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Die kleine Schachschule

Regeln, Strategien und Spielzüge verständlich erklärt. Perfekt für Anfänger!

von Jonathan Carlstedt (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Für den erfolgreichen Start im Schach! Grundregeln, Eröffnung, Taktik oder Strategie im Mittel- und Endspiel – in diesem Buch werden alle wichtigen Aspekte des Schachspiels verständlich erklärt. Die einzelnen Partiephasen werden erläutert, ohne dass sich der Autor in unwichtigen Details verliert. Das Buch ist für Kinder und Jugendliche ebenso geeignet wie für Hobby-Schachspieler im fortgeschrittenen Alter.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

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Liebe Leserin, lieber Leser,

es freut mich sehr, dass Sie dieses Buch in Händen halten! Damit haben Sie einen ersten kleinen Schritt in die wunderbare Welt des Schach gemacht.

Schach, das königliche Spiel, begeistert heute viele Menschen jeden Alters. Schachspielen fördert nachweislich die Konzentration und ein geordnetes Nachdenken: Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche durch Schach besser lernen. Vor allem aber macht es großen Spaß, Schach zu spielen, sich mit anderen zu messen, sich dabei selber zu verbessern. Schach ist für alle Altersgruppen geeignet, und ich freue mich immer wieder, wenn in meinen Kursen Großeltern gegen ihre Enkelkinder spielen.

Dies ist schon mein fünftes Buch, mein drittes Buch für humboldt. Bücher schreiben macht Spaß. Es ist zwar anstrengend, der Abgabetermin für das Manuskript drängt und man steht unter dem Druck, seine Sache so gut wie möglich zu machen. Wenn man am Ende aber das fertige Buch in Händen hält, dann ist das immer ein schönes Gefühl.

Meine Hoffnung ist, dass viele Menschen mein Buch lesen und sich für Schach begeistern lassen. Denn Schach ist ein hervorragendes Hobby, das bis ins hohe Alter betrieben werden kann. Schach ist kein Sport für eine kleine Gruppe introvertierter Freaks, sondern eine intellektuelle Herausforderung, der sich immer mehr Menschen mit Freude stellen – auch, indem sie sich Bücher wie dieses kaufen. Schach zu lernen ist nicht schwierig, probieren Sie es einfach einmal aus!

Ein mir sehr wichtiger Dank geht an den humboldt Verlag, insbesondere an meinen Lektor Eckhard Schwettmann, der mit mir zusammen nun schon das dritte Buch im dritten Jahr macht, aber natürlich auch an alle Kolleginnen und Kollegen im Verlag, ohne die dieses Buch nicht möglich wäre.

Jetzt wünsche ich Ihnen viel Spaß mit dem Schachspiel!

Jonathan Carlstedt

Hamburg, im August 2014

1 Die Grundlagen des Schach

Das Schachbrett

In Zeiten von Einrichtungssendungen, Shopping-Kanälen und Makler-TV ist der Begriff „Schachbrettmuster“ jedem bekannt. Damit ist im Allgemeinen ein kariertes Muster abwechselnd Schwarz und Weiß bzw. dunkel und hell gemeint. Insgesamt gibt es auf dem Schachbrett 64 Felder, die quadratisch angeordnet sind. 32 davon sind weiß und 32 schwarz, wobei es auch Bretter gibt, bei denen man eher braun und beige sagen würde. Möglicherweise einer der Gründe, warum man im Englischen „dark and light squares“ sagt – also helle und dunkle Quadrate. Das sieht dann so aus:

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Diagramm 1

Nun wissen Sie, wie ein Schachbrett aussieht. Im Laufe der Lektüre werden Sie lernen, wie eine Partie startet, wo man zu Beginn seine Figuren hinstellt, wie viel diese wert sind, wie man am besten eine Partie anfängt und wie die „Profis“ spielen. Bevor wir uns jedoch über Schach unterhalten können, müssen wir bezüglich des Schachbretts eine gemeinsame „Sprache“ vereinbaren. Da wir 32 schwarze und 32 weiße Felder haben, brauchen wir eine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen den einzelnen Feldern. Sie sehen am Rand des Brettes Zahlen und Buchstaben, die sogenannten Koordinaten des Schachbrettes. Links und rechts sollten die Zahlen stehen und oben und unten die Buchstaben, dann haben Sie das Schachbrett auf jeden Fall schon mal richtig aufgebaut.

Jedes Feld hat eine eigene Bezeichnung. Wenn man ein beliebiges Feld hat, dann kombiniert man einfach den Buchstaben, der auf der gleichen Linie steht, mit der Zahl auf der Reihe – so, wie in folgender Stellung:

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Diagramm 2

Reihen, Linien und Diagonale

Die Begriffe Reihe und Linie habe ich eben schon gebraucht, denn eigentlich ist relativ offensichtlich, was damit gemeint ist. Auf dem Schachbrett gibt es acht Linien und acht Reihen. Als Linie bezeichnet man acht Felder, die vom unteren zum oberen Rand des Schachbrettes reichen. Deshalb gibt es acht Linien, die a-Linie, die b-Linie bis hin zur h-Linie. Denn die Bezeichnung leitet sich vom Buchstaben ab, bei dem die Linie beginnt bzw. aufhört, siehe folgendes Diagramm:

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Diagramm 3

Mit der Reihe verhält es sich ähnlich, nur dass die Reihe nicht durch acht Felder von oben nach unten, sondern von links nach rechts definiert wird. Somit bekommen die Reihen die entsprechende Bezeichnung erste Reihe, zweite Reihe bis hin zur achten Reihe.

