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Praktische Dermatologie bei Hund und Katze

Klinik - Diagnose - Therapie. Ins Deutsche übertragen und bearbeitet von Astrid Thelen, Maurizio Colcuc, Regina Wagner

von Chiara Noli (Autor:in) Fabia Scarampella (Autor:in) Stefano Toma (Autor:in)
472 Seiten

Zusammenfassung

Komplett überarbeitet und erweitert präsentiert sich die Neuauflage dieses Klassikers zur Kleintier-Dermatologie.
Hauterkrankungen werden in der Kleintierpraxis besonders häufig vorgestellt. Sie zählen zu den größten Herausforderungen. Darauf geht das einzigartige Konzept dieses Buches ein. Die Autoren präsentieren neben Klinik und Diagnostik als weiteren Schwerpunkt die aktuellen Therapieoptionen bei Hauterkrankungen in sehr detaillierter Form. Ausführlich sind aktuelle Medikamente und Therapieprotokolle dargestellt.
Die bewährte Einteilung des Buches in drei große Abschnitte wurde beibehalten und ermöglicht ein schnelles Zurechtfinden. Der erste Abschnitt vermittelt die Grundlagen der Dermatologie, den dermatologischen Untersuchungsgang sowie die Probengewinnung und -untersuchung. Der zweite Abschnitt, die Diskussion von Leitsymptomen, ist eine praxisorientierte Anleitung für die klinische Diagnostik. Der dritte Teil beschreibt die dermatologischen Erkrankungen nach Ätiologie, Pathogenese, klinischer Symptomatik und Therapie.
688 hervorragende Farbfotos und Zeichnungen sowie zahlreiche Algorithmen, Tabellen und Merkkästen veranschaulichen die klinische Symptomatik. Sie erleichtern die Wahl der weiterführenden diagnostischen Maßnahmen und die Therapie.
Ideal für Einsteiger in die Dermatologie und für erfahrene Kleintierdermatologen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Autoren

Chiara Noli DVM, Dip ECVD
Via Vocaturo 13
Peveragno, Italien

Fabia Scarampella DVM, Dip ECVD
Studio Dermatologico Veterinario
Mailand, Italien

Stefano Toma (†) DVM
Department of Small Animal Clinical Sciences
College of Veterinary Medicine, University of Florida
Florida, USA

Davide De Lorenzi DVM, PhD, Dip ECVCP
Clinica Veterinaria San Marco
Padua, Italien

Giovanni Ghibaudo DVM
Via A. de Gabrielli 19
Fano, Italien

Ivan Fileccia DVM
Clinica Veterinaria Preneste
Rom, Italien

Vorwort zur 3. deutschen Auflage

Mit Freude habe ich die Übersetzung der aktuellen Auflage des vorliegenden Fachbuches übernommen. Seit vielen Jahren gehören die italienischen Dermatologen, insbesondere Chiara Noli, zu den aktivsten, innovativsten und auch kritischsten Kollegen in diesem Fachbereich.

Bereits in der ersten Auflage konnte der Praktiker ein umfassendes und praxisnahes Nachschlagewerk für unkomplizierte, aber bisweilen auch sehr komplexe dermatologische Fälle vorfinden. Die aktualisierte Fassung wurde u. a. in denjenigen Bereichen umfangreich überarbeitet, in denen uns kontinuierlich neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, wie z. B. allergische und autoimmun-bedingte Erkrankungen. Weiterhin wurde die vorliegende Auflage durch zahlreiche neue Abbildungen und ergänzende Kapitel vervollständigt. Sie wird damit sowohl für dermatologisch interessierte Kollegen als auch für Allgemeinpraktiker ein hilfreiches Nachschlagewerk in der täglichen Praxis darstellen.

Bonn, September 2013
Astrid Thelen

Vorwort zur 1. deutschen Auflage

Die steigende Zahl an Neuveröffentlichungen dokumentiert mehr als ausreichend, dass die Veterinärdermatologie unter den klinischen Fächern zu einer der innovativsten und produktivsten Disziplinen herangewachsen ist.

