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Grundlagen Naturfotografie

Profifotos in drei Schritten. Faszinierende Bildideen und ihre Umsetzung.

von Fotoschule des Sehens (Herausgeber:in) Martina Walther-Uhl (Autor:in) Peter Uhl (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Naturfotografie – verständlich erklärt! Für alle Einsteiger in die Naturfotografie, die sich nicht mit Theorie aufhalten möchten: Die zahlreichen Bildideen, Anleitungen und Tipps lassen Sie selbst als Anfänger schnell professionelle Aufnahmen machen. In drei kleinen Schritten lernen Sie, wie Sie Ihre Kamera einstellen müssen, um Motive gekonnt in Szene zu setzen. Für den perfekten Start in die Naturfotografie – mit vielen Anleitungen für tolle Bildideen!

Mit Beispielen und Anleitungen für alle Jahreszeiten und Wetterlagen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Der Fotografenmeister Peter Uhl gründete zusammen mit seiner Frau, der Diplom-Biologin und Fotografin Martina Walther-Uhl, 2008 die Fotoschule des Sehens.

Zunächst starteten sie mit einem kleinen Fotoseminarangebot im Raum Hannover. Doch aufgrund stark wachsender Nachfrage zu verschiedensten Fotothemen vergrößerten sie kontinuierlich ihr Fotoseminarangebot, nicht nur thematisch, sondern auch regional. Heute bieten beide als Fotoschule des Sehens europaweit etwa 100 ein- und mehrtägige Fotoseminare pro Jahr an. Das komplette Seminarangebot ist auf der Website www.fotoschule-des-sehens.de ersichtlich.

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Der Erfolg liegt nicht nur im fundierten fachlichen Wissen, das beide in den Fotoseminaren vermitteln. Eine große Rolle spielt auch die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge der Fotografie leicht verständlich und für jedermann schnell erfassbar zu beschreiben. Die Seminaratmosphäre ist so gestaltet, dass jede Frage ernst genommen und ausführlich beantwortet wird.

In allen Fotoseminaren kommt immer wieder ein Leitsatz für die Fotografie zum Ausdruck: Fotografieren soll Spaß machen und neue Sichtweisen ermöglichen, aber nicht zum Leistungsdruck werden.

VORWORT

Mit unserem vierten Grundlagenbuch begeben wir uns in die schier unerschöpfliche Motivwelt der Naturfotografie. Doch wer bei Naturfotografie an stundenlanges Warten im Tarnzelt oder an spektakuläre Aufnahmen aus fernen Ländern denkt, dem sei an dieser Stelle gesagt, dass unser Buch andere Aspekte der Naturfotografie behandelt.

Denn Naturfotografie, so wie wir sie verstehen, fängt beim Blick auf den Balkon oder in den eigenen Garten und beim Spaziergang im stadtnahen Wald an. Also eigentlich direkt vor der Haustür. Wie Sie ja vielleicht schon selber erlebt haben, können bei Spaziergängen oder Fototouren in der nahen Umgebung sehr gute und ausdrucksstarke Naturfotos entstehen. Auch in Ihrem unmittelbaren Umfeld gibt es sich sicher genügend Naturfotomotive, an denen man sich anhand der Fotos lange erfreuen kann.

Wir, die Fotoschule des Sehens, haben in diesem Buch bewusst auf Fotos von extrem seltenen Motiven verzichtet. Ebenso auf Motive, die Sie nur mit großem technischem Aufwand erreichen könnten. Stattdessen haben wir in den Workshops überwiegend Motive gewählt, wie sie einem in der nahen Natur begegnen können. Die Bildidee, die dahinter steht wird beschrieben und es folgt eine Anleitung zum Nachmachen. Genau wie in unseren Fotoseminaren, -workshops, -wanderungen und -reisen, möchten wir Dinge so vermitteln und zeigen, dass sie jederzeit von jedem mit einfachen Mitteln gesehen und nachgemacht werden können. Wir sprechen mit unserer Vorstellung von Naturfotografie all diejenigen an, die sich gern in der Natur bewegen, beobachten und Lust haben, Neues zu entdecken. Jeder, der gerne fotografiert, auch wenn er gerade erst damit angefangen hat, soll Anregungen bekommen und ähnliche Situationen mit Anleitung des Buches leicht nachmachen können.

Alle unsere Empfehlungen, Anleitungen und Veranschaulichungen von fototechnischen Sachverhalten sind auf Basis unserer Erfahrungen, die wir in unseren Workshops und Fotoreisen gemacht haben, entstanden. Und daher oftmals unsere ganz persönliche Bewertung und Meinung. Wir hoffen, Ihnen mit unseren Tipps neue Anregungen und Ideen für gelungene Naturfotos geben zu können.

Viel Spaß beim Fotografieren wünschen Ihnen

Peter Uhl und Martina Walther-Uhl

von der Fotoschule des Sehens

NATURFOTOGRAFIE

Irgendwie versteht jeder etwas anderes unter dem Begriff „Naturfotografie“. Für den einen fängt sie mit dem Fotografieren beim Familienausflug in die nähere Umgebung an, für den anderen ist nur das ein wirkliches Naturfoto, wenn es in freier, unberührter Natur aufgenommen wurde. Für manche geht es darum, die Schönheit der Natur abzubilden oder Stimmungen einzufangen, anderen ist es wichtig, die Veränderung einer bestimmten Landschaft im Verlauf der Jahreszeiten zu dokumentieren.

Was genau ist Naturfotografie?

Ganz allgemein kann man sagen, dass sich die Naturfotografie mit dem Fotografieren von Landschaften, Pflanzen, Tieren und natürlichen Phänomenen beschäftigt. Mit natürlichen Phänomenen sind Ereignisse wie z. B. Regen, Blitze, Nordlichter oder Sonnenfinsternis gemeint. Diese Definition ist erst einmal ganz unabhängig davon, ob man in den eigenen Garten geht, um dort das erste Grün des Jahres zu fotografieren, oder ob man sich auf Forschungsreise in Gebiete mit nahezu unberührter Natur begibt.

