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Grundlagen Porträt- und Aktfotografie

1,2,3 Fotoworkshop kompakt. Profifotos in 3 Schritten. 80 faszinierende Bildideen und ihre Umsetzung

von Henrik Pfeifer (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Der perfekte Start in die Porträt- und Aktfotografie: Für alle Einsteiger in die Porträt- und Aktfotografie, die sich nicht mit Theorie aufhalten möchten: Die zahlreichen Bildideen, Anleitungen und Tipps lassen Sie schnell professionelle Aufnahmen machen. In drei kleinen Schritten lernen Sie, wie Sie Ihre Kamera einstellen müssen, um weibliche Models gekonnt in Szene zu setzen. Sämtliche Beispiele sind für Einsteiger geeignet und einfach erklärt. Das Grundlagenbuch für tolle Porträt- und Aktfotos! Mit Einsteiger-Tipps für Licht, Posing und Kameraeinstellungen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Augen auf und los geht’s

Du hast dir eine Kamera gekauft oder eine Kamera geschenkt bekommen und willst gleich loslegen? Dann möchte ich deine Kreativität nicht bremsen. Schnapp dir deine Kamera, schalte die Vollautomatik ein, Augen auf und los geht’s.

Wenn du die ersten Fotos gemacht hast, wirst du vielleicht mit dem einen oder anderen Foto unzufrieden sein und dich fragen, was du besser machen könntest. Genau dafür habe ich dieses Buch geschrieben. Mit ein paar einfachen Tipps kannst du die Qualität deiner Fotos verbessern und brauchst dafür nichts weiter als die Kamera, die du bereits in den Händen hältst.

ÜBER MICH

Mit dem Ziel, eine Fotoreportage für ein bekanntes Modemagazin zu machen, kaufte ich mir Anfang der 1990er-Jahre eine fette Fotoausrüstung mit mobiler Blitzanlage, verschiedenen Objektiven, einer teuren Profikamera und einem Fotolabor. Endlich wollte ich mich durch die Veröffentlichung in einem bekannten Modemagazin auf dem Markt behaupten und verschuldete mich in meinen jungen Jahren bei der Bank. Ich war der felsenfesten Überzeugung, dass ich erst durch den Besitz dieser Technik mit den großen, internationalen Fotografen mithalten könnte. Mit Sicherheit war es auch mein jugendlicher Größenwahn, der mich in die brisante Lage brachte, mir eine teure Fotoausrüstung zu kaufen, obwohl ich bis dahin noch überhaupt keinen Pfennig mit der Fotografie verdient hatte. Niemand hätte mich damals davon abbringen können, da ich der festen Überzeugung war, dass ich erst durch die entsprechende Technik wirklich gute und professionelle Fotos machen könnte. Es war teures Lehrgeld, wie sich später herausstellte.

Die vielen neuen Geräte überforderten mich, und die Qualität meiner Bilder wurde nicht besser. Verändert hatte sich nur mein Selbstwertgefühl. Ich kam mir inmitten meines ganzen Equipments unglaublich toll vor. Geld verdiente ich mit der Fotografie nach wie vor nicht. Da es noch keine digitalen Fotoapparate gab, verbrannte ich für meine damaligen Verhältnisse Unmengen Geld für Filmmaterial, Filmentwicklung und Fotopapier. Die Schulden wurden immer größer und ich musste meine so sehr geliebte Fotoausrüstung Stück für Stück wieder verkaufen, um die Miete bezahlen zu können. Am Ende hatte ich nur noch den Fotoapparat mit einem einzigen Objektiv.

