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Wechseljahre

Positiv und entspannt in eine neue Lebensphase

von Gisa Bührer-Lucke (Autor:in)
176 Seiten

Zusammenfassung

Die Wechseljahre bedeuten körperliche, seelische und soziale Veränderungen für jede Frau. Die Autorin erklärt genau, was dann geschieht. Sie gibt viele Anregungen, wie "frau" ihren Körper in Form hält, wie sie mit einfachen Mitteln die Seele verwöhnen oder Beziehungen neue Impulse geben kann. Zur Hormonersatztherapie (HET) stellt sie sanfte Behandlungsalternativen vor.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Gisa Bührer-Lucke

Wechseljahre

Positiv und entspannt in eine neue Lebensphase

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86910-900-8

ISBN der gedruckten Originalausgabe: 978-3-89994-162-3

Die Autorin: Gisa Bührer-Lucke war zehn Jahre als Ressortleiterin Medizin bei einer großen Frauenzeitschrift tätig und hat sich als freie Redakteurin mit dem Schwerpunkt Medizin einen Namen gemacht.

Bisher ist dieser Titel bei humboldt erschienen: Gesund ernähren – Krebs vorbeugen, ISBN 978-3-89994-175-3

© 2009 humboldt.
Ein Imprint der Schlüterschen Verlagsgesellschaft mbh & Co. KG,
Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover
www.schluetersche.de
www.humboldt.de

Autor und Verlag haben dieses Buch sorgfältig geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Lektorat: Dagmar Fernholz, Köln
Covergestaltung: DSP Zeitgeist GmbH, Ettlingen
Coverfoto: Getty

Inhalt

Vorwort
„Alt werden ist nichts für Feiglinge“ sagte die legendäre Kinodiva Mae West (1893 –1980). Wie Recht sie hatte. Denn es gibt leider keinen Zweifel, dass das Älterwerden mit dem einen oder anderen Zipperlein einhergeht. Und die Wechseljahre, um die es in diesem Buch geht, sind nun einmal die Eintrittspforte in das letzte Drittel des Lebens. Dennoch gibt es für Panik keinen Anlass. Im Gegenteil. Zwar ist das Klimakriterium auch heute noch mit Mythen und Ängsten beladen, die vor allem von den Ärzten und der Pharmaindustrie geschürt werden. Sie sollten sich davon jedoch nicht beeindrucken lassen. Die Wechseljahre bedeuten Wandel und Veränderung. Der Hormonhaushalt stellt sich um, die Menstruation bleibt aus, die Gebärfähigkeit geht zu Ende. Eine so einschneidende hormonelle Umwandlung im Körper läuft häufig nicht ohne Blessuren ab: Hitzewallungen, Menstruationsbeschwerden, depressive Verstimmungen. Machen Sie sich jedoch klar, dass diese Beeinträchtigungen nicht von Dauer sind.

Je offener und ungezwungener Sie sich dem Thema Klimakterium nähern, desto leichter fällt es Ihnen, mit auftretenden Problemen fertig zu werden. Selbst wenn Ihnen Beschwerden das Leben schwer zu machen drohen, ob nun physischer oder emotionaler Natur, sollten Sie nicht verzweifeln. Es gibt eine ganze Palette an Möglichkeiten, diese Unpässlichkeiten in den Griff zu bekommen. Dieses Buch wird Ihnen als praktischer Leitfaden dienen. Sie werden erfahren, welche tragende Rolle die Ernährung spielt, wie wichtig sportliche Betätigung für Ihr Wohlbefinden ist und warum Sie sich immer wieder Ruhephasen gönnen sollten. Auch das Für und Wider von künstlichen Hormonen wird angesprochen. Und nicht zuletzt geht es darum, dass Sie eine Frau sind und eine Frau bleiben, daran ändern die Wechseljahre nicht das Geringste. Schluss mit der Mär vom Ende der Sexualität der klimakterischen Frau. Die Hormone haben damit absolut nichts zu tun. Sexuelle Wünsche und Sehnsüchte sind keine Frage des Alters – oder des Geschlechts.

Die Menopause bedeutet nicht das Ende der Welt, sondern ist im Gegenteil der Beginn einer neuen Ära, die gekennzeichnet ist von einer ganz neuen Freiheit, die Sie aus vollem Herzen genießen sollten. Die monatlichen Blutungen bleiben aus, Sie müssen sich um Verhütung oder Schwangerschaft keine Gedanken mehr machen. Die Kindererziehung ist geschafft, endlich haben Sie Zeit für sich. Nutzen Sie diese Zeit!

1 Wechseljahre – Die umgekehrte Pubertät

Erinnern Sie sich noch an Ihre Pubertät? Oder an die Ihrer Kinder? An diese ständig wechselnden Launen des Töchterchens, an die patzigen Antworten vom Sohnemann, was tagein, tagaus zu Spannungen in der gesamten Familie führte? Ein falsches Wort zur falschen Zeit und schon hing der Familiensegen wieder schief. „Ihr versteht mich einfach nicht!“ ist vermutlich der Satz, den die Halbwüchsigen ihren Eltern am häufigsten entgegenschleuderten. Geduld, Toleranz und Langmut der erwachsenen Familienmitglieder wurden auf eine harte Probe gestellt. Doch jeder tröstete sich mit dem Gedanken, dass diese Phase irgendwann einmal vorbei sein wird, sobald sich der Hormonspiegel aufgebaut und eingependelt hat.
Damit sind wir mitten im Thema: bei den Wechseljahren oder dem Klimakterium. Denn es geht auch bei den Wechseljahren um eine Veränderung des Hormonhaushaltes, allerdings in anderer Reihenfolge als in der Pubertät. Während bei den Heranwachsenden der Hormonhaushalt aufgebaut wird, damit Männer zeugungsfähig werden und Frauen Kinder gebären können, so verläuft die Entwicklung während der Wechseljahre genau entgegengesetzt. Die Eierstöcke reduzieren langsam ihre Hormonproduktion, die Fortpflanzungsfähigkeit geht zurück, bis sie schließlich endet. Natürlich geschieht dieser Vorgang nicht über Nacht. Durchschnittlich beginnen die Wechseljahre um das 42. Lebensjahr herum, manche Frauen bemerken sogar schon Ende 30 erste Veränderungen, wenn die monatliche Periode unregelmäßig wird. Wieder andere Frauen kommen erst mit Ende 40 in die Wechseljahre. Insgesamt erstreckt sich der gesamte Zeitraum auf rund zehn Jahre. Was sich genau in Ihrem Körper abspielt und welche einzelnen Phasen er wann durchläuft, erfahren Sie im nächsten Kapitel.

