule – und wie man sie erhält

Auf den vorigen Seiten habe ich bereits beschrieben, dass wir unsere Wirbelsäule in drei große Bereiche untergliedern, die wir aktiv und direkt beeinflussen können: Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule. Die Bereiche Kreuz- und Steißbein sind nicht wirklich aktiv trainierbar und in sich mehr oder weniger starr, aber auch hier gibt es Übungen, die ich Ihnen im praktischen Teil zeigen werde.

Die drei Hauptteile bestehen immer aus Wirbelkörpern und Bandscheiben. Wirbelkörper sind sehr abstrakte Gebilde, die alle ein wenig unterschiedlich aussehen. Das ist sehr wichtig zu wissen, denn man kann nicht alle folgenden Übungen für alle Bereiche gleich machen. Heißt, es gibt nicht die Übung für alles, sondern alle Bereiche bekommen ihre eigenen Übungen und Einheiten.

Unsere Wirbelsäule erlaubt uns ein bewegtes Leben. Wir können uns in alle Richtungen (wenn auch eingeschränkt) drehen und wenden und sind in der Lage, uns zu bücken und rund zu machen. All das ist der Tatsache geschuldet, dass die Wirbelsäule ein Bausatz aus vielen kleinen Bausteinen ist, der in Summe eine sehr stabile Säule darstellt. Was sie nicht mag und auch nicht kann, ist, sich über 90 Grad seit- und rückwärts zu biegen. Das würde zu Verletzungen oder schweren Schäden führen.

Die Rolle von Muskeln, Bändern, Sehnen und Gelenken. Was die Wirbelsäule so funktionsfähig und elastisch macht, ist nicht nur die Tatsache, dass sie aus mehr oder weniger 33 beweglichen Teilen besteht, sondern, dass es ein ganzheitliches Geflecht aus Muskeln, Bändern, Sehnen und Gelenken gibt. Die Muskeln und Bänder, die an den Wirbeln entlang verlaufen und diese in Position halten, sind enorm wichtig. Es ist aber nicht nur wichtig, dass man diese trainiert und kräftigt, sondern auch, dass man sie dehnt und geschmeidig hält. Das Gleiche gilt für die Sehnen und Gelenke. Auch sie müssen mobilisiert und geschmiert werden. Versäumt man dies, steift die Wirbelsäule ein und das bloße morgendliche Aufstehen wird zur Qual. Sie müssen also aktiv werden. Dazu möchte ich Ihnen hier schon mal den ersten Leitfaden an die Hand geben.

Die Funktionalität und Flexibilität der Wirbelsäule ist nicht nur maßgeblich von den angrenzenden Muskeln und Bändern abhängig, sondern auch von ihrem Allgemeinzustand. Ich habe bereits erwähnt, dass es unabdingbar ist, sich selbst als Ganzes zu sehen und nicht nur den Rücken isoliert zu betrachten. Es gibt so viele Einflussfaktoren auf Ihre Wirbelsäule, dass es fatal wäre, nur partiell Muskeln zu trainieren oder nur gewisse Teile Ihres Körpers zu dehnen. Es ist ein großes Zusammenspiel vieler Faktoren und deshalb sollten Sie immer alles betrachten.

Ursachen von Einschränkungen. Aus meiner jahrelangen Berufspraxis und Selbsterfahrung (ich habe selbst in jungen Jahren drei Bandscheibenvorfälle erlitten – aus heutiger Sicht weiß ich natürlich, was ich damals alles falsch gemacht habe) möchte ich Ihnen hier berichten, was die häufigsten Funktionseinschränkungen bedingen und was die häufigsten Ursachen sein können:

verkürzte Fußmuskulatur

Schiefstellungen oder Verformungen der Fußmuskeln

Sprunggelenks-Problematiken

Knieprobleme

Hüft-Schiefstellungen und Hüft-Problematiken

verkürzte hintere Oberschenkelmuskulatur (Bein-Bizeps)

verkürzte Hüftbeuge-Muskulatur (großer Lendenmuskel)

verkümmerte Bauchmuskulatur (gerader Bauchmuskel)

überlasteter Rückenstrecker (Aufrichter der Wirbelsäule)

durch Überlastung verklebte Rückenmuskeln (oberer Rücken)

verklebte Nackenmuskeln (oberer Rücken)

Dieses Buch soll ein allgemeines Verständnis über die Funktionsweise Ihres Körpers liefern und Ihnen zeigen, woher die meisten Rückenschmerzen kommen. In den meisten Fällen ist es leider nicht eine Ursache, sondern die Verkettung von mehreren der genannten Punkte. Was heißt das im Detail?

