Lade Inhalt...

Baby- und Kinderfotografie

Faszinierende Fotos mit natürlichem Licht. Grundlagen, Bildideen und Anleitungen. Leicht erklärt - perfekt für Anfänger.

von Judy Hohmann (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Für Erinnerungen, die bleiben
Wie setze ich Babys und Kinder liebevoll in Szene? Was muss ich beim Fotografieren beachten? Welche Posen wirken besonders niedlich? Dieser Ratgeber ist dein perfekter Einstieg in die Baby- und Kinderfotografie: Von den grundlegenden Einstellungen deiner Kamera bis zu den zahlreichen Workshops zum Nachfotografieren– die Autorin gibt dir wertvolle Tipps, wie man für die Kleinen eine optimale Umgebung schafft und den Fotos das gewisse Etwas verleiht. Leicht verständlich, reich bebildert und frei von unnötiger Theorie: Für Fotografen und Eltern, die zauberhafte Momente schaffen und für immer festhalten möchten!

Tolle Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Nachfotografieren – von Newborn bis Schulkind.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT


Vielleicht hast du dir gerade eine neue Kamera gekauft und stellst beim Durchsehen deiner Bilder fest, dass dir irgendetwas fehlt. Du kannst nicht einmal genau benennen, was es ist. Dein Bild ist zwar niedlich, aber es ist einfach kein Hingucker, der dazu einlädt, ein zweites Mal hinzusehen, zu verweilen und zu staunen.

Beim Ansehen professioneller Bilder fallen beim genauen Hinsehen drei Dinge auf: Das Licht ist perfekt, die Farben sind schön, das Bildthema ist ansprechend. Wie bekommst du das auch hin?

In diesem Buch zeige ich dir, wie du aus deinen Schnappschüssen spannende Kinderbilder machst. Es ist wichtig, Technik und Ausrüstung zu verstehen, um das Beste herauszuholen, aber noch viel wichtiger ist etwas anderes: die Fotosituation gut auf das Lebensalter deines Kindes und seine Bedürfnisse abzustimmen.

Im ersten Teil des Buches beschäftigen wir uns mit den technischen Grundlagen. Wenn du mit deiner Kamera vertraut bist und das Gefühl hast, deine Kamera gut zu kennen, widmen wir uns den Themen Bildidee und richtiger Zeitpunkt. Lass dich für deine eigenen Projekte inspirieren und scheue dich nicht vor Experimenten.

Viel Spaß beim Beobachten, Fotografieren und Kreativsein!

Deine
Judy Hohmann

DIE KAMERA VERSTEHEN

In diesem Kapitel lernst du das Zusammenspiel von Blende, Verschlusszeit und ISO kennen. Dazu verrate ich dir, welche Helfer das Fotografieren erleichtern. Mit etwas Übung wirst du sehen: Es ist alles gar nicht so schwer.

Wenn du gerade erst begonnen hast, dich mit der Kinderfotografie zu beschäftigen, wirst du anfangs vor einem Berg von Fragen stehen.

Die gute Nachricht ist, dass du erst einmal nicht viel Equipment brauchst um loszulegen. Welches Objektiv du für deine Bildideen am besten benutzt und wie du deine Kamera einstellst, erfährst du gleich zu Beginn. Wenn du dann die Wechselwirkung aus Blende, Belichtungszeit und ISO verinnerlicht hast, kann es schon losgehen, und du wirst merken, wie sich deine Bilder verändern.

Objektive

Bevor du startest, überlege dir, was für ein Bild du an welcher Stelle umsetzen möchtest. Es ist ein großer Unterschied, ob du ein schlafendes Baby in einem geschlossenen Raum oder drei stürmische Jungs mit Drachen auf einer Wiese fotografieren möchtest. Planst du, Details wie einen Marienkäfer auf einer kleinen Kinderhand zu fotografieren oder dich ins Getümmel zu stürzen und Bilder zu erschaffen, die dem Betrachter das Gefühl geben, mittendrin zu sein?

Hier bekommst du eine schnelle Übersicht, wie du deine Objektive einordnen kannst (gerundete Werte).

Brennweiten

image

Welches Objektiv zu welcher Situation passen kann, möchte ich dir im Folgenden zeigen.