Obwohl das Klimakterium einen ganz normalen physiologischen Prozess darstellt, den jedes weibliche Wesen auf dieser Welt durchläuft, beschleicht doch immer noch so manche Frau ein leises Unbehagen oder gar Angst, wenn es um dieses Thema geht. Da kommt zum einen die Furcht auf, keine richtige Frau mehr zu sein, weil die Gebärfähigkeit abnimmt und schließlich ganz eingestellt wird. Zum anderen entsteht die Angst, jetzt zum alten Eisen zu gehören, nicht mehr attraktiv und weiblich genug zu sein. Und häufig schwingt auch die leise Furcht mit, den Ehemann an eine jüngere Frau zu verlieren. Diese Sorgen, die für manche Frau die Wechseljahre kennzeichnet, hat sehr viel mit unserer heutigen Gesellschaft zu tun, die dem Jugendwahn huldigt und die alles, was über 30 ist, mit Argwohn, ja Ablehnung betrachtet. Die Werbung suggeriert uns permanent: jung = schön = erfolgreich. Auch die aktuelle Arbeitsmarktsituation spiegelt diese Einstellung wider, wo es für eine 45- oder gar 50-jährige arbeitslose Frau nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist, wieder einen Arbeitsplatz zu bekommen. Jung, schön, erfolgreich – dieser Dreisatz geistert beharrlich durch die Gesellschaft, initiiert von der Werbe und Medienlandschaft, und er hat sich in den Köpfen festgesetzt.
Leider unterstützen zusätzlich viele Ärzte und mit ihnen die Pharmaindustrie diese These, damit sich eine Frau in den Wechseljahren als überflüssiges Wesen, als Kranke fühlt, die man wegen ihrer Beschwerden behandeln muss. Selbst die geachtete Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat dazu ihr Scherflein beigetragen, indem sie in einem Bericht von 1981 die Wechseljahre als eine „estrogen deficiency disease“ darstellt. Übersetzt heißt das Östrogenmangelkrankheit. Und ein Mangel, das versteht sich von selbst, muss behoben werden. Hier spielt die Hormonersatztherapie ihre ganz große Rolle, über die Sie im Kapitel „Hormontherapie – ja oder nein?“ mehr erfahren. Insofern wurden und werden die Wechseljahre immer noch medikalisiert und den Frauen wird suggeriert, sie seien ein Fall für den Arzt. Das ist blanker Unsinn. Das Klimakterium ist keine Krankheit. Genauso wenig, wie Sie Ihre Kinder als krankes Wesen während der Pubertät zum Arzt geschickt haben, genauso wenig dürfen Sie sich als Patientin sehen, der von medizinischer Seite geholfen werden muss. Es sei denn, und darauf kommen wir im Kapitel „Wenn Beschwerden auftreten“ zu sprechen, es gibt wirklich schwerwiegende Gründe, die eine medizinische Behandlung gegebenenfalls notwendig machen. Ansonsten sollte sich folgender Satz in Ihr Gedächtnis brennen: Die Wechseljahre sind keine Krankheit! Egal, was Ihr Arzt, der Arzt Ihrer Freundin oder der Apotheker oder die Pharmaindustrie oder Artikel in Frauenzeitschriften verbreiten: Vergessen Sie es! Sie sind nicht krank, sondern machen eine ganz normale Entwicklung durch. Am besten Sie beschriften mehrere Zettel mit dem Satz: Ich bin nicht krank. Die Wechseljahre sind keine Krankheit! Verteilen Sie die Zettel an Plätzen, die Sie täglich mehrmals auf suchen, damit sie Ihnen immer wieder ins Auge fallen: An den Kühlschrank, auf den Badezimmerspiegel, auf Ihren Schreibtisch, in Ihr Schminktäschchen, auf Ihre Nachtkommode, an Ihren Lieblingsplatz, am Computer.

Die Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern ein ganz normaler Vorgang wie die Pubertät. Nur in umgekehrter Reihenfolge.

Im Übrigen werden Sie die Wechseljahre weitaus besser verkraften. Als Jugendliche hatten Sie nämlich nicht die geringste Ahnung, was auf Sie zu kommt. Wenn Sie Glück hatten, waren Sie zwar von Ihrer Mutter aufgeklärt worden. Trotzdem war das alles keine ausreichende Vorbereitung auf das, was Sie an hormoneller Achterbahnfahrt erwartete. Dennoch haben Sie diesen pubertären Wahnsinn, bei dem Sie manchmal selbst nicht wussten, wer Sie eigentlich waren und wohin die Reise ging, überstanden. Die Wechseljahre hingegen können Sie wesentlich gelassener angehen. Schließlich haben Sie das Ganze schon einmal durchgemacht, und im Gegensatz zu damals wissen Sie heute, was das alles zu bedeuten hat, vor allem, dass dieses Hormondurcheinander irgendwann ein Ende findet. Was Sie an Lebenserfahrung gesammelt haben, kommt Ihnen jetzt zugute. Selbst Gefühlsschwankungen treffen Sie nicht mehr wie der berühmte Blitz aus dem manchmal gar nicht mehr so heiteren Himmel. Nein, Sie wissen ziemlich genau, was Sie erwartet und können dementsprechend darauf reagieren.
Und noch etwas: Falls Sie Kinder haben, wissen Sie nicht nur aus deren Pubertät, was Hormonschwankungen bedeuten. Sondern auch durch Ihre eigene Schwangerschaft und Geburt. Davor und danach – denken Sie an den Babyblues – trieben die Hormone gewaltig Schindluder mit Ihnen. Ihr Einfluss war so groß, dass Sie sich oft genug nicht mehr im Griff hatten. Sei es, dass Sie urplötzlich hemmungslos schluchzten, sei es, dass Sie den werdenden Vater bei minus zehn Grad um zwei Uhr morgens zum Bahnhof jagten, in der Hoffnung, einen Kiosk zu finden, damit er Ihnen die Zartbitterschokolade kaufen konnte, auf die Sie gerade Appetit hatten. Auch das haben Sie – und Ihre Umwelt – überstanden.
Wenn Sie das alles bedenken, müssten Sie eigentlich einräumen, dass Ihre Vorbereitung auf die Wechseljahre nahe zu perfekt ist. Es gehört lediglich ein bisschen Mut dazu, sich dieser neuen Herausforderung zu stellen. Mut deshalb, weil es ein letztes Mal, nach Pubertät und Geburt, um eine Veränderung geht. Die Zeit der Gebärfähigkeit ist vorbei. Und das ist von der Natur sehr sinnvoll eingerichtet. Der Körper einer Frau soll nur so lange in der Lage sein, Kinder zu bekommen, solange sie genügend Zeit hat, ihren Nachwuchs großzuziehen. Bei einer Frau mit 55 oder 60 könnte das durchaus eng werden. Darum hat die Natur einen Riegel vorgeschoben.

