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Small Talk für Introvertierte

Vom "Bloß weg hier" zur entspannten Unterhaltung. Small Talk in allen Lebenslagen für Freizeit und Beruf

von Silke Nuthmann (Autor:in)
192 Seiten

Zusammenfassung

Vom Ringen um Worte zur entspannten Unterhaltung
Wie finde ich den Einstieg? Was soll ich bloß sagen? Langweile ich meine Gesprächspartner? Small Talk stresst introvertierte Menschen und wird von ihnen oft als oberflächlich empfunden. Mögliche Reaktionen rangieren vom stillen Abwarten bis hin zu Fluchttendenzen, sei es auf Partys, Betriebsfesten oder Netzwerkveranstaltungen. Silke Nuthmann räumt auf mit dem Vorurteil,dass Small Talk nichts für Intros sei. Stattdessen betrachtet die Autorin Small Talk als eine Art Fremdsprache, die jeder erlernen kann. Dazu gibt sie praktische Tipps zur aktiven Gesprächsführung, offenen Körpersprache und geschickten Themenwahl.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Ich gebe es zu: Ich habe ein gespaltenes Verhältnis zum Small Talk. Manchmal kann ich mich nur schwer dazu aufraffen. Ein anderes Mal möchte ich am liebsten flüchten, wenn Gespräche zu oberflächlich werden oder in größeren Gruppen wild von einer – für mich öden – Nichtigkeit zur nächsten springen, sodass ich nirgends richtig andocken kann.

Ausgerechnet ich will dir nun sagen, wie du Small Talk leichter bewältigen kannst? Ja, genau deshalb! Ich bin Betroffene, nämlich introvertiert, und Kommunikationstrainerin zugleich. Ich kenne beide Seiten, die innere Abwehr und den Ausweg. Small Talk strengt auch mich eher an und erscheint mir häufig banal bis überflüssig. Doch zugleich erfüllt Small Talk eine wichtige Funktion. Als langjährige Trainerin – auch von Seminaren zum Small Talk – weiß ich, wie diese Form der Kommunikation leichter gelingen kann.

Ich möchte mit diesem Buch niemanden bekehren. Aber mein Ziel ist es, dass du eine Wahl erhältst. Das ist in meinen Augen viel wert. Statt Situationen, in denen Small Talk gefordert ist, zu erleiden oder gar zu vermeiden, wähle zwischen Schweigen oder Kontakt – und dann steuere bewusst deine Gespräche!

Small Talk ist zwar in gewissem Sinne Typsache und liegt Extrovertierten deutlich stärker im Blut als Introvertierten, doch zugleich ist er vergleichbar mit einer Fremdsprache: Er ist eine Kompetenz, die du erlernen kannst, und zwar ganz ohne deine Persönlichkeit infrage zu stellen.

Ich möchte dich zu einer echten Wahl befähigen. Damit du dich besser fühlst, egal ob du dich Situationen mit Small Talk stellst oder ihnen (weiterhin) aus dem Weg gehst. Vor allem sei gewiss: Du bist nicht allein!

Ein guter Freund sah der Betriebsfeier schon Wochen im Voraus mit Sorge entgegen: „Hilfe, wie soll ich die bloß überstehen?“ Ohne die alltägliche Arbeit und eingezwängt in eine Tischordnung, auf die er womöglich wenig Einfluss hätte, sah er sich genötigt, Konversation zu machen oder als gehemmt abgestempelt zu werden – so seine Befürchtung. Dabei sprudelt es oft nur so aus ihm heraus, wenn wir unter uns sind. Nur empfindet er es als unnötig, in Gruppen über alles seine Meinung kundzutun. Das ist typisch introvertiert, wie wir später noch sehen werden.

Wenn du bisher nicht geahnt hast, dass du introvertiert sein könntest, dann wirst du nach dem Lesen dieses Buches die Gewissheit haben, dass du weder seltsam noch unsozial bist, wenn du dem Feierabendbier mit Kollegen lieber aus dem Weg gehst und gern für dich bleibst. Du hast einfach andere Grundbedürfnisse. Du musst dich nicht ändern! Zugleich kannst du Situationen, in denen Small Talk gefordert ist, zukünftig sehr viel entspannter entgegensehen. Du wirst verstehen, was dich bisher so stresste und wie du dich leichter einbringen kannst.

Wenn du bereits weißt, dass du introvertiert bist, dann gelten für dich die gleichen Aussagen wie zuvor. Nur dass dir bereits klar ist, wie beglückend deine Introversion sein kann, wenn du deine Bedürfnisse richtig kanalisierst. Idealerweise wirst du Extrovertierte besser verstehen und kannst ihre Einladung zum lockeren Plaudern leichter annehmen.

Geh doch mal mehr aus dir heraus! Kommt dir dieser Vorwurf bekannt vor? Berührt er womöglich einen wunden Punkt? Tatsächlich lösen der zurückhaltende Sohn oder die in sich gekehrte Tochter mehr Unbehagen oder Ängste bei Eltern aus als Raufbolde oder Klassenclowns. Viele Erwachsene sind irritiert, wenn andere weniger Anschluss suchen, sondern gern für sich sind. Dahinter steckt vor allem eins: Der Vergleich mit anderen und einer Norm, der ein ruhigeres (introvertiertes) Naturell nicht entspricht. Unsere Gesellschaft präferiert den aktiven, extrovertierten Lebensstil. Ich rate dir zweierlei:

Hör mit dem Vergleichen zum Unguten auf! Nimm stattdessen dich und deine Bedürfnisse als Maßstab. Introvertierte erleben andere Grenzen im Kontakt, suchen lieber Tiefe statt oberflächliche Plauderei, fühlen sich in Gesellschaft schneller erschöpft und tanken am besten durch Alleinsein auf. Kein Wunder, dass du bislang kein Freund vom seichten Small Talk warst!

Zugleich bitte ich dich: Geh doch mal mehr aus dir heraus! Nicht aus Kalkül nach dem Motto: „Ändere dich einfach und schon verschwinden all deine (Small-Talk-)Probleme.“ Nein, um den meisten Nutzen aus diesem Buch zu ziehen, möchte ich dich bitten, es nicht nur zu lesen! Experimentiere damit und versuche, deine eigene Sprache beim Small Talk zu entwickeln. Pick dir ruhig zuerst die Vorschläge heraus, die dir am sympathischsten sind, und dann steigere dein Training auf die härteren Kaliber.

So viel ist klar: Du wirst dich bei deinen ersten Versuchen noch arg unwohl fühlen. Das ist normal – und ich kann dir das leider nicht ersparen. Aber es ist ein wertvolles Zeichen, dass wir in unserer Kommunikation umlernen und den Autopiloten ausschalten, der uns bislang geleitet hat.

Ich bin sicher, es lohnt sich! Denn so wie jede Fremdsprache eine Grammatik hat und eigenen Regeln folgt, gibt es auch beim Small Talk ein paar ungeschriebene Gesetze. Die sich für uns Intros nicht zwangsläufig erschließen. Indem du also deine Haltung zum Small Talk hinterfragst und dir ein paar kommunikative Tricks abschaust, wirst du Sicherheit gewinnen und vielleicht sogar Spaß daran entwickeln. Glaub mir, Small Talk kann dir Türen öffnen zu Menschen, denen du sonst vermutlich niemals aufgefallen wärst. Small Talk kann Karrierepfade ebnen und dein Netzwerk erweitern, nicht zuletzt hilft er dir, die nächste Weihnachtsfeier oder Hochzeit zu überstehen.

Ich persönlich gönne mir ab und an weiterhin meine Fluchttendenzen. Doch ebenso habe ich echte Freude an einem Plausch an der Supermarktkasse, beim Warten auf den Bus oder mit Bekannten beim Feierabendbier. Nach etwas gutem Zureden hat der bereits erwähnte Freund von mir übrigens einen ganz vergnüglichen Abend mit seinen Kollegen verbracht. Und so kann es dir bald auch ergehen.

Viel Vergnügen beim Small Talk für Introvertierte!

Deine

Silke Nuthmann


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Silke Nuthmann

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1 INTROVERTIERTE TICKEN ANDERS

Small Talk mag ich nicht! Dieser Satz könnte von vielen stammen, doch die Vermutung liegt nahe, dass der Mensch hinter dieser Aussage introvertiert ist. Dabei sind Introvertierte keineswegs grundsätzlich schüchtern, wie oft behauptet wird. Allerdings liegt die Hürde zum lockeren Plaudern für Intros höher.

