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Kinder brauchen Rituale

So unterstützen Sie Ihr Kind in der Entwicklung. Stressfrei durch den Familien-Alltag. Empfohlen von: Akademie für Kindergarten, Kita und Hort

von Melanie Gräßer (Autor:in) Eike Hovermann (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Die besten Tipps von Erzieherinnen, Kinderpsychologen, Familientherapeuten, Eltern und Kindern: Rituale spielen für die psychische und körperliche Gesundheit von Kindern eine Schlüsselrolle – sie geben ihnen Sicherheit, Geborgenheit und Verlässlichkeit. Für Eltern bedeutet das im Umkehrschluss, dass das Familienleben mit Ritualen viel entspannter verläuft. Egal, ob Sie Ihrem Kind dabei helfen möchten, entspannter einzuschlafen, besser Ordnung zu halten oder Ängste zu überwinden – die Autoren geben unzählige praktische Tipps, wie Sie hilfreiche Rituale im Alltag einführen können. Der perfekte Ratgeber für einen entspannten Familienalltag und ein glückliches Kind!

Gegen alle „Ich kriege gleich ‘ne Krise!“-Situationen mit dem Kind: Aufräumen, Angst, Wut, Hausaufgaben, Einschlafen und vieles mehr.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Liebe Eltern, liebe zukünftige Eltern,

denken Sie beim Stichwort „Rituale“ an Eingeborene ferner Südseeinseln, an Indianer oder an Zauberer?

Wahrscheinlich eher nicht, denn es ist viel wahrscheinlicher, dass Sie selbst in Ihrer Kindheit gute Erfahrungen mit Ritualen gemacht haben und diese nun weitergeben möchten.

Mit Sicherheit haben auch Sie Ihre eigenen Rituale: die Tasse Kaffee vor der Dusche trinken, zuerst den linken Socken anziehen, das Morgengebet sprechen, die Zeitung von hinten zu lesen beginnen oder gar den Talisman in die Hosentasche stecken.

Rituale sind im Prinzip ja „nur“ bewusste Verhaltenswiederholungen. Gerade mit diesen immer wiederkehrenden Wiederholungen können wir besonders Kindern helfen, den Alltag bewusster zu gestalten und zu erleben. Durch diese bewusste Wiederholung schaffen Sie eine Struktur, die in den allermeisten Fällen ebenso bewusst und positiv aufgenommen wird.

Haben Sie auch die Erfahrung gemacht, dass Kinder sich wiederkehrende Ereignisse wünschen, oft einen besonderen Zugang zu Ereignissen haben und diese manchmal geradezu einfordern? Ein Beispiel: „Mama wir müssen aber noch die Stiefel rausstellen! Der Nikolaus kommt doch morgen!“

Rituale leben von der Wiederholung und haben ein großes Potenzial, unser aller Leben eine positive Ausrichtung zu geben. Das fängt bei der Wertschätzung der kleinen Ereignisse an und geht bis zu den großen und schönen Ereignissen wie Weihnachten und die Geburtstage. Auch schwierige Lebenssituationen lassen sich oft leichter meistern, wenn in diesen Zeiten das richtige Ritual etwas hilft.

Auf gar keinen Fall sollen Sie alle Rituale aus diesem Buch in Ihr Leben einführen. Die gesammelten Rituale sollen als Anregung dienen. Wir hoffen, dass Sie entweder einige Rituale finden, die Sie für Ihre eigene Familie übernehmen möchten, oder durch die Anregungen viele eigene schöne Rituale entwickeln.

Vielleicht werden Sie sich im Laufe des Buches an die eigenen alten Rituale aus Ihrer Kindheit erinnern. Und wenn Sie sich vielleicht nicht mehr so gut erinnern können, vergessen Sie nicht, Ihre Eltern oder Großeltern zu fragen … Es wäre schade, wenn die Tradition der Rituale verloren ginge.

Wir sind uns bewusst, dass einige der Kapitel für den einen oder anderen nicht passen, Ihnen vielleicht klischeehaft vorkommen oder Sie denken „Wie soll das denn gehen, das sind ja Idealvorstellungen …“. Bei vielen ist der Familienalltag durch erheblichen Zeitdruck und viele Zwänge bestimmt. Uns ist wichtig, dass Sie diese Sammlung nicht als statisches Regelwerk und nicht als vollständige Anleitung ansehen, sondern als Anregung für den einen oder anderen Lebensbereich. Schauen Sie also mit dem kritischen Auge, picken Sie sich das heraus, was zu Ihnen und Ihrer Familie passt, und stellen Sie sich daraus Ihre passenden Rituale zusammen.

Viel Spaß beim Lesen, Schmökern, Nachschlagen und ganz viel Freude bei der Einführung und Pflege von vielen schönen kleinen Ritualen in den kommenden Monaten und Jahren wünschen Ihnen

Melanie Gräßer und Eike Hovermann
sowie das gesamte Expertenteam

Beim Schreiben dieses Buches und Sammeln von vielen schönen Ideen und Ritualen haben wir zuerst nicht an Menschen mit Behinderung gedacht, da sie für uns Menschen wie du und ich sind und wir eigene, sehr positive Erfahrungen mit behinderten Menschen in der Verwandtschaft erfahren durften.

Dann erreichte uns der folgende Brief einer Mutter:

„Ich selber bin Mutter eines mehrfach schwerbehinderten Kindes und fände es schade, wenn der Punkt Rituale mal anders‘ oder so ähnlich nicht in Ihrem neuen Buch zu finden wäre.

Mein Sohn ist durch seine Einschränkungen der unterschiedlichen Sinne enorm auf Rituale angewiesen, jegliche Veränderung in seinem Tagesablauf oder in bestimmten Vorgehensweisen sind für ihn sehr schwer zu verstehen und bringen ihn noch leichter aus der Bahn als gesunde Kinder.

Viele Rituale, die ich verwende, sind anders und natürlich speziell angepasst an die Behinderung meines Sohnes, weil vieles einfach nicht machbar ist und wir eigene Wege finden mussten.

Ich finde es schwer, Rituale speziell für Behinderte zu schreiben, und würde damit meinem Anspruch wahrscheinlich nicht gerecht werden, sodass ich leider keinen speziellen Beitrag zu diesem Ritualebuch leisten kann.

Nichtsdestotrotz würde ich mich sehr freuen, wenn Sie auch die Menschen in Ihrem Buch bedenken, die aufgrund des Andersseins ,teilweise andere Rituale brauchen oder entwickeln. Das ,normale Leben‘ ist nicht immer für alle gleich zugänglich. Vielleicht finden Sie ein paar Worte dafür in Ihrer Einleitung.

Vielen Dank, dass Sie uns die Chance gegeben haben, gehört zu werden.

Mit freundlichen Grüßen aus Münster
Temba Große Brinkhaus“

Nach diesen Zeilen von Frau Große Brinkhaus haben wir länger über die einzelnen Rituale nachgedacht und diskutiert. Dabei sind wir zu dem Schluss gekommen, dass natürlich nie alle Rituale bei allen Kindern und von allen Eltern umgesetzt werden können und sollten. Wir glauben und hoffen, dass alle Eltern den richtigen Weg mit dem einen oder anderen Ritual einschlagen und diese dann immer an die Erfordernisse anpassen.

Von daher bleibt es dabei: Unsere Rituale sind Vorschläge und Anregungen für ALLE Kinder und erwachsenen Menschen!

WAS SIND RITUALE UND
WOZU SIND SIE GUT?

Rituale gibt es, so lange man denken kann. Allerdings ändern sie sich mit der Zeit – manche geraten in Vergessenheit, viele neue entstehen. Aber eines ist immer konstant: Rituale bringen eine Struktur in unser Leben und helfen dabei, ein harmonisches Leben und auch Familienleben zu führen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden Menschen, die einem ganz festen Tagesablauf folgten, als uncool, unflexibel und nicht entspannt bezeichnet. Der Wandel der Zeit hat diese Meinung korrigiert, und sowohl Fachleute als auch eigene Erfahrungen sprechen für feste, regelmäßige, wiederkehrende Abläufe und damit Rituale im Tagesgeschehen.

? WAS IST ÜBERHAUPT EIN RITUAL?

Bei einem Ritual werden bestimmte Verhaltensweisen in bestimmten Situationen oder zu bestimmten Zeitpunkten wiederholt.

Ein Ritual unterliegt bestimmten Regeln und folgt einem festen Ablauf.

Meist werden Rituale geübt, sodass deren Ablauf nach einer Weile vertraut ist.

Sie werden kaum Eltern finden, die den Nutzen fester Rituale nicht unterschreiben würden. Trotzdem gehören sie leider wahrscheinlich zu den am wenigsten beachteten Ratschlägen. Dennoch: Kinder brauchen einen geregelten Tagesablauf und Rituale, die das Gerüst für ein zufriedenes Kinderleben bilden können.

Manche Eltern halten feste Rituale und Abläufe heute für ein Zeichen eines „autoritären Erziehungsstils“. Dies sind aber zwei verschiedene „Paar Schuhe“, die nichts miteinander zu tun haben.