Die Erkenntnis, dass die Jugend endgültig vorbei ist, kann vorübergehend zu Depressionen führen.

Bei Problemen während des Klimakteriums ist vielen Frauen manchmal gar nicht so bewusst, ob sie unter Beschwerden der Wechseljahre leiden oder ob es einfach andere Lebensumstände sind, die ihnen zu schaffen machen. Denn eines darf bei der Diskussion um das Klimakterium nicht vergessen werden: Just diese Phase fällt bei den meisten Frauen mit privaten Veränderungen zusammen, die ihr Leben tiefgreifend verändern. Dazu gehört zum Beispiel der Auszug der Kinder, der bei nicht gerade wenigen Frauen zum berühmten Leere-Nest-Syndrom führt. Die Eltern werden gebrechlich, sterben. Der Tod wird vielleicht zum ersten Mal ein Thema. Außerdem stellen Sie fest, dass sich Ihr Körper verändert, er hat nicht mehr die jugendlich feste Form, er wird schlaff. Sie registrieren Falten, graue Haare, der Zeiger der Waage zeigt ein paar Kilo mehr an, als Ihnen lieb ist. All diese Dinge enthüllen erbarmungslos, dass Ihre Jugend unwiederbringlich vorbei ist, dass Sie eine Frau mittleren Alters sind. Diese Erkenntnis vermag manche Frau so zu erschüttern, dass daraus vorübergehende Depressionen erwachsen können, die überhaupt nichts mit den Wechseljahren zu tun haben, sondern mit veränderten Lebensbedingungen, die jedoch, objektiv betrachtet, sehr positive Folgen haben können.
Die Tatsache, dass die Kinder aus dem Haus sind, bedeutet, dass Sie mehr Zeit haben. Für sich, für alte und neue Hobbys, für Fortbildung, Kunst, Kultur, für soziales Engagement, eventuell auch einen Wiedereinstieg in den Beruf. So sehen inzwischen erfreulich viele Frauen das Klimakterium nicht mehr nur als Schreckgespenst, sondern entwickeln Perspektiven für einen neuen Lebensabschnitt, in dem noch einmal alles möglich scheint. Sogar eine Trennung vom Partner. Wenn man sich die Statistiken ansieht, sind acht Prozent der Frauen zum Zeitpunkt ihrer Scheidung zwischen 45 und 50 Jahre alt.

Eine Frau von 50 (und mehr) Jahren hat unglaublich viele Vorteile. Sie ist gelassener, souveräner, selbstbewusster. Sie kann über den Dingen stehen. Sie nimmt das Leben einfach nicht mehr so ernst. Sie genießt die neuen Freiheiten, die das Klimakterium mit sich bringt. Die Kinder sind aus dem Haus, sie muss weniger arbeiten, hat mehr Zeit für sich. Die monatliche Blutung bleibt aus und auch die oft damit verbundenen Beschwerden. Das Thema Verhütung fällt flach, die Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft ist überflüssig.

Die Berliner Medizinpsychologin Beate Schultz-Zehden hat anhand dreier Studien herausgefunden, dass nahezu die Hälfte der befragten Frauen tatsächlich diesen neuen Zeitabschnitt genießt. Und nur ein Drittel sprach von Befindlichkeitsstörungen, die aber nicht als gravierend gewertet wurden.

Eine Frau ab 50 hat viele Vorteile. Sie ist gelassen, souverän, selbstbewusst und genießt die neuen Freiheiten, die das Klimakterium mit sich bringt.

In außereuropäischen Kulturkreisen ist das Klimakterium kaum ein Thema. Untersuchungen belegen, dass die Wechseljahre zwar eine biologische Basis haben, die bei allen Frauen gleich ist. Dennoch erleben nicht alle Frauen diese Zeitspanne auch gleich. Das ist abhängig davon, in welchem Kulturkreis die Frau lebt, ob das Klimakterium medienwirksam in der Öffentlichkeit thematisiert wird und wie die Einstellung gegenüber älteren Frauen generell ist. Das Ergebnis kann man auf einen einfachen Nenner bringen. Je mehr darüber gesprochen – insbesondere von ärztlicher Seite – und geschrieben wird, desto häufiger leiden die Frauen unter klimakterischen Beschwerden. Und das ist vor allem in Amerika und Europa der Fall.

In Ländern wie Afrika und Asien, wo den Frauen das gebärfähige Alter zur Last wird, weil sie möglichst viele Kinder bekommen sollen, wird das Klimakterium freudig begrüßt. Denn nun ist die anstrengende Zeit von Schwangerschaft, Geburt und Menstruation vorbei. Im Norden Indiens dürfen sich die Frauen, die während ihrer fruchtbaren Zeit in strikter Abgeschiedenheit leben mussten, endlich frei bewegen.
Natürlich sind auch den Frauen anderer Kulturen Beschwerden oder Befindlichkeitsstörungen während der Wechseljahre nicht fremd. Sie gehen deshalb aber nicht zum Arzt, höchstens zu einem Kräuterkundigen.

Andere Länder, andere Sitten: In Asien und Afrika sehnen die Frauen die Wechseljahre herbei und leiden in der Regel kaum unter Beschwerden.

