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Bitte 3x täglich lachen

Humorvolle Geschichten und Gedichte für die Seniorenarbeit

von Susann Winkler (Autor:in)
128 Seiten

Zusammenfassung

In Senioreneinrichtungen wird viel Wert auf eine umfassende soziale Betreuung gelegt. Betreuungskräfte bieten eine breite Palette an Aktivitäten an. Besonders beliebt ist dabei das Lesen/Vorlesen von Geschichten, Gedichten und kurzen Sprüchen.
Dieses Vorlesebuch für die Seniorenarbeit bietet eine bunte Mischung aus heiteren Erzählungen, Gedichten, Witzen und Wochensprüchen fürs ganze Jahr. Mit dieser Vielfalt ist das Buch die passende Lektüre zu verschiedensten Themen und Anlässen.
Es ist für die Gruppenarbeit und Einzelbetreuung gleichermaßen geeignet. Die heiteren, lebensnahen Episoden vermitteln Freude, Kraft und eine gewisse Leichtigkeit. Sie leisten damit in der Betreuung von Senioren und demenzkranken Menschen einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Wenn es um das Vorlesen für ältere Menschen geht, denken viele von uns in der Pflege und Betreuung oft an Erzählungen aus den Kriegs- und Nachkriegsjahren sowie an »besinnliche Geschichten«, die meist nachdenklich bis bedrückend sind. Diese Geschichten sind wertvoll, interessant und haben gerade in der Biografiearbeit einen wichtigen Platz.

Aber: Mir ist in meiner Arbeit immer wieder aufgefallen, dass die meisten älteren Menschen – die sich ja oft überhaupt nicht »den Alten« zugehörig fühlen – gar nicht so sehr die vermeintlich seniorengerechten Geschichten hören wollen, sondern am liebsten am ganz normalen Alltagsleben teilhaben. Besonders beliebt sind dabei immer wieder humorvolle Geschichten, Gedichte und Witze, die sehr wirkungsvoll zur Steigerung der Lebensqualität im Hier und Jetzt beitragen. Was gibt es schließlich Schöneres als gemeinsam unbeschwerte Stunden zu genießen, in denen man zusammen lachen kann?

Deshalb habe ich dieses heitere Buch verfasst, das verschiedenste Themen und Lebensbereiche umfasst: Jahreszeiten, Feste, Anekdoten, Reisen, Alltag, Gesundheit …

Ich möchte Ihnen als (Vor-) Leser eine abwechslungsreiche Lektüre bieten, die Sie in verschiedensten Kontexten der Seniorenarbeit einsetzen können.

Im ersten Abschnitt des Buches finden Sie kurze Alltagsgeschichten und Gedichte, die auf verschiedenste Weise die vergangene oder gegenwärtige Lebenswelt Ihrer Zuhörer aufgreifen. Sie eignen sich daher auch hervorragend für eine anschließende Erinnerungsarbeit. Besonders beliebt sind in der Regel Gedichte, die durch Reim und Rhythmus für zusätzliche Freude beim Zuhören sorgen.

Der zweite Teil beinhaltet Anekdoten und Witze, die ich so formuliert habe, dass sie gut verständlich und leicht zu erfassen sind. Da es vielen älteren Menschen schwerfällt, sich auf längere Texte zu konzentrieren, ist die Kürze der Leseeinheiten ein großes Plus. Außerdem sind diese Anekdoten besonders amüsant und regen zu Gesprächen zwischen den Zuhörern an. Sie kennen das sicherlich: Es gibt immer wieder Senioren, die gern eigene Witze erzählen.

Natürlich ist bei Witzen grundsätzlich eine gewisse Vorsicht geboten; sie sollten immer dem Zuhörer und der Situation angemessen sein. Bei meiner Sammlung habe ich sehr viel Wert auf Takt und Niveau gelegt. Allerdings habe ich in meiner Praxis auch die Erfahrung gemacht, dass zu große Sorge in der Regel unbegründet ist. Gerade ältere Menschen besitzen meist sehr viel Sinn für Humor. Selbst Menschen, die an einer Demenz leiden, haben oft noch eine erstaunliche Fähigkeit, Ironie und Witz zu verstehen.