Normalobjektive

Auch wenn einige Fotografen der Meinung sind, das Normalobjektiv sei ein langweiliges Objektiv, finde ich es den perfekten Start in die Hobbyfotografie. Dieses Objektiv ist in seiner Abbildung weder dramatisch nah noch aufregend weitwinklig, dafür aber ein Allroundtalent für alles dazwischen. Es entspricht am ehesten dem Bildeindruck deiner Augen.

TIPP: DAS GEEIGNETE OBJEKTIV

Wenn du noch nicht sicher bist, was du genau fotografieren möchtest, und nur ein Objektiv mitnehmen kannst, hast du mit einem Normalobjektiv die meisten Möglichkeiten.

Vorteile

Einfach in der Handhabung.

Für jedes Kamerasystem kostengünstig.

In der Regel sehr lichtstark.

Handlich und kompakt.

Nachteil

Kein extremer Blickwinkel.

image

Nikon D800 50 mm ƒ/2,2 1/2000 sec ISO 125

Teleobjektive

Das Teleobjektiv sollte deine Wahl sein, wenn du dein kleines Modell vom Hintergrund abheben möchtest und du dir eine ausgeprägte Unschärfe im Bildhintergrund wünschst.

Bei der Benutzung von Teleobjektiven hat der Betrachter das Gefühl, ganz dicht am Modell dran zu sein. Unliebsame Dinge an den Seiten kannst du durch den kleinen Bildausschnitt verschwinden lassen. Objekte im Hintergrund werden durch die starke Unschärfe praktisch unsichtbar oder so weich und undefinierbar, dass sie das Bild nicht mehr stören.

Je länger das Teleobjektiv ist, desto mehr Licht brauchst du, um eine schnelle Verschlusszeit zu gewährleisten und das Bild nicht zu verwackeln. Alternativ helfen dir auch Objektive mit Bildstabilisator oder ein Stativ, um die Kamera ruhig zu halten, vorausgesetzt, dein Motiv bewegt sich nicht selbst zu schnell.

TIPP: EIN SPANNENDER SCHÄRFEVERLAUF

Gewollte Objekte im Vorder- und Hintergrund, die leicht unscharf sind, betonen wunderbar den Schärfeverlauf. Achte zum Beispiel auf Blätter oder Zäune, die diagonal durch das Bild laufen.

image

Nikon D800 180 mm ƒ/2,8 1/250 sec ISO 500

Vorteile

Schöne Unschärfe im Hintergrund.

Das Modell setzt sich scharf gegen den Hintergrund ab.

Das Gefühl, nah dran zu sein.

Der kleine Bildausschnitt lässt störende Dinge verschwinden.

Durch die Entfernung fühlen sich Kinder unbeobachtet.

Nachteile

Es wird viel Licht benötigt, um nicht zu verwackeln.

Der Fotograf steht weit entfernt und kann wenig Einfluss nehmen.

Schwierig bei viel Bewegung, weil sich das Modell schnell aus dem kleinen Schärfebereich herausbewegt.

Weitwinkelobjektive

Wenn deine Bilder direkt aus dem Leben gegriffen aussehen sollen, werden Weitwinkelobjektive spannend.

Für szenische Fotos, in der auch die Umgebung eine Rolle spielt, sind weitwinklige Objektive für dein Projekt genau richtig.

Besonders Fotos mit größeren Kindern, die viel in Bewegung sind, profitieren von diesen Brennweiten. Wenn du kleine und große Bildelemente, zum Beispiel ein Kind unter einer Straßenlaterne, kombinieren möchtest, geht dies mit einer kurzen Brennweite besonders gut. Energiegeladene Bilder, in denen die Kinder über dich hinwegspringen oder ganz nah an dich herankommen, sind geeignet für das Weitwinkelobjektiv.

TIPP: EIN BESONDERER BLICKWINKEL

Wenn du in einer Wiese fotografierst, leg dich zu deinem kleinen Modell ins hohe Gras. Die Halme um euch herum lassen den Betrachter mit in das Bild eintauchen.

Vorteile

Gut geeignet für Bilder, die Geschichten erzählen.

Der Fotograf ist direkt im Geschehen und kann gut auf die Situation einwirken.

image

Nikon D800 16 mm fisheye lens 1/3200 sec ISO 200

Nachteile

Nicht geeignet für Portraits, weil die Objektive oft verzeichnen, das heißt, der Horizont steigt zu den Seiten an oder das Bild sieht aufgebläht aus.

Ein Objektiv, das nichts verstecken kann.