In Japan sind so gut wie keine Hitzewallungen bekannt, was viele Wissenschaftler auf die stark sojahaltige Ernährung zurückführen, wobei es hierzu noch keine gesicherten Erkenntnisse gibt. Allerdings klagen manche Japanerinnen über steife Schultern oder Kopfschmerzen. Den Maori-Frauen in Neuseeland sind Symptome wie Hitzewallungen oder Schweißausbrüche durchaus nicht fremd, sie betrachten sie aber als etwas Natürliches, das irgendwann auch wieder verschwindet. Ähnlich wie in Asien und Afrika wachsen bei den Maori-Frauen während des Klimakteriums Autorität und Anerkennung. Sie betätigen sich oft gesellschaftspolitisch und ihre Stimme hat als Kuia (Großmutter oder weise Alte) oder Kaumatua (angesehene Älteste bei Stammesversammlungen) ein starkes Gewicht. Die Maya-Indianerinnen hingegen kennen offenbar keinerlei klimakterische Symptome.
Das Erleben des Klimakteriums wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Dazu zählen Ernährung, Schwangerschaften, vor allem aber auch die gesellschaftliche Stellung der Frau im Allgemeinen.
Und trotz der Unterschiedlichkeit im Empfinden der Wechseljahre bleibt bei allen Frauen das biologische Geschehen das Gleiche. Und diesem Thema widmen wir uns im nächsten Kapitel. Auch wenn Ihnen das vielleicht ein bisschen trocken und theoretisch erscheinen mag, es lohnt sich zu lesen, was sich in Ihrem Körper abspielt. Auf diese Weise verlieren Sie vielleicht auch das Unbehagen, wenn das Thema Wechseljahre aufkommt.

2 Was tut sich da im Körper?

Leinen los, steigen Sie auf das Schiff zu einer biologischen Kreuzfahrt durch Ihren Körper. Wie schon erwähnt, ist das Klimakterium der medizinische Begriff für die Wechseljahre. Das Wort Klimakterium entstammt dem griechischen klimakter und bedeutet übersetzt soviel wie die oberste Stufe einer Sprossenleiter. Man kann das durchaus als Metapher für eine neue Lebensphase, einen neuen Lebensabschnitt der Frau verstehen. Der Wechseljahrprozess verläuft in vier Phasen und beginnt mit der Prämenopause, also der Phase vor der Menopause, die nichts anderes bedeutet als die letzte Blutung. Dies zu beurteilen, funktioniert natürlich erst im Nachhinein. Wenn die Regelblutung seit mehr als einem Jahr nicht mehr er folgt, dann ist die Menopause eingetreten. Daneben gibt es noch die Perimenopause. Das ist eine Zeitspanne von etwa vier Jahren, zwei Jahre vor und zwei Jahre nach der Menopause. Am Schluss steht folgerichtig die Post menopause.

Die Wechseljahre lassen sich in vier Phasen einteilen: Prämenopause, Menopause, Perimenopause und Postmenopause.

Der Eintritt in die einzelnen Phasen der Wechseljahre ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Die Prämenopause kann zwischen 40 und 50 Jahren liegen, die Menopause liegt durchschnittlich bei 51 Jahren. Die Perimenopause wäre nach dieser Berechnung von 49 bis 53 Jahren, danach beginnt die Postmenopause, die etwa bis zum 65. Lebensjahr dauert. Und dann erst haben wir es mit dem sogenannten Senium der Frau, dem Alter zu tun.

Wichtig zu wissen!
Die Wechseljahre („Klimakterium“) sind eine Zeitphase, in der die Fruchtbarkeit einer Frau allmählich erlischt. Der Körper kann in dieser Phase mit vielfältigen Beschwerden reagieren. Bei den Wechseljahren werden unterschieden:
Menopause = letzte Regelblutung: im Alter von durchschnittlich 51 Jahren.
Perimenopause („peri“ = „drum herum“): Zeitabschnitt rund zwei Jahre vor und zwei Jahre nach der Menopause.
Prämenopause („prä“ = „vor“): Zeitabschnitt von fünf bis zehn Jahren vor der Menopause. Postmenopause („post“ = „nach“): Abschnitt nach der Menopause bis etwa zum 65. Lebensjahr. Mit ihm enden die Wechseljahre. Danach beginnt das „Senium“ („höheres Alter“).

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Zyklische Veränderungen während der Wechseljahre

Es gibt auch einen geringen Prozentsatz an Frauen, die früher in die Wechseljahre kommen. Wenn das Einsetzen der Wechseljahre vor dem 40. Lebensjahr liegt, spricht man vom Klimakterium praecox. Ursachen für einen frühen Beginn der Wechseljahre sind:

Eine genetische Disposition als Ursache wird ebenfalls diskutiert. Ein zu frühes Einsetzen der Wechseljahre bedarf auf jeden Fall der ärztlichen Abklärung.
Was mit der Pubertät beginnt, endet mit dem Klimakterium: Die Gebärfähigkeit der Frau. Zunächst dient alles der Reproduktion. Ziel der monatlichen Blutung ist es, optimale Bedingungen für eine Schwangerschaft zu schaffen. Wichtigstes Instrument auf dem Wege zu einem Baby sind die Eierstöcke (Ovarien), rechts und links der Gebärmutter. Kommt das Mädchen in die Pubertät, beginnt die Menstruation, die monatlich wiederkehrende Blutung. Von nun an läuft rund 40 Jahre lang Monat für Monat derselbe Kreislauf ab. Die Eizellen in den Eierstöcken sind von Eibläschen umhüllt und werden Follikel genannt. Vor Beginn der Pubertät heißen sie auch Primärfollikel. Mit Beginn der Pubertät, also der fruchtbaren Phase des Mädchens, wird der Follikel größer und bekommt den Namen Sekundärfollikel. Verursacher dieser Vergrößerung ist der Hypothalamus, ein zwar kleines, aber überaus wichtiges Zentrum im Zwischenhirn. Der Hypothalamus reguliert, wann und wo welche Mengen eines Hormons gebildet und freigesetzt werden. Er ist die hormonelle Steuerzentrale, und ohne diese Botenstoffe läuft in unserer komplizierten Maschinerie gar nichts. Außerdem koordiniert er unseren Wasser und Salzhaushalt, reguliert Blutdruck, über prüft die Nahrungsaufnahme, beeinflusst unser Sexual- und Gefühlsleben und bestimmt unseren Schlaf.

Ohne Hormone läuft in unserem Körper gar nichts. Diese Botenstoffe sind an nahezu allen Stoffwechselvorgängen beteiligt.