Doch ich gab nicht auf. Die Lust, Menschen zu fotografieren war nach wie vor da, und ich lernte mit dem, was ich jetzt noch hatte, zu arbeiten. Da ich keine Blitzanlage mehr besaß, setzte ich meine Models in die Nähe des Fensters und fing an, mit Tageslicht zu experimentieren. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass es möglich war, mit dem vorhandenen Licht zu arbeiten. Durch den Verzicht auf Equipment wurde ich frei und begann, die Welt in neuem Licht zu sehen. Bis heute fotografiere ich ausschließlich mit Tageslicht und mit einem einzigen Objektiv. Alle Fotos in diesem Buch sind auf diese Weise entstanden. Aus dieser Erfahrung möchte ich Menschen, die Lust am Fotografieren haben, Mut machen, mit dem was sie haben glücklich zu sein. Selbstverständlich ist es schön, eine tolle Kamera zu besitzen, aber letzten Endes kommt es darauf an, die Motive zu sehen und den richtigen Moment aus einer bestimmten Perspektive zu entdecken. Dafür braucht man nichts weiter als seine Augen. Also sage ich erneut: Augen auf und los geht’s.

Henrik Pfeifer

www.henrik-pfeifer.de

1,2,3, Fotoworkshop kompakt: Bücher für Foto-Einsteiger

In dieser Buchreihe geht es um den kreativen Umgang mit deiner Kamera. Daher werden wir alle Vollautomatikeinstellungen außen vor lassen. Du sollst selbst aktiv werden und eingreifen. Nur so hast du die volle Kontrolle über das Ergebnis und kannst deine eigenen Ideen kreativ umsetzen.

Natürlich wirst du ab und an auf die Bedienungsanleitung deiner Kamera zurückgreifen, dennoch lernst du auf den kommenden Seiten alles Nötige über die wichtigsten Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten dieses faszinierenden Werkzeuges. Du wirst sehen: Es ist alles nicht so kompliziert, wie es am Anfang aussieht. Und du wirst sehr bald schon tolle Ergebnisse erzielen!

Der Umgang mit dem Licht: Einfach ausprobieren!

Lichtbild, so wurde eine Fotografie früher genannt. Und das beschreibt wunderbar, worauf es in erster Linie beim Fotografieren ankommt. Ohne Licht kann man kein Foto machen.

Es ist nicht unwichtig, wie wir das Licht einsetzen, und sehr spannend, was wir dadurch erreichen können. Auf den folgenden Seiten lernst du, worauf man beim Fotografieren unter freiem Himmel, bei Gegenlicht, im direkten Sonnenlicht und in Räumen achten sollte.

Porträt unter freiem Himmel

Beispiel 1 zeigt: Es wäre besser, wenn das Licht anstatt von oben, von der Seite kommen würde. Die einfache Lösung: Der Einsatz eines Blitzes – siehe Beispiel 2.

Besser ist es, wenn ich mir einen Ort suche, der von vornherein eine seitliche Lichtführung bringt. So etwas finde ich zum Beispiel unter einer Brücke, einem Vorbau oder in einer Hofeinfahrt – siehe Beispiele 3 und 4.

Da das Licht von oben kommt, werfen die Augenhöhlen einen Schatten über die Augen und die Augen erscheinen recht düster.

Das Fotografieren mit dem in der Kamera integrierten Blitz oder einem einfachen Aufsteckblitz erscheint jedoch meistens sehr unnatürlich.

Um eine seitliche Lichtführung zu bekommen, eigenen sich als Location Orte, an denen das Licht von oben abgehalten wird: wie zum Beispiel unter Brücken, in Hauseingängen oder unter einem Vordach.

Da das Licht von oben abgehalten wird, scheint es automatisch von der Seite. In den Augen ist kein Schatten. Ganz im Gegenteil: Sie glänzen sogar.

Porträt im Gegenlicht

Der Hintergrund ist sehr hell und das Gesicht viel zu dunkel.

Auch hier besteht die Möglichkeit, mit einem Blitz gegen das Gegenlicht anzutreten.

Man kann auch versuchen, die Sonne hinter dem Model zu verstecken. Dann ist der Hintergrund zwar überbelichtet, das Gesicht ist aber noch gut zu erkennen.

Besser ist es, wenn das Licht nicht von hinten kommt, sondern wenn wir mit dem Licht fotografieren.

Das Gesicht ist im Verhältnis zum Hintergrund nicht zu dunkel. Da die Sonne zu stark scheint, musste das Model allerdings die Augen schließen.

Porträt in direktem Sonnenlicht

Im direkten Sonnenlicht entstehen harte Schatten. Die Nase wirft zum Beispiel einen unschönen Schatten quer durch das Gesicht.