Als Stefan seiner Frau von der Einladung zum Grillfest seines Projektleiters erzählte, war er von ihrer Reaktion mehr als enttäuscht. Sie zog eine gewaltige Schnute, als er freudestrahlend erzählte, dass er sofort für sie beide zugesagt hätte. Denn er liebte diese lockeren Abende unter Kollegen, wenn er beim Erzählen und Plaudern brillieren und Kontakte knüpfen konnte. Für Monika sah die Situation ganz anders aus: Nicht nur verlor sie den lang ersehnten freien Abend, sondern sie konnte mit den Gesprächen dieser Runde meist erschreckend wenig anfangen.

Sport, Technik, etwas Berufliches plus Ratschläge unter Hobbyhandwerkern – für Stefan waren diese informellen Zusammentreffen Gold wert, um sein Netzwerk zu pflegen und an Informationen aus erster Hand zu kommen. Den jungen Kollegen, der gerade im Einkauf angefangen hatte, wollte er auch unbedingt noch fragen, wie die Renovierung seines Elternhauses voranging.

Für Monika sprangen die Gespräche jedoch wild durcheinander und blieben zugleich recht oberflächlich. Die illustre Gesellschaft der mitgebrachten Partnerinnen pflegte Themen wie Ernährungstrends, Fitness und Frisuren. „Das Team arbeitet schon den ganzen Tag zusammen. Warum müssen sie unbedingt noch ihren Feierabend miteinander verbringen?“, fragte sie sich. Viel lieber bliebe sie zuhause, wo sie in Ruhe den Abend genießen oder ein gutes Buch lesen könnte.

Wenn extrovertierte und introvertierte Bedürfnisse aufeinanderprallen, kann sich das recht unvereinbar anhören. Dieses Beispiel illustriert bestens, wie unterschiedlich wir ein und dieselbe Situation erleben können. Vor allem wenn Stefan im gewählten Setting alle kennt und sich berufliche Vorteile verspricht, während Monika nur die „Mitgeschleppte“ ist.

Zunächst ist die Reaktion beider auf die Einladung weder falsch noch richtig. Sie folgen ihren jeweils eigenen Vorlieben und geben dem spontan Ausdruck: Er ist freudig gestimmt und sie voller Abwehr. Vermutlich diskutieren sie häufiger über ein stimmiges Maß an Aktivität oder Daheimbleiben, weil er viel lieber ausgeht als sie.

DER BLITZTEST

Schöpfst du Kraft aus Zeiten ganz für dich allein? Kostet es dich umgekehrt Kraft, wenn du viel unter Leuten bist? Wenn du beide Fragen mit Ja beantwortest, dann bist du vermutlich introvertiert.

Typische Zeichen für Introvertiertheit

„Ich und ich sind eine Welt“, so hat mir das ein Introvertierter im Interview beschrieben. In der Auseinandersetzung mit der eigenen reichen Innenwelt tanken Introvertierte auf und verarbeiten ihre Erlebnisse. Dennoch muss Small Talk nicht zwangsläufig öde und unergiebig sein. Klar wird, in welchem Maße wir als Introvertierte gefordert sind, wenn bei Anlässen Small Talk auf der Tagesordnung steht. Vom Gedanken, es einfach zu umgehen oder gar wegzubleiben, bis hin zum Gefühl, komplett fehl am Platz zu sein, beschert Small Talk Introvertierten oft eine Palette von unangenehmen Nebeneffekten.

Kontakt strengt uns Introvertierte an, vor allem wenn er an der Oberfläche bleibt wie beim Small Talk üblich. Spätestens, wenn wir uns von zu vielen äußeren Eindrücken überstimuliert fühlen, brauchen wir Rückzug oder innere Abschottung, um unsere Akkus neu aufzuladen. Denn das seichte oder gar permanente Plaudern erleben wir als kräftezehrend.

TYPISCHE AUSSAGEN VON INTROVERTIERTEN ZUM SMALL TALKimage

Small Talk? Mag ich nicht!

Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.

Ich kann dem nichts abgewinnen, reine Zeitverschwendung!

Ich komme eh kaum dazwischen. Ach, lass sie doch reden …

Ich fühle mich unwohl, gelangweilt und angestrengt.

Was ich privat denke und tue, geht niemanden etwas an.

Ich mag (im Beruf) nichts Persönliches von mir preisgeben.

All das Reden der Kollegen/Nachbarn empfinde ich als indiskret.

Zu seicht, zu schnell, zu oberflächlich …

Hilfe, ich will weg hier!

Von Sprechdenkern und Nachdenkern

Stresst dich jemand, der pausenlos redet? „Hilfe, dabei kann man ja nicht in Ruhe arbeiten!“, fand eine Seminarteilnehmerin, die mit ihrem Kollegen ein Büro teilte. Bis sie sich in ihrer Not Kopfhörer aufsetzte, um endlich konzentriert etwas erledigen zu können. Diese Maßnahme ist ziemlich drastisch, aber effektiv ist sie allemal. Dass sie sich als introvertiert erlebt, versteht sich von selbst.

Extrovertierte hingegen blühen durch Kontakt erst richtig auf, bei ihnen gehen Sprechen und Denken Hand in Hand und sie kommen „sprechdenkend“ auf die besten Ideen. Sie fühlen sich aktiviert durch Gespräche statt belästigt. Schönes Dilemma! Betrachten wir die Unterschiede zwischen Introvertierten und Extrovertierten im Detail:

Intro- oder extrovertiert?

Introvertierte Extrovertierte
Liebt es, eigenen Gedanken nachzuhängen Zieht Energie aus Unternehmungen und Austausch
Regeneriert durch Alleinsein, Ruhe Regeneriert durch Kontakt
Braucht Pausen nach Kontakten Sucht äußere Stimulation
Reflektiert gerne intensiv, bevor er/ sie spricht (Denken vor Sprechen) Denkt beim Sprechen (Sprechdenker)
Legt Wert auf Details und Tiefe Interessiert sich für Vieles
Sucht Substanz Ist schnell zu begeistern
Hört lieber zu Spricht lieber selbst
Stärken
Intensität, besonders im inneren Erleben Risikobereitschaft
Nonverbale Sensibilität Gute Selbstdarsteller
Empathie/kann anderen Raum geben Spontanität/wirft sich ins Geschehen
Durchdachtes Vorgehen Zieht gern Aufmerksamkeit auf sich
Blüht auf im Einzelgespräch oder Kleingruppen Sucht Publikum/gut in großen Gruppen/kann begeistern
Schwäche/Gefahr
Zu zurückhaltend/unscheinbar Zu laut/ich-zentriert
Entwicklungschance
Sich zeigen/mehr zumuten Innehalten/zur Ruhe kommen
Andere begeistern Anderen mehr Raum geben

Meist sind wir nicht eindeutig nur intro- oder extrovertiert, sondern irgendwo dazwischen. Wenn deine Zuordnung sehr ausgewogen verteilt ist, gehörst du vermutlich zu den sogenannten zentrovertierten Menschen. Dann kannst du zwischen beiden Facetten flexibel wechseln, benötigst aber Rückzugszeiten wie ein Introvertierter, denn auch deine Energie wird von innen gespeist.

Introvertiert heißt nicht automatisch schüchtern

Abzugrenzen ist Introvertiertheit von zwei benachbarten Phänomenen: Schüchternheit und Hochsensibilität.

Schüchternheit basiert auf sozialen Ängsten. Der Beweggrund für ein zurückhaltendes Auftreten ist also ein ganz anderer: Schüchterne reagieren gehemmt und schweigen aus Angst vor sozialer Ausgrenzung. Sie befürchten, ausgelacht oder nicht ernst genommen zu werden. Dieses Verhalten beruht meist auf traumatischen Erlebnissen oder harter Kritik, gilt als erlernt und kann bzw. muss oft therapeutisch behandelt werden.

Introvertierte schöpfen ihre Kraft von innen. Die Pole zwischen Introversion und Extraversion bestimmen, wie gern sich jemand anderen öffnet und davon angeregt fühlt. Introvertiertheit ist eine genetische Veranlagung und prägt einen Menschen sein Leben lang. Dennoch kann Übung die eigene Wohlfühlzone deutlich verändern. Forscher schätzen den Anteil Introvertierter in der Bevölkerung auf 30 bis 50 Prozent.

Hochsensibilität trifft vermutlich auf etwa 20 Prozent der Bevölkerung zu. Hochsensible sind extrem empfindsam gegenüber äußeren Reizen und weisen bereits im Ruhemodus eine höhere Gehirnaktivität auf: Ihre Nerven feuern sozusagen bereits ohne Anregung von außen. Neben einer erhöhten Wahrnehmung werden Reize viel intensiver verarbeitet. Hochsensibilität kommt bei intro- und extrovertierten Menschen vor, wobei sie bei letzteren ausgesprochen selten ist.