Eine verkürzte Fußmuskulatur führt zu einem schlechten Stand. Ein schlechter Stand wirkt sich auf die Beinmuskulatur aus und sorgt dort für Verkürzungen. Was dann dazu führt, dass das Becken bzw. die Hüfte sich schief stellt. Was dann im Umkehrschluss dazu führt, dass der Rücken in Gänze alles ausgleichen muss und dadurch überlastet wird. Und das von ganz oben bis ganz unten. Und schon reden wir von einem Verkettungsschmerz, dessen Ursache in den Füßen lag. Ja, so schnell und einfach kann aus schlechtem Schuhwerk oder falschen Schuhen ein dauerhafter Kampf gegen Verspannungen und Blockaden und im schlimmsten Fall ein Bandscheibenvorfall werden.

Die Füße – das Fundament Ihres Körpers

Ein sehr weiser Mann hat mal zu mir gesagt: „Wenn das Fundament eines Hauses nicht stabil ist, wie kann man dann erwarten, dass das Haus sicher steht?” Das Gleiche gilt für unseren Körper. Wir können nicht erwarten, dass unser Körper sicher und stabil funktioniert, wenn wir auf unsere wichtigsten Begleiter keinen gesteigerten Wert legen.

Frage: Wann haben Sie das letzte Mal aktiv Ihre Füße gedehnt und massiert – mindestens zehn Minuten lang? Ich rede hier von langem und ausgedehntem Dehnen und Massieren der Fußmuskulatur. Es ist Fakt, dass die Füße zu den meistvernachlässigten Teilen unseres Körpers gehören! Weil sie da sind und funktionieren. Es fällt uns nur mal auf, dass sie Pflege benötigen, wenn wir lange auf ihnen unterwegs waren, dann gönnen wir ihnen vielleicht ein Fußbad und ein bisschen Creme. Aber für Massage und Dehnen ist meist keine Zeit.

Wenn Sie jetzt noch etwas jünger sind (so bis an die 40), dann fragen Sie doch mal ältere Männer und ältere Frauen (so ab 65), was sie Ihnen über ihre Füße erzählen wollen. In den meisten Fällen hört man da nichts Gutes und das ist verständlich, weil es als „normal” angesehen wird, dass man im Alter Probleme mit den Füßen bekommt. Was das aber für Auswirkungen auf den Rest unseres Körpers haben kann, ist uns nicht bewusst und wird uns auch nicht bewusst gemacht. Die Kausalität, also der Zusammenhang zwischen Füßen und Rückenbeschwerden oder Wirbelsäulenproblemen liegt gedanklich einfach so weit auseinander wie Russland und die USA. Dies ist aus meiner Sicht eines der größten Probleme: dass Zusammenhänge nicht direkt erkannt werden und auch nicht so einfach aufgezeigt werden können. Jeder weiß, Wolken am Himmel bedeuten Regen. Kaum einer weiß, dass dauerhafte Fußschmerzen zu chronischen Rückenleiden führen können. Ich habe diesem Thema nicht ohne Grund ein eigenes Kapitel gewidmet. Nutzen Sie jetzt die Zeit, einmal darüber nachzudenken. Ein schlechter Stand muss unweigerlich zu Wirbelsäulenproblemen führen. Ein schiefes Fundament unter einem Haus führt ebenfalls unweigerlich zu Rissen in den Wänden oder zu einem undichten Dach.

Cool sein oder gesund sein? In meinen Rücken- und Bewegungskursen mache ich immer übertrieben vor, wie junge Leute schief cool stehen. Unser Gehirn will aber nicht cool stehen. Wir wollen die Welt nicht schief sehen. Wir wollen ja alles gerade wahrnehmen. Und wenn die Beine schief stehen, dann muss unser Kopf korrigieren, und das macht im ersten Schritt die Muskulatur. Wenn diese dann dauerhaft eine schiefe Haltung kompensieren muss, reagiert die mit einer überbeanspruchten Muskulatur. Das bedeutet nichts anderes als Verspannungen. Diese Verspannungen sorgen dann dafür, dass Wirbel schief gezogen werden, was schlussendlich zu Blockaden in der Wirbelsäule führt. Diese wiederum führen dann zu erheblichen Einschränkungen in unserem täglichen Leben – und das nur, weil wir nicht richtig stehen gelernt haben oder cool sein wollten.