Mit dem vorliegenden Buch ist den beiden italienischen Autorinnen Chiara Noli und Fabia Scarampella ein beachtliches Opus gelungen. Eine detailreiche Übersicht der Untersuchungstechniken ermöglicht eine rasche Einarbeitung und Aneignung dermatologischer Handfertigkeiten. In den ersten beiden Abschnitten des Buches ermöglichen kurze kompakte Kapitel zu den Grundlagen der Dermatologie und zu den wichtigsten dermatologischen Leitsymptomen ein rasches Nachschlagen auch unter zeitknappen Praxisbedingungen. Ausführliche Darstellungen praxisrelevanter Fakten im dritten Teil erlauben es, auch Grundlegendes zu den einzelnen Krankheiten zu erfahren. Als Beispiel sei hier das Kapitel über die durch Protozoen hervorgerufenen Erkrankungen genannt. Die gelungene Darstellung der Leishmaniose in Zeiten einer wachsenden Bedeutung der Reisekrankheiten sucht im deutschen Sprachraum seinesgleichen.

Neben Klinik und Diagnose kommt bei Chiara Noli und Fabia Scarampella auch die Therapie nicht zu kurz. Möglichkeiten und Alternativen in der Therapie werden von den beiden Autorinnen ausführlich besprochen.

Wien, November 2003
Maurizio Colcuc
Regina Wagner

Vorwort zur 2. italienischen Auflage

Nach dem Erscheinen der ersten Auflage des Buches „Praktische Dermatologie bei Hund und Katze“ vor fast zehn Jahren freuen wir uns, die neue, überarbeitete und erweiterte Version vorzustellen. Die vorausgegangene Auflage, die als erster Band einer Reihe von Fachbüchern von Tierärzten für Tierärzte erschienen ist, war ein großer Erfolg. Aus diesem Grund war unser Ziel bei der Überarbeitung die Vervollständigung und Integration der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten zehn Jahre.

Die neue Auflage ist umfangreicher und umfasst einige neue Kapitel mit entsprechend mehr Bildmaterial. Dazu gehören ein Kapitel zur Zytologie (in Zusammenarbeit mit dem Zytologen Davide De Lorenzi), eines über Digitalfotografie von Ivan Fileccia und drei weitere Kapitel über dermatologische Erkrankungen (mit Beteiligung der Maulhöhle, des Skrotums und über Zoonosen).

Einige Kapitel wurden relativ unverändert übernommen, andere hingegen völlig überarbeitet und durch unveröffentlichte Fotos ergänzt. Wieder andere wurden vervollständigt, z. B. das Kapitel über Hautbiopsien, das um einen Abschnitt zur Histopathologie erweitert wurde, um den Dialog zwischen Klinikern und Pathologen sowie die Interpretation der histopathologischen Befunde zu verbessern. Der aufmerksame Leser wird bemerken, dass einige Erkrankungen anders klassifiziert worden sind. Die eosinophilen Dermatitiden der Katze wurden z. B. vom Kapitel über idiopathische Erkrankungen in das über allergische Erkrankungen verschoben. Andere, seltene Pathologien wurden gestrichen, um häufigere oder immer häufiger auftretende Erkrankungen ausführlicher beschreiben zu können.

Wie in der ersten Auflage liefern die ersten Kapitel (Kapitel 17) eine Einführung und Informationen über den klinischen Untersuchungsgang sowie dermatologische Zusatzuntersuchungen; im zweiten Teil des Buches (Kapitel 829) wird das klinische Vorgehen bei spezifischen Leitsymptomen erörtert; im dritten Teil (Kapitel 3044) wird ausführlich auf die einzelnen dermatologischen Erkrankungen nach ätiologischen Gesichtspunkten eingegangen. In diesem dritten Teil haben wir versucht, die wichtigsten Informationen über Ätiologie und Pathogenese der einzelnen Erkrankungen, eine detaillierte Beschreibung der klinischen Symptome, eine Anleitung zum klinischen Vorgehen sowie praktische und aktuelle Therapiemaßnahmen zu erstellen.