Introversion als Stärke

Was macht uns Introvertierte am stärksten aus? Wir suchen Substanz und Tiefe im Kontakt zu anderen, haben eine gute Beobachtungsgabe und nehmen bei unseren Mitmenschen oft feine Nuancen wahr. Viele Introvertierte sind sehr geduldige Zuhörer, haken meist erst bei relevanten Beiträgen ein und haben eine hohe soziale Kompetenz. Das sind auf alle Fälle beste Voraussetzungen für tragfähige Beziehungen.

 

Aufgabenorientierte Introvertierte Beziehungsorientierte Introvertierte
… sind oft Kenner ihres Spezialgebiets und sammeln eine Menge Detail- und Erfahrungswissen an. Manche teilen gern ihre Expertise und nehmen so in Beruf und Privatleben die Rolle des Beraters oder Ratgebers an. Andere kennen wir in der Rolle des zurückgezogenen Professors, der sich in seiner Fachwelt vergräbt. … können sich gut einfühlen und schwingen empathisch sehr gut mit. In Familie, Teams oder im Freundeskreis erhalten sie oft die Rolle der Kümmerer, Berater oder Therapeuten. Dabei machen sie sich für andere stark, unterstützen dezent bis aufopferungsvoll, sprechen anderen Mut zu und stehen ihnen treu zur Seite.

Obwohl Small Talk uns Intros eher herausfordert, können wir etliche unserer Stärken dafür nutzen:

Intro-Stärke 1: Denken und Planen Die Analyse liegt Introvertierten besonders gut. Nutze doch zukünftig dein strategisches Geschick, um dir dein Vorgehen oder die Themenauswahl vor wichtigen Terminen zurechtzulegen. Wähle aus, wer besonders empfänglich für welche Informationen ist und wie du Kontakte herstellen kannst.

Intro-Stärke 2: Substanz und Tiefe Wir Intros mögen kein oberflächliches Gerede, sondern gehen lieber mit wenigen Menschen oder Themen in die Tiefe. Warum solltest du nicht hieraus einen Vorteil ziehen? Suche dir inhaltliche Aufhänger, lenke die Themenwahl und beweise Präsenz im Kontakt. Denn neben den Klassikern wie Wetter oder Verkehr gibt es genügend Themen, die für dich interessant sein könnten.

Intro-Stärke 3: Soziale Kompetenz Vor allem im Einzelgespräch oder kleinen Gruppen beweisen Introvertierte eine hohe Sensibilität für nonverbale Zwischentöne, wecken Vertrauen und formulieren passgenaue Antworten. Das Motto lautet bei uns stets: Qualität vor Quantität.

Das lässt sich vielfach auch in Situationen nutzen, die an sich mit Großgruppen oder gar Anonymität zu tun haben. Gestalte dein Umfeld und suche dir ruhigere Ecken fernab vom großen Rummel. Hab ruhig den Mut, dich notfalls nur mit einem Menschen auszutauschen, solange es der oder die Richtige für heute ist.

Intro-Stärke 4: Geduldiges Zuhören Üblicherweise fühlen sich Introvertierte in Gesprächen besonders wohl, wenn sie eine klare Rolle oder einen Auftrag haben. Daher strukturieren sie in Teams gern ein Meeting, fungieren als Zeitwächter oder machen auf Fehler in der Planung aufmerksam.

Im privaten Bereich wissen Introvertierte womöglich weit mehr über ihre Nachbarn und Freunde als umgekehrt. Da sie aufmerksam zuhören und klug nachfragen, sind sie beliebte Gesprächspartner und Vertrauenspersonen. Willst du jemanden erst kennenlernen oder Vertrauen aufbauen? Wunderbar, dass du für diesen Prozess die nötige Ruhe und Zuhörqualitäten mitbringst. Das kann auch beim Small Talk nützlich sein.

Von Extrovertierten lernen

Worin Extrovertierte eindeutig im Vorteil sind, ist klar: Sie sind gute Selbstdarsteller und lieben das Bad in der Menge – ebenso wie den Small Talk! Extrovertierte haben kein Problem damit, noch halbfertige Gedanken zu äußern oder ihre Meinung in Kürze zu widerrufen. Gern rücken sie sich und ihre Erfolge in den Mittelpunkt, selbst wenn es eher bescheidene Fortschritte zu vermelden gibt: Wir können sicher sein, dass bald jeder davon weiß!

In unserer beschleunigten Businesswelt sind wir Intros oft zu zögerlich. Leider tun wir uns bedeutend schwerer, selbst eindeutige Leistungen und Errungenschaften sichtbar nach außen zu tragen. Lieber werkeln wir still vor uns hin oder erfreuen uns an guter Qualität. Aber wir bereichern andere auch durch ehrliches Interesse und gehaltvolle Beiträge.

Unser Anspruch auf Substanz und Qualität steht uns als Intros gehörig im Weg, wenn uns (!) Ideen noch nicht reif scheinen, das Licht der Welt zu erblicken. Wahrscheinlich willst du deine Gedanken erst in Ruhe zu Ende sortieren, bevor du sie mit anderen teilst. Doch bedenke: Dein Anspruch von „fertig durchdacht“ unterliegt anderen Maßstäben als der von Extrovertierten!

Generell lauert für dich als Intro eine Gefahr darin, dich zu schnell oder zu lange in deiner Höhle zu verkriechen, statt dich anderen mitzuteilen. Anlässe dazu gibt es etliche: Wenn dein Alltag zu sehr brummt oder umgekehrt dich unterfordert. Wenn dir alles zu laut erscheint oder du im konzentrierten Arbeiten die Zeit um dich herum vergisst.

image TYPISCHE STOLPERSTEINE VON INTROS

Selbstgenügsamkeit: Introvertierte genießen ein reiches Innenleben! Ihnen wird selten langweilig und sie erholen sich, indem sie einfach ihren Gedanken nachhängen.

Zurückhaltung: Intros sind oft viel zu bescheiden, um bei passender Gelegenheit die Aufmerksamkeit auf sich und ihre guten Ideen zu lenken. Oft bringen sie sich erst spät oder zu spät in Gespräche ein.

Distanziertheit: Je fremder ihr Gegenüber, umso wählerischer sind Introvertierte mit persönlichen Details. Sie tun sich schwer, ihre Meinung und Gefühle preiszugeben.

Zumachen bei Druck: Wenn der Druck (von anderen Menschen oder unerledigten Aufgaben) als zu groß empfunden wird, dann verschließen sich Introvertierte gern in sich selbst. Viele schweigen dann so hartnäckig, dass sich ihr Umfeld fragt, was bloß los sei.

Überstimulation: Wird ihnen alles zu viel, suchen Introvertierte den Rückzug oder das Schweigen. Meist sind es Zeiten in großen Gruppen oder unverbindliche Kontakte, die Intros ihre Kräfte rauben. All die Infos wollen erst einmal verdaut und in Ruhe sortiert werden.

Flucht: Introvertierte flüchten gern in ihre Höhle, wenn ihnen alles zu viel wird, sie eine tolle neue Idee ausbrüten oder einfach nur, um für sich zu sein! Letztlich ist das ein sinnvoller Mechanismus, um sich später erneut für Austausch und Interaktion zu öffnen.

Fakt ist: Extrovertierte haben es beim Small Talk bedeutend leichter. Da wäre es naheliegend, dich zu fragen, von welchen ihrer Verhaltensweisen du dir eine Scheibe abschneiden könntest. Sie eins zu eins zu imitieren, hilft dir allerdings nicht weiter, sondern verleugnet nur dein Wesen. Aber ein Schritt raus aus dem Gewohnten könnte passen. Probiere dazu folgende erste provokante Übung:

TESTE DEINE EXTRO-QÜALITÄTEN

In welchen dieser Verhaltensweisen erkennst du dich wieder? Welche davon magst du dir hin und wieder ausleihen? Wann wäre das nützlich? Achtung, die Beschreibungen sind bewusst überspitzt formuliert.

Extrovertierte …

tun sich leicht im Small Talk.

reden viel, früh und ungefragt.

unterbrechen andere bzw. dominieren Gespräche.

beanspruchen den längsten Redeanteil.

sammeln schnell großen Mengen an Kontakten.

lieben Vorträge, Messen und Großveranstaltungen.

fragen ungeniert nach Tipps und Empfehlungen.

prahlen mit Erreichtem und Erfolgen.

äußern unausgegorene Einfälle.

preschen mit ihren Ideen nach vorn.

machen sich fremde Ideen zu eigen.

geben Interna preis (Gefühle, Fehler, persönliche Anekdoten).