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Diagramm 4

Bei den Diagonalen ist die Lage etwas anders. So ist diese Felderkombination durch Felder, die auf einer „Schräge“ liegen, definiert.

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Diagramm 5

Davon gibt es natürlich mehr als acht und somit brauchen wir eine allgemeinere Definition der Bezeichnung. Hier haben es sich die Schachspieler einfach gemacht. So nimmt man einfach immer das Anfangs- und das Endfeld der Diagonale und nennt es dann beispielsweise a1/h8-Diagonale. Geschrieben findet man das seltener, im Gespräch zwischen Schachspielern ist es aber üblich – nach dem Motto: „Ich hatte Probleme auf der b1/h7-Diagonale, weil ich den Läufer getauscht habe.“ Auch wenn sich dieser Satz für Sie eventuell noch etwas verwirrend anhört, verstehen Sie jetzt zumindest schon einmal den ersten Teil.

Die Figuren und das Schachbrett

Nun kommen wir zu den einzelnen Figuren. Auf den nächsten Seiten werden wir lernen, wie die einzelnen Figuren ziehen und wo sie zu Beginn der Partie stehen. Beim Schach spielen zwei Spieler gegeneinander. Einer für die weißen, der andere die schwarzen Steine. Jede Seite hat:

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8 Bauern

 

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2 Springer

 

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2 Läufer

 

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2 Türme

 

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1 Dame

 

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und natürlich die wichtigste Figur, den König.

Zu Beginn einer Schachpartie sieht das Brett dann wie folgt aus:

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Diagramm 6

Sie sehen, dass die Figuren auf beiden Seiten gleich aufgebaut sind. Die weißen Bauern stehen auf der zweiten Reihe von h2 bis a2. Darauf hat man sich im Schach geeignet. Das gleiche gilt für die schwarzen Bauern, nur dass diese auf der siebten Reihe von h7 bis a7 stehen.

Nun gehen wir von außen nach innen die Figuren durch, die auf der achten Reihe stehen.

Auf h1 und a1 stehen die weißen Türme, das Gegenstück dazu sind die schwarzen Türme auf h8 und a8. Dann folgen die Springer auf g1 und b1 bzw. die g8 und b8. Weiter geht es mit den Läufern auf c1 und f1 sowie auf f8 und c8. Jetzt wird es noch einmal interessant, denn nun kommen König und Dame. Die Frage, wo man sie korrekterweise platziert, ist eine Frage, die bei Anfängern immer mal falsch beantwortet wird, obwohl es zwei einfache Merksätze gibt.

Merksatz Nr. 1: Weiße Dame – weißes Feld, schwarze Dame – schwarzes Feld.

Merksatz Nr. 2: Das d steht für Dame.

Damit ist klar, dass die weiße Dame nach d1 und der weiße König nach e1 gehören. Entsprechend dazu gehören die schwarze Dame zu Beginn einer Partie nach d8 und der schwarze König nach e8.

Auch wenn jetzt klar ist, wo die Figuren hingehören, bringt uns das erst etwas, wenn wir auch wissen, wie sie ziehen. Diesem Thema werden wir uns jetzt Stück für Stück nähern. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass man im Schach immer abwechselnd zieht. Das bedeutet: Nachdem man einen Zug gemacht hat, ist erst einmal der Gegner dran.

Der König

Der König ist die wichtigste Figur beim Schach, denn geht sie verloren (wie genau das funktioniert erläutere ich im nächsten Kapitel), dann ist auch die Partie verloren. Grundsätzlich sollte man also immer bemüht sein, den König durch andere Figuren zu beschützen. Er selber kann nämlich nicht so schnell flüchten, er darf pro Zug nur einen Schritt in alle Richtungen gehen. Sozusagen einem dickbäuchigen alten König entsprechend, der sich eben nicht so schnell und vital bewegen kann wie andere Figuren.

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Diagramm 7

Mit den Pfeilen ist eingezeichnet, auf welche Felder der König gehen könnte, wenn der jeweilige Spieler am Zug wäre.

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Diagramm 8

In dieser Stellung ist es schon etwas komplizierter, denn der König ist von eigenen und gegnerischen Figuren umgeben. Wichtig zu wissen ist, dass man gegnerische Figuren schlagen darf, eigene nicht.

Der Turm

Der Turm ist einer der wichtigsten Figuren auf dem Schachbrett. Sie kommen zwar meistens erst gegen Ende der zweiten und in der dritten Spielphase zum Tragen, das macht sie aber nicht weniger wertvoll. Die Eigenschaften des Turms sind relativ simpel. Zwar nicht so simpel wie die des Königs, aber auch nicht sonderlich kompliziert. Denn er darf auf dem Schachbrett geradeaus und zur Seite ziehen soweit er will. Allerdings geht das nur so weit, bis er vor einem eigenen Bauern steht, eine gegnerische Figur schlägt oder an einen Brettrand stößt.

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Diagramm 9

Um zu demonstrieren was ich damit meine, folgt ein Diagramm, bei dem man erkennen kann, welche Möglichkeiten ein Turm dann hat, wenn auch andere Figuren eine Rolle spielen. Natürlich darf der Turm „anhalten“ wo er will. Er muss also nicht bis zum Brettrand ziehen.

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Diagramm 10

Der Läufer

Nun kommen wir zum Läufer. Auch wenn er nicht so wertvoll wie der Turm ist, gibt es doch gewisse Ähnlichkeiten. So funktioniert der Läufer fast wie der Turm, nur, dass er eben nicht geradeaus gehen darf, sondern diagonal – oder, wie man es im Training besser formuliert, „schräg“. Das bedeutet, ein Läufer der auf einem schwarzen Feld startet, wird die ganze Partie auch nur auf den schwarzen Feldern ziehen.

