Kreative Foto-Aufgaben
Woche für Woche bessere Fotos. Projekt 52 - Dein Foto der Woche
Zusammenfassung
Suche nach natürlichen Linien! Denke in Schwarz-Weiß! Erzähl mit deinem Bild eine ganze Geschichte! Mit dem Projekt 52 stellt dir Lars Poeck Woche für Woche eine kreative Foto-Aufgabe – zum Lernen und zur Inspiration. Gleichzeitig vermittelt er das nötige Grundlagenwissen. Jede der spannenden Aufgaben fordert dich heraus. Das Ergebnis: Ungewöhnliche Bildausschnitte, neue Perspektiven, fotografische Blicke über den Tellerrand. Der perfekte Ratgeber für alle, die mit Spaß kreative Fotos machen möchten!
Erstaunlich verständlich:
Von den Foto-Basics zur gelungenen Bildidee.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Projekt 52: Kreative Inspirati onen für dein Fotojahr
Hast du Lust auf dein persönliches Projekt 52? In diesem Buch findest du jede Menge fotografische Spielideen, verpackt in 52 kreative Fotoprojekte. Warum 52? Ganz einfach! Für jede Woche gibt es ein neues Projekt – ein ganzes Jahr lang! Damit locke ich dich aus der Komfortzone. So macht das Fotografieren richtig Spaß!
Fordere deine Kreativität heraus und lass uns neue Bereiche der Fotografie entdecken. Die Ideen sind sowohl für Fotoeinsteiger als auch für ambitionierte Fotografieamateure geeignet. Es liegt an dir, wie und in welcher Reihenfolge du die Projekte angehst.
Auf meinem Fotoblog www.ig-fotografie.de habe ich weitere Tipps für dich.
Herzlichst
Lars
PS: Wenn du mir zeigen willst, wie du eine der Aufgaben angegangen bist oder selbst Ideen für Aufgaben hast, dann schreib mir eine E-Mail an lars@ig-fotografie.de. Ich freue mich drauf!
Wie nutzt du dieses Buch?
Das tägliche Foto
Die 52 Projekte und fotografischen Spielideen machen Lust, jeden Tag deine Kamera in die Hand zu nehmen. Du wirst merken, wie die tägliche Routine dich weniger über die Technik nachdenken lässt und stattdessen mehr und mehr Kreativität zutage fördert.
Ein Mal pro Woche
Du findest für jede Woche eine neue Inspiration und Herausforderung. Diese kannst du am Wochenende oder immer mal zwischendurch angehen. Die Themen ergänzen sich. Von Aufgabe zu Aufgabe lernst du hinzu, um mit deiner Fotografie zu wachsen.
Durcheinander und bunt gemischt
Du kennst einige der Herausforderungen schon? Stell dich ihnen erneut – jede Fotoaufgabe verändert sich je nach Zeit und Wissensstand. Oder du springst zwischen den Aufgaben hin und her und suchst dir immer neue Herausforderungen. Vielleicht kommst du auch auf Projektideen, dann schick mir diese gerne zu!
Ganz wichtig!
Denk daran: Alle Fotos in diesem Buch dienen dir als Inspiration. Es geht nicht darum, diese Bilder nachzufotografieren. Ich möchte dich motivieren, deine eigenen Ideen zu entwickeln.
Am Anfang steht das Lernen!
Vor einigen Jahren habe ich mir das Fotografierenlernen auf meine Vorsatzliste geschrieben. Ich wollte verstehen, was diese Fotogrundbegriffe ISO, Tiefenschärfe, Blende & Co. eigentlich bedeuten. Nicht mehr so viel über Technikkrams stolpern, sondern einfach ein gutes Foto machen, das hatte ich mir vorgenommen.
Heute findest du auf meinem Fotoblog www.ig-fotografie.de eine spannende Sammlung der Entwicklungsschritte – von Anfängerfehlern zu kompakten Lerntipps, Links und immer neue Herausforderungen auf dem Weg zum besseren Foto.
In den Jahren habe ich gelernt, dass man die Fotografie nicht von heute auf morgen lernt. Man stellt sich neuen Projekten und lernt stetig hinzu. Aber dazu benötige ich immer neue Herausforderungen. Und genau solche Projekte findest du in diesem Buch!
„Welches meiner Fotos mein Favorit ist?