Denk dran: Du musst Extrovertierte nicht kopieren. Aber übernimm einige nützliche Eigenschaften, etwa früher in Gruppen das Wort zu ergreifen, andere aktiv um Rat zu fragen oder erledigte Aufgaben gegenüber deinem Vorgesetzten transparent zu machen. Mach es auf deine Art – und frag dich: „Was davon könnte zu mir passen und in welchen Fällen hilfreich sein?“

Zugleich möchte ich dich beruhigen. Du musst dich nicht umkrempeln, um mit Small Talk besser klarzukommen. Folge deinen Neigungen und wähle deinen Takt! Du findest in diesem Buch noch etliche Impulse, mit denen du deinen Kommunikationsstil ganz entspannt erweitern kannst. Du musst nichts abkupfern, was nicht zu dir passt oder dir gar unsympathisch ist.

2 SMALL TALK SCHÄTZEN LERNEN

Ist Small Talk für dich Plaudern ohne viel Sinn und Gehalt? Ein Austausch von Nichtigkeiten über öde Themen wie Wetter, Sport oder Verkehr? Viele Introvertierte schalten sich am liebsten erst dann in Gespräche ein, wenn diese sich ernsteren Themen zuwenden. Dennoch bricht dieses Kapitel eine Lanze für die Bedeutung vom Small Talk, weil dich das auszusöhnen vermag. Idealerweise bekommst du Lust, demnächst früher deinen Teil beizutragen.

Der Termin für die Besprechung war schon knapp bemessen. Doch statt zügig zum Punkt zu kommen, vergeudeten Mayer und Schulze kostbare Zeit, indem sie über die Ergebnisse der Fußballbundesliga palavern mussten und die Fertigstellung des Berliner Flughafens. Dabei war dieser Jahrhundertgau doch wirklich eine Zumutung – und hier im Moment so fehl am Platze wie nur eins. Sandra konnte innerlich nur den Kopf schütteln. Jedes Mal das Gleiche – und am Ende fehlte ihnen wieder die Zeit, alle Tagesordnungspunkte sinnvoll abzuschließen.

Ob beruflich oder auch privat, Small Talk rahmt viele Gespräche über substanziellere Themen. Ganz oft ist er, wie bei Mayer und Schulze, eine willkommene Eröffnung, um sich warm zu reden und „Fühlung aufzunehmen“. Eine wichtige Funktion, die Sandra komplett unterschätzt, indem sie genervt guckt und zum Beginn des Meetings drängelt. Tatsächlich haben Mayer und Schulze bereits begonnen und stellen gerade ihre Gesprächsbasis her. Eleganter wäre, Sandra würde locker mitplaudern, denn dann fiele es ihr später viel leichter, den Schwenk zum „Big Talk“ einzuleiten. Small Talk erleichtert vorrangig den Kontakt. Was ist naheliegender, als genau die Themen aufzugreifen, bei denen alle einer Meinung sind? Mayer und Schulze agieren gar nicht so dumm, selbst wenn ich in Seminaren gern darüber diskutiere, wie man Besprechungen effizienter gestalten und Zeitfresser eliminieren kann.

Small Talk ist keine Zeitverschwendung

Der größte Vorwurf an Small Talk ist seine Unverbindlichkeit. Doch das macht ihn nicht gleich überflüssig. Small Talk will tatsächlich an der Oberfläche bleiben, aber das aus gutem Grund!

Small Talk bleibt meist kurz, oberflächlich und unterhaltsam. Eher im Plauderton schenkt Small Talk Aufmerksamkeit und will eine gute Atmosphäre schaffen. Das gelingt, indem wir Gemeinsamkeiten zutage fördern, Leichtigkeit vermitteln und Interesse bekunden, ohne bereits allzu anstrengend zu werden. Das ist vergleichbar mit einem langsamen Anfahren am Berg statt von 0 auf 100 zu beschleunigen.

Small Talk rahmt viele Gespräche. Zu Beginn oder am Ende von Gesprächen dient Small Talk dazu, die Stimmung aufzulockern bzw. über den Abschied hinaus ausstrahlen zu lassen. Wir kennen ähnliches aus Briefen oder E-Mails, die uns ohne ein Hallo oder einen netten Gruß am Ende unpersönlich oder gar unterkühlt vorkommen.

Small Talk dient als Einstieg vor tieferen (Sach-)Themen. Um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen, brauchen wir eine kurze Anwärmphase. Dabei sondieren wir die Stimmung unseres Gegenübers und entdecken bestenfalls die ersten Gemeinsamkeiten. Selbst wenn dazu das Wetter herhalten muss, prägt das den weiteren Verlauf der Unterhaltung. Ähnlichkeit macht sympathisch, ist dabei eine Merkregel. Wir erleben das beispielsweise, wenn wir Menschen aus unserem Heimatort begegnen oder für die gleiche Fußballmannschaft schwärmen, denn dann werden wir oft putzmunter und tauschen begeistert Erinnerungen oder gemeinsame Erlebnisse aus.

Der Beziehungsaspekt ist beim Small Talk zentral! Small Talk ermöglicht einen unkomplizierten Kontakt, will einen positiven Eindruck der eigenen Person vermitteln und Sympathie wecken. Indem wir Gemeinsamkeiten finden oder herstellen, vertiefen wir die Verbindung auch zu Fremden und vermitteln: „Guck mal, ich bin wie du! Mir kannst du vertrauen!“ Im Idealfall weckt Small Talk die Lust, den Menschen dahinter näher kennenzulernen, oder bewirkt, ihn positiv in Erinnerung zu behalten. Damit bahnt Small Talk den Kontakt für eine spätere (Geschäfts-)Beziehung.

Die Sachebene wird beim Small Talk ausgeklammert! Der Unterhaltungswert beim Small Talk ist hoch, der Sachgehalt niedrig. Themen werden eher gestreift als vertieft und vor allem nicht kontrovers diskutiert. Alle konfliktträchtigen Themen werden bewusst ausgeklammert, denn es geht darum, eine gemeinsame Basis zu schaffen. Selbst Themen wie Kinder und Familie stehen bei einigen Experten daher auf der Tabu-Liste, weil es jemanden ohne Familie oder im Falle einer Trennung zu stark aufwühlen könnte.

Small Talk kittet nach ernsten Themen die Beziehung. Selbst wenn zwischendrin hart verhandelt wurde oder man sich gar gestritten hat, signalisiert der freundliche Ausklang, dass man sich weiterhin respektiert, immer noch mag und später wieder gefahrlos anknüpfen kann. Small Talk hält Türen offen, sodass Meinungsverschiedenheiten in der Sache nicht bis in die Beziehung ausstrahlen. Das Motto dahinter lautet: Hart in der Sache, weich zur Person! Oder: „Ich kritisiere zwar deine Leistung oder Meinung, aber schätze dich weiterhin als Menschen.“

VIER ZENTRALE FUNKTIONEN VON SMALL TALKimage

Türöffner-Funktion: Small Talk ermöglicht Kontakt, vor allem zu Fremden oder flüchtigen Bekannten.

Vertrauens-Funktion: Small Talk will Sympathien wecken, Gemeinsamkeiten zutage fördern und vor allem eins vermitteln: „Du kannst mir vertrauen, ich bin wie du!“

Aufwärm-Funktion: Small Talk will die Atmosphäre auflockern und Leichtigkeit vermitteln.

Brücken-Funktion: Small Talk ebnet den Kontakt für mehr Tiefe im Verlauf der weiteren Unterhaltung und stellt sicher, dass wir einander positiv in Erinnerung behalten.

Small Talk erfüllt elementare Elemente zur Beziehungspflege, unabhängig davon, ob er nur kurz dauert oder etwas länger. Denn beim Kennenlernen von Fremden oder einem Wiedersehen mit Bekannten können wir nicht unmittelbar mit unseren privaten Sorgen, beruflichen Projekten oder nächsten Zielen und Wünschen kommen. Small Talk ermöglicht uns, zunächst eine Brücke zum anderen zu schlagen und eine gemeinsame Basis herzustellen, die auf den weiteren Kontakt ausstrahlt.

Small Talk ist Beziehungspflege

Viele dieser verbindenden Aspekte könnten wir niemals über Sachthemen erreichen, zumal die Gefahr von abweichenden Meinungen oder unangenehmen Gefühlen viel zu groß wäre. Stell dir nur einmal vor, du erhieltest auf deine morgendliche Frage „Wie gehts?“ von jedem eine vollkommen ehrliche Antwort.

 

Ich habe schlecht geschlafen.

Mir geht es prima, ich bin frisch verliebt.

Oh, mir geht es schlecht, meine Mutter ist gerade gestorben.

Weiß nicht, frag mich später noch mal …

Ich bin genervt, weil sich eine Lieferverzögerung ergeben hat.