Ganz unberührte Natur gibt es heute übrigens kaum noch, nur noch in sehr wenigen Gebieten der Welt. Auch Landschaften, die man als scheinbar natürlich und unberührt empfindet, sind durch menschliche Einflüsse beeinflusst oder sogar erst durch diese entstanden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Lüneburger Heide, die von vielen als Natur pur empfunden wird. Doch die Heidelandschaft bei Lüneburg konnte erst durch die bestimmte Art, wie in früheren Zeiten Getreide angebaut wurde, entstehen, also durch menschliche Einflüsse. Um auf den Sandböden der Heide Roggen anbauen und ernten zu können, musste der Boden stark gedüngt werden. Und das geschah früher anders als heute. Es wurden die humusreicheren Schichten der um die Felder herum liegenden Böden abgetragen und mit Viehdung vermischt auf die Getreidefelder eingebracht. Die umliegenden Böden, deren humusreicheren Schichten bis zum Mineralboden abgetragen wurden, verloren durch dieses Abtragen, das sogenannte „Plaggen“, immer mehr an Nährstoffen und verarmten. Auf ihnen konnten nur sehr wenige „wilde“ Pflanzen gedeihen, eine davon ist das Heidekraut, eine andere ist der Wacholder. Beide machen das typische Landschaftsbild der Lüneburger Heide aus. Heute, wo die oben beschriebene Form der Landwirtschaft nicht mehr existiert, sind bestimmte landschaftspflegerische Maßnahmen nötig, um die Heidelandschaft zu erhalten.

Aber egal, wie Ihre Definition von Naturfotografie aussieht, wichtig ist, Natur und Motive zu entdecken, vielleicht zum ersten Mal bewusst wahrzunehmen, sich darüber zu freuen und vielleicht sogar zu staunen. Dabei ist unwichtig, ob Sie Ihre Motive in der „natürlichen und wilden“ Natur oder in der „Stadtnatur“ im Garten oder in der Parkanlage entdecken.

Facetten der Naturfotografie

Wie Sie eben schon gelesen haben, ist die Naturfotografie facettenreich und jeder kann für sich schauen, wo er sich mit seinen Wünschen und Zielen im breiten Spektrum der Naturfotografie wiederfindet. Im Tarnzelt oder auf einem Ansitz zu sitzen und auf das Erscheinen eines bestimmten Tieres zu warten, ist vielen einfach zu aufwendig. Anderen sind die Fotos, die dabei entstehen können, die Mühen absolut wert und oftmals sind diese Fotos auch nur auf diese Weise machbar. Manch einer baut Lichtschranken, um damit zu einzigartigen Fotos von Vögeln oder Großkatzen zu kommen. Anderen wiederum ist dies technisch nicht möglich oder einfach zu teuer.

Das Beste an der Naturfotografie ist aus unserer Sicht, dass sie solch ein breites Spektrum bietet und das für jeden etwas dabei ist. Naturfotografie kann heißen, dass man an den am weitesten entfernten Zipfel der Welt reist, um Seltenes aufzunehmen, muss es aber nicht. Es ist genauso gut möglich, Naturfotografie beim Spaziergang am Sonntagnachmittag in der näheren Umgebung zu praktizieren. Oder während des Familienurlaubs. In den Workshops sprechen wir deshalb Situationen und Motive an, die von allen relativ einfach zu entdecken sind und die Fotos ohne allzu großen zeitlichen und finanziellen Aufwand nachgemacht werden können.

Gutes Wetter, schlechtes Wetter – gutes Licht, schlechtes Licht?

Oftmals hören wir in unseren Seminaren „Da haben wir aber Glück gehabt, dass heute die Sonne scheint. Das ist richtig gutes Fotowetter“. Die Meinung, dass man gerade bei Sonne die schönsten Fotos macht, ist weit verbreitet. Natürlich freuen auch wir uns, wenn wir beim Fotografieren trocken bleiben, aber so einfach lässt sich die Frage nach gutem Fotowetter nicht beantworten.

Scheint die Sonne stark, ergeben sich starke Helligkeitsunterschiede zwischen beschienenen und schattigen Stellen. Wir können mit unseren Augen und dem Gehirn die Helligkeitsunterschiede zwischen hellen und schattigen Stellen ausgleichen und sehen sogar noch in den Schattenpartien Zeichnung und Konturen. Die Kameras können dies in der Regel nicht, zumindest nicht in dem Maße, wie wir es können. Hier werden die Kontraste eher verstärkt, die hellen Partien überstrahlen und die Zeichnung im Schatten verschwindet gänzlich. Auch wenn Sie Motive aufnehmen, die ausschließlich in der Sonne stehen und nicht teilweise beschattet werden, kommt es zu oftmals zu Problemen. Die Motive können platt und die Farben ausgewaschen wirken. Bei kleinen Motiven, wie z. B. Blumen, kann hier der Einsatz eines Diffusors helfen und das harte Sonnenlicht mildern (siehe Kapitel „Nützliche Utensilien für die Naturfotografie“).

Ein bewölkter Himmel bietet in der Regel ein ausgeglichenes Licht für Detailaufnahmen. Die Farben treten gut hervor und die Schlagschatten sind aufgehoben. Im Wald werden die Aufnahmen bei bewölktem Himmel ruhiger, da auf den Fotos Sonnenflecken oft störend erscheinen, auch wenn man es in natura vielleicht erst einmal anders wahrnimmt. Leichter Regen und Feuchtigkeit lassen Farben bei Detailaufnahmen noch kräftiger leuchten. Doch für das Fotografieren von offenen Landschaften fehlt es bei grauem Himmel oftmals an der nötigen Spannung. Wie Sie sich und Ihre Kamera bei Regen vor Feuchtigkeit schützen können, stellen wir Ihnen im Kapitel „Nützliche Utensilien für die Naturfotografie“ vor.