Die einschlägige Forschung sagt dazu: Fixpunkte spielen im Tagesablauf für die psychische und physische Gesundheit von Kindern eine sehr wichtige Schlüsselrolle. Es sollten mindestens die folgenden zwei Fixpunkte sein:

Eines der allerwichtigsten Rituale ist die im Wesentlichen immer gleiche Zubettgehzeit mit den dazugehörenden Ritualen (vergleiche Kapitel „Tagesablaufrituale“).

Der zweite wichtige Punkt sind feste Mahlzeiten, mindestens jedoch eine am Tag, an denen sich die gesamte Familie um den Tisch versammelt – und dort auch bis zum Ende der Mahlzeit gemeinsam bleibt.

Solche Rituale geben jedem Menschen, insbesondere unseren Kindern, Sicherheit, Geborgenheit und Verlässlichkeit.

Haben die Rituale erst Einzug in Ihrem Haushalt bzw. Ihr Leben gehalten, dann werden Sie feststellen, dass Ihr Familienleben dadurch viel unbelasteter und entspannter verläuft.

Durch die Rituale ist genau, d. h. kompromisslos, vorgegeben, wann was wie zu machen ist. Sie ersparen sich dadurch im Normalfall Diskussionen und schonen Ihre Nerven.

Aus eigener Erfahrung können bestimmt alle Leser bestätigen, dass Kinder sich immer gleich Ablaufendes wünschen, denn dann können sie in bestimmten Situationen mithelfen und wissen vorab, was als Nächstes folgt. Wenn sie richtig liegen, erleben sie die Wiedererkennungsfreude. Sie können sich darauf verlassen. Selbst lästige Pflichten können durch Rituale so für Kinder zu lustigen Eckpunkten des Tages werden, die sie nicht mehr missen möchten.

An viele Rituale erinnern wir uns vielleicht selber noch gerne zurück.

Rituale helfen, das Leben zu strukturieren, und sie bieten verlässliche Inseln, die aber nur funktionieren, wenn sie nicht zur Pflichtübung werden. Doch auch für manche Pflichtübungen bringen Rituale Entlastung. Sie funktionieren als Ordnungsstrukturen in der Familie, an die sich jeder halten kann. Sie vereinfachen ganz alltägliche Abläufe, über die dann niemand mehr diskutiert!

WAS RITUALE ALLES KÖNNEN

Wenn Rituale als selbstverständliche Bestandteile des Alltags verinnerlicht wurden – manchmal werden sie uns erst dann bewusst, wenn sie verändert werden sollen –, dann kann es durchaus passieren, dass Eltern heftigen Protest von ihren Kindern ernten. Z. B., wenn sie statt des jahrelang üblichen Campingplatzes einen neuen Campingplatz vorschlagen oder statt in die Berge an die See fahren wollen.

Vergleichen Sie ruhig auch Ihre eigenen Familienrituale mit denen anderer Familien. Manchmal zeigt ein solcher Vergleich, dass es bereits viele tolle Rituale in der eigenen Familie gibt, auf die Sie alle stolz sein können. Oder es fallen Ihnen noch Rituale auf, die Sie ändern oder ergänzen möchten.

Rituale und der richtige Umgang
im Tageslauf

Rituale sind, wie gesagt, Handlungen, die immer den gleichen Ablauf haben. Sie bieten einen strukturierten Handlungsablauf im Alltag und helfen, zwischenmenschliche Interaktionen durchzuführen. Weitere Vorteile von Ritualen sind, dass sie Gemeinschaften stärken, Sicherheit geben und Ängste vermindern. Voraussetzung ist, dass sie von allen, bzw. einer Mehrheit, anerkannt und praktiziert werden. Rituale müssen mit den beteiligten Personen besprochen und von ihnen akzeptiert werden, da sie einen Eingriff in die Persönlichkeit darstellen können.

Oft wird mit der Hilfe von Ritualen bewusst oder unbewusst der Tagesablauf strukturiert und gesteuert. Rituale und Regeln sind ein wichtiger Baustein in der pädagogischen Arbeit, was sowohl den Kindergarten als auch die Schule, insbesondere die Grundschule, betrifft, wo bewusst mit Ritualen gearbeitet wird. In der Schule beispielsweise wird durch Rituale der Unterricht gefördert und strukturiert.

Immer wieder das gleiche Lied singen, immer wieder das gleiche Spiel spielen, dies mag für Sie als Erwachsenen langweilig klingen. Aber was aus Erwachsenensicht abwechslungslos klingt, ist gerade für Kinder förderlich. Wiederholungen erlauben Kindern beispielsweise einen einfachen Einstieg in den Sprachgebrauch: „Das kenne ich!“ Auch der respektvolle Umgang und ständige Wiederholungen mit allen Beteiligten sind ein großer Vorteil. Kleine Rituale im Sprachgebrauch vermitteln Orientierung und werden schnell und teilweise sofort verstanden. Ein Ritual sollte jedoch allen bekannt sein, und alle Beteiligten müssen es akzeptiert haben.

Bestimmte Rituale sind Teil einer bestimmten Abfolge. Alle Kinder wissen beispielsweise, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie in ihrer Kita ankommen. Ihr Kind weiß ganz genau, dass nach dem Abendbrot noch ein paar Minuten ruhig gespielt werden darf, und danach geht es weiter mit dem sich täglich wiederholenden Ritual, das zunächst ins Bett und dann in den Schlaf führt.

Sollte ein Ritual aber zwanghaft werden, sollte es schnell aufgelöst und entweder abgeschafft oder durch ein besseres ersetzt werden.

Weil viele Rituale positive Aspekte beinhalten, kann man sich ihnen nur schwer entziehen.

Rituale und Regeln

Rituale sind zwar keine Regeln, haben aber mit diesen einiges gemeinsam. In der Erziehung und bei der Arbeit mit Kindern in einer Tageseinrichtung, einer Schule oder im Verein geben Regeln Sicherheit. Stellen Sie sich ein Handball- oder Fußballspiel ohne bestimmte Regeln vor, dieses würde wohl ein sehr fantasievolles Spiel.

Jeder hat schon Regeln erlebt und legt sich selbst Regeln auf. Wenn Regeln bestehen, muss es auch Sanktionen bei der Nichteinhaltung bestimmter Regeln geben. Diese Sanktionen werden teilweise gemeinsam in einem Haushalt oder in einer Tageseinrichtung erarbeitet oder bestehen durch eine Hausordnung. Im Gegensatz dazu sollte es bei der Nichtdurchführung von Ritualen keine Sanktionen geben, da Rituale ein positives Erziehungselement darstellen und nicht mit „Bestrafung“ verknüpft sein sollten.

Wie Rituale das Zusammenleben
vereinfachen und Gemeinschaft(en)
entwickeln

Rituale helfen nicht nur Ihrem Kind, sondern auch Ihnen als Eltern, denn sie liefern Ihnen eine Art „Fahrplan“ für täglich wiederkehrende Situationen. Oder auch dafür, wie Sie sich in den unterschiedlichen Situationen zu verhalten haben.

Die von uns durchgeführten und gewählten Rituale basieren zumeist auf dem, was wir selber in der eigenen Kindheit erlebt haben, und dem, was wir im Laufe unseres Lebens gelernt, gesehen oder vielleicht auch gelesen haben. Dazu kommen noch unsere idealen Wunschvorstellungen davon, was uns im Leben selber wichtig ist, und unsere eigenen Werte und Normen, nach denen wir leben. Aus all diesem entwickelt jeder von uns automatisch Rituale, die er für sich selbst und für seine Kinder richtig und wichtig findet. Oft ist es uns gar nicht bewusst, dass unser Handeln schon das eine oder andere Ritual beinhaltet. Doch wenn Sie mal genau nachdenken, wird Ihnen auffallen, dass Sie in bestimmten Situationen immer wieder gleich handeln – und sei es nur, was die Wahl des Weihnachtsessens betrifft.

Neben diesen automatischen Ritualen ist es gerade im Zusammenleben mit Kindern wichtig, viele verschiedene Rituale für die unterschiedlichsten Alltagssituationen, wie z. B. das gemeinsame Frühstück oder die Verabschiedung an der Tür, zu praktizieren. Jedes Ritual gibt Ihrem Kind Sicherheit und Halt, gerade wenn es mit Veränderungen beispielsweise beim Wechsel auf die weiterführende Schule oder in der Pubertät zu kämpfen hat. Es lernt dann, mit diesen Veränderungen besser umgehen zu können.

Außerdem prägen Rituale das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Familie und auch mit anderen Menschen, wenn man merkt, dass man ähnliche Rituale wie andere Menschen praktiziert.

Ritualgegenstände – wann und wie
lange sind sie sinnvoll?

Wenn man genau überlegt, kann doch jeder sagen, dass Rituale jeden von uns sein Leben lang begleiten und daher immer sinnvoll und präsent sind. Je nach Alter sind bestimmte Körperkontakte, Handlungen oder Gegenstände Hilfsmittel für ein Ritual, welche eine Handlung personifizieren und daher sehr sinnvoll sind.