Die besten Porträt-Ergebnisse erzielst du also mit einer Position zur Sonne, bei der kein Schatten stört.

Porträt in direktem Sonnenlicht mit wenig Schatten.

Oder wir suchen, wie schon im vorherigen Kapitel „Fotografieren unter freiem Himmel“ vorgeschlagen, Schatten. Am besten unter irgendeiner Art Dach, wie unter einer Brücke, in einer Hausdurchfahrt oder unter einer Bushaltestelle, da sonst das Problem mit dem Licht von oben bleibt.

Porträt im Schatten unter einem Dach.

Porträt in Räumen

Eine weitere Möglichkeit ist, in Räumen zu fotografieren. In der Regel befinden sich die Fenster an einer Raumseite und es gibt eine Raumdecke. Das Licht kommt also automatisch von der Seite.

Leerer Raum mit Fenstern.

Porträt mit dem Licht fotografiert.

Um ein weiches Porträt zu erreichen, versucht man, so wenig Schatten wie möglich zu haben. Das macht man am einfachsten, indem man mit dem Licht fotografiert.

Porträt von der Seite.

Solange ich keinem direkten Sonnenlicht ausgesetzt bin, sind die Schatten viel weicher und ich kann mein Model auch seitlich zum Licht positionieren.

Vor allem beim Fotografieren eines nackten Körpers ist es sehr schön, das Model seitlich zum Licht oder sogar gegen das Licht zu positionieren, damit durch die Schatten die Formen des Körpers sehr deutlich abgebildet werden.

Steht das Model wie hier gerade zum Licht, ist das wunderschön für ein Porträt, da die Augen leuchten und keine störenden Schatten das Gesicht verfremden. Für eine Aktaufnahme ist es spannender, wenn der Körper Formen bekommt. Zum Modellieren von Formen benötigt man Schatten.

Nackter Oberkörper gerade zum Licht.

Nachdem du die grundsätzlichen Dinge, die man über den Umgang mit dem Licht wissen sollte, ausprobiert hast, ist es an der Zeit, dass du dich ein wenig mit der Technik auseinandersetzt. Aber keine Panik: Nur zwei Dinge sind wichtig.

Nackter Oberkörper seitlich zum Licht.

Nackter Oberkörper fast gegen das Licht.

Die Technik: Nur zwei Dinge sind wichtig

Egal, welche Kamera man gekauft hat, erschlagen wird man als Erstes von einer Unmenge an Knöpfen, Bedienelementen und einem Display mit unendlich vielen Einstellungsmöglichkeiten. Bevor man alles durchgelesen und sich reingefummelt hat, ist man froh, wenn man herausgefunden hat, wie man die Kamera auf Automatik stellt und einfach anfängt zu fotografieren. Aber keine Panik.

Zeit und Blende

Von Anbeginn der Fotografie bis in die Gegenwart hat sich an einem Fotoapparat nichts Wesentliches verändert. Nur zwei Dinge sind wichtig: Zeit und Blende. Mehr muss man nicht einstellen, um ein Negativ oder einen digitalen Chip zu belichten. Das war vor hundert Jahren so und ist auch heute bei einer digitalen Kamera nicht anders.

Alte und neue Kameras.

Das Verhältnis von Zeit und Blende vergleiche ich am liebsten mit einem Sack Äpfel. Was haben Äpfel in einem Sack mit Fotografie zu tun? Nichts, aber lass dich einfach mal auf dieses Bild ein. Nehmen wir an, der volle Sack mit den Äpfeln sei vergleichbar mit der Menge Licht, die du brauchst, um ein Foto zu belichten. Dann gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, um die Äpfel in den Sack zu bekommen. Wenn der Sack nur eine kleine Öffnung hat und du der Reihe nach nur Apfel für Apfel in den Sack füllen kannst, wirst du ziemlich lange brauchen, bis der Sack endlich voll ist. Wenn der Sack eine größere Öffnung hat, kannst du mehrere Äpfel auf einmal einfüllen und du wirst sehr viel weniger Zeit dafür benötigen. Genau so ist es mit der Blende. Wenn die Blende nur sehr wenig geöffnet ist, kommt nur wenig Licht in die Kamera und es braucht eine Weile, bis genug Licht in der Kamera ist, um ein Bild zu belichten. Öffnet man hingegen die Blende sehr weit, dringt sehr viel mehr Licht in die Kamera und es braucht viel weniger Zeit, bis genügend Licht in der Kamera ist. Das war es auch schon.