Ich habe Sorgen zu Hause … Mein Mann muss viele Überstunden machen.

Du wärst komplett überfordert, mit all der Offenheit umzugehen. Daher ist es ganz hilfreich, wenn du dich am Small Talk festhältst, um zuerst tragfähige Verbindungen zu schaffen, die dann auch einmal schwerere Themen verkraften. Aber alles zu seiner Zeit …

Beziehungsorientierte Intros mögen die Frage „Wie gehts?“ ungern oberflächlich abtun und sind zugleich enttäuscht, wenn andere nur „prima“ erwidern. Selbst mir fällt es häufig schwer, die Erwartung einer lockeren Floskel zu bedienen. Darin übe auch ich mich noch, doch Ehrlichkeit ist nicht zwangsläufig angebracht, wie das Gedankenspiel zuvor veranschaulicht hat.

Mittlerweile dürfte klar geworden sein, dass Small Talk tatsächlich seine Berechtigung hat. Findest du es immer noch müßig, mit solchen Plaudereien wertvolle Zeit zu verschwenden? Womöglich übertragen wir Intros unseren Anspruch auf Tiefe viel zu sehr auf alle Gelegenheiten und unterscheiden zu wenig nach Ort und Anlass.

Der Anlass bestimmt Tonalität und Tiefe

Small Talk nützt vor allem dann, wenn wenig Zeit ist, tiefer einzusteigen. Ob als kurzes Hallo auf dem Flur, im Fahrstuhl oder bei anderen flüchtigen Begegnungen, wir signalisieren mit Small Talk, dass wir den anderen wahrnehmen und wertschätzen. Zugleich wollen wir in diesen Situationen keine weltbewegenden Themen erörtern. Betrachten wir eine weitere Szene:

Zwei Extros begegnen sich auf dem Flur.

A: Ach, hallo! Wie gehts?

B: Muss ja, alles bestens. Und bei dir?

A [nickt und grinst]: Bin grad mitten in der Urlaubsplanung. Das macht gute Laune. Sag, hast du deinen Urlaub schon eingereicht?

B: Na klaro … Und, heute Abend Fußball?

A: Na klar, ich lass kein Spiel aus … Du, war schön, dich zu sehen.

Bis bald!

B: Ja, bis später …

Vermutlich würdest du als Intro lieber schweigen, als bei so einem nichtssagenden Geplänkel mitzuspielen. Was fällt negativ auf?

Oberflächlichkeit: Beide geben nichts Wesentliches von sich.

Pseudo-Interesse: Sie fragen pro forma, ohne an tiefer gehenden Antworten interessiert zu sein.

Sprunghaftigkeit: Sie streifen Themen nur und greifen keins davon näher auf.

Unaufmerksamkeit: Die zweideutige Antwort „Muss ja, alles bestens“ bleibt offen im Raum stehen. Wäre dies ein Gespräch unter engeren Kollegen oder gar Freunden, würde man vermutlich nachhaken, was den anderen bewegt.

Bei einem Flurgespräch ist es jedoch eindeutig, dass dieser Small Talk Kontakt herstellen, aber nicht vertiefen will. So mutet die gesamte Unterhaltung zwar eher wie ein Schlagabtausch an. Der flüchtigen Begegnung geschuldet, beweisen diese wenigen Sätze jedoch viel kommunikatives Geschick:

Türöffner bieten: Mit „Hallo, wie gehts?“ wird das Gespräch eröffnet. Die Frage hat eher den Charakter von „Ich sehe dich“, als wirklich einen Auftakt zum Erzählen bieten zu wollen. Immerhin sind beide anderweitig unterwegs.

Sympathie wecken: Beide spiegeln sich in zweierlei Hinsicht. Sie schließen jede Antwort mit einer Gegenfrage ab und signalisieren so Interesse am anderen. Zudem greifen sie Wörter des anderen auf: „Na klaro – na, klar!“ Damit stellen sie Einklang her.

Positive Atmosphäre schaffen: Das „muss ja“ bringt zwar eine kleine Missstimmung in die Unterhaltung, dies wird aber durch das Umlenken auf Gute-Laune-Themen geschickt kaschiert: Urlaub weckt bei fast allen positive Gefühle.

Gemeinsamen Nenner finden: Speziell das gemeinsame Hobby Fußball ist als verbindendes Element super gewählt und bestätigt die gute Verbindung zueinander. Das strahlt über die Kürze des Gesprächs hinweg aus, sodass sich beide beruhigt verabschieden können.

Hier werden vier zentrale Faktoren des Small Talks in nur einer Minute berücksichtigt. Das ist durchaus nachahmenswert, würde ich sagen.

Für alle, die zu ungeduldig sind, um gleich das ganze Buch zu lesen, verrate ich an dieser Stelle schon einmal vier Ad-hoc-Maßnahmen, mit denen du im Small Talk am leichtesten punkten kannst.

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Zeige Interesse: Mache mit deiner Begrüßung und Zuhörsignalen wie Nicken oder einem „Ja“ oder „Stimmt“ klar, dass du zuhörst und mehr erfahren willst. Greife Themen auf und frage nach.

Wecke Sympathie: Das signalisierst du am besten nonverbal. Wende dich deinem Gegenüber zu, nimm Blickkontakt auf und lächle. Ein leicht schräg gestellter Kopf wirkt dabei weniger bedrohlich als ein gerader Blick, sondern signalisiert Zuwendung.

Betone Gemeinsames: Stelle Übereinstimmung her, indem du Themen aufgreifst oder von deinen Erfahrungen berichtest. Notfalls reicht das Aufgreifen einzelner Stichworte wie „Ah, der Fußball …“.

Zeige dich: Gib dich als Mensch zu erkennen, statt nur in der Zuhörerrolle zu verharren. Schließe dich mit deiner Meinung an: „Das sehe ich genauso.“ Oder sprich etwas Unterhaltsames an, denn das bleibt gut in Erinnerung. „Beim letzten Segelausflug wäre ich fast über Bord gegangen …“

3 ZWEI WEGE ZUM ENTSPANNTEREN SMALL TALK

Bisher haben wir beleuchtet, was Intros am Small Talk schwer fällt und wozu dieser grundsätzlich dient. Nun müssen wir unbedingt klären, wo dein Problem genau liegt. Denn nur zu wissen, wie es geht, nützt dir wenig, um deine innere Abneigung zu überwinden. Dieses Kapitel hilft dir bei der Klärung, welchen Hebel du am besten ansetzen kannst, um dich beim Small Talk leichter zu unterhalten.

Melanie begrüßt die Ankommenden, erkundigt sich nach deren Anreise und bietet allen eine erste Tasse Kaffee an. „Blöder Small Talk“, denkt sich Eduard und verabschiedet sich schnell in sein Büro. Nachher, wenn alle da sind und die Besprechung mit Kunden und Auftraggebern losgeht, wird er wieder dabei sein. Doch diese Begrüßung überlässt er gern seiner Assistentin.

Geschickte Arbeitsteilung, könnte man sagen. Doch zugleich verpasst Eduard einen wichtigen Teil der Beziehungspflege, bei der er sich von einer anderen Seite zeigen könnte. Stattdessen sieht er sich gern als den versierten IT-Fachmann, den andere um Rat fragen, aber den auch keiner richtig kennt.

Problematisch könnte das werden, wenn es um die Vergabe von neuen Projekten geht, denn dann zählt nicht nur fachliches Know-how. Häufig erleben ausgewiesene Experten, dass sie in der Gunst von Kunden oder bei der Vergabe von Stellen übersehen werden, weil sie einfach weniger in Erscheinung treten als andere. Die eigene Sichtbarkeit und das Signalisieren von Interesse am Menschen hinter der Position werden in unserer modernen, vernetzten Arbeitswelt immer wichtiger.

Mit ein paar geschickten Fragen und Anteilnahme zum gerade erlittenen Verkehrschaos gelingt es Melanie, dass sich die Gäste schnell heimisch fühlen. Ihre sympathische Art signalisiert allen, dass sie sich nun entspannen dürfen. Das gelingt ihr, indem sie sich selbst öffnet, eine amüsante Anekdote vom letzten Stau preisgibt und außerdem Einblick gewährt in die Firmengeschichte. Schnell ist die Atmosphäre aufgelockert und alle finden sich im großen Besprechungsraum ein. Eduard, der schon am Beamer sitzt, staunt über die komplett verwandelte Stimmung, mit der alle nun den Saal betreten. „Wie ihr das bloß wieder geglückt ist“, wundert er sich.