Seien Sie gut zu Ihren Füßen. Bleiben wir noch mal kurz bei dem Anschauungsbeispiel Haus. Wenn durch ein schlechtes, wackeliges Fundament Risse im Dach entstehen, macht es dann Sinn, das Dach zu reparieren? Ich hoffe, Sie stimmen jetzt nicht zu! Was bedeutet das auf Ihre Wirbelsäule bezogen? Wenn Sie keinen guten, sicheren und stabilen Stand haben, dann können wir so viel Rückentraining und Wirbelsäulengymnastik gemeinsam machen, wie wir wollen, Sie werden Ihre Rückenschmerzen nicht los. Im Falle des Hauses wird es „nur” teuer, in Falle Ihres Körpers ist es wirklich eine Frage der Gesundheit und des allgemeinen Wohlbefindens. Denken Sie bitte an meine Worte oben. Wir nehmen irgendwann Schmerzen nicht mehr wahr, obwohl sie da sind. Wir schieben sie in eine andere Bewusstseinsebene. Nichtsdestotrotz haben sie Einfluss auf unser Gemüt und unser Tun und Handeln. Wer ständig unter Schmerzen leidet, wenn auch unterbewusst, ist nicht mehr er selbst und neigt schnell zu Wutausbrüchen und zu Depressionen.

Sie sehen also, es kann fatale Folgen haben, die falschen Schuhe zu tragen. Denken Sie an mein Beispiel mit der Waage und dem Sandkorn. Auch wenn Sie jetzt noch keine deutlichen Symptome haben, heißt das nicht, dass Sie sich über Ihre Füße keine Gedanken machen brauchen.

Was ist nun meine Empfehlung für Sie? Was sollen Sie aus diesem Kapitel mitnehmen? Machen Sie sich bitte bewusst, dass unsere Füße der Schlüssel für ein langes, gesundes und eigenständiges Leben sind. Es ist belegt, dass die meisten Unfälle im Alter durch Stürze verursacht werden. Diese Stürze geschehen durch verkürzte Fußmuskeln und unsicheren Gang sowie Gleichgewichtsprobleme, die aber auch auf die mangelnde Fußmuskulatur zurückzuführen sind.

Also, machen Sie sich bitte schon in jungen Jahren klar, dass Sie Ihre Füße lange brauchen und diese Sie lange tragen müssen. Freuen Sie sich auf die Übungen mit und für Ihre Füße, Sie werden sehen, sie werden Ihnen guttun und Sie werden sich toll fühlen.

Starke Muskeln für ein langes, gutes Leben

Muskeln sind mit der größte Faktor für einen gesunden Körper und insbesondere für eine starke Wirbelsäule. Aus diesem Grund bitte ich Sie: Lesen Sie dieses Kapitel über die Muskeln gut durch – es ist eines der wichtigsten überhaupt – und versuchen Sie das Gelesene zu verinnerlichen. Muskeln sind die Antriebsfeder unseres Motors. Ohne Muskeln würden Sie keinen Tag leben. Unser Herz ist der wichtigste Muskel in unserem Körper.

Stellen Sie sich unseren Körper einmal ohne Muskeln vor. Übrig bliebe eine leere Hülle, die über ein Skelett gestülpt ist. Alles, was man an uns greifen kann, sind Muskeln. Ob Sie es glauben oder nicht, Ihre Mimik und Ihr Gesichtsausdruck entstehen nur durch das Zusammenspiel von Muskeln.

Schluss mit den dummen Vorurteilen über Muskeln!

Muskeln sind was Supertolles und Superwertvolles. Es gibt nur leider viel zu viele Vorurteile gegenüber Muskeln. Wissen Sie, woher diese Vorurteile kommen? Zum Beispiel, dass Menschen mit dicken Muskeln dumm sind oder sein müssen? Dieses Vorurteil hat mich lange Jahre verfolgt. Heute frage ich in meinen Seminaren immer wieder: „Wer möchte Muskeln?” – doch keiner meldet sich. Woran liegt das?

Im Mittelalter mussten die Bauern auf dem Feld die niedere Arbeit verrichten und das meiste ihres angebauten Getreides an den Fürsten oder Herren abgeben. Durch die harte Arbeit auf dem Feld wuchsen schnell die Muskeln. Sonnencreme kannte man auch noch nicht. Die Bauern mussten das essen, was noch übrig war, und das war meist die Milch von den Kühen und die Eier von den Hennen und ab und zu das Fleisch vom selbst geschlachteten Vieh. Heißt übersetzt: Sie arbeiteten körperlich sehr hart, waren sehr oft der Sonne schutzlos ausgeliefert und hatten fast nur Eiweiß zu essen. Können Sie sich vorstellen, wie die Bauern damals ausgesehen haben? Ich schon! Die sahen gesund und braun gebrannt aus und hatten starke Muskeln. Wahrscheinlich denken deshalb heute immer noch viele, Menschen mit Muskeln müssten dumme Bauern sein.