Das letzte Kapitel meines Buches bildet eine Sammlung von Versen für jede Woche des Jahres. Hier schildere ich hauptsächlich die jahreszeitlichen Veränderungen in der Natur und den Wandel in unserer Lebenswelt. Dieses Kapitel eignet sich gut für die Einzel- und Gruppenarbeit zu jahreszeitlichen Themen, aber auch zur Gestaltung von Veranstaltungen und Festen. Ganz zum Schluss folgen noch zwei Geburtstagsverse.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Zuhörern viele unbeschwerte, anregende und amüsante Stunden beim Lesen und Lauschen!

Bischofswiesen, im März 2014

Susann Winkler

Geschichten und Gedichte

Die Dauerwelle

Theresia setzte gerade einen Topf mit Milch auf den Ofen, als es an der Tür läutete. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, denn sie wusste ganz genau, wer sie da besuchte. Wie jeden Donnerstag um halb drei erwartete sie ihre Enkelin Flora, die den Nachmittag bei ihr verbringen würde.

Da Theresia offensichtlich nicht schnell genug bei der Tür war, klopfte die Kleine ungeduldig und rief: »Oma Resi, ich bin es. Mach doch auf!«

»Ja, ja, mein Kind, ich komm ja schon!«, beeilte sich Theresia. Flora drückte sich fest an ihre Großmutter und versuchte, mit ihren kurzen Ärmchen deren Hüften zu umfassen.

»Hast du wieder zu viel Schokolade genascht, Oma Resi?«, fragte die Kleine und setzte eine tadelnde Miene auf.

»Wie kommst du denn jetzt darauf?«, wollte Theresia wissen, obwohl sie die Antwort schon ahnte.

»Ich glaube, dein Popo ist in der letzten Woche wieder ein Stück gewachsen«, stellte ihre Enkelin ungeniert fest.

»Ach Kind!«, lachte Theresia. »Na, in deinem Alter darf man so etwas noch sagen. Aber jetzt komm erst mal rein.«

Flora flitzte sofort in die Küche und machte es sich auf der Eckbank gemütlich. Sie wusste nur zu gut, was es jetzt gab: den besten Kuchen der Welt und Kakao aus der großen Marienkäfertasse, die Oma Resi extra für sie gekauft hatte.

Oma und Enkelin ließen es sich schmecken und plauderten über dieses und jenes. Flora erzählte von ihrem Friseurbesuch letzten Montag und dass die Haare trotz Umhang überall hingekommen sein mussten. Denn sie hatten sie den restlichen Tag überall unaufhörlich gepiekst.

»Oh, da sagst du was, Kind«, seufzte Theresia. »Ich muss auch dringend zum Haareschneiden und zur Dauerwelle. Ich traue mich schon gar nicht mehr aus dem Haus, so wie ich ausschaue.«

»Aber Omi, das kann ich dir doch machen!«, rief Flora begeistert. »Und bei mir ist es noch dazu viel billiger als beim Friseur.«

»Das ist lieb gemeint, mein Schatz«, entgegnete Theresia. »Aber man braucht ganz schön viel Übung, bevor man das richtig kann.«

Flora schaute beleidigt drein und meinte: »Ich mache es dir beim ersten Mal, zum Üben, auch kostenlos. Mama habe ich auch schon die Haare auf Lockenwickler gedreht und die war sehr zufrieden. Ich will doch später sowieso Friseurin werden und irgendwann muss ich es ja mal lernen.«

Theresia kam in Bedrängnis. »Ach Kind, so einfach ist das wirklich nicht. Dafür machst du später eine Ausbildung und da lernst du alles ganz genau. Jetzt ist es einfach noch zu früh.«

Doch Flora ließ nicht locker. »Bitte, Oma Resi! Ich verspreche, ich bin auch ganz vorsichtig. Und du hast ja selbst gesagt, wie schlimm du ausschaust, viel verderben kann ich da doch eh nicht mehr.«

»So ganz Unrecht hat sie ja nicht«, dachte Theresia. Außerdem hatten sie an diesem Nachmittag ohnehin nichts anderes vor und auf diese Weise wäre ihre Enkelin wenigstens beschäftigt.