Die Autoren danken den Kollegen, die uns bei den Kapiteln fünf und sieben unterstützt haben: Davide De Lorenzi und Ivan Fileccia; ebenso danken wir den Kollegen, die uns Fotografien und hilfreiche Informationen zur Verfügung gestellt haben: Francesco Albanese, Chiara Caporali, Giovanni Ghibaudo, Federico Leone, Ivan Fileccia, Ersilia Pappalardo und Antonella Vercelli. Wir danken auch dem Verlagshaus Poletto, deren Mitarbeiter erneut unser Projekt unterstütz haben.

Peveragno-Gainsville, März 2011
Chiara Noli
Stefano Toma

Danksagung

In der Hoffnung, dass dieses Werk dazu beiträgt, die Lebensqualität vieler anderer Hunde und Katzen zu verbessern, widme ich dieses Buch meinem ersten Hund Shibè, der kurioserweise aufgrund einer unheilbaren dermatologischen Erkrankung verstarb. (CN)

Mein Dank gilt meinen Lehrern und Studenten für all das, was sie mir beigebracht haben. (ST)

1 Ökosystem Haut: Aufbau und Funktion

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Abb. 1.1a
Schichtung der Epidermis.
1 – Basalmembran; 2 – Basalschicht; 3 – Stachelzellschicht; 4 – Körnerschicht; 5 – Hornschicht.

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Abb. 1.1b
Histologischer Schnitt der normalen behaarten Haut einer Katze. Dünne Epidermis, bestehend aus zwei bis drei Lagen von Zellen und lamellarer Hornschicht (Hämatoxylin-Eosin, 10x).

1.1 Aufbau der Haut

Die Haut setzt sich aus Epidermis, Dermis, Subkutis und Hautanhangsorganen zusammen.

1.1.1 Epidermis und Basalmembran

Die Epidermis besteht aus mehrschichtigen Lagen von Epithelzellen, die Keratinozyten genannt werden. In den behaarten Bereichen (Abb. 1.1a, Abb. 1.1b) findet man eine zahlenmäßig geringere Schichtung als in haarlosen Stellen (Ballen, Nasenspiegel) (Abb. 1.2). Die Keratinozyten sind in der Basalmembran verankert. Ihre Entwicklung und Differenzierung verläuft von der Tiefe der Basalmembran zur Hautoberfläche vom Stratum basale, über das Stratum spinosum zum Stratum granulosum und Stratum corneum (Abb. 1.1b). Während der Proliferation und Migration zur Hautoberfläche durchlaufen die Keratinozyten einen Reifeprozess. Dabei verlieren sie ihren Kern und wandeln sich allmählich in starre Hornschuppen um. Ihr Hauptbaustoff ist das Keratin (Korneozyten). Intrazelluläre Lipide gewährleisten ein starkes Haften der Korneozyten aneinander und an den tiefer liegenden Zellen. Gemeinsam bilden sie den Keratinschutzmantel, welcher wasserfest und für die meisten pathogenen Mikroorganismen undurchdringbar ist. Außerdem befindet sich auf dem Stratum corneum eine Emulsion, die sich aus Sebum und Schweiß zusammensetzt. Dort findet man etliche spezifische (wie z. B. die Immunoglobuline) und unspezifische (wie z. B. das Transferrin) Faktoren. Wenn diese empfindliche hydrolipide Schicht verletzt wird, wie bei der Sebadenitis oder durch wiederholtes Baden mit aggressiven und entfettenden Shampoos, kann dies zu bakteriellen Infektionen und Seborrhoe führen.

Die Epidermis ist auf der Membrana basalis verankert. Diese komplexe Schicht setzt sich aus unterschiedlichen Molekülen zusammen. Sie gewährleistet die Verbindung mit der tiefer liegenden Dermis. Zwischen Epidermis und Dermis gelegen ist sie Filter für die aus dem Kapillarsystem der Dermis stammenden nutritiven Substanzen, da die Epidermis selbst nicht vaskularisiert ist. Sie ist aber auch eine wichtige Hürde für Mikroorganismen und Makromoleküle, welche die Epidermis überwunden haben und sich auf dem Weg zur Dermis befinden.