Zu Beginn der Pubertät schüttet der Hypothalamus das Hormon Gonadoliberin, kurz GnRH, aus. Durch dieses Hormon wird nun die Hypophyse – sie liegt unterhalb des Hypothalamus und ist durch eine Art Gangway mit ihm verbunden – zur Produktion der beiden Hormone FSH und LH angeregt. FSH ist ein follikelstimulierendes Hormon und wirkt auf die Geschlechtsdrüsen, gemeint sind damit Eierstöcke und Hoden. Das FSH sorgt für die Östrogenbildung und die Reifung der Eizellen. Beim Mann ist FSH für die Spermienentwicklung zuständig. Das LH oder luteinisierende Hormon unterstützt die Eireifung, den Eisprung und die Bildung des Gelbkörpers. Hat der LH-Spiegel sein Maximum erreicht, findet der Eisprung statt. Der Follikel platzt, gibt ein reifes Ei frei, das jetzt zwölf Stunden lang befruchtungsfähig im Eileiter lagert.
Der leere Follikel verwandelt sich mit Hilfe des LH in einen Gelbkörper, der für den Fall einer Schwangerschaft bedeutsam ist. Er produziert Östrogene und große Mengen Progesteron, auch Gelbkörperhormon genannt. Diese Hormone lassen die Gebärmutterschleimhaut wachsen und dick werden, und bereiten sie so auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle und damit eine mögliche Schwangerschaft vor. Wird das Ei jedoch nicht befruchtet, bildet sich der Gelbkörper innerhalb von zehn, elf Tagen zurück. Und nun sinken auch die Östrogen- und Progesteronspiegel. Bei einer bestimmten Konzentration im Blut wird die verdickte Schleimhaut abgestoßen – die monatliche Blutung setzt ein.
Diese niedrigen Hormonspiegel sind für den Hypothalamus das Signal für eine erneute Produktion von FSH – Sie erinnern sich, das sind die follikelstimulierenden Eizellen. Und der Zyklus beginnt von vorne. Er dauert zwischen 24 und 35 Tagen und wird vom ersten Tag der Blutung bis zum ersten Tag der nächsten Blutung berechnet. Wobei jede Frau ihren ganz eigenen Zyklus hat. Bei manchen Frauen dauert er 26 Tage, bei anderen 31 Tage, wieder andere menstruieren zweimal monatlich aufgrund ihres rasanten Stoffwechsels. Die Gynäkologie hat zwar einen 28-Tage-Rhythmus festgesetzt. Doch gibt es kaum Frauen, die alle 28 Tage menstruieren. Und nur selten bleiben die Rhythmen ein Leben lang gleich. Denn man muss immer bedenken, dass unsere Psyche einen beträchtlichen Einfluss auf das Hormongeschehen hat. Sportlerinnen menstruieren in Zeiten von Wettbewerben gar nicht, da ihr Körper auf Höchstleistungen getrimmt wird, aber nicht auf das Empfangen eines Kindes ausgerichtet ist. Ein ausgeklügeltes System der Natur. Das gilt auch für Stresssituationen. Das haben Sie vielleicht selbst schon einmal erlebt: Sie büffelten wochenlang hart für eine Prüfung oder bissen sich die Zähne an einer wissenschaftlichen Arbeit aus. Und stellten fest, dass während dieser Zeit Ihre Periode ausblieb. Auch hier hat der Körper wieder für Sie entschieden. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Schwangerschaft, ergo lasse ich den Zyklus aus. Was Sie aber auch festgestellt haben ist, dass sich der Hormonhaushalt wieder von ganz alleine einpendelt. War der Stress vorbei, lief alles wieder in geordneten Bahnen.

Rund 40 Jahre lang dauert der Monat für Monat wiederkehrende Zyklus einer Frau.

Sie finden das kompliziert? Das ist es auch. Das Hormonsystem ist ein äußerst komplexes Gebilde, das einer strengen Hierarchie unterliegt. Jede noch so kleine Störung bringt dieses Gefüge aus dem Rhythmus. Deshalb ist es völlig normal, wenn in der Pubertät der Hormonspiegel schwankt, und zwar ziemlich stark – genau wie während einer Schwangerschaft oder eben später im Klimakterium. Hat sich das diffizile Hormonkonstrukt eingependelt, dann ist die Geschlechtsreife erreicht und das Mädchen ist gebärfähig. Damit ist die Pubertät abgeschlossen, aus dem Mädchen ist eine Frau geworden. Damit jetzt keine Missverständnisse entstehen: Rein biologisch betrachtet ist ein Mädchen bereits mit dem Einsetzen der ersten Menstruation gebärfähig, was zwischen neun und 13 Jahren, manchmal auch erst mit 14 oder 15 der Fall ist (beides ist übrigens normal). Dennoch gibt es immer wieder Fälle, in denen Kinder Babys bekommen, was sowohl physisch als auch psychisch eine extreme Belastung darstellt. Denn in diesem Alter ist der Körper eines Mädchens noch nicht ausgewachsen, so dass das Austragen eines Kindes alles andere als medizinisch wünschenswert ist. Im Alter von 15 bis 16 Jahren ist in der Regel das körperliche Wachstum eines Mädchens abgeschlossen. Dann kann man eine junge Frau auch als voll gebärfähig bezeichnen. Was aber nicht heißt, dass Mädchen in diesem Alter schon Babys bekommen sollten.

Der regelmäßig wie ein Uhrwerk wiederkehrende Zyklus dauert heute im Durchschnitt 40 Jahre. 40 Jahre lang kann eine Frau also Kinder bekommen. Das ist eine lange Zeit. Es ist von der Natur sehr weise eingerichtet worden, dass es für den Körper einer Frau irgendwann auch eine Phase der Ruhe geben muss. Ruhe vor dem Gebären, dem Großziehen der Kinder, den Sorgen um sie. Wie anstrengend das ist, weiß jede Frau, die selber Kinder geboren und auf das Leben vorbereitet hat.

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Weibliche Fortpflanzungsorgane

2.1 Der Tanz der Hormone

So beginnt nach 40 Jahren verlässlicher Arbeit ein erneuter Tanz der Hormone. Diesmal in umgekehrter Reihenfolge. Was in der Pubertät aufgebaut wurde, wird nun langsam wieder abgebaut. Während der Prämenopause, die sich, wie im Kapitel „Wechseljahre – Die umgekehrte Pubertät“ schon zu lesen war, zwischen 40 und 50 Jahren abspielt, beginnt sich Ihr Hormonhaushalt zu verändern, bis es zur letzten Regelblutung kommt. Die ersten Unregelmäßigkeiten beginnen allerdings schon viel früher, nämlich Mitte 30, wenn Frauen feststellen, dass ihre Zyklen kürzer werden. Das ist der Grund dafür, warum gerade zu diesem Zeitpunkt viele ihre berühmte biologische Uhr ticken hören. Falls sie noch Kinder wollen, wird es langsam Zeit. Das ideale Alter für eine Schwangerschaft liegt nach Ansicht von Reproduktionsmedizinern ohnehin zwischen 20 und 30. Deshalb kritisieren viele Ärzte die späten Schwangerschaften, weil Frauen in den meisten Fällen ohne medizinische Hilfe nicht schwanger werden. Andererseits kann man es keiner Frau verdenken, dass sie sich eine berufliche Existenz aufbauen möchte, in der Kinder (noch) keinen Platz haben. Ergo schieben sie den Gedanken an ein Baby immer weiter hinaus, bis ihre Fruchtbarkeit gefährdet ist.