Ein Ritualgegenstand kann alles sein. Für jeden Einzelnen kann etwas anderes sein persönlicher Ritualgegenstand sein, der sich jederzeit – auch abhängig vom Alter oder Entwicklungsstand – ändern kann. Das verdeutlicht z. B. der Gebrauch eines Schnullers beim Baby: Er wird eine bestimmte Zeit benötigt, und im nächsten Moment ist z. B. das Nuckel- oder Knuddeltuch aktuell. Oder die Puppe, die im Kindergarten Kummer- oder Sorgenpuppe genannt wird, hilft Ihrem Kind, die anfänglichen Ängste vor dem Alleinsein – ohne Eltern – zu nehmen. Später ist es ein bestimmtes Buch, ein Lied, das Haustier, ein Schmuckstück, ein Brief oder ein spezielles Kleidungsstück. Ihrer Kreativität und der Kreativität Ihres Kindes sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Diese und viele andere Gegenstände sind Hilfsmittel, ohne die bestimmte Rituale nicht möglich und realisierbar sind.

Jeder macht etwas anderes mit seinem Ritualgegenstand. Der eine drückt z. B. die Puppe, weil er Nähe braucht, der Nächste drückt die Puppe, da er Angst hat und so seine Sorgen loswerden möchte, und der Übernächste drückt die Puppe, weil sie ihm die Schmerzen durch den Sturz mit dem Roller nehmen soll. So hat diese eine Puppe z. B. nur die „Trösterfunktion“ oder nur die „Angstnehmfunktion“. Die Puppe übernimmt meist nicht auch gleichzeitig die „Kuschelpuppenfunktion“. Die übernimmt wieder ein anderer Gegenstand.

In jedem Alter sind die jeweiligen Ritualgegenstände und die daraus resultierenden Rituale für den Einzelnen etwas ganz Besonderes. Die Betonung liegt bei „jedem Alter“, d. h. auch im Erwachsenenalter. Manche Rituale wurden bereits von unseren Eltern auf uns übertragen und werden von uns wieder auf unsere Kinder übertragen. Rituale sind oft zeitlos.

Solange ein Ritualgegenstand für die Person, die es nutzt, sinnvoll ist, so lange ist er wertvoll und bedeutsam. Schließlich führt der Gegenstand dazu, dass ein Ritual ausgeführt wird. Die Rituale geben Vertrauen, Sicherheit, Geborgenheit und helfen dabei, richtungsweisend zu sein, aber auch Ängste und Sorgen zu nehmen.

Doch nicht immer sind es „Gegenstände“, die ein Ritual unterstützen, es kann z. B. auch eine Geste sein: Wenn Sie Ihr Kind jeden Morgen umarmen und ihm jeden Morgen beim Aufwachen und jeden Abend beim Zubettgehen einen Kuss geben, so sind das Umarmen und der Kuss und damit die so wichtige körperliche Nähe ein Ritual.

Wo Rituale schaden können

Im ersten Moment scheint es Ihnen vielleicht unsinnig zu sein, dass Rituale Schaden verursachen können. Allerdings nur auf den ersten Blick, denn sie können unter Umständen in schlechter Erinnerung behalten werden oder sogar (großen) Schaden anrichten.

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„Wenn ich an den Wochenenden bei meiner Oma war, sind wir immer zum Friedhof gefahren, zu ihrem Mann. Dort haben wir für ihn eine Kerze angezündet, das Grab sauber gemacht, die Blumen gegossen und für ihn gebetet. Ich durfte nie Fahrrad fahren, obwohl mir der Weg immer so lang vorkam, und ich musste immer still sein – aus Respekt vor den Verstorbenen.“

„In den Ferien war ich zusammen mit meiner Cousine bei meinem Onkel eingeladen, dort gab es das Mittagsschlafritual. Das war immer ätzend!“

„Ein Ritual war immer, meiner Mutter in den kompletten Osterferien beim Hausputz zu helfen. Freie Zeit war nicht viel übrig.“

Es gibt Situationen und Handlungen, die ein Kind durchführt oder erlebt, die es selbst nicht einschätzen, steuern und entscheiden kann oder einfach nicht mag. Diese Handlungen werden durch andere Personen, egal ob es die Eltern, Großeltern oder weitere Personen des Umfeldes sind, entschieden und durchgeführt. Diese Situationen und Handlungen können allerdings Folgen für das weitere Leben des Kindes haben. Im schlimmsten Fall verursachen sie sogar psychische Schäden, die einen ein Leben lang begleiten. Ein Beispiel könnte sein, dass der Betroffene gar nicht versteht, was Sie mit einer bestimmten Handlung bewirken wollen. Sie haben eine ganz andere Intention bzw. ein anderes Ziel, welches Sie mit Ihrem Tun erreichen wollen. Es kann jedoch sein, dass das für Ihr Kind z. B. unverständlich und nicht nachvollziehbar ist und vielleicht Ängste auslöst.

Ein schreckliches Erlebnis aus der Kindheit einer Mitautorin dieses Buchs ist die Erinnerung an den Tod ihrer Tante. Ihre Cousine wollte unbedingt, dass sie mit ihr gemeinsam in die Leichenhalle zur Verabschiedung kommt, da sich das doch für die Verwandten so gehöre und schon immer so gewesen sei. Nach langem Überreden sei sie – um der Cousine einen Gefallen zu tun – mitgegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie ihre Tante in wundervoller Erinnerung gehabt. Leider habe sich das durch den Anblick in der Leichenhalle völlig geändert. Seitdem habe sie, egal in welchem Verhältnis sie zu dem Toten stehen, ein Problem mit Leichenhallen und Verabschiedungen. Sie habe jetzt schon Angst davor, wie sie reagiere, wenn z. B. die eigenen Eltern sterben. Für die Cousine sei der Anblick nicht schlimm gewesen und habe bei ihr keinerlei Probleme verursacht, aber bei der Mitautorin habe dieses familiäre Ritual einen „bleibenden Schaden“ hervorgerufen.

Zwingen Sie beispielsweise Ihr Kind zu etwas, was Sie für gut befinden, und Ihr Kind wehrt sich, weil es Angst hat, kann das zu lebenslangen Ängsten in Bezug auf diesen Zwang führen. Ihr Kind hat ein anderes Verständnis, ist unreifer und vielleicht mit der Situation überfordert.

Seien Sie unbesorgt: Wenn Sie ein paar einfache Regeln beachten, sind Rituale eine sehr hilfreiche und schöne Bereicherung für Sie und Ihr Kind. Welche das sind, erfahren Sie im weiteren Verlauf dieses Buchs.

Aber Achtung: Zwanghafte regelmäßige Übungen, die durch die Eltern veranlasst werden, wirken kontraproduktiv! Nur wenn die Kinder und Eltern etwas Positives mit den Ritualen verbinden, werden sie auch gepflegt. Wichtig ist zudem, dass Rituale immer wieder hinterfragt werden und nicht auf ewig festgeschrieben sind. Denn auch Rituale wachsen und verändern sich. Sie sollten regelmäßig überprüft und angepasst werden. Anpassungen sollten z. B. an das Alter der Kinder, die sich verändernden Bedürfnisse oder auch an neue Familienstrukturen erfolgen.

So ist z. B. bei Kleinkindern das Kuscheln am Sonntagmorgen noch angesagt. Bei Jugendlichen steht es eher nicht mehr auf dem Programm. Dafür ist vielleicht ein „Sonntagsbrunch“ am späten Vormittag sehr beliebt. Und daraus entwickelt sich Jahre später, dass die „großen Kinder“ auch als Studenten am Sonntag gerne nach Hause kommen.

Manchmal kann das Beharren auf Ritualen zu Stress führen, wenn z. B. junge Paare Rituale aus ihren eigenen Familien mitbringen und diese dann pflegen möchten. Vielleicht passen die Rituale nicht in die neue Familie oder die Partner haben unterschiedliche Ansichten. Hier ist immer ein besonderes Maß an Toleranz und Feingefühl angesagt, um dann gemeinsam die neuen, eigenen Familienrituale festzulegen und zu pflegen.

So führen Sie Rituale ein

Am einfachsten geht es sicherlich, wenn Sie sich als Eltern gemeinsam darüber Gedanken machen, welche Rituale Sie einführen möchten.

Versuchen Sie nicht gleich eine ganze Reihe von Ritualen einzuführen, sondern belassen Sie es erst einmal bei zweien.

Führen Sie diese Rituale nicht mit großer Ankündigung und Tamtam ein, sondern schleichen Sie sie einfach in den ganz normalen Tagesablauf, eher beiläufig, ein.

Wenn Ihr Kind Sie dazu befragt, geben Sie natürlich gerne Auskunft darüber. Z. B. warum jetzt alle Familienmitglieder bis zum Ende des Abendessens sitzen bleiben sollen. Ihre Kinder werden es mit Sicherheit verstehen.

Denken Sie daran, dass auch Sie als Erwachsene sich daran halten müssen. Sie werden feststellen, dass manche Rituale ganz schnell funktionieren und manche etwas länger brauchen, bis sie im Alltag angekommen sind.

Wenn Sie diese Regeln beachten, gelingt Ihnen jedes Ritual.

