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Die TIME-OUT-Taktik

Effektive Regeneration bei Leistungsdruck, Stress und Erschöpfung. Das Erfolgs-Training für Alltag und Arbeitsplatz

von Peter Solc (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Sofort-Hilfe bei hoher Belastung und Erschöpfung!

Arbeiten bis zum Umfallen? Ständiger Spagat zwischen Familie und Karriere? Fakt ist: Das ist der falsche Weg, um glücklich und effektiv zu sein. Dieser Ratgeber zeigt, dass bewusster Schlaf, Konzentration auf sich selbst und mehr Achtsamkeit auf den eigenen Rhythmus mehr bringt als stures Leisten. Die bewährte TIME-OUT-Taktik hilft schnell bei hoher Belastung und Erschöpfung, bietet aber auch wertvolle Anregungen, wie Sie mit schwierigen Arbeitsumständen besser umgehen können: Leicht verständlich, überall umsetzbar!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Entspannende Gedanken für den Anfang

Durch meine Tätigkeit sowohl im Leistungssport als auch in der Wirtschaft konnte ich einen fundierten Einblick in beide Bereiche bekommen und stellte unter anderem einen grundlegenden Unterschied fest, der das Hauptthema dieses Buches ist: Im Spitzensport hält man sich an den natürlichen Zyklus von Anspannung und Entspannung, von Leistung und Erholung. In der Wirtschaft kaum. Im Sport weiß man, dass beides gleich bedeutsam ist. Nur so sind jene Höchstleistungen und Weltrekorde möglich, die wir fasziniert in den Medien verfolgen. In der Wirtschaft scheint man sich nur in die Leistung verliebt zu haben. Ein unerfahrener Sportler bekommt sofort die Rechnung präsentiert, wenn er sich nicht ausreichend regeneriert, und lernt sehr rasch, wie wichtig Erholung für den Erfolg ist. In der Wirtschaft wird Erholung belächelt, nicht ernst genommen, als nicht wichtig abgetan. Und das ist fatal, weil die Auswirkungen erst mit Zeitverzögerung sichtbar werden.

Dieses Buch soll Ihnen helfen, Ihre persönliche Sicht auf diesen Umstand zu prüfen und bei Bedarf zurechtzurücken. In Kapitel 1 erfahren Sie, was es mit diesem natürlichen Zyklus von Leistung und Erholung auf sich hat und was er mit Ihrem Leben, Ihrer Arbeit, Ihrem Sport zu tun hat. Dieser Rhythmus von Anspannung und Entspannung zeigt sich in vielen Facetten des Alltags – in Kapitel 2 lesen Sie, wie Sie darauf achten können. Kapitel 3 stellt Ihnen schließlich die verschiedenen Formen der Regeneration vor – denn Erholung finden Sie nicht nur beim süßen Nichtstun!

Kapitel 4 und 5 sind der Selbstfürsorge gewidmet. Über die verschiedenen Möglichkeiten der Erholung und Regeneration Bescheid zu wissen, ist die eine Sache. Die andere ist, das Maß der Anspannung, des Stresses, der Überlastung schon von vornherein in Schranken zu weisen. Das ist eine proaktive Form der Regeneration.

Die Kapitel 6, 7 und 8 schließlich machen Sie zum Regenerationsprofi. Sie üben sich in Achtsamkeit und Konzentration, um besser entspannen zu können, lernen verschiedene Entspannungstechniken und erfahren, welch tolle Dienste Ihnen der Schlaf erweisen kann. Dazwischen finden Sie jede Menge Tipps, um belastende Situationen leichter bewältigen zu können. Als Abschluss warten bewährte Muntermacher auf Sie, die Sie zur Aktivierung und Leistungssteigerung einsetzen können.

Sie werden bei den Übungen und Techniken vielleicht feststellen, dass Sie sich ein wenig egoistisch vorkommen. Wie können Sie nur darauf bestehen, eine kurze Pause einzulegen, wenn alle um Sie herum so geschäftig sind? Nun, es ist kein unangemessener Egoismus, ernst zu nehmen, was Körper, Geist und Seele brauchen. Wobei Egoismus an sich nichts Schlechtes ist. Gesunden Egoismus sollten Sie unbedingt lernen! Denn nur wenn Sie auf sich selbst achten, können Sie für Ihre Kinder, Ihren Partner, Ihre Kollegen und Freunde da sein!

Time-out, das ist im Sport die zum richtigen Zeitpunkt genommene kurze Auszeit, um sich vor dem nächsten Spielzug noch einmal zu sammeln, Gedanken und Kräfte zu bündeln, die Strategie zu klären und Konzentration und Motivation zu erhöhen. Ein Time-out ist für die Sportler selbstverständlich. Für Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sollte es ein ebenso selbstverständliches Werkzeug sein, mit dem Sie sich rüsten, um erfolgreich zu sein – beruflich wie privat.

Ich wünsche Ihnen eine entspannende Lektüre!

Peter Solc

1 Erst die Arbeit, dann das Vergnügen?

Anlaufschwierigkeiten am Morgen, Müdigkeit zur Mittagszeit, Konzentrationsprobleme am späteren Nachmittag – Ihr Körper weiß, wann er Pause braucht. Allein Ihr Verstand schüttelt missbilligend den Kopf: Für Pausen werden Sie doch nicht bezahlt! Nun, das ist nur eines von vielen Missverständnissen, mit denen wir uns das Leben schwer machen.

Sportlerroutine Am Vormittag vor dem Meisterschaftsspiel wird nicht trainiert. Es wird gemeinsam zu Mittag gegessen und ein Verdauungsspaziergang gemacht, um sich die Beine zu vertreten. Anschließend geht es ab in die Zimmer mit dem Auftrag, zu schlafen. Zwei Stunden später wird eine Spielerbesprechung abgehalten, dann fährt die Mannschaft zum Entscheidungsspiel ins Stadion.

Ein paar der jungen und weniger routinierten Fußballer spielen nach dem Mittagessen lieber mit der Playstation, als zu schlafen. Allerdings haben sie dabei ein schlechtes Gewissen: Nicht zu schlafen heißt, dass der Körper nicht ausreichend regenerieren kann und die Leistungen hinter den Erwartungen herhinken werden. Wenn die Trainer dahinterkommen, wird es Ärger geben!

Szenenwechsel: Alltagsroutine Der Manager beginnt seine Mittagspause damit, seine Bürotür zu versperren – von innen. Seinem Sekretariat teilt er mit, dass er außer Haus und nicht erreichbar ist. Er legt sich für 20 Minuten auf die Couch zu einem Powernap. Danach ist er wieder frisch und voll leistungsfähig, wie es von ihm erwartet wird.

Allerdings hat er dabei ein schlechtes Gewissen: Ein Schläfchen wird so interpretiert, dass er den Strapazen seiner Arbeit wohl nicht ausreichend gewachsen ist. Wenn seine Kollegen und Vorgesetzten dahinterkämen, würde es Ärger geben! Also hält er seine kleine Siesta lieber geheim.

Höher, schneller, weiter. Und das bitte sofort!

Um acht Uhr im Büro sein, schnell einen Kaffee trinken, denn gleich ist der Jour fixe mit der Abteilung anberaumt, in dem besprochen wird, was in den nächsten Tagen zu tun ist. Auf dem Schreibtisch turmhoch Projektmappen, über der Tastatur eine Reihe kleiner Zettel mit der Bitte um Rückruf, dem Ersuchen um Infomaterial und diverse Notizen, was sonst noch alles zu tun ist. Ab 11 Uhr intensiv an einem Projekt arbeiten, Anrufe tätigen, Maileingänge abarbeiten. Mittagspause? Keine Zeit! Die Chefin wünscht eine Projektstatusmeldung bis spätestens 14 Uhr. Erste Anzeichen von Müdigkeit werden verdrängt. Dann wieder ein Meeting, diesmal mit einem Kunden, um den Auftrag an Land zu ziehen. Der Anflug von Erschöpfung um 16 Uhr wird ignoriert, der Tag ist noch lange nicht zu Ende. Mit Kollegen ein Problem klären, dann an einer Projektdokumentation arbeiten bis 18.30 Uhr. Mails noch mal checken, To-do-Liste abhaken und ergänzen. Um 19 Uhr dann endlich auf dem Heimweg, schnell etwas essen, erschöpft in den Fernsehsessel fallen. Den Kindern müde nachwinken, als sie zu Bett gebracht werden.

Es läuft etwas schief in unseren Büros: Wir arbeiten viele Stunden durch, gönnen uns kaum eine Pause – und wundern uns, wenn uns der Spaß an der Arbeit abhandenkommt und wir am Abend müde, gereizt oder frustriert heimkommen. Wir wollen Karriere machen und Geld verdienen, arbeiten länger und vielleicht auch am Wochenende – und brennen dabei zunehmend aus. Die Wirtschaft verlangt stets steigende Gewinne, und wenn die Spanne zwischen Umsatz und Kosten immer dünner wird, muss man eben an den Kosten schrauben. Und so arbeiten immer weniger Mitarbeiter an immer aufwendigeren Projekten. Wird ein Mitarbeiter krank, müssen die anderen, die ohnehin schon am Limit arbeiten, auch noch Überstunden schieben. Dass der Sparkurs sogar zum Produktionsstillstand führen kann, hat im Sommer 2013 die Deutsche Bahn demonstriert, die wegen krankheitsbedingtem Personalausfall ihren Fahrplan nicht mehr einhalten konnte und manche Regionallinien sogar vorübergehend einstellen musste.

In unserer Freizeit ist es oft nicht viel anders: Wir wollen mit den Kindern und Freunden etwas unternehmen, den Haushalt in Schuss halten und für die Eltern da sein. Der Sohn soll Schlagzeug lernen und die Tochter Spanisch, und so spielen wir Taxidienst zwischen Musiklehrer und Sprachschule. Damit wir selbst nicht zu kurz kommen, spekulieren wir damit, dass sich zwischen den vielen Freizeitterminen auch noch ein paar Stündchen pro Woche erübrigen lassen für unser Hobby.

Diese immer rasanter werdende Entwicklung fordert ihren Tribut: In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Krankenstände durch Burn-out verzehnfacht. Auch wenn dies unter anderem auch damit zu tun hat, dass das Bewusstsein und die Bereitschaft, sich krankzumelden, gestiegen ist: Stress am Arbeitsplatz ist eine der zentralen Ursachen für psychische und körperliche Probleme geworden. Quer durch die Branchen zieht sich dieses Phänomen. Deshalb sind in letzter Zeit Ministerien und Versicherungen dazu übergegangen, dem Thema betriebliche Gesundheitsvorsorge Priorität einzuräumen. „Gesund führen“ heißt das Motto. Nach einer Umfrage des Hernstein Management Reports vom April 2013 sehen Manager darin in erster Linie die Chance, Krankenstände zu reduzieren und die Produktivität zu steigern. Seitdem sollen Fitness-Karten, Anti-Stress-Seminare oder flexiblere Arbeitszeitmodelle zur Work-Life-Balance der Mitarbeiter beitragen. Arbeitsmediziner bieten ganze Kataloge von Maßnahmen an, mit denen Mitarbeiter einen gesunden Ausgleich zu ihrer Arbeit finden können.

Diese Angebote werden leider meist nur inkonsequent genutzt und verlaufen früher oder später im Sand. Dabei kann „Gesund führen“ viel mehr sein, sodass alle profitieren – sowohl das Unternehmen als auch jeder einzelne Mensch. Erste Vorbilder beweisen das, wie z.B. die Zürich Versicherungs-AG in Österreich. Deren Vorstandsvorsitzender Gerhard Matschnig, selbst ehemaliger Spitzensportler, etablierte eine neue, gesunde Leistungskultur. „Wer in der Champions League spielen will, braucht Rahmenbedingungen wie in der Champions League und nicht wie in einem Hobbyverein“, sagte er und umgab sich mit den Menschen, die seine Idee und Einstellung teilten. Das Ergebnis: Ein Umdenken fand statt. Die Mitarbeiter haben heute laut konzernweit regelmäßig durchgeführter Mitarbeiterbefragungen die höchsten Engagement-Werte, sie sind an ihrem Arbeitsplatz am zufriedensten und das Unternehmen wächst derzeit doppelt so stark wie der Markt.