Blende

Vielleicht hast du schon festgestellt, dass eine veränderte Blende beim Fotografieren auch eine Auswirkung auf die Tiefenschärfe deiner Bilder hat: Entweder ist nur ein ganz kleiner Bereich des Bildes scharf oder dieser Bereich zieht sich fast durch das ganze Bild.

Diesen Effekt kannst du zur Bildgestaltung nutzen. Noch wichtiger: Eine weit geöffnete Blende lässt mehr Licht in dein Bild als eine weniger offene, was sich wiederum auf die Verschlusszeit auswirkt.

Wenn du dich in einer zu dunklen Lichtsituation befindest und deine Blende änderst, verhinderst du ein Verwackeln des Bildes. Im ersten Bild auf der nächsten Seite siehst du eine weit geöffnete Blende (ƒ/2). So fällt viel Licht ins Bild, und die kurze Verschlusszeit lässt zu, dass du das Bild aus der freien Hand fotografieren kannst. Ein sehr kleiner Bereich des Bildes wird scharf abgebildet. Auf diesen Bereich lenkst du den Blick des Betrachters.

Im zweiten Bild ist die Blende nur wenig geöffnet. Die Verschlusszeit verlängert sich, damit genug Licht aufs Bild kommt. Das Foto ist nur mit Stativ umsetzbar, da es sonst verwackelt. Der Schärfebereich geht fast durch das ganze Motiv hindurch.

image

Nikon D800 50 mm ƒ/1,8 1/160 sec ISO 160 (–1,3 unterbelichtet)

image

Nikon D800 50 mm ƒ/16 1/20 sec ISO 1000 (–1,3 unterbelichtet)

TIPP: GUTE GRUPPENFOTOS

Wenn du Gruppen fotografierst und die Personen gestaffelt stehen, achte darauf, dass alle im Schärfebereich stehen. Pass die Blende so weit an, bis keiner mehr aus der Schärfeebene herausfällt.

ISO-Wert

Je nach Lichtsituation kannst du durch Änderung verschiedener Parameter die optimale Einstellung für dein Bild finden. Wenn du dich entschieden hast, mit einer bestimmten Blende zu fotografieren, um eine gewisse Unschärfe im Bild oder bei mehreren Personen eine größere Tiefenschärfe zu erzielen, gibt es weitere Möglichkeiten auf dem Weg zum nicht verwackelten Bild. Du kannst zum Beispiel mit der Einstellung des ISO-Wertes die Lichtempfindlichkeit deiner Kamera anpassen. Manche Kameras haben einen separaten „ISO-Knopf, bei anderen findest du die Einstellung im Menü.

image

Links die grobe Auflösung im dunklen Raum, rechts die feine im hellen

In dunklen Räumen musst du die Lichtempfindlichkeit erhöhen. Probiere aus, bis zu welchem Wert deine Kamera brauchbare Ergebnisse liefert. Wenn du die Anpassung übertreibst, werden die Bilder sehr körnig, was du dann besonders bei vergrößerten Motiven unangenehm sehen kannst.

Bei Sonnenlicht kannst du mit ISO 200 fotografieren. Je nach Grad der Dunkelheit kannst du die Lichtempfindlichkeit bis ISO 800 oder mehr hochschrauben.

Belichtung

Ein spannendes Bild lebt vom Hell und Dunkel der Komposition.

Bei strahlendem Sonnenschein brauchst du nur eine sehr kurze Belichtungszeit, um genug Lichtausbeute zu haben, in dunkleren Lichtsituationen ist es umgekehrt. Muss aufgrund Lichtmangels der Verschluss zu lange geöffnet bleiben, um genug Licht einzulassen, wird dein Bild unscharf. Oberstes Gesetz ist es also, eine passende Belichtungszeit zu finden, indem du die Blende oder Lichtempfindlichkeit anpasst.

Benutzt du beispielsweise ein 50-mm-Objektiv, kannst du mit ruhiger Hand noch Bilder bis zu einer Belichtungszeit von 1/50 sec hinbekommen, ohne zu verwackeln, bei einem 85-mm-Objektiv sollte der Verschluss aber nicht länger als 1/100 sec geöffnet sein.

image

Belichtungszeit 1/200 sec

image

Schnell fließendes Wasser ist bei kurzer Verschlusszeit scharf

Bei schnellen Motiven wie rennenden Kindern oder Sportaktivitäten solltest du eine kurze Verschlusszeit anstreben, damit du kein Problem mit Bewegungsunschärfe deines Modells hast.