Zwischen den Keratinozyten an der Membrana basalis findet man Melanozyten. Diese schieben ihre zytoplasmatischen Fortsätze (Dendriten) zwischen die Keratinozyten (Abb. 1.3a). Die Melanozyten entstammen der Neuralleiste; ihre Aufgabe ist die Produktion von Melanin. Man kennt zwei Arten von Pigment: das schwarze oder braune Eumelanin und das rote Pheomelanin. Es wird in Form von Granula sogenannter Melanosomen hergestellt und über die dendritischen Enden an die umliegenden Keratinozyten abgegeben. Ein Melanozyt ist so imstande, bis zu 36 umliegende Keratinozyten mit Melanin zu versorgen (Abb. 1.3b). Verteilung und Art des Pigmentes sind genetisch vorherbestimmt. Hauptaufgabe des Melanins ist der Schutz der Epidermis und der tiefer liegenden Gewebe vor den schädlichen Auswirkungen der ultravioletten Sonneneinstrahlung. Die Melaninbildung wird durch Sonneneinwirkung gesteigert.

1.1.2 Dermis

Die Dermis enthält kollagene und elastische Fasern, die sie produzierenden Fibrozyten und eine mukopolysaccharide Grundsubstanz. Darin betten sich Fasern, Adnexe, Blutgefäße und Nerven ein. In der oberflächlichen Dermis sind diese Strukturen in einer lockereren Anordnung vertreten, in der tiefen Dermis sind sie dichter gepackt. Ihre Zugfestigkeit schützt vor Risswunden. Die elastischen Fasern kann man im histologischen Präparat nur mittels Spezialfärbungen sichtbar machen. Sie erlauben der Haut nach Zug oder Bewegung eine Rückkehr in ihre ursprüngliche Lage. Diese Eigenschaft gewinnt an Bedeutung in der Umgebung von Gelenken und Knochenvorsprüngen. Die Grundsubstanz ist sowohl Puffer als auch Speicher von Wasser und Elektrolyten (sie kann Wasser bis zu einem Vielfachen ihres Eigengewichtes einlagern). Sie gewährleistet außerdem eine große Bewegungsfreiheit für Fibrozyten, Entzündungszellen u. a.

Die Blutversorgung der Haut wird durch drei Plexus gewährleistet (Abb. 1.4): Das oberflächliche Netz nährt die Epidermis, das mittlere den Haarfollikelisthmus sowie die Talgdrüsen und das tiefe die Haarpapillen sowie die Schweißdrüsen. Beinahe parallel erfolgt die nervale Versorgung der Haut. Eine ganze Reihe von Organen ermöglicht im Zusammenspiel mit dem Nervengewebe die Wahrnehmung von Schmerz, Juckreiz, Tastgefühl, Druck und Berührung. Zu diesen Organen zählen u. a. die Tasthaare (Vibrissae) (Abb. 1.5), die Vater-Pacini-La-mellenkörperchen (diese Mechanorezeptoren findet man vor allem in den Ballen) (Abb. 1.6), freie Nervenenden in der Epidermis (Schmerz und Juckreiz) und die Merkelschen Zellen (Druckempfindung). An den verschiedenen Körperstellen findet man je nach Tierart unterschiedliche dieser Organe.

Schließlich befindet sich in der Dermis auch die Haarbalgmuskulatur, die distal des Isthmus am Haarbalg verankert ist. Durch die Kontraktion der Muskulatur werden die Haare aufgerichtet.

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Abb. 1.5
Histologischer Schnitt eines Tasthaares (Vibrissae). Der Haarfollikel ist breiter als normale Follikel. Er steckt in einem Blutsinus, der von einem reichen Nervengeflecht umgeben ist (Hämatoxylin-Eosin, 4x).

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Abb. 1.6
Histologischer Schnitt durch ein Vater-Pacinisches Lamellenkörperchen einer Katze. Lamellare Struktur, die in der Tiefe zwischen den Haarfollikeln liegt (Periodsäure-Schiff, 4x).