Objektiv mit offener Blende.

Objektiv mit geschlossener Blende.

Je kleiner die Zahl, desto weiter offen ist die Blende (die Öffnung des Objektivs ist weit offen).

Je größer die Zahl, desto geschlossener ist die Blende (die Öffnung des Objektivs ist nur sehr klein).

Mehr gibt es über die Technik einer Kamera nicht zu erzählen. Fast. Aber es sind die beiden wesentlichen Dinge, die man an einer Kamera einstellen muss, um ein Foto zu machen. Und wenn du dir das vor Augen hältst, können dich die vielen Knöpfe und das umfangreiche Menü mit Hunderten von Einstellungsmöglichkeiten erst mal kaltlassen.

Tiefenschärfe verändern

Was ist denn nun dran an der Blende? Warum nicht einfach immer mit offener Blende fotografieren, wenn es dann schneller geht? Weil sich mit der Blende auch die Tiefenschärfe verändert. Tiefen-was? Mit der Tiefenschärfe wird beschrieben, in welcher Entfernung von der Kamera wie viel vom Bild scharf ist. Das klingt erst mal sehr verwirrend, aber mit zwei beinahe gleichen Fotos lässt es sich einfacher erklären als mit tausend Worten.

Porträt auf der Straße mit extrem unscharfem Hintergrund. Hier wurde mit einer offenen Blende gearbeitet.

Fotografieren mit offener Blende: Viel Licht kommt in relativ kurzer Zeit in die Kamera.

Fotografieren mit fast geschlossener Blende: Wenig Licht kommt durch das Objektiv in die Kamera, deshalb ist eine längere Belichtungszeit notwendig.

Du siehst: Die Wirkung der beiden Bilder ist unterschiedlich. Beim ersten Beispiel wirkt das Model durch den unscharfen Hintergrund etwas präsenter.

Porträt auf der Straße mit nahezu scharfem Hintergrund. Hier wurde mit einer nahezu geschlossenen Blende gearbeitet.

Das bedeutet, dass du mit der Einstellung der Blende einen sehr großen Einfluss auf die Bildgestaltung hast. Falls du dich entschließt, die Kamera mit einer Automatikeinstellung zu benutzen, verlierst du damit die Möglichkeit, diese Entscheidung selbst zu treffen, da die Kamera ja nicht wissen kann, was du möchtest.

Ganzkörperaufnahme bei nahezu geschlossener Blende unter mehreren Menschen auf der Straße am Alexanderplatz. Schärfe auf Model und Hintergrund.

Im ersten Beispiel ist durch die Wahl einer geschlossenen Blende fast das komplette Bild scharf. Damit überlässt du dem Betrachter die Möglichkeit, das Bild relativ objektiv zu betrachten. Der Betrachter kann dadurch selbst entscheiden, welches Details im Bild ihn interessiert und was für ihn wichtig ist.

Ganzkörperaufnahme bei offener Blende unter mehreren Menschen auf der Straße am Alexanderplatz. Schärfe auf dem Model.

Durch die Wahl einer offenen Blende lenkst du den Betrachter gezielt auf ein bestimmtes Detail im Bild. Du hast dadurch die Möglichkeit, den Fokus auf etwas Bestimmtes zu lenken. Diese Möglichkeit der Bildgestaltung lässt sich wunderbar bei Porträts und Ganzkörperaufnahmen anwenden.

Damit du sehen kannst, wie unterschiedlich ein und dasselbe Foto wirken kann, habe ich dreimal das vermeintlich gleiche Foto gemacht. Bei den ersten beiden Bildern habe ich mit einer offenen Blende gearbeitet und einmal die Schärfe auf das vordere und dann auf das hintere Auge gelegt. Bei dem dritten Foto habe ich eine sehr kleine Blende gewählt und dadurch beide Augen scharf bekommen.