Es ist ein sinnvoller Ausgleich, nach einem besonders anstrengenden Arbeitstag Sport zu betreiben – jedoch nur, wenn es ein entspannter Lauf im Park ist und kein Marathontraining. Sport kann viel zur Regeneration von Körper, Geist und Seele beitragen, sofern er richtig dosiert wird. Doch das ist nur eine der Möglichkeiten, sich trotz forderndem Job und trotz Doppelbelastung im Gleichgewicht zu halten. Es gibt noch eine ganze Palette anderer Tipps – und vor allem auch solche, die Sie während des Tages gut anwenden können. Sie werden sie in diesem Buch kennenlernen.

Was nämlich generell übersehen wird, ist die tragende Bedeutung von Regeneration, und zwar zur rechten Zeit und nicht erst dann, wenn man erschöpft ist. Offenbar haben wir ein bisschen zu gut gelernt, dass man erst nach getaner Arbeit das Recht auf Erholung hat – und nicht schon zwischendurch, wie es unserer Gesundheit zuträglich wäre. Es ist uns viel zu wenig bewusst, wie wichtig Regeneration für unsere Leistungsfähigkeit ist. Mit diesem Buch möchte ich ein Stück weit zur Aufklärung beitragen und Sie zum Umdenken anregen.

Wir brauchen Erholung dringender denn je

Spitzenleistungen sind nur dann möglich, wenn wir unserem Körper und unserem Geist ausreichend Erholung gönnen – wohldosiert und mehrmals am Tag. Das hat schon der griechische Gelehrte Plutarch gewusst. „Erholung ist die Würze der Arbeit“, sagte er. Nicht nur, dass man erst durch Erholung Geschmack an der Arbeit finden kann – Gewürze in der Küche sind nicht nur eine Gaumenfreude, sondern durchweg auch heilsam und beinhalten viele wertvolle Spurenelemente, die der Mensch braucht. So ist es auch mit der Erholung: In der Regeneration sammeln wir Energie, führt der Körper Reparaturarbeiten in Muskeln und Organen durch und macht Ordnung im Gehirn, sodass wir uns mit frischer Kraft der nächsten Aufgabe widmen können.

Sowenig, wie ein Motor auf Dauer im roten Drehzahlbereich funktionieren kann, sowenig können wir tagtäglich unter Dauerbelastung stehen, ohne krank zu werden. Das ist logisch und einleuchtend. Trotzdem verhalten sich nur die wenigsten Menschen entsprechend, und das liegt wohl an falsch verstandenem Pflichtgefühl oder an Wertvorstellungen, die dringend einer kritischen Prüfung bedürfen, ob sie den Anforderungen der heutigen Zeit überhaupt noch angemessen sind.

Werte, die uns nicht guttun

Jede Gesellschaft, jeder Mensch hat Wertvorstellungen, die meist unbewusst das Zepter führen und uns daran hindern, das Leben mehr zu genießen. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ ist z.B. eine Anweisung, deren Befolgung fatal enden kann. Permanenter Stress führt zu chronischer Erschöpfung, Depressionen, sozialem Rückzug, Rückenschmerzen, Magen-Darm-Problemen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das wiederum sorgt dafür, dass wir nicht voll leistungsfähig sind oder überhaupt für längere Zeit ausfallen – abgesehen davon, dass man doch viel lieber das Leben genießen möchte, als krank zu sein. Selbst wirtschaftlich betrachtet ist diese veraltete Lebensweisheit höchst bedenklich: Allein Krankheit durch Stress und Burn-out kostet EU-weit etwa 20 Milliarden Euro pro Jahr, Tendenz steigend.

Umgekehrt können wir den Nutzen, den wir durch rechtzeitiges Vorsorgen hätten, gar nicht genug würdigen. Stellen Sie sich vor, Sie wären jeden Tag frisch und voll Energie, und zwar nicht nur morgens, wenn Sie zur Arbeit gehen, sondern auch noch abends. Weil Sie wüssten, dass Sie sich nicht nur fachlich auf schwierige Aufgaben vorbereiten, sondern auch auf Ihre körperlichen Ressourcen achtgeben müssen, wären Sie noch erfolgreicher in Ihrem Beruf. Sie hätten genug Reserven, um aktiv an Ihrem Familienleben teilzunehmen und Ihrem Hobby nachzugehen. Wenn Sie lernen, mit Ihren Kraftreserven gut hauszuhalten, haben Sie alle Chancen, sich einer hohen Lebensqualität zu erfreuen. All diese positiven Effekte sind jedoch schwer zu bemessen – vielleicht ist das ein Grund, weshalb Regeneration im Beruf bis dato nicht ausreichend ernst genommen wird.

Pausenlose Hochsaison

Die etwas Älteren unter uns erinnern sich sicher noch an das ebenso beliebte wie berüchtigte Sommerloch – die Flaute, die während der Hauptferienzeit in die Büros und Geschäfte einzog und sich auf die Zeiger der Uhren setzte. Träge tropften die Minuten vor sich hin, manchmal war es auch richtig langweilig am Arbeitsplatz. Wer Gleitzeit hatte, nützte die Gelegenheit, um früher zu gehen und den Rest des Tages im Freibad zu verbringen. Das Sommerloch war die Zeit, in der wir durchschnaufen konnten, endlich aufarbeiten konnten, was während der Hochsaison an nicht so dringender Arbeit liegen geblieben war, und wir zwischendurch auch öfter Zeit für ein kleines Schwätzchen mit den Kollegen hatten. Die Nebensaison war im Sinne der Regeneration eine besondere Zeit. Wie Pflanzen den Winter brauchen, um im Frühling neu sprießen zu können, brauchen auch wir Menschen eine „tote“ Zeit, in der wir uns erholen können, um erneut durchzustarten.

In jeder Branche gab es Hauptsaison und Nebensaison. Ein Hotel auf Sylt hatte im Sommer Hochsaison. Im Winter hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zeit für Reparaturarbeiten oder Fortbildungen, ansonsten nahmen sie sich eine Auszeit – ein Time-out. Die Mitarbeiter der Finanzabteilung eines internationalen Konzerns hatten um den Jahreswechsel herum besonderen Stress wegen des Jahresabschlusses, dafür hatten sie im Sommer weniger zu tun. Auch im Sport gab es Haupt- und Nebensaison: Die Rennsaison für den Skisport begann im November und endete im März. Im Sommer wurde Pause gemacht und das Aufbautraining für die nächste Saison durchgeführt. Umgekehrt im Segelsport: Zwischen dem Ansegeln im Frühjahr und dem Absegeln im Herbst fanden die Regatten statt, im Winter war Pause.

Doch wo ist es hin, das Sommerloch? Es wurde in den letzten Jahrzehnten zunehmend zugestopft, um nur ja das Maximum an Ertrag herauszuquetschen. Das Hotel auf Sylt erfindet Attraktionen für die Nebensaison und schnürt Bonuspakete, mit denen es Gäste anlockt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Finanzabteilung des Konzerns werden im Sommer mit zusätzlichen Aufgaben betraut. Selbst der Sport bleibt von der zusätzlichen Geschäftemacherei nicht verschont. Der Fußball hatte früher Hauptsaison zwischen Spätsommer und Frühling. Heute ist die Pause geschrumpft, um nicht nur Landesmeisterschaftsspiele unterzubringen, sondern auch noch die verschiedenen Cup-Wettbewerbe. Wenn dann auch noch Weltmeisterschaft ist, haben die Spieler praktisch keine Pause mehr. Selbst der Freizeitsport wird mitgezogen von der Sport-Event-Manie, sodass selbst Hobbyläufer in Versuchung geführt werden, auch im Winter ohne Pause durchzulaufen, weil mittlerweile das ganze Jahr über Wettbewerbe für die Freizeitathleten stattfinden. So gut der Gedanke auch ist, die Menschen damit zum Sport zu animieren, so sehr bleibt die so wichtige Idee der Regeneration auf der Strecke. Denn auch einem Hobbysportler tut es gut, ein oder zwei Monate Pause zu machen.

Im Druckkochtopf

Wir laufen auf Hochtouren, sobald wir unseren Arbeitsplatz betreten. Wir versuchen, unsere Konzentration permanent auf maximalem Level zu halten, doch das klappt nicht. Unsere Arbeitsleistung sinkt zwangsläufig und am Abend sind wir erschöpft. Wenn wir uns das wochen- und monatelang abverlangen, brechen wir zusammen, brennen aus.

Ich würde mit Ihnen gerne ein kleines Experiment starten. Im Folgenden finden Sie eine Arbeitsanweisung und ich möchte Sie bitten, diese zu befolgen. Bitte halten Sie einen Stift und eine Uhr bereit und stellen Sie den Timer auf 60 Sekunden – so viel Zeit haben Sie.

DIES IST EIN ZEITTEST – SIE HABEN HÖCHSTENS 1 MINUTE ZEIT!

Folgen Sie bitte genau den Anweisungen!

  1. Lesen Sie alle Anweisungen, bevor Sie irgendetwas tun.
  2. Schreiben Sie Ihren Namen in die rechte obere Ecke dieser Seite.
  3. Ziehen Sie einen Kreis um das Wort „Namen“ in Anweisung Nr. 2.
  4. Zeichnen Sie 5 kleine Quadrate in die linke obere Ecke.
  5. Machen Sie anschließend ein x in jedes Quadrat.
  6. Schreiben Sie rechts unten „JA-JA-JA“.
  7. Schreiben Sie ein S in die linke untere Ecke dieser Seite.
  8. Zeichnen Sie ein Dreieck um das eben gesetzte S.
  9. Multiplizieren Sie 703 x 66.
  10. Zeichnen Sie ein Rechteck um das Wort „Ecke“ in Anweisung 4.
  11. Rufen Sie laut Ihren Vornamen aus, wenn Sie an dieser Stelle sind.
  12. Wenn Sie bisher alle Anweisungen befolgt haben, rufen Sie laut und deutlich: „Ich hab’s!“
  13. Addieren Sie 8950 + 9805.
  14. Zeichnen Sie ein Quadrat um das Ergebnis und ziehen Sie einen Kreis um das Quadrat.
  15. Zählen Sie in Ihrer gewohnten Sprechweise rückwärts von 10 bis 1.
  16. Machen Sie mit dem Stift einen dicken schwarzen Punkt in die obere Seitenmitte.
  17. Wenn Sie hier ankommen, rufen Sie laut: „Erster!“
  18. Unterstreichen Sie alle geraden Zahlen am linken Seitenrand.
  19. Rufen Sie laut: „Ich hab’s fast geschafft und alle Anweisungen beachtet!“
  20. Nachdem Sie nun alles sorgfältig gelesen haben, führen Sie nur die Anweisung Nr. 2 aus, die restlichen Punkte werden hiermit widerrufen.

Wenn Sie sich am Ende des Experiments verärgert mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen haben, trösten Sie sich: Die meisten Menschen, die dieses Experiment zum ersten Mal machen, lesen die erste Anweisung und führen ab der zweiten alle Aufgaben sofort durch. Spart schließlich Zeit, nicht wahr? Erst am Ende, wenn sie den letzten Satz lesen, schwant ihnen, dass sie sich völlig unnötig Mühe gegeben haben.

Es ist eine typisch menschliche Reaktion: Wenn wir unter Druck stehen – in dem Fall waren Sie unter Zeitdruck –, neigen wir dazu, sofort Handlungen zu setzen und damit noch mehr Druck zu erzeugen. Sie haben Anweisung Nr. 2 gelesen und obwohl ganz zu Beginn des Tests stand, Sie sollten zuerst alles lesen und erst dann tun, was zu tun ist, dachten Sie: Ach, ist ja nur eine Kleinigkeit. Das mache ich am besten gleich. Sie haben schließlich nur eine Minute Zeit bekommen! So passiert es uns denn auch täglich: Wir spüren Druck und schaffen es, uns gleich noch mehr Arbeit aufzuhalsen, die gar nicht nötig gewesen wäre.

Klug wäre es jedoch, bei Stress Druck herauszunehmen, also genau das Gegenteil dessen zu tun, was unser Instinkt uns rät. Indem wir uns ein bisschen entschleunigen, bewirken wir dreierlei:

  1. Wir verschaffen uns einen Überblick über das, was tatsächlich zu tun ist.
  2. Wir können uns besser orientieren.
  3. Wir gewinnen ein wenig Zeit, um durchzuschnaufen.