SO GEHT’S MUNTER DURCH DEN TAG

Ein gut geplanter und vor allem strukturierter, sich stets wiederholender Tagesablauf mag Ihnen selber langweilig vorkommen. Für Ihr Kind ist dies aber ganz und gar nicht der Fall. Es liebt Routine und gleichförmige Wiederholungen, diese lösen bei ihm Gefühle wie Sicherheit, Schutz und Vertrauen aus.

Der Tagesablauf bzw. Ihre Routine wird sich allerdings auch immer wieder ändern. Das hängt von sich ändernden Gegebenheiten, dem Alter und der Entwicklung Ihres Kindes ab. Achten Sie daher gezielt darauf, ob etwas geändert werden muss, damit kein Zwang, Druck und zu viel Enge ausgeübt wird.

Vergessen Sie nicht, bei allen Strukturen auch Freiraum – freie Zeiten – einzubauen, in denen Ihr Kind spielen oder andere Dinge tun darf, zu denen es Lust hat.

Guten Morgen!

Der Tag beginnt mit dem Aufwachen. Frühes Aufstehen, sich waschen und frühstücken gehört nicht wirklich zu den Lieblingsbeschäftigungen von Kindern. Wenn Sie dann noch ein „Morgenmuffelkind“ haben, dann kann es schnell passieren, dass es schon am frühen Morgen Stress oder gar Streit gibt. Mit der richtigen Taktik und den bereits in frühen Jahren eingeführten Morgenritualen kann jeder Morgen stressfreier und entspannter starten.

Manchmal sind es nur ein paar Kleinigkeiten oder auch nur wenige Minuten, die den Start in den Tag so viel einfacher machen. So kann ein Morgen auch ganz anders und schöner gestartet werden:

Raus aus den Federn!

Aus dem Aufwachen können Sie ein sehr schönes individuelles Aufwachritual gestalten, hier das Beispiel einer Mitautorin:

Ein Aufwachritual ist jeweils abhängig vom Rhythmus Ihres Wachwerdens und dem Ihres Kindes.

Zählen Sie und Ihr Kind morgens eher zu den ausgeglichenen Typen, so kann der Tag ruhig starten, indem Sie leise ins Zimmer kommen, Ihr Kind wachküssen, ein wenig die Jalousie hochziehen, damit Ihr Kind langsam wach wird und der Raum nicht direkt ungemütlich hell ist. Vielleicht stellen Sie noch leise Musik an und geben Ihrem Kind etwas Zeit, in Ruhe aufzuwachen, bevor es aufstehen muss, so kann der Tag viel stressfreier starten. Vielleicht könnte so ein guter Tagesbeginn aussehen.

Ist Ihr Kind ein „Morgenmuffel“, dann gewähren Sie ihm die Ruhe, die es benötigt. Am Nachmittag oder Abend ist noch genug Zeit, um aus sich herauszukommen. Zeigen Sie Ihrem Kind, wie agil Sie an den Tag herangehen und auch schwierige Aufgaben lösen. Quälen Sie es aber nicht mit Dingen, die für Sie wichtig sind, sondern versetzen Sie sich auch in Ihr Kind hinein.

Kennen Sie das Lied „Körperteile wecken“? Dies ist vielleicht auch eine gute Möglichkeit, sich und Ihr Kind morgens auf eine schöne Weise zu wecken.

KÖRPERTEILE WECKEN

Oder Sie machen jeden Morgen mit Ihrem Kind den Sonnengruß aus dem Yoga. Diese und weitere schöne Yogaübungen für Kinder finden Sie beispielsweise in dem Buch: „Sina und die Yogakatze“ von Ursula Karven.

Wenn Ihr Kind weiß, dass der Ablauf jeden Morgen gleich ist, dann weiß es auch, dass es sich auf Sie verlassen kann und keine Ängste haben muss, z. B. zu spät in den Kindergarten oder die Schule zu kommen.

Wichtig ist dann, dass auch der weitere Ablauf immer gleich ist, damit Ihr Kind weiß, was noch zu tun ist, und sich darauf einstellen kann.

Ki-Ka-Katzenwäsche

Nach dem Aufstehen ist es selbstverständlich, dass Sie mit Ihrem Kind zum Waschen ins Bad gehen. Die Körperhygiene hat ihren individuellen Ablauf. Schon ganz kleine Kinder können hier von einem gleichmäßigen Ablauf, einem Ritual, profitieren.

Wenn Ihr Kind noch gewickelt werden muss, gibt es auch schöne Wickeltischrituale. Ein unserer Mitautorinnen hat z. B. immer erst einmal zu Beginn das „kleine Männlein“ zu Besuch kommen lassen. Das Baby hatte daran sehr großen Spaß und ließ das Wickeln sehr geduldig über sich ergehen, da nach dem Wickeln das „kleine Männlein“ noch einmal vorbeigekommen ist.

DAS KLEINE MÄNNLEIN KOMMT ZU BESUCH

Wichtig ist es auch hier, dass Sie sich nach Möglichkeit angewöhnen, den Wickelvorgang ebenfalls zu ritualisieren.

Wenn Ihr Kind dann schon etwas größer ist, kann es bei diesen Ritualen auch helfen. Es kann z. B. das eigene kleine Handtuch, was an seinem Haken in seiner Höhe neben dem Waschbecken hängt, greifen, während Sie ihm die Trittleiter vor dem Waschbecken bereitstellen. Nach dem Händewaschen kann es dann selber mit dem eigenen Handtuch die Hände abtrocknen.

Grün, grün, grün sind alle meine Kleider …

Danach ist das Anziehen an der Reihe. Vielleicht haben Sie schon am Abend zuvor herausgesucht, was Ihr Kind gerne anziehen möchte, und damit ein hübsches „Kleidermännchen“ auf dem Boden mit den Anziehsachen für den nächsten Morgen gelegt?

Vielleicht ist es Ihr Ritual, gemeinsam aus dem Fenster zu schauen und zu überlegen, ob es kalt oder warm ist und ob die ausgesuchten Sachen passen oder noch ergänzt werden müssen. Oder Sie hören hierzu gemeinsam die Wettervorhersage im Radio und überlegen, welche Jacke Ihr Kind anzieht, und ob es Schal, Mütze, Handschuhe oder Sandalen benötigt …

Es kann auch ein schönes Ritual sein, wenn Sie Ihrer Tochter morgens immer die Haare kämmen oder bürsten und flechten oder eine andere schöne Frisur machen. Vielleicht suchen Sie auch stets gemeinsam mit Ihrem Kind die entsprechenden Klämmerchen für die Frisur aus.

Schauen Sie einfach, welche Rituale am besten in den Ablauf passen, und seien Sie kreativ.

Frühstück

Nach dem Aufwachen, Aufstehen, Waschen und Anziehen folgt das Allerwichtigste: das Frühstück. Die gemeinsame Frühstückszeit ist nicht nur ein wichtiges Ritual, sondern auch die Grundlage für einen erfolgreichen Tag im Kindergarten oder in der Schule. Planen Sie für das Frühstück ausreichend Zeit ein. Dabei können Sie sich nicht nur stärken, sondern Ihr Kind kann beispielsweise auch Erinnerungen an seine Träume aus der letzten Nacht erzählen. War es ein belastender Traum, so kann das Erzählen befreiend und erlösend sein, und es muss diesen nicht länger mit sich herumtragen. Hat Ihr Kind z. B. eine schwierige Klassenarbeit zu schreiben, dann können Sie ihm jetzt z. B. mit einer kurzen Abfrage seine Sorgen und Ängste nehmen. Sie können auch den weiteren Tagesablauf der Familienmitglieder besprechen und planen.

Diese gemeinsame Zeit und die offenen Gespräche geben Ihrem Kind das Gefühl von Zusammengehörigkeit, Vertrauen, Sicherheit und Schutz in der Familie. Denken Sie daran, dass es ein ausgewogenes und gehaltvolles Frühstück braucht, damit es Kraft für den Tag hat.

Es kann auch ein schönes Ritual sein, wenn Ihr Kind beispielsweise immer das Brettchen mit seinem Namen oder einem Bild, was ihm gut gefällt, oder seine Lieblingstasse bekommt.

Am Mittag

Natürlich hat jede Familie auch zu dieser Tageszeit ihre individuellen Rituale. Vielleicht holen Sie Ihr Kind aus dem Kindergarten oder von der Schule ab oder es geht den Schulweg mit Mitschülern zusammen, da es schon älter und selbstständiger ist. Vielleicht haben Sie das Mittagessen bereits vorbereitet und sind gespannt, was Ihr Kind zu erzählen hat. Oder Sie sind ganz in Eile und haben kaum Zeit und es geht eher ganz chaotisch bei Ihnen zu. Vielleicht gibt es auch gar kein Mittagessen, weil die Kinder in der Kita oder der Schule essen …

Wie auch immer es bei Ihnen zu Hause abläuft, Rituale können Ihnen auch hier ungemein helfen, die Mittagszeit und die Ankunft zu Hause gut zu strukturieren.

All diese Rituale sind wie gesagt individuell ganz unterschiedlich. Wichtig ist nur, dass die Abläufe in Ihrem Haushalt immer gleich sein sollten, damit Ihr Kind weiß, was folgt, und dadurch Sicherheit verspürt. Es muss z. B. wissen, dass es mittags etwas zu essen gibt.

