Zusammenfassung
Für alle Hobbyfotografen, die mit ihrer Kamera in Berlin unterwegs sind: Dieser Ratgeber führt dich zu den schönsten Motiven der Hauptstadt und hilft, einfach bessere Fotos zu machen. Was kann ich fotografieren, wie setze ich touristische Highlights in Szene? Welche geheimen Fotomotive gibt es abseits der ausgetretenen Pfade zu entdecken? Perfekt für alle, die Berlin und die Fotografie entdecken möchten!
Auf den Punkt gebracht:
- Jede Menge Foto-Tipps für die spannendste Stadt Deutschlands.
- Ein Ratgeber im handlichen Format – für die Jacken- oder Fototasche geeignet.
- 101 faszinierende Bildideen zum Kennenlernen, Nachfotografieren und Üben.
- Alles leicht verständlich erklärt, keine Theorie oder Vorkenntnisse nötig!
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
FOTOGRAFIEREN
IN BERLIN
Dieses Buch nimmt dich mit auf eine fotografische Entdeckungstour durch Berlin. Ich zeige dir meine liebsten Fotolocations, erkläre dir, wie ich die Fotos gemacht habe, und erläutere dir die wichtigsten Funktionen deiner Kamera. Lass dich inspirieren und begib dich auf deine Fotoreise durch die Hauptstadt.
Als ich vor einigen Jahren nach Berlin gezogen bin, fand ich die Stadt anfangs sehr verwirrend. Um sie besser kennenzulernen, habe ich mich mit meinem Fotoapparat auf Entdeckungsreise durch Berlin begeben. So ist das Projekt „101 Orte in Berlin“ entstanden. Ich habe Reiseführer gewälzt, Fotografen getroffen und mit Freunden gesprochen. Ich wollte all die schönen und manchmal geheimen Orte der Stadt fotografieren. Per Fahrrad, Roller und Auto ging es von Marzahn bis zum Grunewald und von Tegel bis Wünsdorf.
In meiner Fotografie geht es nicht um die fotografische Perfektion. Schließlich lerne ich stetig dazu und bin immer wieder neu herausgefordert. Es geht um die Entdeckung wundervoller Orte. Ich verrate dir, welche Motive mir Spaß machen und wo du diese findest, und erläutere, wie ich sie fotografiert habe.
„Ich glaube wirklich, dass es Dinge gibt,
die niemand sehen würde, wenn ich sie nicht fotografiere.“Diane Arbus, US-amerikanische Fotografin
Dieses Buch liefert dir einen Ausschnitt meiner Lieblingsorte. Stetig entdecke ich neue Plätze. Schau auch auf meinen Fotoblog www.ig-fotografie.de. Wenn du spannende Orte zum Fotografieren entdeckst, dann schreibe mir eine E-Mail an lars@ig-fotografie.de. Ich freue mich, sie zu entdecken!
Herzliche Grüße
Lars
ES IST GAR NICHT
SO KOMPLIZIERT
Sicher hast du viele Fotoideen im Kopf. Doch wie setzt du sie um? Viele meiner Fotos beschreibe ich dir in diesem Buch. Dazu ist es wichtig, deine Kamera zu verstehen. Bevor wir also starten, hier ein paar Worte zur Technik.
Wenn du deine Kamera bereits gut kennst, kannst du dieses Kapitel überblättern. Bist du dir aber nicht sicher, was Tiefenschärfe, Blende & Co. bedeuten, oder willst du dein Wissen auffrischen, dann nimm dir einen Moment Zeit, um für deinen Fototrip bestens gewappnet zu sein.
Ich fotografiere seit einigen Jahren fast ausschließlich im manuellen Modus. Das ist gar nicht so schwer. Doch dazu musste ich drei Begriffe und deren Zusammenspiel verstehen lernen: Blende, Verschlusszeit und ISO.
Blende
Die Blende ist die Öffnung im Objektiv, durch die das Licht fällt. Kreisförmig angeordnete Lamellenbleche verschieben sich so ineinander, dass die Öffnung für das Licht enger oder weiter wird. Mit der Wahl der Blende regelst du also, wie viel Licht auf deinen Kamerasensor gelangt.
Das ist ähnlich wie bei einem Wasserhahn. Wenn du den Hahn voll aufdrehst – also weit öffnest –, kommt schnell sehr viel Wasser aus dem Hahn. Wenn du den Hahn hingegen nur ein wenig aufdrehst – also nur minimal öffnest –, läuft wenig Wasser heraus, und es dauert länger, bis du die gleiche Menge Wasser hast.