Das, welches ich morgen machen werde.“Imogen Cunningham, US-amerikanische Fotografin
Wo fange ich an?
Meine erste digitale Spiegelreflexkamera (DSLR) war die Canon EOS 550D. Ein toller Einstieg! Wobei eine teure Kamera nie der Grund für bessere Fotos ist. Denn das Foto machst immer noch du und nicht deine Kamera. Um genau das zu lernen, habe ich mir damals passende Kamerahandbücher zugelegt und vor allem aber viel ausprobiert. Ein Handbuch klingt nach viel Technik und ein bisschen uncool. Ist es auch – aber extrem hilfreich! Es erklärt deine Kamera von Grund auf. Wofür sind welche Knöpfchen? Was kann welche Funktion? Nun klicke ich wie im Schlaf im manuellen Modus durch ISO-Wert, Blende, Belichtungszeit, Intensität der Blitzsteuerung usw.
Kamerahandbücher zu lesen klingt nach viel Technik und ein bisschen uncool. Aber es ist extrem hilfreich! Denn zum Fotografierenlernen gehört, die Knöpfe an meiner Kamera zu verstehen!
Übung macht den Meister
Auch wenn ich mittlerweile selbst Fotoworkshops gebe, besuche ich immer noch sehr gerne Workshops anderer Fotografen. Die Themen sind bunt gemischt – von klassischen Volkshochschulkursen über geführte Fototouren durch Berlin bis zu Fotoreisen mit professionellen Fotografen. Los gehen diese Kurse oft mit kleinen Einführungsrunden. „Warum seid ihr hier?“, fragt der Referent. „Um wieder mal regelmäßiger zu fotografieren, man kommt ja sonst nie dazu“, entgegnen dann viele der Teilnehmer.
Schade, denn viele haben Technik im Wert von einigen Tausend Euro vor sich liegen. Warum braucht es einen Kurs, um einen Grund zum Fotografieren zu haben? Die besten Motive liegen doch so nah!
Dran bleiben und ausprobieren
Ich zwinge mich – nein, ich fange anders an: Ich freue mich, mir mindestens zwei Mal pro Woche Zeit zum Fotografieren zu nehmen. Entweder gehe ich einfach los und fotografiere mich durch die schönsten Fotolocations in Berlin oder, wenn das Wetter nicht mitspielt, probiere ich drinnen Neues aus.
WIE LERNE ICH FOTOGRAFIEREN?
Wichtig ist für mich: dranbleiben, immer weiter lernen, die Kamera ausprobieren, raus aus dem Automatikmodus, Bilder kontrollieren – was war gut, was kann ich noch nicht?
Denn zum Fotografierenlernen gehört, regelmäßig zu fotografieren. Immer wieder – egal was!
Was ist mein Stil?
„Was fotografierst du so?“, ist eine ebenfalls gern gestellte Frage in Workshops. „Immer das, wonach mir ist!“, müsste ich eigentlich sagen. Landschaften, Sonnenuntergänge, Porträts, Tiere (übrigens super, wenn man noch zu schüchtern ist, um Menschen zu fotografieren!), Kaffeetassen, Häuser, Pflanzen, Makro, in Schwarz-Weiss, in Farbe, mit zu viel Licht, zu wenig, genau richtigem Licht. Aber meine größte Leidenschaft liegt in der Porträtfotografie. Denn da habe ich mit Menschen und Charakteren zu tun.
Zum Fotografierenlernen gehört, seinen Stil zu entwickeln. Aber das braucht Zeit.
Ich weiß, dass ich noch viel lernen will und dass es für mich noch viel zu fotografieren und zu entdecken gibt! Daher: dranbleiben!
Gerade zu Anfang mag es sich wie ein Zufall anfühlen, wenn dir ein gutes Foto gelingt. Du hast wenig Kontrolle über die Komposition und es fällt dir schwer zu verbalisieren, was genau bei dem Foto wirklich gelungen ist. Dafür braucht es Übung - aber keine Angst. Denn genau diese Entdeckungsreise macht großen Spaß, glaub mir!
TIPPS, UM DAS FOTOGRAFIEREN ZU LERNEN:
• Stress dich nicht und hab Geduld mit dir!
• Hab Spaß an dem, was du tust und was du fotografierst!
• Strebe (mal einige Zeit) nicht permanent nach Likes, Lob und Anerkennung.