RITUALE FÜR DAS HEIMKOMMEN

Beim Essen wird erzählt, was man erlebt hat und was es Neues gibt. Da muss so manches muss besprochen und geklärt werden.

In einigen Familien gibt es das Ritual, dass jeder der Reihe nach erzählt, was er an dem Tag erlebt hat. So stellen Sie sicher, dass jedes Familienmitglied etwas erzählt und keines untergeht. Dies kann zudem eine schöne Übung sein, um das freie Sprechen zu trainieren.

Nach dem Mittag legt jeder – je nach Alter – eine kurze Ruhephase ein, bevor es z. B. für die Schulkinder an die Hausaufgaben geht.

Zeit für eine Mittagspause

Erinnern Sie sich noch an Ihre eigene Schulzeit? Wissen Sie noch, wie anstrengend es manchmal war? Sechs Schulstunden und manchmal noch Sport dazwischen. Wenn man dann noch mit dem Rad nach Hause fahren und/oder einen schweren Tornister tragen muss, dann wird jeder verstehen, dass eine richtige Mittagspause sein muss! Denn auch für uns Erwachsene ist eine kleine Ruhepause immer wieder wichtig. Und gerne vielleicht auch einfach mal ohne die Kinder.

Selbst wenn Ihr Kind größer wird, sind feste Ruhezeiten, auch wenn dann nicht geschlafen wird, durchaus sinnvoll. Früher war es gewohnt, einen Mittagsschlaf zu machen. Jetzt wird es das wahrscheinlich nicht mehr tun, aber eine Ruhepause würde ihm vielleicht auch guttun. Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind, dass es z. B. nach dem Mittagessen eine feste Ruhezeit von ca. 30 Minuten gibt. In dieser Zeit kann es Bücher anschauen, leise etwas spielen oder ein Hörspiel hören. Wichtig ist, dass es in dieser Zeit nichts Aktionsreiches macht.

Hier zwei wunderbare Ideen, wie Sie ganz einfach eine schöne Mittagsruhe „zaubern“ können.

! TIPP: DIE ZAUBERINSEL

! TIPP: DIE SCHATZKISTE

Guten Abend, gute Nacht

Geregelte Schlafenszeiten sind für jedes Kind absolut wichtig, damit es sich an einen gesunden Schlafrhythmus gewöhnt. Das gilt für jedes Alter. Wie viele Eltern wären froh, wenn ihre Kinder abends einfach schnell einschlafen würden. Dabei ist das aber gar nicht so schwer … Die Nachteile von unregelmäßigen Bettzeiten führen Studien zufolge zu einem körperlichen und psychischen Zustand, den man mit dem Jetlag vergleichen kann. Da die ungestörte frühkindliche Entwicklung einen tief greifenden Einfluss hat auf die lebenslange Gesundheit und das Wohlbefinden, ist es besonders wichtig, darauf zu achten, dass es nicht zu Störungen des Schlafrhythmus kommt, vor allem nicht in der entscheidenden Zeit der Entwicklung eines Kindes. Das kann langfristig zu Gesundheitsproblemen führen, die sich dann bis ins hohe Alter fortsetzen können.

So gibt es laut Forschungen ein Verhältnis zwischen Schlafenszeiten im dritten, fünften und siebten Lebensjahr zu späteren Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern. Und bei Dreijährigen zeigten sich bei unregelmäßigen Schlafenszeiten Perioden von Schlaflosigkeit und auffälligen Verhaltensweisen. Wann immer aber in der Zwischenzeit eine regelmäßige Zubettgehregel eingeführt und durchgehalten worden war, gingen die Folgen wieder zurück. Der langfristige Schaden kann so eindeutig begrenzt werden.

Bevor Ihr Kind ins Bett geht, sollten sich bestimmte Abläufe immer wiederholen, damit es weiß, dass gleich die Nachtruhe beginnt. Es startet beispielsweise mit dem Aufräumen des Kinderzimmers, dann folgen: Hände waschen, Abendbrot essen, etwas Zeit zum Spielen, ausziehen, Schlafanzug anziehen, waschen und Zähne putzen, vorlesen einer Geschichte, kuscheln, plaudern, evtl. beten, ein Glas Wasser ans Bett stellen, Kuscheltier parat legen, Nachtlicht einschalten etc.

Auch wenn Ihr Kind noch nicht die Uhr kennt, weiß es genau, dass es nun zu Bett geht. Es wird abwechselnd von dem einen oder anderen Elternteil zu Bett gebracht, damit hier nicht der Wunsch entsteht, dass dies nur ein bestimmter Elternteil macht.

Im Kinderzimmer wird das Licht gedimmt und im Bett noch gekuschelt, geschmust, vielleicht eine Yogaübung gemacht, eine Geschichte vorgelesen, etwas vorgesungen, erzählt, was am Tag passiert ist. Zur Verabschiedung bekommt jeder von jedem einen Kuss, und das gedimmte Licht wird ausgeschaltet, die Spieluhr aufgezogen oder später eine CD mit Schlafmusik eingelegt und die Tür angelehnt.

Versichern Sie Ihrem Kind, anfangs häufiger – z. B. im Zehnminutenrhythmus – nach ihm zu schauen. Zu Beginn wird es noch aufpassen, ob Sie das wirklich machen, aber wenn es merkt, dass Sie Ihr Versprechen einhalten, wird es beruhigt einschlafen. Vergrößern Sie nach und nach diesen Zeitabstand.

Wichtig ist, dass von Anfang an eine ruhige und entspannte Stimmung herrscht. Ihr Kind braucht und liebt diese ritualisierten Abläufe.

Sie haben den Ausspruch „Ich bin noch gar nicht müde“ sicher schon gehört, wenn Ihr Kind zu Bett soll. Wie sollen Sie sich nun verhalten, wenn Ihr Kind das sagt? Das Wichtigste ist: Bleiben Sie bitte ruhig, gelassen – und vor allem bleiben Sie in Ihrer Handlung bestimmt. Reagieren Sie auf keinen Fall mit Zorn oder Ärger auf das Zetern und Meckern Ihres Kindes. Nach kurzer Zeit starten Sie Ihre Zeremonie einfach noch einmal und ganz ruhig von Neuem.


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UNTERSCHIEDLICHE ABENDRITUALE

„Nach dem Essen noch ein paar Minuten spielen, dann umziehen, Zähne putzen (das wird übrigens gern bei den unwilligen Jungs mit einem Lied unterstützt), anschließend Geschichte vorlesen (gemeinsam auf dem Sofa oder Elternbett, eine vom Kind gewählte Geschichte), dann auf dem Elternbett eine Extrarunde Kuscheln und ab ins Bett mit Gutenachtlied – das sind unsere Rituale.“

„Unser Sohn darf um 19 Uhr das Sandmännchen angucken, bevor es ins Bett geht.“

„Als meine Kinder klein waren, haben meistens ihre Stofftiere noch mit ihnen gesprochen. Bei unser Tochter musste ihr Lieblingshase Felix am Rahmen der Zimmertür hochklettern, von oben staunend heruntergucken, noch etwas mit ihr sprechen und dann mit Anlauf oben von der Tür zu ihr ins Bett springen. Nach fünf Wiederholungen war dann spätestens Schluss. Ich schätze, das ging so zwei Jahre lang (im Alter von drei bis vier Jahren).“

„Ein bis zwei Jahre lang war das Vorlesen immer wichtig vor dem Einschlafen – das beste Ritual überhaupt, denke ich.“

„Als die Kinder etwas älter waren, habe ich mit ihnen, zum Ärger ihrer Mutter, vor dem Einschlafen noch getobt oder mit der Hand unter der Bettdecke gewackelt, als ob sie ein Krebs ist, der den Kindern in den Po zwickt – alles meist mit viel Gekreische.“

„Die Kinder haben immer gewartet, dass ich noch zu ihnen komme und etwas „Blödsinn mache“, sie waren dann zwar eher wieder wacher, aber zufrieden.“

„Als im Laufe der Grundschule die Fähigkeit zum Lesen dazukam, haben meine beiden Töchter viele Bücher bekommen und auch immer viel gelesen.“

„Ich kannte einmal einen kleinen Jungen, der nur einschlafen konnte, wenn er zwei Äpfel neben sich auf dem Kopfkissen liegen hatte. Leider kann heute keiner mehr nachvollziehen, woher dieses Einschlafritual kam.“

Manche Kinder benötigen Wochen, bis sie das Ritual des Zubettgehens akzeptieren und anerkennen, manche verselbstständigen es schon nach wenigen Tagen. Wichtig ist, dass Sie auf jeden Fall ruhig dabei bleiben, ausdauernd und geduldig. Verzichten Sie aufgrund Ihrer eigenen Ungeduld bitte auf jeden Fall auf Einschlafhilfen wie Brust, Flasche, Schnuller (nur bei Babys), Herumtragen, Wiegen auf dem Arm, mit dem Auto oder im Kinderwagen herumfahren. Diese Einschlafhilfen führen ganz häufig zu Schlafstörungen bei Ihrem Kind, da es diese dann immer wieder, d. h. auch nachts, mehrfach einfordern wird. Ihr Kind gewöhnt sich sehr schnell an diese negativen Einschlafhilfen. Machen Sie Versprechungen und halten Sie diese immer, denn sonst verliert Ihr Kind das Vertrauen.