Die Blende regelt die Lichtmenge
Genauso verhält es sich mit der Blende und dem Licht. Ist die Blende weit geöffnet, kommt schnell viel Licht durch die Öffnung. Wenn du die Blende nur wenig öffnest, fällt wenig Licht hindurch, und es braucht länger, bis die gleiche Lichtmenge auf den Sensor deiner Kamera gelangt ist. Die Zeit der Öffnung bestimmt die Belichtungszeit, aber dazu kommen wir gleich.
Die Blende wird in der Blendenzahl angegeben. Hier kam ich anfangs oft durcheinander, denn ein kleiner Blendenwert (z. B. ƒ2.8 = große Blende) steht für eine große Blendenöffnung. Es kommt also viel Licht durch, weil die Blende weit geöffnet ist.
Folglich bedeutet ein großer Blendenwert (z. B. ƒ16 = kleine Blende), dass die Blende einen kleinen Durchmesser hat und somit weniger Licht auf deinen Sensor gelangt. Das finde ich irgendwie immer noch seltsam, aber es ist so.
BLENDENREIHE MIT GANZEN BLENDEN (F)
0.5 | 0.7 | 1 | 1.4 | 2 | 2.8 | 4 | 5.6 | 8 | 11 | 16 | 22
viel Licht wenig Licht
Durch Erhöhung oder Verringerung um eine Blendenstufe halbierst beziehungsweise verdoppelst du die Lichtmenge, die auf deinen Kamerasensor trifft.
Die Blende regelt die Tiefenschärfe
Neben der Lichtintensität regelt die Blende die Tiefenschärfe, also welche Bereiche auf deinem Foto scharf und welche Bereiche unscharf abgebildet sind. Damit hat die Blende einen entscheidenden Einfluss auf die Bildwirkung deines Fotos.
Möchte ich mein Objekt im Vordergrund scharf darstellen und den Hintergrund verschwimmen lassen? Dann fotografiere ich mit einem kleinen Blendenwert, also einer großen Blende (z. B. ƒ2). Das passt toll zu Porträtfotos. Hier will ich den Fokus auf die Augen legen. Nichts soll von dem Porträt ablenken. Mit einer großen Blende kannst du dein Hauptmotiv vor dem Hintergrund freistellen.
Anders gehe ich vor, wenn ich eine Landschaftsaufnahme fotografiere. Hier wähle ich eine kleine Blende mit großem Blendenwert (zum Beispiel ƒ16). Dann ist alles auf meinem Foto scharf, und ich habe eine große Tiefenschärfe. Eine kleine Blende führt dazu, dass auch weniger Licht auf deinen Sensor gelangt. Daher wird in der Landschaftsfotografie oft ein Stativ genutzt, um die Belichtungszeit zu verlängern, ohne das Foto zu verwackeln.
Belichtungs- und Verschlusszeit
Die Belichtungszeit (Verschlusszeit) regelt, wie lange Licht auf deinen Kamerasensor einfällt. Das können kürzeste Werte von 1/4000 Sekunde (s) sein bis hin zu langen Verschlusszeiten von 30 Sekunden oder noch länger. Durch die Wahl der Verschlusszeit komponierst du ebenfalls dein Foto. Diese arbeitet direkt mit deiner Blende zusammen.
Willst du den Flügelschlag eines Vogels scharf einfangen oder einen Rennradfahrer fotografieren, wählst du eine kurze Verschlusszeit (1/250 Sekunde oder höher), da du schnelle Bewegungen festhalten möchtest.
Mit einer langen Belichtungszeit am Abend werden die Lichtspuren der Autos zu fantasievollen roten und gelben Lichtstreifen. Oder du lässt auf einem belebten Platz das Gewirr an Menschen zu einem verschwommenen Gewusel werden. Eine lange Belichtungszeit ist ebenfalls toll für Experimente mit Zügen und anderen bewegten Objekten.
Fotos, ohne zu verwackeln
Manchmal hast du eine tolle Idee, aber das Foto ist verwackelt. Für die Wahl der Belichtungszeit ist es wichtig einzuschätzen, wie lange du die Kamera ohne Stativ ruhig halten kannst. Merke dir als Faustregel, dass du als Verschlusszeit immer mindestens den Kehrwert deiner Brennweite wählen solltest. Das bedeutet, bei einer Brennweite von 50 mm mindestens 1/50 Sekunde oder schneller als Belichtungszeit zu wählen.