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Diagramm 11

Ähnlich wie beim Turm hier wieder ein Beispiel, was passiert, wenn auch eigene und gegnerische Figuren ins Spiel kommen:

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Diagramm 12

Die Dame

Sie ist, wenn auch nicht die wichtigste, doch die stärkste Figur auf dem Schachbrett. Die wichtigste Figur ist der König, geht dieser verloren, dann haben wir die Partie verloren. Die Dame ist die stärkste Figur, weil sie die größte Reichweite hat. Sie verbindet die Fähigkeiten des Turms und des Läufers. Von ihrem Ausgangsfeld darf sie gerade und schräg, soweit sie möchte. Wie bei den anderen Figuren, gelten dabei natürlich auch die Beschränkungen, die durch andere Figuren bzw. die Brettränder gesetzt werden. Neben dem König ist die Dame die einzige Figur, die jede Seite nur einmal zur Verfügung hat.

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Diagramm 13

In dieser Stellung steht die Dame mitten auf dem Brett und es sind alle Felder markiert, auf die sie ziehen dürfte. Damit ist klar, warum die Dame als die stärkste Figur auf dem Schachbrett gilt. Denn sie kann deutlich mehr Felder in einem Zug erreichen, als jede andere Figur.

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Diagramm 14

Wieder eine Stellung mit der besprochenen Figur und einigen weiteren Steinen auf dem Brett. Man sieht jetzt, dass es auch Stellungen gibt, in denen die Möglichkeiten der Dame begrenzt sind.

Der Bauer

Jetzt wird es schon etwas komplizierter. Denn Bauern haben einige besondere Eigenschaften, z.B. schlagen sie nicht so, wie sie ziehen!

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Diagramm 15 Grundaufstellung

Sie sehen (Diagramm 15) die Anfangsstellung einer Schachpartie. Die Bauern dürfen eigentlich immer nur einen Schritt geradeaus ziehen, nicht nach hinten oder zur Seite, sondern nur nach vorne. Es gibt aber eine Sonderregelung. Wenn ein Bauer noch auf seiner Startposition steht, dann darf er, wie sonst auch, einen nach vorne, aber auch, je nach Bedarf, zwei Felder nach vorne ziehen. Dieses Recht gilt, wie gesagt, nur, wenn der jeweilige Bauer zuvor noch nicht gezogen hat.

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Diagramm 16

Jetzt kommt die nächste Sonderregel für die Bauern. Denn sie ziehen zwar geradeaus nach vorne, schlagen aber schräg nach vorne! Das bedeutet, wenn das Feld, auf das der Bauer im nächsten Schritt eigentlich ziehen würde, von einer gegnerische Figur besetzt ist, darf der Bauer diese nicht schlagen.

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Diagramm 17

Wenn der Bauer eine gegnerische Figur schlagen will, dann muss diese vorne schräg stehen.

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Diagramm 18 Beispiel schlagen

Zusammenfassend können wir also folgendes über die Eigenschaften des Bauern sagen:

  • 1. Der Bauer zieht immer einen Schritt nach vorne.
  • 2. Hat er noch nicht gezogen, darf er auch zwei Schritte gehen.
  • 3. Der Bauer zieht zwar geradeaus, schlägt aber schräg.

Es gibt noch eine weitere Sonderregelung bezüglich des Bauern. Wenn der Bauer die gegnerische Grundreihe erreicht hat, dann verwandelt er sich in eine andere Figur. Hierbei steht alles zur Auswahl, außer ein weiterer König sowie ein Bauer. Bei der Figur, in die sich der Bauer verwandelt, muss es sich nicht um eine geschlagene Figur handeln. Man kann sich also beispielsweise einen dritten Springer holen. Meistens wird jedoch eine weitere Dame gewählt, da diese die stärkste Figur ist.

Der Springer

Die „komplizierteste“ Figur habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Alle anderen Figuren ziehen geradeaus oder schräg, aber immer geradlinig. Beim Springer sieht die Sache anders aus. Der Springer zieht zwei Felder geradeaus, einen Schritt zur Seite und erreicht so sein Zielfeld. Auf diese Weise zieht er in alle Richtungen.

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Diagramm 19

Den Namen Springer hat diese Figur nicht umsonst bekommen. Denn der Springer ist die einzige Figur, die über andere Figuren springen kann. Es geht nur um das Zielfeld. Steht dort eine gegnerische Figur, können wir diese mit dem Springer schlagen, steht dort eine eigene Figur, ist dieses Feld für uns tabu.

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Diagramm 20

Ein Fehler, der häufig passiert, wenn man die Gangart des Springers kennenlernt, ist, dass auch Figuren geschlagen werden, die auf dem Weg zum Zielfeld stehen. Das ist ausdrücklich nicht möglich. Nur gegnerische Figuren die auf dem Zielfeld stehen, dürfen geschlagen werden.

2 Wie Schach funktioniert

Das Zugrecht

Im Schach wird immer abwechselnd gezogen. Weiß startet immer die Partie und Schwarz zieht nach. Ein Zug wird damit begonnen, dass man die Figur, die man ziehen möchte, anfasst und ist beendet, wenn man die Figur auf das Zielfeld stellt und die Figur loslässt. Solange man die Figur noch nicht losgelassen hat, darf man sie noch auf ein anderes Feld stellen. Das Berühren einer Figur verpflichtet aber zum Ziehen dieser Figur. Möchte man eine Figur nur zurechtrücken, da sie nicht sauber auf einem Feld steht, verbindet man das Berühren der Figur mit dem französischen Ausspruch „j´adoube“, was mit „Ich rücke zurecht“ übersetzt werden kann.