»Na schön«, gab sie schließlich nach. »Du kannst mir ein bisschen die Haare eindrehen, aber auf keinen Fall schneiden. Und mit Waschen fangen wir jetzt auch nicht an.«

»Oh fein, Oma!«, jauchzte Flora. »Dann bekommst du heute eben nur die Dauerwelle. Schneiden können wir ja beim nächsten Mal. Also gut«, fuhr die Neunjährige geschäftstüchtig fort. »ich brauche dann einen Umhang, Lockenwickler, Kamm, Bürste und einen Fön.«

Theresia stand stöhnend auf und suchte die Utensilien zusammen. Einen Umhang hatte sie nicht, da musste ein Handtuch reichen.

Dann begann das Spiel: Flora begrüßte Theresia zuvorkommend als Kundin und bat sie, auf dem improvisierten Frisierstuhl Platz zu nehmen. Das Mädchen legte ihrer Oma ein Handtuch über die Schultern und kämmte ihr die Haare. Dann begannen Floras kleine Finger Lockenwickler in Theresias Haare zu drehen. Oft lösten sich einige Haarsträhnen wieder oder die Wickler fielen herunter, aber Flora war ganz vertieft in ihre Arbeit, und versuchte es wieder und wieder. Nur manchmal zog sie so arg an den Haaren, dass Theresia schließlich klagte: »Nicht so sehr ziehen, mir fallen sowieso schon so viele Haare aus.«

Daraufhin erwiderte Flora spitz: »Ach, das hätte ich ja fast vergessen. Für nörgelige Kundinnen wie Sie haben wir auch etwas zum Lesen da.« Beflissen lief sie ins Wohnzimmer und kam mit einem Stapel Zeitschriften zurück, den sie vor ihrer Oma auf den Tisch legte, mit den Worten: »Dann sind Sie ein bisschen abgelenkt und ich kann in Ruhe meine Arbeit machen.«

Theresia spielte mit und las ein wenig. So verging die Zeit recht angenehm. Bis Theresia einen seltsamen Geruch wahrnahm. »Flora, riechst du das auch?«

»Keine Sorge, Frau Kundin, das ist nur der Klebstoff«, erklärte die Kleine fachmännisch.

»Klebstoff? Welcher Klebstoff?«, fragte Theresia alarmiert.

»Na, der für Ihre Dauerwelle, wie sollen die Locken denn sonst halten?«, erklärte das Mädchen und verlor allmählich die Geduld mit ihrer Kundin.

Die Großmutter tastete nach ihren Haaren griff in eine klebrige Masse auf ihrem Kopf. »Um Himmels Willen, Kind!«, schrie sie voller Panik. »Du hast doch wohl nicht allen Ernstes Leim in meine Haare geschmiert?«

Flora wurde nun doch unsicher. »Aber es soll doch eine Dauerwelle sein«, antwortete sie kleinlaut.

Theresia sprang auf und betrachtete das Elend im Spiegel. »Aber dafür nimmt man doch keinen Klebstoff! Ich habe ja gleich gesagt, dass das nicht gut gehen kann«, schimpfte sie und begann, rastlos auf und ab zu gehen.

Schließlich stürzte sie aus der Wohnung und klingelte aufgebracht bei ihrem Nachbarn, Herrn Seibold, bis dieser endlich mit verschlafener Miene die Tür öffnete. »Ach, Sie sind es, Frau Nachbarin, was eilt denn so?«, fragte er wenig erfreut.