FAUSTREGEL FÜR FREIHAND-VERSCHLUSSZEIT
Kehrwert Brennweite = Einstellung Verschlusszeit
(50 mm = 1/50 Sekunde oder 100 mm = 1/100 Sekunde)
Das Stativ für lange Belichtungszeiten
Da ich häufig am frühen Morgen oder späten Abend fotografiere, sind Stativ und Kabelfernauslöser für mich wichtige Begleiter. Denn sobald die Verschlusszeit den Kehrwert deiner Brennweite unterschreitet, droht dein Foto zu verwackeln. Mit einem Stativ aber kann ich das nächtliche Stadtpanorama oder in dunklen Lost Places meine Fotos komponieren.
ISO
Ich erinnere mich noch, als ich das erste Mal einen Kleinbildfilm mit ASA/ISO 400 gekauft habe. „Damit kannst du auch abends fotografieren“, sagte mein Vater, bevor wir in den Familienurlaub in die USA geflogen sind. Super, schließlich stand ein Bummel durch das nächtliche Las Vegas auf dem Plan.
ISO beschreibt die Filmempfindlichkeit
ISO steht für International Organization for Standardization. Aber viel wichtiger ist: ISO beschreibt die Lichtempfindlichkeit.
Meine heutige digitale Spiegelreflexkamera erlaubt mir ISO-Einstellungen von 100 bis 6400. Moderne Kameras lassen sogar weit höhere Werte zu. In meinem Kameramenü muss ich den Einsatz von 6400 jedoch extra freischalten. Wieso das? Ist es nicht super, wenn ich in dunkelster Nacht fotografieren kann? Nicht unbedingt, denn je höher mein ISO-Wert, desto mehr Bildrauschen hat mein Foto.
Niedriger ISO-Wert = weniger Rauschen im Bild
Somit sollte dein Ziel also sein, den ISO-Wert gering zu halten, auch wenn die Technik sehr viel ermöglicht.
Kameraprogramme
Du brauchst keine teure digitale Spiegelreflexkamera (DSLR), um tolle Fotos zu machen. Selbst einfache Kompaktkameras oder Smartphones sind wahre Wunderwerkeder Technik. Wenn ich auf Fototour bin, fotografiere ich mit meiner großen digitalen Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiven. Für das tägliche Foto zwischendurch habe ich hingegen immer eine Kompaktkamera oder zumindest mein Smartphone dabei.
Wenngleich meine Fotoideen sich zum Großteil auf Einstellungen im manuellen Modus beziehen, ist es sinnvoll, zumindest den Unterschied der verschiedenen Betriebsarten einer Digitalkamera zu verstehen.
Programmautomatik (P)
Die Programmautomatik (auf deiner Kamera als P = Programm zu finden) ist das einfachste halbautomatische Kameraprogramm und ideal, um erste Versuche außerhalb der Vollautomatik zu sammeln. Die Kamera regelt Verschlusszeit und Blende anhand der ermittelten Belichtungswerte. Das geschieht durch kurzes Antippen des Auslösers. Anschließend kannst du zusätzlich die Werte für Blende und Verschlusszeit verschieben und so zum Beispiel für ein Porträt eine große Blende wählen. Verschlusszeit und Belichtung werden automatisch angepasst. Den Blitz kannst du zusätzlich manuell hinzuschalten.
Blendenautomatik (TV/S)
Mit der Blendenautomatik (je nach Hersteller auf deiner Kamera als TV = Time Value oder S = Shutter Priority zu finden) gibst du deiner Kamera die Verschlusszeit – auch Belichtungszeit genannt – vor. Das ist insbesondere beim Sport (der schnelle Läufer), bei Naturaufnahmen mit seidigem Wasser (Wasser langsam verschwimmen lassen) oder in lichtkritischen Situationen hilfreich. In der Regel aber gibst du der Kamera eine Zeit wie zum Beispiel 1/150 Sekunde vor, in der du die Kamera gut halten kannst, ohne zu verwackeln. Dann tippst du den Auslöser an, und deine Kamera passt die Werte für Blende und ISO an.
Ich nutze dieses Programm manchmal, wenn ich auf Streetfotografie-Tour bin und es schnell gehen muss.
Zeitautomatik (AV/A)
Im Programm der Blendenvorwahl oder Zeitautomatik (auf deiner Kamera als A oder AV = Aperture Value zu finden) gibst du deiner Kamera die Blende vor und regelst die Schärfentiefe. Das Programm ist toll, wenn du Menschen im Porträt fotografierst und einen unscharfen Hintergrund haben möchtest. Die für dein Foto erforderliche Belichtungszeit wird von deinem Fotoapparat automatisch angepasst.
WARUM KANN ICH NICHT ALLE BLENDEN AUSWÄHLEN?
