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Körpersprache einfach nutzen

Eine Schauspielerin verrät die besten Tricks für Alltag, Flirt und Job

von Yvonne de Bark (Autor:in)
240 Seiten

Zusammenfassung

Witzig und kompetent: Das Thema Körpersprache neu aufgerollt. Die Schauspielerin Yvonne de Bark ist es gewohnt, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen. Zicke, Mörderin oder Krankenschwester mit Herz: Jede Figur hat eine andere Körpersprache. Als Schauspielerin weiß sie, wie sie den passenden Ausdruck quasi auf Knopfdruck aufrufen kann. Dieses Wissen gibt sie in „Körpersprache einfach nutzen“ witzig und kompetent weiter. Die Expertin für Körpersprache erklärt Ihnen, wie Sie Gestik und Mimik perfekt einsetzen können und wie Sie entschlüsseln, was Ihr Gegenüber wirklich denkt: von Flirt-Signalen bis zum Gespräch mit dem Chef.

Die Tricks der Schauspieler für den Alltag nutzen!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Geleitwort

Nahezu jede Situation, in der zwei Menschen miteinander kommunizieren, wird von der Körpersprache – sprich: Sitzhaltung, Hände, Augen, Mimik usw. – beeinflusst. Intuitiv holen wir uns genau bei diesen Wirkpunkten die Gewissheit, ob wir unserem Gegenüber trauen können oder eben nicht. Und das ist in allen Lebenssituationen wichtig: Beim Flirten, bei der Jobsuche oder beim Gespräch auf dem Amt.

Da ich eher mit der wissenschaftlichen Literatur zum Thema vertraut bin, war ich skeptisch, als Yvonne de Bark mit ihrem Buch ausgerechnet zu mir kam. Bei der Lektüre bin ich zugegeben misstrauisch ans Werk gegangen und war umso erstaunter, als ich feststellte, dass ich das Manuskript in einem Zug durchgelesen hatte. Yvonne de Bark hat etwas Außergewöhnliches und aus meiner Sicht bisher Einmaliges geschafft: Die perfekte Verknüpfung von wissenschaftlich basiertem Hintergrundwissen mit dem Alltag der Menschen. Das Ganze interessant und mit reichlich erlebten Anekdoten illustriert und verdeutlicht. Gepaart mit den Videotipps (Wow!) der zweifachen Mutter, erfahrenen Autorin und Schauspielerin erhalten Sie als Leser ein komplettes Werk, das Ihnen direkt Vorteile in allen erdenklichen Lebenssituationen schenkt. Sie werden es beim Lesen und Studieren merken!

De Bark hat einen ausgezeichneten Blick auf diesen Fachbereich. Als Schauspielerin hat sie an den besten Schulen (u.a. Los Angeles) gelernt, ihre Körpersprache zu nutzen, um eine bestimmte Wirkung zu erreichen. Als Mutter hat sie im Umgang mit ihren Kindern gelernt, dass ausschließlich Aufrichtigkeit und Authentizität in der Erziehung etwas nützen. Als Autorin hat sie gelernt, wie man wissenschaftliche Informationen und Expertenwissen so verarbeitet, dass auch der normale Interessierte Spaß an diesem umfangreichen Thema bekommt.

Fazit: Sie haben Glück. Aus meiner Sicht. Sie halten den derzeit besten Ratgeber zum Thema „Körpersprache“ in Ihren Händen. Ich werde diese Buch/DVD-Kombination auf jeden Fall bei jedem meiner Trainings auslegen und uneingeschränkt meinen Seminarteilnehmer/innen empfehlen. Ihnen wünsche ich viel Spaß beim Lesen und Lernen.

Michael Ehlers

Rhetoriktrainer

Inhaber „Institut Michael Ehlers GmbH“, Bamberg

u.a. SGMI Management Institut St. Gallen

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn Sie ein weiteres hochwissenschaftliches Buch erwarten, das sich in die lange Reihe der Ratgeber „Körpersprache heute“, „Das 1x1 der Körpersprache“ oder „Wie Ihr Körper zu Ihnen spricht“ einreiht, dann müssen Sie jetzt stark sein: Ich bin keine Wissenschaftlerin. Ich bin eher so etwas wie … ein Mensch. Ein Mensch, der mit seinem Körper und seiner Stimme Geld verdient – weniger mit dem, was er sagt (je nach Sender und Sendezeit): Ich bin Schauspielerin. Ich bin es gewohnt, meinen Körper und Geist zu synchronisieren und Gefühle entstehen zu lassen, damit der Zuschauer sich aus dem Alltag in eine entspannte Traumwelt fallen lassen kann. Dazu muss ich wissen, woher ich die erforderlichen Gefühle nehme, wie ich sie umsetze und wie ich dies in meiner Rolle mit den mir zu Verfügung stehenden Mitteln realisieren kann.

Im Laufe meiner Jahre als Schauspielerin habe ich viele verschiedene Rollen ausgefüllt. Ich war die Zicke, die hinterhältige Mörderin, die Verdächtige, der männerfressende Vamp oder die Krankenschwester mit dem großen Herzen. Jede Figur besitzt eine andere Körpersprache, und jede Situation erfordert einen anderen körperlichen Ausdruck. Es ist wunderbar zu sehen, wie vielschichtig Emotionen transportiert werden können, und zu erkennen, wie das, was man sagt, durch den Einsatz von Körpersprache in verschiedene Richtungen gelenkt werden kann.

Das Wissen, wie man Körpersprache lesen und leben kann, ist im Umgang mit anderen Menschen wie eine Schatzkiste. Den Schlüssel dazu halten Sie gerade in Ihrer Hand.

Ihre

Unterschrift_de-Bark.tif

Yvonne de Bark

Die Welt ist eine Bühne

Warum war und ist Körpersprache so ein wichtiger Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation? Weshalb spricht mein Körper überhaupt? Warum ist es sinnvoll, sich mit Körpersprache zu beschäftigen?

Emotionale Kommunikation funktioniert über Körpersprache

Eine gern zitierte Studie des amerikanischen Psychologen Albert Mehrabian besagt, dass 93 Prozent dessen, was von einem Vortrag auf uns wirkt und bei uns hängen bleibt, der Körpersprache (55 Prozent) und der Stimme (38 Prozent) geschuldet ist. Nur mickrige 7 Prozent sollen demnach auf den Inhalt fallen, also auf das, was wir sagen. Allerdings bezog sich Mehrabians Studie darauf, welchem Kommunikationskanal wir bei emotionalen Äußerungen wie „Ich mag dich“ eher Glauben schenken, und zwar insbesondere dann, wenn sich verbaler und nonverbaler Ausdruck widersprechen. In diesen Fällen glauben wir vorrangig der Mimik, dann der Stimme und als letztes den Worten.

Handelt es sich also um emotional aufgeladene Belange, dann greift die 55-38-7-Regel von Professor Mehrabian, weil wir nonverbalen Informationen stärker vertrauen als einer verbalen Äußerung. Ein „Ich liebe dich“ ohne Lächeln, stattdessen mit heruntergezogenen Mundwinkeln und hängenden Schultern vor die Füße geworfen, wird bei dem Empfänger dieser „Liebeserklärung“ sicher keine allzu positive Reaktion hervorrufen. Und ein langgezogenes „Jaaa“ als Antwort auf den Heiratsantrag, begleitet von unsicherem Biss auf die Unterlippe und Herumnesteln an der Kleidung, zieht eher eine Grundsatzdiskussion nach sich als das zeitnahe Bestellen des Aufgebots.

Bei einer Präsentation aber ist es tatsächlich wichtig, was der Redner sagt. Ohne Inhalt kommen wir nicht von hier bis zur nächsten Straßenecke. Versuchen Sie mal, jemandem allein mithilfe der Stimme und Körpersprache den Weg zu erklären, oder tanzen Sie Ihrem Kunden doch mal den Verbrauch des Pkw vor. Faule Referenten haben also keine Ausrede, sich davor zu drücken, fundierte Inhalte vorzubereiten. Bei Vorträgen reicht es nun mal nicht, präsent vor den Zuhörern zu stehen und ein bisschen auf Flipcharts zu zeigen. Man muss schon was sagen. Es gibt allerdings nonverbale Tricks, wie man hervorragend den Anschein erregen kann, zu wissen, was man tut. Mit ein paar körpersprachlichen Signalen können Sie einen ordentlichen, kompetenten Eindruck vermitteln und sich selbst sicherer fühlen. Sie können Ihren Körper wunderbar einsetzen, um das Gesagte zu unterstreichen, ihm Gewicht zu verleihen und Vertrauen in die Fakten zu vermitteln. Das gilt für sachbezogene Vorträge, Präsentationen und fachliche Gespräche.

In emotionalen Angelegenheiten wird es schon schwieriger. Da kommt es sehr viel mehr auf Körpersprache und Stimme an. Männer, die die berühmten drei Worte der Liebesbezeugung nicht über die Lippen bringen, haben gute Chancen, dass ein tiefer, zuneigungsgeschwängerter Blick in die Augen der Angebeteten sie davor bewahrt, dieses verbale Zugeständnis machen zu müssen. Doch manchen Frauen entfleucht in diesem romantischen Moment säuselnd, aber unmissverständlich auffordernd: „Sag es.“ Gibt der Romantiker widerwillig nach, entscheidet der Rezipient (in diesem Fall also die Frau) allein, welcher der unterschiedlichen Kommunikationskanäle – von Körpersprache bis Schriftform – für sie bedeutsam ist. Die eine ist empfänglicher für Signale körperlicher Art (das Lächeln des Gestehenden), die andere schmilzt bei sanften Stimmen dahin (je zärtlicher die Botschaft gehaucht wird, desto tiefer trifft sie ins Herz) und wieder andere brauchen alles schriftlich, bevor sie eine emotionale Reaktion zeigen können (das nennt man „Ehevertrag“).

Beeinflusst der Geist die Körpersprache oder umgekehrt?

Ist zuerst der Gedanke da und folgt dann die Bewegung? Oder können wir durch eine Bewegung den Geist beeinflussen? In einem Versuch mussten die Teilnehmer mimisch ein Lachen „produzieren“, indem sie sich einen Bleistift zwischen die Zähne steckten. Danach fanden sie Comics viel komischer als die Teilnehmer, die den Stift nur mit den Lippen halten durften. Wer lacht, hat also nicht nur eine positive Ausstrahlung auf seine Umgebung, sondern auch die Chance, glücklicher und fröhlicher zu sein als jemand, der mit traurigem Gesicht durch die Gegend schleicht. Verziehen Sie also, sooft Sie daran denken, den Mund zu einem Grinsen, statt die Mundwinkel hängen zu lassen. Lassen Sie den Bleistift aber lieber weg, denn damit läuft einem nach einigen Sekunden der Speichel aus dem Mund, das sieht immer so befremdlich aus.

Wir können mit unserer Körperhaltung auch unser Selbstbewusstsein temporär aufmotzen. Das ist für Vorstellungsgespräche oder Präsentationen gar nicht so schlecht. Dazu später mehr.