• Fotografiere wieder und wieder und setze dir kleine Ziele – wie zum Beispiel regelmäßige Fotoaufgaben.
• Stelle dich Herausforderungen, auch wenn du noch nicht weißt, wie du sie lösen sollst. Der Weg ist das Ziel!
IST DAS KREATIV ODER KANN DAS WEG?
Es gibt viele coole Ideen für neue Fotos. Habe ich eine, will ich sofort zur Kamera greifen und loslegen. Ich suche immer wieder nach Inspiration und Tipps für mehr Fotokreativität. Hin und wieder aber klappt gar nichts, und alles dreht sich im Kreis. Dann fotografiere ich immer das Gleiche oder fühle mich uninspiriert. Aber gibt es eine Mindestzahl „guter Bilder“, damit mein Tag oder meine Woche erfolgreich ist?
Es ist gut, sich zu motivieren und sich neue Aufgaben vorzunehmen, eine Technik zu üben (was nichts mit Kreativität zu tun hat). Aber es ist nicht gut, sich unter Druck zu setzen. Das schadet der Kreativität und auch dem Spaß an der Fotografie.
Damit der Spaß erhalten bleibt, helfen mir Aufgaben wie diese, die ich hier im Buch aufgeschrieben habe. Auf inspirierende Weise sammle ich Ideen im Kopf und versuche, sie umzusetzen – motiviert, aber nicht unter Druck!
Wie entsteht Kreativität?
„Kreativität ist allgemein die Fähigkeit, etwas vorher nicht Dagewesenes, Originelles und Beständiges, Neues zu kreieren.“ So lautet die Definition auf Wikipedia. Aber wie entsteht Kreativität? Das Problem: Ich kann sie niemals erzwingen. Aber ich kann ihr auf die Sprünge helfen! Dazu helfen dir oft erst einmal ein Blatt Papier und ein Stift.
Schreibe auf, was dir in den Sinn kommt
Mein Fotoblog hat mit einem Notizbuch angefangen. Ich habe begonnen, mir Dinge und Fotoideen aufzuschreiben. Heute noch notiere ich mir oft Fotoideen oder speichere sie digital auf meinem Smartphone ab. Sei immer vorbereitet, neue Ideen aufschreiben oder speichern zu können, um sie später einmal ausprobieren oder weiterdenken zu können. Dazu empfehle ich dir Apps wie Evernote oder Wunderlist. Die Einfälle kommen unverhofft – auf dem Weg zur Arbeit oder unter der Dusche.
Ab wann bist du kreativ?
Vielleicht fragst du dich, wie du etwas in einem Foto erschaffst oder sichtbar machst, was vorher so nicht da war? Ab wann ist man kreativ? Wann ist man nicht kreativ? Für mich hat Kreativität immer viel mit der eigenen Idee zu tun.
Einige Techniken dazu zeige ich dir in den 52 Aufgaben. So ist z. B. die Technik des Gegenteils (s. Aufgabe 51) eine gute Hilfe. Eine tolle Methode ist die Kombinationsmethode: Dinge kombinieren und sich einfach darauf einlassen, was als Idee dabei herauskommt.
Mindmapping für die Fotoideen
Hast du schon mal Kreativtechniken ausprobiert? Zum Beispiel das Mindmapping? Dazu brauchst du ein Blatt Papier und einen Stift: In die Mitte schreibst du deine Bildidee oder den Hauptbegriff, der mit deiner Fotoidee oder deinem Thema zu tun hat. Von diesem zentralen Begriff ausgehend notierst du spontan jedes Wort, das dir dazu einfällt. Diese werden mit einer Linie mit dem Hauptbegriff verbunden.
Dein Hauptbegriff ist zum Beispiel „Porträtfoto“. Dazu fällt mir ein: Gesicht, Augen, Augen geschlossen … Oder: Gesicht, wegdrehen, Rücken, von - hinten fotografieren … So kommst du auf viele neue Ideen für deine Fotos.
In welcher Lernphase befindest du dich?