Können Sie sich auch die Aristokraten vorstellen, die Landherren? Die bewegten sich kaum. Ernährten sich von Weizen, Zucker und Alkohol. Waren wenig in der Sonne, trugen weiße Perücken und puderten sich immer sehr stark ein. Mit dem Puder wollte man von dem fauligen Geruch aus dem Mund ablenken, da es so was wie Zahnhygiene ja nicht gab. Können Sie sich vorstellen, wie die Herrschaften aussahen? Füllig, wenn nicht sogar dick, verkümmert, gebückter Gang, schlechte Zähne, weiße Haut – aber prädestiniert dafür, ein Volk zu führen.

Mich hat dieser kleine Ausflug in die Vergangenheit beruhigt und befreit. Es hat mich jahrelang beschäftigt, warum Menschen, die kein Verständnis für körperliche und gesundheitliche Zusammenhänge haben, Menschen mit Muskeln für dumm halten. Eigentlich muss es andersherum sein. Wer nicht versteht, dass er Muskeln zum Leben, zum Bewegen, ja selbst zum Lachen braucht, der hat sich mit seinem Körper noch nicht auseinandergesetzt. Deshalb ist es mir an dieser Stelle sehr wichtig, dass Sie sämtliche Vorurteile gegenüber Muskeln ablegen! Sie dürfen keine Angst vor Muskeln haben.

Alles hängt von Muskeln ab

Warum erzähle ich Ihnen das so ausführlich? Ich möchte, dass Sie sich melden, wenn jemand fragt: „Wer möchte Muskeln?” Denn dann haben Sie verstanden, dass Ihnen Muskeln ein langes, unabhängiges Leben schenken. Unabhängig, ja unabhängig! Warum werden alte Menschen pflegebedürftig? Weil sie nicht mehr in der Lage sind, Dinge des Alltags selbst zu tun. Allein der Gang zur Toilette wird schwierig im Alter, weil das Hinsetzen und das Aufstehen von der Schüssel nicht mehr geht. Und warum geht es nicht mehr? Weil die Muskeln die Kraft nicht mehr haben, sich hochzudrücken. Nicht nur die Beinmuskeln, auch die Armmuskeln. Deshalb sind Muskeln so wichtig!

Der für uns und unser Leben wichtigste Muskel ist das Herz. Den meisten Menschen ist es nicht bewusst, dass auch das Herz ein Muskel ist und dass man es trainieren kann. Auch dieser Muskel wird über die Jahre schlaff, baut ab und verliert seine Leistungsfähigkeit. Das ist der Grund, warum ältere Menschen, die nicht besonders aktiv sind, immer schlechter Luft bekommen und immer langsamer werden. Auch für unser Herz ist es wichtig, dass wir unsere Muskeln trainieren.

Das Herz schlägt unter anderem, weil es Impulse von unseren Muskeln erhält, die mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden wollen. Wenn unsere Muskeln diese Impulse nicht mehr senden, dann hat das Herz auch weniger Anreiz zu schlagen und wird somit nicht mehr so gefordert. Was bedeutet das? Ganz einfach: Wenn der körperliche „Verfall” einsetzt und wir unsere Muskeln verlieren, verlieren wir auch unsere Impulsgeber und unser Herz verfällt mit. Denken Sie immer an die Waagschale mit den Sandkörnern! Das ist kein Prozess von Tagen oder Wochen, das ist ein Prozess von Jahren. Stoppen Sie diesen Verfallsprozess!

Spieler und Gegenspieler. Die Natur hat unseren Körper so aufgebaut, dass jeder Muskel einen Gegenspieler hat. Wenn Sie nur einen der beiden trainieren, dann wird der irgendwann das Spiel beherrschen und Ihren Körper dominieren. Und das wird dazu führen, dass es Ihnen irgendwann Schmerzen bereitet, weil unser Körper mit Dysbalancen nicht zurechtkommt. Man nennt die muskulären Gegenspieler auch Agonist und Antagonist. Sie treten immer gemeinsam auf.