Schach-Matt

Jetzt wissen wir wie die Figuren ziehen und haben auch schon eine ungefähre Vorstellung von den Stärken und Schwächen der einzelnen Figuren. Wenn Sie jedoch die Gebrauchsanleitung eines Brettspiels zur Hand nehmen, werden Sie sehen, dass dort auch immer das Ziel des Spiels definiert wird. Das Gleiche gilt natürlich auch für das Schachspiel. Ziel ist es, den Gegner, bzw. den gegnerischen König „Schach-Matt“ zu setzen. Wieder einer dieser Schachbegriffe, die auch Nicht-Schachspieler kennen. Den König „Schach-Matt“ zu setzen bedeutet, dass

  1. der König von einer gegnerischen Figur angegriffen ist.
  2. der angegriffene König diesem Angriff nicht entwischen kann.

Sind diese beiden Kriterien erfüllt, muss der König nicht mehr geschlagen werden, das gilt als unsportlich. Stattdessen sollte der Unterlegene dem Sieger gratulieren.

Aber eines nach dem anderen. Was bedeutet eigentlich „eine Figur greift den König an“?

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Diagramm 21

In dieser Stellung greift der weiße Turm den König an, weil er droht, den König im nächsten Zug zu schlagen. Darauf muss Schwarz jetzt reagieren. Im Allgemeinen gibt es drei Möglichkeiten, ein sogenanntes „Schach“ (jetzt wissen wir auch, woher das Spiel seinen Namen hat), also den Angriff auf den König zu parieren:

1. Der König zieht aus dem „Schach“:

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Diagramm 22

In der obenstehenden Stellung steht wieder der König im Schach. Hier kann der König zum Beispiel auf das Feld g6 ziehen. Nachdem er nicht mehr im Schach steht, ist wieder alles gut.

2. Die schachgebende Figur schlagen:

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Diagramm 23

Wenn man darüber nachdenkt, ist diese Möglichkeit sehr logisch. Denn schlägt man die Figur, die den eigenen König angreift, und verbannt diese damit neben das Brett zu einer Zuschauerrolle, kann diese Figur unmöglich unseren König bedrohen. In der obenstehenden Stellung ist es deshalb die beste Möglichkeit, mit unserem Läufer die schachgebende Dame zu schlagen. Damit ist das Schachgebot und somit die Gefährdung des Königs aus der Welt!

3. Eine Figur zwischen die schachgebende Figur und den König stellen:

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Diagramm 24

Die Idee dieser „Schachverhinderung“ ist, dass, wenn eine eigene Figur zwischen die schachgebende Figur und den König gestellt wird, die Verbindung unterbrochen und das Schach somit verhindert wird.

Sollte keine dieser drei Möglichkeiten vorhanden sein, wenn eine Figur den König angreift, dann liegt ein Matt vor und die Partie ist beendet.

Patt

Es ist nur ein anderer Buchstabe, in der Ergebnistafel ist es aber eine halbe Welt: Der Unterschied zwischen Matt und Patt. Dafür müssen wir uns erst mal vergegenwärtigen, dass es im Schach einen Punkt für einen Sieg und einen halben Punkt für ein Unentschieden gibt. Im Gegensatz zum Fußball entsprechen also zwei Unentschieden einem Sieg. Ein Patt ist eine Form eines Unentschiedens.

Beim Patt kann keine Figur einer Seite mehr ziehen, einer der wesentlichen Unterschiede ist, dass der König dabei nicht im Schach steht.

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Diagramm 25

In dieser Stellung kann keine schwarze Figur mehr ziehen. Damit liegt ein Patt, also ein Unentschieden vor. Wichtig ist außerdem, dass Schwarz am Zug ist. Denn wäre Weiß am Zug, dann könnte dieser einen Zug machen, der den schwarzen Figuren wieder Zugmöglichkeiten eröffnet.

Anfänger machen häufig den Fehler, nach einer langen Partie, in der sie am Ende Dame und König gegen den blanken König haben, Patt zu setzen. Dann entsteht häufig folgende Stellung mit Schwarz am Zug:

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Diagramm 26

In dieser Stellung hat Weiß offensichtlich versucht, dem schwarzen König so viele Felder wie möglich wegzunehmen. Dabei aber vergessen, dem Gegner noch ein Feld zu geben, auf das er ziehen kann bzw. den gegnerischen König anzugreifen. Somit ist diese Stellung entstanden, in der keine schwarze Figur mehr ziehen kann, aber der schwarze König auch nicht angegriffen ist – also ein Patt. Und damit bekommt jeder Spieler einen halben Punkt, obwohl Weiß eine ganze Dame mehr hat. In solchen Situationen ist Vorsicht geboten.

Nicht vergessen: Jede Figur muss für ein Patt bewegungsunfähig sein, nicht nur der König! Wenn man dies nicht beachtet, wäre auch die Grundstellung ein Patt, da dort nur die Springer und die Bauern und eben nicht der König ziehen könnten.

„En passent“ schlagen

Das ist eine der verrücktesten Ausnahmeregelungen und Schlagmöglichkeiten, die sich der Schachsport auferlegt hat: Das Schlagen im Vorübergehen, auf Französisch „en passent“ genannt. Scharen von Schachtrainern verzweifeln rund um die ganze Welt daran, Kindern diese Regel beizubringen. Manche lassen es zunächst weg, um Kinder und Anfänger nicht zu verwirren, das führt jedoch zu peinlichen Situationen bei Turnieren, bei denen der Gegner diese Regel kennt. Wenn man sie jedoch beibringt, wird sie sehr häufig falsch angewendet.