Umgekehrt ist es wichtig zu verstehen, wie der eigene Körper funktioniert, wie er mit bestimmten Einflüssen umgeht. Wenn wir etwas fühlen und empfinden, reagiert unser Körper. Das ist ziemlich gut so, denn so können wir zum Beispiel bei Gefahr effektiv handeln (abhauen) oder bei signalisierter Paarungsbereitschaft entsprechende Signale senden. Es ist ein Wechselspiel zwischen Geist und Körper. Beides kann sich gegenseitig beeinflussen.

Sie werden bald eine ganze Menge darüber wissen, wie der Körper spricht und was er damit sagen will. Das Entscheidende bei der Interpretation ist, dass die verschiedenen Signale immer im Kontext gesehen werden müssen. In welcher Situation befindet sich die Person? Wie wirken alle Signale im Zusammenspiel?

Körpersprache deuten kann man üben

Wir alle sind Schauspieler, und das Leben ist unsere Bühne. Jeder, dem wir begegnen, hat seine Rolle in unserem Stück. Jeden Tag kommen neue hinzu. So wird unser Leben immer ein Stück bunter. Und jeder, dem wir begegnen, hat Einfluss auf uns, ob wir es wollen oder nicht. Der Mann im Auto hinter uns, der hupend an unserer Stoßstange klebt, füllt seine Rolle als drängelnder Verkehrsrüpel sehr gut aus. Die immer fröhliche Verkäuferin beim Bäcker lebt ihre Rolle als Tratsch-Ursel des ganzen Dorfes. Die Menschen um uns herum machen unser Leben bunter und bevölkern unsere Bühne. Je länger wir mit unseren Spielpartnern zusammenarbeiten, desto besser können wir sie „lesen“. Aber oft betreten wir Bühnen, die wir nicht kennen und wir wissen nicht, welche Hintergrundinformationen die anderen Rollen haben. Wir sehen nur das, was sie uns zu zeigen bereit sind. Vielleicht hatte der Verkehrsrüpel Stress mit seiner Frau, weil er nicht rechtzeitig zum Hochzeitstag nach Hause gekommen ist. Vielleicht ist die nette Verkäuferin verliebt und hat deshalb ein erhöhtes Mitteilungsbedürfnis. Wir wissen es nicht.

Wenn wir Hintergrundinformationen über unsere Mitmenschen erhalten wollen, müssen wir genau hinsehen. Sie geben uns immer wieder unbewusst Signale, wie sie sich fühlen und was sie bewegt. Körpersprache kann uns darüber Aufschluss geben, ob jemand nervös ist oder mit dem, was wir sagen, nicht einverstanden ist. Wir können Hinweise erhalten, ob sich jemand in unserer Gegenwart wohl fühlt oder lieber das Weite suchen möchte. Mit ein wenig Übung entwickeln Sie ein Gespür dafür, ob Ihr Gegenüber Ihnen wohlgesonnen ist oder nicht. In Kenntnis Ihrer eigenen Körpersprache können Sie darauf reagieren und sich entsprechend verhalten. Geht jemand mit Ihnen in Konfrontation, können Sie ihm den Wind aus den Segeln nehmen. Beim Flirt erkennen Sie, ob Sie auf Interesse stoßen oder ob die Person sich vielleicht mehr für Ihren Tischnachbarn interessiert. Beim genauen Hinschauen werden Sie vielleicht bemerken, dass der missmutige Hundebesitzer, der sich immer so aufregt, weil Sie jedes Mal auf den Baum springen, wenn er vorbeikommt, in Wirklichkeit beschämt darüber ist, wie schlecht er seinen Hund erzogen hat. Jede Rolle hat ihre eigene Geschichte und jeder reagiert unterschiedlich auf Einflüsse von außen.

Bei Schauspielern gehört das Einsetzen der Körpersprache zum Beruf. Sie tun es täglich. Und jetzt halten Sie sich fest: Sie auch! Sobald Sie mit anderen Menschen interagieren, kommunizieren Sie mit Ihrem Körper. Nur dass bei Ihnen keine Kamera dabei ist. Zumindest bei den meisten von Ihnen.

Warum ist unser Körper so mitteilungsbedürftig?

Seit es Lebewesen gibt, die miteinander auf irgendeine Art und Weise kommunizieren, gibt es Körpersprache. In der längsten Epoche der Menschheitsgeschichte, der Steinzeit, haben die Menschen Verhaltensstrategien entwickelt, die für sie überlebenswichtig waren. Sie mussten Gefahren erkennen und abwehren, sie mussten dem Überlebenstrieb mit periodischer, aber kontinuierlicher Nahrungsaufnahme Tribut zollen und sie mussten sich fortpflanzen. Eine so lange Zeitspanne wie diese, in der sich Verhaltensweisen entwickeln konnten, gab es seitdem nie mehr. Deshalb hängt fast alles, was wir tun, mit dem zusammen, was den Menschen in den Babyschuhen der Menschheit zum Fortbestand wichtig war. Durch ständiges Lernen und Erziehen haben wir unser Verhalten an unsere jetzige Gesellschaft angepasst.

Wir kommunizieren ständig mit unserem Körper, und das ist ausnahmsweise mal unabhängig vom Geschlecht. Sogar wenn wir nur still dasitzen, senden wir Informationen an unsere Umwelt. Nehmen wir an, Sie kommen nach Hause, und Ihr Partner sitzt vor dem Fernseher. Sie erkennen an seiner Körpersprache, ob er vom Fernsehprogramm gelangweilt ist oder ob er die Sendung auf jeden Fall zu Ende sehen möchte. Sie erkennen, wann Sie ihn ansprechen können und wann nicht. Sollten Sie es nicht erkennen, bringen Sie ihm eine Flasche Bier, dann haben Sie garantiert für einige Sekunden seine Aufmerksamkeit, egal, was läuft.

Wir kommunizieren, damit unsere Herdenmitglieder wissen, was Sache ist. Das beinhaltet sogar die Kommunikation von Ruhe. Entspannte Herdenmitglieder bedeuten „keine Gefahr für die Herde“. Schnarchen ist hierfür ein guter Indikator.

Was nützt mir das Wissen über Körpersprache?

Warum erzähle ich Ihnen das alles? Wieso ist es wichtig für Sie zu wissen, welche zentrale Rolle die Körpersprache bei all Ihren Interaktionen spielt? Ganz einfach: Dieses Wissen gibt Ihnen zum einen die Möglichkeit, mit anderen Menschen besser zu kommunizieren. Darüber hinaus können Sie es auch ganz bewusst einsetzen, um zum Beispiel Ihre Anliegen – ob privater oder beruflicher Natur – erfolgreicher zu vertreten. Der bewusste Einsatz der Körpersprache und die richtige Einschätzung Ihres Gegenübers sind der Schlüssel zu einer erfolgreichen Kommunikation.

Andere für sich gewinnen

Ich will Sie nicht dazu ermuntern, sich zu verstellen. Aber es kann für Sie nur von Vorteil sein, wenn Sie wissen, wie sich Ihr Gegenüber fühlt und wie Sie darauf reagieren können. Wenn Sie die Körpersprache des andern „lesen“ können, fällt es Ihnen leichter, auf ihn einzugehen. In einem beruflichen Gespräch wäre es doch schön, sich durchzusetzen. Und wenn Sie erkennen, wann sich Ihr Gegenüber langweilt, können Sie Ihre Argumente ändern oder vielleicht ganz aufs Wetter umschwenken. Oder wenn Sie auf einer Party jemanden treffen, der Ihnen gefällt, dann wäre es doch großartig, wenn Sie das Rennen machen würden und nicht dieser andere attraktive Jäger mit dem dämlichen Grinsen, dem Drei-Tage-Bart und den italienischen Designerschuhen.

Erfolg im Beruf haben

Wenn Sie sich ein wenig mit Körpersprache auskennen, haben Sie schon viel gewonnen. Sie können sich individuell auf den anderen einstellen. Sie können ihn spiegeln, um ihn zu besänftigen, oder Ihren eigenen Status erhöhen, um kompetent zu wirken. Sie können die Welle aufschnappen, auf der Ihr Gegenüber gerade surft, und sich auf sein Level begeben, wenn Sie das wollen. Das Gespür dafür kann entscheidend für die Interaktion mit Mitmenschen sein.

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Vorstellungsgespräch. Voller Elan und Tatendrang stürmen Sie in das Büro. Dem einen Personaler mag das entgegenkommen, ein anderer bevorzugt einen ruhigen, bedachten Kollegen. Es gibt Menschen, die sich zurückziehen, wenn ihr Gegenüber sie mit seinem exponierten Selbstbewusstsein erdrückt. In vielen Situationen ist es wichtig, zu erspüren, womit der andere umgehen kann oder eben auch nicht. Früher versuchte ich, die Regisseure bei Castings gut gelaunt, voller Esprit und mit fester Stimme zu beeindrucken. Am Ende des Tages kam es aber nur darauf an, ob ich die Szenen gut abgeliefert hatte oder nicht. Und so entschied ich mich, so zu sein, wie ich bin – garniert mit einer Portion Zurückhaltung, um niemanden mit meiner überspielten Nervosität zu überfahren. Ich kann mich nicht immer beherrschen, vor allem, wenn ich aufgeregt bin. Aber ich übe.

Menschen besser einschätzen können

Beim ersten Kennenlernen ist unser weiteres Verhalten von den Signalen abhängig, die der andere aussendet. Hat der andere überhaupt Interesse an mir? Wie zeigt er das? Was steckt hinter dem, was er sagt? Lächelt er viel, vielleicht zu viel? Wie ist seine Körperhaltung, während wir uns unterhalten? Wo geht der Blick hin? Wir entscheiden binnen Bruchteilen von Sekunden, ob wir jemanden sympathisch finden oder nicht. Genauso wie der andere auch. Dagegen kann man nichts tun. Aber dieses Urteil wird unter Umständen genauso schnell wieder umgeworfen, wenn wir jemanden näher kennen. Viel zu viele Komponenten verzerren anfangs unser Bild. Und das ist gut. So ist jedes Kennenlernen einer neuen Person ein Feuerwerk von Eindrücken, die verarbeitet werden müssen. Es liegt an uns, wie wir damit umgehen.

Etwas verkaufen

Wäre es nicht toll zu wissen, ob ein Kunde interessiert ist oder nicht? Vielleicht gefällt ihm eines Ihrer Argumente nicht, dann sollten Sie schnell noch andere anbringen und vielleicht Ihre Taktik ändern. Oder wäre es nicht gut, wenn Sie bei einer Präsentation selbst feststellen, dass Sie eine andere Richtung einschlagen oder Plan B hervorholen müssen? Körpersprache ist beim Verkauf von Dingen oder von sich selbst überaus interessant. Bedenken Sie die Chancen, die sich auftun, wenn Sie durch richtiges Verhalten Juwelen und Edelsteine nach Hause bringen. Bedenken Sie (die Männer) dabei, dass beruflicher Erfolg anziehend auf Frauen wirkt. Und das wiederum birgt Chancen auf regelmäßigen Sex.