Dieser Effekt lässt sich besonders gut mit fließendem Wasser zeigen. Bleibt der Verschluss zu lange geöffnet, verschwimmt das bewegte Medium zu unscharfen Schemen. Wenn du eine kurze Belichtungszeit wählst, wirkt das Wasser in dem Moment wie eingefroren.

TIPP: BEWEGTE MODELLE

Je schneller sich die Person im Bild bewegt, desto kürzer sollte deine Verschlusszeit sein, um dein Modell scharf abzubilden und Bewegungsunschärfe zu vermeiden.

Belichtung als Stilmittel

Normalerweise sollte kein Bereich in einem Bild deutlich zu hell oder zu dunkel sein. Manchmal möchtest du in einem Bild aber bestimmte Akzente setzen. Dann bietet es sich an, etwas über- oder unterzubelichten. Ein schönes Beispiel dafür sind Gegenlichtbilder.

Im Grunde sind die Kinder im folgenden Bild unterbelichtet und nur als dunkle Schattenrisse erkennbar, aber hier macht gerade das den Reiz aus. Achte darauf, die Kinder im Profil zu fotografieren, weil so die Form der Gesichter besser erkennbar wird.

Der helle Himmel im Hintergrund ist richtig belichtet. Eine Alternative wäre hier gewesen, die Kinder richtig zu belichten, um ihre Gesichter und Kleidung erkennen zu können. Der Himmel wäre dann übermäßig hell gewesen und hätte das Bild überstrahlt.

image

Nikon D800 180 mm ƒ/3,5 1/2500 sec ISO 100

Das Gegenstück zu diesem Bild ist eines, bei dem mir wichtig war, den Hintergrund dunkel zu halten und nur das Gesicht zu betonen.

image

Nikon D800 50 mm ƒ/2 1/1600 sec ISO 500

Wenn du deine Belichtungsmessung an der Kamera auf Matrix-Messung oder mittenbetonte Messung eingestellt hast, wird sie versuchen, einen Mittelweg zu finden. Möchtest du dies umgehen, hilft es, deine Kamera auf Spotbelichtung zu stellen. Mit dem Messfeld kannst du dann auswählen, welcher Bereich für die Belichtung relevant sein soll.

image

Spotmessung, daneben mittenbetonte Messung

Wenn deine Kamera diese Funktion nicht haben sollte, kannst du alternativ dein Bild so lange manuell über- oder unterbelichten, bis dir das Ergebnis gefällt.

image

-0.7 unterbelichtet

Belichtungsmodus

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Einfluss auf deine Kamera zu nehmen. Wenn du es nun wagen möchtest, den Automatikmodus deiner Kamera hinter dir zu lassen, dir aber das völlig manuelle Fotografieren zu kompliziert ist, gibt es komfortable Mittelwege.

Ich fotografiere fast ausschließlich mit der Zeitautomatik, das ist der Modus „A“ bzw. „AV“. Hierbei bestimmst du als Fotograf die Blende, und deine Kamera misst die passende Verschlusszeit dazu. Ich persönlich möchte gestalterischen Einfluss auf die Blende haben, wobei mir die Belichtungsdauer in der Regel nicht so wichtig ist, solange genug Licht vorhanden ist.

Wenn du sehr schnelle Motive oder einzelne Wassertropfen im Bild scharf abbilden möchtest, spielt die Belichtungszeit wiederum eine entscheidende Rolle.

image

Abseits des Automatikmodus’ warten viele Gestaltungsmöglichkeiten

DER KAMERA-MODUSimage

P: Die Programmautomatik der Kamera bestimmt Blende und Belichtungszeit.

A/AV: Du wählst die Blende, die Kamera bestimmt die passende Belichtungszeit.

S/TV: Du wählst die Belichtungszeit, die Kamera bestimmt die passende Blende.

M: Du bestimmst alles manuell.

Farbtemperatur

Sicherlich ist dir schon einmal aufgefallen, wie sich die allgemeine Farbe deiner Bilder ändert, je nachdem, ob du im Freien, im Schnee, bei Sonnenuntergang oder in geschlossenen Räumen fotografierst. Schneebilder können übermäßig blau aussehen und Bilder mit Kunstlicht gelb- oder rotstichig sein.

Dies ist eine allgemeine Herausforderung, und du erkennst das spätestens daran, dass es auf vielen Kameras Voreinstellungen für zum Beispiel „wolkig“, „sonnig“, „Neonlicht“ oder Ähnliches gibt. Der Grund dafür ist die unterschiedliche Farbtemperatur der Lichtquellen.