1.1.3 Hautadnexe

In der Haut eingebettet sind:

Haarbalg (Haarfollikel)

Krallen

Talgdrüsen

Schweißdrüsen

Haarfollikel und Haare

Haarbälge sind Invaginationen des epidermalen Gewebes: Dort entstehen Haare, die durch den Follikel gestützt werden (Abb. 1.7). Der Haarbalgtrichter (Infundibulum) als oberflächlichster Teil entspricht in seinem Aufbau der Epidermis. In den mittleren Teil, den Haarbalghals, münden Schweiß- und Talgdrüsen und der Musculus arrector pili findet dort seine Verankerung. Der Haarbalggrundauch Bulbus oder Wurzel genannt, setzt sich aus Matrix-Epithelzellen und Melanozyten zusammen. Sie sind jeweils für Produktion und Pigmentierung des Haares verantwortlich. In seinem proximalen Teil umgeben innere und äußere Wurzelscheide den neu gebildeten Haarschaft. Die innere Wurzelscheide keratinisiert und löst sich ab dem Isthmus auf. Ab hier ist der Schaft schon starr genug und bedarf nicht mehr dieser Stütze. Die äußere Wurzelscheide folgt dem Haarschaft bis zum Ostium des Balges, wo sie mit der Epidermis der Hautoberfläche in Verbindung tritt.

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Abb. 1.8
Zusammengesetzter Haarfollikel.
1 – Deckhaar; 2 – Wollhaar; 3 – Epidermis; 4 – Haarbalgmuskel; 5 – Talgdrüse; 6 – Wurzeln der Sekundärhaare; 7 – Wurzel des Primärhaares; 8 – apokrine Drüse.

Bei erwachsenen Hunden und Katzen sind die Haarbälge in Gruppen angeordnet. Aus einem Haarbalgtrichter entspringen büschelförmig mehrere Haare (Abb. 1.8). Jedes besitzt eine eigene Wurzel. Unter den Haaren desselben Haarbündels erkennt man ein im Allgemeinen deutlich dickeres und gerades Leithaar (Primärhaar). Es besitzt eine Talg- und eine Schweißdrüse. Die Primärhaare bilden zusammen das Deckfell, schützen vor Regen und bestimmen sein Aussehen (Farbe, Länge). Die anderen Haare des Büschels, Sekundär- oder Wollhaare genannt, sind gewöhnlich dünner. Jedoch können Wollhaare im Durchmesser erhebliche Varianten aufweisen, von kaum dünner als ein Deckhaar bis sehr dünn. Wollhaare haben mit seltenen Ausnahmen keine Talg- und Schweißdrüsen. Sie bilden das schützende und isolierende Unterfell. Durch ihre oftmals vorhandene gewellte Form kommt es zur Ausbildung von kleinen Luftpolstern. Auch im Haarmark findet man Luft.

Die Wurzeln von Haaren, die sich in der Wachstumsphase befinden, werden von kernhaltigen Keratinozyten gebildet. Diese sich vermehrenden Matrixzellen bauen den Haarschaft auf. Im Haar sieht man in der Mitte das Haarmark. Beim Leithaar findet man dort Glykogenvakuolen, im Wollhaar hingegen Luft. Auf das Mark folgt als nächste Schicht die Haarrinde. Sie produziert ein sehr starres Keratin, das dem Haar Widerstandskraft verleiht. Außen überzieht ein sehr dünnes Haaroberhäutchen das Haar (Abb. 1.9a, Abb. 1.9b).

Haarzyklus

Haare wachsen in der sogenannten anagenen Phase. Die Wurzel ist rundlich und pigmentiert. Sie enthält zahlreiche aktiv produzierende Matrixzellen (Abb. 1.10a, Abb. 1.10b). In der Wachstumsphase umgibt die Wurzel fingerhutartig die Dermalpapille. Diese ist mesenchymalen Ursprungs und reich an Blutgefäßen, welche die Matrixzellen mit Nährstoffen versorgen. Nachdem das Haar seine Länge erreicht hat und das Wachstum eingestellt wird, beobachtet man eine Loslösung der Wurzel von der Papille. Die Wurzel verliert ihre Pigmentierung und nimmt eine lanzettartige Form an (Abb. 1.11a, Abb. 1.11b). Ein amorphes Keratin, das trichilemmale Keratin, verankert in der telogenen Phase das Haar im Haarbalg. Es kann viele Monate bis zum Beginn des nächsten vegetativen Zyklus in Ruhe verharren. Dann beobachtet man, dass sich um die Dermalpapille eine neue Wurzel anordnet und diese mit der Herstellung eines neuen Haares beginnt. Das Wachstum des neuen bedingt das Abstoßen des alten Haares (Abb. 1.12a, Abb. 1.12b).