Auch im Sport war Druck früher gang und gäbe: Hat die Fußballmannschaft schlecht gespielt, wurde ein Straftraining verhängt. Das freie Wochenende wurde gestrichen, damit die Spieler noch mehr trainieren und ihre Fehler ausmerzen konnten. Im Sport hat man jedoch dazugelernt. Heute wird schlechte Leistung nicht bestraft, im Gegenteil. Auch ein schlechter Spieler muss sich regenerieren – und erst danach noch härter und gezielter üben, um besser zu werden.

Den Profisport zum Vorbild nehmen

Im Profisport erkennt man fehlende Regeneration sofort anhand schlechter Ergebnisse. Aus diesem Grund wurde auch viel geforscht, wie man Menschen zu Spitzenleistungen führt, und setzt diese Erkenntnisse auch erfolgreich um. So sind Erholungsphasen fixer Bestandteil des Trainings, sie gehören also zum normalen „Arbeitsablauf“ eines Sportlers. Kein Marathon-Aufbautraining, keine Fußball-Trainingswoche ohne tägliche Ruhepausen, Konzentrationsübungen und ausreichenden Schlaf. Sportler, die ihre Regenerationszeiten nicht einhalten, werden bald durch mangelnde Leistungen enttarnt. Fehlende Erholung schlägt sich also direkt auf die Performance eines Sportlers nieder und ist somit leicht erkennbar. Im Sport ist das gesamte Betreuungsteam – vom Trainer und Mentalcoach bis zur Physiotherapeutin und Ernährungsberaterin – darauf ausgerichtet, dass der Sportler Spitzenleistungen bringen kann. Sie alle wissen genau Bescheid, was Körper, Geist und Seele brauchen, zu welchem Zeitpunkt welches Maß an Druck und welches Maß an Erholung notwendig ist. Deshalb achten alle darauf, dass Ruhezeiten und Regeneration eingehalten werden.

Und wie ist das in der Wirtschaft? Wenn Sie ein Team leiten: Wie sehr achten Sie darauf, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend Erholung haben? Wie oft haben Sie schon gesagt: „Gehen Sie doch heute mal früher nach Hause!“? Noch nie? Dann sollten Sie sich das noch mal überlegen. Wenn Sie keine Führungskraft sind: Wie sehr achten Sie selbst beruflich wie privat darauf, dass Sie frisch und munter bleiben? Auf wie viele Mittagspausen haben Sie schon verzichtet und durchgearbeitet, weil etwas angeblich Unaufschiebbares unbedingt getan werden musste?

Der Gesetzgeber hat zwar einen Rahmen geschaffen, sodass es eine gesetzlich vorgeschriebene Mittagspause sowie Grenzen für die Tages- und Wochenarbeitszeit gibt – doch ob diese Regelungen eingehalten werden, steht auf einem anderen Blatt. Es liegt nicht nur am Chef, der einem ständig mehr Arbeit aufhalst. Wir haben auch selbst die Verantwortung für unsere Gesundheit. Während ein Sportler nach einem Wettkampf unbedingt eine Ruhepause einlegt, hetzt ein Angestellter nach einem anstrengenden Meeting womöglich gleich zum nächsten schwierigen Gespräch. Nicht einmal der Star-Leichtathlet Usain Bolt würde gleich im Anschluss an den 200-Meter-Lauf beim Staffelwettbewerb teilnehmen – er weiß, dass er nicht dieselbe Leistung bringen kann, wie wenn er sich dazwischen ausreichend regeneriert.

Im Job ist der Mangel an Erholung nicht unmittelbar erkennbar. Wer kann schon einen Vergleich ziehen zwischen dem Ergebnis eines Gesprächs, in dem man frisch und schlagfertig agiert, und einem, in dem man aus Müdigkeit die entscheidenden Worte nicht findet? Erst die Summe kleiner Konzentrationsschwächen macht sich dann irgendwann bemerkbar. Der Mangel an Erholungsphasen im Tagesverlauf kostet das Unternehmen Geld, erhöht die Unfallgefahr und gefährdet im Extremfall sogar Menschenleben – Sie werden bestimmt lieber von einem ausgeruhten Arzt operiert als von einem, der die ganze Nacht durchgearbeitet hat! Und dass die Ruhezeiten von Piloten bei einer europäischen Airline neuerdings reduziert wurden, wird Sie vermutlich auch nicht gerade beruhigen.

Profisportler üben sich in einer sinnvollen Abfolge von Anstrengung und Entspannung nach den neuesten Erkenntnissen der Sportwissenschaft. Sie wissen, dass ein Muskel im Training zwar beansprucht, jedoch ausschließlich in der Erholungsphase tatsächlich wachsen kann. Sie pflegen einfache Konzentrationsübungen und Rituale, um sich unmittelbar vor dem Wettbewerb auf den Sieg einzustellen. Und sie erkennen, wann sie am Limit sind und jede weitere Anstrengung sie nur noch schwächer, in keiner Weise aber stärker machen würde. Von ihnen können wir lernen, wie wir auch im Büro, beim Kunden, Patienten oder Geschäftspartner gute Leistungen bringen, ohne uns auszubeuten, sodass wir langfristig Freude an unserer Arbeit und in unserer Freizeit haben.

Von Mäusen, Muskeln und mentaler Kraft: Die Yerkes-Dodson-Regel

Wo wären wir, gäbe es keine Mäuse und Ratten auf dieser Welt! Vor allem die Spezies Laborratte erweist uns seit jeher wertvolle Dienste. So auch in einem Versuch aus dem Jahr 1908, in dem die beiden amerikanischen Psychologen Robert Yerkes und John D. Dodson den Zusammenhang zwischen Leistung und dem Maß der psychischen Anspannung untersuchten. Sie ließen Ratten durch ein Labyrinth laufen, an dessen Ende Futter war. Das Ergebnis ist für uns heute wenig überraschend, weil uns das der Hausverstand sagt: Hatten die kleinen Nager Hunger, fanden sie sehr schnell den richtigen Weg zur Futterquelle. Waren sie satt, spielten sie bloß herum oder trödelten durch die Gänge des Labyrinths. Logisch, nicht wahr: Wenn die Motivation fehlt, gibt es keine Leistung. So schön, so gut.

Interessant war jedoch: Wenn sie fast am Verhungern waren, fanden die Ratten den Weg zur Futterquelle ebenfalls nicht. Sie machten Fehler, bogen falsch ab, liefen in die verkehrte Richtung oder blieben auf der Strecke einfach sitzen, um sich auf das Sterben vorzubereiten. Das ist überraschend, wo man doch meinen könnte, der Hunger würde sie erst recht motivieren und ihre Instinkte und den Überlebenstrieb stärken. Doch das Gegenteil trat ein: Durch die Überlastung, den Stress, hervorgerufen durch die Aussicht auf den Tod durch Verhungern, entstand Panik. Angst lähmt bekanntlich und führte bei den Laborratten dazu, dass die Instinkte versagten. Der Orientierungs- und sogar der Geruchssinn setzen aus.

In den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts hat der Psychologe Hans Jürgen Eysenck diesen Zusammenhang auf uns Menschen übertragen, denn das Prinzip ist bei uns das gleiche: Bis zu einem gewissen Grad brauchen wir Anspannung, also Motivation, um erfolgreich und leistungsfähig zu sein. Wird die Anspannung jedoch unerträglich, wird sie zu Angst oder gar Existenzangst, so zeigt sich das in einem Leistungsabfall bis zur völligen Arbeitsunfähigkeit.

Wird die Anspannung, der Druck zu groß, werden wir immer müder, der gesunde Hausverstand und unsere Sinne werden überlagert von Überlebensstrategien wie Flucht oder Kampf. Yerkes und Dodson zeichneten den Leistungsverlauf im Verhältnis zur Anspannung durch ein verkehrtes U, wie Sie in der folgenden Abbildung sehen können.

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Die Leistungskurve nach Yerkes und Dodson

Die Leistungskurve im Sport

Sehen wir uns die Leistungskurve nach Yerkes und Dodson nun einmal anhand eines praktischen Beispiels an. Stellen Sie sich vor, Sie sind Hobbyläufer. Sie stehen am Morgen auf und noch vor dem Frühstück drehen Sie Ihre erste Runde im Park. Weil Ihre Muskeln vom Schlaf noch ganz entspannt sind, der Anspannungsgrad also noch ganz niedrig ist, sind Sie noch relativ langsam. Sie sind auf der Leistungskurve im linken Bereich: geringe Muskelspannung, geringe Leistung. Mit jeder Runde erwachen Ihre Muskeln mehr und spannen sich immer weiter an. Sie bauen Kondition auf, Ihre Muskeln werden stärker, Ihr Herz-Kreislauf-System ebenso. Mit jeder Runde steigern Sie sich. Irgendwann haben Sie Ihre maximale Leistungsfähigkeit erreicht – in der Grafik wäre das der höchste Punkt in der Kurve.

Sie laufen weiter und mit der Zeit werden Sie müder und langsamer, doch das merken Sie nicht sofort. Das erste wahrnehmbare Zeichen ist der kürzere Atem, der Sie dazu veranlassen sollte, langsamer zu laufen. Wenn Sie das ignorieren, folgen als Nächstes Muskelkrämpfe. Es wird Ihnen Ihr gesunder Menschenverstand sagen, dass Sie an dieser Stelle nur noch ganz locker auslaufen, schließlich Ihre Waden und Oberschenkel dehnen und dann Pause machen sollten. Ihr Blut kann nicht mehr genug Sauerstoff in die Muskeln transportieren und übersäuert zunehmend. Würden Sie jedoch – rein theoretisch – weiterlaufen, würden Ihre Muskeln immer mehr verkrampfen und Sie wären anfällig für Verletzungen. In letzter Konsequenz würden Sie vor Erschöpfung und Schmerzen zusammenbrechen. Sie wären dann auf der Leistungskurve im rechten Bereich: extrem hohe Muskelspannung, geringe Leistung.

Für Trainer von Profisportlern ist diese Leistungskurve der Maßstab, den sie all ihrem Tun zugrunde legen. Es ist für sie Basiswissen. Was leiten Profitrainer aus dieser Kurve ab? In der ersten Hälfte der Kurve, wenn Leistungssteigerung möglich ist, wird Druck erzeugt, werden die Sportler angetrieben, um das Maximum des Muskelaufbaus herauszuholen. Ab dem Moment, wo das Limit – also der höchste Punkt der Kurve – überschritten ist, beginnt die Regenerationsphase: Der Sprintläufer läuft eine langsame Runde, um die Muskeln zu lockern, und macht schließlich Pause.

Die Leistungskurve des Gehirns

Mit unserer geistigen Leistungsfähigkeit ist es ähnlich. Beim Aufwachen brauchen wir eine Weile, bis unser Gehirn in die Gänge kommt – Morgenmenschen schaffen das schneller als Abendmenschen, doch auch sie brauchen ein bisschen Zeit. Wenn eine Forscherin im Universitätslabor an einem heiklen Versuch arbeiten will, sollte sie das also vielleicht nicht gleich um acht Uhr am Morgen machen, damit ihr das Labor nicht um die Ohren fliegt. Dieses Stadium ist in der Kurve wiederum links unten zu finden: geringe Anspannung, geringe Konzentrationsfähigkeit. Wenn der Wecker bei ihr um sieben Uhr klingelt, schafft sie geistige Höchstleistungen vermutlich erst so um neun oder zehn Uhr, wenn die Kurve bereits ein Stück weitergeklettert ist. Je nach ihrer Konstitution hat sie nach zwei oder drei Stunden ihre maximale geistige Belastbarkeit erreicht. Ab dem höchsten Punkt, wenn die Kurve nach rechts abzufallen beginnt, sinkt ihre Konzentrationsfähigkeit, sie wird schließlich immer erschöpfter und gereizter werden. Als Folge der Unkonzentriertheit steigt die Gefahr, Fehler zu machen und womöglich einen Unfall zu verursachen. Der Grund für den mentalen Leistungsabfall ist, dass die Stresshormone im Körper dafür sorgen, dass Sauerstoff aus der Peripherie in die Muskeln gepumpt wird. Hände und Füße sind betroffen – und besonders das Gehirn, das mit weniger Sauerstoff nicht die gewünschte Konzentration aufbringen kann. Es wäre also höchst sinnvoll, eine Pause einzulegen, sobald sie ihr Höchstmaß an geistiger Leistungskraft erreicht hat. Erst danach ist sie wieder in der Lage, den nächsten geistigen Berg zu erklimmen.