Wichtig ist, dass Sie ganz bewusst den Tag in Ruhe, mit Zeit für Ihr Kind und ohne Stress ausklingen lassen. Verzichten Sie auch schon kurz vor der Zubettgehzeit auf das Fernsehen und zu spannende Geschichten. Plaudern Sie stattdessen lieber gemütlich und in Ruhe über die Erlebnisse des Tages. Wühlen Sie Ihr Kind nicht mit Ärgernissen des Tages auf, sondern klären Sie diese direkt, wenn sie vorgekommen sind.

Benutzen Sie das Bett auf keinen Fall als Strafobjekt, in das Sie Ihr Kind stecken, wenn es böse war. Dann verbindet Ihr Kind das Bett nicht mit etwas Schönem, Erholsamem und dem Schlafen, sondern mit Ärger oder Angst.

Halten Sie durch, früher oder später hält ein Schlafrhythmus bei Ihrem Kind Einzug!

Gleich geht’s ins Bett

Wählen Sie auch hier Ihre individuelle Reihenfolge. Diese sollte sich jedoch nie ändern, damit Ihr Kind sich auf den Ablauf einstellen kann und sich sicher fühlt. Ihr Kind sollte Körperpflege vom ersten Tag an die Körperpflege mit Ihnen zusammen als zärtlich, liebevoll und damit als etwas Schönes erleben. Durch die direkten Berührungen entsteht eine enge Bindung. Ihr Baby liebt es aus diesen Gründen, gewaschen, abgetrocknet und eingecremt zu werden. Es genießt die Zeit, nackig im warmen Zimmer mit Ihnen zu albern, zu spielen und zu schmusen. Begleiten Sie dieses Ritual durch schöne Reime und Lieder.

DAS WASSERMÄNNLEIN

HAMPEL UND STRAMPEL

Wenn Ihr Kind älter wird, möchte es bekanntlich alles „alleine“ machen. Hierzu muss es die Abläufe genau kennen und wissen, worauf es ankommt. Geben Sie Tipps und korrigieren Sie hilfreich.

Planen Sie vor allem genug Zeit ein, damit die Körperpflege in Ruhe und ohne Stress und Zeitdruck durchgeführt werden kann, so erfahren Sie keine Gegenwehr und Ihrem Kind macht es Spaß.

So wird die Badezimmerzeit schnell zu einer zwar notwendigen, aber angenehmen Routine, die somit zum individuellen täglichen Ritual wird.

Denken Sie auch hier daran, nicht laut zu werden und Ihr Kind auszuschimpfen, wenn etwas nicht klappt. Haben Sie Geduld. Manchmal helfen außerdem eigene, ausgedachte Badezimmerlieder oder -reime. Wichtig ist, dass Ihr Kind weiß, wann was bei der Körperpflege gemacht werden muss.

Zähne putzen mit Spaß

Warum Zähneputzen eigentlich so schlimm ist, dass so viele Kinder einen richtigen Aufstand proben, um sich nicht die Zähne zu putzen, ist nicht klar. Fakt ist: Viele Kinder haben keine Lust dazu. Aber auch hier können Rituale Wunder bewirken! Sie können bereits bei den Kleinen mit Zahnputzliedern beginnen, mit denen so lange die Zähne geputzt werden, wie das Lied läuft oder gesungen wird. Bei manchen Kindern hat auch eine Handpuppe Wunder vollbracht und quasi dem Kind die Zähne geputzt. Probieren Sie einfach aus, was bei Ihrem Kind funktioniert, und behalten Sie das dann bei, bis es seine Zähne alleine putzen kann.

Zur Ruhe kommen

Bei Kleinkindern können Sie noch sehr gut steuern, dass sie zur Ruhe kommen. Geben Sie dem Baby erst die Flasche oder die Brust, wechseln Sie danach die Windel, singen Sie dann leise das Einschlaflied und ziehen Sie noch mal die Spieluhr auf. So versteht Ihr Baby ganz schnell, dass der Tag zur Neige geht. Mithilfe dieser Rituale beeinflussen Sie auch die körperlichen Reaktionen der Kinder. Wenn leiser gesprochen und es ruhiger wird und Sie dann auch noch das Licht dimmen, schaltet der Organismus automatisch einen Gang herunter und bereitet sich aufs Schlafen vor.

Wie Sie sehen, können auch hier Handlungen und Ritualgegenstände äußerst hilfreich sein, damit Ihr Kind gut in den Schlaf findet.

Viele Kinder haben ein bestimmtes Kuscheltier, was im Bett nicht fehlen darf. Mit diesem schläft es sich besonders gut. Manchmal werden ihm abends im Bett noch die Sorgen oder Geheimnisse erzählt. Wenn es mal woanders übernachtet, hilft es Ihrem Kind, trotz ungewohnter Umgebung sicher in den Schlaf zu kommen.

Diese Rituale werden so lange durchlebt, bis durch das fortschreitende Alter etwas Neues oder Anderes aktuell wird. Rituale wechseln quasi von selbst und wachsen mit.

Viele Kinder drehen über den Tag hinweg ordentlich auf, dies kann an einem straffen Tagesplan, vielen neuen Eindrücken, Stress in Kindergarten oder Schule oder auch einfach am Charakter des Kindes liegen. Es gehört dazu, dass Kinder mal aufdrehen, aber genauso wichtig ist es, dass sie zur Ruhe kommen können. Denn spätestens wenn es langsam Abend wird und Ihr Kind ins Bett gehen soll, ist es unabdinglich, dass Ruhe einkehrt. Auch für Schulkinder, die sich für die Hausaufgaben konzentrieren müssen, ist es relevant, dass sie lernen – anfangs begleitet durch Sie als Eltern, später dann auch alleine –, wie sie zur Ruhe kommen können.

! TIPP: KLEINE RITUALE, MIT DENEN IHR KIND GEZIELT „RUNTERKOMMEN“ KANN

Vorlese-Kuschel-Pause

Legen Sie zwischendurch eine Vorlesepause ein, kuscheln Sie sich dazu gemeinsam aufs Sofa oder auf einen anderen ruhigen Platz -auf Wunsch auch mit einer gemütlichen Decke –, und lesen Sie ein ruhiges Buch vor. Vielleicht hat Ihr Kind ein besonderes Lieblingsbuch, was es immer vorgelesen bekommen möchte. Wenn Sie dies regelmäßig machen, werden Sie merken, dass es in dieser Situation ziemlich schnell entspannen kann.

Warme Milch mit Honig oder der Gutenachttee

Sicher kennen Sie auch die äußerst beruhigende Wirkung von warmer Milch mit Honig oder des Gutenachttees. Vielleicht ist dies ein Ritual, welches Sie einführen möchten, damit Ihr Kind am Abend zur Ruhe kommt.

Traum-/Fantasiereise

Gehen Sie auf Traum- oder Fantasiereise. Es gibt es schöne CDs mit Traumreisen für Kinder, aber auch im Internet werden Sie schnell fündig. Machen Sie zu Beginn gemeinsam mit Ihrem Kind diese Traumreise und reden Sie später über das Gehörte und wie es die Fantasie Ihres Kindes angeregt hat. Wenn Ihr Kind eine Lieblingstraumreise hat, kann es diese später alleine machen. Nach einigen Übungsdurchläufen gemeinsam mit Ihnen wird es auch alleine schnell zur Ruhe kommen.

Entspannungsübungen

Kennen Sie das Autogene Training oder die Progressive Muskelentspannung? Zu beiden Methoden gibt es inzwischen viele Anleitungen auf CD, die kindgerecht formuliert sind und sich hervorragend als Ritual zum Runterkommen und Einschlafen eignen.

Der Klassiker unter den Entspannungsgeschichten sind die „Kapitän Nemo“-Geschichten von Ulrike Petermann, hier gibt es wunderschöne Bilder in einer Unterwasserwelt. Aber auch „Stecki 401“ von Hassan Refay ist eine sehr angenehme Entspannungsgeschichte.

Bild malen oder Tagebuch schreiben

Abends noch ein Bild davon zu malen, wie der Tag war, oder, wenn Ihr Kind älter ist, die Tagesereignisse in seinem abschließbaren Tagebuch aufzuschreiben kann sich zu einem wunderbaren Ritual entwickeln.

! TIPP: MASSAGEN ALS ABENDRITUAL ZUM GUTEN EINSCHLAFEN

Haben Sie keine Angst, wenn Sie vielleicht selber mal eine Abwechslung brauchen. Wenn Sie beispielsweise heiser sind und nicht vorlesen können, wie wäre es mit einer kleinen Fußmassage, vielleicht mit einer gut riechenden Creme, als Abwechslung?