Theresia stammelte etwas von »Katastrophe«, »Haaren« und »Klebstoff«, bis Herr Seibold die Situation erfasst hatte. »Na, kommen Sie erst mal rein und dann schauen wir, was wir da machen können«, meinte er gelassen.

Theresia wurde immer nervöser: »Aber bitte, schnell muss es gehen, der Kleber trocknet doch immer mehr!«

Während sie von einem Bein auf das andere trat, schlurfte Herr Seibold gemächlich durch seine Wohnung und schien etwas zu suchen. »Immer mit der Ruhe, gute Frau, Eile ist schon immer ein schlechter Berater gewesen«, mahnte er.

Nach Stunden, so schien es Theresia, kam er mit einer großen braunen Flasche zurück und erklärte: »Ich habe noch eine Flasche Verdünnung gefunden. Das ist das Einzige, das mir einfällt, womit wir ihre Haare vielleicht retten können.«

Theresia wusste über Verdünnung nur, dass sie mörderisch stank, aber das war jetzt wohl das kleinste Übel. Herr Seibold wies sie an, sich mit dem Rücken zum Waschbecken auf den Badhocker zu setzen und goss ihr langsam die stinkende Brühe auf den Kopf. Dann verteilte er das Ganze mit den Händen auf die klebrigen Stellen. Theresia saß steif und bang in der unbequemen Position und krallte ihre Hände tiefer und tiefer in den Saum ihres Pullovers. Angespannt lauschte sie den Äußerungen von Herrn Seibold, der sich emsig auf ihrem Kopf zu schaffen machte: »Ach, du Schreck!«, murmelte er. »Nein, so was habe ich auch noch nicht erlebt! … Also wirklich, Frau Nachbarin, da hat die Kleine saubere Arbeit geleistet. … Aber ich glaube, wir haben Glück …. Da noch ein bisschen … Das sieht doch schon ganz gut aus.« Dann rief er laut durch die noch offenen Wohnungstüren: »Flora! Flora, komm doch mal her!«

Das Mädchen kam eilig in das Badezimmer gelaufen, blickte aber schuldbewusst auf den Boden. »Holst du mir bitte mal das Haarwaschmittel von deiner Oma?«, bat Herr Seibold freundlich.

Wie der Blitz kam Flora mit dem Shampoo zurück. »Schau, Flora«, erklärte ihr der Nachbar, »der Kleber hat sich jetzt gelöst. Jetzt brauchst du deiner Oma nur noch gründlich die Haare zu waschen und alles ist wieder in Ordnung.«

Flora atmete erleichtert auf und begann, Theresia die Haare zu waschen. »Oma Resi«, meinte sie nach einer Weile, »es tut mir so leid, dass ich den falschen Kleber genommen habe. Ich habe inzwischen einen anderen in deinem Schrank gefunden, auf dem steht, dass man ihn mit Wasser auswaschen kann. Das nächste Mal nehmen wir den!«

Herzenswünsche

Das Wünschen ist wirklich eine heikle Sache,
auch wenn es nichts gibt, was ich lieber mache.

Es fing schon an in jungen Jahren,
als ich noch gänzlich unerfahren.

Ersehnt hab ich ein Brüderlein,
das immer sollte bei mir sein.

Und tatsächlich, siehe da,
eines Tages erhörte mich Mama.

Sie brachte mir ein kleines Bündel
mit einem runzeligen Kindel.

Naja, dachte ich, er wird ja wachsen,
begann mit ihm zu spielen und zu flachsen.

Doch er zeigte keine Freude,
obwohl ich ihn so lieb betreute.

Er wollte immer kratzen, beißen, schreien,
nein wirklich, so was von gemein!

Und obendrein musste ich nun alles teilen
mit diesem bösen Bruder, dem meinen.