Schon Mitte 30 beginnt sich der Hormonhaushalt langsam zu verändern, was die meisten Frauen an den kürzer werdenden Zyklen feststellen.

Ursache für die Abnahme der weiblichen Fruchtbarkeit sind die Eizellen, die mit den Jahren zahlenmäßig und qualitativ abnehmen. Bei der Geburt verfügt ein Mädchen über rund 500 000 unreife Eizellen. Pro Eisprung werden durchschnittlich 450 Eizellen verbraucht, wobei die meisten Eizellen sich einfach auflösen. Eine Frau im Alter von 40 Jahren hat im Schnitt noch über 6 000 bis 8 000 Eizellen. Bei diesen werden häufig Chromosomenschäden festgestellt, da sie durch Umweltgifte und Strahlungen stark belastet sind. Deshalb sprechen die Ärzte bei Spätgebärenden immer von Risikogeburten. Bei den Männern ist es etwas leichter, doch auch ihnen steht keine unbegrenzte Zeit zur Verfügung. Ihre Fruchtbarkeit bleibt bis etwa zum 35. Lebensjahr konstant, nimmt dann aber bis zum 40. Lebensjahr rapide um 40 Prozent ab.

Doch zurück zur Prämenopause. Auch wenn bis heute nicht in allen Details klar ist, was sich wirklich im Körper abspielt, ist zumindest gesichert, dass die Hormonproduktion zurückgeht und dass die Wechseljahre mit ihren Symptomen durch ein Absinken des Östrogenspiegels gekennzeichnet sind. Doch das mit dem Absinken, so fand man heraus, stimmt nicht ganz. Bei verschiedenen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass im Gegenteil zunächst ein überhöhter Östrogenspiegel Ursache für Symptome – wie Brustspannen, Kopfschmerzen, verlängerte oder starke Blutungen – in der Prämenopause sind. Grund hierfür waren niedrige Östrogenwerte zu Beginn eines Zyklus. Die Eierstöcke hatten das Signal der beiden Hormone FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon), Östrogene zu produzieren, überhört. Dieser niedrige Östrogenspiegel führte bei den Frauen vorübergehend zu den bekannten und gefürchteten Hitzewallungen. Das Östrogentief wiederum rief den Hypothalamus auf den Plan, der die Hypophyse antrieb, mehr FSH auszuschütten. Um ihr Versäumnis wettzumachen, pumpten die Eierstöcke daraufhin ungefähr die dreifache Menge an Östrogenen ins Blut. Das führte nun zu den typischen prämenopausalen Beschwerden wie das oben erwähnte Brustspannen oder Kopfschmerzen. Nachdem nun wieder reichlich Östrogene vorhanden waren, kam es zum Eisprung, und danach stieg auch der Progesteronspiegel wieder an – Sie erinnern sich, Progesteron oder Gelbkörperhormon ist verantwortlich für die Einnistung eines befruchteten Eies – und die Blutung setzte ein. Zwei Wochen später als sonst und aufgrund des hohen Östrogenspiegels sehr stark.
Es ist also nicht so sehr ein niedriger Östrogenspiegel Ursache für Wechseljahrsbeschwerden, sondern es sind die unkalkulierbaren Schwankungen dieser Hormone. Zum besseren Verständnis: Bei den Östrogenen handelt es sich um den Oberbegriff für die wichtigsten weiblichen Hormone, von denen es rund 30 gibt, die in den Gruppen Estradiol, Estron und Estriol zusammengefasst sind.

Nicht der niedrige Östrogenspiegel verursacht Wechseljahrsbeschwerden, sondern die Schwankungen dieser Hormone.

Wie wenig über das Hormongeschehen während des Klimakteriums bekannt ist, beklagte schon Susan Love in ihrem umfangreichen Werk „Das Hormonbuch“. Die amerikanische Professorin für Chirurgie und Inhaberin eines Lehrstuhls für Frauengesundheit schreibt: „Warum hat Ihnen Ihr Gynäkologe (oder Ihre Gynäkologin) nichts über die hormonelle Umstellung erzählt, die sowohl die Pubertät als auch die Menopause einleitet? Leider beschäftigt sich die medizinische Literatur nur äußerst oberflächlich mit diesen beiden Erfahrungen, die die fruchtbaren Jahre einrahmen.“ Das schrieb sie 1997 und daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Auch was die Funktion der Eierstöcke während der Wechseljahre angeht, tappten Ärzte und Wissenschaftler lange Zeit im Dunkeln. Und weil sie nichts oder nur wenig darüber wussten, verbreiteten sie die Mär von den schrumpfenden, nutzlos gewordenen Fortpflanzungsorganen der Frauen. Da die Östrogene lange Zeit als die weiblichen Hormone schlechthin angesehen wurden, entstand aus ihrem Versiegen das Klischee von der Frau, die keine mehr war, wenn die Wechseljahre nahten. Nach dem Willen ihrer Ärzte blieb diesen Frauen nichts anderes übrig, als dieses grausame Spiel der Natur verbittert zur Kenntnis zu nehmen, sich in Schwarz zu hüllen und auf ihr Ende zu warten. Bis ihr Retter nahte in Gestalt eines amerikanischen Gynäkologen, der mit dem Begriff Hormonersatztherapie Licht in das vermeintliche Dunkel der menopausalen Frau brachte. Darüber in einem späteren Kapitel mehr

Derlei Vorurteile geistern leider auch heute noch umher. Gefördert durch grassierenden Jugendwahn und erschreckendes Unwissen und Ignoranz mancher Ärzte. Im Übrigen ist es schlicht falsch, dass mit dem Ende der Hormonproduktion in den Eierstöcken gar kein Östrogen mehr produziert wird. Ihre Hauptproduktion stellen die Eierstöcke erst rund drei Jahre nach der Menopause ein. Sie bilden aber weiterhin das Geschlechtshormon Androstendion, eine Vorstufe des Östrogens. Im Fettgewebe wird das Androstendion zu Östrogen umgewandelt. Je höher der Fettanteil bei Frauen ist, desto höher ist auch der Östrogenanteil. Untersuchungen zeigten, dass Frauen mit Übergewicht rund 40 Prozent höhere Östrogenwerte im Blut hatten als Frauen mit Normalgewicht. Auch in den Eierstöcken werden weiterhin Östrogene gebildet, wenn auch nur in ganz geringen Mengen und ohne Progesteron. Es kann also mitnichten von einem Hormonmangel gesprochen werden, den die Ärzte ihren Patientinnen so gerne einzureden versuchen. Insofern gibt es auch keinen Grund für eine Hormonsubstitution.