Schauen Sie sich einfach nur mal kurz Ihre Oberarme an. Die bestehen aus einem Muskel an der Vorderseite, dem Bizeps, der den Arm beugt (deshalb nennt man ihn auch Armbeuger), und einem Muskel auf der Rückseite, den man Trizeps nennt und der dafür sorgt, dass man den Arm wieder strecken kann. Und so zieht sich das durch den ganzen Körper. An den Beinen ist es ebenso. Vorderer Oberschenkel und hinterer Oberschenkel. Dieses Prinzip spiegelt sich auch in der Wirbelsäule wider, was immer wieder dazu führt, dass mich Menschen sehr erstaunt anschauen, wenn sie mit mir etwas für ihren Rücken tun wollen und ich dann sage: „Okay, dann lassen Sie uns doch mal direkt ein paar Bauchübungen machen!” Nicht selten entgegnet man mir dann recht entsetzt: „Warum soll ich Bauch machen, ich hab doch was am Rücken!” Häufigste Antwort von Männern: „Bauch? Bauch hab ich genug, mir tut doch der Rücken weh!” Ja, und genau deshalb muss man wissen, dass wir immer zwei Seiten haben. Chronische Rückenschmerzen sind sehr häufig ein Zeichen für eine fehlende und mangelhafte Bauchmuskulatur bzw. Stützmuskulatur im Rumpfbereich. Deshalb Bauchtraining!

Sollten Sie männlich sein, dann bitte vertrauen Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche, wenn ich sage, wir Männer müssen auch unsere Beine und unseren Po trainieren. Das hat nichts mit unserem Aussehen zu tun, sondern mit unserem Gang, unserer Haltung und unserem Stützapparat. Wissen Sie eigentlich, wie der typisch deutsche Mann aussieht? Von hinten sind wir Männer immer sehr schmal, von vorne auch. Oben immer breiter als unten. Nur von der Seite haben wir immer diese komische Ausbuchtung um den Bauchnabel herum. Leider ist unser Hintern zu flach und unser Bauch zu dick und das ist der Grund, warum der Gürtel immer weiter wird. Bitte glauben Sie nicht, dass das alles Muskeln sind. Wir werden aber dafür sorgen, dass da Muskeln hinkommen!

Sind Sie weiblich, dann vertrauen Sie mir bitte auch, wenn ich Ihnen sage, dass es keinen Sinn macht, täglich nur Po und Beine zu trainieren. Das Einzige, was Sie damit erreichen, ist, dass Sie sich Ihre Muskeln wegtrainieren und der Speck da bleibt. Auch hier sind dann die Rückenschmerzen vorprogrammiert, denn auch dieses Ungleichgewicht fordert irgendwann seinen Tribut. Später als bei den Männern, da meiner Ansicht nach das klassische Bauch-Beine-Po-Training mit zu den besten Rückentrainings zählt. Ich denke, auch darin liegt ein Grund, dass Frauen weniger Probleme in der Lendenwirbelsäule haben.

Was möchte ich Ihnen damit mitteilen? Dass wir unsere Physiognomie beachten müssen. Männer und Frauen haben einen unterschiedlichen Körperbau und unterschiedliche Lebenseinflüsse, und diese müssen beim Training Berücksichtigung finden. Was beide Geschlechter aber gleichermaßen beachten sollten, ist die Tatsache, dass Training immer (!) ausgeglichen sein sollte. Unser Körper wurde einfach nicht dafür gemacht, dass man eine Partie bevorzugt oder einfach stärker ausbildet.

Sie merken schon, ich bin ein Muskel-Fan. Heißt aber absolut nicht, dass ich wie ein Bodybuilder aussehe, diese Art von Körpertypus bevorzuge oder Ihnen empfehle, so aussehen zu wollen. Nein, ich habe nur verstanden, welch wichtige Rolle die Muskeln für unsere Gesundheit, unser Leben und unser Wohlbefinden spielen.

Teufelskreis Dysbalancen

Bei all den Vorteilen, die unsere Muskeln bringen, haben sie leider auch den ein oder anderen Nachteil, und den möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Nicht dass jetzt was Schlimmes kommt, aber jetzt kommt einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Abschnitt dieses Buches. Wenn Sie das jetzt verstehen und mitnehmen, habe ich mein Ziel für dieses Buch erreicht!