Wir befinden uns oft in einer Komfortzone. In der kennen wir alles, nichts macht uns Angst oder Sorge oder löst Stress aus. Dann gibt es die Lernzone. In der befindest du dich womöglich, wenn du dieses Buch liest – du lernst Neues, bist aufgeschlossen und interessiert, etwas dazuzulernen. Und dann gibt es die Stresszone. In der geht es zu wie bei den Neandertalern: Angriff, weglaufen oder tot stellen. In dieser Zone bist du als Fotograf manches Mal, wenn du auf einem Shooting bist und nervöse Kunden hast und die Technik nicht so will wie du …
Es tut dir gut, wenn du dich hin und wieder aus der Komfortzone bewegst und in die Lernzone begibst. Nur so machst du Fortschritte und lernst dazu. Mit diesem Buch will ich dich und mich immer wieder aus der Komfortzone locken und in den Lernmodus holen. Das Tempo bestimmst du selbst.
Für deinen Weg hin zu jedem Motiv möchte ich dir ein paar Fragen frei nach der bekannten Osborn-Checkliste, einer Kreativitätstechnik, mit auf den Weg geben. Rufe dir diese ins Gedächtnis, sobald du einmal nicht weiterkommst oder mit dem Ergebnis (noch) nicht zufrieden bist!
STELL DIR VOR JEDEM FOTO DIE FOLGENDEN FRAGEN:
• Kannst du etwas verändern?
• Kannst du etwas ersetzen, austauschen oder kombinieren?
• Kannst du etwas vergrößern oder verkleinern?
• Kannst du es noch für etwas anderes verwenden?
• Hat es mit etwas anderem Ähnlichkeit?
Sei dein größter Kritiker
Natürlich bin ich stolz, wenn ein Foto gelobt wird oder ich Fotos zeigen darf. Aber etwas Respekt vor dem langen Weg und der Wille zur Selbstkritik lassen dich weiterkommen. Es gibt viel zu lernen (und auszuprobieren) in der Fotografie.
Stolz und Eigenlob bringen dich nicht immer weiter. Klar, wer freut sich nicht über die ersten 100 Likes bei 500px oder Facebook. Aber letztendlich bin ich selbst mein größter Kritiker..
TIPPS ZUM START FÜR DAS GELUNGENE FOTO
Klar, es gibt Gründe, die dazu führen, dass ein Foto nie den Weg in dein Fotoalbum oder deinen Bilderrahmen findet. Frage dich immer, was die Ziele für dein Foto sein sollen. Wie kann ich Aufmerksamkeit für mein Hauptmotiv erlangen? Wie kann ich die Augen des Betrachters in mein Foto ziehen? Wie kann ich Unnötiges aus dem Foto verbannen? Um diese Dinge geht es im Folgenden immer wieder. Wir erarbeiten uns zusammen, wie wir bessere Fotos machen!
Gibt es unfotogene Eigenschaften?
Oft tun wir uns schwer, kritisch mit unseren Bildern umzugehen. Es bedarf etwas Übung, um die Distanz zu haben und sein Foto gut zu reflektieren. Aber das hilft enorm!
Bevor du umblätterst: Wie würdest du dieses Foto neu komponieren? Mein Ziel ist, dass du dich (selbst) stets inspiriert fühlst, um Motive neu zu überdenken. Auf spielerische Weise beschäftigen wir uns immer wieder mit den Kompositions- und Fotografietechniken, die dir genau bei der Frage „Was macht ein Foto fotogen?“ helfen.
Vermeide fade Motive
Oft ist der erste Gedanke, dass dein Motiv vielleicht nicht spannend genug ist. Aber was ist ein spannendes Motiv? Es meint ganz und gar nicht, dass du immer nur supertolle Bauwerke oder hübsche Gesichter fotografieren sollst.
Welche „Stellschrauben“ sorgen für ein spannendes Foto? Damit beschäftigen wir uns in diesem Buch. Nur so viel vorab: Frage dich vor jedem Foto: „Ist dieses Foto spannend? Wie kann ich es sonst variieren – zum Beispiel durch eine andere Perspektive oder einen anderen Bildausschnitt?“
Kontrolliere die Schärfe
Nichts ist ärgerlicher als ein unscharfes Foto. Zumindest wenn es nicht beabsichtigt war. Gerade in der Landschafts- oder Architekturfotografie ist eine durchgehende Schärfe gewünscht. Auch in der Porträtfotografie wünschen wir uns z. B. eine scharfe Augenpartie.