Ein Hormonmangel existiert nicht. Es werden auch nach der Menopause Östrogene gebildet, wenn auch in geringeren Mengen. Trotzdem gibt es keinen Grund für eine Substitution.

Ich erzähle Ihnen dies, weil ich es für so wichtig halte, dass jede Frau über die Vorgänge in ihrem Körper generell und insbesondere während der Wechseljahre Bescheid weiß. Unwissen macht ängstlich und frau wird leichte Beute pharmazeutischer Verlockungen oder insistierender Worte des Arztes. Ist es nicht beruhigend zu wissen, dass das Auf und Ab der Hormone während der Wechseljahre ganz normal ist? Dass es normal ist, wenn Sie sich nicht jeden Tag gleich gut fühlen? Sondern dass es Tage gibt, an denen Sie eine unerklärliche Traurigkeit verspüren, ängstlich sind oder schlecht gelaunt? Tage, an denen Sie von Zukunftsängsten geplagt sind? Tage, an denen Ihnen so heiß wird, dass Sie sich am liebsten die Kleider vom Leibe reißen würden?

3 Unbefangen in einen neuen Zeitabschnitt

Die Zeit der Wechseljahre ist eine Zeit, in der Sie sich viele Fragen stellen werden. Will ich so weitermachen wie bisher? Kann und will, ja muss ich vielleicht sogar mein Leben ändern? Und wenn ja, wie? Was ist bei mir bislang zu kurz gekommen? Sie haben jetzt die Chance, Ihr Leben noch einmal neu zu überdenken, neu zu definieren.
Je unbefangener, offener und bereitwilliger Sie sich diesem neuen Zeitabschnitt stellen, desto mehr können Sie ihn genießen. Denn Hand aufs Herz: Was kann Ihnen jetzt eigentlich noch passieren? Sie sind schon durch (fast) all die Höhen und Tiefen gegangen, die ein Leben so mit sich bringen kann. Eventuell haben Sie auch schon die ersten Erfahrungen mit dem Tod machen müssen. Seien es die Eltern, eine Freundin, Bekannte, vielleicht sogar der eigene Partner. Sie haben die Kinder großgezogen und in ihr eigenes Leben entlassen. Sie mussten vielleicht nebenher noch arbeiten, um die Familie durchzubringen. Sie haben Ihren Job verloren und keinen neuen mehr gefunden. Deshalb waren Sie vielleicht gezwungen, sich selbstständig zu machen, oder Sie waren gezwungen, in einem anderen Berufszweig Ihre Brötchen zu verdienen.
Sie haben vieles getan, aber auch vieles gelassen, lassen müssen. Aus Zeitgründen, aus Mangel an Geld. Sie sind nicht gereist, Sie haben kaum Bücher gelesen, sind viel zu wenig in Konzerte, ins Kino und Theater gegangen, Sie haben Freundschaften vernachlässigt, Sie können immer noch nicht Italienisch, obwohl Sie Land und Leute lieben.
Bisher waren Sie immer für andere da. Nun ist eine Zeit angebrochen, in der Sie sich endlich auch um sich kümmern dürfen, ja müssen. Denn es ist ja in der Tat so, dass nun das letzte Drittel Ihres Lebens angebrochen ist, Sie sind an einem Scheidepunkt angelangt. Das ist kein Grund zur Panik. Aber ein Grund innezuhalten und sich zu fragen, ob das, was man bisher gemacht hat, richtig genug ist, um es weiterzuführen. Oder ob Veränderungen notwendig sind. Und wenn ja, welche. Solche Überlegungen lassen Sie reifen, Sie reflektieren Ihr Leben und gewinnen an Persönlichkeit. Man kann Ihnen so leicht nichts mehr vormachen. Sie wissen genau, was Sie wollen.
Eine Freundin von mir, verheiratet mit zwei Kindern, hat mit 54 Jahren ihr Leben völlig umgekrempelt. Die Kinder waren aus dem Haus, standen auf eigenen Füßen. Mit ihrem Mann hatte sie sich auseinander gelebt, was ihnen beiden aber erst während der Wechseljahre so richtig bewusst wurde, nachdem die Kinder, die wie so oft als „Beziehungskitt“ fungierten, das häusliche Nest verlassen hatten. Sie trennten sich in aller Freundschaft. Meine Freundin zog auf das Land, kaufte sich einen Webstuhl, besucht Kurse über Kurse und webt heute Stoffe, die ihresgleichen suchen. Sie ist rundum glücklich und zufrieden.
Natürlich muss nicht jede Frau zu derart drastischen Maßnahmen greifen. Wer glücklich verheiratet ist, der bleibt es aller Wahrscheinlichkeit auch während und nach den Wechseljahren. Häufig gewinnt eine Partnerschaft sogar durch die neue Zweisamkeit, die entsteht, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Man hat wieder mehr Zeit füreinander, für gemeinsame Unternehmungen, Gespräche.

Die Wechseljahre sind eine Zeit zum Innehalten, denn Sie sind an einem Scheidepunkt angelangt. Jetzt können die Weichen für ein neues Leben gestellt werden.