Je nach Brennweite können nicht immer alle Blendenwerte angewählt werden. So kann es passieren, dass du im Zoom-/Telebereich bei einer Brennweite ab 100 mm und höher an deinem Objektiv nicht mehr den ganz niedrigen Blendenwert einstellen kannst, der mit demselben Objektiv noch bei 18 mm möglich war. Bei dem kleinsten möglichen Wert handelt es sich um die Offenblende.
Ein Objektiv mit einer sogenannten durchgehenden Offenblende ist meist sehr teuer. Die einstellbaren Blendenwerte kannst du vorne auf dem Objektiv ablesen. Da kann zum Beispiel stehen: 55–250 mm ƒ4.0–5.6. Das bedeutet, dass du bei einer Brennweite von 250 mm als kleinste mögliche Offenblende ƒ5.6 wählen kannst.
Manueller Modus (M)
Im manuellen Modus (M = Manual) hast du die volle Kontrolle, musst aber alles selber einstellen. Du gibst der Kamera vor, mit welcher Blende, Verschlusszeit und welchem ISO-Wert du fotografieren möchtest. Der manuelle Modus erfordert Übung, du bist aber völlig frei in der Komposition. Als Hilfestellung kannst du bei vielen Kameras zudem noch die ISO-Automatik aktivieren.
ISO-AUTOMATIK IM MANUELLEN MODUS
Mit aktivierter ISO-Automatik denkt deine Kamera trotz manuellem Modus mit und passt die ISO-Einstellung automatisch auf Basis deiner gewählten Einstellungen aus Verschlusszeit und Blende an. Du kannst in vielen Kameras einen maximalen ISO-Wert festlegen. Wenn du die ISO-Automatik deaktivierst, werden gemessene Belichtungswerte ignoriert. Die Belichtung erfolgt nur nach deinen Vorgaben.
SINFONIE DER
GROSSSTADT
Berlin bietet dir Unmengen an fotografischen Herausforderungen. Hier habe ich dir ein paar grundlegende Tipps für einige der beliebtesten Fotogenres aufgeschrieben.
Tipps für dein Architekturfoto
Berlin bietet faszinierende Architekturmotive. In der Regel fotografierst du sie mit kleiner Blende (ab ƒ8.0) für eine ausgewogene Schärfentiefe. Um manche Objekte in voller Breite abbilden zu können, ist ein Weitwinkelobjektiv zu empfehlen. Aber es macht auch Spaß, mit dem Tele-/ Zoomobjektiv Ausschnitte herauszugreifen und so einfach mit Formen und Linien zu spielen.
„Fotografieren ist die Kunst, trotz aller Technik noch gute Bilder zu machen.“
(Verfasser unbekannt)
Vergiss die Wirklichkeit
Bei abstrakten Bauten finde ich es spannend, jegliche Bezugspunkte aus deinem Foto zu eliminieren. Was meine ich damit? Spiele mit den Achsen, drehe deine Kamera gegen jede Norm, konzentriere dich lediglich auf Formen. Zoome weit in dein Foto hinein und lasse Himmel oder Boden völlig raus. Du wirst erstaunt sein, wie sich dein Foto verändert.
Das Spiel mit Perspektiven kannst du toll ausprobieren bei Dächern, die sich vor dir erheben. Probiere verschiedenste Distanzen und Winkel aus.
Gerade um das Foto nicht zu überfrachten, ist es sogar besser, Details und Ausschnitte eines Gebäudes zu fotografieren, als das ganze Haus abbilden zu wollen. Das macht das Foto spannend für den Betrachter.
TIPP FÜR DEINE BILDGESTALTUNG:
ENTDECKE DAS LICHT
In der Fotografie geht es immer um Licht: Wie verändert es sich? Bist du drinnen oder draußen? Welche Jahreszeit, Tageszeit oder welches Wetter ist gerade? Hast du künstliches Licht (Straßenlaternen oder Autoscheinwerfer) oder das natürliche Licht? Was passiert, wenn du gegen das Licht fotografierst? Experimentiere mit Schatten.
Tipps für dein Landschaftsfoto
Zu Beginn habe ich fast nur Landschaften fotografiert. Was macht ein Landschaftsfoto eigentlich aus?
Viele sagen, Landschaftsfotografie sei so einfach. Man brauche nur ein Weitwinkelobjektiv, eine kleine Blende und ein Stativ. Dann einfach die Kamera hinstellen und losfotografieren. Doch gibt es unzählige Faktoren, die dein Landschaftsfoto beeinflussen.
Geduld und die richtige Stimmung
Zu allererst geht es um die richtige Lichtstimmung. In der Regel bevorzuge ich den frühen Morgen und den Abend zur Goldenen oder Blauen Stunde, also die Stunde nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang. Hinzu kommen Faktoren, die du nicht beeinflussen kannst: Wetter, Gegebenheiten vor Ort bis hin zur Jahreszeit.