Gefahr erkennen

Positives wird weniger wahrgenommen als Negatives. Das ist logisch: Etwas Positives stellt keine Gefahr für Leib und Leben dar, Negatives schon. Ein Wartender an einer Bushaltestelle, der sich neutral verhält, wird wenig Aufmerksamkeit erregen. Stellt sich nun jemand dazu, der viel Raum einnimmt, laut ist und durch seine Körpersprache aggressives Potential signalisiert, lässt das bei uns sofort die Alarmglocken läuten. Gefahr! Unwillkürlich werden wir körpersprachlich Distanz zwischen uns und die „Gefahr“ bringen und sie genau im Auge behalten. Nehmen wir nichts Negatives wahr, deutet dies darauf hin, dass kein Handlungsbedarf besteht. Etwas Negatives kann hingegen bedeuten, dass wir oder unsere Kinder oder das Essen in Gefahr sind und dass wir mit Schutzmaßnahmen aktiv werden müssen.

Gruppenzugehörigkeit erkennen

Die Bedeutung der Gruppenzugehörigkeit entspringt ebenfalls dem Verhalten aus Zeiten, in denen es wichtig war, Stammeszugehörigkeit zu signalisieren. Wer anders war, gehörte nicht zu Gruppe und war somit fremd und womöglich gefährlich. In manchen süddeutschen Städten wird Menschen, die keine regionale Kleidung tragen, ein gewisser Argwohn entgegengebracht. Im Gegenzug fühlen sich Personen, die die gleiche „Tracht“ tragen, in der Gruppe sicher. Ob das nun Pfadfinder oder Harley-Fahrer sind.

Sind Menschen häufig als Gruppe zusammen, dann gleichen sich ihr Sprachduktus, ihre Körpersprache und äußerlichen Ausdrucksmittel mit der Zeit einander an.

Lügen erkennen

Meist stimmt die Körpersprache mit dem, was wir sagen, überein. Aber oft eben auch nicht. Und da wird es spannend: Wie fühlt sich mein Gegenüber wirklich? Wenn ich das erkenne, kann ich reagieren und auf ihn eingehen. Das gilt für einen geschäftlichen Kontakt ebenso wie im privaten Bereich.

Sich unterhalten lassen

In einem Supermarkt werden Sie wenig Futter finden, wenn Sie sehen wollen, wie Körpersprache wirkt. Das Bestellen eines Rinderbratens ist einfach nicht so aufregend. Es sei denn, die Person macht das zum ersten Mal oder sie hat gerade eine Bank überfallen. Aber meist sind Alltagssituationen nicht das, was uns aufhorchen lässt. In einem Café wird Ihnen genau das Pärchen auffallen, das sich hier zu einem Blind Date getroffen hat. Man fühlt förmlich die Anspannung. Die Oma, die mit ihrem Enkel ein Eis isst, ist da weniger interessant, es sei denn, der Enkel zieht durch unmögliches Verhalten alle Blicke auf sich. Verkaufsgespräche sind immer ein tolles Studienobjekt und Pärchen beim Ikea-Einkauf auch.

Ich erhielt einst die großartige Gelegenheit zu beobachten, wie ein Mann auf einem Grillfest in der Nachbarschaft eine Dame näher kennenlernte. Alle um ihn herum wussten, dass er getrennt war – und er wusste, dass seiner Ex-Frau jede seiner Bewegungen von tratschfreudigen Nachbarinnen zutragen werden würde. Es war ein Schauspiel der Extraklasse. Er wollte die Dame für sich gewinnen, wusste aber, dass neugierige Augen versuchten, möglichst viel von seinem Verhalten aufzusaugen, um es ohne großen Informationsverlust weitertragen zu können. Der Arme. Seine Extremitäten klebten förmlich an ihm, er blickte häufig zu Boden und nur zwischendurch blitzte ein offenes Lächeln durch. Ich glaube nicht, dass er an diesem Abend so viel Spaß hatte wie alle anderen.

Einen guten ersten Eindruck machen

Unsere Meinung über eine Person, die wir vorher noch nie gesehen haben, entsteht in den ersten Sekunden. Erinnern Sie sich bitte daran, als Sie noch in Höhlen lebten. Das Wichtigste war, sofort zu wissen, ob der Fremde Freund oder Feind war. Danach richtete sich Ihr Verhalten: Entweder Sie luden ihn zu einem Platz am Feuer ein oder Sie jagten ihn mit steinzeitlichem Gebrüll und möglicherweise mit Waffengewalt in die Prärie zurück. Ich stimme denjenigen unter Ihnen zu, die jetzt aufschreien und rufen: „Aber manchmal holt man sich trotz eines positiven ersten Eindrucks den Feind ans Feuer.“ Ja, doch wenn Sie Ihren Irrtum erkannt haben, können Sie ihm immer noch freundlich lächelnd die Hand reichen und ihn mit einem gekonnten Ruck in die Flammen ziehen. Keiner ist davor gefeit, auf falsche Fuffziger reinzufallen.

Das menschliche Zusammenleben basiert aber auf Vertrauen und Zusammenarbeit. Wir sind Herdentiere und brauchen die Nähe anderer Menschen, dagegen können wir nichts machen. Auf einer einsamen Insel suchen wir uns Freitage, um nicht alleine sein zu müssen. In einem Schlauchboot einsam auf dem Meer treibend verfallen wir dem Wahnsinn, weil wir keine menschliche Nähe haben, und als kleine Äffchen hängen wir lieber im kuscheligen Fell als an der kalten Labormilchflasche.

Ein unangenehmer Zeitgenosse sagte einmal zu mir: „Aber wenn ich lieber einen schlechten Eindruck machen will?“ Ich antwortete: „Da müssen Sie sich gar nicht groß bemühen. Seien Sie so, wie Sie sind.“ Ja, wir müssen uns unserer Wirkung auf andere bewusst sein. Daran werden wir im Laufe dieses Buches arbeiten.

Der erste Eindruck wirkt nachhaltig – oder?

Sogar spätere Einschätzungen oder Bewertungen einer Verhaltensweise werden vom ersten Eindruck beeinflusst. War die Person von Anfang an sympathisch, dann muss sie ganz schön Mist bauen, bis sie diesen Kredit wieder verliert. Wirkte sie unsympathisch, dann braucht es nicht viel, damit sie sich ins soziale Aus manövriert. Nicht umsonst stehen Frauen drei Stunden vor ihrem Kleiderschrank voller „Nichts-Anzuziehen“, bevor sie auf ein Date gehen, legen siebzehn Mal neuen Lippenstift auf und schlüpfen kurz vor knapp noch in die Schuhe, die sie eigentlich nicht anziehen wollten, dann aber doch, oder vielleicht doch nicht? Männer bringen sich für einen positiven ersten Eindruck in Positur, bevor die Angebetete erscheint, ziehen den Bauch ein, wenn sie näherkommt, und wirken gleichzeitig „so was von lässig“. Sind die ersten Minuten vergangen, schiebt sich der Bauch dann meist wieder entspannt nach vorne. Der erste Eindruck basiert auf verschiedenen Komponenten der Körpersprache. Alles, was der andere sieht, wirkt auf ihn. Kleidung, Mimik, Gestik, Körperhaltung, Stimme.

Verkrampfen Sie jetzt nicht, weil Sie an nichts anderes mehr denken können, als einen guten Eindruck machen zu wollen. In diesem Buch erfahren Sie, welche Körpersignal positiv und freundlich wirken können, und allein durch das Wissen darüber werden Sie sich sicherer fühlen. Seien Sie sich aber auch gewiss: Je unverkrampfter Sie das mit dem ersten Eindruck sehen, desto besser werden Sie abschneiden.

Beim ersten Zusammentreffen von zwei Menschen bilden sich beide eine unwiderrufliche Meinung. Ganz unwiderruflich? Nein, nicht ganz. Es gibt den zweiten Eindruck, den dritten und noch ganz viele, bis sich der letzte Eindruck prägend auf unseren weiteren Kontakt auswirkt – und wenn eine intimere Beziehung entsteht, dann nivellieren sich erste Eindrücke sowieso und treten hinter anderen Eindrücken zurück.

Ich persönlich fahre am besten damit, wenn ich zwar weiß, wie ich mich verhalten müsste, aber nicht gleich fatalistisch den Henkersknoten knüpfe, wenn mal was nicht so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe. Ran an den Speck, denn der erste Bissen schmeckt am besten!

Der „Halo-Effekt“ kann unser Urteilsvermögen beeinflussen

Der Halo-Effekt beschreibt die Tatsache, dass wir von bekannten oder äußeren Merkmalen einer Person auf unbekannte Eigenschaften schließen. Oder anders gesagt: Es handelt sich um eine Wahrnehmungsverzerrung, die eine Assoziationskette in uns in Gang setzt, auf Grund derer wir eine Person eher positiv oder eher negativ sehen. Dabei „überstrahlt“ ein Merkmal alle anderen. So halten wir attraktive Menschen häufig automatisch für sympathisch und intelligent. Ein gutaussehender Mann im dunklen Anzug wirkt möglicherweise seriös und liebenswürdig auf uns. In Wirklichkeit ist es ein Dealer auf Freigang, der gerade von der Beerdigung seines besten Kunden kommt. Oder eine wunderschöne junge Frau stolziert am Flughafen selbstbewusst und zielgerichtet auf ihren High Heels an uns vorbei. Automatisch blicken wir ihr nach und sprechen ihr mindestens Geselligkeit und Dominanz zu. Wenn wir aber sehen, wie ihr der Siebzigjährige, der sie abholt, bei der Begrüßung ans Gesäß grabscht, verflüchtigt sich der erste Eindruck schnell. Es lohnt sich immer, hinter die Fassade zu sehen und sich nicht täuschen zu lassen.

Ich selbst muss mich immer wieder zusammenreißen, damit ich den ersten Eindruck prüfe und mir durch mehr Informationen ein präziseres Bild mache. Dabei unterstützt mich mein Interesse an Körpersprache. Einmal wurde ich bei einer Veranstaltung mit einem Mann bekannt gemacht, der zwei große, blutverkrustete Wunden im Gesicht hatte. Man konnte gar nicht umhin, immer wieder darauf zu starren. Kopfkino: Er ist betrunken hingestürzt. Er ist ein Schlägertyp, dessen Gesellschaft man tunlichst meiden sollte. Seine Frau hat ihn ihm Streit gekratzt oder ist mit einem scharfen Gegenstand auf ihn losgegangen. Er hat ein widerlich ansteckendes Ekzem, hat sich nicht unter Kontrolle und kratzt es immer wieder auf. Wissen Sie, was er im Laufe unseres wirklich netten Gespräches erzählte? Er habe großes Glück gehabt, dass der Ast, den er zum Schutz seiner Kinder im Garten abschneiden musste, nur knapp sein Auge verfehlte. Ich schämte mich.