Während eine Kerze eine sehr warme Farbtemperatur von ca. 1500–2000 Kelvin hat, liegt Abendsonne bei ca. 5000 Kelvin und strahlend blauer Himmel sogar bei kühlen 9000 Kelvin.

Was dir aus dieser Situation heraushilft, ist ein Weißabgleich. Du hast die Möglichkeit, deine Kamera dies automatisch tun zu lassen, und das ist auch in vielen Situationen gut. In außergewöhnlichen Farbsituationen, wie zum Beispiel bei Schnee, versagt die automatische Einstellung allerdings oftmals.

Entweder wählst du dann eine der möglichen Voreinstellungen (schattig, sonnig etc.) oder du veränderst manuell die Farbtemperatur, bis dir das Ergebnis gefällt. Wenn du die Farbschwankung erst im fertigen Bild bemerkst, kannst du mithilfe einer Bildbearbeitungssoftware im Nachhinein noch die Farbtemperatur ändern.

image

Kalt – neutral – warm

DIE SESSION VORBEREITEN

Technisches Wissen ist der Grundstein für gute Bilder. Wenn du deine Bildidee umsetzen möchtest, mach dir jedoch auch Gedanken über das fertige Bild, die beste Tageszeit und nützliche Dinge, die dein Ergebnis verbessern.

Es passiert mir sehr oft, dass mich kleine Dinge im Alltag inspirieren. Das kann zum Beispiel ein Artikel in einer Zeitung sein oder eine kleine Lichtung im Wald, die ich beim Spazieren mit dem Hund entdecke. All dies sammle ich in meinem Kopf oder in einem Notizbuch. Achte doch zum Beispiel einmal beim nächsten Kleiderkauf für deine Kinder darauf, woran dich einzelne Kleidungsstücke erinnern oder in welchem Zusammenhang sie toll zur Geltung kommen würden.

Tageszeit

Im Freien versuche ich überwiegend morgens oder am späten Nachmittag zu fotografieren, wenn die Sonne tiefer steht. Das Licht ist dann schmeichelhafter als die senkrecht einfallende Mittagssonne, die oft sehr harte Schatten wirft.

Wenn du an einen Ort und eine Tageszeit gebunden bist und keinen schattigen Ort aussuchen kannst, versuche deine Location selbst abzuschatten, um einen ungewollt harten Schattenwurf zu verhindern.

image

Ungünstiger Licht- und Schattenverlauf

Achte darauf, dass immer etwas Licht in den Augen reflektiert wird, entweder vom Sonnenlicht oder anderen reflektierenden Dingen um dich herum. Das kann Wasser sein oder helle Wände und sogar deine Kleidung.

Gegenlicht

Wenn du Gegenlichtbilder umsetzen möchtest, brauchst du eine tiefstehende Lichtquelle hinter deinem Modell. Das Licht fällt im Beispielbild gegenüber nicht direkt in die Kamera, sondern ist bereits hinter den Bäumen verschwunden.

image

Abendlicht von hinten

Wenn du Gegenlichtbilder mit typisch „milchigem“ Aussehen fotografieren möchtest, lasse Licht aus einer starken Lichtquelle fast frontal auf das Objektiv fallen. Bei vielen Objektiven bekommst du so auch spannende Gegenlicht-Reflexionen in dein Bild. Eventuell musst du dafür die Sonnenblende abnehmen, falls du eine auf deinem Objektiv hast.

Eigentlich sind diese Reflexionen ein unerwünschter Effekt, bei dem sich das Licht an den einzelnen Linsen des Objektives spiegelt. Manchmal werden sie allerdings verwendet, um romantische Bildstimmungen zu erzeugen. Das Bild auf der nächsten Seite ist ein gutes Beispiel dafür.

image

Nikon D800 50 mm ƒ/2,5 1/2500 sec ISO 200 (+1 überbelichtet)

Bildaufteilung

Denk am besten schon bevor du abdrückst darüber nach, wie du deine Modelle platzieren möchtest. Im Zweifelsfall kannst du das Bild später noch am Computer anders zurechtschneiden, aber wenn du gleich richtig fotografierst, sparst du dir diesen Schritt.

Der sogenannte Goldene Schnitt bezeichnet eine Bildaufteilung, die nach einer mathematischen Formel das Motiv in neun Bildbereiche unterteilt. Befindet sich das Hauptaugenmerk des Bildes auf einem der vier Schnittpunkte, empfinden wir die Bildgestaltung als harmonisch.