Also bevor du gleich zehn Fotos hintereinander fotografierst: Nimm dir die Zeit und kontrolliere nach dem ersten Foto immer noch einmal die Schärfe und den Fokus.
Jedes Foto braucht einen Vordergrund
Bring Tiefe in dein Foto. Man sagt auch: Jedes Foto braucht einen Vordergrund. Damit öffnest du dein Bild und führst den Blick.
Deinem Foto einen Vordergrund zu geben ist oft ein echtes Aha-Erlebnis. Dein Objekt im Vordergrund muss übrigens gar nicht immer klar erkennbar sein. Es kann auch unscharf angedeutet sein. Aber das üben wir später noch in einigen Wochenprojekten.
Behalte den Hintergrund im Blick
Ein Telefonmast, der deinem Fotomodel aus dem Kopf wächst? Eine Hochspannungsleitung, die deine Landschaft durchkreuzt? Flecken und Formen, die deinem Hauptmotiv sehr ähnlich sind und damit verschmelzen? Es bedarf etwas Übung, um einen Blick für den Hintergrund zu bekommen.
Schneide keine Füße oder Hände ab
Oft achte ich (nur) auf das Gesicht, wenn ich Personen fotografiere. Aber im Ganzkörperporträt solltest du einen Blick für das große Ganze des Motivs entwickeln. Denn wenn dein Bildschnitt kurz oberhalb von Händen oder Füßen geführt wird, sehen die Gliedmaßen abgehackt aus. Das gilt auch für Gelenke wie Ellenbogen oder Knie. Es ist besser, den Bildschnitt etwas unterhalb zu setzen. Lass lieber mehr Platz und wähle den Bildausschnitt großzügiger.
Achte auf die Richtung
Das Auge will immer der Richtung folgen. Egal ob im Lauf, in der Flugbahn oder Ähnlichem. Also solltest du deinem Motiv immer Platz für die Richtung lassen.
Das Hauptmotiv (egal ob Jogger, Fahrrad oder Lokomotive) sollte immer eher in das Bild hineinfahren und Platz zur anderen Seite haben, als unmittelbar mit der Nase auf den Bildrand zu blicken. Denn das schafft Unruhe beim Betrachter.
Zoome mit deinen Füßen
Wow, mit meinem Tele kann ich ja alles ranzoomen! Schön im Handy das Foto aufziehen. Hä, alles unscharf?! Bedenke, dass der Zoomund Teleeffekt oft Qualitätseinbußen hat. Lass den Teleeffekt mal weg oder nutze eine Festbrennweite und zoome „mit den Füßen“. Das verbessert dein Motiv, und die Qualität bleibt erhalten!
Was willst du fotografieren?
Das Motiv ist zu klein im Bild und wird nicht als Hauptmotiv vom Betrachter erkannt. Somit ist der Sinn des Bildes verloren. Dafür sind zu viele unwichtige Dinge im Bild. Also solltest du zuerst aufräumen. Was kann alles aus deinem Foto verschwinden? Dabei ist es egal, ob wir von einem Porträt oder einer Landschaftsaufnahme sprechen. Auch in der Landschaftsfotografie kannst du dir ein klares Hauptmotiv suchen, wie zum Beispiel einen Baum oder etwas anderes Markantes. Der Betrachter sollte immer erkennen, was dein Hauptmotiv ist. Viele Techniken dazu üben wir aber noch in den folgenden Fotografieprojekten der kommenden Wochen.
Achte auf Schatten
Schlagschatten im Gesicht und kreuzende Schatten im Hintergrund lassen sich durch Perspektive, Aufhellblitz und Reflektor oder mit einer guten Lichtführung im Studio regulieren. Zudem solltest du immer deinen eigenen Schatten im Blick haben, damit du ihn bei Sonne von hinten nicht mitfotografierst.
Erzeuge Spannung und Neugierde
Wenn du nicht alles zeigst, dann lässt du dem Betrachter Raum für Spekulation. Vieles wird automatisch im Kopf vervollständigt.
Wir sind per se neugierige Wesen. Das kann ich jedenfalls über mich sagen. Bilder erzählen Geschichten, und wenn sie besonders gut sind, dann werfen sie bei mir zudem noch die ein oder andere Frage auf. Genau das ist eine Kunst in der Fotografie: Fragen und Spannung zu erzeugen. Das macht den Betrachter neugierig!