Auf Google findest du unter dem Stichwort „Dämmerungsrechner“ tolle Internetseiten mit der genauen Zeitberechnung für das beste Licht.
Oft warte ich ewig auf den richtigen Moment, besuche Orte immer wieder – nur um genau die Stimmung zu erwischen, die mein Foto zu etwas Besonderem macht. Bringe für diese Disziplin Ruhe und Ausdauer mit. Dann wirst du mit wundervollen Fotos belohnt.
TIPP FÜR DEINE BILDGESTALTUNGs:
RAHME DEIN MOTIV EIN
Durch einen Rahmen lenkst du die Augen des Betrachters und gibst dem Foto Tiefe. Rahmen für dein Motiv gibt es überall. Das kann der Blick durch eine Tür oder ein Fenster sein, die Ansicht durch eine Hofeinfahrt oder Äste, Blätter oder der Blick über die Schulter des Gegenübers.
Tipps für die Langzeitbelichtung
Mit deiner Kamera hast du die Möglichkeit, Lichter und Spuren sichtbar zu machen, die du mit bloßem Auge so nicht sehen kannst. Für diese Zauberei gehst du in die Langzeitbelichtung und benötigst lediglich ein Stativ und einen Fernauslöser.
Experimentiere mit Belichtungszeiten
Für Nachtfotografie wähle ich in der Regel eine mittlere bis kleine Blende (ƒ8 bis ƒ16) für eine gute Tiefenschärfe. Ich fokussiere auf einen Punkt auf halber Entfernung. Dafür ist es praktisch, eine Taschenlampe dabei zu haben, um einen Punkt anzuleuchten und auf diesen zu fokussieren. Anschließend deaktiviere ich den Autofokus. Dadurch wird vermieden, dass die Kamera beim Drücken des Auslösers erneut nachfokussieren will. Experimentiere mit Belichtungszeiten ab 15 Sekunden. Insbesondere in den dunklen Bereichen wird bei zu hohen ISO-Werten das Bildrauschen sichtbar. So ist es wichtig, diesen ISO-Wert in der Nacht- und Langzeitfotografie niedrig zu halten.
TECHNIKTIPP: BILDSTABILISATOR DEAKTIVIEREN
Sollte dein Objektiv einen Bildstabilisator haben, empfehle ich, diesen zu deaktivieren, sobald deine Kamera auf einem Stativ aufgeschraubt ist. Sonst versucht deine Kamera, ein ruhiges Bild in der Langzeitbelichtung auszugleichen. Das Ergebnis können verschwommene Bilder sein.
TIPP FÜR DEINE BILDGESTALTUNG: WENIGER IST MEHR
Ist dein Foto immer zu überladen, zu voll? Dein Gehirn hat die Begabung der sogenannten Autovervollständigung. Ist das Motiv angedeutet, wie beispielsweise ein halbes Rad, wird dein Gehirn den Rest im Kopf hinzufügen. Probiere es aus und fotografiere nur Ausschnitte. Das kann eine Haushälfte sein, das Viertel einer Blüte, eine Haustür oder ein halb beleuchtetes Gesicht. Dein Gehirn addiert die fehlenden Teile zum Motiv hinzu. So minimierst du sehr einfach deinen Bildinhalt, reduzierst dein Foto auf das Wesentliche.
Tipps für dein Makrofoto
Die Berliner Parkanlagen, Stadtwälder und Gärten bieten faszinierende Motive für Makrofotografie. Makroobjektive haben in der Regel eine Brennweite zwischen 50 mm bis 200 mm und eine relativ große Offenblende (ƒ2). Was aber ein Makroobjektiv grundsätzlich ausmacht, ist die Naheinstellgrenze, die es erlaubt, sehr nah an ein Objekt heranzugehen.
Beachte die Fluchtdistanz
Einer Blume oder einem Regentropfen ist es egal, wie nah du ihr oder ihm kommst. Hier geht es um Strukturen, Formen und Details. Doch wenn du zum Beispiel im Ökowerk im Grunewald Schmetterlinge oder Frösche fotografieren willst, sehen diese Tierchen dein Makroobjektiv auf sich zukommen und suchen das Weite, wenn die Fluchtdistanz unterschritten wird.
Viele klassische Zoomobjektive oder Kompaktkameras verfügen über eine brauchbare Makrofunktion, die du hinzuschalten kannst. Ich selbst habe kein Makroobjektiv, sondern behelfe mir mit meinem Teleobjektiv sowie hin und wieder mit meiner Kompaktkamera, mit der ich im Makromodus fotografiere. Hat bisher toll geklappt.