Nahaufnahme Gesicht leicht von der Seite. Das Auge im Hintergrund ist scharf.

Nahaufnahme Gesicht leicht von der Seite. Das Auge im Vordergrund ist scharf.

Nahaufnahme Gesicht leicht von der Seite. Beide Augen sind scharf.

Das funktioniert natürlich nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Körper. Auf dem ersten Foto ist das Gesicht im Vordergrund scharf. Dann habe ich die Schärfe auf den Po des Models gelegt und zuletzt durch eine fast geschlossene Blende fast alles scharf bekommen.

So kann man es also zusammenfassen:

  • Offene Blende = kleine Blendenzahl = kleiner scharfer Bereich
  • Geschlossene Blende = große Blendenzahl = großer scharfer Bereich

Alles ist scharf.

Belichtungszeiten: Kommt Zeit, kommt Rat

Die Belichtungszeiten werden in Bruchteilen einer Sekunde angegeben. Je nach Kamera kann man zwischen einer Tausendstelsekunde (1/1000) und 2–3 Sekunden Belichtungszeit bei einer Kamera einstellen.

Die klassischen Einstellungsmöglichkeiten sind:

1/1000 Sekunde

1/500 Sekunde

1/250 Sekunde

1/125 Sekunde

1/60 Sekunde

1/30 Sekunde

1/15 Sekunde

1 Sekunde

B = Beliebig: Der Verschluss bleibt so lange auf, wie du willst.

Bei vielen modernen Kameras lassen sich auch Belichtungszeiten, die dazwischen liegen, einstellen. Auch gibt es Kameras, die eine Verschlusszeit von einer 1/4000 oder sogar einer 1/8000 Sekunde schaffen.

Rädchen zum Einstellen der Zeit an einer alten Kamera. Hier sind die Zeiten wunderschön dargestellt.

Eine Sekunde ist beim Fotografieren also schon eine ziemlich lange Zeit. Es ist ratsam, unabhängig von der Blende immer eine möglichst kurze Belichtungszeit zu wählen, da sonst durch die Bewegung des Models oder einer eigenen Bewegung leicht eine sogenannte Bewegungsunschärfe entstehen kann. Natürlich kannst du eine solche Unschärfe auch bewusst als Stilmittel einsetzen. Falls du das nicht vorhast, empfehle ich, immer mit mindestens einer 1/125 Sekunde zu fotografieren. Wer eine sehr ruhige Hand hat, kann auch noch Glück mit einer 1/60 Sekunde haben. Mit einer 1/125 Sekunde bist du auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Bewegungsunschärfe bei einer 1 Sekunde.

Wie du bei diesen beiden Bildern sehen kannst, ist eine Bewegungsunschärfe nicht automatisch falsch. Es kann sehr kreativ sein, damit zu spielen. Eine Bewegungsunschärfe wird gerne in der Sport- oder auch Tanzfotografie benutzt. Durch die Bewegungsunschärfe kann die Bewegung verdeutlicht werden.

Wenn das Licht knapp wird

Heutzutage gibt es einige sehr lichtstarke Kameras. Mit dem Einstellen des ISO-Werts kann man die Lichtempfindlichkeit regulieren. Früher musste man einen dementsprechenden Film einlegen. Bei Sonnenschein legte man einen 100-ISO-Film ein. Bei leicht bewölktem Himmel verwendete man 200 ISO. Für Innenaufnahmen bei Tageslicht 400 bis 800 ISO und bei extrem wenig Licht gab es Filme mit 1600 oder sogar 3200 ISO, die man bei der Entwicklung im Labor dann noch bis auf 6400 ISO pushen konnte.

Je heller, desto niedriger die ISO. Je dunkler, desto höher die ISO.

Leider ist es so, dass die Bildqualität unter hohen ISO-Werten sehr leidet. Ein sogenanntes digitales Rauschen entsteht umso mehr, je lichtempfindlicher man die Kamera einstellt. Daher sollte man versuchen, den ISO-Wert so niedrig wie möglich zu halten. Ich persönlich finde dieses digitale Rauschen manchmal sehr schön und setze es bewusst als Stilmittel ein.