Das Wünschen, dacht ich, ist fatal,
trotzdem versucht ich es noch einmal.

Ich wünschte mir die Schulzeit her,
kein kleines Kind sein, wollt ich mehr.

Doch das, was mich dort empfing,
war mehr, als auf eine Kuhhaut ging.

Still sitzen, Rechnen, schlechte Noten,
so ziemlich alles war verboten.

Nun wünscht’ ich mir, tagaus, tagein,
nur noch das Erwachsensein.

Nie mehr tun, was andre sagen,
nie mehr um Erlaubnis fragen.

Doch als ich dann erwachsen war,
da schien das Glück gar nicht so nah.

Arbeit, Hausbau und Finanzen,
Kinder, Haushalt, Gartenpflanzen.

Und abermals wurde mir klar,
dass Wunscherfüllung heikel war.

Doch, wer jetzt meint, ich hätt gelernt,
ist von der Wahrheit weit entfernt.

Ich wünsche weiter, auch wenn’s fatal,
versuchen kann ich’s ja noch mal!

Der Melissengeist

Hans und seine Frau Frieda saßen am Küchentisch und ließen sich den Schweinebraten mit Knödeln und Sauerkraut schmecken.

»Ah, war das wieder gut!«, lobte Hans, nachdem er den letzten Bissen hinuntergeschluckt hatte. Er streckte seinen stattlichen Bauch vor und tätschelte ihn liebevoll mit beiden Händen. »Jetzt brauche ich aber erst mal einen Melissengeist«, stöhnte er behaglich.

»Wofür denn das?«, fragte seine Frau misstrauisch.

»Na, wenn du immer so gut kochst, meine Liebe, brauche ich eben ein bisschen Unterstützung bei der Verdauung«, erklärte Hans und zwinkerte seiner Frau lächelnd zu.

»So, so, für die Verdauung. Gestern hast du den Melissengeist gegen Kopfweh genommen, vorgestern gegen Kreuzschmerzen und am Tag davor gegen Husten. Ich bin mal gespannt, was dir morgen einfallen wird«, entgegnete Frieda spitz.

»Mein lieber Schatz«, begann Hans, während er sich schwungvoll eine reichliche Portion Melissengeist in ein Gläschen goss. »Vielleicht ist dir auch schon aufgefallen, dass wir so langsam in die Jahre kommen und das bringt leider auch das eine oder andere Zipperlein mit sich.«

»Ach nein! Und gegen all diese Zipperlein hilft Melissengeist?«, erkundigte sich Frieda.

»Gegen alle vielleicht nicht«, räumte ihr Mann bereitwillig ein, »aber gegen die allermeisten. Schau, hier auf der Packung steht eine lange Liste mit Kräutern, die da alle darin sind: Enzianwurzeln, Nelkenblüten, Pomeranzenschalen, Zimtblüten, Ingwerwurzeln, Angelikawurzeln, und, und, und. Wenn das nicht gegen alles helfen soll …«

»Wie hochinteressant!«, sagte Frieda und rollte die Augen. »Wenn du dich so gut auskennst, dann erkläre mir doch bitte mal, welche Wirkung zum Beispiel Pomeranzenschalen haben.«

Hans atmete geräuschvoll aus. »Woher soll ich denn das wissen, ich bin doch kein Arzt! Aber hier auf der Flasche steht groß und breit: »Natürliche Hilfe für Kopf, Herz, Kreislauf und Verdauung sowie für einen gesunden Schlaf. Traditionell angewendet zur Verbesserung des Allgemeinbefindens.« Da ist doch im Grunde alles enthalten – fürs Allgemeinbefinden eben. Und was die Hauptsache ist: Es hilft! Schau mich an, ich bin dir ein kluger, ausgeglichener, geduldiger und körperlich agiler Ehemann. Ich verstehe wirklich nicht, worüber du dich so aufregst!«