Unsere Knochen sind lebendes Gewebe. Sie werden durchblutet und können wachsen und stärker werden. Sie werden und müssen mit Nährstoffen versorgt werden und haben eine sehr hohe Lebenserwartung. Geben wir ihnen die richtigen Nährstoffe und die notwendige Bewegung, haben wir sehr lange Freude an ihnen. Das gilt auch für die Knochen der Wirbelsäule, die Wirbelkörper. Was wir wissen müssen, ist, dass unsere Muskeln alle Knochen im richtigen Abstand zueinander halten und sie davor bewahren, gegeneinanderzuschlagen oder aneinanderzureiben. Solange unsere Muskeln gleichmäßig ausgebildet sind und wir eine Balance in diesem Muskel-Skelett-Apparat haben, ist die Welt in Ordnung. Bilden wir aus irgendeinem Grund eine Dysbalance aus, durch jahrelange Fehlhaltungen, tägliche Fehlbelastungen, schlechten Gang und Stand oder mangelnde Bewegung und fehlendes Training, dann beginnt ein Teufelskreislauf, der seinen Ursprung in den Muskeln hat.

Warum? Was passiert? Muskeln sind Geflechte aus Fasern. Man kann sie sich wie einen Faden vorstellen. Dicke Muskeln sind wie dicke Seile. Diese Fasern sind super strapazierfähig und halten sehr viel aus. Je dicker sie sind, umso mehr Kraft haben sie und umso mehr können sie leisten. Dabei muss man zwei Kategorien bzw. Typen von Muskelfasern unterscheiden.

Die einen sind für unsere Ausdauer zuständig und können lange einer leichten Belastung standhalten.

Die anderen können große Belastungen für einen kurzen Moment aushalten, sind also für die Power zuständig.

Vom Verständnis machen beide das Gleiche und reagieren auch beide gleich auf Über(be)lastung. Nämlich mit Muskelkater! Was Muskelkater für eine Bedeutung hat, werde ich Ihnen später näherbringen, und Sie sollten sich immer freuen, wenn Sie einen bekommen oder einen haben. Dann haben Sie etwas richtig gemacht.

Wenn Muskeln verspannen. Aber jetzt kommen wir erst einmal zum muskulären Teufelskreis. Das ist nämlich nicht ganz so einfach. Rufen Sie sich bitte das Beispiel mit den Sandkörnern und der Waagschale in Erinnerung. Es geht jetzt nicht darum, dass das, was Sie tun, auf einmal etwas in Ihnen auslöst, sondern dass Sie jeden Tag etwas tun, was Ihnen nicht guttut. Das führt dann dauerhaft zu Problemen und in besagten Teufelskreis.

Unsere Muskeln lassen Sie leider nicht wissen, wenn Sie etwas falsch machen. Heißt, Sie bekommen keinen elektrischen Schlag, wenn Sie Ihren Muskeln etwas Schlechtes antun. Stellen Sie sich jetzt einfach folgende Situation vor: Sie sitzen schief im Auto, im Büro oder auf der Couch, und das immer, weil Sie sich das so angewöhnt haben. Das bedeutet, auf der einen Seite sind Ihre Muskeln länger als auf der anderen. Hört sich erst mal nicht schlimm an, aber was da passiert, ist nun nicht so schön. Schiefstellungen, Schieflagen oder dauerhaft falsche Bewegungen und Belastungen werden von unseren Muskeln weitestgehend kompensiert. Denken wir. Dem ist aber nicht so. Die Muskeln entwickeln sich dementsprechend unterschiedlich. Sie werden auf einer Seite stärker, auf der anderen Seite schwächer und der stärkere Muskel übt einen Zug auf die starke Seite aus, was dann zu sogenannten Verspannungen führt.

Wissen Sie eigentlich, was Verspannungen sind? Sehr einfach. Verklebte Muskelfasern – übersetzt Myogelosen (griech.). Verklebt, verknotet, verdreht – wie auch immer Sie es nennen möchten. Es sind die Knubbel, die Sie spüren, wenn Sie selbst Ihren Nacken massieren oder sich massieren lassen. Es sind die harten Punkte, die Ihnen richtig Schmerzen bereiten, wenn der Masseur sie drückt und knetet. Warum entstehen die und wie gehen die wieder weg und was ist, wenn die nicht wieder weggehen? Ja, und genau das ist der Teufelskreis!

Sie sitzen falsch oder schief, tagein, tagaus. Ihre Muskeln reagieren darauf mit einer einseitigen Überlastung, denn Ihr Gehirn will ja nicht, dass Sie schief stehen oder sitzen, also müssen Ihre Muskeln einseitig mehr Arbeit leisten und werden einseitig überlastet. Bei der Überlastung von Muskeln entsteht ein Abbauprodukt in der Muskulatur und das nennt sich Milchsäure (Laktat). Diese entsteht insbesondere, wenn wir Muskeln hart trainieren. Vielleicht haben Sie das selbst schon mal gespürt, das sogenannte Muskelbrennen. Wenn die Muskeln brennen, dann ist das ein Zeichen dafür, dass der Muskel gerade Laktat produziert und ausschüttet.