Vermeide Unordnung und Verwirrung
Nichts ist schlimmer als zu viel von allem. Denn diese Reizüberflutung hat zur Folge, dass gar nicht mehr klar wird, was du eigentlich zeigen willst.
Fokussiere (dich) auf die Augen
Die Augen bestimmen oft das Porträt. Daher fokussiere ich in der Porträtfotografie immer auf die Augen. Dafür wähle ich zudem eine große Blende, um viel Unschärfe im Hintergrund zu haben und so die Augen zusätzlich zu betonen.
Achte auf den Horizont
Es liegt in unserer Natur, dass wir uns einen geraden Horizont wünschen. Ist er schief, versuchen wir, Bilder geradezurücken oder den Horizont zu begradigen.
Aber Vorsicht, denn oft ist es auch ein Abwägen, wo man den Schwerpunkt setzt. Wenn es mehrere Objekte gibt, die entweder in der Horizontalen (Horizont, Wasseroberfläche …) oder der Vertikalen (Schilder, Türme, Mauern …) nach gerader Ausrichtung verlangen, muss man abwägen, woran sich das Auge orientiert.
ÜBUNG FÜR DEN KRITISCHEN BLICK
Nun geh einmal durch deine alten Sammlungen und hinterfrage einige deiner eigenen Fotos nach den hier genannten Gesichtspunkten:
• Ist dein Motiv spannend?
• Stimmen der Fokus und die Schärfe?
• Hat dein Foto einen Vordergrund?
• Stört etwas im Hintergrund?
• Sind Füße oder Hände ungewollt abgeschnitten?
• Stimmt die Lauf- oder Fahrtrichtung?
• Hast du gezoomt und stimmt die Bildqualität?
• Ist dein Hauptmotiv klar erkennbar?
• Sind ungewollte Schatten im Bild?
• Macht dein Foto neugierig?
• Ist dein Foto klar und nicht reizüberflutet?
• Wenn du ein Porträt hast – sind die Augen scharf?
• Stimmt die Ausrichtung des Horizontes?
DAS VISUELLE GLEICHGEWICHT
Durch das visuelle Gleichgewicht führst du das Auge, du spielst mit Größen, Formen, Farben und Kontrasten. Damit kannst du Dinge in deinem Foto betonen oder die Aufmerksamkeit von etwas ablenken. Du kannst dein Foto aber auch ins Ungleichgewicht bringen und den Betrachter irritieren.
Wird die Balance in deiner Bildgestaltung nicht beachtet, wirkt dein Foto unharmonisch. Dadurch kannst du sogar das Gefühl erzeugen, dass dein Foto an einer Seite nach unten zieht oder droht, , umzukippen.
Ziel sollte also sein, dass durch deine Bildkomposition der Bildausschnitt immer so gestaltet ist, dass dein Foto ausgeglichen und im Gleichgewicht ist. Aber was beeinflusst dieses Gleichgewicht? Und was bringt dein Foto aus dem Gleichgewicht?
Das symmetrische Gleichgewicht
Wenn die Elemente auf beiden Seiten deines Fotos gleich sind, findest du das symmetrische Gleichgewicht. Denke zum Beispiel an eine vertikale oder horizontale Achse, die einfach die Seiten spiegelt. Es herrscht die totale Symmetrie. Diese Achsensymmetrie vermittelt Eleganz und Perfektion. Du findest sie oft auch in der Architektur.
Das asymmetrische Gleichgewicht
Manchmal aber kann Symmetrie auch etwas konservativ oder durch die Perfektion und Harmonie im nächsten Moment möglicherweise als platt und langweilig wahrgenommen werden. Daher werden bei dem umso spannenderen, asymmetrischen Layout Gestaltungselemente verschiedener optischer Gewichtung so angeordnet, dass die Bildseiten harmonisch ausbalanciert erscheinen.
Die asymmetrische Balance sorgt mittels Kontrast für eben jene Spannung und erscheint visuell interessanter. Sie ist umso abstrakter, denn es ist keine Symmetrie erkennbar.
Doch kann Symmetrie nicht nur über die Größe des Objektes erreicht werden. Auch Farbe, Kontrast, Sättigung und Form spielen eine große Rolle in der Einschätzung des visuellen Gewichtes.
DAMIT BEEINFLUSST DU DAS VISUELLE GLEICHGEWICHT
• Größe: Je größer, desto schwerer.