»Das kann ich dir sehr gern verraten, mein kluger, agiler Ehemann«, schnaubte Frieda. »Ich rege mich so auf, weil es ganz offensichtlich nicht die Pomeranzenschalen sind, die es dir angetan haben und auch nicht die Ingwerwurzeln oder die Zimtblüten. Der wahre Grund, weshalb dir der Melissengeist so ans Herz gewachsen ist, sind eindeutig die 50 % Alkohol darin. Ab sofort, mein Lieber, gibt es keinen Tropfen mehr von diesem Zeug und ich versichere dir, du wirst deshalb keinen Deut kränker sein.«

Hans starrte seine Frau verblüfft an und schwieg eine kleine Weile. Aber dann zuckten seine Mundwinkel. »So, so,« murmelte er, »keinen Deut kränker also. Das werden wir ja sehen.«

In der folgenden Nacht stand Hans unzählige Male aus dem Bett auf, wanderte in der Wohnung hin und her, öffnete und schloss geräuschvoll diverse Türen, betätigte 12 Mal die Toilettenspülung und fragte immer wieder seine Frau, ob sie nicht ein Mittel gegen Schlaflosigkeit habe, eines gegen Kopfschmerzen oder wenigstens etwas für seinen wehen Zahn.

Auch am Tag darauf war Hans untröstlich. Er verbrachte die meiste Zeit im Bett, wollte nichts essen und klagte über Magenschmerzen und Übelkeit. Aber Frieda ließ sich von alledem nicht sonderlich beeindrucken. Sie wusste, dass ihr Gatte ein guter Schauspieler war und so schnell würde er seinen Melissengeist ganz sicher nicht zurückbekommen.

Doch Hans gab nicht auf. Auch in der nächsten Nacht gab er keine Ruhe und klagte beflissen weiter, sodass weder er noch Frieda ein Auge zutaten.

Als Frieda am nächsten Morgen erschöpft und übellaunig aus den Federn kroch, jammerte Hans, er könne unmöglich aufstehen. Frieda griff kurzerhand zum Telefon, rief Dr. Koch, den langjährigen Hausarzt, an und bat um einen Hausbesuch. »Ein so schwer Kranker braucht ja zumindest einen Arzt«, brummte sie vor sich hin. »Bin mal neugierig, was er dem erzählen wird.«

Dr. Koch traf kurze Zeit später ein und eilte sogleich in das Schlafzimmer, um den Patienten gründlich zu untersuchen.

Als er die Kammer wieder verließ überreichte er Frieda mit ernster Miene ein Rezept. »Wenn ihr Mann das regelmäßig einnimmt«, versicherte er, »geht es ihm schon bald wieder gut.«

Frieda dankte dem Arzt und brachte ihn zur Tür. Dann betrachtete sie das Rezept und las ungläubig: »3x täglich Melissengeist«.

Liesel und Franz allein daheim

Allein daheim sind heute
die Liesel und der Franz
Die Eltern ausgegangen
beim Steinerwirt zum Tanz.

Die Liesel spricht: »Ei, Franzel,
ich mach Dir eine Freud!
Ich koch Dir was Besondres
zum Abendessen heut!«

Der Bruder jauchzt und jubelt:
»Oh ja, wie wird das fein!
Kochst du Milchreis oder Grießbrei?
Was genau wird es denn sein?«

»Wie wär es denn mit Pudding?
Natürlich den mit Schokolade!«
Die Liesel holt schon mal den Topf
und rückt ihn auf dem Herde gerade.

Dann gießt sie gleich die Milch hinein,
und rührt das Puddingpulver unter,
drückt den Deckel auf den Topf,
springt durch die Küche flink und munter.

»Wie lange muss denn Pudding kochen –
ein Stündchen oder zwei?«
Die Liesel überlegt nicht lang,
wahrscheinlich ist es einerlei.

Die Kinder gehen fröhlich spielen,
mit bunten Murmeln, ganz famos.
Die Zeit vergeht im Fluge,
der Spaß ist riesengroß!