Wir wollen uns dem Thema für eine bessere Verständlichkeit ganz grundsätzlich nähern.

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Diagramm 27

Der letzte Zug von Weiß war Bauer von e2 nach e3. Diesen Bauern darf Schwarz mit seinem Bauern auf d4 schlagen. Wir erinnern uns: Bauern schlagen schräg.

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Diagramm 28

Hier war der letzte weiße Zug e3–e4, also darf der schwarze d-Bauer nicht schlagen, da nun das schräge Schlagen eben nicht möglich ist.

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Diagramm 29

Die gleiche Stellung? Warum habe ich zweimal die gleiche Stellung aufgebaut? Manchmal muss man eben nicht nur schauen, was ist, sondern auch, was war! In dieser Stellung war der letzte Zug nicht e3–e4, sondern e2–e4! Nun kommt das „en passent“-Schlagen ins Spiel.

Normalerweise ist es einem erlaubt, nur ein Feld mit dem Bauern zu ziehen, der Doppelzug am Anfang ist also eine Sonderregel. Damit es für den Gegner nicht zu unfair wird, hat er in einer Stellung, wie wir sie oben sehen, die Möglichkeit des „en passent“-Schlagens, also des Schlagens im Vorübergehen. Das bedeutet, er darf jetzt mit seinem Bauern von d4 nach e3 gehen und den Bauern auf e4 wegnehmen. Schwarz tut also so, als ob Weiß mit seinem Bauern nur einen Zug gegangen ist. Dieses „en passent“-Schlagen geht nur direkt nach dem Doppelzug.

Die Stellung, die daraus entsteht, sieht wie folgt aus:

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Diagramm 30

Wie gesagt, sehr ungewöhnlich, aber es ist ein Teil der Schachregeln und somit haben wir diese zu beachten.

Hier die Zusammenfassung der „en passent“-Regel:

  • Ein Bauer wird von seiner Anfangsposition zwei Felder nach vorne gezogen.
  • Er landet direkt neben einem gegnerischen Bauern.
  • Schwarz entscheidet sich „en passent“ zu schlagen.
  • Der Bauer schlägt wieder schräg, zum Beispiel von d4 nach e3.
  • Der Bauer, der eben zwei Felder gezogen wurde, wie im Beispiel der Bauer auf e4, wird vom Brett genommen.
  • „en passent“-Schlagen ist nur direkt nach dem Doppelzug möglich.

Jetzt haben wir eine der außergewöhnlichsten Sonderregeln hinter uns gebracht. Das ist immer eine schwere Geburt, aber andererseits sind Sie schon jetzt vielen Hobby-Spielern einen Schritt voraus.

Die Rochade

Dies ist ein weiterer Sonderzug, der aber im Gegensatz zum „En passent“-Schlagen deutlich verbreiteter ist und im Schachspiel eine größere Rolle spielt. Die Rochade wird mit dem Turm und dem König ausgeführt. Der einzige Zug, bei dem zwei Figuren auf einmal bewegt werden dürfen. Dieser Zug dient der Königssicherheit, doch dazu später mehr.

Die Rochade wird unterschieden in kurze Rochade und lange Rochade. Zunächst die kurze Rochade:

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Diagramm 31

 

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Diagramm 32

Im linken Diagramm ist Weiß am Zug und kann rochieren. Das bedeutet, er zieht seinen König 2 Felder Richtung Turm nach g1 und der Turm springt über den König nach f1. Das zählt als ein Zug!

Die lange Rochade geht in die andere Richtung:

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Diagramm 33

 

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Diagramm 34

Wiederum im linken Diagramm geht die sogenannte lange Rochade, also die Rochade in die lange Richtung. Hier geht der König wieder zwei Felder in Richtung Turm, diesmal auf das Feld c1, und der Turm springt über den König auf das Feld d1.

Nun gibt es zu der Rochade einige Einschränkungen, in denen man nicht rochieren bzw. nicht mehr rochieren kann. Diese sind:

  • Der Turm oder der König stehen nicht mehr auf ihrem Ausgangsfeld.
  • Der Turm oder der König haben bereits gezogen!
  • Der König steht im Schach.
  • Eins der Felder, über die der König bei der Rochade zieht, wird von einer gegnerischen Figur kontrolliert.
  • Es steht eine Figur zwischen dem König und dem Turm.

Besondere Aufmerksamkeit möchte ich auf den zweiten Punkt richten: Der Turm oder der König haben bereits gezogen: Auch dann, wenn beispielsweise der König nach d2 geht und dann wieder auf sein Ausgangsfeld e1 zurückkehrt, ist das Rochaderecht für die gesamt Partie verwirkt. Das Gleiche gilt, wenn der Turm bereits gezogen hat und wieder auf sein Ausgangsfeld zurückkehrt.

Wann und wie man die Rochade am besten einsetzt, werden wir beim Thema Eröffnungen besprechen.

Sonderregeln

Unentschieden ist wie in vielen anderen Sportarten ein mögliches Ergebnis. Einen Weg, dies zu erreichen, haben wir durch das Patt bereits kennengelernt. Es gibt aber weitere Möglichkeiten, ein Unentschieden zu erreichen:

Dreifache Stellungswiederholung

Wenn auf dem Brett dreimal die gleiche Stellung entsteht, kann Unentschieden reklamiert werden. In Turnierpartien werden die Züge auf sogenannten Partieformularen mitgeschrieben. Somit kann man beim Schiedsrichter nachweisen, dass diese Stellung das dritte Mal entstanden ist, und auf Unentschieden reklamieren.