Der erste Eindruck – so geht’s

Beim ersten Eindruck kommt es darauf an zu wissen, wen Sie überhaupt beeindrucken wollen. Bei Ihrem zukünftigen Chef wird Ihr Verhalten anders sein als bei einem Blind Date mit amourösem Hintergrund. Wir wollen immer positiv rüberkommen, das ist klar. Dabei müssen wir aber unterscheiden, ob wir kompetent erscheinen oder ob wir den witzigen, emphatischen Zuhörer geben wollen. Es gibt ein paar Grundregeln, die auf jedes Zusammentreffen mit einer neuen Person zutreffen:

  • Seien Sie frisch geduscht und sauber. Lachen Sie jetzt nicht, das ist unglücklicherweise für einige unserer Mitmenschen nicht selbstverständlich. Diesen sei gesagt, dass viele empfindlich auf schlechten Körpergeruch reagieren. Achten Sie auf ein gepflegtes Äußeres: Frisch gewaschene Haare, saubere Fingernägel, dem Anlass entsprechende, frische Kleidung.
  • Lächeln Sie. Wenn wir lächeln, haben wir eine positive Ausstrahlung. Wie groß und strahlend das Lächeln sein darf, hängt von der Situation ab, in der Sie sich befinden. Ein anhaltendes Dauerlächeln kann auf Ihren Chef in spe eher inkompetent wirken, beim Flirt an der Bar aber durchaus ansprechend.
  • Seien Sie pünktlich. Es gibt Menschen, die sehr viel Wert auf Pünktlichkeit legen, also sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie zum vereinbarten Zeitpunkt erscheinen.
  • Geben Sie vernünftig die Hand. Es gibt nichts Schlimmeres, als einen toten Fisch in die Hand gelegt zu bekommen. Dazu lesen Sie bittemehr im Kapitel über Begrüßung (siehe Die Begrüßung).
Der erste Eindruck – ein Mythos?

Sie haben es bestimmt im Laufe Ihres Lebens schon erlebt, dass Sie jemanden beim ersten Treffen furchtbar fanden. Schwupps, steckten Sie ihn in eine Schublade. Er war Ihnen zu ruppig, sein Kommentar war unangemessen, die Frisur missfiel Ihnen, er lachte zu laut, sein Atem roch nach Knoblauch usw. Ich bin mir sicher, Sie können die Liste beliebig lang fortsetzen. Mit diesem Menschen wünschten Sie keinen weiteren Umgang: „So etwas brauche ich nicht, das habe ich nicht nötig.“

Zu diesem Thema möchte ich Ihnen von einem tollen Erlebnis erzählen: Ich war zu einer Schriftstellerreise nach Holland eingeladen. Am Flughafen in Amsterdam traf ich mich mit vier Exemplaren der online-schreibenden Zunft. Keiner kannte den anderen. Es folgte unsicheres Händeschütteln und sich Bekanntmachen. Ein kleiner Mann mit Brille, Hut und einer Arbeiterjacke. Ein Mann mit Mittelscheitel, leichten Hautunreinheiten und ausweichendem Blick. Eine sehr untersetzte Frau mit vorgeschobenem Kinn, tiefer, etwas zu forscher Stimme und einem Rucksack wie bei einem Schulausflug. Direkt neben mir stand eine graue Maus mit Brille, die sich an ihrem Coffee to go festhielt. Mein erster Eindruck war: „Wo bin ich denn hier hinein geraten?“ Ich bin mir fast sicher, dass alle anderen das Gleiche dachten. Wir waren wild zusammengewürfelt worden und konnten uns nun entscheiden, ob wir uns aus dem Weg gehen wollten oder ob wir bereit waren, die Klischee-Schublade wieder zu öffnen und dem zweiten und dritten Eindruck eine Chance zu geben. So geschehen und belohnt: Der Freak mit dem Hut stellte sich als überaus intelligenter, witziger, interessierter Mensch heraus. Die unscheinbare, graue Maus entpuppte sich als lustige, emphatische Gesprächspartnerin, die sehr belesen war und über ein enormes Allgemeinwissen verfügte. Der „Spießer“ sprach wenig auf der Reise. Er war das sprichwörtliche „stille, aber tiefe Wasser“. Wenn er etwas sagte, war es durchdacht und jenseits jeder Banalität. Probleme hatte ich mit der ruppigen, untersetzten Dame. Ich konnte sie nicht einschätzen. Sie wirkte misstrauisch, verschlossen und unzufrieden. Als ich erfuhr, was sie erlebt hatte, war ich erschüttert: Noch vor kurzem war sie in der Klinik gewesen. Kollaps durch monatelanges, systematisches Mobbing in ihrer Firma, um Personal auf elegante, menschverachtende Weise zu rationalisieren. Ich schämte mich sehr für die „Erster Eindruck“-Schublade, in die ich sie gesteckt hatte.

Ich glaube, wir alle erliegen der Magie des ersten Eindrucks. Aber wir können uns entscheiden, inwiefern wir ihm Gewicht schenken wollen. Ich zwinge mich dazu, dem Menschen, dem ich begegne, eine große Portion Neugierde für seine Person entgegenzubringen. Die Diskrepanz zwischen dem ersten Eindruck und dem, was danach kommt, kann so unglaublich bunt und bereichernd, aber auch abenteuerlich und offenbarend sein, dass es sich lohnt, abzuwarten.

Körpersprache bewusst einsetzen

Ja, Sie können „schummeln“. Sie können Signale senden, um anderen etwas zu suggerieren, das Ihnen nützt. Persönliches Interesse, Zuwendung, Bestätigung oder Dominanz- bzw. Unterwerfungssignale. Sie werden nach der Lektüre dieses Buches zwar bestimmt nicht ohne Worte Ihren Namen tanzen und auch Goethes Zauberlehrling nicht nonverbal aufführen können. Aber Sie werden mit Sicherheit ein wenig schmunzeln, wenn Sie in der nächsten Sitzung Ihre Kollegen beobachten. Vielleicht können Sie auch besser auf die Stimmung Ihrer Kollegen eingehen und sie mit auf Ihre Welle nehmen oder sich auf ihrer treiben lassen.

Wenn Sie verstehen, woher manche Signale aus evolutionärer Sicht kommen, finden Sie leicht einen Zugang zur Körpersprache. Aber „eine innere Haltung bewusst ausstrahlen“ können Sie nur, wenn Sie tatsächlich gedanklich das Gefühl hervorrufen. Wie ein Schauspieler, der sich in eine Rolle versetzt. Der Körper wird automatisch versuchen, den Gedanken umzusetzen und auszudrücken. Wichtig ist die Kongruenz, also die Übereinstimmung zwischen Ihrer Körpersprache und dem, was Sie denken und fühlen. Das Gesamtbild ist das, was das Gegenüber wahrnimmt. Wenn Sie beispielsweise Angst verspüren, werden Sie nur schwerlich Selbstbewusstsein ausstrahlen können. Es gibt aber Körperhaltungen, die Ihnen helfen können, sich sicherer zu fühlen. Darauf werde ich noch eingehen (siehe Die Körperhaltung).

Bewusst steuerbare Aspekte der nonverbalen Kommunikation

In der nonverbalen Kommunikation können wir folgende Bereiche gut steuern:

  • Körperhaltung und Körperbewegung
  • Distanzverhalten
  • Gestik
  • Mimik

Wobei hier unterschieden werden muss: Zum einen ist das Gesicht genauso wie der restliche Körper Sklave von Reflexen. Das bedeutet, dass wir unsere Mimik nicht wirklich kontrollieren können, wenn wir uns vor etwas erschrecken, überrascht sind, uns spontan freuen oder eine traurige Nachricht erhalten. Als Schauspieler versucht man, sich die dahinterstehenden Gefühle und Auslöser gut zu merken und bei Bedarf zu reproduzieren und bereitzustellen. Mimischen Ausdruck tatsächlich bewusst zu kontrollieren, ist nicht einfach und nicht jedermanns Sache. Aber manchmal setzen wir ganz bewusst die Mimik ein, um zu „sprechen“. Wir „winken“ mit den Augenbrauen, um den Bekannten auf der anderen Straßenseite zu grüßen, lächeln breit und falsch die Nachbarin an, damit sie uns glaubt, dass der Müll im Treppenhaus nicht von uns sein kann, oder wir runzeln unsere Stirn demonstrativ, wenn wir an der Aussage unseres Gegenübers zweifeln.

Bedingt oder gar nicht steuerbare Aspekte der nonverbalen Kommunikation

Manche körperliche Reaktionen können wir nur bedingt oder auch gar nicht steuern. Einiges können Sie durch Training wettmachen, aber mit einer Reihe von Faktoren müssen Sie lernen umzugehen.

  • Pupillen: Die Pupillengröße reagiert auf emotionale Regungen und ist nicht kontrollierbar.
  • Stimme: Um die Stimme zu kontrollieren, muss man sie ganz bewusst trainieren. Dann kann man bewusst damit spielen und sie einsetzen.
  • Zitternde Hände: Wer Angst davor hat, dass seine Hände zittern, weil er weiß, dass er dazu neigt, der kann sich sicher sein, dass die Hände tatsächlich zu zittern beginnen, wenn es soweit ist. Das ist unangenehm. Meist taucht es in Situationen auf, in denen der Betroffene nervös ist. Ich selbst habe das, wenn ich bei einem Werbecasting die Hände zeigen muss (damit der Kunde sieht, dass ich keine Narben oder krumme Finger habe). Ich bin mir dessen bewusst, dass alle in diesem Moment auf meine Hände starren und eine Kamera jede Bewegung und jedes Zittern dokumentiert. Was dagegen hilft? Ich akzeptiere es. Na und, dann sehen eben alle, dass ich nervös bin. Eine andere Möglichkeit ist: Ruhig atmen und beim Ausatmen denken, dass die Hände schwer werden. Am schlechtesten funktioniert es für mich, wenn ich die zitternde Hand festhalte. Denn sobald ich sie wieder loslasse, beginnt sie sofort wieder zu zittern. Also: atmen oder akzeptieren.
  • Stress-Schwitzen: Schwitzen ist nicht bewusst kontrollierbar. Durch Stress werden Hormone ausgeschüttet, die dafür sorgen, dass die Muskeln mit Blut versorgt werden, um so schnell wie möglich vor dem Löwen fliehen zu können. Der Körper wird kampfbereit gemacht, und um ihn schon mal vorzukühlen, wird Schweiß abgesondert. Zusätzlich warnt der Geruch des Angstschweißes die anderen Herdentiere vor Gefahr und macht sie wachsam. Deswegen riecht es in Prüfungsräumen immer so streng.
  • Geruch: Olfaktorische Wahrnehmung kann nur sehr bedingt beeinflusst werden. Die Parfümindustrie lebt von Versprechungen, die vorgaukeln, man würde mit einem bestimmten Duft attraktiver, sportlicher oder frischer wirken. Es kommt aber immer auf denjenigen an, dem der Duft in die Nase steigt. Pferdeschweißaftershave ist nicht jedermanns Sache, und wenn wir uns dafür entscheiden, dass zarter Honigtau nun mal gar nicht zu der korpulenten Dame passt, dann kann sie uns damit auch nicht beeindrucken. Anders verhält es sich, wenn in dem für Emotionen zuständigen Bereich unseres Gehirns ein Dufterlebnis verankert ist. Dann finden wir plötzlich den dickwanstigen Bauarbeiter wunderschön, weil er genauso riecht wie unsere erste große Liebe.
  • Erröten: Ich werde auch rot. Aber heimlich. Bei mir sieht man das nicht so gut, weil ich einen recht dunklen Teint habe. Die stärkere Durchblutung der Gesichtshaut, vor allem der Wangen und Lippen, kann entweder durch emotionale Auslöser entstehen wie Wut oder Verlegenheit, oder durch zu viel Chili. Die Röte im Gesicht ist Folge eines steigenden Blutdrucks, die Blutgefäße weiten sich, um den Körper vor Überhitzung zu bewahren. Wenn ich spüre, dass ich rot werde, dann frage ich in die Runde: „Werde ich gerade rot?“ So kokettiere ich damit und zeige, dass ich auch mal schwach sein kann. So geschehen bei einem Ausflug mit Bekannten: Wir waren zu einer Führung in einer Firma eingeladen. Als der junge Mann, der uns führen sollte, erschien, ertappte ich mich dabei, dass ich ihn anstarrte. Er war hinreißend. Blonde, leicht zerzauste Haare, lässige Jeans und ein Lächeln zum Niederknien. Als wir an eine Labortür kamen und er sagte: „Hier können aus Sicherheitsgründen immer nur zwei Personen gleichzeitig rein. Wer kommt mit?“, schoss ich etwas zu schnell heraus: „Ich!“ Alle blickten mich an und die Schamesröte schoss mir ins Gesicht. Ich hielt mir beide Hände an die Wangen, lächelte demonstrativ ertappt und folgte dem jungen Mann ins Labor.
In Stresssituationen entscheidet der Instinkt