TIPP FÜR DEINE BILDGESTALTUNG:
GEHE AUF AUGENHÖHE
Wenn du mit einem Kind redest, gehst du in die Knie. Du bist auf Augenhöhe. So solltest du in der Wahl deiner Fotoperspektive vorgehen. Das schafft Authentizität, denn die Perspektive der Kleinen spiegelst du im Foto wider.
Tipps für dein Tierfoto
Berlin gilt als Hauptstadt der Wildschweine. Knapp 5000 Tiere sollen sich auf dem Stadtgebiet tummeln. Doch auch in Tierparks im Berliner Stadtzentrum und in zahlreichen Gehegen findest du tolle Möglichkeiten für tierische Motive.
Wenn ich Tiere im Zoo fotografiere, gehe ich vor wie in der klassischen Porträtfotografie. Ich lege den Fokus auf die Augen und wähle eine große Blende. Sobald aber die Tiere in Bewegung sind, muss ich ein Auge auf meine Verschlusszeit halten. Denke daran: Je höher die Zahl (z. B. 1/500 s), umso kürzer ist die Verschlusszeit und umso weniger Licht kann auf deinen Kamerasensor fallen. Deaktiviere deinen Blitz, um das Tier nicht zu erschrecken. Die Aufmerksamkeit des Tiers bekommst du entweder durch Geduld oder ein leises Geräusch, mit dem du auf dich aufmerksam machst. Dabei hilft dir zum Beispiel eine knisternde Plastiktüte.
TIPP FÜR DEINE BILDGESTALTUNG: GEHE NAH RAN
Der amerikanische Fotograf Robert Capa hat einmal die „Goldene Regel der Reportagefotografie“ aufgestellt:
„Wenn deine Bilder nicht gut genug sind,
warst du nicht nah genug dran.“
Versuche, dir den Satz Capas zu eigen zu machen. Gehe beim nächsten Foto näher ran. Du wirst erstaunt sein, wie sich das Motiv verändert.
Tipps für dein
Sonnenuntergangsfoto
Der Sonnenuntergang über Berlin gehört sicher zu den beliebtesten Motiven. Dafür solltest du zu allererst die Vollautomatik inklusive Blitz ausschalten. Die extremen Helligkeitsunterschiede überfordern deine Belichtungsmessung. Du möchtest ja die optimale Farbvielfalt des Himmels auf deinem Foto darstellen.
Solltest du nicht in RAW fotografieren, stelle deinen Weißabgleich von Automatik auf Wolken oder Schatten, da sonst oft die warmen Farbtöne zu kalt wiedergegeben werden.
RAW – DEIN DIGITALES NEGATIV
Die RAW-Datei ist das Rohdatenformat (engl. raw = „roh“) deines digitalen Fotos. In diesem Format bleiben im Gegensatz zum JPEG-Format sämtliche vom Bildsensor erfassten Details (Farbe, Helligkeit …) vollständig erhalten. Damit hast du in der Nachbearbeitung viel mehr Spielraum in der Bildentwicklung. Du kannst im Kameramenü auf die Speicherung in RAW umstellen.
Wolken geben tolle Kontraste
Sofern das Wetter es erlaubt, warte auf ein paar Wolken oder Dunst am Himmel. Das streut dein Licht und gibt tolle Kontraste im Foto. Experimentiere mit einer leichten Unterbelichtung für noch kräftigere Farben und tolle dunkle Silhouetten.
Versuche je nach Restlicht den ISO-Wert gering zu halten. Das garantiert dir rauschfreie Bilder. Packe zur Sicherheit Stativ und Fernauslöser in die Fototasche.
Überlege dir vorher, wo du fotografieren willst
Egal ob du vom Parkdeck der Neukölln Arcaden oder von der Elsenbrücke aus fotografierst – bevor die Sonne untergeht beziehungsweise aufgeht, solltest du überlegen, von welcher Position aus du einen besonders guten Blick auf den Sonnenuntergang hast. Da sich das Licht sehr schnell verändert, hast du während des Sonnenuntergangs wenig Gelegenheit für viele Ortswechsel.
LINKTIPPS
Eine tolle Hilfe sind Apps wie LightTrac oder Photopills sowie Webseiten wie www.suncalc.net. Diese zeigen dir, zu welchem Zeitpunkt und an welchem Standort die Lichtverhältnisse ideal sind. Das macht deine Fotoplanung einfacher.