• Kontrast: Je dunkler, desto schwerer.
• Farbe: Warme Farben ziehen eher die Blicke an als kühle, reduzierte Farben.
• Textur: Gemusterte und texturierte Elemente erzeugen mehr Schwere und Aufmerksamkeit als Elemente ohne eine Textur.
• Menge: Mehrere kleinere Elemente stehen einem großen Element entgegen.
• Isolation: Ein einzelstehendes Element sticht eher ins Auge als mehrere kleine Elemente.
• Ausrichtung: Diagonalen erscheinen schwerer als horizontale oder vertikal ausgerichtete Linien.
WIRRUNG VON FARBEN IN DER FOTOGRAFIE
Farbe findest du überall. Wir neigen dazu, uns gar nicht mehr allzu sehr mit ihr zu beschäftigen. Doch hat Farbe einen so entscheidenden Einfluss auf dein Foto, dass ich diesem Thema einen eigenen Abschnitt widmen möchte.
Grün ist die Farbe der Hoffnung, wir machen eine Fahrt ins Blaue und wenn wir Panik haben, sehen wir rot. Sei dir der Wirkung von Farben bewusst und nutze diese für deine Fotografie. Auch haben Farben unterschiedliche Eigenschaften, die du bedenken solltest.
Grundsätzlich ist Farbe immer im Zusammenspiel mit Licht zu betrachten. Sonnenlicht ist in der Regel erst einmal ein weißer Lichtstrahl. Wird dieses Licht gebrochen, dann werden die Farben des sogenannten Farbspektrums sichtbar: die Spektralfarben oder auch „Regenbogenfarben“ Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo, Violett. So brechen bei einem Regenbogen die Wassertröpfchen des Regens das weiße Sonnenlicht wie kleine Prismen und zerlegen es in seine Spektralfarben. Die immer wieder unterschiedliche Zusammensetzung aus Luft- und Wassermolekülen in der Atmosphäre führt dazu, dass wir den Himmel als blau und die Wolken als weiß wahrnehmen.
Die physikalische Farbzerlegung ist überaus spannend, doch wollen wir uns im Folgenden auf die Wahrnehmung konzentrieren. So ist es wichtig für dich zu verstehen, dass Farben Gefühle wecken. Goethe hat sich bereits intensiv im Austausch mit Malern und Philosophen mit der Farbe und dem Farbenkreis beschäftigt. Aus seinem Verständnis der Farbigkeit ist die Harmonie von Farbe im Spiel zwischen Hell und Dunkel begründet.
Ebenfalls sehr spannende Beiträge zum Verständnis der Farblehre hat der Schweizer Maler und Kunsterzieher Johannes Itten erkannt. Er ist der Begründer der Farbtypenlehre. So ging er davon aus, dass sich Farben in hohem Maß gegenseitig beeinflussen – ja, sogar voneinander abhängig sind. 1961 erstellte er einen Farbkreis, in dem er die Theorie aufstellte, dass zu jeder Farbe auch eine Komplementärfarbe existiert. Dieser Farbkreis nach Itten besteht aus den Primärfarben Rot, Gelb und Blau. Hinzu kommen die Sekundärfarben Orange, Grün und Violett sowie die Tertiärfarben Rotorange, Gelborange, Blaugrün, Blauviolett und Rotviolett (bzw. Lila).
Für deine Fotografie solltest du also über die bewusste Wahl bestimmter Farben nachdenken oder ihre Kombination ausprobieren. Denn damit kannst du immer auch bestimmte Stimmungen erzeugen. Probier zum Beispiel ein Porträtfoto im gelben Rapsfeld aus und bitte die Person, blaue Kleidung zu tragen.
Das Spiel der Komplementärfarben
Spannend sind die Komplementärfarben, die im Farbkreis einander gegenüberliegen – nämlich Rot und Grün sowie Gelb und Blau. Ein fotografisches Spiel mit diesen Farben macht großen Spaß, da die Komplementärfarben in deinem Foto dieses interessant und spannungsreich wirken lassen.