Gesten kann man einüben, die Mimik kann man beeinflussen, aber den Puls zu trainieren ist schwer und bedarf fleißiger Übung. Unsere Pupillen werden größer, wenn wir mehr Informationen aufsaugen wollen. Das Blut schießt schneller durch unsere Adern, wenn wir uns für den Kampf mit dem Löwen bereit machen, und wir schütten Pheromone aus, wenn wir um die Gunst eines auserwählten Sexualpartners buhlen. Wir können versuchen, uns selbst zu überlisten, indem wir auf den Rückkopplungseffekt setzen (siehe Rückkopplungseffekt) und wir können das Weglassen unerwünschter Signale trainieren, aber letztlich entscheiden unser Instinkt und unser Unterbewusstsein darüber, wie wir uns in Stresssituationen verhalten. Geraten wir unter Stress, ist unser willentliches Kontrollsystem außer Kraft gesetzt. Unter Stress kann man gar nichts mehr. Wenn wir am Flughafen am Schalter stehen und bemerken, dass unser Reisepass abgelaufen ist, werden wir kaum auf eine ausgefeilte Körpersprache achten können, um doch noch mitfliegen zu dürfen. Wenn unser Partner uns mit einem wütenden Schnauben unser Handy unter die Nase hält und uns auf die schmutzige SMS unseres Karnevalflirts blicken lässt, werden wir wohl kaum diplomatische Gesten auspacken, sondern im schlimmsten Fall unsere Koffer ein.

Rollenstudium: So deuten Sie Körpersprache richtig

In diesem Teil erfahren Sie, wie Sie Körpersprache bei anderen anhand von unbewussten Signalen deuten und interpretieren können. Sehen Sie genau hin, wie Ihr Gegenüber mit seinem Körper „spricht“. Erkennen Sie, was er Ihnen sagen will, und lernen Sie, wie Sie darauf reagieren können.

Grundemotionen, die jeder versteht

Eigentlich sind wir von Natur aus sehr gut darin, Emotionen zu erkennen. Gefühle zu erklären ist nicht nötig. Kinder weinen, wenn sie traurig sind, sie lachen, wenn sie Freude empfinden. Sie schreien und zeigen Wut, wenn sie frustriert sind, weil der Turm schon wieder umgekippt ist oder der Max ihnen das Spielzeug weggenommen hat. Manchmal aber bedarf es einer kleinen Hilfestellung, damit Kinder sich in dem Gefühlschaos zurechtfinden. Eine Bestätigung gerade in Bezug auf unangenehme Emotionen kann die Kleinen für ihre eigenen Gefühle sensibilisieren und auch dafür, wodurch sie entstanden sind: „Du bist traurig, weil die Bella sich nicht neben dich gesetzt hat“, „Du bist wütend, weil die anderen dich nicht mitspielen lassen“ oder „Es gefällt dir gar nicht, dass der Käfer nun ohne Beine nicht mehr laufen kann“.

Leider wird unsere Deutungskompetenz in Bezug auf die Körpersprache unserer Mitmenschen sukzessive immer mehr geschwächt. Durch unsere Umwelt. Alles wird größer und schneller. Wir haben gar nicht mehr die Zeit, richtig hinzusehen. In Nachmittagsshows werden uns von Laiendarstellern große Gefühle vorgegaukelt, die vor dem heimischen Spiegel großes Entsetzen geübt haben. Wir verpassen Nuancen, weil wir verlernt haben, sie zu erkennen. Das mit überdimensionalen Löffeln eingeschaufelte emotionale Fastfood rutscht viel leichter die Kehle hinunter als ein Dreisterne-„Gruß aus der Küche“.

Um die Gefühle oder Stimmung unseres Gegenübers besser verstehen zu können, ahmen wir unbewusst dessen Mimik nach. Wir nutzen die Wechselwirkung der Körpersprache. Ein zusätzlicher, positiver Effekt dabei ist, dass wir unserem Leittier durch Spiegelung signalisieren, dass wir mit ihm konform gehen. Wir verlassen uns darauf, dass das, was wir an mimischem Ausdruck präsentiert bekommen, auch den Gefühlen entspricht. Deswegen machen wir die Augen groß, wenn der andere begeistert von einem großartigen Erlebnis erzählt. Wenn Sie Mütter bei einer Schulaufführung beobachten, werden Sie feststellen, dass diese durch mimische Nachahmung alles miterleben, was ihr Kind auf der Bühne spielt. Früher fand ich das amüsant, heute mache ich es selbst.

Der amerikanische Psychologe Paul Ekman hat jahrelang zur Außendarstellung von Gefühlen geforscht und eine Liste immer wiederkehrender Erkennungsmerkmale einzelner Gesichtsausdrücke erarbeitet. Er hat festgestellt, dass für gleiche Emotionen immer die gleichen Muskelgruppen verantwortlich sind. Paul Ekman beschränkt sich hierbei auf sechs Grundemotionen. Wut, Trauer, Freude, Angst, Überraschung und Ekel. In manchen Ausführungen wird noch eine siebte Emotion hinzugenommen, die Verachtung.

DIE SIEBEN GRUNDEMOTIONEN
  • Freude
  • Trauer
  • Wut
  • Angst
  • Überraschung
  • Ekel
  • Verachtung

Freude

Beginnen wir mit etwas Tagerhellendem, der Freude. Ein Mensch, der sich freut, lacht oder lächelt. Selten sieht man jemanden mit herabhängenden Mundwinkeln, der sich schneeköniglich amüsiert. Die Mimik der Freude zeichnet sich durch die hochgezogene Wangenmuskulatur und die Lachfältchen um die Augen aus. Bei echter Freude „glänzen“ die Augen, man spürt, dass derjenige sich wohlfühlt und gelöst ist. Um Freude vorzuspielen, muss wie bei allen anderen Emotionen das Gefühl von innen heraus produziert werden. Es gibt allerdings die Möglichkeit, den Rückkopplungseffekt für sich zu nutzen, um Freude zu produzieren. Lachen Sie künstlich, und das Lachen wirkt sich auf Ihre Stimmung aus. Es gibt eine einfache Übung, die Sie in Hochstimmung versetzen kann: Husten Sie ein paar Mal hintereinander. Das stakkatoartige Zusammenziehen des Zwerchfells erinnert Ihren Körper an herzliches Lachen. Wenn Sie nun noch die Mundwinkel zu einem Lachen verziehen, dann kann es gut sein, dass Sie in ein erquickliches Kichern oder sogar Lachen verfallen. Also, das einfachste Mittel gegen traurig sein ist Lachen.

Trauer

Und nun ins Tal der Emotionen: Trauer. Die Augenlider hängen schlaff nach unten, die Mundwinkel hängen, die trauernde Person starrt ins Leere. Jeder kennt das Gefühl, wenn man nur noch aufs Ärmchen will. Wenn man sich schwer fühlt, gedrückt und leer. Es gibt Menschen, die traurig aussehen, obwohl sie lediglich entspannt bis maximal ernst sind. Ich sage diesen Menschen eine besondere „emotionale Durchlässigkeit“ nach. Das bedeutet, dass sie durch kleinste mimische Veränderungen Gefühle zum Ausdruck bringen können. Große Schauspieler wie John Malkovich, Al Pacino oder Nicolas Cage machen nichts, wenn sie spielen. Und dennoch sehen und spüren wir genau, wie es ihnen geht und was sie uns vermitteln wollen. Es sind diese Mikrobewegungen in der Mimik, die unserem Bewusstsein entgehen, die aber dennoch Einfluss auf unser Empfinden von Stimmungen und Gefühlen haben. Andere, weniger „durchlässige“ oder botoxierte Gesichter wiederum müssen extra große Furchen auf ihre Stirn tackern, damit wir überhaupt erkennen, dass sie wütend sind. Da fällt es mitunter sogar schwer, zwischen Freude und Trauer zu unterscheiden, und es hilft nur genau hinzusehen und in die Augen einzutauchen.

Weinen ist in der Regel ein Ausdruck von Trauer. Der Tränenfluss kann aber auch aufgrund des Rückkopplungseffekts durch das Imitieren von Weinen erzeugt werden. Klingt komisch, ist aber so. Man tut so, als würde man weinen, macht die entsprechenden Geräusche, verzieht das Gesicht, also Mundwinkel nach unten, und wimmert vor sich hin. Irgendwann ist man „in Stimmung“, die Dämme brechen und einer Überschwemmung mit salzhaltiger Flüssigkeit ist kaum mehr Einhalt zu bieten. Einsatz findet diese Technik nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Bereich. Vorrangig zu beobachten bei Mitgliedern der talentierten, weiblichen Gattung, wenn sie selbst verschuldetes Unrecht durch Ausschüttung von Unmengen an Tränenflüssigkeit versuchen wieder gutzumachen.

Mein Sohn hatte den von Trauer angeregten Unterlippenzitterer schon in jungen Jahren kultiviert und benutzt, um seine Mutter gnädig zu stimmen und möglicherweise eine Extraportion Zuwendung oder Gummibärchen zu erhaschen. Aber ich bin ja selbst schuld, weil ich ihm schon früh von der Macht der großen Kulleraugen erzählt hatte.