KEIN BUCH MIT SIEBEN SIEGELNimage

Small Talk ist kein Buch mit sieben Siegeln, sondern folgt einfachen Regeln und vor allem urmenschlichen Bedürfnissen:

Interesse: Menschen sehnen sich nach Aufmerksamkeit und wollen echtes Interesse an sich und ihrer Person spüren.

Zugehörigkeit: Das Erleben von Gemeinschaft ist für uns fundamental. Uns anderen nah zu fühlen gelingt am leichtesten, indem wir ähnliche Erfahrungen teilen, Gemeinsamkeiten entdecken oder derselben Meinung sind.

Bestätigung: Menschen suchen Wertschätzung für ihre Erfahrungen und Leistungen. Unabhängig vom Alter tut Anerkennung gut und richtet uns innerlich auf.

Wenn man den Stress einer hektischen Anreise schnell abstreifen kann, gelingt der fachliche Dialog einfach müheloser. Ein doppelter Gewinn für alle Beteiligten, denn niemand kann auf Kommando auf Leistung umschalten, solange er noch mit schlechten Gefühlen zu kämpfen hat. Ist die Atmosphäre erst aufgelockert, sind alle schnell für den Schwenk zu komplexeren Themen bereit.

Was Eduard bei seiner Kollegin schätzt, könnte auch ihm gelingen, wenn er sich die Mühe macht, seine Abneigung zu ergründen. Ist es wirklich allein seine Unlust, die ihn die Flucht ergreifen lässt? Oder weiß er womöglich nicht, wie es geht? Fakt ist, je häufiger er Situationen meidet, in denen Small Talk hilfreich wäre, umso schwerer fällt es ihm beim nächsten Mal. Ein sich verstärkender Teufelskreis, wo er mit fehlender Übung zugleich sein Unvermögen und Unbehagen nährt und daraufhin Situationen lieber weiterhin meiden wird.

Lust oder Kompetenzen ausbauen

Wolfgang Rückert, der viel übers Aufschieben geforscht hat, unterscheidet verschiedene Szenarien. Wenn uns etwas partout nicht interessiert, sind wir meist zu unmotiviert, uns damit auseinanderzusetzen. Das stört uns aber selten. Sind wir bei einem Thema Feuer und Flamme, sind wir hochmotiviert, dazu Einsatz zu zeigen. Problematisch wird unsere Motivation erst in zwei Fällen:

Unlust: Wenn wir etwas können, aber ungern tun, dann müssen wir den Wert steigern, den das Ergebnis für uns hat. Oder umgekehrt die Hürde senken, um es trotzdem zu tun. Zum Beispiel: Wenn du sehr genau weißt, wie deine Steuererklärung geht, aber einfach keine Lust hast, dann hilft dir auch der beste Kurs der Welt nicht weiter. Um deine Unlust zu überwinden, könntest du dir klarmachen, wie viel Geld du erstattet bekommst oder was du Schönes unternehmen könntest, wenn du die Steuererklärung abgibst. Oder du kannst die unangenehme Aufgabe möglichst klein halten (nur fünf Minuten täglich) und dir kleine Belohnungen für bereits Erreichtes setzen.

Unwissenheit: Wenn wir nicht wissen, wie etwas funktioniert, müssen wir unsere Kompetenzen ausbauen und lernen, wie es geht. Zum Beispiel: Wenn jemand nicht weiß, wie man online seine Steuererklärung macht, dann kann ihm jemand das Programm erklären, er kann ein Buch lesen, einen Kurs besuchen oder im Internet dazu recherchieren. Auch die Unterstützung eines guten Freundes könnte weiterhelfen.

Ähnlich geht es uns beim Small Talk. Die besten Regeln helfen dir nicht, wenn du weiterhin von deiner Abwehr blockiert wirst. Deswegen ist es sinnvoll, deine Haltung zu überprüfen sowie deine Unlust zu reduzieren, um dich beim Small Talk wohler zu fühlen. Parallel kann dir das Wissen um erprobte kommunikative Tipps und Tricks idealerweise schnelle Erfolge ermöglichen und so weit ausstrahlen, dass auch deine Freude am Small Talk mitwächst. Probiere daher ruhig beide Stellschrauben aus – und teste für dich, wovon du am besten profitierst.

Small Talk mögen lernen

Anders als schüchterne Menschen haben Introvertierte nicht grundsätzlich ein Problem damit, sich an Gesprächen zu beteiligen. „Sind wir krank?“, fragt mich ein Freund, als ich inmitten einer Kneipe erleichtert bei ihm Tiefe tanke, während alle Welt um uns herum recht glücklich scheint mit der seichten Plauderei. „Nein“, antworte ich stoisch, „wir mögen nur lieber andere Gespräche führen, aber das ist völlig in Ordnung!“ Er wirkt erleichtert: „Stimmt, dir erzähle ich ganz andere Dinge als anderen“, bemerkt er schmunzelnd. Tatsächlich kann es mir mit Einzelnen in nur wenigen Sätzen gelingen, eine solche Intensität zu entwickeln, dass wir mitten in einer lauten Kneipe wie in einer Blase verschwinden und ganz aufeinander konzentriert sind. Wunderbar, wie ich finde. Viel zu ernsthaft womöglich für manch andere Gäste.

Mir diese Intensität mit Einzelnen zu erlauben, ist meine Art, mich auf Partys oder bei größeren Veranstaltungen wohlzufühlen. Schon ein gutes intensives Gespräch kann mich für den Rest des Abends mit weit oberflächlicheren Kontakten aussöhnen. Wo liegt deine Grenze? Kennst du sie bereits?

Die Taktik, mir mit ausgesuchten Menschen Tiefe zu erlauben, funktioniert natürlich nur, wenn ich tatsächlich zu großen Festivitäten oder Netzwerk-Veranstaltungen gehe. Viel schwerer fällt es mir persönlich, mich überhaupt dazu aufzuraffen. Bei jedem von uns steckt die persönliche Hemmschwelle an einer anderen Stelle. Die Unlust gegenüber Small Talk oder die Neigung, Veranstaltungen gleich ganz zu meiden, ist für uns Intros nicht untypisch. Leider schlägt schon beim Gedanken daran unser Wohlfühlzentrum vorzeitig Alarm.

Dahinter steckt ein simpler Mechanismus. Unser Unbewusstes ist einfach gestrickt. Es unterscheidet in „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“. Wenn beim Gedanken an die nächste Einladung innerlich mein „Hilfe, bloß das nicht“-Kommentar anspringt, dann ist die emotionale Reaktion eindeutig: „Das tut mir nicht gut, da will ich nicht hin.“ Unabhängig davon, wie schön oder (beruflich) nützlich diese Einladung wohl werden könnte.

Diese Instanz in uns, die blitzschnell und größtenteils unbewusst wertet, kennt kein Gestern, Heute oder Morgen. Die Bewertung des Erlebten erfolgt immer jetzt! Deswegen wird auch ein Event in der Zukunft mit deinen jetzigen Gefühlen gemessen – und nicht daran, dass du dich nach der ersten Viertelstunde vermutlich wohler fühlst. Leider neigt auch unsere Erinnerung dazu, Erlebtes zu vereinfachen und in Schubladen zu packen. Die, auf der Small Talk steht, ist vermutlich recht negativ aufgeladen. Unabhängig davon, wie viele positive Ausnahmen du schon erlebt hast.

Das Unbehagen, das bereits die Vorstellung an Small Talk in uns auslöst, ist tatsächlich körperlich spürbar. Als Druck im Hals, Knoten im Bauch oder Belastung in der Herzgegend. Selbst wenn wir es nicht bewusst registrieren, boykottiert es deine schönsten Bemühungen, locker auf andere zuzugehen – oder in meinem Fall, dem beruflichen Networking eine weitere Chance zu geben. Keine leichte Sache, dich gegen so eine automatisierte Abwehr zu wappnen und dennoch gut gelaunt zu bleiben.

Wir Introvertierte haben das Unbehagen gegenüber Small Talk jedoch nicht gepachtet. In meinen Small-Talk-Workshops frage ich gern zu Beginn, wie sich die Teilnehmer beim Small Talk fühlen. Abwehr und Fluchttendenzen nennen fast alle, unabhängig davon, ob sich jemand als introvertiert oder extrovertiert erlebt. Die Liste der Vorwürfe ist lang: Small Talk wird als langweilig, anstrengend oder unangenehm erlebt, löst Abwehr, Müdigkeit oder gar Ohnmacht aus. Menschen wollen sich nicht aufdrängen, wissen nichts zu sagen oder fühlen sich so unwohl, dass sie Situationen am liebsten aus dem Weg gehen oder möglichst schnell beenden wollen.