Dass diese Leistungskurve für uns alle gilt, egal, was wir tun, ist den meisten Menschen nicht klar. Es scheint bestenfalls so, als hätten wir nur die erste Hälfte verstanden. Denn Druck machen, das können wir. Ja, wir brauchen ein bisschen Druck und bis zu einem gewissen Grad auch Stress, um motiviert zu sein, das Beste aus uns herauszuholen. Doch diesen Druck und Stress können wir nicht stundenlang aushalten.

Wir berücksichtigen nicht, dass die Leistungskurve auch noch jene zweite Hälfte hat, die Erholung fordert. Denn auch wenn wir uns nicht körperlich anstrengen, so werden wir doch müde und das Blut kann unser Gehirn nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgen. Ihr Gehirn arbeitet dadurch nicht optimal, Sie werden unkonzentriert und machen Fehler.

Was ist unsere Reaktion darauf, dass wir keine guten Leistungen bringen? Wir strengen uns noch mehr an und arbeiten die Mittagspause durch. Anstatt uns bei Überbeanspruchung zurückzunehmen und uns ein wenig zu entspannen, um anschließend mit neuer Kraft an die Sache heranzugehen, erhöhen wir den Druck. All die alten Führungswerkzeuge beruhen auf dem Glauben, dass man Menschen durch Ansporn, Druck, Kontrolle, Belohnung und Bestrafung „motivieren“ muss. Pause? Nein, die muss man sich erst verdienen, heißt es doch: „Ohne Fleiß kein Preis.“ Doch in keiner Managementschmiede wird gelehrt, dass es genauso wichtig ist, den Mitarbeitern eine Phase der Ruhe und Entspannung zu geben, ja dass dies sogar eine Voraussetzung dafür ist, dass sie Spitzenleistungen erbringen können. Auch all die Glaubenssätze, die das Leben eines jeden von uns leiten, basieren auf dieser überholten Überzeugung, nur Drill und Anstrengung führten zum Ziel.

Die Zeit ist reif zum Umdenken

Auch wenn viele Manager immer noch auf alte Führungswerkzeuge zurückgreifen: Positive Beispiele gibt es zum Glück mittlerweile auch. Die bereits erwähnte Zürich Versicherungs-AG hat es durch geeignete Rahmenbedingungen und einen langen Atem geschafft, in den Köpfen der Mitarbeiter eine neue Haltung zur Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu schaffen. Die voestalpine AG, einer der führenden Stahlproduzenten weltweit, ist ebenso beispielgebend. Seit einigen Jahren bietet sie ihren Mitarbeitern Schulungen zur Work-Life-Balance an, jährlich absolvieren etwa 100 Schichtarbeiter ein gezieltes Schlaftraining unter meiner Leitung. Der Konzern hat verstanden, dass gut erholte Mitarbeiter dem Unternehmen und nicht zuletzt den Kunden einen Mehrwert bringen. Weitere mittlerweile berühmte Beispiele sind Google, Facebook und andere junge Konzerne, die Lounges, Ruheräume, Rückzugsmöglichkeiten verschiedener Art für ihre Mitarbeiter bereitstellen.

Heute geht es nicht mehr darum, dass wir nicht faul sein dürfen. Diese Sorge können wir getrost begraben. Unsere Sorge sollte sein, dass wir gut gerüstet sind, um Spitzenleistungen zu erbringen. Das ist, was verlangt wird: dass wir unser Bestes geben. Das können wir nur, wenn wir auf unsere Ressourcen gut achtgeben – auf unseren Energiehaushalt, unseren Körper, der uns durchs Leben trägt, unseren Geist, der tagtäglich gefordert wird.

Das Wichtigste ist jedoch, nicht darauf zu warten, dass andere für unser körperliches, geistiges und emotionales Wohl sorgen. Denn jene innovativen Unternehmen und Führungskräfte sind immer noch in der Minderheit. Letztlich gilt für uns alle, dass wir unsere Einstellung zu Arbeit, Leistung und damit auch zum Thema Regeneration erneuern müssen. Solange wir wie der Manager in der Eingangsszene dieses Kapitels ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir eine Pause machen, wird sich nicht viel an der aktuellen Erschöpfung und Überforderung vieler Menschen ändern. Es wäre schön, wenn jeder von uns das Modell der Leistungskurve und das Wissen um den eigenen, individuellen Maximalpunkt im Kopf hat und mit gutem Gewissen dann Pause macht, wenn es für ihn notwendig ist.

2 Folgen Sie Ihrem Rhythmus

Die Jahreszeiten, der Wochenablauf, der Tag-Nacht-Zyklus: Die Natur hat es so eingerichtet, dass alles im rhythmischen Ablauf von Entspannung und Anspannung fließt. Wenn wir es verstehen, uns darin einzufügen, können wir unseren eigenen Rhythmus finden und ihn uns zunutze machen.

Sportlerroutine Die acht Ruderer sitzen in ihrem Boot und sind bereit für den Startschuss. Dieser ertönt – und auf Kommando tauchen alle das Ruderblatt ins Wasser und ziehen durch. Der Steuermann gibt den Schlagrhythmus vor und die Mannschaft legt sich in die Riemen: Exakt synchron tauchen sie ein, ziehen durch, tauchen ein, ziehen durch.

Die Mannschaft weiß: Sie erreichen nur dann die maximale Geschwindigkeit, wenn alle im selben Rhythmus schlagen. Sobald auch nur ein Ruderer außerhalb des Taktes ist, geht Kraft verloren.

Szenenwechsel: Alltagsroutine Seit Anfang September arbeitet die Marketing-Mitarbeiterin auf Hochtouren. Die Messe ist vorzubereiten: Die Ausstellungsstücke müssen angeliefert, die Stand- und Verkaufsmitarbeiter sowie Kunden informiert, das Catering bestellt, der Stand aufgebaut, Informationsmaterial in ausreichender Menge organisiert werden. Für den letzten Tag ist ein großer Kundenevent geplant.

Die Mitarbeiterin stöhnt, wenn sie nur daran denkt, dass der Vorbereitungsstress nahtlos übergehen wird in die anstrengende Arbeit während der Messetage und anschließend der Event noch nachbereitet werden muss. Auch dann wird kaum Erholung in Aussicht sein, denn im Oktober beginnen die Jahresabschluss- und Budgetarbeiten. Sie weiß nicht, wie sie das bloß alles überstehen soll.

Alles Leben braucht Pausen

Den Wechsel von Anspannung und Entspannung, wie er mit der Yerkes-Dodson-Kurve (siehe Kapitel 1) dargestellt wird, finden wir fast überall: im Tag-Nacht-Rhythmus, im wöchentlichen Wechsel von Arbeitstagen und Wochenende, in den Jahreszeiten der Natur. Wenn wir die Natur betrachten, ist es einleuchtend: Gäbe es den Winter nicht, in dem alle Pflanzen ihr Wachstum einstellen, könnten sie im Frühjahr keine frischen Triebe entwickeln, Blüten sprießen lassen und ein Stück weiterwachsen.

So wie ein Apfelbaum nicht jahrein, jahraus ununterbrochen Früchte tragen kann, können wir unsere Konzentration nicht ununterbrochen aufrechterhalten. Wir schaffen es, ein paar Tage lang auf Hochtouren zu arbeiten – allerdings auch nur, weil wir uns dazwischen ganz automatisch an den Tag-Nacht-Rhythmus halten und schlafen. Irgendwie überleben wir auch jedes Jahr den vorweihnachtlichen Stress, an dem wir vor lauter Weihnachtsfeiern, Geschenkekaufen und Verwandtenbesuchen kaum zur Ruhe kommen. Doch wir sind dann schon ziemlich froh, wenn wieder Ruhe einkehrt und wir uns erholen können. Wir brauchen regelmäßig unser Wochenende, und fällt es einmal aus, weil wir durcharbeiten müssen, spüren wir das. Wir dürfen nicht erwarten, dass wir in der Woche darauf Spitzenleistungen bringen können.

Das Profitstreben in unserer Welt will uns zu einer pausenlosen Umtriebigkeit zwingen: Da werden Projekte durchgeführt mit Mitarbeitern, die über den Globus verteilt agieren, was dazu führt, dass Tag und Nacht kommuniziert werden muss. In den Krankenhäusern versehen Ärzte und Pflegemitarbeiter Zwölfstundendienste – und hängen gleich die nächste Schicht an, weil ein Kollege ausgefallen ist und das Personal ohnehin knapp ist. Hausbauer arbeiten montags bis freitags im Büro, schieben womöglich freiwillig Überstunden, um genug Geld für ihr Eigenheim zu verdienen. Am Wochenende, an dem sie eigentlich ausspannen sollten, schlagen sie sich mit Handwerkern herum oder ziehen selbst Wände auf und graben den Garten um.

Wer den Rhythmus von Leistung und Erholung nicht einhält, wird auf Dauer keine guten Leistungen bringen können. Mehr noch, er wird gereizt sein, keine Zeit für die Familie und für Hobbys haben, frustriert werden und womöglich sogar chronisch krank. Ja, Burn-out ist ein Wort, das viele schon nicht mehr hören mögen, doch es ist nun mal ein typisches Symptom unserer Zeit, dem diese ununterbrochene Betriebsamkeit, dieses Ignorieren natürlicher Rhythmen zugrunde liegt.

TIME-OUT-TIPP: BRINGEN SIE RHYTHMUS IN IHR LEBEN

Machen Sie sich den Nutzen der verschiedenen Rhythmen in Ihrem Leben bewusst:

  • Sie geben Ihnen Sicherheit.
  • Sie reduzieren damit Stress.
  • Sie vereinfachen Ihr Leben.
  • Sie helfen Ihnen, Aufgaben so zu planen, dass Sie Ihre Energiereserven berücksichtigen.

Der Rhythmus des Erfolgs

Wenn man Sportler beobachtet, wie sie sich vor, während und nach dem Wettkampf verhalten, wird man einen immer wiederkehrenden Ablauf feststellen. Und noch etwas Entscheidendes kann man erkennen: Alles beginnt und endet mit Regeneration. Würde man die Erholungsphase weglassen, wäre für den Sportler der gesamte Rhythmus gestört.

Im Ablauf der folgenden sieben Phasen werden Sie wiederum den Auf- und Abschwung der Leistungskurve nach Yerkes-Dodson (siehe Kapitel 1) erkennen. Sie gelten selbstredend nicht nur im Sport, sondern ebenso im Berufsleben.

Die sieben Phasen des Erfolgs

Regeneration

1. Vorbereitung

2. Einstimmung

3. Das richtige Maß finden

Leistung

4. Das Ziel anpeilen

5. Loslassen/Starten

Regeneration

6. Erfolg

7. Nachbereitung

Phase 1: Vorbereitung

Der Sportler überlegt sich, welches Ziel er anstrebt. Will er siegen? Will er den Einzug ins Finale schaffen? Will er seine eigene persönliche Bestleistung übertrumpfen? Er legt ganz konkret sein Minimal- und Maximalziel fest. Ich kenne keinen Sportler, der mit der Einstellung „Schauen wir mal, dann sehen wir schon“ in einen Wettkampf gehen würde. Wenn ein Sportler im Fernsehinterview sagt „Ach, wir werden ja sehen, was möglich ist“, dann können Sie sicher sein: Das sagt er nur für das Publikum, um sich nicht unnötig unter Druck zu setzen. In Wahrheit hat er sein Ziel ganz genau im Kopf festgesteckt: Bestenfalls schaffe ich es unter die ersten drei, wenn es nicht gut läuft, sollte ich es zumindest auf Platz fünf oder sechs schaffen.

Genauso können auch Sie es für Ihren Bereich machen – egal, ob Sie vor einer schwierigen Verhandlung mit einem Kunden stehen oder am Sonntag an einem Hobby-Laufwettbewerb teilnehmen. Was wollen Sie mindestens, was im Idealfall erreichen? In Projekten werden in dieser Phase viele Parameter festgelegt: Wer ist die Zielgruppe, welche Informationen haben Sie zur Verfügung und welche müssen Sie noch beschaffen? Welchen Zeitablauf und welche Meilensteine werden Sie vereinbaren? Sie werden Ihr Projektteam zusammenstellen und gemeinsam festlegen, woran Sie erkennen werden, dass Sie erfolgreich waren.