Schnee verzaubert die Landschaft auf eine ganz besondere Weise. Er bringt Ruhe in die Landschaft und überdeckt störende Elemente, die sonst vom Motiv ablenken oder das Bild unruhig machen könnten. Beim Fotografieren sollten Sie allerdings bei der Belichtung darauf achten, dass der Schnee auf dem Foto noch Konturen ausweist (siehe Workshops „Rast und Ruhe“ und „Durch den Schnee gestapft“)

Frühes Morgenlicht kurz vor Sonnenaufgang hüllt den Himmel in Violett, Rot und Orange. Doch diese Phase ist sehr kurz und schnell wird es heller und heller und die Farben verblassen. Sie sollten deshalb sehr viel früher am gewünschten Ort sein, als zu dem für dort angegebenen Zeitpunkt des Sonnenaufgangs. Denn bis man den geeigneten Foto-Standort gefunden und evtl. das Stativ aufgebaut hat, vergeht etwas Zeit. Damit keine unnötige Hektik aufkommt: Früh genug da sein, wenn Sie das frühe Morgenlicht um den Sonnenaufgang herum nutzen möchten.

Am späten Nachmittag mit dem Abendlicht bis zum Sonnenuntergang wird das Licht immer weicher, viel weicher als zur Mittagszeit. Dies wird sich besonders auf Landschaftsfotos bemerkbar machen. Doch auch beim Abendlicht ist es ratsam, früh genug am Ort der Aufnahme zu sein. Denn die untergehende Sonne wartet leider nicht. Besonders stimmungsvoll ist ein Abendhimmel mit vereinzelten Wolken, die von der untergehenden Sonne durchstrahlt werden. Hier müssen Sie fotografisch einiges beachten, damit die Abendstimmung einigermaßen richtig wiedergegeben wird (siehe Workshop „Abendstimmung mit Wolken“).

Die Natur achten und respektieren – auch beim Fotografieren

Egal ob Sie in der näheren Umgebung oder in den letzten Paradiesen der Erde Ihre Fotos machen – bitte wahren Sie Achtung und Respekt vor der Natur, gerade auch beim Fotografieren. Beachten Sie den Schutz der Natur, auch wenn das Gebiet nicht extra als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Achten Sie beispielsweise darauf, dass Sie keine nebenstehenden Pflanzen niedertreten, um an eine bestimmte Blume besser heranzukommen oder gar Insekten mit Kältespray einzusprühen, damit sie bewegungsunfähig und somit einfacher zu fotografieren sind. Es gibt immer eine bessere Lösung als die Natur zu stören oder gar zu zerstören und sei es, einfach mal auf ein Foto zu verzichten. Gehen Sie behutsam mit der Natur um, in der Sie fotografieren, denn es gilt: Fotos nicht um jeden Preis.

FOTOMOTIVE IM VERLAUF DES JAHRES

In den gemäßigten Breiten – also auch bei uns – ist die Natur den jährlich wiederkehrenden Perioden Frühling, Sommer, Herbst und Winter unterworfen. Diese Jahreszeiten unterscheiden sich durch ihre klimatischen Eigenschaften voneinander und üben damit ihren Einfluss auf die Natur aus.

Durch den jahreszeitlichen Wandel der Natur ergeben sich zu den verschiedenen Jahreszeiten verschiedene Motivschwerpunkte. Was man überwiegend zu welcher Jahreszeit erwarten und gut fotografieren kann, möchten wir Ihnen im Folgenden kurz vorstellen.

Frühlingsboten und Jungtiere locken

Der Frühling ist die Jahreszeit, die von vielen – insbesondere nach einem langen, kalten und dunklen Winter – am stärksten herbeigesehnt wird. Auch wenn es im frühen Frühling noch ab und zu Schneefälle gibt: Die Veränderung ist sichtbar – Schnee und Eis schmelzen, die Vögel fangen verstärkt an zu singen, Zugvögel kehren zurück, wärmende Sonnenstrahlen verwöhnen die Natur, Blumen dringen durch die Erde an die Oberfläche, erste Blüten sind zu finden und im Verlauf des Frühlings gibt es immer mehr Jungtiere. Ob junge Schwäne, kleine Entchen oder Lämmer – alle üben einen geradezu magischen Reiz auf viele Naturfotografen aus. Das Frühjahr ist die Jahreszeit des neuen Entstehens und der Reproduktion.

Sommer, Sonne und mehr

Sommer ist die wärmste der vier Jahreszeiten. Im Sommer sind die Tage hell und lang. Wenn Sie also bereits bei Sonnenaufgang fotografieren möchten, müssen Sie früh aufstehen. Ebenso müssen Sie bis zum Sonnenuntergang länger warten. Die Natur ist grün und voller Blüten. Typische Fotos im Sommer sind Strand und blaues Meer. Ebenso werden Blumen in voller Pracht und Schatten spendende, dicht belaubte Bäume sowie gelbe Getreidefelder – am Rand durchsetzt von Mohnblüten und Kornblumen – zu beliebten Motiven.

Der Herbst ist bunt und neblig

Im Herbst sind es oftmals die bunten Farben der Blätter, die das Fotografenherz höher schlagen lassen. Doch der Herbst hat noch mehr an Stimmungen zu bieten als gelbrote Farbigkeit: Eine ganz besondere Stimmung ergibt sich beispielsweise bei Nebel, oftmals am frühen Morgen. Die Motive erscheinen auf den Fotos schemenhaft und geheimnisvoll. Falls Sie noch nie bei Nebel fotografiert haben, werden Sie vielleicht überrascht sein, dass Sie auf recht kurze Belichtungszeiten kommen, obwohl man selbst die Nebelstimmung eher als etwas düster empfunden hat.

Aber auch die Früchte des Herbstes, seien es reife Äpfel, Sanddornbeeren oder Pilze, laden ein zum Fotografieren.