Es gilt also zwischen Zeit und ISO abzuwägen, um eine für einen selbst optimale Einstellung zu finden.

Bildausschnitt mit wenig Licht und langer Verschlusszeit bei wenig ISO (ISO 100).

Bildausschnitt mit wenig Licht und kurzer Verschlusszeit bei hoher ISO (ISO 6400).

Bildausschnitt mit wenig Licht und kurzer Verschlusszeit bei extrem hoher ISO (ISO 25600).

Genauso wie eine Bewegungsunschärfe als Stilmittel eingesetzt werden kann, ist es möglich, das digitale Rauschen ebenfalls als künstlerisches Mittel einzusetzen. Grundsätzlich kann man nie sagen, dass es falsch ist, so etwas zu tun. Vielleicht gefällt dir ja dieser Look besonders gut, und du möchtest genau dieses weiche, leicht Verschwommene in deinem Foto sehen.

Belichtung messen

Ich mache es kurz:

Drücke auf den Auslöser deiner Kamera und schaue dir das Foto auf dem Display deiner Kamera an.

Ist das Foto zu dunkel, benötigt die Kamera mehr Licht. Verlängere die Verschlusszeit oder erhöhe den ISO-Wert und mache erneut ein Foto. Ist das Foto immer noch zu dunkel, verlängere erneut die Verschlusszeit oder erhöhe erneut den ISO-Wert. Wiederhole diesen Vorgang so lange, bis du mit dem Ergebnis zufrieden bist.

Total unterbelichtetes Porträt.

Weniger unterbelichtetes Porträt.

Ist das Foto dagegen zu hell, so benötigt die Kamera weniger Licht. Verkürze die Verschlusszeit oder stelle einen niedrigen ISO-Wert ein und mache erneut ein Foto. Ist das Foto immer noch zu hell, verkürze erneut die Verschlusszeit oder stelle erneut einen niedrigeren ISO-Wert ein.

Richtig belichtetes Porträt.

Total überbelichtetes Porträt.

Wiederhole diesen Vorgang so lange, bis du mit dem Ergebnis zufrieden bist.

Weniger überbelichtetes Porträt.

Richtig belichtetes Porträt.

Das Messen der Belichtung mit dem integrierten Belichtungsmesser der Kamera führt in der Regel in die Nähe der richtigen Belichtung. Wenn das Bild so werden soll, wie du es gerne haben möchtest, empfehle ich immer die Kontrolle über die eigene Wahrnehmung. Die Kamera kann ja nicht wissen, was du willst.

Und genau deshalb bin ich persönlich kein Fan von Automatikeinstellungen. Sie helfen einem zwar, einem guten Foto nahezukommen, aber warum nicht weiter verbessern?

Model vor einer weißen Wand, mit Belichtungsautomatik.

Model vor einer weißen Wand, mit manuell eingestellter Belichtung.

Wenn das Model vor einer hellen Wand steht, hält es der Belichtungsmesser für viel heller, als es eigentlich ist. Das viele Weiß bringt ihn durcheinander.

Wenn das Model vor einer dunklen Wand steht, hält es der Belichtungsmesser für viel dunkler, als es eigentlich ist. Das viele Schwarz bringt ihn durcheinander.

Wenn du das Model gegen das Licht fotografierst, denkt der Belichtungsmesser, dass es viel heller sei, als es eigentlich ist. Das helle Licht bringt ihn durcheinander. Du siehst: In jedem Fall bringt die manuelle Belichtung bessere Ergebnisse als die Automatik.

Porträt im Gegenlicht, mit Belichtungsautomatik.

Porträt im Gegenlicht, mit manuell eingestellter Belichtung.

Das Equipment: Was brauche ich wirklich?

Das Angebot an Kamerazubehör ist schier unendlich. Doch für gute Fotos benötigt man nicht zwingend ein umfangreiches Equipment. Und doch lohnt es sich, ein paar Dinge zu beachten.