Doch irgendwann fragt Franz die Schwester:
»Was riecht denn da so stark?«
Die Liesel riecht zuerst gar nichts,
doch dann wird’s richtig arg.

Die Kleine läuft geschwind zur Küche,
sieht auf dem Herd den schwarzen Brei.
Was hat die Liesel heut gelernt?
Die Kochzeit ist wohl doch nicht einerlei!

Lottis Geburtstag

Lotti blinzelte zweimal und sprang gleich darauf schwungvoll aus dem Bett. Sie war so gar nicht wie ihre Eltern, die sich morgens noch einige Male stöhnend umdrehten und wieder einschliefen, um sich dann Stunden später unter ausgiebigem Gähnen endlich in die Küche zu schleppen und den Frühstückstisch herzurichten. Wenn Lottis Lebensgeister einmal erwacht waren, gab es kein Halten mehr. Besonders heute, an ihrem 6. Geburtstag. Es würde ein traumhafter Tag werden. Sie hatte nämlich gut vorgesorgt und sich eine große Erdbeertorte gewünscht, Bücher, ein Pferd, eine Schwester, einen Fotoapparat, eine rosa Kuscheldecke mit Froschkönigen darauf, einen Hund und ein Fahrrad.

Lotti stürmte in das Schlafzimmer ihrer Eltern, sprang auf das große Bett und rief übermütig »Lotti hat heut Geburtstag, Geburtstag, Geburtstag!«

»Himmel hilf!«, entfuhr es ihrer Mutter noch mit geschlossenen Augen. »Die Nacht kann doch unmöglich schon vorbei sein!«

»Ist sie auch nicht«, brummte ihr Mann. »Es ist nur ein Gespenst, das uns wach hält.«

»Jaaaa!«, schrie Lotti und warf sich auf die Federdecke ihres Vaters. »Und das Gespenst hat heute Geburtstag, Geburtstag, Geburtstag und da gibt’s Geschenke, Geschenke, Geschenke!«

»Aber nur brave Gespenster bekommen Geschenke!«, gähnte ihr Vater. »Und vor allem nur solche, die morgens ihre Eltern nicht wecken!« Dabei kitzelte er Lotti, bis sie um Hilfe schrie.

Da an Schlaf nun ohnehin nicht mehr zu denken war, kroch Mama aus dem Bett und ging in die Küche. Wenige Minuten später kam sie mit einer riesigen Erdbeertorte zurück und sang »Zum Geburtstag viel Glück …« Auch Papa stimmte mit ein, während Lotti freudig strahlend die Kerzen auspustete. Mama warf ihrem Mann eine Tüte mit Luftballons zu, die er nacheinander aufblies, bis Lotti in einem Meer aus bunten Ballons umhersprang.

Nach dem Frühstück wurde Lotti allerdings ungeduldig, klatschte auffordernd in die Hände und rief: »Jetzt bekomme ich mein Fahrrad, mein Pferd und meine Schwester!«

Ihr Vater sah sie ernst an: »Weißt du was, junge Dame, als allererstes bekommst du mal eine ganz große Portion Bescheidenheit.«

»Was ist Bescheid …, Bescheid …heit, Papa?«, erkundigte sich Lotti.

»Na ja, das was du bist, nennt man gierig, Fräulein Prinzessin«, erklärte der Vater. »Und bescheidene Mädchen sind solche, die sich nicht viel wünschen und sich auch über kleine Geschenke freuen.«

»Ach, nein danke, Papa, dann bleib ich doch lieber eine gierige Prinzessin.«

»Außerdem«, schaltete sich jetzt Mama ein, »bekommt man ein Schwesterchen nicht einfach zum Geburtstag.«

»Wann denn dann?«, fragte Lotti erstaunt.