Denk daran, auch den Blick der Person auf dem Bild zu beachten, und lass ihr Raum in die Richtung, in die ihre Augen schauen.

Versuche ruhig, in deinen Bilderreihen zu experimentieren: Ein Bild nur von den Händen, eines, das die gesamte Szene erfasst, und dann wiederum ein Portrait: Je abwechslungsreicher deine Bilder sind, desto eher erzählen sie eine Geschichte.

image

Goldener Schnitt

Auch wenn die Bildaufteilung nach den Regeln des Goldenen Schnittes als Maß aller Dinge gewertet wird, heißt das nicht, dass du nicht auch einmal dein Modell in der Mitte des Bildes platzieren darfst oder extrem am Rand.

Im folgenden Bild habe ich die gesamte obere Bildhälfte durch das starke Gegenlicht praktisch leer gelassen und das kleine Modell extrem angeschnitten, um dem Bild ein außergewöhnliches Aussehen zu verpassen, das den Betrachter ein zweites Mal hinsehen lässt. So lenkt nichts vom Gesichtsausdruck des Babys ab.

Solche Bilder wirken besonders schön, wenn auch die Accessoires weiß sind und sich perfekt dem weißen Hintergrund anpassen.

image

Nikon D800 85 mm 1/50 sec ƒ/2,5 ISO 400

Kleidung

Jeder hat einen unterschiedlichen Kleidungsgeschmack, und deshalb gibt es auch nicht „die eine“ geeignete Fotokleidung. Das typische Fotostudio-Outfit für Familien, Jeans und weißes Shirt, wirkt mittlerweile ein wenig abgenutzt, und so streng brauchst du dieses Thema auch nicht zu sehen.

Es gibt allerdings vier Regeln, die sich mit fast jedem Schrankinhalt vereinbaren lassen, die dem Bild zu einem harmonischen Aussehen helfen.

Vermeide große Motive auf der Kleidung, denn sie lenken von der Person ab.

Entweder alle festlich oder alle freizeitlich. Ein Mädchen im Taufkleidchen passt nicht zu einem Bruder in Jogginghose.

Stilbruch kann manchmal erfrischend sein, aber wenn du beispielsweise ein märchenhaftes Bild planst, sollte auch die Kleidung dazu passen, und wenn du mit deinen Kindern Fotos in einer stillgelegten Industriebrache umsetzen möchtest, darf das Outfit ruhig etwas lässiger sein.

image

Nikon D800 180 mm ƒ/5 1/160 sec ISO 320

Wenn mehr als eine Person abgebildet werden soll, versuch im Blick zu behalten, dass alle farblich aufeinander abgestimmt sind.

Nützliche Helfer

Hast du dich schon gefragt, ob du außer deiner Kamera noch etwas zwingend brauchst, um schöne Kinderfotos umsetzen zu können? Eigentlich nicht viel, aber es gibt einige Dinge, die das Fotografieren erleichtern.

Reflektor

Du solltest für ein gleichmäßiges Licht deine Augen immer nach schattigen Orten offenhalten. Wenn du keine günstigen Lichtverhältnisse vorfindest, ist ein Faltreflektor ein wichtiger Helfer. Du kannst ihn benutzen, um Licht in die Gesichter deiner Fotomodelle zu reflektieren oder ihn bei zu viel Licht zum Abschatten benutzen.

Besonders im Sommer, wenn die Sonne zur Mittagszeit hoch steht und direkte Schatten nach unten wirft, bedeutet ein Reflektor einen riesigen Unterschied: Unter Bäumen, die durch ihre Blätter einen unregelmäßigen und fleckigen Schattenwurf erzeugen, bringt der Reflektor als Durchlichtreflektor, wie ein Dach eingesetzt, gleichmäßiges und weiches Licht.

image

Reflektor von oben über das Modell gehalten

image

Als Ergebnis des Reflektors weiches und gleichmäßiges Licht im Gesicht

Wenn du einige Gesichtsbereiche aufhellen möchtest, aber keinen Reflektor besitzt, kannst du alternativ andere helle oder glänzende Gegenstände wie Deckel, Papier oder einen hellen Regenschirm zum Reflektieren benutzen und dich zudem selbst noch hell kleiden.