Auf www.ig-fotografie.de/fotografieren-in-berlin-buch habe ich dir weitere Tipps zusammengestellt. Gib auf der Seite das Passwort Gendarmenmarkt ein.
Willst du gegen oder mit der Sonne fotografieren? Denke an die Grundschul-Merkregel: „Im Osten geht die Sonne auf, im Süden ist ihr Mittagslauf, im Westen will sie untergehen, im Norden ist sie nie zu sehen.“
Tipps für dein Porträtfoto
Berlin bietet dir tolle Voraussetzungen für das urbane Porträt abseits der klassischen Touristenfotos. Ein gutes Porträt setzt den Charakter deines Gegenübers optimal in Szene. In der Regel fotografiere ich ein Porträt mit großer Blende (ƒ4.0) oder sogar Offenblende. Suche dir einen spannenden, urbanen Hintergrund für dein Porträt.
Bokeh (japanisch für „verschwommen“) wird in der Fotografie der Bereich genannt, der unscharf abgebildet wird.
Für ein besonders schönes Bokeh sollte der Unschärfebereich wie Ringe oder Kreise aussehen und eher weich sein.
Beziehe die Umgebung mit ein
Durch die Wahl einer mittleren Blende (ƒ5.6) und einer weitwinkeligen Brennweite kannst du den Hintergrund unscharf, aber noch erkennbar abbilden. So lassen sich tolle Reiseporträts vor bekannten Orten wie dem Brandenburger Tor oder der Oberbaumbrücke fotografieren. Der Betrachter weiß sofort, wo das Foto aufgenommen wurde.
Spaß macht das Spiel mit Requisiten wie einem Postkartenständer, Graffiti an der Wand, einem Handydisplay oder einer spiegelnden Sonnenbrille.
TIPP FÜR DEINE BILDGESTALTUNG:
WECHSEL DIE PERSPEKTIVEN
Es gibt Unmengen an Möglichkeiten, ein Motiv in Szene zu setzen. Limitiere dich nicht auf die dir vertraute Perspektive. Probiere eine Vielzahl an Einstellungen aus. Du wirst begeistert sein, wie deine Fotoreihe wirkt, wenn du verschiedene Perspektiven versuchst. Schau über die Schulter, gehe auf Augenhöhe, stelle dich auf eine Mauer und fotografiere von oben. Gehe in die Froschperspektive und fotografiere nach oben. Das gleiche Motiv verändert sich mit jedem Foto.
101 ORTE IN BERLIN
Ich bin immer auf der Suche nach guten Orten und Fotospots zum Fotografieren. Hier findest du einige meiner Berliner Lieblingslocations. Lass dich inspirieren und gehe mit mir auf Entdeckungsreise durch die Hauptstadt.
In diesem Buch zeige ich dir meine Lieblingsorte und erkläre dir, wie ich das Foto gemacht habe und wie ich hingekommen bin. Zudem verrate ich dir technische Details zur Aufnahme. Lass dich davon inspirieren, aber fotografiere dein persönliches Foto. Gerade wenn du draußen fotografierst, ist es fast unmöglich, ein Foto zu wiederholen und dabei zum gleichen Ergebnis zu kommen.
„Ohne Fotografie ist der Moment für immer verloren, so als ob es ihn nie gegeben hätte.“
Richard Avedon, US-amerikanischer Fotograf
Auch ich habe mich bei der Erstellung dieses Buches weiterentwickelt. Manche Orte habe ich wieder und wieder besucht und neue Details entdeckt. Dabei ist immer ein neues, eigenes Foto entstanden. Ich wünsche dir viel Spaß bei deinem persönlichen Fotoabenteuer.
Gärten der Welt
Thema: Landschaft/Makro
Adresse: Eisenacher Straße 99, 12685 Berlin
Anreise: S-Bahn Marzahn, von dort 10 Minuten per Bus
Über den Ort
Ausgestattet mit Weitwinkel, Festbrennweite und Teleobjektiv habe ich mich auf die Suche nach Landschaftsmotiven und Makroaufnahmen gemacht. Hier wimmelt es von Libellen, Bienen & Co. Lass dir den Chinesischen Garten nicht entgehen, denn er gilt als einer der schönsten Gärten Europas.
Umsetzung
1. Der Orientalische Garten ist geometrisch angelegt. Suche dir die Mitte zwischen den Fontänen, um die perspektivische Wirkung zu verstärken. Der Blick wird wie durch eine Gasse zu den Fontänen geleitet.
2. Mit mittlerer Blende (ab ƒ5) hast du den Vordergrund in leichter Unschärfe und führst den Blick durch die Fontänen hin zum Haus. Fokuspunkt ist das Haus.