MEHR ZUM THEMA INNERE ABWEHR ÜBERWINDEN

Wenn du mit einer inneren Abwehr zu kämpfen hast, dann springe zu Teil 2 des Buches. Hier habe ich dir allerlei nützliche Hinweise zusammengestellt, um deine Haltung zu überprüfen, dir motivierende Ziele zu setzen und dich von unguten Gefühlen leichter zu lösen.

Small Talk leichter gestalten

Jeder Small Talk durchläuft prinzipiell drei Phasen: Geschickt starten, das Gespräch in Gang halten und gekonnt aussteigen – das alles will gelernt sein. Gerade der Auftakt beim Small Talk hat es in sich: „Was soll ich bloß sagen? Wie die Überleitung zu neuen Themen meistern?“ Wichtig ist auch die Frage nach dem Danach: Möchtest du dich im Anschluss verabschieden oder gibt einer von euch das Signal für einen vertiefenden (fachlichen) Dialog?

Small Talk bleibt durchaus stimmungsabhängig, und zwar von beiden Beteiligten. Wenn dir ein Gespräch mal nicht so glückt, denke bloß nicht, dass dir Small Talk generell nicht läge. Probiere es beim nächsten Mal neu. Jeder gute Small Talk lebt von einem guten Gespür, was dich mit deinem Gesprächspartner verbinden könnte.

Wie hoch ist euer Kontaktbedürfnis heute?

Was interessiert ihn oder sie?

Welche Gemeinsamkeiten verbinden euch?

Tatsächlich gibt es eine Menge bewährter Techniken, die dir mehr Sicherheit vermitteln und zugleich dein Small-Talk-Repertoire erweitern. So gewinnst du zunehmend mehr kommunikative Flexibilität und Leichtigkeit.

image SMALL TALK IST WIE DAS ERLERNEN EINER FREMDSPRACHE

Je mehr du übst, umso besser entschlüsselst du die Feinheiten und entdeckst die Eleganz dieser Sprache, wirst sicherer und flüssiger.

Als mir Constanze von ihren Erfahrungen mit Small Talk erzählte, beklagte sie sich über den Egoismus ihrer Gesprächspartner. Sie höre jedem aufmerksam zu, hake interessiert nach und trotzdem blieben Gespräche meist erschreckend einseitig. Selten könne sie ehrliches Interesse an ihr erkennen, denn kaum einer frage einmal nach ihrer Meinung. Ja, das mag unhöflich wirken, doch tatsächlich wird im Small Talk eher erwartet, dass man sich ungefragt einbringt. Die höfliche Zurückhaltung vieler Introvertierter, auf ein explizites Nachfragen zu warten, kann beide Seiten irritieren:

„Die interessieren sich ja gar nicht für mich“, denkt der Intro.

„Die gibt ja gar nichts von sich preis“, denkt der Extro.

Bei gut funktionierendem Small Talk eröffnet der eine ein Thema, das der andere ungefragt aufgreift und vertieft. Der Wechsel zwischen Erzählen und Zuhören springt dabei schnell von einem zum anderen. Mitunter können sich Themen sogar ineinander verschränken, indem zwei jeweils abwechselnd von ihren Themen weitererzählen.

Dein Körper spricht mit! Wenn du dich als Intro beim Small Talk zurückhältst, sieht man dir das meistens an. Bereits kleine nonverbale Signale signalisieren weniger Offenheit oder führen dazu, dass du in Gruppen leichter übersehen wirst. Wer dazu neigt, über längere Zeit nur zuzuhören, kann auf Außenstehende distanziert wirken, obwohl er nur aufmerksam ist.

Die nonverbalen Zeichen werden uns selbst meist gar nicht bewusst wie die Neigung unseres Kopfes, wenn wir zuhören oder reden. Extrovertierte bewegen sich beim Small Talk meist stärker, was sich durch kleinste Kopfverlagerungen oder schnelle Blickwechsel zeigt. Dagegen wirkt das Zuhörverhalten von Introvertierten stärker in sich ruhend. Das ist gut im vertieften Gespräch, aber beim Small Talk wirkt der fokussierte Blick gleich ernsthafter. Viele Intros lächeln auch seltener, sodass wir weit weniger locker wirken als Extrovertierte.

All dies kann durch kleine nonverbale Veränderungen ausgeglichen werden. Die Befürchtung, sich im Small Talk komplett verbiegen zu müssen, kann ich zerstreuen: Du brauchst weder zu schauspielern noch dich komplett umzumodeln. Kleine Änderungen reichen.

MEHR ZUM THEMA VERLEGEN UM WORTE

Wenn du um Worte verlegen bist und gern wissen willst, wie du leichter zum Small Talk beitragen kannst, dann lohnt ein Blick in Teil 3 des Buches. Ausgerüstet mit Gesprächstechniken, Hinweisen zur Körpersprache und einem Potpourri an möglichen Themen, bist du bestens gewappnet, auch ungewöhnliche Anlässe locker zu meistern.

Persönliche Stolpersteine erkennen

Je klarer du herausfindest, wo dein Stolperstein beim Small Talk liegt, umso besser kannst du dich vorbereiten. In welchem der Beispiele findest du dich am stärksten wieder?

Fokus Freude am Tun: Wenn dich Small Talk Überwindung kostet, kannst du mit einer veränderten Haltung mehr Spaß am Plaudern erlangen. Hier habe ich dir von meiner Abneigung gegenüber Netzwerken als Beispiel erzählt.

Fokus Wissen erweitern: Constanze experimentierte damit, sich aktiver in Gespräche einzubringen, und machte die Erfahrung, dass ihr sehr wohl zugehört wurde. Sie hatte ihren Redeanteil nur bislang nie für sich beansprucht.

Fokus schrittweise vorgehen: Eduard entschied sich für eine sanfte Annäherung. Er blieb zunächst häufiger anwesend und schaute sich ein paar Techniken und Fragen bei seiner Kollegin ab. Parallel legte er sich einige kleine Anekdoten zurecht, mit denen er Persönlichkeit beweisen konnte. Zugleich machte er sich bewusst, wie sehr der Small Talk seine Karriere fördern könnte. Er wirkt nun zugänglicher auf Kollegen und Kunden.

MEHR ZUM THEMA TRAININGSPLAN

In Teil 4 findest du einen Vorschlag für eigene Trainingsbausteine. Beginnend mit der richtigen Einstellung durchläufst du in vier Stationen ein sinnvoll aufeinander abgestimmtes Aufbautraining, das dich kompakt mit den wichtigsten Elementen von Einstimmung, Motivation, Gesprächsführung und Abschluss vertraut macht.

Noch ein letzter Tipp: Du kannst dieses Buch in genau der Reihenfolge lesen, die dich am meisten anspricht. Wer sich einem zuvor recht ungeliebten Thema stellt, der darf eine gesunde Portion Neugier als Verbündeten gern mit an Bord holen.

Folge deiner Nase: Pick dir bei den Übungen gern zuerst die heraus, auf die du Lust hast, die dir einfach erscheinen oder die dich im Idealfall gar herausfordern.

Frag dich, was dich motiviert: Wenn du dein persönliches Small-Talk-Training beginnst, dann frag dich: „Was motiviert mich eigentlich, Small Talk zu üben? Was genau erhoffe ich mir davon?“ Wenn du weißt, wofür du das tust, kann dich das sehr beflügeln.

Gewinne durch positive Verstärkung: Mit jedem Aha-Erlebnis, das du bei deinen nächsten Small Talk-Übungen erlebst, zahlst du auf dein Konto positiver Erfahrungen ein: „Aha, das geht doch leichter als gedacht!“ Soll der nächste Small Talk kommen, du bist ab jetzt bestens vorbereitet!

Belohne dich für dein Aktivwerden! Deine Anstrengung darfst und solltest du mit einer kleinen Belohnung feiern. Denk dir etwas aus, was du dir sonst eher nicht leisten würdest!

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4 EINE HILFREICHE EINSTELLUNG ENTWICKELN

Unsere Haltung lenkt unbewusst unser Erleben. Je größer die Abwehr oder unsere Befürchtungen, umso schwerer tun wir uns. Wenn du dich leichter auf Small Talk einlassen willst, lohnt der Blick auf drei Faktoren: deine Erwartungen, deine Entscheidungen und deine Ziele! Denn damit stellst du die Weichen für einen offenen Austausch auf Augenhöhe.