Diese Phase der Vorbereitung vollziehen Sie im Zustand der Entspannung, sie gehört also in den Bereich der Regeneration. Als Projektleiter ziehen Sie sich für diesen Zweck mit Ihrem Team z.B. in einen Besprechungsraum zurück, um ungestört zu sein und möglichst alles zu bedenken. Als Hobbysportler werden Sie ebenfalls eine ruhige, ungestörte Zeit wählen, um sich über Ihr Ziel für den nächsten Wettbewerb Klarheit zu verschaffen.

Phase 2: Einstimmung

Wenn der sportliche Wettbewerb oder das geplante Projekt naht, steigt die Spannung und es folgt die nächste Phase. Am Vorabend oder am Morgen des Ereignisses verspüren Sie vielleicht Lampenfieber und das ist gut so: Diese Spannung brauchen Sie, um gut leisten zu können. Sportler denken dann über den Status quo nach: In welcher Grundhaltung bin ich, mit der ich ins Rennen gehe? Wie sicher fühle ich mich? Wie sehr bin ich mit meiner Vorbereitung zufrieden? Wie selbstsicher bin ich?

Lampenfieber kann aber auch negative Vorzeichen bekommen, nämlich dann, wenn einen Selbstzweifel plagen – der Anspannungsgrad wäre dann zu groß, sodass Sie in der Yerkes-Dodson-Kurve zu weit nach rechts geraten und keine Bestleistung erbringen können. Daher ist es wichtig, sich in dieser Phase zu sammeln und sich auf das Positive aus Ihrer Vorbereitung zu besinnen.

In meinen Seminaren lade ich die Teilnehmer manchmal zu Bilboquet, einem Geschicklichkeitsspiel, ein. An einem schmalen Holzzylinder ist eine Schnur befestigt und daran eine Holzkugel. Man nimmt den Zylinder in die Hand, lässt die Kugel nach unten hängen und versucht, die Kugel mit Schwung oben auf dem Zylinder zu platzieren. Ich lasse die Teilnehmer eine Weile üben, spiele im Hintergrund entspannende Musik und beobachte sie. Sie stehen gemütlich herum, haben eine Hand in der Hosentasche und schaffen es mit der anderen Hand, den Ball oft sogar mehrmals hintereinander auf dem Zylinder zu platzieren. Dann rufe ich sie zum Wettbewerb auf und frage: „Wer ist hier der Beste? Wer schafft es am häufigsten hintereinander, den Ball auf dem Zylinder zu balancieren?“ Ich bitte jeden, sein Ziel zu nennen, z.B.: „Ach, ich habe es gerade fünf Mal hintereinander geschafft, also sagen wir, im Wettbewerb schaffe ich es vier Mal.“

Dann werden die Teilnehmer in die Mitte gebeten, um gegeneinander anzutreten. Interessant ist, die Körperhaltung zu beobachten, in der sich ihre Grundhaltung, ihr Standpunkt widerspiegelt. Die Unsicheren verlieren ihre Körperspannung, sie lassen z.B. die Schultern hängen – und schon schaffen sie ihr Ziel nicht.

Ein Profigolfer versetzt sich in eine positive, selbstsichere Stimmung, indem er beispielsweise vor dem Turnierstart mehrere Male aus leichter, kurzer Distanz puttet. Diese kleinen Erfolge geben ihm Selbstvertrauen, auch wenn er weiß, dass es im Turnier weit schwierigere Schläge zu spielen gibt. Darüber hinaus nützt er sein Wissen über die Wirkung der Körperhaltung. Wenn er unsicher ist, strafft er die Schultern und richtet sich bewusst auf, das hilft.

Probieren Sie es selbst aus: Versuchen Sie einmal, mit traurigem Gesicht zu sagen: „Ich bin so glücklich!“ Sie werden sehen, wie schwierig das ist. Körperhaltung und Emotion hängen direkt miteinander zusammen, und das kann man sich zunutze machen.

Nicht zuletzt stimmen sich Profis auch insofern positiv, als sie ihre Glaubenssätze hinterfragen. Wenn Sie einen Vortrag zu halten haben und vor lauter Lampenfieber kaum schlafen können, sollten Sie vielleicht einmal darüber nachdenken, ob Ihnen ein Glaubenssatz das Leben schwer macht, etwa dieser hier: „Warum sollte mein Publikum ausgerechnet auf mich warten?!“ Sie werden in den Kapiteln 4 und 5 im Detail darüber lesen, wie Sie solchen Ballast abwerfen können.

TIME-OUT-TIPPS ZUR GUTEN EINSTIMMUNG
  • Körpersprache: Versetzen Sie Ihren Körper in Spannung, indem Sie Ihre Schultern straffen, Bauch und Beinmuskulatur anspannen. Arbeiten Sie auch an Ihrer Mimik, ziehen Sie die Mundwinkel hoch oder straffen Sie die Stirn.
  • Finden Sie kleine Selbstbestätigungen: Lassen Sie sich vor einer Prüfung noch einmal in dem Bereich abfragen, den Sie gut können, oder denken Sie an frühere Projekte, die super gelaufen sind. Mit guten Erfahrungen lässt es sich viel besser erfolgreich sein!
  • Prüfen Sie Ihre Glaubenssätze: In den Kapiteln 4 und 5 finden Sie Hinweise, wie Sie sie zum Positiven verändern können.

Phase 3: Das richtige Maß finden

Wenn eine Handballerin während eines Spiels eingetauscht wird und zu diesem Zeitpunkt übermotiviert ist, kann es passieren, dass sie kurz darauf gleich wieder auf der Strafbank sitzt. Die Übermotivation führt dazu, dass sie zu viel Kraft und Tempo einsetzt, ihre Gegenspielerin übermäßig attackiert und ein Foul begeht.

Genauso kann es Ihnen in einem Projekt gehen: Wenn Sie mit Übermut und zu viel Engagement beginnen, werden Sie zu wenig auf kritische Meinungen achten, wichtige Nebenschauplätze übersehen und am Ende scheitern. Mit zu wenig Kraft und Energie kommen Sie jedoch auch nicht weiter.

Beim Startschuss das richtige Maß zu finden, ist also entscheidend für den Verlauf des gesamten Projekts. Wie bei einem Marathonläufer, der zu schnell losrennt, wird Ihnen bei jeder Aufgabe, ob privat oder beruflich, die Luft ausgehen, noch bevor Sie Ihr Ziel erreicht haben. Es erfordert ein bisschen Erfahrung, um gut abwägen zu können: Muss ich zu Beginn viel Überzeugungsarbeit leisten, um mein Projekt erfolgreich durchzuziehen? Oder ist es eher gegen Ende schwierig, wenn alle Beteiligten motiviert werden müssen? Dann müssen Sie sich die Kraft entsprechend einteilen.

Phase 4: Das Ziel anpeilen

In dieser Phase befindet sich der Sportler bereits im Wettkampf. Er fokussiert sein Ziel und konzentriert sich voll und ganz darauf, es zu erreichen. Am einfachsten nachzuvollziehen ist das bei einem Bogenschützen. Er steht in seiner Startposition und hat Pfeil und Bogen in der Hand. Er berechnet aufgrund der Entfernung zur Zielscheibe und den Windverhältnissen die Flugbahn des Pfeils. Für ihn ist wichtig, sich in dieser Phase von nichts und niemandem ablenken zu lassen, von keinem störenden Gedanken, keinem Zuschauer und auch keinem Vogel, der am Rande seines Sichtfelds vorbeifliegt.

In einem Projekt bedeutet das, dass Sie sich überlegen, was zu tun ist, um Ihr Ziel zu erreichen: Müssen Sie diplomatische oder unpopuläre Entscheidungen treffen, eventuell sogar zwischenzeitlich einen kleinen Verlust in Kauf nehmen? In einer Verhandlung ist diese Phase geprägt dadurch, dass Sie sich auf Ihr Ziel konzentrieren und sich weder von der Taktik Ihres Verhandlungsgegners noch von anderen Faktoren ablenken lassen. Und auch bei Ihrem Hobby-Laufwettbewerb wird Ihnen die Fähigkeit zur gezielten Konzentration ganz entscheidend helfen. In Kapitel 5 finden Sie detaillierten Input zum Thema Konzentration.

Phase 5: Loslassen/Starten

Wenn der Startschuss fällt, zeigt sich, wie gut die Phasen davor durchgearbeitet wurden, denn zu diesem Zeitpunkt müssen Körper, Geist und Psyche optimal vorbereitet sein. Der Bogenschütze, zu 100 Prozent auf sein Ziel konzentriert, hat nur wenig Zeit vom Anspannen des Bogens bis zum Loslassen, weil die Armmuskulatur das Halten der Spannung nur eine gewisse Zeit aushält, bevor sie zu zittern beginnt. Auch ein Golfspieler muss den richtigen Zeitpunkt finden, zu dem er schlägt. Er muss zum passenden Zeitpunkt in der perfekten Konzentration sein. Sie haben das sicher schon einmal gesehen, dass ein Golfspieler, der bereits kurz vor dem Schlagen war, wieder einen Schritt zurückging, weil er durch etwas in seiner Konzentration gestört wurde. Ein Sprinter wie Usain Bolt hat es da nicht so einfach. Er kann nicht einfach später loslaufen, sondern muss exakt zum Zeitpunkt des Startschusses das optimale Maß an Körperspannung und Konzentration haben.

Nicht anders ist es abseits des Sports: Das Timing ist entscheidend, ob Sie Ihr Ziel erreichen oder nicht. So können Sie beispielsweise bei einer Präsentation versuchen zu beeinflussen, wann Sie Ihren Vortrag halten – als Erster, als Letzter? Vor oder nach der Mittagspause? Vermutlich ist es in Ihrem Beruf nicht gar so sehr eine Frage von Tausendstelsekunden wie beim Sport. In einem Projekt hat man auch während des Verlaufs noch die Möglichkeit, da und dort korrigierend einzugreifen. Doch die wesentlichen Bausteine der Planung werden umgesetzt – je sorgfältiger sie vorbereitet wurden und je genauer das Timing des Projektstarts ist, desto besser wird das Ergebnis ausfallen.

Phase 6: Erfolg

Wenn Usain Bolt in der Arena vor 100000 Zuschauern beim 60-Meter-Sprint über die Ziellinie läuft, gilt sein erster Blick der Ergebnistafel. Hat er gewonnen, folgt ein Ritual, für das ihn seine Fans mittlerweile lieben und auf das sie schon warten: Mit erhobenen Armen stolziert er herum, je nach Wettbewerb hängt er die jamaikanische Flagge um seine Schultern, auf jeden Fall aber vollzieht er eine Pose, die man als „Sterndeuter“ oder „Bogenschütze“ bezeichnen könnte: Er beugt seinen Körper über die Seite ein wenig nach hinten, zeigt mit dem linken gestreckten Arm gen Himmel, den rechten hat er angewinkelt nach hinten gezogen, als würde er einen Bogen spannen. Das ist die Erfolgsinszenierung aus dem Hause Bolt.

In dieser Phase können Sie sich zwei Fragen stellen: Welches Ergebnis habe ich erzielt? Wie gehe ich damit um? Vor allem letztere Frage ist interessant – ich kenne eine Menge Menschen, die, kaum dass sie gewonnen haben, sofort das nächste Ziel anpeilen, ohne ihren Erfolg zu zelebrieren und sich zu freuen. Es muss ja nicht gleich eine Inszenierung mit Pauken und Trompeten sein. Doch innezuhalten und den Erfolg zu genießen, ist ein wichtiger Schritt.

Es ist ganz wichtig, sich über einen Erfolg zu freuen. Bei Projekten kann man sogar noch weiter gehen und auch Zwischenerfolge feiern. Wenn Sie ein zweitägiges Seminar zu leiten haben, freuen Sie sich nicht erst am Seminarende, sondern schon am Abend des ersten Tages über die ersten positiven Feedbacks, die Sie sich abgeholt haben. Wer sich nie so richtig über Erfolge freuen kann, wird auf Dauer frustriert sein und den Spaß an seiner Arbeit verlieren.

Phase 7: Nachbereitung

Mit dem Überschreiten der Ziellinie, dem Beenden des Wettbewerbs, dem Ende Ihrer Verhandlung haben wir den Zenit der Leistungskurve erreicht. Ab nun setzt wieder die Phase der Regeneration ein. Für Sportler beginnt sie damit, dass sie z.B. auslaufen, ihre Muskeln dehnen oder Ähnliches, um die körperliche Regeneration zu beschleunigen. Darüber hinaus wird das Ergebnis analysiert.