Warm Einpacken fürs Fotografieren im Winter

Im Winter heißt es, sich zum Fotografieren warm anzuziehen. Denn es wird schnell sehr kalt, wenn man zum Fotografieren länger an einer Stelle stehen bleibt. Aber es lohnt sich. Besonders, wenn die Landschaft von einer leichten Raureifschicht überzogen ist, wenn Schnee liegt oder sich an Wasserrändern Eis gebildet hat. Halten Sie einmal gezielt Ausschau nach Eisskulpturen und lassen Sie Ihre Fantasie spielen. Hinter manchem Eisgebilde könnte auf dem zweiten Blick ein Gesicht oder etwas Ähnliches verborgen sein (siehe Workshop „Fantasiefigur aus Eis“). Lassen Sie sich also im Winter nicht vom Wetter davon abhalten rauszugehen und zu fotografieren.

PLANUNGEN FÜR DIE NATURFOTOGRAFIE

Natürlich ist es völlig in Ordnung einfach mal ohne viele Vorüberlegungen loszugehen und zu schauen, was es so alles in der Natur zu fotografieren gibt. Oftmals entdeckt man ja gerade, wenn man den Blick ohne eine bestimmte Fotoabsicht umherschweifen lässt, die interessantesten Dinge.

Aber wenn Sie sich nicht einfach auf eine Überraschungs-Fototour begeben möchten, dann sollten Sie vorab einige Planungen für Ihren Fotoausflug vornehmen. Denn wenn Sie etwas bestimmtes Sehen und Fotografieren möchten, kommen Sie um einige Recherchen und Planungen nicht herum. Sie wissen ja: Fotografische Kenntnisse und Fähigkeiten sind nicht das Einzige, was Sie in der Naturfotografie brauchen, wenn Sie ganz bestimmte Pflanzen oder Tiere oder vielleicht die spezielle Stimmung einer Landschaft fotografieren wollen.

Motiv

Wenn Sie ein ganz bestimmtes Motiv fotografieren möchten, sollten Sie wenigstens ein paar Dinge darüber wissen.

Dazu ein Beispiel: Wenn Sie eine bestimmte Pflanze fotografieren wollen, sollten Sie wissen, in welchem Lebensraum sie vornehmlich wächst, wann sie blüht und bestenfalls sollten Sie sogar den genauen Standort, wo Sie sie fotografieren können, kennen. Für Ihre Recherche stehen Ihnen Bücher und das Internet zur Verfügung. Oder vielleicht befindet sich in Ihrer Nähe ein Naturschutzverein, der Ihnen weiterhelfen kann. Bei wild lebenden Tieren ist es besonders wichtig zu wissen, wo sie sich aufhalten und wann. Und es ist ratsam, vor dem Tier am Ort zu sein. Denn Tiere haben im Allgemeinen stärker ausgeprägte Sinne als wir und nehmen schnell wahr, wenn sich Ihnen jemand nähert. Planen Sie auch Ihre Kleidung bei einer Fototour mit Wildtieren. Vermeiden Sie schrille Farben, tragen Sie etwas farblich unauffälliges, eher Dunkles, Gedecktes.

Etwas einfacher ist das Fotografieren von einheimischen Wildtieren in Wildparks. Diese sind meist sehr schön in die Umgebung integriert, oftmals mitten im Wald, und die Tiere sind an Menschen gewöhnt. Doch auch hier sollten Sie sich – besonders wenn Sie ein bestimmtes Verhalten fotografieren wollen – vorher schlaumachen und diese Informationen in Ihre Planungen einbeziehen, z. B. über Brunftzeiten, Jungtierzeiten, Fütterungszeiten. Mit diesem Wissen können Sie genauer planen, wann Sie am ehesten zu Ihren Wunschfotos kommen.

Gebiet

Auch in dem Gebiet, in dem Sie fotografieren möchten, sollten Sie sich ein bisschen auskennen, um Ihre Fototour gut planen zu können. Dabei denken wir in erster Linie gar nicht daran, dass man sich dort vielleicht verlaufen könnte, nein, es geht wieder um fotografische Gründe.

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Hirsche im Wald, siehe Workshop: „Siesta
im Wald“.

Für Landschaftsaufnahmen ist es beispielsweise wichtig zu wissen, wo wann die Sonne steht. Dann können Sie am besten einschätzen, wann die Lichtstimmung für die Aufnahmen, von welchem Standpunkt aus Ihren Vorstellungen am nächsten kommt. Falls Sie noch nie in dem Gebiet waren, können Sie die Ausrichtung des Gebietes auch über Google Earth feststellen.

Hier noch ein anderes Beispiel: Wenn Sie beispielsweise Kraniche fotografieren wollen, sollten Sie nicht nur wissen, in welchen Gebietsregionen diese Vögel Nahrung suchen oder wo sie übernachten. Sie sollten auch ermitteln, ob bestimmte Bereiche der Gebiete öffentlich zugänglich sind, also wo sich Beobachtungs- oder Aussichtsplattformen befinden, von denen aus man die Tiere sehen kann, ohne sie zu stören oder gar zu vertreiben. Denn Kraniche und viele andere Wildtiere haben eine weite Fluchtdistanz und sind schnell beunruhigt. Beschäftigen Sie sich bei Ihren Planungen und Vorbereitungen deshalb nicht nur mit Ihrem Fotomotiv, sondern lernen Sie auch das Gebiet, in dem sich Ihr Fotomotiv befindet, kennen.

Ein Kennenlernen von Ihnen bisher unbekannten Gebieten kann auch über geführte Wanderungen von Naturschutzvereinen geschehen. Hier können Sie entspannt neue Gebiete kennenlernen und werden auf die dort wachsenden Pflanzen und vorkommenden Tiere aufmerksam gemacht. Neben möglichen Motiven erfahren Sie so auch gleichzeitig viel über die Ökologie des Gebietes.

Zeit

Zum Thema Zeitplanung lässt sich eigentlich nur eins sagen: Planen Sie für Ihre Fototouren ausreichend Zeit ein. Denn beim Fotografieren muss man oftmals geduldig warten. Entweder auf günstiges Licht, bis eine Wolke, die sich keck vor die Sonne geschoben hat, wieder verschwunden ist. Oder auch anders herum, bis das grelle Sonnenlicht durch den natürlichen Diffusor „Wolke“ etwas gemildert wird. Oder Sie warten auf das Erscheinen Ihrer Wunschmotiv-Tiere. Vielleicht benötigen Sie auch einfach etwas mehr Zeit durch Aufbau des Stativs und der Einrichtung der Kamera auf dem Stativ.