Wut, Aggression, Ärger, Zorn

Diese Emotionen zeigen sich durch die Falte zwischen den Augenbrauen, zusammengekniffene Lippen (oder zu einem zähnefletschenden Rechteck geöffnet) sowie durch heruntergezogene Augenbrauen und verengte Augen, die das Wutobjekt fixieren. Ein weiteres untrügliches Zeichen für ansteigenden Zorn: Die Nasenflügel blähen sich. Das Blähen sieht übrigens nicht nur lustig aus, es hat aus verhaltensbiologischer Sicht durchaus einen Sinn. Durch die weiter geöffneten Nasenflügel strömt mehr Luft in die Lunge, und der Körper ist bereit zum Kampf. Heftig Pubertierende üben dies täglich im Zusammenleben mit ihren todesnervigen Eltern, die beispielsweise überhaupt nicht verstehen wollen, dass eine Ausgangssperre sich keineswegs positiv auf die Noten auswirken würde. Außerhalb der Familie entstehen Streitsituationen gerne mal bei der Parkplatzsuche, bei Geld abzählenden Rentnern an der Supermarktkasse und bei Müllwagen, die sich im Schneckentempo eine Einbahnstraße entlang schmieren, obwohl man eh schon zu spät zur Arbeit kommt. Wenn uns jemand Aggression entgegen schmettert, wollen wir instinktiv sein Gefühl verstehen und imitieren seine Mimik und Körpersprache. Doch in diesem Fall ist schnelles Weglaufen meines Erachtens besser angebracht als allzu viel Empathie.

Angst

Bei Angst ziehen sich die Augenbrauen zusammen und hoch, die Mundwinkel werden zu den Ohren gezogen, die Augen öffnen sich weit. Flache, schnelle Atmung, Schweiß, Zittern können hinzukommen. Der Körper spannt sich an und ist auf jede Eventualität vorbereitet. Zusätzlich klammern sich manche an sich selbst fest. Damit wollen sie sich selbst beruhigen und prüfen, ob sie noch da sind. Angst ist ein instinktiver Schutzreflex. Er bereitet unseren Körper in einer Gefahrensituation auf eine erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit vor. Der gesamte menschliche Körper macht sich bereit, um in Windeseile über die Steppe davonflitzen, auf einen Baum klettern oder der Bedrohung im Kampf entgegentreten zu können. Meist allerdings wollen wir einfach nur weglaufen. Zum Beispiel vor einem Live-Auftritt. Die subjektiv empfundene Gefahr lauert im Zuschauerraum. Eigentlich Schwachsinn, denn ich habe noch nie die Schlagzeile gelesen: „Powerpoint-Präsentation endete blutig.“ Auf das Lampenfieber werde ich später noch näher eingehen (siehe Lampenfieber).

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Bei Angst ziehen sich die Augenbrauen zusammen und hoch, die Mundwinkel werden zu den Ohren gezogen, die Augen öffnen sich weit.

Ein niedlicher Ableger der Emotion Angst, gepaart mit einer guten Prise Überraschung, ist die Schockstarre. Der Duden definiert sie als a) Zustand starrer Bewegungslosigkeit bei einem Schock, b) durch Bestürzung, Erschütterung hervorgerufene Passivität. Hier ein Beispiel: Eines schönen Tages, in einer sehr verliebten, schwer paarungsbereiten Phase entführte ich meinen Vater zum Pizzaessen. Als wir die Getränke bestellt hatten, eröffnete ich ihm lächelnd: „Also: Entweder ihr bezahlt mir die Pille oder ihr dürft euch um das Baby kümmern.“

Überraschung

Jemand, der überrascht ist, ist informationshungrig, er fährt blitzschnell alle Antennen aus. Mund offen, Augen weit offen, Augenbrauen hoch, der Körper macht sich bereit, in kürzester Zeit möglichst viele Informationen aufzunehmen. „Überraschung“ zu spielen ist eine besondere Herausforderung. Szene: Die Tür geht auf, und der lange vermisste Sohn kommt herein. – Können Sie sich vorstellen, wie blöd man sich vorkommt, wenn man den lange vermissten Sohn bei der Probe schon vier Mal gesehen hat und dann in verschiedenen Kameraeinstellungen nochmals sieben Mal zum ersten Mal wieder sieht? Zum Glück für Schauspieler dauert der Moment der Überraschung nur Sekundenbruchteile, so dass man im Spiel gleich zu den darauffolgenden Gefühlen übergehen kann wie Freude, Enttäuschung, Angst oder Kampfbereitschaft. Vielleicht ist es Ihnen mal bei Soaps aufgefallen: Am Ende jeder Folge kommt der berühmte Cliffhanger: Es gibt eine überraschende Wendung oder ein dramatisches Ereignis, und der Fortgang bleibt offen, um den Zuschauer auf die nächste Folge neugierig zu machen. Der überraschte Gesichtsausdruck muss entgegen seiner Natur über mindestens ein Sekunde lang eingefroren bleiben. Wir nannten das auch gerne scherzhaft das „Cliffgesicht“.

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Mund offen, Augen weit offen: So sieht jemand aus, der überrascht ist.

Abscheu und Ekel

Augenbrauen tief, Oberlippe zur Nase gezogen, Nase gerümpft, Unterlippe nach vorne geschoben. Das Empfinden von Ekel ist ein notwendiger Reflex, um Situationen zu vermeiden, die den Verlust unseres Lebens nach sich ziehen könnten. Wir ekeln uns vor widerlichen Gerüchen, damit wir todbringende Speisen vermeiden. Aus Ekel entsteht Verachtung bzw. Ablehnung.

EMOTIONEN ERKENNEN

Mikromimische Veränderungen sind für einen Ungeübten schwierig zu erkennen, und es gibt auch wundervolle Mischformen. Aber der Rest des Körpers plappert ja ebenfalls und ist selbst für Anfänger ein Fest der Information. Achten Sie immer auf das Gesamtpaket.

Verachtung

Dabei wird aus dem zunächst ekelverzerrten Gesichtsausdruck ein hämischer, aber muskulär entspannterer Mimiktanz. Ein Mundwinkel geht hoch, die Muskulatur um die Augen entspannt sich und die Wangen sind leicht angehoben. Das Gefühl der Verachtung ist – wie ich finde – wesentlich besser zu beherrschen als Überraschung oder Trauer. Übrigens: Wenn Sie diesen Gesichtsausdruck während eines Gesprächs bei sich oder Ihrem Partner sehen, können Sie entspannt auf neue Partnersuche gehen.

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Bei der Verachtung wird aus dem ekelverzerrten Gesichtsausdruck ein hämischer, aber muskulär entspannterer Mimiktanz.

Der Unterschied zwischen Mann und Frau

Ein Körper ist ein Körper, ein Arm ein Arm und ein Fuß ein Fuß? Oh, nein. So wie Mann und Frau unterschiedliche Aufgaben im Bereich der Erhaltung der Menschheit haben, so gibt es klare Unterschiede bei der Körpersprache. Frauen können beispielsweise Menschen besser lesen, weil sie naturgegeben dafür sensibilisiert sind. Sobald sie das Neugeborene aus ihrem Körper entlassen haben, beginnt die nonverbale Kommunikation. Frauen müssen verstehen, was das Kind will, ohne dass es dies großartig verbalisieren muss. Und das ist gut so. Denn diese Fähigkeit ist mancher Frau auch im Ehealltag noch nützlich. Männer sprechen nämlich oft sehr wenig. Da ist es nur von Vorteil, wenn die Frau das redefaule Exemplar einigermaßen gut interpretieren kann. Ihre Vermutungen wiederum trägt sie nur allzu gerne und bei jeder Gelegenheit vor. Aber ich schweife ab. Fakt ist: Frauen sind – das muss „Mann“ neidlos anerkennen – die empathischeren Körperspracheleser.

Männer haben aufgrund ihrer naturgegebenen dominanten Körpersprache ihre Qualitäten in Bereichen, die Durchsetzung und Autorität erfordern. Sie dürfen Körpersprache auch gar nicht so gut lesen können, denn das würde sie von der Jagd nach Fleisch ablenken. Männer sind also aus evolutionären Gründen linearer und zielgerichteter gestrickt als Frauen. Nur wenn es ums nackte Überleben geht, erkennt der Mann Gefühlsregungen der Frau. Ein Niagarafall an Tränen lässt den Blitzmerker eventuell aufhorchen: „Irgendetwas ist hier nicht in Ordnung.“

Ich habe mal jemanden kennengelernt, der war beileibe kein Virtuose im Lesen von Körpersprache. Da er sich dessen bewusst war, kompensierte er es, indem er häufig fragte: „Was ist los?“ oder „Was denkst du?“. Das konnte sein, wenn ich einfach nur entspannt am Esstisch saß. Oder wenn ich beim Autofahren auf die Straße sah. Ich fand es anfangs recht amüsant und sogar aufmerksam, dass ein Mann mich fragte, was ich dachte. Das ist normalerweise ja eher den Frauen vorbehalten. Ich gab ihm bereitwillig Auskunft, auch wenn ich nicht wirklich etwas dachte (selten, aber kommt vor). Irgendetwas fällt einer Frau immer ein. Man sollte also meinen, dass diese verminderte Fähigkeit zur Empathie zu einem entspannten Miteinander beitragen kann. Als ich ihm aber eines romantischen Abends tief in die Augen sah und kurz davor war, ihm meine Zuneigung zu gestehen und ihm danach unmissverständlich andere Dinge ins Ohr zu hauchen, fragte er: „Was guckst du so? Ist was?“

Der Mann braucht Platz für den Speerwurf

Der Mann nimmt mehr Raum ein als die Frau. Er geht mit größeren Schritten, steht breitbeiniger und präsentiert seine Körpergröße ein kleines bisschen mehr, als das eine Frau tun würde. Dazu gehört, dass er sich in bestimmten Balzsituationen aufbläht, um seine Potenz zu signalisieren, oder dass er die Hände beim Denken in die Hüften stemmt, um vor der Außenwelt abgeschirmt zu sein für diesen wichtigen Prozess.

Gerne steckt der Mann seine Hände in die Taschen. Ich habe bis dato keine überzeugende Erklärung dafür, bin aber inspiriert von „Unsicherheit“ bis hin zur „Überprüfung dessen, was dort zu finden sein könnte“.

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Männer nehmen mehr Raum ein.

Der Mann führt Bewegungen eher aus dem Schultergelenk heraus aus, als Jäger musste er schließlich den Speer möglichst weit schleudern können. Das war mit maximal einem Felljäckchen bekleidet auch kein Problem. Doch heutzutage leiden in enge Sakkos eingeschnürte Männer oft unter der fehlenden Bewegungsfreiheit, um eine Waffe auf das Objekt der Begierde schleudern zu können. Um seiner Männlichkeit die entsprechende Aufmerksamkeit zu verschaffen, braucht das selbsternannte Alphatier aber keine schnöden Hilfsmittel. Der Mann ist durchaus in der Lage, sich so in Positur zu setzen bzw. zu stellen, dass sowohl Geschlechtsgenossen als auch die potenziell zu befruchtenden Modelle seiner Präsenz und ganzen Schönheit gewahr werden. Dazu sitzt er gerne breitbeinig und demonstriert nach außen: „Hier bin ich, inklusive allem, was dazugehört. Ich habe nichts, aber auch gar nichts zu verbergen. Im Gegenteil!“

TESTOSTERON BRAUCHT MEHR PLATZ

Männer nehmen viel Raum ein, sowohl im Stehen als auch im Gehen und Sitzen. Sie bewegen sich zackig, begrüßen nur per Handschlag und kultivieren ihre Männlichkeit, wo immer es geht.