Auch im Geschäftsleben werden Ergebnisse analysiert. Manche Menschen widmen sich leider nur den Misserfolgen – ich bin der Meinung, Erfolge gehören genauso analysiert und besprochen. Denn wer sagt, dass man nicht auch am Guten etwas lernen kann? Wichtig ist auch zu erkennen, wie lange man sich nun Zeit nehmen möchte, bis man die nächste Aufgabe in Angriff nimmt. Im Sport ist das im Ablauf fixer Bestandteil – für Sie ist es vielleicht neu, sich darüber Gedanken zu machen, aber es lohnt sich.

TIME-OUT-TIPP: ALLE PHASEN SIND GLEICH WICHTIG

Auch wenn Sie in Ihrem Beruf bereits viel Erfahrung gesammelt haben, lassen Sie keine Phase aus, auch nicht die Vorbereitung und auch nicht die Nachbereitung. Wir sind es gewohnt, immer nur zu handeln. Doch erst die regenerierenden Phasen machen Ihren Erfolg komplett und sorgen dafür, dass Sie ihn richtig genießen können.

Der Jahresrhythmus: Hauptsaison und Nebensaison

Wenn im Sport ein erfolgreicher Trainer merkt, dass sein Schützling sich überbeansprucht, zu viel auf einmal erreichen will oder in seiner Leistung abfällt, führt er ihn mit einem gezielten Regenerationsprogramm – mit Entspannungstechniken und Trainingspausen – zurück zur Höchstleistung. Das wäre übrigens auch die Aufgabe einer erfolgreichen Führungskraft. Trainer und Sportler schaffen es sogar punktgenau, an einem ganz bestimmten Zeitpunkt, dem Wettkampftag, das bestmögliche Ergebnis zu bringen. Sie wählen sorgfältig aus, an welchen Wettbewerben sie teilnehmen. Leider ist mittlerweile auch schon im Profisport die Gefahr der Überforderung groß: Da gibt es in einem Jahr Cup-Wettbewerbe, Landesmeisterschaften, Weltmeisterschaften und vielleicht auch noch die Olympischen Spiele, und so fahren die Sportler von einem Wettkampf zum anderen. Weil die Veranstalter alle Wettbewerbe unterbringen wollen, beginnt die Hauptsaison immer früher und endet immer später. Die Zeit für Erholung und Regeneration wird so immer kürzer. Das ist keine gute Entwicklung.

Letztlich liegt es an den Sportlern selbst, zu entscheiden, ob sie wirklich überall dabei sein wollen, und meist sind sie so klug und treffen eine Auswahl. Sie wissen, dass sie nicht überall teilnehmen und gleichzeitig jedes Mal Bestleistung bringen können. Der Golf-Profi Tiger Woods ist trotz aller negativen Schlagzeilen diesbezüglich ein gutes Beispiel. Er hat sich schon vor Jahren rar gemacht und spielt nur noch bei den wichtigsten Turnieren mit. Gut, Sie können sagen: Er hat es leicht, er kann es sich leisten, nicht überall mitspielen zu müssen. Tiger Woods ist der bestbezahlte Sportler der Welt. Das ist richtig. Doch es sagt niemand, dass die Gratwanderung zwischen einem Zuviel und Zuwenig an Leistung einfach wäre. Notwendig ist sie dennoch!

Das gilt für jeden von uns. Wenn Sie zu viel gleichzeitig tun, leidet zwangsläufig die Qualität Ihrer Arbeit. Wenn Sie bei jeder Party, bei jedem Netzwerktreffen, bei jedem Firmenevent dabei sein wollen und jede Geschäftseinladung annehmen, um möglichst viele Kontakte zu knüpfen, wird Sie das nicht zum Ziel führen. Möglicherweise haben Sie dann zwar viele Visitenkarten in der Tasche. Doch Sie werden kaum viele ernst zu nehmende Gespräche geführt haben, die zu einer Geschäftsbeziehung führen. Und chronisch ausgelaugt sind Sie obendrein, weil Sie kaum Zeit zum Entspannen haben.

Jeder Sport hat eine Haupt- und eine Nebensaison: Im Fußball wird hauptsächlich im Herbst und im Frühjahr gespielt; rund um Weihnachten und in den Sommermonaten gibt es jeweils eine Pause. Im Skisport beginnt die Saison im Oktober und endet im März – die restlichen Monate sind für Erholung und dann für das Aufbautraining gedacht.

Genauso hat die Geschäftswelt ihren Rhythmus: Bankmitarbeiter wissen, dass sie im Sommer weniger zu tun haben, während gegen Jahresende die Hochsaison ihren Höhepunkt hat. Ein Seminarveranstalter wird ebenfalls im Juli und August Pause haben, weil zur Haupturlaubszeit kein Unternehmen Seminare bucht, während er im Herbst und im Frühjahr von einem Seminarort zum anderen fährt. Ich bin sicher, Sie wissen ziemlich genau, zu welchen Zeiten im Jahr es in Ihrem Geschäft turbulent zugeht und wann Sie weniger zu tun haben.

Sinnvolle Pläne für die Nebensaison

Wie können Sie diesen Rhythmus nun sinnvoll nutzen? Machen Sie es wie die Sportler: Gönnen Sie sich die Ruhe, tanken Sie auf – und bereiten Sie sich auf die nächste Hochsaison vor. Es wäre falsch, diese natürliche Ruhephase als wirtschaftliche Flaute zu bewerten und dem Impuls nachzugeben, sie mit aller Gewalt mit Projekten vollzustopfen. Denn wie wollen Sie dann fit sein für die Zeit, in der Ihre Kunden Ihnen das Beste abverlangen? PR-Berater haben zum Beispiel im Januar meist ein Auftragsloch. Manche versuchen, es mit aller Gewalt zu füllen, indem sie Kunden mit Sonderangeboten anlocken wollen und sich dabei sowohl kreativ als auch energetisch mächtig ins Zeug legen. Der Effekt ist, dass sie – sich selbst um ihre wohlverdiente Pause betrogen – nur mit halber Kraft in die Hochsaison starten können. Viel besser wäre es, sich in dieser Zeit Erholung zu gönnen und aus der Ruhe heraus Neues zu schaffen, ganz ohne schlechtes Gewissen. Das sollten auch Sie nicht haben und ich lege es jeder Führungskraft ans Herz, in ruhigen Zeiten den Mitarbeitern diese Ruhe auch zu gönnen.

Sportler nützen die Regenerationszeit auch, um Standardsituationen zu üben wie Elfmeterschießen oder bestimmte Spielzüge. Das ist eine hervorragende Idee auch für Sie: In jedem Job gibt es automatisierte Abläufe, bestimmt auch in Ihrem. Und in Zeiten, in denen lebenslanges Lernen angesagt ist, können Sie die Nebensaison für Weiterbildungen nützen. In der Hauptsaison, wenn das Telefon pausenlos klingelt und die Kunden vor dem Schalter Schlange stehen, werden Sie keine Zeit für eine dreitägige Schulung haben.

TIME-OUT-TIPP: NÜTZEN SIE DIE NEBENSAISON

Anstatt verzweifelt nach Projekten zu suchen, mit denen Sie die Nebensaison auch noch lukrativ machen wollen, nützen Sie die Pause, um Kraft zu tanken:

  • Entspannen Sie sich gut und ausreichend – körperlich, geistig und seelisch.
  • Bereiten Sie sich auf die nächste Hochsaison vor:
    – Optimieren Sie Standardabläufe.
    – Bilden Sie sich weiter.
    – Nutzen Sie die Mußezeit für die Entwicklung neuer Ideen.
    – Fördern Sie Teamentwicklung: Pflegen Sie soziale Kontakte privat und beruflich.

Noch eine Idee können wir uns von den Sportlern abschauen: Sie nützen die Zeit für Teamentwicklung, also für die Pflege und Intensivierung der sozialen Kontakte zueinander. Ich habe eine Zeit lang eine Handballmannschaft begleitet. Der Trainer hat in der wettkampffreien Zeit immer eine Teamentwicklungs-Woche eingeplant und war mit den Sportlern Kanu fahren oder Ähnliches. Nachdem es im Team immer wieder Zu- und Abgänge gab, war das besonders sinnvoll, denn so konnten sich die Neuen besser integrieren. Wenn Sie Führungskraft sind, können Sie sich überlegen, auch für Ihre Abteilung etwas Ähnliches zu planen.

Sie finden, Ihre Firma könne es sich nicht leisten, in der Nebensaison „nichts“ zu machen? Nun, Regeneration ist kein Nichtstun, sondern ist gezielte Erholung, um sich für die nächste Hochsaison zu rüsten. Wenn Sie tatsächlich nichts tun, dann glaube ich gerne, dass das ökonomisch schwierig werden kann. Doch wenn Sie sich vorbereiten, dann sollte sich dies später in größeren Erfolgen niederschlagen. Die richtigen Time-outs zur rechten Zeit rentieren sich nun mal!

Gesunder Egoismus in der Hochsaison

Natürlich werden Sie nicht ausschließlich in der Nebensaison regenerieren. Sie würden vor Erschöpfung umfallen, würden Sie während der gesamten Hochsaison ständig im roten Drehzahlbereich agieren. Um diese heiße Phase gut durchzustehen, hilft Ihnen zum einen eine gute Vorbereitung in der Nebensaison, zum anderen habe ich einige Tipps für Sie zusammengetragen, die Sie beherzigen sollten:

1. Seien Sie „konstruktiv egoistisch“

Egoismus hat in unserem Sprachgebrauch leider einen schlechten Ruf, er wird oft mit Selbstsucht und Rücksichtslosigkeit in Verbindung gebracht. Nun, diese Form des Egoismus ist hier nicht gemeint. Vielmehr spreche ich vom „gesunden“ Egoismus, den jeder von uns braucht. Nur wer gut auf sich selbst achtgeben kann, ist in der Lage, anderen zu helfen. Wenn Sie immer nur für andere da sind und das eigene Wohl, die eigene Gesundheit vergessen, werden Sie bald so kraftlos sein, dass Sie selbst zum Hilfeempfänger werden.

Wenn Sie wissen, dass Sie in der kommenden Woche extrem viel zu tun haben – sei es, dass Sie ein Projekt abschließen und die Zeit knapp ist, sei es ein besonders dichter Terminkalender –, dann üben Sie sich im gesunden Egoismus und lernen Sie, Nein zu sagen: Nein zum Ehemann, der sich für den Abend frisch Gekochtes auf den Tisch wünscht. Nein zur Schwiegermutter, die ausgerechnet jetzt die Hecke im Garten geschnitten haben will. Nein zum Sohn, der quengelt, weil Sie das Computerspiel noch immer nicht installiert haben. Und nein zum Kollegen, der um eine Gefälligkeit bittet.

In Kapitel 5 finden Sie Hilfreiches zum Neinsagen, z.B. die Methode „Das goldene Nein“.

2. Delegieren Sie

Manchmal können Sie nicht einfach nur Nein sagen, weil es Dinge gibt, die trotzdem dringend erledigt werden müssen. Zur Fähigkeit des Neinsagens gehört also auch die Fähigkeit zu erkennen, was wichtig und dringend ist. Auf diese Weise können Sie entscheiden:

  1. Was kann auf später verschoben werden, wenn ich nicht mehr so viel Stress habe?
  2. Was muss sofort gemacht werden, das ich aber delegieren kann?
  3. Was muss tatsächlich ich selbst erledigen, weil es dringend und wichtig ist und außer mir sonst niemand kann?

3. Informieren Sie Ihr Umfeld

Familie, Freunde, Arbeitskollegen – es gibt verschiedene Menschen, die davon betroffen sind, wenn Sie nicht wie gewohnt verfügbar sind. Informieren Sie diese Personen, sie können mit Ihrem „konstruktiven Egoismus“ besser umgehen, wenn sie verstehen, warum Sie so handeln.

Bitten Sie Ihre Partnerin bzw. Ihren Partner z.B., Sie von Haushaltspflichten weitgehend zu befreien, und stellen Sie in Aussicht, dass Sie sich auf jeden Fall „revanchieren“ werden. Und laden Sie nicht am Wochenende Freunde zum Grillen ein, wenn Sie es dringend dafür brauchen, um sich zu erholen.