Nicht selten starten Frauen in den Wechseljahren noch einmal richtig durch. Sie steigen wieder in den Beruf ein, lernen neue Sportarten, gehen zur Volkshochschule, manche absolvieren eine lang ersehnte Ausbildung oder nehmen ihr unterbrochenes Studium wieder auf. Gar nicht so sehr mit dem Ziel Karriere zu machen, sondern einfach, um ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben, und um geistig nicht einzurosten. Wiederum andere engagieren sich sozial, machen den Segelschein, lernen Schattenboxen oder Reiten, verwirklichen einen Jugendtraum und fahren nach Kathmandu. Alles, was ich Ihnen hier aufzähle, muss keinesfalls auf jede Frau zutreffen. Schließlich gibt es auch Frauen, die mit ihrem Leben rundum zufrieden sind, die überhaupt keine Veränderungen anstreben. Suchen Sie deshalb nicht krampfhaft nach etwas Neuem, wenn das Alte Sie völlig ausfüllt und Sie damit glücklich und ausgeglichen sind.
Studien belegen, dass Frauen, die das Gefühl haben, etwas versäumt zu haben, sich beim Eintritt in die Wechseljahre schwerer mit der dadurch entstehenden Veränderung tun als andere. Es sind vor allem Hausfrauen und Mütter, die sich ganz dem Familienmanagement gewidmet haben. Doch als Familienmanagerin werden sie nun nicht mehr gebraucht. Die Kinder gehen ihre eigenen Wege, der Ehemann ist mit seinem Beruf noch voll ausgelastet und hat wenig Zeit, die Freundinnen sind womöglich selbst noch berufstätig. Solche Frauen leiden oft intensiver unter Beschwerden in den Wechseljahren als berufstätige Frauen. Was aber nicht automatisch bedeutet, dass berufstätige Frauen vor Problemen gefeit sind. Viele müssen enttäuscht mit ansehen, dass nicht sie, sondern die jüngere Kollegin den Aufstieg in die nächste Etage geschafft hat und damit die lang ersehnte Gehaltserhöhung bekommt. In solchen Momenten beschleicht frau das Gefühl, minderwertig zu sein, sie fühlt sich auf das Abstellgleis geschoben. Zu deutlich wird ihr vermittelt, dass sie in der jugendlichen Liga nicht mehr mitspielt. Solche Situationen lassen Wechseljahrsymptome deutlicher hervortreten. Das kann sogar soweit gehen, dass Frauen sich regelrecht krank fühlen, obwohl sie es keineswegs sind.

4 Wenn Probleme auftreten

Für jede Frau verlaufen die Wechseljahre individuell verschieden. Auch die Pubertät ist nicht bei jedem Mädchen gleich, genauso wenig wie die monatliche Menstruation. Vielleicht gehören Sie zu den Frauen, die sich Monat für Monat mit PMS, dem prämenstruellen Syndrom, herumschlagen mussten, diesen gefürchteten und verhassten Tagen vor den Tagen, an denen Sie sich oft genug selbst im Weg standen. Wie waren Sie sie leid, diese ständig wiederkehrenden Wasseransammlungen im Körper, die Gewichtszunahme, die Pickel im Gesicht, diese Müdigkeit und Erschöpfung, und das schmerzhafte Ziehen in den Brüsten. Auf der anderen Seite wurden Sie von nahezu rasender Hyperaktivität gepackt. Sie stellten das Haus oder die Wohnung auf den Kopf, putzten, stellten die Möbel um, strichen Wände, entrümpelten Keller. Sie waren grundlos gereizt, ein falsches Wort machte Sie aggressiv. Oder Sie wurden von einem Moment zum anderen von grundloser Traurigkeit übermannt. Falls Sie also schon immer unter diesen lästigen Symptomen gelitten haben, könnte es sein, dass die sich während der Prämenopause und der Perimenopause verstärken. Aber vielleicht hatten Sie Glück und PMS war ein Fremdwort für Sie. Dann dürften beide Phasen weitgehend symptomfrei ablaufen.

Häufigkeit klimakterischer Beschwerden
Nervosität und Reizbarkeit 90 %
Hitzwallungen, Schweißausbrüche 80 %
Müdigkeit, Lustlosigkeit, Leistungsabfall 70 %
Depressive Verstimmungen 70 %
Vergesslichkeit, Konzentrationsschwäche 65 %
Schlafstörungen 60 %
Kopfschmerzen 30 %
Libidoverlust 20 %

Die eigentlichen Beschwerden der Wechseljahre setzen in der Perimenopause ein, also rund zwei Jahre vor der Menopause, und dauern in etwa zwei Jahre über die Menopause hinaus. Das ist die eigentliche Übergangsphase. Bis auf wenige Ausnahmen klingen nach dieser Zeit die Symptome auch wieder ab. Denn der Körper stellt sich auf den niedrigeren Östrogenspiegel ein und kommt damit gut zurecht. Während der Umstellung können dennoch Beschwerden auftreten. Am häufigsten klagen Frauen in dieser Phase über

Das sind alles normale Vorgänge während der Veränderung des Hormonhaushaltes und müssen Sie nicht ängstigen. Falls Sie jetzt feststellen, dass nichts davon auf Sie zutrifft: Freuen Sie sich! Dann gehören Sie zu den Glücklichen, die beschwerdefrei sind. Obwohl viele Frauen das nicht glauben können: Es müssen sich tatsächlich keinerlei Symptome einstellen. Halten Sie bitte nicht krampfhaft Ausschau nach irgendwelchen Anzeichen. Genießen Sie es einfach, dass Sie keine Probleme haben.
Das Vertrackte an den perimenopausalen Beschwerden ist, dass sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Schwere auftreten. Einen Monat lang werden Sie täglich von Hitzewallungen geplagt, dann folgen Wochen, in denen nichts passiert. Die Attacken können 30 Sekunden oder vier Minuten dauern. Sie werden morgens, mittags oder abends davon überrumpelt. Wenn sie nachts auftreten, spricht man von Schweißausbrüchen. Sie wachen mehr oder weniger nass geschwitzt auf, müssen Bettwäsche und Nachthemd wechseln und können dann vielleicht weiterschlafen. Oft genug aber auch nicht. Denn solche Unterbrechungen sind natürlich unangenehm, weil sie den Schlafrhythmus empfindlich stören. Tagsüber fühlen Sie sich dann müde und ausgelaugt, weil Sie nicht genügend Schlaf bekommen. Trotzdem sind Hitzewallungen nicht besorgniserregend oder gar gefährlich. Sie sind einfach nur lästig.

Hitzewallungen sind zwar nicht gefährlich, aber unangenehm, da sie den Schlafrhythmus durcheinander bringen können.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783869109008
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2010 (Dezember)
Schlagworte
Frau Hormone Hormonelle Therapie Lebensabschnitt Wechseljahre

Autor

  • Gisa Bührer-Lucke (Autor:in)

Gisa Bührer-Lucke war zehn Jahre als Ressortleiterin Medizin bei einer großen Frauenzeitschrift im Hamburger Bauer-Verlag tätig und hat sich als freie Redakteurin mit dem Schwerpunkt Medizin einen Namen gemacht.
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Titel: Wechseljahre