Die Mutter warf ihrem Mann einen verlegenen Blick zu und holte tief Luft. »Also, das kommt mehr so … plötzlich, unerwartet, nicht auf Bestellung.«

»Ja, aber woher soll der Storch denn dann wissen, dass wir eines wollen?«, hakte die Kleine nach.

»Ach, Lotti, das ist alles ein bisschen komplizierter. Vielleicht solltest du erst mal deine Geschenke auspacken.« Mama sprang auf und nahm ihre Tochter an die Hand. »Schau mal ins Wohnzimmer!«

Und wirklich fand die kleine Prinzessin Lotti dort ein violettes Fahrrad mit einer großen roten Schleife darum, Bücher, Spiele und sogar eine rosa Decke mit Froschkönigen darauf. Lotti war fürs Erste zufrieden. Sie wickelte sich in die neue Decke und untersuchte gründlich alle anderen Geschenke.

Am Nachmittag war Oma Lena zum Kaffeetrinken eingeladen. Und auch wenn Lotti nicht mehr wagte, es laut auszusprechen, hoffte sie insgeheim, dass die Oma das ersehnte Schwesterchen mitbringen würde.

Obwohl Lotto viel zu aufgeregt war, um mittags zu schlafen, verhielt sie sich ganz still. Vielleicht half es ja, wenn sie wenigstens jetzt still und bescheiden war?

Endlich stand Oma Lena vor der Tür und hatte tatsächlich einen großen Korb in der Hand.

»Ein Baby!«, schrie Lotti aus voller Brust und lief ihrer Großmutter in den freien Arm. Aber was da aus dem Körbchen herausschaute war gar kein Baby. Naja, ein Baby im Grunde schon, aber kein menschliches, sondern ein schneeweißes, kuscheliges Hundebaby. Fast sah es aus wie ein Eisbärenjunges.

»Der ist für dich, mein Schatz. Alles Liebe zum Geburtstag!« Oma Lena drückte ihre Enkelin fest an sich und küsste ihr die Stirn.

Lotti streichelte den Welpen sanft und mache nur ganz leise Töne, weil sie den kleinen Hund nicht erschrecken wollte.

Später, als alle bei Kaffee und Erdbeertorte zusammensaßen, schlief das Hundebaby friedlich auf Lottis Schoß. Plötzlich blitzten ihre kleinen Augen und sie erklärte strahlend: »Mama, wenn ich ihn ordentlich abrichte, bringt er mir bestimmt auch ein Schwesterchen!«

Die gelbe Bluse

Ich habe eine gelbe Bluse, mit kleinen Elefanten drauf, die ist nach 28 Jahren genauso schön noch wie beim Kauf.

Im Urlaub an der Ostsee, hat sie mein Herz gewonnen, am goldnen Timmendorfer Strand hat unsre Lieb begonnen.

Ich trug sie gerne beim Flanieren, zum Frühstück und zum Abendbrot.

Von ihr wollt ich mich niemals trennen, gab es auch andere im Angebot.

Die Bluse war nicht neueste Mode, nicht aus Seide, nicht aus Brokat.

Und doch hab ich sie so geliebt als wär’s der kostbar feinste Staat.

Dem Karl, dem war sie viel zu gelb, dem Hans nicht gelb genug.

So vergingen Tage, Jahre – die meisten davon wie im Flug.

Und mit den Jahren wuchs die Fülle, die Taille und der Hüftumfang.

Die Bluse wurde immer enger, selbst wenn das Knöpfe schließen noch gelang.

Doch irgendwann, da kam der Tag, ich mag es kaum berichten,

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842684997
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (November)
Schlagworte
Alltagsbegleiter Altenpflege Ambulante Pflege Angehörige Betreuer Demente Menschen Soziale Betreuung

Autor

  • Susann Winkler (Autor:in)

Susann Winkler ist Diplom-Heilpädagogin und arbeitet im Bereich Soziale Betreuung in der Seniorenarbeit.
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Titel: Bitte 3x täglich lachen