Frauen brauchen nicht viel Platz. Sie verstehen es, die zur Verfügung stehende Energie effizient einzusetzen. Sie halten sich generell lieber geschlossen und wählen mit Bedacht, wem sie gewisse Dinge von sich preisgeben oder wem nicht.

Das Hervorheben des Geschlechtsteils durch Exponieren ist tatsächlich eher den Männern vorbehalten. Oder haben Sie schon mal eine Frau gesehen, die sich derart in Pose wirft, um einen besseren Blick auf ihren Schoß freizugeben?

Der Mann legt keinen gesteigerten Wert auf Kuscheleinheiten mit anderen Männern. Ein kräftiger Handschlag ist für manchen schon genug Berührung. Etwas weichere Exemplare legen ihre Hand schon mal auf den Unterarm des anderen. Aber bloß nicht zu viel und zu weit oben – und umarmen geht gar nicht. Nicht umsonst klopfen sich Männer untereinander maximal den Rücken bei der Begrüßung oder stoßen in einem Ritual die Oberkörper grunzend aneinander, während sie die Hand des anderen vor der Brust greifen, um sich schnellst möglich wieder von ihm wegschieben zu können.

Ein olfaktorisch prägnantes Merkmal des Mannes im weiteren Umfeld von Körpersprache ist die Körperhygiene. Bei Männern – vor allem, wenn sie schon länger verheiratet sind – kann man öfter ein gewisses Maß an Nachlässigkeit in der Körperpflege feststellen. Männer legen im Durchschnitt weniger Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild als Frauen, sie vertrauen lieber ihrem Körperbau und dessen Ausstrahlung. Und dieser sparsame Körperkult ist für Frauen durchaus akzeptabel. Wenn sie blind sind und ihnen die Geruchsknospen entfernt wurden.

Die Frau trippelt von Strauch zu Strauch

Die Frau beansprucht wenig Platz für sich und macht sich tendenziell eher klein. Klar, sie muss ja auch niemandem mit ihrer Größe imponieren. Sie muss dem Mann das Gefühl geben, bestens für die Aufzucht seines Erbgutes sorgen zu können. Ein gebärfreudiges Becken ist für die meisten Männer, die sich die Verbreitung ihrer Gene wünschen, attraktiver als die Knochenabdrücke eines androgynen Hungerhakens. Bei der Balz setzt die Frau auf optische Reize, um dem paarungsbereiten Mann zu signalisieren: „Hallo! Hier! Ich! Sieh mich an! Sieh dir meine tollen Argumente an!“ Ein Mann kann sich dem freigelegten Dekolleté nicht entziehen, das ist naturgegeben unmöglich. Übrigens ist das Phänomen des Hingucken-Müssens auch bei der Frau zu bemerken. Ein tiefes Dekolleté muss begutachtet werden. Egal, ob von Mann oder Frau. Es löst nur unterschiedliche Reaktionen aus.

Woher kommt es, dass Frauen sich mit kleineren Schritten bewegen, dass sie selten die Hände in den Hosentaschen haben und dass sie im Sitzen elegant die Beine übereinanderschlagen? Ich erkläre es mir so, dass Frauen noch nie große Schritte brauchten. Von Strauch zu Strauch konnte man gut mit kleinen Schritten auskommen. Frauen mussten wendiger sein, und es kam mehr auf geschmeidiges Hin- und Hergleiten zwischen Kindern und Essen an. Die Armbewegungen, die Frauen ausübten, bedurften nur der Bewegung des Unterarms. Oder haben Sie schon mal mit ausladenden Bewegungen Beeren gepflückt oder Haare entlaust? Auch heute ist häufig die Bewegung aus dem Ellbogengelenk zu beobachten, weil Frauen entweder Einkaufstaschen tragen oder den Putzlappen in der Hand haben. Frauen brauchen nicht viel Platz. Sie verstehen es, die zur Verfügung stehende Energie effizient einzusetzen und dabei gleichzeitig ihre berührungsempfindlichen Brüste zu schützen.

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Frauen beanspruchen weniger Platz für sich.

Die Kleidung einer Frau hat einen enormen Einfluss auf ihre Körperhaltung und Bewegung. Frauen machen kleine Schritte, weil sie oft durch die Schuhe dazu gezwungen werden. Ziehen Sie einem Mann mal die sexy High Heels seiner Frau an. Seine Schrittfrequenz wird plötzlich winzig werden, er wird beginnen, beim Gehen in der Hüfte zu schwingen und wird einen niedlich hilflosen Eindruck erwecken. Das ist eine tolle Möglichkeit, sich den Respekt eines Mannes zu verdienen. Lassen Sie ihn auf ebener Strecke dauerhaft „bergab“ laufen, so wie er es bei Ihnen am liebsten sieht. Lassen Sie ihn mit Pfennigabsätzen über Kopfsteinpflaster hoppeln und die Erfahrung mit Gittern im Boden machen. Ein neues paar Schuhe müsste da schon als Anerkennung drin sein, oder?

Beim Sitzen ist es vorteilhafter, die Beine geschlossen zu halten, wenn man einen Rock trägt. Das ist logisch. Außer man befindet sich beim Frauenarzt. Ich kenne keine Frau, die „Hurra!“ schreit, wenn sie bemerkt, wie ein Mann ihr in den Schoß starrt. Frauen halten sich generell lieber geschlossen und wählen mit Bedacht, wem sie gewisse Dinge von sich preisgeben oder wem nicht.

Eine Frau, die gerade und breitbeinig dasteht, lässig die Hände in den Hosentaschen hat und das Becken leicht nach vorne schiebt, wirkt maskulin. Eine Frau, bei der die Füße grazil zusammenstehen, die sich weich bewegt und viel lächelt, wird definitiv als sehr feminin eingestuft.

Auch mit Berührungen haben Frauen weniger Probleme als die Herren. Sie begrüßen sich gerne mal mit Umarmungen oder Küsschen, Küsschen. Eine Frau, die eine andere trösten will, nimmt sie in den Arm. Ein Mann, der in der misslichen Lage ist, jemandem Trost zusprechen zu müssen, haut ihm auf den Rücken oder bestellt ihm ein Bier.

Zu guter Letzt besteht ein großer Unterschied zwischen Mann und Frau, wenn es darum geht, sich zu schmücken. Frauen betonen alles, was ihnen von Natur aus gegeben oder nicht gegeben ist. Da erstrahlen die Lippen in verführerischem Rot oder ziehen glossig glänzend die Aufmerksamkeit auf sich. Augen werden mutwillig und mit Schminktricks vergrößert, damit das Gesamtbild kindlicher und harmloser erscheint. Haare werden wallend zur Schau gestellt, bei Bedarf wird kokett daran herumgezwirbelt, und bemalte rote Wangen täuschen den Zustand der Erregung vor. Manche Frauen verwenden hingebungsvoll viel Zeit für die eigene Pflege und investieren Unmengen an Geld in der Hoffnung, schöner auszusehen. Ich will auch schöner aussehen, nur habe ich einen Trick: Ich lache viel. Das spart die Schminke.

Die Bedeutung des Status

Ein Blick auf das Statusverhalten der Menschen gibt uns interessante Hinweise auf die Wirkung von Körpersprache. In der Theaterwelt spielt der Statusbegriff von Keith Johnstone, britischer Dramaturg und Begründer des Improvisationstheaters, eine wichtige Rolle. Er unterscheidet zwischen Hochstatus, Gleichstatus und Tiefstatus, also Überlegenheit, Ebenbürtigkeit und Unterlegenheit. Das Statusverhalten ist ein nützliches Werkzeug für die Analyse und die Steuerung von Kommunikation. Der Status drückt sich aus im Verhalten einer Person gegenüber einer anderen Person, gegenüber einer Gruppe von Personen und gegenüber dem Raum.

Für Schauspieler ist das Wissen über Statusverhalten ein Muss. Jede Rolle ist mit einem bestimmten Status verknüpft. Dessen ist sich der Schauspieler bewusst, und hier kann er spielerisch variieren.

Die Beziehung zwischen Hochstatus und Tiefstatus lässt Rückschlüsse auf das Machtverhältnis zwischen zwei Menschen zu. Wer wird wohl in die Pfütze treten, die sich auf dem schmalen Weg zweier sich entgegenkommender Spaziergänger befindet? Wer weicht auf dem schmalen Gang zur Toilette aus, quetscht sich an die Wand, um den anderen durchzulassen? Mal abgesehen von geschlechtsbedingten Unterschieden, etwa wenn Männer mit ritterlichem Verhalten beeindrucken oder wenn Frauen mit devotem Ausweichen den Erwartungen an ihr „schwaches Geschlecht“ Tribut zollen wollen, befindet sich der Pfützentreter im Tiefstatus und der mit trockenen Füßen im Hochstatus.

Der Status kann sich jederzeit ändern

Sobald wir auf einen anderen Menschen treffen, beginnen wir unterbewusst mit der Überprüfung seines Status – und auch unseres eigenen. Welchen Status hat mein Gegenüber inne? Welchen nehme ich ein? Wie fühle ich mich? Muss ich dagegenhalten, oder soll ich es mir gönnen, mich in einen Tiefstatus zu begeben? Der Status kann sekündlich geändert werden. Erfahre ich beispielsweise, dass der vermeintliche Kellner in Wirklichkeit der reizende, aufmerksame Gastgeber ist, ändert sich schlagartig mein Status von Hochstatus zu „Im-Boden-versink-Status“. Der Status ist abhängig von Situation, Umgebung und sogar von der Tageszeit. Habe ich einen tollen Anruf erhalten, fühle ich mich super und stolziere unverwundbar durch die Welt. Bei einer schlechten Nachricht möchte ich mich zurückziehen und sogar noch unter dem Tiefstatus hindurchkriechen.

Statusverhalten kann auch tagesabhängig sein. Morgens sind wir ausgeruht, dann trifft in der Bahn Hochstatus auf Hochstatus, und im Büro weht ein Lüftchen von frischem Tatendrang durch die Flure. Gegen Abend sinken die Menschen naturgemäß in sich ein und sind froh, wenn sie im Aufzug oder auf der Treppe nur mehr schmal lächelnd ein „Schön’n Feierabend“ grunzen müssen.

Den Status erkennen

In der Körpersprache gibt es einige markante Signale, anhand derer Sie den Status Ihres Gegenübers erkennen können. Zu wissen, wen Sie vor sich haben, bringt Sie in eine günstigere Verhandlungsposition, weil Sie sich je nach Situation auf ihn einstellen können. Wollen Sie ihn einschüchtern, nehmen Sie Hochstatus ein. Wollen Sie ihn für sich gewinnen, holen Sie ihn einfühlsam da ab, wo er ist. Die Kenntnis über unterschiedliches Statusverhalten hilft dabei, ein Gefühl für die Bedeutung von Körpersprache zu bekommen.