Farbe auch mal weglassen
Möglicherweise aber verzerren Farben sogar die Wirkung in deinem Foto. Dann kann die Reduktion oder das bewusste Weglassen von Farbe eine wirksame Technik sein. Dazu fällt mir ein schönes Zitat des Fotografen Steffen Böttcher ein, der ein großer Fan der Schwarz-Weiß-Fotografie ist. So schreibt er: „Wenn ich nicht zwingend von der Fotografie leben müsste, würde ich nur noch schwarz-weiß fotografieren.“ Ganz so extrem möchte ich es nicht angehen. Doch ich bin ein Freund des bewussten Einsatzes von Farben.
Die drei Grundfarben sind Rot, Blau und Gelb. Rot steht beispielsweise für Aktivität, Dynamik, Gefahr, aber auch für Liebe und Wärme.
Verwende gezielt starke, intensive Farben
Tiefe, satte Farben haben eine direkte Auswirkung auf dein Foto. Sie helfen dir, dein gewünschtes Objekt hervorzuheben. Geh aber sparsam mit der Farbpalette um, sonst wird es „zu viel“.
Farbe vor neutralem Hintergrund
Setzt du eine prägnante Farbe vor zum Beispiel ein neutrales Grau im Hintergrund, gibt diese dem Hauptmotiv tolle Akzente und betont zusätzlich die Form.
Oft lohnt es sich, wenn du den geeigneten Hintergrund (eine Wand oder eine Haustür) gefunden hast, mit etwas Zeit und Ruhe in gutem Abstand zu verharren und deine Kamera bereitzuhalten. Wenn dann eine Person ins Foto kommt, gibt sie deinem Foto mit dem Hintergrund die optimale Note.
Lass eine Farbe dominieren
Entscheide dich für eine Hauptfarbe, und die Wirkung deines Fotos wird entscheidend gewinnen. Durch die Perspektive und die Entfernung zum Motiv kannst du den Bildausschnitt so aufräumen, dass die optimale Wirkung für deine Farbe erzielt wird.
Weißabgleich auf „automatisch“ stellen
Wenn du einmal in verschiedenen Lichtsituationen fotografiert hast, wirst du gemerkt haben, dass Farben je nach Lichtart anders wirken. Im Dunst des trüben Tages wirkt das Weiß eher bläulich, im Kunstlicht schimmert die Haut möglicherweise grünlich, und in der Abendsonne wird alles in ein gelbliches Licht getaucht. Dabei ist das blaue T-Shirt natürlich immer blau, doch um das darzustellen, bedarf es des sogenannten Weißabgleichs deiner Kamera. Dieser dient dazu, die Kamera auf die Farbtemperatur des Lichtes am Aufnahmeort anzupassen.
Ich empfehle dir, immer in RAW zu fotografieren. Da hast du in der Nachbearbeitung allen Spielraum, den du brauchst.
RAW – DEIN DIGITALES NEGATIV
RAW bedeutet dabei nichts anderes als „roh“ oder „unverarbeitet“. Zwar heißt es bei jedem Kamerahersteller anders (z. B. „.cr2“ bei Canon, „.nef“ bei Nikon oder „.arw“ bei Sony), aber es meint immer das Gleiche. Bei einem Foto im RAW-Format werden alle vom Bildsensor aufgezeichneten Licht- und Farbwerte ohne eine weitere Bearbeitung durch die Software der Kamera auf deiner Speicherkarte abgespeichert. Später kannst du das Bild dann am Computer wenn nötig nachbearbeiten.
DEN ROTEN FADEN FINDEN
Bis man als Fotograf seinen eigenen Stil gefunden hat, braucht es viel Übung. Es dauert lange, bevor andere sagen: „Oh, das Foto ist doch von dir, das erkenne ich sofort.“ Auch ich suche oft noch nach meiner eigenen Bildsprache, doch erkenne ich zunehmend Stilmittel, die ich gerne nutze und die mir helfen, einen gewissen eigenen Stil zu erarbeiten.
Der eigene Stil
Mit eigenem Stil meine ich Techniken, die ich beim Fotografieren einsetze – gepaart mit meiner Kreativität. Dadurch ergibt sich meine eigene Bildsprache, die mein Foto unverwechselbar macht.
Details
- Seiten
- ISBN (ePUB)
- 9783869103877
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2017 (September)
- Schlagworte
- Projekt 52 Perspektiven-Fotografie Hobbyfotograf Bildausschnitte Foto-Workshop Foto-Wissen Fotopraxis Fotografie-Ratgeber Anleitungen