Stativ

Manchmal brauchst du aufgrund schwieriger Lichtverhältnisse eine sehr ruhige Hand. In solchen Momenten kann dir ein Stativ das Bild retten. Auch wenn du Bildreihen aufnehmen möchtest, für die jedes Bild exakt den gleichen Bildausschnitt haben soll, ist ein Stativ unerlässlich.

Du findest im Handel Stative vom Taschenformat bis hin zum Superschwergewicht und solltest entscheiden, welche Größe und welches Gewicht du bereit bist, mit dir herumzutragen. Bedenke aber, dass Kinder, die schon mobil sind, ein Stativ schnell umwerfen können, wenn es nicht stabil genug steht. Spätestens dann solltest du über ein schwereres Stativ nachdenken.

Dia-Leinwand

Wenn du Portraits fotografieren möchtest, die nach Fotostudio aussehen, kaufe dir eine Dia-Leinwand. Über Gebrauchtmärkte findest du sie teilweise schon für unter 20 Euro und bekommst so für wenig Geld einen nützlichen Helfer, der sogar transportabel ist. Du kannst die Leinwand auch nutzen, um störende Dinge zu verdecken und dir so einen neutralen weißen oder schwarzen Hintergrund zaubern.

image

Dia-Leinwand zum Aufrollen mit schwarzer und weißer Seite

image

Einfache Aufhängung am Leinwand-Stativ

ALTERSSTUFEN

Ein Baby zu fotografieren unterscheidet sich sehr von einer Fotoaktion mit einem Kindergartenkind. Für jede Altersstufe gibt es besondere Möglichkeiten, aber auch Hindernisse, die du bedenken solltest, bevor du deine Idee umsetzt.

Je nachdem, wie alt das Kind vor deiner Kamera ist, solltest du dir Gedanken machen, ob deine Bildidee auch zum Alter des Kindes passt. Vielleicht ist das Baby einfach noch zu klein für Bilder im Sitzen oder das Schulkind findet märchenhafte Fotos mittlerweile peinlich.

Im folgenden Kapitel möchte ich auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen, die das Größerwerden mit sich bringt, aber auch auf die vielen Möglichkeiten. Nicht selten ist ein schlechtes Bildergebnis nämlich einfach auf einen falsch gewählten Zeitpunkt zurückzuführen.

Neugeborene

Das Fotografieren frisch geborener Babys bis vier Wochen ist eine Kunst. Kaum ein anderer Zweig der Kinderfotografie wirft so viele Punkte auf, die zu bedenken sind und nicht in erster Linie mit der Technik zu tun haben. Dieses Kapitel soll vor allen Dingen helfen, die Hintergründe zu verstehen, ohne die gute Neugeborenenfotos nicht gelingen.

Der richtige Zeitpunkt

Neugeboren ist nicht gleich neugeboren. Bereits in den ersten Tagen verändert sich die Welt der kleinen neuen Menschen: Die Entwicklung in den ersten Wochen verläuft rasant. Vielleicht meinst du nach einer Woche bereits einen Rhythmus deines Babys zu erkennen, aber bereits wenige Tage später kann alles schon wieder ganz anders sein.

So ist es auch für ein schönes Ergebnis in der Neugeborenenfotografie wichtig, auf diese Signale zu achten, denn nur wenn das Baby entspannt und glücklich ist, entstehen auch schöne Bilder.

An Tagen, an denen das Baby unruhig ist, ein besonders starkes Trinkbedürfnis hat oder über lange Strecken nur getragen werden möchte, solltest du deshalb auf eine Fotosession verzichten.

In der Regel eignet sich die Zeit bis Tag 10 nach der Geburt besonders gut. Die 3. Lebenswoche möchten viele Babys am liebsten bei ihren Eltern auf dem Arm verbringen, und um die 4. Woche werden sie dann wieder ruhiger, wenn auch schon ein wenig wacher. Da aber jedes Kind ein Individuum ist, kann dieser Zeitraum lediglich als Richtlinie gelten, die von Kind zu Kind variiert.

TIPP: DIE BESTEN FOTOTAGE

Geeignete Fototage sind der 5. bis 10. Tag nach der Geburt oder wenn das Baby vier Wochen alt ist.

Wichtig ist zudem, dass du die Fotoaktion mit sehr viel Ruhe und Gelassenheit umsetzt, denn die Babys spüren Anspannung und Unruhe unmittelbar.