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Welle, siehe Workshop: „Regenbogen-Fahne“.

Doch auch wenn Vorbereitung und Warten auf den richtigen Moment etwas länger dauern können, im entscheidenden Augenblick müssen Sie dann schnell handeln. Denn das gerade eben noch optimale Licht kann sich innerhalb von Sekunden wieder ändern oder ein kurzer Blick von dem Tier, auf das Sie längere Zeit gewartet haben, in Richtung Kamera ist schnell wieder vorüber. Planen Sie also genügend Zeit ein und bringen Sie etwas Geduld und eine Portion Aufmerksamkeit bei der Naturfotografie mit.

LOS GEHT'S: VORBEREITUNGEN FÜR DIE NATURFOTOGRAFIE

Egal, ob Sie Naturfotos im eigenen Garten, im Stadtwald oder in der etwas weiter entfernten freien Natur machen wollen – ein wenig Vorbereitung vorweg sollte sein. Dazu gehört zum einen, die Kameraausrüstung, die man mitnehmen möchte, bereitzulegen und nichts Wichtiges Zuhause liegen zu lassen, zum anderen natürlich auch eine kleine Überprüfung, ob alles funktioniert.

Alles dabei? Kameraausrüstung und Ausrüstungs-Check

Die nachfolgende Checkliste Kameraausrüstung zeigt, was sinnvoll wäre für die Naturfotografie mitzunehmen. Aber keine Angst: Sie müssen nicht alles davon besitzen, um tolle Naturfotos zu machen. Wenn Sie keinen Graufilter oder nur ein einziges Objektiv besitzen, können Sie natürlich auch mit weniger Equipment wundervolle Naturaufnahmen machen. Manche Aufnahmen, für die Sie einen Graufilter oder vielleicht ein Makroobjektiv benötigen würden, gehen dann in diesem Moment einfach nicht oder nicht so optimal. Deshalb: Verstehen Sie die in der Checkliste aufgeführten Ausrüstungsgegenstände als Aufzählung von Equipment, das Ihnen Aufnahmen im breiteren Umfang der Naturfotografie ermöglicht, aber nicht als notwendige Voraussetzung, um überhaupt Naturfotos zu machen.

CHECKLISTE: KAMERAAUSRÜSTUNG

Ausrüstungs-Check: Bevor Sie auf jetzt voller Energie und Vorfreude losgehen, denken Sie bitte an den Ausrüstungs-Check, also daran, Ihre Kameraausrüstung noch einmal genau auf ihre Funktionsfähigkeit zu testen. Nichts ist ärgerlicher, als wenn man erst beim Fotografieren feststellen muss, dass etwas nicht funktioniert. Ob eine kaputte Speicherkarte oder ein leerer Akku (der einzige, den man mitgenommen hat) – schon ein einziges defektes Teil kann die ganze Fototour lahmlegen. Also besser vorher noch einmal testen, ob Kamera, Objektive und die restliche Kameraausrüstung einwandfrei funktionieren.

Nützliche Utensilien
für die Naturfotografie

Im Folgenden möchten wir Ihnen einige nützliche Utensilien für die Naturfotografie vorstellen. Sicherlich könnte man die Liste nützlicher Utensilien für die Naturfotografie noch sehr viel weiter ausdehnen. Denn je tiefer man in die Naturfotografie einsteigt und sie eventuell auch professionalisiert, desto mehr Utensilien gibt es, die einen unterstützen können, wie beispielsweise Lichtschranken, Tarnzelt und Tarnanzug, Nachtsichtgerät oder Ähnliches.

Doch wir beschränken uns im Folgenden auf das, was Sie als Einsteiger in die Naturfotografie erst einmal brauchen könnten.

Aufheller: Wenn die Sonne draußen stark scheint, sind oftmals die Schattenpartien im Motiv sehr dunkel. Den hohen Kontrastumfang zwischen hellen und dunklen Partien im Motiv nehmen wir mit unseren Augen oftmals gar nicht so extrem wahr. Doch die meisten Kameras haben Probleme mit hohem Hell-Dunkel-Kontrast und können diesen nur schwer bewältigen. Die Schattenpartien sind dann auf dem Bild sehr dunkel und es ist oft nur sehr wenig darin zu erkennen. Um diese Stellen aufzuhellen, können Sie ein weißes DIN-A4-Papier, einen kleinen Klappspiegel oder ein etwas dickeres Stück Pappe, das Sie vorher mit Alufolie beklebt haben, als Aufheller einsetzen. Dabei hat das weiße Papier die geringste Reflexionskraft, danach folgt die Alufolie, und am stärksten reflektiert der Klappspiegel das Licht. Vorteil beim Klappspiegel: Sie können ihn hinstellen und er reflektiert das Licht, ohne dass Sie ihn die ganze Zeit halten müssen.

Mit dem Diffusor wollen Sie erreichen, dass hartes Licht auf dem Motiv weicher wirkt. Denn hartes Licht, z. B. pralle Sonne um die Mittagszeit, macht Ihr Motiv eher platt, ausgeblichen und konturenlos. Wenn Sie draußen fotografieren, können Sie natürlich so lange warten, bis sich ein natürlicher Diffusor – sprich eine Wolke – vor die Sonne schiebt. Aber das kostet Zeit. Sie können einen Diffusor mit einfachen Mitteln selbst herstellen. Dazu nehmen Sie einen DIN-A4-Bogen grafisches Zeichenpapier und laminieren ihn mit matter Laminierfolie. Wenn Sie kein eigenes Laminiergerät besitzen, können Sie das grafische Zeichenpapier auch in einem Kopiershop laminieren lassen. Durch die Folie ist der Diffusor auch gegen Feuchtigkeit geschützt. Eine andere Möglichkeit ist, dass Sie drei längliche Hölzer zu einem „U“ zusammenleimen und eine der offenen Flächen mit dem grafischen Zeichenpapier bekleben. Diese Variante hat den Vorteil, dass sie alleine steht (siehe Foto).