Das passiert nun leider nicht nur beim Training, sondern auch dann, wenn die Muskeln „unbewusst” oder „unbemerkt” überlastet werden. Wird das Laktat jetzt nicht von der betroffenen Muskulatur wegtransportiert, „härtet” es an der Stelle aus. Heißt, das Laktat verklebt die Muskelfasern und sorgt dafür, dass sie steinhart werden. Das sind die Knubbel, die Sie im Nacken oder oberen Rücken spüren.

Diese Verklebungen stören die Durchblutung. Sie lassen den Blutfluss nicht mehr ungehindert fließen, was gerade im Hals-Nacken-Bereich zu Durchblutungsstörungen zum Gehirn führt, was dann wiederum Kopfschmerzen und Schwindel auslösen kann. Und jetzt kommt der Hauptpunkt.

Diese Verklebungen (Knubbel) üben einen Zug auf die umliegende Muskulatur aus. Was aber noch viel wichtiger ist: auch auf die Wirbel. Dies führt dann häufig dazu, dass Wirbel schief gezogen werden und dadurch blockieren und auf Nerven drücken. Stellt ein Wirbel sich durch verkürzte Muskulatur schief, ist das sehr unangenehm und wir haben große Schmerzen. Nicht selten drückt so eine Schiefstellung bzw. Blockade auf entlanglaufende Nerven und verursacht nicht nur lokale Schmerzen, sondern ausstrahlende Schmerzen.

Den Teufelskreis durchbrechen. Wartet man jetzt zu lange und hält diesen Schmerz aus, verkrampft, verkürzt und verklebt die Muskulatur an der Stelle weiter. Lassen Sie sich jetzt von einem Arzt oder Chiropraktiker oder Physiotherapeuten den Wirbel wieder gerade rücken, ist der Schmerz erst mal weg. Das Problem ist nur, dass die Muskulatur sich in der Zwischenzeit schon angepasst, also verkürzt hat und weiterhin einen Zug auf den betroffenen Wirbel ausübt. Was nicht selten dazu führt, dass der Wirbel ab jetzt immer wieder rausspringt oder sich schief stellt. Heißt, das Lösen von solchen Blockaden alleine nutzt nicht immer was. Man muss auch immer dafür sorgen, dass die betroffene Muskulatur wieder lockerlässt, sich wieder längt und der „Zug” gelöst wird.

Das wäre die Beschreibung dafür, was mechanisch im Körper bzw. in der Muskulatur geschieht, und das ist eine ganze Menge. Leider ist damit noch nicht Schluss. Sie haben weiter vorne schon gelesen, dass wir Menschen Gewohnheitstiere sind und dass wir unangenehme Dinge gern verdrängen und verschieben – und das bekommt in dieser Situation noch einen ganz anderen Charakter. Wir haben so etwas wie ein Schmerzgedächtnis. Leiden wir lange unter Schmerzen, dann lernt unser Gehirn mit dem Schmerz zu leben und legt ihn in einem gesonderten Bereich im Gehirn ab, damit dieser Schmerz uns nicht wahnsinnig macht. Das ist eine tolle Schutzfunktion des Körpers, die aber einen entscheidenden Nachteil hat. Unser Gehirn merkt sich diesen Schmerz und wenn die Blockade gelöst wird, verschwindet der Schmerz nicht immer gleich, weil das Gehirn ihn noch im Speicher hat, und wir haben das Gefühl, wir müssten den Schmerz suchen, weil wir ihn gewohnt sind. Hier nun ein paar kleine, aber wichtige Tipps, was bei einer Blockade zu machen ist.

Ein Wort zu Massagen: Ich habe ja beschrieben, was Verklebungen sind und wie sie zustande kommen und dass es da um einen „Klebstoff” namens Laktat geht. Der Masseur macht die Fasern wieder locker und versucht, diesen alten Klebstoff zu entfernen. Das gelingt nur bedingt, denn die richtige Verstoffwechselung und Lockerung erfolgt erst durch anschließendes Bewegen. Deshalb meine Bitte: Wenn Sie sich massieren lassen, machen Sie bitte anschließend ein paar Übungen aus diesem Buch – nur fünf Minuten lang. Damit regen Sie den Stoffwechsel und den Abtransport der „Abbauprodukte” aus den Muskeln an. Dadurch wird die Massage ein nützliches Instrument gegen Verspannungen, Verklebungen und somit Blockaden.