3. Wähle eine kurze Belichtungszeit (1/1250 s), um die Wasserfontänen in der Bewegung einzufrieren.
Gendarmenmarkt
Thema: Architektur
Adresse: Gendarmenmarkt, 10117 Berlin
Anreise: U-Bahn Stadtmitte
Über den Ort
Der Gendarmenmarkt wird von drei monumentalen Bauten beherrscht: dem Deutschen Dom, dem Französischen Dom und dem Konzerthaus. Nimm dir etwas Zeit und versuche dein Foto zu strukturieren, statt alles auf das Foto bekommen zu wollen.
Umsetzung
1. Wähle mit dem Weitwinkelobjektiv einen niedrigen Sichtpunkt. Das verstärkt Dramatik und Größe, zudem macht es Spiegelungen und Strukturen des Bodens sichtbar. So führen die Linien auf dem Kopfsteinpflaster hin zum Konzerthaus.
2. Die längere Belichtungszeit (1–2 s) betont die Bewegung der Menschen. Dafür benötigst du ein Stativ.
3. Durch eine kleine Blende (ab ƒ12) bildest du sowohl die Struktur der Steine im Vordergrund als auch das Konzerthaus scharf ab.
Olympiastadion
Thema: Architektur
Adresse: Olympischer Platz 3, 14053 Berlin
Anreise: U-Bahn Olympiastadion
Über den Ort
Das auf Sichtachsen angelegte Olympiagelände ist anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1936 entstanden. Achte bei deinen Fotos auf Perspektiven, Fluchten und die Blickführung.
Umsetzung
1. Menschen machen Architekturfotografie greifbar. Hier schaut ein Junge verträumt ins Stadion. Ironischerweise trägt er im Hertha-Stadion ein Bayern-München-Trikot.
2. Die tiefe Kameraperspektive mit einem Weitwinkel (13 mm) betont die Größe des Baus. Platziere deinen Hauptdarsteller im Vordergrund im linken oder rechten unteren Bildrand. Man sagt ja auch: Jedes Foto braucht einen Vordergrund.
3. Durch die Weite erreichst du trotz großer Blende (ƒ3.5) eine durchgängige Tiefenschärfe.
TIPP: WEITERE MOTIVE
Die Katakomben um das Stadion liefern tolle Motive für das Spiel mit Perspektiven. Wenn du den Schattenwurf der Olympischen Ringe auf dem Vorplatz fotografieren willst, hast du nachmittags das beste Licht.
Beelitz-Heilstätten
Thema: Lost Places
Adresse: Beelitz-Heilstätten, 14547 Beelitz
Anreise: per Regionalbahn bis Bahnhof Beelitz-Heilstätten
Infos: www.beelitzer-heilstaetten.de und www.go2know.de
Über den Ort
Zerbrochene Scheiben, fahles Licht und blätternder Putz – die Natur holt sich alles zurück. Über das alte Sanatorium für Tuberkulosepatienten kursieren diverse Spukgeschichten.
Umsetzung
1. Mein Motiv entstand auf dem Areal der Frauenklinik. Ich habe mein Stativ mittig im Gang platziert. Seitlich einfallendes Licht gibt Tiefenwirkung und Weite. Achte auf die Formen und Linien der Schatten, sie lenken den Blick.
2. Wähle für eine gute Tiefenschärfe eine mittlere bis kleine Blende (ƒ11). Um die Kontrastwirkung und die Farben des abblätternden Putzes zu verstärken, belichte um eine Blendenstufe niedriger (Belichtungsmesser auf –1 stellen).
Details
- Seiten
- ISBN (ePUB)
- 9783869102238
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2016 (Februar)
- Schlagworte
- Aktfotografie Anfänger Anleitungen Belichtung Berlin Bilder Bildidee Blende Blitzfotografie Blumen Blüten Canon Digitale Fotografie Digitalfotografie Digitalkamera DSLR Einstieg Foto Fotobuch Fotografen Fotografie fotografieren Fotografieren fotografieren lernen Fotokurs Fotoschule Fototasche Fototheorie Fotowissen Foto-Workshop Fotoworkshop Freizeit Geschenk Grundlagen Fotografie Hama Hauptstadt Hobby Hobby-Fotografen Insekten ISO Kamera Kreative Fotografie Landschaft Makrofotografie Menschen Nahaufnahme Naturfotografie Nikon Pentax Pflanzen Photoshop Porträtfotografie Potsdam Produktfotografie Ratgeber RAW Reise Schritt für Schritt Sightseeing Sony Spiegelreflex Städtereise Table Top Tierfotografie Urlaub Urlaubserinnerung Verschlusszeit Workshop