Der Klassiker: die Gutenachtgeschichte

Die Gutenachtgeschichte ist wohl der Klassiker unter den Abendritualen. Dabei können Sie unter zahlreichen Varianten wählen: das Bilderbuch mit Suche, der 1000-Seiten-Fortsetzungsroman, die kleinen Gutenachtgeschichten oder die frei erfundenen Geschichten von Papa und Mama. Achten Sie lediglich darauf, dass Sie nicht zu spannende Bücher oder Geschichten auswählen, die das Kind eher schlechter einschlafen lassen. Und versuchen Sie immer, eine möglichst gleich lange Vorlesezeit einzuhalten. Wenn Sie dann noch dazu das Licht dimmen und mit leiser Stimme vorlesen, dann ist das Einschlafen so gut wie sicher.

Am liebsten mögen Kinder selbst erfundene Geschichten. Wenn Sie glauben, dass Sie das nicht gut können: Es ist ganz einfach, es reicht meist ein ganz simpler Handlungsstrang. Starten Sie mit „Es war einmal Oder Sie erzählen Ihrem (kleinen) Kind die Geschichte vom Riesenross.

DIE GESCHICHTE VOM RIESENROSS

Kinder finden es zudem ganz besonders spannend, wenn sie selber in der Geschichte vorkommen, dies kann in einem Buch sein, in dem Sie einfach den Namen einer Figur aus dem Buch mit dem Ihres Kindes vertauschen, oder indem Sie sich eine Geschichte zu Ihrem Kind ausdenken oder einfach den Tagesablauf Ihres Kindes erzählen oder auch Geschichten von Ihrem Kind erzählen, als es selber kleiner war. Oder Sie erzählen Ihrem Kind etwas aus der Zeit, als Sie selbst noch ein Kind waren.

KURZE, SELBST AUSGEDACHTE EINSCHLAFGESCHICHTE

Sie sehen schon, Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, und es ist gar nicht so schwer, eine schöne Gutenachtgeschichte zu erzählen. Also starten Sie doch einfach direkt heute Abend!

Gutenachtlieder

Es gibt unzählige wunderschöne Gutenachtlieder. Gerade bei den ganz Kleinen ist der Text noch nicht so wichtig. Von daher können Sie ruhig auf die Klassiker zurückgreifen, z. B. „Schlaf, Kindlein, schlaf …“

Gebete und Schlafsprüche

Ein sicherlich sehr bekanntes und weit verbreitetes Gebet ist dieses:

ICH BIN KLEIN …

Kennen Sie auch den Spruch einer Mutter vor dem Einschlafen: „Schlaf gesund, kugelrund!“ Oder eine englische Variante: „Sleep tight and don’t let the bedbugs bite!“

Wussten Sie, dass es auch sogenannte „Gebetswürfel“ gibt? Dies ist ein Würfel, auf dem auf jeder Seite ein Gebet geschrieben steht. Ihr Kind kann ihn dann würfeln, und Sie sprechen gemeinsam das gewürfelte Gebet. So kommt Abwechslung in die abendlichen Gebete.

Es gibt sicher unzählige Variationen von Bettsprüchen oder Gebeten, schauen Sie einfach, welcher für Sie und Ihr Kind am besten passt.

Gute Nacht und träume süß

„Gute Nacht, John Boy!“, „Gute Nacht, Elizabeth!“, „Gute Nacht, Jim Bob!“, „Gute Nacht, Ma“, „Gute Nacht Kinder!“ – so verabschiedeten sich die „Waltons“, die berühmte Familie einer amerikanischen Serie, am Abend voneinander.

Sicher haben auch Sie Ihr festes Ritual, wenn die Zeit zum Schlafen gekommen ist. Wenn alle vorgenannten Rituale am Abend durchlaufen sind, Ihr Kind zur Ruhe gekommen und entspannt ist, verabschieden Sie sich mit einem letzten Gutenachtkuss, umhüllen das Kind noch mal mit dem Oberbett, legen den Schlafteddy ins Bett oder in den Arm, schalten das Leselicht aus und wünschen eine gute Nacht mit schönen Träumen. Ihr Kind wird sich geborgen fühlen und weiß, dass Sie in der Nähe sind, wenn etwas ist. Schalten Sie das Nachtlicht ein. Wenn Sie verabredet haben, dass Sie später noch mal ins Zimmer schauen, vergessen Sie dies nicht. Anfangs wird Ihr Kind aufpassen, ob Sie wirklich noch mal ins Zimmer kommen und nachsehen, ob alles in Ordnung ist.

Blöde Träume oder Albträume – wie können schlechte
Träume überlistet werden?

Jeder von uns Erwachsenen weiß, dass die Nacht zur Erholung und Ruhe dient. Unsere Kinder haben allerdings in der Nacht manchmal Albträume, Ängste und/oder Sorgen. Sie wollen nicht allein sein.

Ihr Kind muss von Ihnen das Gefühl bekommen, dass Sie es beschützen und es sicher ist, selbst wenn es in einem anderen Raum schläft.

Die Entwicklung Ihres Kindes steuert auch die Art der Träume. Im Alter von ungefähr eineinhalb Jahren beginnen Kinder, in Bildern oder Szenen zu träumen. Ihr Kind kann diese Träume aber noch nicht deuten oder wissen, dass es nur Träume sind und nicht die Realität. Es weiß nicht, dass die Personen und Tiere, von denen es träumt, nur im Traum existieren und danach wieder weg sind.

Ab ca. dem sechsten Lebensjahr kann Ihr Kind verstehen, dass sein Traum unrealistisch ist und in Wahrheit nicht besteht. Allerdings nehmen in diesem Alter die Albträume zu. Diese können verschiedene Gründe haben, wie z. B. Krankheit, Neues, Erlebnisse mit Freunden, Familie oder Stress in der Schule. Auch kann der Auslöser ein für Sie nicht nachvollziehender Grund sein. Fragen Sie Ihr Kind, was es geträumt hat. Wenn es darüber spricht, befreit es sich von seinen Träumen und versteht schneller, dass das Geträumte nichts Realistisches ist und dass die Träume sich in Luft auflösen, wenn es wieder wach ist.

Durch diese Traumgespräche erfahren Sie mehr über Ihr Kind, welch negativen Dinge es belasten oder wie positive Dinge es prägen. Sprechen Sie mit ihm über das Geträumte. Hier ist es ganz wichtig, dass Ihr Kind keine Angst oder Scham entwickelt, mit Ihnen darüber zu sprechen, und sich nicht mit seinen Träumen allein gelassen fühlt.

Egal wie alt Ihr Kind ist: Hat es Albträume und ruft nach Ihnen oder kommt zu Ihnen an das Bett, so nehmen Sie es beschützend in den Arm, sprechen Sie ganz ruhig mit ihm und sagen Sie ihm, dass alles in Ordnung ist – es nur ein Traum war (und nicht die Realität). Bringen Sie es erst wieder zurück ins Bett, wenn es sich richtig beruhigt hat. Wünschen Sie ihm wieder eine gute Nacht, streicheln und küssen Sie es, je nachdem, was für ein Gutenachtritual Sie haben. Geben Sie ihm das Gefühl, dass Sie in der Nähe sind und auf es aufpassen.

Als Schutz vor schlechten Träumen können Sie ebenfalls Rituale verwenden.

TIPP: RITUALE ALS TRAUMBEGLEITER

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Die Zauberbettdecke

Schütteln Sie vor dem Einschlafen die Bettdecke Ihres Kindes über seinem Bett aus. Dies kann wirken wie eine Art „Zauberstaub“, der es besser schlafen lässt und gute Träume herbeizaubert. Mit der entsprechenden Magie in Ihrer Stimme wirkt dieses Ritual oft wahre Wunder.

Böse Träume raus- und schöne Träume reinzaubern

Jeden Abend nach dem Vorlesen ziehe ich mit meinen Händen die bösen Träume aus dem Kopf meiner Tochter, dazu murmele ich dann noch ein paar unverständliche Zauberwörter. Und dann zaubere ich gute Träume in ihren Kopf. Dazu streiche ich ihr immer wieder über den Kopf und flüstere alles, was sie toll findet (Pferde, Elfen, Katzen, Mut haben etc. …).

Schlechte Träume aufmalen

Bei Albträumen können Sie diese auch am nächsten Tag auf ein Blatt Papier malen, welches Sie dann zerreißen und gemeinsam in den Müll werfen oder zusammen anzünden und verbrennen.

Tresor

Sperren Sie schlechte Träume einfach in einen großen Tresor ein. Diesen können Sie vielleicht auch zusammen mit Ihrem Kind basteln.

Regisseur

Wenn Ihr Kind einen schlechten Traum oder eine Albtraum hat: Stellen Sie sich gemeinsam vor, wie der Traum positiv verlaufen oder wer bzw. was helfen könnte, z. B. ein besonders starker Held oder ein Tier, das gegen den Feind im Traum kämpft. Durch dieses Ritual kann Ihr Kind mit der Zeit lernen, den Traum zu beeinflussen.

Traumfänger

Gemeinsam kann man einen Traumfänger basteln. Es ist wichtig, dass man diesen selber macht, damit er auch wirkt. Zu den Traumfängern gibt es eine Geschichte, die man vorher den Kindern erzählen kann. Beim Basteln ist dann die Kreativität gefragt, wichtig ist nur, dass in der Mitte ein Netz gespannt ist, in dem sich die schlechten Träume verfangen, und dass nach unten Fäden mit Federn herabhängen, an denen die „schönen Träume“ zu einem herabkommen können.