Falls Sie kein Makroobjektiv besitzen, sind Nahlinsen wichtige Utensilien, um zu Makroaufnahmen zu kommen. Nahlinsen sind Objektivvorsätze, die Sie in das Filtergewinde Ihres bereits vorhandenen Objektivs einschrauben. Durch die Nahlinse verringert sich der Abstand, den Sie zwischen Objektiv und Ihrem Motiv einhalten müssen. Dadurch vergrößert sich der Abbildungsmaßstab.

Sie können Ihr Motiv nun also größer ablichten, als wenn Sie das Objektiv ohne die Nahlinse eingesetzt hätten. Allerdings können Sie, wenn Sie eine Nahlinse auf das Objektiv geschraubt haben, mit Ihrem Objektiv nicht mehr auf unendlich scharf stellen. Das heißt: Mit der Nahlinse haben Sie – anders als beim Makroobjektiv – immer nur einen ganz kleinen Bereich, in dem die Schärfe liegt und den Sie nicht durch den Autofokus oder manuelles Fokussieren verlegen können. Sie müssen sich selber aktiv auf das Motiv so lange zu bewegen, bis es sich in der Schärfeebene befindet.

Eine Plastiktüte als Alternativ-Stativ: Möchten Sie z. B. am Strand Steine oder Muscheln in „Augenhöhe“ fotografieren, also nicht von oben, sondern „Aug’ in Aug’“, können Sie eine Plastiktüte halb voll mit Sand füllen und leicht verknoten. Ihre Kamera lässt sich nun gut in alle Richtungen auf der mit Sand gefüllten Plastiktüte positionieren. Benutzen Sie bei den Aufnahmen den Selbstauslöser. Wenn Sie fertig sind mit den Aufnahmen, schütten Sie den Sand aus der Tüte an den Strand zurück und verstauen die Plastiktüte wieder im Rucksack.

Ein Stück Schnur als Alternativ-Stativ: Nicht immer hat man beim Fotografieren ein normal hohes Stativ dabei. Als Alternative dazu bietet sich ein Schnur-Stativ an. Sie befestigen an der Unterseite Ihrer Kamera, z. B. an der Schnellwechselplatte (siehe Foto) eine ca. 2 m lange Schnur. Sie haben Ihren Kameragurt mit der Kamera um den Hals hängen. Nun stecken Sie Ihren linken Arm durch den Kameragurt, sodass die Kamera sehr eng am Körper sitzt. Jetzt treten Sie mit dem Fuß auf das lose Ende der Schnur und ziehen die Kamera nach oben auf Augenhöhe, sodass die Schnur eine möglichst straff gespannt ist. Zugleich drücken Sie die Kamera leicht nach vorn. So erreichen Sie eine stabilere Kamerahaltung. Benutzen Sie bei der Aufnahme den Selbstauslöser.

Sollten Sie einmal Ihre Schnur verloren haben, können Sie auch vor Ort feststehende Gegenstände, wie Felsen oder Bäume gut als Alternativ-Stativ verwenden. Sie drücken dazu die Kamera fest an den Felsen oder Baum und lösen mit dem Selbstauslöser aus.

Fernglas: Ein Fernglas dabei zu haben lohnt sich eigentlich immer. Beobachten Sie die Natur erst einmal, bevor Sie fotografieren. Wenn Sie Tiere zunächst in Ruhe beobachten, kann es vorkommen, dass Sie auf diese Weise ein Verhalten erkennen können, das Sie vorher noch nicht kannten. So entstehen Wunschbilder im Kopf, die man mit etwas Geduld fotografisch umsetzen kann. Verwenden Sie Ferngläser mit einer maximal von 8- bis 10-fachen Vergrößerung. Bei Ferngläsern mit einer höheren Vergrößerung sollten Sie ein Stativ oder ein Fernglas mit eingebautem Bildstabilisator benutzen, um das oftmals störende Wackeln des Bildes auszuschalten.

Das Fernglas hat aber noch einen anderen Vorteil: Falls die Brennweite fürs Fotografieren einmal nicht ausreicht, können Sie mit dem Fernglas wenigstens noch gut beobachten.

Eine kleine Decke oder Alu-Bodenmatte, um darauf zu knien. Egal, ob Sie im Wald Pilze oder auf einer Wiese Krokusse „in Augenhöhe“ fotografieren möchten: Sie müssen sich dabei auf den Boden knien oder sogar hinlegen. Und spätestens dann fällt es einem wieder ein, das man eigentlich eine Unterlage hätte mitnehmen wollen. Ein kleines Kissen, eine Decke oder eine Alu-Bodenmatte, die gegen Kälte, pikende Steinchen oder Feuchtigkeit von unten schützen, ist da sehr hilfreich, damit Sie zu den Fotos kommen, die Sie eigentlich machen möchten.

Regenschirm und Kopfregenschirm: Zugegeben, etwas gewöhnungsbedürftig sieht er schon aus, der Kopfregenschirm. Aber immerhin haben Sie, wenn Sie ihn am Kopf befestigt haben, die Hände frei zum Fotografieren.

Aber auch ein ganz normaler Regenschirm kann helfen, Sie und auch Ihre Kamera eine Zeit lang trocken zu halten. Klemmen Sie den Schirm beim Fotografieren einfach zwischen Kopf und Schulter ein. Das ist zwar keine Lösung für lange Fotosessions bei Regen, hilft aber kurzfristig weiter.

Regen- und Sandschutzhüllen für Kamera und Objektive: Noch etwas, das Sie draußen auf jeden Fall zur Hand haben sollten! Bei leichtem Regen und auch am Strand ist Ihre Kameraausrüstung besser geschützt, wenn Sie eine Regenschutzhülle aus dem Fotobedarf darüber ziehen. Wer weiß schon so genau, wie viel Nieselregen die spritzwassergeschützten Kameragehäuse und Objektive vertragen? Oder ob am Strand bei stärkerem Wind nicht doch Sandkörner in die Kamera eindringen können. Mit einer Schutzhülle werden Sie auf jeden Fall bei Regen und Flugsand entspannter fotografieren.