Übrigens: Muskeln, die wir ständig in Bewegung halten und nutzen – etwa der Bizeps oder die Bauchmuskeln –, verspannen nicht. Nur Muskeln, die schlecht erreichbar sind, sich also auf der Körperrückseite befinden, und Muskeln, die wir wenig oder selten aktiv bewegen, neigen zu Verspannungen, wie der Nacken oder der Kapuzenmuskel zwischen den Schulterblättern.

Diese Muskeln werden wir trainieren

Ohne starke Muskeln hätten Sie permanent Schmerzen und könnten sich nicht mehr bewegen. Hier möchte ich Ihnen kurz erklären, welche Muskeln wir beim „Give-me-five”-Training stärken werden.

Wenn ich Ihnen jetzt sage, dass wir anfangs vornehmlich Ihren Bauch ins Auge fassen, sind Sie bestimmt verwundert. Nein, nicht den Speck. Ihr Bauch ist Ihre wichtigste Stützmuskulatur und ja!, Sie haben Bauchmuskeln. Sie sind nur meist sehr gut versteckt. Wenn Sie sie nicht hätten, würden Sie einfach nach vorne zusammenklappen. Ihr „Sixpack”, egal ob Sie Männlein oder Weiblein sind, ist Ihr Stützpfeiler, auf dem wir Ihre gesunde Wirbelsäule aufsetzen. Wenn diese Basis erst mal steht, dann wirft Sie so schnell nichts mehr um. Es geht mir nicht darum, Adonis aus dem alten Griechenland wieder zum Leben zu erwecken, aber ich möchte Ihnen bewusst machen, dass Sie Ihre Bauchmuskeln brauchen und dass es mehr als wichtig ist, dass man sie trainiert und nährt!

Es geht aber nicht nur primär um die geraden Bauchmuskeln. Diese geben uns nach vorne und hinten viel Halt, aber Drehungen und seitliches Rumpfbeugen erledigen die äußeren schrägen Bauchmuskeln, Musculus obliquus externus abdominis genannt. Diese sind mindestens genauso wichtig wie die geraden Bauchmuskeln.

Neben der Rumpf-Stützmuskulatur werden wir uns auch dem großen Po-Muskel widmen, dem Musculus Gluteus Maximus. Diesen werden wir trainieren, damit er unser Becken stabilisiert und unserer Hüfte von hinten Halt gibt.

Was wir definitiv nicht vernachlässigen werden, ist das Dehnen der verkürzten Muskeln von Hüftbeuger, Beinbizeps und Nackenmuskulatur. Diese Muskeln unterliegen fortwährender Spannung und sind meist zu stark ausgeprägt, da sie permanent angespannt sind. Diese Muskulatur verkürzt sich sehr leicht und sehr stark und neigt mehr als andere dazu, zu verkleben und zu verhärten.

Sie erinnern sich, dass es mir wichtig ist, den Körper als Ganzes zu sehen. Deshalb werden wir auch Ihre Füße trainieren und Ihren Gleichgewichtssinn wieder aktivieren. Sie fragen sich jetzt vielleicht: „Ist der denn deaktiviert?” Oh ja, es sei denn, Sie sind von Berufs wegen viel auf Dächern unterwegs oder arbeiten im Zirkus. Unser Gleichgewichtssinn ist mit 20 Jahren am stärksten ausgebildet. Er nimmt dann rasend schnell mit zunehmendem Alter ab. Wir verlernen ihn zu nutzen und nehmen ihn auch gar nicht mehr wahr. Wenn Sie wissen möchten, wie alt Ihr Gleichgewichtssinn ist, sollten Sie unbedingt den folgenden Test machen.

Autor

  • Manuel Eckardt (Autor:in)

Manuel Eckardt ist Gesundheitsexperte und unterrichtet mit großer Begeisterung Fitness in all ihren Facetten. 2009 hat er pur-life.com ins Leben gerufen, das erste und größte Live- Portal für Gesundheit und Fitness im Netz, das es seinen Benutzern ermöglicht, überall und jederzeit zu trainieren. Neben einer Auswahl von über 2.500 Kursvideos in mehr als 50 Kategorien bietet das Portal Gesundheitscoaching in verschiedensten Bereichen. Es wurde von N24 in der Kategorie Kursqualität von Online-Fitnessplattformen als Nummer 1 ausgezeichnet.
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Titel: Das 5-Minuten-Rückentraining