Gegen die Angst, alleine zu schlafen

Viele Kinder schlafen am liebsten bei Mama und Papa mit im Bett. Die Nähe und der Geruch der Eltern beruhigt sie, und sie fühlen sich sicher und geborgen.

Es ist bestimmt auch nichts Verwerfliches daran, das eigene Kind ab und an mit im elterlichen Bett schlafen zu lassen, aber als Dauerzustand bestimmt keine gute Lösung. Vielleicht wissen Sie ja genau, warum Ihr Kind am liebsten bei Ihnen schläft. Fragen Sie es ruhig mal, sicherlich kann es Ihnen erklären, was so toll daran ist.

Manchen Kindern ist es auch einfach viel zu ruhig in ihrem eigenen Zimmer, und sie genießen es, den Schlafgeräuschen der Eltern zuzuhören. Lassen Sie dann abends die Kinderzimmertür offen, während Sie noch auf sind und Geräusche in der Wohnung machen. Dadurch merkt Ihr Kind, dass Sie in der Nähe sind und jederzeit kommen würden.

Wann Ihr Kind Angst vor Gespenstern hat: Gehen Sie vor dem Schlafengehen gemeinsam auf „Geisterjagd“ im eigenen Zimmer, schauen Sie zusammen in jede Ecke, in den Kleiderschrank und in jede Schublade. Überzeugen Sie sich ganz genau davon, dass nicht irgendwo noch ein verstecktes Gespenst sitzt, was Ihr Kind in der Nacht heimsuchen könnte. Diese gemeinsame „Geisterjagd“ macht Ihrem Kind bestimmt eine Menge Spaß, und es kann sich dabei selber davon überzeugen, dass im eigenen Zimmer nichts Gruseliges ist.

Finden Sie selber für sich und Ihr Kind die passende und individuelle Lösung, denn jedes Kind hat eigene Bedürfnisse. Sie als Eltern müssen gut zuhören und hinschauen, dann werden Sie ganz schnell herausfinden, wie Sie Ihr Kind dabei unterstützen können, gut alleine in seinem Zimmer zu schlafen.

Führen Sie ein Beschützerstofftier und eine Beschützergeschichte ein. Das Stofftier kann gerne sehr groß sein, z. B. eine flauschige Robbe, die das Kind bei Gefahr oder schlechten Träumen auf dem Rücken davonträgt, oder ein großes Krokodil, welches die Ungeheuer oder Bösen in die Flucht schlägt, während das Kind schläft.

Ein schönes Kinderbuch zu diesem Thema ist übrigens: „Jetzt wird aber geschlafen“ von Bärbel Spathelf und Susanne Szesny. Hier hilft die Schlummermaus beim Einschlafen und gegen böse Träume.

Das Wochenende – der Gegensatz
zum Alltag

Endlich Samstag, endlich Wochenende. Heute muss niemand in den Kindergarten oder in die Schule, und Sie müssen auch nicht zur Arbeit. Heute am Samstag und morgen am Sonntag ist alles etwas anders.

In der Woche – im normalen Alltag – ist die Familie selten komplett, da die Eltern (oder auch nur ein Elternteil) arbeiten sind und die Kinder im Kindergarten oder Schule. Am Nachmittag ist die Zeit dann mit Hausaufgaben, Sport, Verabredungen, Musikschule oder, oder, oder verplant.

Heute könnten z. B. alle mal länger schlafen. Ist das jedes Wochenende der Fall? Dann geht es schon los mit Ihrer Wochenendroutine. Sie haben Zeit, ausgiebig zu frühstücken und besondere Pläne umzusetzen.

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„Es war kein ganz regelmäßiges Ritual, da mein Vater nur wenig Zeit hatte. Aber in einem Haushalt mit drei Schwestern war es immer etwas ganz Besonderes, wenn ich mit meinem Vater alleine einen Herrenausflug gemacht habe. Meistens haben wir dann das Schlauchboot aufgepumpt, ein paar Sachen zu Essen eingepackt und sind einfach den Fluss in unserer Nähe runtergepaddelt. Ein paar Kilometer weiter gab es eine Gartenwirtschaft, in der wir auch mal Pause gemacht haben. Während der Fahrt haben wir immer ,Männergespräche’ ohne die Frauen geführt. Bei diesen Fahrten war eine ganz besondere, tolle Stimmung. Ich glaube, diese paar Stunden haben sicherlich einen grundlegenden Einfluss auf das gute Verhältnis zu meinem Vater gehabt.“

Am Wochenende hat die Familie meist keine Verpflichtungen, Erholung ist angesagt. Die Familie kann z. B. gemeinsam etwas Schönes unternehmen, wozu in der Woche keine Zeit ist. Aber auch diese Aktivitäten sollten auf jeden Fall stressfrei sein. Jeder möchte am Wochenende auf seine Kosten kommen. Dazu gehört Zeit mit der Familie, aber auch Zeit für sich allein. Sprechen Sie im Familienrat ab, wer was wann allein machen möchte und was Sie als Familie gemeinsam machen.

Wichtig ist, dass Sie mit Ihrer Familie einen großen Teil zusammen verbringen und nicht wie meist in der Woche nebeneinanderher leben.

Was können Wochenendrituale sein?

Gemeinsame Familienzeiten und -rituale sind ganz wichtig, da sich eine Familie sonst schnell auseinanderleben kann. Das kann schon das ausgiebige Plaudern über Erlebtes, Positives wie Negatives sein. Ebenfalls ist es möglich, bei diesen Zusammenkünften gemeinsam zu beratschlagen, welche Unternehmungen durchgeführt werden können, wenn es dazu keiner langfristigen Planung bedarf.

Am Wochenende darf es also auch mal etwas Besonderes sein. Bei uns wird am Wochenende immer reihum das Lieblingsgericht eines Familienmitglieds gekocht, und es gibt meist noch einen Nachtisch, was es in der Woche sonst nicht gibt. Auch beim Frühstücken unterscheidet sich unser Wochenende von der Woche, denn dann wird immer sehr ausgiebig mit frischen Brötchen, gekochten Eiern, Obstsalat und Schokocreme (die gibt es bei uns nicht in der Woche) gefrühstückt. An den Wochenenden werden auch eine Menge Gesellschaftsspiele gespielt oder schöne Ausflüge unternommen.

Was letztendlich genau gemacht wird, entscheidet der „Familienrat“ gemeinsam, denn oft ist der Wunsch bei den Kindern nach einer anstrengenden und stressigen Woche mit Kindergarten, Schule und verschiedenen Freizeitaktivitäten, einfach mal den ganzen Tag nur zu Hause zu verbringen, ohne etwas Bestimmtes vorzuhaben.

WEITERE GEMEINSAME RITUALE

Wenn wichtige Unternehmungen anstehen, wie z. B. die Tante an ihrem Geburtstag zu besuchen, bemühen wir uns als Eltern, das „Programm“ auf einen Wochenendtag zu beschränken, um uns am anderen Tag den „schönen Dingen“, die gemeinsam beschlossen werden, widmen zu können.

Andere Rituale sind beispielsweise der regelmäßige, z. B. 14-tägige Besuch bei den Großeltern. Oder wenn sich die Familienmitglieder abwechselnd eine gemeinsame Aktivität oder ein Ausflugsziel ausdenken. Ein anderes Mal wird im Familienrat besprochen, wohin der nächste Urlaub geht. Wichtig ist, dass jedes Familienmitglied involviert ist und zu seinem Recht kommt.

TAGESPLÄNE FÜR DIE FAMILIE

Alle sich regelmäßig wiederholenden Routinen sind Ihre individuellen, nicht wegzudenkenden Familienrituale.

Bei getrennt lebenden Eltern sieht ein Wochenende anders aus, aber auch da gibt es Rituale. Meist sind die Kinder 14-tägig bei dem Elternteil, das von ihnen getrennt lebt. Sie freuen sich dann ganz besonders auf das Wochenende und möchten die wenige Zeit genießen und etwas Außergewöhnliches machen.

Zeit mit dem Partner

Bei aller Liebe zu den Kindern darf die Partnerschaft nicht zu kurz kommen. Versuchen auch Sie als Paar, eigene kleine Rituale in den Tages -, Wochen- oder auch Monatsablauf zu integrieren. Organisieren Sie z. B. mindestens alle vier Wochen einen Babysitter für den Samstagabend, um mit Ihrem Partner allein gemeinsame Zeit zu verbringen. Sie werden sehen, dass auch das ein ganz wichtiges Ritual ist, um die Beziehung zu stärken. Und wenn Sie eigene schöne und positive Rituale für Ihre Partnerschaft haben, dann werden Sie feststellen, dass sich das auch wieder positiv auf Sie und die Beziehung zu Ihrem Kind auswirkt.

Autoren

  • Melanie Gräßer (Autor:in)

  • Eike Hovermann (Autor:in)

Melanie Gräßer ist Dipl.-Psychologin sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit eigener Praxis in Lippstadt. Eike Hovermann jr. ist Gründer und Geschäftsführer der Akademie für Kindergarten, Kita und Hort.
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Titel: Kinder brauchen Rituale