Janine war echt genervt. Jetzt hörte sie ihrer Schwiegermutter schon seit dreißig Minuten zu, und die redete ununterbrochen nur von sich und ihrem Garten: „Warum fragt diese Frau eigentlich nie nach meinem Tag, unseren Kindern oder ihrem Sohn? Jeden Sonntag das Gleiche.“ Jan hatte sich nach einem kurzen Hallo bereits verabschiedet und ihr den Telefonhörer in die Hand gedrückt. „Du kommst mit meiner Mutter viel besser klar“, sagte er. Nur war Janine gar nicht zufrieden mit diesem eingefahrenen Ritual. Insgeheim wünschte sie sich, dass ihre Schwiegermutter mehr Interesse an ihren Enkeln zeigen würde. Doch das würde wohl nie passieren, so ihre Befürchtung.

Als mir Janine dieses allwöchentliche Drama in einem meiner Trainings erzählte, ging es gar nicht um Small Talk, sondern um Konflikte. Die Telefonate mit der Schwiegermutter waren ihr eingefallen, als es um die Frage ging, welche Situationen wiederkehrend Stress auslösen. Spannend ist dabei für mich die Frage, wo wir die Initiative für eine mögliche Veränderung ansiedeln. Spontan wird dann oft der andere benannt: „Wenn meine Schwiegermutter nicht nur von sich reden würde, dann wäre alles viel einfacher. Die interessiert sich ja gar nicht für uns.“ Zugleich blendete Janine aus, wie stark sie durch ihr aktives Zuhören diesen Redefluss weiter nährte. Sie fragte höflich nach und schüttelte nur innerlich den Kopf über so viel Egoismus.

Ähnlich wahr könnte auch diese Perspektive sein: „Meine Schwiegertochter erzählt nie freiwillig etwas von sich oder den Kindern. Um das Schweigen zu füllen, erzähle ich immer mehr und hoffe, dass sie mir auch einmal etwas von sich erzählt. Aber irgendwie mag sie mich wohl nicht, denn sie scheint froh zu sein, wenn sie auflegen kann. Dabei gebe ich mir doch so viel Mühe!“ Das ist reine Spekulation, das gebe ich zu. Doch ob sich eine Situation positiv verändern lässt, wissen wir erst, wenn wir die bisherige Dynamik durchbrechen und neue Wege gehen. Ich riet Janine, im nächsten Telefonat einen ersten Anlauf zu nehmen und ein kleines Erlebnis mit den Kindern zu erzählen. Oder ihre Schwiegermutter zu fragen, ob sie gern etwas über die Kinder erfahren wolle. Jeder Schritt raus aus eingespielten Abläufen kann helfen, eine Begegnung neu zu beleben. Denn viel zu oft schreiben wir eine einmal gemachte Erfahrung fort, weil wir gar keine Besserung mehr erwarten. Das gilt für engere Kontakte ähnlich wie für Small Talk.

Die eigene Haltung überdenken

Wenn uns Small Talk nervt, dann kippt unsere Bewertung schnell in ein Schwarz-Weiß-Denken. Statt uns zu sagen, dass dieses eine Gespräch jetzt etwas zäh und unergiebig war, werten wir gleich jeden Small Talk als oberflächlich und anstrengend ab. Dabei blenden wir häufig all die Gelegenheiten aus, in denen uns Small Talk gut gelungen ist und vielleicht sogar Freude gemacht hat. Ertappe ich dich gerade? Mir geht es so, und zwar erschreckenderweise immer wieder. Obwohl ich aktuell an diesem Buch schreibe und häufig genug sehr netten Small Talk erlebe, ist meine erste innerliche Reaktion oft immer noch: „Oh je, bloß weg hier!“ Dann brauche ich ein kurzes Innehalten, um meine Haltung zu überprüfen und mich neu auszurichten.

Unsere Wahrnehmung verzerrt. Wenn es um eine schnelle Beurteilung von Situationen oder Menschen geht, sind Verallgemeinerungen Gold wert, um beispielsweise Gefahren einzuschätzen. Wer hat bei Feuer oder Einbrechern schon die Zeit, sich zu fragen, ob diese Situation mehr oder weniger brenzlig ist? Da müssen wir unverzüglich reagieren. Angriff, Flucht oder Totstellreflex hat unser inneres Notfallarsenal dazu auf Lager. Doch unsere Wahrnehmung schlägt ebenfalls Alarm, wenn es um harmlose Dinge wie den Schwatz mit Kollegen oder Nachbarn beim Grillfest geht. Jedenfalls dann, wenn wir Small Talk bislang mit Frust, Abwehr oder Langeweile verknüpft haben. Hier hilft nur ein zweiter differenzierter Blick, um die spontane Stressreaktion zu stoppen.

Mach Small Talk nicht schlimmer, als er ist! Ich wiederhole gern, dass Small Talk vermutlich nie die Königsdisziplin für uns Intros wird. Doch das ist gar nicht nötig. Wichtig ist, dass du Gesprächen eine Chance gibst und lernst, sie leichter zu steuern. Das hilft, Stress zu reduzieren. Denn kein Small Talk währt ewig – und es wäre doch gelacht, wenn du dir für dieses erste Aufwärmen in Gesprächen keine passende Strategie überlegen könntest, die auch dir problemlos gelingt oder sogar ein wenig Freude macht.

Unterscheide bitte immer, ob du aktuell mit deiner Abneigung gegenüber Small Talk kämpfst oder die Gesprächsführung noch nicht beherrschst. Denn wenn du Small Talk nicht magst, boykottierst du dich auch dann noch unbewusst, wenn du locker übers Wetter oder das aktuelle Thema der Wahl mitplaudern könntest. Dann hat dich dein Frust dermaßen im Griff, dass du nicht wirklich offen bist für eine entspannte Unterhaltung.

Small Talk als Türöffner

Das Mitreden fällt dir leichter, wenn du dir die Kernfunktionen vom Small Talk bewusst machst: Interesse zeigen, einander kennenlernen, Wertschätzung ausdrücken und zu einer lockeren Gesprächsatmosphäre beitragen. All das tut uns gut, unabhängig davon, ob wir eher intro- oder extrovertiert sind. Denk daran, Small Talk ebnet tieferen Themen erst den Weg. Damit ermöglicht er dir genau das, was du in Gesprächen am meisten schätzt. Den kleinen Umweg über ein paar belanglose Themen vorab sollte dir das ruhig wert sein, oder?

Denk über dein Problem hinaus! Wenn uns Small Talk unangenehm ist, wird das Problem in unserer Vorstellung oft größer als nötig. Beispielsweise befürchten wir, dass wir einen ganzen Abend nur Small Talk machen müssten. Das verschreckt natürlich. Dabei könntest du dir viel besser überlegen, wie du interessante Gesprächspartner und Themen findest. Es liegt in deiner Hand, ab wann und mit wem du in die Tiefe abtauchst, um dich ganz wundervoll zu unterhalten. Statt im Stress steckenzubleiben, lenke deine Wahrnehmung lieber um: Konzentriere dich auf das, was dir leichtfällt, statt auf das, was dich stresst. Oder denke daran, wie du dich fühlen wirst, wenn du den Small Talk bereits überstanden hast. Damit trickst du deine negativen Erwartungen aus und lenkst deine Aufmerksamkeit hin zu dem, was du erleben willst.

Um dein Schwarz-Weiß-Denken zu stoppen, darfst du die Pole zwischen Freude und Frust um einige Grauschattierungen erweitern. Bring zusätzliche Nuancen ins Spiel, statt pauschal zu urteilen. Eine schöne Übung dazu sind einfache Satzergänzungen.

LUST- UND FRUSTFAKTOREN IM VISIERimage

Ergänze so spontan wie möglich die folgenden Sätze. Du kannst deine Antworten aufschreiben oder auf ein Band sprechen, beispielsweise deinen Anrufbeantworter oder dein Handy. Denk nicht groß nach, sondern antworte ad hoc das, was dir gerade in den Sinn kommt.

Ich mag Small Talk, wenn …

Ich mag keinen Small Talk, wenn …

Spaß am Small Talk macht mir …

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783869104249
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (September)
Schlagworte
Gesprächs-Techniken Gespräch Smalltalk Unterhaltung schüchtern Schlagfertig Körpersprache Kommunikation Gesprächsthemen

Autor

  • Silke Nuthmann (Autor:in)

Silke Nuthmann ist Kommunikationswissenschaftlerin und arbeitet seit neun Jahren selbstständig als Beraterin, Trainerin und systemischer Coach. Sie begleitet Selbstständige, Mitarbeiter und Führungskräfte mit dem Fokus auf Kommunikation und integrales Marketing. Dabei bringt sie komplexe Themen gern auf den Punkt, ist wissbegierig und weiß um die befreiende Wirkung, sich als introvertiert zu erfahren. Seither kann sie ihre Stärken noch besser ausspielen und unterstützt andere dabei, wie sie ihren Ideen mehr Gehör verschaffen.
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Titel: Small Talk für Introvertierte