Sonnencreme und Mücken- und Zeckenschutz: Wenn Sie draußen fotografieren, sei es auf einer sonnigen Blumenwiese, im Wald oder an einem Tümpel, sollten Sie auf keinen Fall die Sonnenschutzcreme und den Mücken- und Zeckenschutz vergessen. Falls Sie für Mücken so attraktiv sind, dass diese sich ständig auf Ihnen niederlassen und anstechen, werden Sie mit Sicherheit von Ihren eigentlichen Motiven abgelenkt sein, was Ihnen das Fotografieren erschweren wird.

Sonnenbrille als Graufilter-Ersatz: Möchten Sie z. B. fließendes Wasser „milchig“ fotografieren, benötigen Sie eine möglichst lange Belichtungszeit. Diese kann man gut erreichen, indem man einen Graufilter vor das Objektiv setzt. Haben Sie keinen Graufilter, können Sie als „Lichtschlucker“ auch einen Polfilter oder eine dunkle Sonnenbrille während der Aufnahme vor das Objektiv halten. Und schon verlängert sich Ihre Belichtungszeit, wenn Sie mit AV/A fotografieren (siehe Kapitel: Belichten mit dem Belichtungsprogramm AV/A).

MIT DER KAMERA PER DU

Jeder, der sich ein bisschen mit der Naturfotografie auseinandergesetzt hat, weiß, wie schnell man manchmal reagieren muss, um eine bestimmte Situation einzufangen.

Denn Naturfotografie ist ein Fotografieren im Hier und Jetzt, da sich eine identische Situation kaum noch einmal ergeben wird. Insbesondere bei schnell wechselnden Lichtsituationen sollte man schnell sein, um die Stimmung, auf die man vielleicht schon etwas länger gewartet hat, einzufangen. Deshalb sollten Sie Ihre Kamera halbwegs kennen und bedienen können. Auch sollten Sie Ihre Bedienungsanleitung mitnehmen, auch wenn Sie sich im Umgang mit Ihrer Kamera bereits sicher fühlen. Moderne digitale Kameras sind Kleincomputer mit mehreren Hundert Funktionen. Einstellungen, die man nur selten anwendet, werden schnell wieder vergessen, insbesondere dann, wenn Sie die Kamera erst neu gekauft und noch nicht allzu viel mit ihr fotografiert haben. Also nehmen Sie sich ruhig etwas Zeit, um sich mit Ihrer Kamera vertraut zu machen und die wichtigsten Einstellungen kennenzulernen. Wenn Sie wissen, wie Sie z. B. die Blende schließen können, um mehr Schärfentiefe im Bild zu erhalten, oder was Sie tun müssen, um ein Tier in Bewegung ohne Bewegungsunschärfe abzulichten, dann sind Sie für die Naturfotografie gut vorbereitet.

Im Folgenden möchten wir Sie fit machen für die wichtigsten fototechnischen Aspekte und einige wichtige Funktionen Ihrer Kamera.

Kamerasucher auf das Auge einstellen

Beim Fotografieren kann es immer wieder Situationen geben, in denen Sie manuell fokussieren, also per Hand das Bild scharf stellen müssen, weil der Autofokus einfach nicht scharf stellt. Damit Sie für diese Situationen gewappnet sind, raten wir Ihnen, den Sucher der Kamera auf das Auge, mit dem Sie durch den Sucher schauen, einzustellen. Zum einen stellt dies sicher – sollten Sie doch einmal manuell fokussieren müssen – dass das Bild genau da auftrifft, wo es auftreffen soll, nämlich direkt auf der Sensorebene und nicht davor oder dahinter. Sonst wäre Ihr Foto nämlich immer leicht unscharf. Beim Fokussieren mit dem Autofokus passiert so etwas normalerweise nicht, da die Objektive genau auf die Kamera justiert sind.

Aber es gibt noch einen weiteren Grund, den Sucher auf das durchschauende Auge einzustellen: Damit können Sie im Sucher die Anzeige, also die Leiste, auf der die wichtigsten aktuellen Kamerawerte wie Blende und Zeit angegeben sind, scharf sehen und gut ablesen. Diese Werte sind für Ihre Einschätzungen wichtig, z. B. dafür, ob die Verschlusszeit, die Ihnen die Kamera bei der Blendenvorwahl vorschlägt, auch ausreicht, um ein sich bewegendes Motiv ohne Bewegungsunschärfe abzulichten.

Um den Sucher auf Ihr Auge einzustellen, schalten Sie die Kamera ein, nehmen den Deckel vom Objektiv und schauen durch den Sucher auf einen hellen neutralen Hintergrund, z. B. in den Himmel. Im Zentrum des Sucherfeldes sehen Sie oft viereckige Felder – die Autofokusmessfelder. Ihre Anzahl ist bei den verschiedenen Kameras unterschiedlich. Sie sehen die Felder mehr oder weniger scharf. Wenn der Sucher gut auf Ihr Auge eingestellt ist, sehen Sie sie scharf. Dann können Sie alles lassen, wie es ist. Sehen Sie sie unscharf, drehen Sie an dem kleinen Rädchen bzw. bewegen Sie den kleinen Schieber direkt neben dem Sucher für die sogenannte Dioptrieneinstellung, bis die Autofokusfelder für Sie scharf zu sehen sind.

imageWICHTIG: SUCHER UND AUGE MÜSSEN ZUSAMMENPASSEN

Blende

Die Blende ist das „Loch“, durch das das Licht auf den Sensor fällt. Die Größe dieses „Blendenlochs“ können Sie selbst wählen, wenn Sie das Belichtungsprogramm AV (Canon) bzw. A (Nikon) eingestellt haben (siehe auch Kapitel „Belichten mit dem Belichtungsprogramm AV/A“). Die Blende wird üblicherweise mit „ƒ“ und einer Zahl bezeichnet. Wenn Sie die Blende selbst einstellen, haben Sie mehr Einfluss auf die Gestaltung Ihres Bildes. Aber Vorsicht: Wenn das Blendenloch weit geschlossen ist (große Blendenzahl, z. B. ƒ22), dauert es länger als bei einer weit geöffneten Blende (kleine Blendenzahl ƒ5,6) bis genügend Licht auf den Sensor trifft und das Bild richtig belichtet ist. Hier besteht die Gefahr das Bild zu „verwackeln“, wenn frei aus der Hand fotografiert wird. Oder das Motiv bewegt sich während der langen Belichtungszeit und wird deshalb unscharf abgebildet.