Ich selbst bin noch mit einer analogen Spiegelreflexkamera groß geworden. Ich bin es gewohnt, durch einen Sucher zu schauen, um mein Bild einzurichten. Fotografieren über ein Display bin ich einfach nicht gewohnt, und ich weiß nicht, ob ich mir das noch beibringen mag. Aber das hat mit Gewohnheiten zu tun. Ich mag es, mit einer Spiegelreflexkamera zu fotografieren, aber es spricht nichts gegen jede andere Kamera, solange man die Möglichkeit hat, die in den vorherigen Kapiteln beschriebenen Einstellungen manuell vorzunehmen.

Außerdem ist es ratsam, sich für eine Kamera zu entscheiden, bei der man das Objektiv wechseln kann. Es spricht nichts dagegen, mit dem Objektiv anzufangen, das bei der Kamera dabei war. Die Qualität eines Fotos ist jedoch sehr stark von der Qualität des Objektivs abhängig. Deshalb ist es nicht verkehrt, sich die Möglichkeit offenzuhalten, eines Tages vielleicht ein besseres Objektiv anzuschaffen.

Für ein optimales Ergebnis empfehle ich das Fotografieren mit einer Festbrennweite.

Am flexibelsten ist man meiner Meinung nach mit einem 50-mm-Objektiv. Bei Canon und Nikon gibt es schon für 100 Euro ein Objektiv mit einer Blende 1:1,8 und für 350 Euro das gleiche Objektiv mit einer Blende 1:1,4. Der Unterschied ist enorm. Kaum noch sichtbar ist dann der Unterschied zu einem Objektiv mit einer Blende 1:1,2. Solch ein Objektiv kostet mehr als 1000 Euro und lohnt sich meiner Meinung nach nur, wenn man professionell arbeitet.

Das Fotografieren mit einer Festbrennweite zwingt dich dazu, dich zu bewegen. Wenn du eine Ganzkörperaufnahme von einem Menschen machen möchtest, musst du viel Abstand zu dem Model nehmen. Willst du nur das Gesicht fotografieren, musst du näher an dein Model herangehen. Durch die Bewegung sieht man viel und bringt sich dazu, seine Umgebung intensiver wahrzunehmen.

Die richtige Pose: Eine kleine Starthilfe

Im Optimalfall ist die Person, die du fotografierst, so lebendig und einfallsreich, dass sie dir von ganz alleine unterschiedliche Posen anbietet. Das macht es natürlich sehr viel leichter für dich. Da du aber nicht immer das Glück haben wirst, an ein solches Model zu geraten, ist es hilfreich, wenn du dem Model weiterhelfen kannst.

Da es für die meisten Menschen schwer ist, vor der Kamera zu posieren, ist es ein guter Start, wenn man erst mal weiß, wohin mit den Händen. Deshalb fange ich immer gerne an einem Tisch an, zu fotografieren. Da kann man sich abstützen und hat eine Menge Spielmöglichkeiten mit den Händen.

Setze dich deinem Model gegenüber an einen Tisch und stütze dein Kinn auf deine Hände auf. Und schon machst du damit deinem Model die erste Pose vor. Was passiert, wenn du nun deinen Kopf von deinen Händen rutschen lässt? Versuche, deinem Körper zu folgen, und mache dir bewusst, dass jede kleine Veränderung schon wieder eine neue Pose ist. Selbst kleine Veränderungen können einen großen Unterschied machen.

Model sitzt an einem Tisch.

Du findest mit etwas Übung sicherlich viele schöne Posen mit einem Model, das an einem Tisch sitzt. Doch früher oder später möchtest du sicherlich dein Model auch im Stehen fotografieren.

Es ist nicht einfach, frei in einem Raum zu stehen. Doch: Ein ähnliches Spiel wie am Tisch kann man auch an einer Wand machen. An der Wand kann man sich anlehnen, abstützen und sich irgendwie festhalten. Das Model steht nicht hilflos frei im Raum.

Model lehnt an einer Wand.

Stelle dich deinem Model gegenüber an die Wand und lehne dich an. Mache ihm vor, wie du dich an der Wand entlang rollst. Auch hier versuche, deinem Körper zu folgen, und beobachte, wohin dich die Schwerkraft bringt. Hier gilt das Gleiche wie am Tisch: Jede kleine Veränderung ist wieder eine neue Pose.