4. Planen Sie regelmäßige Powernaps

Sie werden in Kapitel 7 den Powernap kennenlernen. Das ist ein Mützchen Schlaf, das Sie ganz gezielt auch tagsüber konsumieren können. Er dauert nur ca. eine halbe Stunde. Wenn ich über einen längeren Zeitraum sehr viele Seminare zu halten habe, verzichte ich z.B. in der Mittagspause auf die Nachspeise, ziehe mich im Seminarhotel auf mein Zimmer zurück und gönne mir einen Powernap. Danach bin ich wieder frisch und konzentriert, weil der Powernap genau darauf abzielt, das Gehirn zu regenerieren.

5. Belohnen Sie sich

Man kann es nicht oft genug sagen: Jede anstrengende Zeit erfordert unbedingt im Anschluss eine Phase der Regeneration. Wenn Sie Ihre stressige Zeit überstanden haben, ziehen Sie sich z.B. mit Ihrer oder Ihrem Liebsten für drei Tage in eine Wellnessoase zurück und lassen Sie sich rundum verwöhnen. Das hat auch die Person an Ihrer Seite verdient, die die anstrengende Phase mitgetragen hat.

Der Wach-Schlaf-Rhythmus

Der Rhythmus, der uns wohl am deutlichsten bewusst ist, ist der Wechsel von Tag und Nacht. Wir sind einem 24-Stunden-Rhythmus ausgesetzt, der unseren Wach-Schlaf-Rhythmus bedingt. Interessant ist, dass dieser unabhängig vom Sonnenlicht in uns gespeichert sein dürfte. In einem Versuch hat man festgestellt, dass sich Menschen, die sich über mehrere Tage in einem fensterlosen Bunker ohne Zugang zur Uhrzeit und den jeweiligen Sonnenstand befanden, trotzdem in etwa dann schlafen legten, wenn es auch außerhalb des Bunkers Schlafenszeit war. Unser Organismus beginnt am Abend, die Körpertemperatur zu senken, und das ist das entscheidende Signal, das uns müde macht. Wenn dann gegen Morgen hin die Temperaturkurve wieder steigt, werden wir wach. Das Hormon Cortisol unterstützt diesen Rhythmus, indem es in der zweiten Nachthälfte aufgebaut wird und uns beim Munterwerden hilft. Im Laufe des Tages sinkt der Cortisolgehalt im Blut wieder.

Wer also nach einer durchgetanzten Nacht erst im Morgengrauen ins Bett steigt, darf sich nicht wundern, wenn er schon nach sehr kurzer Zeit wieder aufwacht. Die Körpertemperatur ist einfach nicht auf Schlafen eingestellt! Aus demselben Grund scheitert auch der Versuch, einmal besonders früh zu Bett zu gehen, um vorzuschlafen. Das ist für Menschen in Schichtdiensten besonders bedeutsam – doch darauf kommen wir später zu sprechen.

Der 24-Stunden-Temperaturrhythmus ist es auch, der aus Ihnen einen Morgen- oder Abendmenschen macht. Sind Sie eine „Eule“, deren produktivste Zeit am Nachmittag oder Abend ist? Dann ist Ihre Körpertemperaturkurve um ein bis zwei Stunden nach hinten verschoben. Umgekehrt ist die Kurve nach vorn verschoben, wenn Sie eine „Lerche“ sind, die frühmorgens bereits voll einsatzbereit ist.

Der Vier-Stunden-Tagesrhythmus

Wenn Sie ein wenig achtsam sich selbst gegenüber sind, dann ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen, dass Sie nicht erst am Abend müde werden, sondern auch tagsüber ein Tief empfinden: am Vormittag, nach dem Mittagessen oder am späten Nachmittag beispielsweise. Das ist ganz normal! Es ist ein Mythos zu glauben, dass wir am Morgen am meisten und am Abend am wenigsten Energie verspüren.

Innerhalb eines 24-Stunden-Tages gibt es neben dem 90-Minuten-Takt des Schlafs auch noch den Vier-Stunden-Takt der Wachphase. Er ist für die Müdigkeitsschwankungen verantwortlich, die Sie vormittags, mittags oder nachmittags verspüren. In der folgenden Abbildung sehen Sie das Auf und Ab Ihrer Leistungsfähigkeit über den Tag verteilt.

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Die 24-Stunden-Leistungskurve

TIME-OUT-TIPP: SO NUTZEN SIE IHREN RHYTHMUS RICHTIG
  • Beobachten Sie Ihren Leistungsrhythmus, um herauszufinden, zu welchen Uhrzeiten Sie Ihre Auf- und Abphasen haben.
  • Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern, planen Sie möglichst für die Zeit ein, in der Ihre Leistungskurve nach oben ausschlägt.
  • Bei zwei Stunden Leistungsaufschwung und zwei Stunden Leistungsabschwung rechnen Sie damit, dass Sie die Müdigkeit erst in der letzten Stunde wahrnehmen. Machen Sie sich bewusst, dass es bald wieder bergauf geht. So können Sie ohne schlechtes Gewissen Pause machen!
  • Planen Sie Ihre Mittagspause nicht ausgerechnet in einer Phase des Aufschwungs – auch wenn es dann gerade zwölf Uhr ist. Es ist klüger, sich von einer alten Gewohnheit zu verabschieden, als durch die falsche Wahl einer Pause unnötig Hochleistungszeit zu verlieren. Diese Zeit würde Ihnen später garantiert fehlen und Sie hätten zusätzlich Stress. Mit dem optimalen Timing sorgen Sie für bestmögliche Effizienz.
  • Die Zeit unmittelbar nach der Mittagspause verbringen Sie besser mit Aufgaben, die weniger anspruchsvoll sind. Eine wichtige Besprechung oder das detailgenaue Arbeiten an einer Excel-Tabelle verschieben Sie besser in eine Leistungshochphase.

Rituale

Kennen Sie die Anwaltsserie „Boston Legal“? Am Ende einer jeden Folge setzen sich die beiden Staranwälte Denny Crane und Alan Shore auf die Terrasse vor ihrem luxuriösen Büro. Sie haben wieder einmal einen Fall gewonnen und das feiern sie in freundschaftlicher Zweisamkeit mit einer Zigarre. Sie sprechen ein wenig über die Highlights ihrer Fälle, philosophieren ein wenig – und lehnen sich zufrieden zurück. Das nenne ich ein gepflegtes Ritual!

Vom Rhythmus ist es nicht weit zu Ritualen, sie läuten eine Saison entweder ein oder schließen sie ab. Seit es Menschen gibt, haben Rituale einen besonderen Wert. Wir wollen uns an dieser Stelle nicht mit religiösen Hintergründen oder dem Symbolgehalt von Ritualen aufhalten. Für unser Thema ist wichtig zu wissen: Rituale wirken nicht nur als Initialzündung für eine neue Phase, sondern sie wirken erholsam an sich – sie helfen, Abstand zu gewinnen, loszulassen, einen Gang zurückzuschalten, gemeinsam über die Anstrengung zu reflektieren und vielleicht sogar eine Erkenntnis daraus zu gewinnen. Besonders anstrengende Tage verdienen immer ein Ritual – und wenn es nur darin besteht, dass Sie Ihren Schreibtisch aufräumen oder sich auf dem Nachhauseweg eine gepflegte Tasse Tee in Ihrem Lieblingscafé gönnen.

Rituale geben Orientierung. Wenn Sie im Homeoffice arbeiten, kennen Sie bei allen Vorteilen vielleicht auch den Nachteil, der durch die nicht vorhandene Trennung von beruflichem und privatem Raum entsteht. Die Fahrt zum und vom Arbeitsplatz ist ebenso ein tägliches Ritual, das für Abstand sorgt: Jeder Meter auf dem Heimweg hilft, in den Freizeitmodus zu schlüpfen. Gleichzeitig sorgt es für Orientierung: Jetzt ist Arbeitszeit, jetzt ist Freizeit.

Hier ein paar Beispiele für bewährte Rituale während oder zum Abschluss einer Arbeit:

  • Erholungsritual Am Ende der Saison helfen alle zusammen, um die Skihütte von oben bis unten zu putzen, die Bänke und Tische auf der Terrasse wegzusperren, alles Verderbliche aus den Schränken zu entsorgen, die Fensterläden zu schließen und die Hütte abzuschließen. Der Wirt lädt am Ende alle auf einen Wellnesstag in einer Therme ein – als eine Geste des Dankes, als Ritual für den Abschluss der erfolgreichen Saison – und weil sich nach dieser anstrengenden Arbeit alle wirklich dringend Erholung verdient haben.
  • Erfolgsritual Jedes Mal, wenn die Mitarbeiter der Verkaufsabteilung einen besonders anstrengenden Monat hinter sich haben, setzen sie sich am letzten Abend des Monats für eine halbe Stunde zusammen, um zu blödeln und zu plaudern. Statt der Zigarre bei „Boston Legal“ darf es dann vielleicht ein Gläschen Sekt oder was zum Knabbern sein.
  • Wertschätzungsritual Im Hochsommer, wenn alle trotz der Hitze an ihren Schreibtischen sitzen, spendiert die Vorgesetzte ihnen ein Eis, für das sie alle ihre Arbeit unterbrechen und es gemeinsam genießen. Dabei berücksichtigt sie auch, dass ein Mitarbeiter eine Laktoseunverträglichkeit hat.
  • Kommunikationsritual Immer, wenn jemand in der Abteilung in Urlaub geht, bringt er am Tag davor eine Torte oder Kekse mit. Alle setzen sich zusammen und besprechen noch die letzten Dinge, die für die Zeit der Abwesenheit wichtig sind.
  • Abschlussritual Am Messestand wird am Ende für alle, die am Gelingen beteiligt waren, eine kleine Abschlussparty veranstaltet.
  • Tagesendritual Ähnlich wie das Abschlussritual bei größeren Projekten können Sie auch das Ende eines jeden Arbeitstages rituell begehen, indem Sie z.B. die erledigten Punkte auf Ihrer To-do-Liste abhaken oder den Schreibtisch aufräumen, bevor Sie schließlich heimgehen.
  • Einschlafritual Fragen Sie sich: „Was war heute mein schönstes Erlebnis?“ Auf diese positive Weise den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen, ist eine schöne Einschlafhilfe. Es kann aber auch ein schlichtes „Gute Nacht“ sein. In Kapitel 7 erfahren Sie noch mehr über den Schlaf.

Genauso, wie es Rituale gibt, die eine Anstrengung beenden, gibt es auch solche, die sie einläuten. Im Sport sind diese ziemlich ausgefeilt und oft sehr sorgfältig geplant, weil das Timing eine ganz besondere Rolle spielt.

Eine Fußballmannschaft z.B. plant die Zeit vor einem Match so: Es wird gemeinsam zu Mittag gegessen, dann gibt es den Mittagsschlaf. Anschließend geht man ein wenig spazieren, dann folgt eine Spielerbesprechung. Der Mannschaftsbus trifft rechtzeitig ein und sie fahren zum Stadion. 15 Minuten vor dem Anpfiff gehen die Spieler auf das Spielfeld und wärmen sich zehn Minuten lang auf, um für die restlichen fünf Minuten in die Garderobe zurückzukehren. Dann warten sie im Gang und laufen gemeinsam ein. Dieser Ablauf ist ganz bewusst immer gleich, weil er den Spielern auf allen drei Ebenen hilft: Sie sind körperlich bestens vorbereitet, das Ritual gibt ihnen Sicherheit und fördert sie in ihrer Konzentration.

Jeder Sportler hat solche Rituale: der Golfer, der vor dem Abschlag in einem bestimmten Rhythmus mit seinem Schläger wippt, der Tennisspieler, der sich vor dem Aufschlag mit dem Racket den Sand aus den Schuhsohlen klopft, selbst wenn er auf Kunstrasen spielt. Der Fußballer, der beim Freistoß wie der spanische Starspieler Ronaldo immer exakt die gleichen Schritte nach hinten geht, nachdem er sich den Ball zurechtgelegt hat, und sich breitbeinig in Position begibt. Die Skirennläuferin, die oben am Starthäuschen mit geschlossenen Augen in Gedanken die Strecke abfährt. Oder der Segler, der vor dem Start nochmal sein Boot prüft.