Schlafende Babys

Die schönsten Babyfotos in diesem Alter entstehen, wenn die Kinder schlafen. Auch wenn du das Gefühl hast, das Kind schliefe fast den ganzen Tag durch, kann sich das beim Fotografieren ganz schnell ändern. Es ist ein großer Unterschied, ob das Baby ungestört im Bett schläft oder für eine Fotosession umgezogen und in eine bestimmte Position gelegt wird. So wird aus einem gerade noch verschlafenen Baby häufig ein aufgewecktes Neugeborenes, das nun ganz wach versucht, die neue Situation zu erfassen.

image

Wach und unkoordiniert

Natürlich geht das auch, denn wache Momente können ebenso ihren Reiz haben. Da aber die ganz Kleinen noch nicht richtig sehen können und die Augen noch häufig in eine schielende Position wandern, wird dir schnell klar werden, was an „Schlafbildern“ so vorteilhaft ist.

Auch die Bewegungen der Neugeborenen sind noch völlig unkontrolliert, und so wird eine kuschelige und kompakte Pose praktisch unmöglich, denn die Kleinen haben oft schon erstaunliche Kraft und strampeln wild mit Armen und Beinen umher.

Legst du ein junges Baby auf seine eigenen Hände, wird es, wenn es wach ist, sehr wahrscheinlich durch den Hautkontakt einen Saugreflex bekommen und unruhig anfangen zu suchen. Schlafend hingegen lassen sich die Hände in Gesichtsnähe bringen, sei es zum Stützen des Kopfes oder einfach weil diese Position besonders niedlich aussieht.

Vorbereitung der Location

Es ist überaus wichtig, sich gut auf die Fotoaktion mit einem Neugeborenen vorzubereiten. Manchmal ist die Zeitspanne, in der ein Baby tief schläft, recht kurz, und es ist ärgerlich, wenn in diesem Moment die Kamera in einem anderen Raum liegt oder die passende Decke erst gesucht werden muss.

Wenn du planst, das Baby unbekleidet zu fotografieren, ist es zudem ratsam, gleich einen guten Vorrat an Windeln, Tüchern und Spucktüchern zurechtzulegen. Kleine und größere Unfälle können schnell beseitigt werden, bevor das geliebte Sofa Schaden genommen hat, und das Kind ist so schnell wieder trocken.

TIPP: MACHT ES EUCH GEMÜTLICH

Der Raum, in dem du fotografierst, sollte auf 26–30 Grad geheizt sein, besonders wenn die Babys unbekleidet fotografiert werden. Wenn die Heizung den Raum nicht genug erwärmen kann, hilft ein kleiner Heizlüfter in Babynähe, der allerdings nicht in die Augen blasen darf.

Du brauchst:

Heizlüfter

Tücher und Handtücher

Windeln

Mama oder Milchflasche

Decke zum Einwickeln zwischen den Bildern

Sei geduldig und warte, bis dein Baby tief schläft. Das dauert vielleicht einen Moment länger, macht es aber sowohl dem Kind als auch dir am Ende angenehmer.

Positionen

Neugeborene in Positionen zu bringen, wie man sie von Bildern langjähriger Berufsfotografen kennt, ist nicht einfach und erfordert neben sehr viel Geduld auch Erfahrung und Gelassenheit. Ich empfehle dir deshalb, wenn du dich noch nicht lange mit dem Thema beschäftigt hast, mit einfachen Posen zu beginnen. Diese sind nicht nur leicht umsetzbar, sondern vor allen Dingen sicher für das Baby. Manchmal hilft es schon, einen geschickten Bildausschnitt zu wählen, um einem Foto ein professionelleres Aussehen zu verleihen. Aber auch Licht und Requisiten spielen eine wichtige Rolle.

Autor

  • Judy Hohmann (Autor:in)

Judy Hohmann hat Fotojournalismus in Texas studiert und führt ein eigenes Studio für Baby- und Kinderfotografie. Sie wurde 2014 von der Vereinigung Professioneller Kinderfotografen zum „Baby- und Kinderfotograf des Jahres“ gewählt. In ihrem Blog und auf rotond.de folgen ihr mittlerweile nicht nur begeisterte und kommende Kunden, sondern auch Fotografen, die auf der Suche nach guten Bildideen sind. Für diesen Fotoratgeber hat Sie tief in Ihren Erfahrungsschatz gegriffen und die besten Tipps für Einsteiger ohne professionelles Equipment gebündelt.
Zurück

Titel: Baby- und Kinderfotografie