Die Aussage über den Status eines Menschen ist nicht wertend, sondern betrifft die Art, wie wir ihn empfinden. Dabei spielt die Situation, in der wir selbst uns befinden, eine wichtige Rolle. Eine Frau, die den Tiefstatus verkörpert, wird im Berufsleben weniger kompetent wirken, aber anziehend auf Männer wirken, die auf der Suche nach einer freundlichen, eher devoten Partnerin sind. Frauen können den Tiefstatus beliebig einsetzen, um bei Männern den Beschützerinstinkt zu wecken. Männer können einen Gleichstatus einnehmen, falls sie die Frau mit ihrer Dominanz nicht überfordern und sich auf die gleiche Ebene begeben wollen. Aber Vorsicht, sonst fällt irgendwann der flirttötende Satz: „Ja, ich mag dich, aber doch nur als Kumpel!“

Wenn eine Mutter ihr dreijähriges Kind anfuchtelt, mit schriller Stimme und wackelndem Kopf sagt: „Hör doch bitte auf, dein Bruder mag jetzt keine Erde mehr essen!“, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sofort die nächste Ladung Erde in den kleinen Bruder schaufelt. Eine Mutter, die von der Körpersprache her einen Tiefstatus einnimmt, wird vom eigenen Kind nicht ernst genommen. Tragisch, ist aber so. Sobald allerdings wirklich das Maß überschritten ist und die Mama aus allen Körperöffnungen dampft, wird sie die Stimme automatisch senken, langsam und bedrohlich sprechen, den Kopf ruhig halten und von der Zehe bis zur Haarspitze angespannt sein. Das ist dann der Moment, in dem ein Kind weglaufen oder eine gut eingeübte Entschuldigung parat haben sollte.

Sie spüren gewöhnlich instinktiv, in welchem Status sich jemand befindet. Im Folgenden beschreibe ich typische Merkmale von Hochstatus und Tiefstatus, anhand derer Sie Ihr Gefühl überprüfen können.

Hochstatus: Dominanz, Kontrolle, Überlegenheit

Körperhaltung

Personen im Hochstatus wirken wie ein Fels in der Brandung und haben einen festen Stand; sie machen sich groß und stehen oder gehen aufrecht; ihre Körperhaltung ist offen; sie haben eine gute Körperspannung (ohne angespannt zu wirken), halten die Schultern gerade und/oder drehen die Fußspitzen nach außen; sie nehmen sich in jeder Körperhaltung Raum; die Daumen (als Dominanzsymbol) sind sichtbar, zum Beispiel wenn die Hände in den Taschen verschwinden; sie suchen Blickkontakt und halten den Blick.

Gestik und Mimik

Sie lächeln dosiert (nur, wenn sie es für richtig halten), zwinkern kaum und halten den Kopf ruhig; sie berühren andere Menschen, indem sie zum Beispiel ihre Hand auf deren Schulter legen; sie machen ausladende, raumgreifende Gesten und haben dabei meist eine offene Handhaltung; bei der Begrüßung per Handschlag zeigt ihre Handfläche nach unten, somit dominieren sie den anderen, indem sie ihn in eine bittende Handhaltung drängen.

Stimme

Die Stimmlage von Personen im Hochstatus ist meist tief, und sie haben eine ruhige und langsame Sprechweise; der Hochstatus braucht kein Megaphon, um sich Gehör zu verschaffen, er bekommt Aufmerksamkeit durch seine Präsenz, unterstützt durch eine laute Stimme; sollte der Hochstatus mal drohen verloren zu gehen, dann werden ein Räuspern oder andere Geräusche wie „mmh“, „ja“ hörbar; er rechtfertigt sich nie und stellt Fragen, wann immer es ihm passt.

Tiefstatus: Freundlichkeit, Unterlegenheit, Kontrollabgabe

Körperhaltung

Personen im Tiefstatus machen sich klein; sie ziehen die Schultern hoch (schützen ihren verletzlichen Hals); die Fußspitzen zeigen eher zueinander; im Sitzen auf dem Stuhl sind Füße unter die Sitzfläche gezogen; der Tiefstatus hält Distanz, denn da fühlt er sich wohler, und er erduldet die Berührungen des Hochstatus ohne aufzubegehren.

Gesten

Im Gegensatz zum Hochstatus lächelt der Tiefstatus sehr viel; diese Personen vermeiden eher den Blickkontakt und der Kopf wackelt beim Sprechen (ist unruhig); bei Begrüßung per Handschlag zeigt die Handfläche nach oben wie bei einem Bittenden: „Haste mal ’n paar Cent?“

Stimme

Personen im Tiefstatus sprechen mit leiser, hoher Stimme in einem hohen Sprechtempo und rechtfertigen sich gerne mal.

Was tun, wenn jemand unseren Status angräbt?

Wenn jemand an Ihrem Status gräbt, reagieren Sie nicht zickig oder eingeschnappt. Wenn jemand einen Witz auf Ihre Kosten macht, hören Sie lediglich auf zu lächeln. Aber sagen Sie nichts. Kein Wort. Das haben Sie gar nicht nötig. Sie werden sehen, das kommt an, und Sie behalten Ihre Würde. Ein Status wird auch angegraben, wenn ein Rangniedrigerer den Ranghöheren berührt. Ein Arzt darf seinen Patienten berühren, ein Chef seinen Mitarbeiter, nicht aber umgekehrt. Behalten Sie bitte im Hinterkopf, dass ein Hochstatus ein Gegenüber mit Tiefstatus braucht. Das Gefälle macht das Statusverhalten aus. Ein Zweimetermann weiß erst, wie groß er ist, wenn er einem kleineren Menschen gegenüber steht. Ohne Referenzstatus kein eigener Status.

STATUSVERHALTEN IM ALLTAG

Das Wissen über Statusverhalten kann Ihnen im Alltag sehr nützlich sein. Beobachten Sie Ihre Mitmenschen und erkennen Sie ihre unterschiedliche innere Haltung. Üben Sie damit. Stellen Sie sich auf die jeweilige Situation ein, versuchen Sie flexibel zu reagieren. Beim verspäteten Eintreffen zum Termin im Arbeitsamt wird man Ihnen wohlgesonnener sein, wenn Sie einen Tiefstatus einnehmen, im Umgang mit Ihren Kindern rate ich Ihnen eher zum Hochstatus.

Suchen Sie sich aus, wie Sie mit der neuen Erkenntnis über Ihr Gegenüber umgehen wollen und für welchen Status Sie sich entscheiden. Ich beispielsweise begebe mich schon mal bewusst in den Tiefstatus, wenn ich mit einem Mann vor dem Schaufenster mit den schicken Pumps demonstrativ stehenbleibe: Ich mache mich klein, lächle debil, kuschele mich an ihn und wispere mit Rehaugenblick: „Ach Schatzi, mit dir macht einkaufen sooo viel Spaß.“

Der richtige Abstand

Dinge, die wir nicht mögen – oder noch nicht mögen –, sollen möglichst weit weg bleiben. Dinge, die uns guttun, sollen schön nah an uns heran. Deshalb habe ich mich früher auf dem Schulhof immer weit weg von den Lehrern gestellt, und darum trage ich mein Handy so nah wie möglich am Körper. Manche Frauen tragen es sogar in ihrem BH. Abstand ist für uns wichtig. Vor allem nach vorne und nach hinten. Seitlich sind wir schon eher bereit, jemanden näherkommen zu lassen. Da fühlen wir uns durch die Schulter und den Arm geschützt.

Sicher fühlen

Wir fühlen uns sicher, wenn wir uns frei bewegen können, so kann die steinzeitliche Waffe frei geschwungen werden. Und jeder hat ein Recht auf seine Distanzzone. Bitte drängen Sie sich nicht auf, wenn Sie merken, dass jemand zurückweicht. Dieser Mensch braucht den Abstand. Möglicherweise wird sich dieser Abstand im Laufe des Gesprächs oder Kontakts verringern. Wenn nicht, müssen Sie ein Schippchen an Esprit und Charme nachlegen oder sogar selbst ein wenig zurückweichen, um Ihrem Gegenüber mehr Raum und damit Sicherheit zu geben.

Die „öffentliche Distanz“

Die öffentliche Distanz beträgt mindestens drei Meter, eher noch mehr. Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Präsentation oder hielten eine Rede vor fremden Menschen. Da wäre es Ihnen doch am liebsten, wenn die weit weg säßen, oder? Zumindest nicht so nah, dass sie Ihre Pickel im Gesicht zählen können. Sobald der Vortrag zu Ende wäre, würden Sie entscheiden, wen Sie bei einem Bier in ihre soziale Zone eindringen lassen wollen.

Zonen

Vielleicht gewähren Sie dem charmanten Herrn aus Reihe drei Zugang zu Ihrer sozialen Zone, damit Sie ihm in einem privaten Vortrag die Zusammenhänge Ihrer Präsentation genauer erklären könnten. Dabei würde er Ihnen bis auf drei Meter entgegenkommen. Wenn er Sie weiterhin so charmant anlächelt und Ihnen wiederholt erklärt, was für eine tolle Frau Sie sind, dann laden Sie ihn in Ihre persönliche Zone ein. Er darf dabei bis auf einen Meter an Sie heran, und Sie können seinen Duft einatmen, die Farbe seiner Iris überprüfen und die Signale, die er sendet, genauer studieren.

Bei positiven Ergebnissen schnappen Sie sich ihn und zerren ihn in Ihre Intimzone. Das ist die Winzlingszone um uns herum. Näher als etwa 50 Zentimeter darf uns niemand kommen, unsere Familie oder Partner oder zukünftige Partner ausgenommen. Weder von vorne noch von hinten. Nur von der Seite verringert sich diese „Rührmichnichtan“-Blase noch einmal. Wenn Sie dem Herrn Zugang dazu erlaubt haben, bleibt nur noch eine Zone, die alle anderen dann nichts mehr angeht. Viel Vergnügen!

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Die persönliche Zone reicht bis zu einem Meter an Sie heran.


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Näher als 50 Zentimeter dürfen uns nur wenige Menschen kommen.

Individuelle Distanzzonen

Menschen, die großes Gedränge gewohnt sind, zum Beispiel weil sie in der Großstadt leben, haben eine kleinere Distanzzone. Sie haben keine andere Wahl, als Menschen näher an sich heranzulassen als beispielsweise das ländliche Volk. Stellen Sie sich vor, jeder würde während der Rushhour im Bus auf seine persönliche Distanzzone bestehen – er wäre nur halb so voll und Sie könnten den nächsten nehmen.

Kleinere Menschen fühlen sich manchmal wohler, wenn sie ein wenig Abstand haben, dann wirken sie nicht mehr so klein wie wenn sie direkt neben einem größeren stehen. Sie haben aus dem Bedürfnis nach mehr Überblick das Bedürfnis nach größerer Distanz entwickelt.

Autor

  • Yvonne de Bark (Autor:in)

Yvonne de Bark ist Schauspielerin, Buchautorin und Bloggerin. Viele kennen sie als Darstellerin für Fernsehen und Kino. Bekannt wurde sie vor allem durch populäre TV-Serien wie „Die Motorrad Cops, „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“, „Unter uns“, „Küstenwache“, „Schloss Einstein“. Als Autorin sorgte sie bereits mit witzigen Erziehungsratgebern wie „Das Mama-Trost-Buch – Auch andere Mütter erziehen Monster“ oder „Mamas wissen mehr – das schräge Fachwissen der Mütter“ für glückliche Leser.
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Titel: Körpersprache einfach nutzen