TIME-OUT-TIPP: HILFREICHE RITUALE FÜR DEN ALLTAG

Ihre Kreativität ist gefragt, wenn es um die passenden Rituale geht. Hier ein paar Anregungen, mit denen Sie Ihre Konzentration auf das Bevorstehende steigern können:

  • Beginnen Sie den Arbeitstag immer mit derselben Handlung: Brauen Sie sich eine Tasse Kaffee oder Tee, öffnen Sie das Fenster, schalten Sie den Drucker ein etc.
  • Waschen Sie sich nach schwierigen Gesprächen die Hände. Coachs oder Psychotherapeuten nützen dieses Ritual, um die Probleme nicht von einem Klienten zum nächsten „mitzunehmen“.
  • Ähnlich in der Wirkung ist das Ausschütteln von Armen und Beinen nach einem Rollenspiel in einem Seminar. Für Sie ist das z.B. nach einem Konfliktgespräch oder einer unerfreulichen Arbeit sinnvoll.
  • Treten Sie immer mit dem rechten (oder linken) Fuß über eine Türschwelle, wenn Sie etwas Bedeutsames vorhaben. Das fördert Ihre Achtsamkeit für das, was kommt.
  • Immer wenn Sie in einer Runde etwas Wichtiges zu sagen haben, nehmen Sie Ihre Brille ab, um sich Gehör zu verschaffen. Sagen Sie dann einleitend langsam und deutlich: „Ich bin der Meinung …“

3 Die vielen Facetten der Regeneration

Eine Hängematte, ein Buch und ein Cocktailglas mit Schirmchen? Süßes Nichtstun kann, muss aber nicht immer die richtige Form der Erholung sein. Mitunter erholen Sie sich auch durch Bewegung oder bei einem guten, mitfühlenden Gespräch. Es kommt darauf an: auf Ihre Vorlieben und darauf, wovon Sie sich erholen wollen.

Sportlerroutine Die Zuschauer am Abschlag blicken gebannt auf den Golfspieler. Der rückt sein Käppchen zurecht, zupft an seinem Handschuh, nimmt seinen Schläger. Er steckt ein Tee ins Gras und legt den Ball darauf. Dann begibt er sich in Position, blickt konzentriert zuerst auf den Ball, dann über den Fairway zum Loch. Mehrmals wippt er mit dem Schläger, holt schließlich aus und schlägt. Ein Aufschrei geht durch das Publikum, als der Ball am Green zum Liegen kommt. Der Spieler und sein Gefolge gehen gemächlich den Fairway entlang. Er liest aufmerksam und konzentriert das Green, checkt die Windrichtung, nimmt schließlich den Putter, konzentriert sich – und puttet erfolgreich.

Nach dem Spiel zieht er sich bald für eine halbe Stunde Powernap zurück. Für die Menschen in seinem Umfeld ist das selbstverständlich: Wer hoch konzentriert arbeitet, braucht mentale Entspannung!

Szenenwechsel: Alltagsroutine Die junge Frau hat den ganzen Tag an einem Seminar teilgenommen und fühlt sich müde und ausgelaugt. Trotzdem erledigt sie auf dem Nachhauseweg die nötigen Einkäufe. In ihrer Wohnung angekommen stellt sie fest, dass sie Karotten und Reis vergessen hat. Verärgert wegen ihrer Zerstreutheit macht sie sich noch einmal auf den Weg, obwohl sie eigentlich ziemlich erschöpft ist und es sich am liebsten auf dem Sofa bequem machen würde. „Das ist doch lächerlich“, denkt sie, „ich bin doch den ganzen Tag nur herumgesessen, da brauche ich doch jetzt keine Erholung!“

Große und kleine Time-outs

Wer an Erholung denkt, denkt an Seele baumeln lassen, in einer Hängematte dem Vogelgezwitscher lauschen, gemütlich im Schaukelstuhl dösen, am Swimmingpool in einem guten Buch versinken oder in der Sauna schwitzen. Keine Verpflichtungen, keine Anstrengungen, nur durchatmen und auf der faulen Haut liegen. Das ist Erholung pur! Schade ist nur, dass man dafür auf den nächsten Urlaub warten muss – oder bestenfalls auf das Wochenende, denn der Weg zur nächsten Wellnessoase ist für die kurze Zeit, die man nach Büroschluss zur Verfügung hat, zu weit.

Vielleicht sind Sie aber der aktive Typ und schütteln nun den Kopf. Das wäre Ihnen viel zu langweilig! Sie erholen sich nur dann richtig, wenn Sie mit dem Mountainbike durch die Wälder strampeln, mit Seil und Haken Berge erklimmen oder wenn Ihnen beim Segeltörn der salzige Wind um die Ohren pfeift. Sich mal so richtig das Hirn durchpusten lassen, das erst macht Sie fit für den Alltag. Viele Sportarten lassen sich rund um Haushalt, Familie, Karriere oder Studium organisieren, wenn man nur richtig plant. Dass das manchmal in Freizeitstress ausartet, ist ein anderes Kapitel.

Möglicherweise sind Sie aber ohnehin ein ganz anderer Typ. Das eine ist Ihnen zu wenig, das andere zu viel des Guten. Sie entspannen am besten in geselliger Runde. Wenn Sie mit Freunden oder Ihrer Familie rund um den Tisch sitzen und mit einem Gläschen Wein und einer netten Unterhaltung den Tag ausklingen lassen können, dann kann der nächste Tag ruhig kommen, auch wenn er anstrengend wird. Schade nur, dass es so selten passiert, dass alle gleichzeitig da sind. Und so endet Ihr Tag oft zwar mit einem Gläschen in der Hand, doch leider vor dem Fernseher, vor dem Sie dann auch noch einschlafen und am nächsten Morgen einen steifen Hals haben.

Was jemand für erholsam erachtet, ist typabhängig. Doch selten denkt jemand dabei daran, dass es nicht nur die zeitaufwendigen Erholungen sein müssen, um auftanken zu können und gut durch den Tag zu kommen. Im dicht gefüllten Tagesplan tun wir gut daran, auch zwischendurch mal die Batterien aufzuladen. Das benötigt vielleicht sogar nur wenige Minuten, hat aber den Effekt, dass Sie am Abend nicht erschöpft sind und keine Energie mehr für Ihr Privatleben übrig haben.

Dass viele Menschen nicht das passende Maß Erholung in ihren Alltag integrieren können, liegt in erster Linie daran, dass wir ein sehr einseitiges Bild davon haben, was Entspannung ist und wie nützlich sie tatsächlich sein kann. Denn „irgendwie“ überstehen wir den Tag schon, das haben wir uns selbst doch schon oft genug bewiesen. Außerdem: Wer hat schon tagsüber Zeit für Erholung?

Regeneration ist nicht nur Nichtstun, nicht nur Ausgleichssport und nicht nur Schlaf. Regeneration ist nicht nur Erholung von körperlichen Strapazen. Auch unser Geist und ja, auch unsere Seele müssen sich von Zeit zu Zeit regenerieren können, damit wir gesund und leistungsfähig bleiben. Es ist egal, ob physisch, mental oder emotional – Anstrengung oder gar Überanstrengung saugt unsere Batterien aus und wir sind gut beraten, sie beizeiten wieder aufzuladen.

Aktive und passive Time-outs

Die Beispiele weiter oben zeigen, dass Erholung nicht nur beim süßen Nichtstun passiert. Manchmal ist es zielführend und sogar notwendig, in Bewegung zu bleiben, weil das den Regenerationsprozess beschleunigt.

Wichtig: Die Cool-down-Phase

Ich habe einige Jahre lang die Damen-Handballmannschaft Hypo NÖ als Mentalcoach betreut. Dieses Team war österreichischer Serienmeister und Seriencup-Sieger, achtfacher Champions-League-Sieger und einmal Europameister. Im Trainingslager wurde nach einem harten, körperbetonten Training in der Halle nie sofort jegliche Bewegung eingestellt, sondern man übte z.B. Standardsituationen wie Siebenmeterwerfen. Natürlich waren die Spielerinnen zu diesem Zeitpunkt bereits müde. Doch wenn sie während eines Wettbewerbs einen Siebenmeter zu werfen hatten, waren sie schließlich auch müde – ein Training nahe an der Realität also. Doch insgesamt ist das Trainieren von Standardsituationen körperlich nicht mehr so anstrengend, die Spielerinnen bleiben aber in Bewegung, und das ist gut so.

Denn gleich nach einem harten Training von 100 auf null zu kommen, ist keine gute Idee, weil das den Muskeln und Sehnen nicht guttut. Und doch verzichten sehr viele Hobbysportler darauf. Sie dehnen halbherzig ein paar Muskeln, und das war es auch schon. Doch abgesehen davon, dass Dehnen erst nach dem Cool-down durchgeführt werden sollte, ist eine Phase der aktiven Regeneration rundum nur zu empfehlen:

  • Sie reduziert die körperliche Regenerationszeit erheblich, nämlich um etwa 50 Prozent. Sie verbessert die Durchblutung und hilft so, die Muskeln von Stoffwechselprodukten zu reinigen, damit sie sich besser entspannen können.
  • Sie bringt die verkürzten Muskeln wieder auf die ursprüngliche Länge und ermöglicht den Gelenken dadurch den nötigen Spielraum, um nicht unnötig abgenützt zu werden.
  • Sie verbessert nachhaltig die sportlichen Leistungen.
TIME-OUT-TIPP: COOL-DOWN NACH DEM SPORT

Senken Sie nach einer Sporteinheit zunächst die Intensität der Anstrengung, bevor Sie Ihre Bewegung ganz einstellen.

  • Je nach Intensität des Trainings dauert die Cool-down-Phase fünf Minuten oder länger.
  • Trinken Sie bereits während der Cool-down-Phase ausreichend.

Sinngemäß können Sie im Büro genauso verfahren. Nehmen wir an, Sie hätten den ganzen Tag an einem langen Bericht gearbeitet. Am späten Nachmittag schreiben Sie endlich den letzten Satz, drucken das Dokument aus und bringen es Ihrem Chef. Sie kommen zu Ihrem Arbeitsplatz zurück und lassen sich erschöpft auf Ihren Stuhl fallen. Sie könnten nun natürlich alle viere von sich strecken, doch Sie wissen: Ihr Gehirn würde weiterrattern, Sie würden überlegen, ob Sie auch wirklich nichts vergessen haben und würden sich über das eine oder andere Detail nochmals Gedanken machen, weil es Sie noch beschäftigt. Das wäre also keine gute Erholung. Besser ist, wenn Sie danach z.B. Ihren Schreibtisch aufräumen, Unterlagen in der Ablage verstauen und diverse Notizen in den Papierkorb werfen. So wie die Handballerinnen Standardsituationen trainieren, erledigen Sie Routinearbeiten. Das hilft Ihrem Gehirn, den Bericht nicht nur auf dem Papier, sondern auch in Gedanken abschließen zu können.

Ob Sie für Ihre Erholung aktiv oder passiv sein wollen, ist situationsabhängig. Probieren Sie beides aus, dann werden Sie sehen, was Ihnen wirklich guttut. Nach einer Sporteinheit sollten Sie jedenfalls immer zuerst aktiv regenerieren, bevor Sie sich passiv erholen. Passive Regeneration ist alles, wobei Sie sich nicht viel bewegen müssen. Vom Saunabesuch bis zur Massage gibt es viele Angebote, die meist auch unter „Wellnessprogramm“ in den einschlägigen Hotels offeriert werden. Auch ein heißes Bad oder Wechselduschen, die den Stoffwechsel im Körper aktivieren und ihm helfen zu entgiften, zählen dazu.

TIME-OUT-TIPP: COOL-DOWN NACH DER ARBEIT

Lassen Sie Ihr Gehirn „auslaufen“ – das hilft Ihnen abzuschalten und für das, was bevorsteht, wieder frei zu werden.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783869105475
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Alltagstaugliche-Tipps Belastung-Erschöpfung Hochleistungs-Rezept Selbstcoaching-Ratgeber Stressabbau Stress-Vorbeugung

Autor

  • Peter Solc (Autor:in)

Der erfolgreiche Verhaltenstrainer und Mentalcoach Peter Solc hilft stark geforderten Menschen dabei, den Teufelskreis des Ausbrennens zu durchbrechen, Erschöpfungszustände zu reduzieren und leistungsfähig zu bleiben. Sein Training ist deshalb so erfolgreich, weil man es leicht im beruflichen und privaten Alltag umsetzen kann. Bekannte Profisportler vertrauen Peter Solc ebenso wie gestresste Führungskräfte und Hausfrauen. Der Autor lebt mit seiner Familie in Hennersdorf südlich von Wien.
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Titel: Die TIME-OUT-Taktik