Es gibt eine feste Vorschrift, wie man das Unentschieden zu reklamieren hat: Zunächst den Zug, mit dem man die dreifache Stellungswiederholung herbeiführt, aufschreiben. Die Schachuhr (was das ist, wird später geklärt) anhalten und dann den Schiedsrichter holen.

Bei einer Hobbypartie kann man das natürlich auch anders klären, wenn man diese Regel dort überhaupt anwendet.

Wenn es zur dreifachen Stellungswiederholung kommt, dann geschieht das meistens durch direkte Wiederholung der Züge bzw. durch das hin- und herziehen von Figuren. Es ist aber auch möglich, dass die gleiche Stellung in Abstand von einigen Zügen wieder aufs Brett kommt. Auch dann greift die Regel der dreifachen Stellungswiederholung.

Die 50-Züge-Regel

Diese Regel kommt äußerst selten zum Tragen. Denn sie deckt, wie der Name schon sagt, einen Zeitraum von 50 Zügen ab. So lange dauert die durchschnittliche Partie nicht. Die 50-Züge-Regel besagt, dass auf Unentschieden reklamiert werden kann, wenn beide Seiten 50 Züge lang weder einen Bauern ziehen noch eine Figur schlagen.

Auch wenn es nicht so häufig vorkommt, gibt es doch Situationen, in denen sich eine Seite durch diese Regel unter Druck gesetzt fühlt.

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Diagramm 35

Eine Stellung aus meiner Partie mit Schwarz gegen den dänischen Großmeister Lars Schandorff. Nach einer Eröffnung, die ich zum ersten Mal spielte und einer wackeligen Rettungsaktion im Mittelspiel, endete ich in einem sogenannten Damenendspiel mit einem Bauern weniger, was jedoch grundsätzlich zu halten sein sollte. Nach weiteren 42 Zügen stand folgende Stellung auf dem Brett:

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Diagramm 36

In dieser Stellung sind wir kurz davor, dass die 50-Züge-Regel in Kraft tritt. Also entschied sich Schandorff, mit g4 einen Bauern zu ziehen und es wurde wieder von vorne gezählt. Nach insgesamt 116 Zügen wurde dann doch das Unentschieden vereinbart.

Das Remisangebot

Remis ist ein anderes Wort für Unentschieden und wird im Schach-Sprachschatz häufiger verwendet. Im Schach gibt es eine einzigartige Möglichkeit, die es meiner Kenntnis nach in keiner anderen Sportart gibt: Das Remisangebot. Es bedeutet, dass man seinem Gegner zu jedem Zeitpunkt ein Unentschieden anbieten kann. Dabei sind einige Dinge zu beachten.

Man gibt das Remisangebot direkt nachdem man gezogen hat ab. Nicht wenn der Gegner überlegt, nicht wenn man selber am Zug ist.

Der Gegner hat während der gesamten Zeit, die er über seinen Folgezug nachdenkt, die Möglichkeit, das Remisangebot anzunehmen. Die Ablehnung erfolgt durch das Ausführen eines weiteren Zuges. Häufig verbunden mit einer kurzen Entgegnung „Ich möchte weiterspielen“.

Die Möglichkeit des vorzeitigen Remis führte teilweise zu absurden Situationen, in denen bei Turnieren jeden Niveaus die Bretter bereits nach wenigen Zügen leergefegt waren.

Dem wird in letzter Zeit mit der sogenannten Sofia-Regel begegnet. Den Namen hat diese Regel, weil sie zuerst in der bulgarischen Hauptstadt Sofia angewandt wurde. Sie regelt die Anzahl der Züge bevor ein Remis vereinbart werden darf. Meistens werden 30 Züge angesetzt, gelegentlich aber auch 20 oder 40.

Die Wertigkeit der Figuren

Die Wertigkeit der Figuren gehört nicht zu den Schachregeln. Vielmehr haben Schachspieler mit der Zeit herausbekommen, wie viel eine einzelne Schachfigur im Verhältnis zu den anderen Figuren wert ist. Damit ist es einfacher zu beurteilen, ob ein Tausch sinnvoll ist oder nicht.

Um sich die Werte der Figuren besser vorzustellen, nimmt man, vor allem bei Kindern, nicht Punkte, sondern Eiskugeln als Messwert für den Wert der einzelnen Figuren. Die Tabelle mit der Wertigkeit sieht wie folgt aus:

1 Bauer

= 1 Eiskugel

1 Springer

= 3 Eiskugeln

1 Läufer

= 3 Eiskugeln

1 Turm

= 5 Eiskugeln

1 Dame

= 9–10 Eiskugeln

1 König

= unendlich viele Eiskugeln

Daraus ergibt sich, dass beispielsweise zwei Bauern genauso viel wert sind wie ein Springer oder ein Läufer. Springer und Läufer sind gleich viel wert. Ein Springer und zwei Bauern entsprechen einem Turm usw. An dieser Tabelle können Sie sich orientieren, wenn Sie feststellen wollen, ob ein Tausch sinnvoll ist oder nicht. Sie werden feststellen, dass diese Tabelle sehr gut hinhaut.

Diese Tabelle bildet aber nur Richtwerte ab. Es wird Springer geben, die dem Läufer aufgrund ihrer Position auf dem Brett unterlegen sind und umgekehrt, auch wenn sie zu Beginn der Partie ungefähr gleich viel wert sind.