Der Umgang mit dem Model

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Mit anderen Worten: Je freundlicher ich zu meinem Model bin und je wohler es sich fühlt, desto mehr wird es bereit sein, sich für meine Wünsche zu öffnen und auf mich einzugehen. Absprachen sind wichtig. Egal, ob das Model meine Partnerin/mein Partner oder ein gebuchtes professionelles Model über eine Agentur ist.

Je klarer Absprachen und Anweisungen sind, umso sicherer wird sich das Model fühlen. Wenn der Fotograf selbst unsicher ist und nicht weiß was er will, kann das Model ebenfalls sehr schnell verunsichert werden. Deshalb ist es hilfreich, wenn du wenigstens für den Beginn eines Shootings eine Idee parat hast. Wenn das Eis gebrochen ist, kann man viel leichter gemeinsam kreativ werden und auch ungeplante Dinge ausprobieren.

Fotoworkshop

Anhand von 80 Beispielbildern kannst du nun das vorher Erklärte noch einmal vertiefen. Dabei geht es nicht darum, die Bildvorlagen zu kopieren, sondern sich inspirieren zu lassen, gleichzeitig aber auch nachlesen zu können, wie das Foto entstanden ist.

Vielleicht hast du Lust, das eine oder andere Motiv oder die eine oder andere Pose nachzuempfinden und von dort aus eigene Ideen weiterzuentwickeln.

Die Idee des Bildes: Beschreibt das Foto und erzählt in wenigen Worten, wie die Idee entstanden ist.

Du brauchst: Ein Objektiv zwischen 30 und 105 mm Brennweite. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um ein Zoomobjektiv oder eine Festbrennweite handelt. Fast alle Bilder sind mit einer Spiegelreflex-Kleinbildkamera entstanden. Für ein schönes Porträt ist es lediglich wichtig, dass du keine zu kurze Brennweite benutzt, damit keine Verzerrungen entstehen.

Umsetzung: Hier findest du alle nötigen Informationen und Tipps, um das Bild selbst verwirklichen zu können.

Unter den Unterpunkten 1. + 2. gebe ich immer die gleichen Daten zur Blende und Belichtungszeit an. Nimm diese Werte als Anhaltspunkt. Du musst hier die passende Belichtungszeit für deine individuellen Lichtverhältnisse durch Probieren selbst herausfinden. Nutze dazu meine Tipps im Kapitel „Belichtung messen“.

Unter jedem Bild sind die dazugehörigen Kameraeinstellungen angegeben. Bedenke, dass es sehr gut sein kann, dass du unter anderen Lichtsituationen andere ISO- und Zeiteinstellungen für dein Bild verwenden musst. Du wirst jedoch sehen, wie schnell du durch das Nachfotografieren der Workshops schnell Sicherheit darin gewinnst, die – für deine Situation – richtigen Einstellungen vorzunehmen.

Themenübersicht

Hommage an Marilyn

Sexy Porträt

Nachdenklich

Wind in den Haaren

Verstecken spielen

Coole Pose

Spiegelung auf dem Tisch

Scherenschnitt

Lippen

Verträumt oder verliebt?

Scherenschnitt im Gegenlicht

Von oben

Leichte Aufsicht im Gegenlicht

Weglachen

Autor

  • Henrik Pfeifer (Autor:in)

Henrik Pfeifer fotografiert seit über 15 Jahren ausschließlich Menschen. Der gefragte Berliner Fotograf ist für viele Models und Schauspieler immer dann erste Wahl, wenn es darum geht, Persönlichkeiten gekonnt in Szene zu setzen und dabei offene und ehrliche Momente zu erzeugen. Für diesen Ratgeber verzichtet er bewusst auf umfangreiches Equipment und zeigt, wie Hobbyfotografen – nur mit ihrer Kamera ausgerüstet – professionelle Ergebnisse erzielen. Dank seiner unkomplizierten Art bringt er dabei notwendiges Fotowissen verständlich auf den Punkt.
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Titel: Grundlagen Porträt- und Aktfotografie