Um Ihnen dies stärker zu verdeutlichen, greifen wir auf ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich zurück. Sie stehen im Garten und haben zwei große Fässer mit dem gleichen Fassungsvermögen, es passt also in beide Fässer gleich viel hinein. Nun möchten Sie beide Fässer mit Wasser füllen. Zum Befüllen nehmen Sie für das eine Fass einen Gartenschlauch (kleiner Durchmesser) um es zu befüllen und für das andere einen Feuerwehrschlauch (großer Durchmesser). Es ist klar, dass mit einem Feuerwehrschlauch das Fass schneller voll ist, als mit einem Gartenschlauch.

Auf unsere Kamera bezogen ist der enge Gartenschlauch die weit geschlossene Blende (große Blendenzahl) und der Feuerwehrschlauch die weit geöffnete Blende (kleine Blendenzahl). Bei der weit geschlossenen Blende mit beispielsweise Blendenzahl ƒ22, (Gartenschlauch) dauert es länger, bis dieselbe Lichtmenge auf dem Sensor eingetroffen ist, als bei einer weit geöffneten Blende (Feuerwehrschlauch) mit Blendenzahl z. B. ƒ5,6. Sie kommen also mit kleinen Blendenzahlen (weit geöffnete Blende) auf viel kürzere Belichtungszeiten, als bei hohen Blendenzahlen (weit geschlossene Blende), unveränderte ISO-Zahl und gleichbleibende Lichtverhältnisse vorausgesetzt. Kürzere Belichtungszeiten wiederum erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Bild verwacklungsfrei und scharf wird.

imageWICHTIG: DAS GEHÖRT ZUSAMMEN

Vielleicht wundern Sie sich jetzt, dass wir immer, wenn wir von einer weit geöffneten Blende reden, damit eine kleine Blendenzahl verbinden und umgekehrt, wenn wir von einer großen Blendenzahl reden, die Blendenöffnung klein ist. Das klingt erst einmal unlogisch! Es erklärt sich aber dadurch, dass die korrekte Blendenzahl ein Bruch ist, also nicht einfach nur ƒ4, sondern ƒ1/4 und nicht einfach ƒ22, sondern ƒ1/22. Und da der Zahlenwert 1/4 nun einmal größer ist, als der Zahlenwert 1/22, löst sich das Rätsel und erklärt, warum die Blendenöffnung bei 4 viel größer ist als bei 22. Es hat sich umgangssprachlich so entwickelt, dass man lieber nur die Zahl unter dem Bruchstrich als Blende nennt und nicht den ganzen Bruch. Das ist zwar für Neueinsteiger zunächst undurchsichtig und scheinbar unlogisch, aber im Alltag einfacher zu handhaben.

Wie Sie gleich noch sehen werden, ist die Blende auch noch zuständig für die im Bild mögliche Schärfentiefe, also dafür wie viel im Bild scharf oder unscharf wird (siehe Kapitel „Schärfentiefe im Bild“)

imageWICHTIG: KLEINE NUMMER – GROSSER BLENDER

Schärfentiefe im Bild

Die Schärfentiefe ist das Ausmaß des Bereichs, der im Foto scharf wird. Bei geringer Schärfentiefe hat man einen kleinen Schärfenbereich im Bild, bei viel Schärfentiefe ist der Bereich größer. Das Ausmaß der Schärfentiefe wird durch die eingestellte Blende und durch den Abbildungsmaßstab festgelegt. Auf den beiden Fotos oben können Sie vergleichen, wie verschieden der Schärfentiefenbereich bei geöffneter und bei geschlossener Blende ist und wie sich dadurch die Bildwirkung verändert.

WICHTIG: DIE SCHÄRFENTIEFE IST UMSO GRÖSSERimage

Die Schärfentiefe dehnt sich nach vorne und nach hinten aus, und zwar in den Ebenen, die parallel zur Kamerarückwand vor dem Fotografen liegen, ausgehend von der Ebene, auf die fokussiert wurde. Bei der Landschaftsfotografie verläuft die Ausdehnung im Verhältnis ein Drittel zu zwei Drittel. Bei Aufnahmen im Nahbereich dehnt sich die Schärfe ausgehend vom fokussierten Bereich gleichermaßen nach vorne und nach hinten aus.

Dies hat Konsequenzen dafür, wohin Sie die Schärfe legen, wenn bestimmte Elemente in Ihrem Bild scharf abgelichtet werden sollen. Als Faustregel gilt z. B. in der Landschaftsfotografie, dass man den Schärfepunkt mit dem Autofokus ins vordere Drittel des Bildes legen muss, wenn man eine von vorne bis hinten durchgehende Schärfe im Bild haben möchte.

Autoren

  • Fotoschule des Sehens (Herausgeber:in)

  • Martina Walther-Uhl (Autor:in)

  • Peter Uhl (Autor:in)

Der Fotografenmeister Peter Uhl und die Dipl.-Biologin Martina Walther-Uhl sind Fotografen aus Leidenschaft. Gemeinsam zeigen sie Hobbyfotografen in ihrer Fotoschule des Sehens, wie auch ohne große Vorkenntnisse faszinierende Fotos entstehen. Ihre Foto-Seminare sind so erfolgreich, weil sie Einsteiger und Fortgeschrittene zu schnellen Erfolgserlebnissen führen und damit den Spaß am Fotografieren vervielfachen.
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Titel: Grundlagen Naturfotografie