3 Die Eröffnung

Im Schach gibt es drei Spielphasen: Die Eröffnung, das Mittelspiel und das Endspiel.

Die Eröffnung bezeichnet die erste Spielphase. In dieser geht es darum, bestimmte Grundregeln einzuhalten, um eine gute Stellung zu erhalten. Außerdem ist sie die Phase mit den größten wissenschaftlichen Aspekten. Grund dafür ist die Eröffnungstheorie. Seit über hundert Jahren versuchen Spieler aller Stärken, den Beginn einer Schachpartie und die besten Möglichkeiten, eine Partie zu starten, zu erforschen. Daraus entstand mit der Zeit die Eröffnungstheorie. Die Eröffnungstheorie ist kein festgeschriebenes Vorgehen oder gar eine Regel, sie ist vielmehr das, was sich über die Jahre als gut bewährt hat. Die Eröffnungstheorie wird durch sogenannte Neuerungen immer weiter ausgebaut. Eine Neuerung ist eine Verbesserung der bisher gespielten Eröffnungstheorie. Ob ein Zug eine Neuerung ist, kann man in Schachdatenbanken nachschauen, in denen Millionen Partien gespeichert sind.

Das Mittelspiel ist die zweite Spielphase. Sie schließt sich an die Eröffnung an, die Grenze zu Eröffnung ist jedoch fließend und es gibt keine bestimmte Zügezahl, nach der das Mittelspiel beginnt. Grundsätzlich kann man sagen, dass das Mittelspiel beginnt, wenn die Ziele der Eröffnung umgesetzt worden sind. Im Mittelspiel werden taktische und strategische Aspekte wichtig, auf die ich später noch eingehe.

Das Endspiel ist die dritte und letzte Spielphase. Sie wird durch diverse Faktoren definiert, an vorderster Stelle steht die reduzierte Figurenanzahl. Aber auch hier werden wir uns noch näher mit den Einzelheiten beschäftigen.

Wieder zurück zur Eröffnung. Hier gibt es drei wichtige Eröffnungsregeln, die man beachten sollte:

  1. Das Zentrum besetzten
  2. Die Leichtfiguren entwickeln
  3. Königssicherheit

Das Zentrum besetzen

Das Zentrum bezeichnet im Schach die Mitte des Schachbretts. Die Felder d4, e4, d5 und e5 bilden das Zentrum. Dies soll man besetzen, da man so am besten Raum auf dem Schachbrett gewinnt. Außerdem hat der König des Gegners drei Möglichkeiten. Entweder er bleibt in der Mitte oder er rochiert in Richtung der langen oder kurzen Seite. Egal wo der König hingeht, vom Zentrum aus sind wir am flexibelsten, darauf zu reagieren und unsere Kräfte in diese Richtung zu bewegen.

Diese Regel ist der Grund, warum der häufigste Zug von Weiß 1.e4 und der zweithäufigste 1.d4 ist.

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Diagramm 37 Stellung nach 1.e4

 

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Diagramm 38 Stellung nach 1.d4

In den beiden obenstehenden Diagrammen sehen Sie die Eröffnungszüge 1.e4 und 1.d4. Beide Bauern besetzen ein Feld im Zentrum und kontrollieren, durch ihre Fähigkeit schräg zu schlagen, ein weiteres Zentrumsfeld.

Kaum verwunderlich ist dann, dass häufige Reaktionen von Schwarz auf diese Züge 1…e5 bzw. 1…d5 sind.

Die Leichtfiguren entwickeln

Als Leichtfiguren bezeichnet man Springer und Läufer. Sie können sich also denken, dass man Turm und Dame dementsprechend Schwerfiguren nennt. Leichtfiguren entwickeln bedeutet, dass man sie schnell ins Spiel, also Richtung Brettmitte rausbringen soll. Die Leichtfiguren sind weniger wert als beispielsweise die Dame und somit ist es nicht so gefährlich sie früh zu aktivieren. Wichtig dabei ist, dass man alle Figuren schnell und effektiv entwickelt und nicht ständig mit einer Leichtfigur zieht. Ganz wie bei einer guten Party: man lädt alle Leute ein, nicht nur einen.

Im Allgemeinen heißt es, dass man zuerst die Springer und dann die Läufer entwickeln soll, da die Springer zu Beginn weniger gute Felder zur Verfügung haben und somit klar ist, wo sie hingehören. Diese These stimmt grundsätzliche immer noch, aber die moderne Eröffnungstheorie überholt sie zunehmend.

Im Anschluss werden wir uns mit konkreten Varianten der Eröffnungstheorie beschäftigen. Wir werden sehen, dass diese Grundregeln auch bei computergeprüften Varianten gelten. Computergeprüft bedeutet, dass es inzwischen sogenannte „Engines“ gibt, spezielle Schach-Softwareprogramme. Diese Engines bewerten computergestützt Stellungen und geben die besten Züge an. Allerdings haben diese Computer es glücklicherweise noch nicht geschafft, jahrelange Arbeit von Menschen zu widerlegen.

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Diagramm 39 Stierkopf

Im oberen Diagramm sehen Sie den sogenannten Stierkopf, ein romantische Aufstellung, die das perfekte Bild einer guten Eröffnungsarbeit widerspiegelt. Das Problem ist, dass es beim Schach immer abwechselnd zur Sache geht und Schwarz diesen Aufbau natürlich unterbindet und ihn selber anstrebt.

Königssicherheit

Königssicherheit ist eigentlich selbsterklärend. Der König ist, von oben betrachtet, das Zielobjekt des Gegners, also sollten wir versuchen, diesen König zu schützen. Jetzt kommt noch hinzu, dass die erste Regel lautet, das Zentrum zu besetzen. Dazu ziehen wir den e- oder d-Bauern zwei Felder nach vorne. Damit ist eine Schwächung des Königs verbunden. Hier schließt sich der Kreis zur Rochade. Damit unser König in der Mitte nicht zu luftig steht, wenn wir dort mit unseren Leichtfiguren und Bauern vorpreschen, hat der Schachgott die Rochade erfunden. Die Rochade ist Teil fast jeder Theorievariante, denn der König kann in der Ecke des Schachbretts am besten geschützt werden.

Die Notation

Bevor wir uns der Eröffnungstheorie widmen, muss noch besprochen werden, wie man eine sogenannte Notation liest. Denn es werden viele komische Abkürzungen verwendet, die eine Art Geheimcode für Schachspieler darstellen könnten. Im Schach gibt es sogenannte Partieformulare:

Schachnotation.jpg

Auf diesem Formular trägt man bei Turnierpartien ein, welche Züge man macht. Den ersten weißen Zug auf das weiße Feld neben der 1. Den ersten schwarzen Zug auf das schwarze Feld neben der 1 usw. Dabei ist folgende Reihenfolge einzuhalten: Erst die Figur, dann das Feld, auf das die Figur zieht. Da Schachspieler einen Hang zum Faulsein haben, schreiben sie den Namen der Figuren natürlich nicht aus. Stattdessen nehmen sie einfach den Anfangsbuchstaben der Figur und schreiben nur diesen auf. Wenn also beispielsweise ein Springer auf das f3 zieht, steht auf dem Formular: Sf 3.

Beim Bauern haben sich die Schachspieler einen noch schlankeren Fuß gemacht, denn dort wird nur das Feld aufgeschrieben, auf das der jeweilige Bauer zieht. Wenn also ein Bauer nach b3 zieht, schreibt man auf das Formular: b3.

Nun kann die Situation entstehen, dass zum Beispiel beide Springer auf ein und dasselbe Feld ziehen können. Also muss man in der Notation festhalten, welcher der beiden Springer auf das Zielfeld gegangen ist. Nehmen wir an, ein Springer von b3 geht nach d4 und ein Springer von f3 hätte dort auch hingehen können, dann steht auf dem Formular: Sb 3–d4. Problem gelöst!

Außerdem gibt es noch einige Sonderzeichen:

Schachgebot: + (am Ende des Zuges aufschreiben)

Schlagzug: x (zwischen Figur und Zielfeld schreiben, Beispiel: Lxg5 bedeutet Läufer schlägt g5)

0-0: kurze Rochade

0-0-0: lange Rochade

Eröffnungstheorie

Eine wichtige Frage ist, wie man die folgende Variante bearbeiten sollte. Dazu hole ich weiter aus. Mir ist in den letzten beiden Jahren, seit ich das Buch „Die große Schachschule“ in den Kursen der Schachschule Hamburg nutze, aufgefallen, dass vor allem Erwachsene sehr darauf fokussiert sind, was in der Eröffnung zu tun ist. Denn sie verstehen sehr schnell, warum man bestimmte Züge macht, bzw. nicht macht. Es nervt sie aber, in der Eröffnung scheinbar planlos umherzuirren und gegen erfahrenere Spieler chancenlos zu sein, weil sie bereits in der Eröffnung ausgetrickst werden. Zugegeben, ich dachte, dass diese Erwachsenen die Wichtigkeit der Eröffnung überschätzen, musste aber erkennen, dass Erwachsene sehr schnell die Prinzipien und Varianten der Eröffnung verinnerlichen können und anwenden, sodass die Partieführung sehr schnell besser wird. Das ist der Grund, warum ich diese Thematik bereits so früh im Buch behandle. Für dieses Kapitel ist es sehr förderlich, ein Schachbrett aufzubauen und die Züge am Brett nachzuvollziehen. Außerdem habe ich in die Notation immer das Eröffnungsprinzip zu den Zügen geschrieben. Damit klar ist, wie häufig diese einfachen Regeln tatsächlich befolgt werden. Viel Spaß!

Die Spanische Partie

1.e4 (Zentrum besetzen)

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Diagramm 40

Weiß besetzt mit seinem ersten Zug direkt das Zentrum. Außerdem gibt er dem Läufer auf f1 freie Bahn.

1…e5 (Zentrum besetzen)

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Diagramm 41

Schwarz tut es Weiß gleich und setzt einen seiner Zentralbauern zwei Schritte nach vorne.

2.Sf 3 (Figuren entwickeln und Zentrum besetzen)

Diagramm_42_sw.jpg

Diagramm 42

Dieser Zug hat eine Doppelfunktion. Zum einen wird eine Leichtfigur entwickelt, zum anderen kontrolliert er von f3 aus die beiden Zentrumsfelder e5 und d4.

Autor

  • Jonathan Carlstedt (Autor:in)

Jonathan Carlstedt ist seit 2011 Internationaler Meister im Schach. Er ist Mitglied beim SK Marmstorf, der Schachabteilung von Grün-Weiß Harburg und spielte u. a. in Moskau, Dubai und Vietnam. Im Alter von 20 Jahren schrieb er bereits ein Buch über seine bevorzugte Eröffnungsstrategie: „1. c4 - Die Englische Eröffnung“. Nach dem Abitur 2010 begann er mit dem Aufbau einer Schachschule, um die Faszination des Schachspiels weiter zu verbreiten. Er schreibt regelmäßig für die Schach-Zeitung, das führende Schach-Magazin in Deutschland.
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Titel: Die kleine Schachschule