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Abb. 1.10a
Die Matrix umgibt die Dermalpapille, das Haar ist deutlich pigmentiert und in der Wachstumsphase.

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Abb. 1.10b
Histologischer Schnitt eines Haares in Anagenphase. Die Ummantelung der Dermalpapille durch die pigmentierte Haarmatrix ist klar ersichtlich.

Drüsen

In der Kutis sind Talg- sowie apokrine und ekkrine Schweißdrüsen eingebettet. Die ersten beiden Drüsen entleeren ihre Sekrete in den Haarbalgtrichter (Abb. 1.13a), während Letztere in haarlosen Körperregionen unmittelbar an der Hautoberfläche münden (Ballen). Talgdrüsen (Abb. 1.13b) sind holokrine Drüsen. Die Zellen der Drüsen füllen sich mit Sebum und lösen sich im Zuge der Sekretion auf. Sie produzieren ein fettiges Sekret, welches das Fell geschmeidig hält und den oberflächlichen Schutzfilm der Haut bildet. Apokrine Drüsen (Abb. 1.14) produzieren ein wässriges Sekret, in welchem man Abwehrfaktoren wie z. B. Antikörper findet. Dieses Sekret vermengt sich zu einer Emulsion mit dem Sebum und bildet den hydrolipiden Film der Hautoberfläche. Die ekkrinen Drüsen, die den Schweißdrüsen des Menschen ähneln, bilden ein wässriges Sekret. Es benetzt die haarlose Haut und verleiht den Ballen Griffigkeit auf glatten Oberflächen.

Es gibt weitere Drüsen mit besonderen Aufgaben, die man als modifizierte Talg- und Schweißdrüsen bezeichnet. Zu den Ersteren zählt man die Zirkumanaldrüsen, das dorsale Schwanzorgan, die Meibomschen Drüsen der Lider sowie die Zirkumoraldrüsen der Katze. Modifizierte Schweißdrüsen findet man in der Milchleiste, bei den Ohrschmalzdrüsen und in jenen Drüsen, die in die Analbeutel münden.

1.2 Funktionen der Haut

Die Haut ist das Organ mit der größten Ausdehnung, sie bildet die Außenverkleidung des Organismus. Ihre Aufgaben sind vielfältig und allesamt wichtig für die Homöostase und für das Überleben des Organismus.

1.2.1 Schutz

Die Haut und ihre Anhangsorgane bilden die erste starke Abwehrfront gegen Erreger, die dem Organismus fremd sind. Das Fell und das kompakte Stratum corneum sind von einem wasserundurchlässigen Lipidfilm überzogen; des Weiteren filtern sie dank Melaninpigment und Keratin die ultraviolette Strahlung, sodass für das darunter liegende Gewebe Schaden abgewendet werden kann. Wimpern schirmen z. B. die Augen vor Sonnenstrahlen und Wind ab. Die widerstandsfähige Hornschicht und die kollagenen und elastischen Fasern schützen die Kutis vor Risswunden durch Zug oder Prellungen. Für den Fall von Verwundungen zeichnet sich die Haut durch rasche Wundheilungsfähigkeiten aus. Abhängig von der Schwere der Verletzung kommt es teilweise innerhalb von nur wenigen Tagen zu einer Wiederherstellung der intakten Hautoberfläche.

Epidermis und Dermis sind für Moleküle (insbesondere für wasserlösliche) und Mikroorganismen schwer zu durchdringen. Für den Fall einer Penetration kann dank des Hautimmunsystems und seiner unspezifischen und spezifischen Abwehrreaktionen einer Infektion entgegentreten werden. Das sogenannte SIS (Skin Immune System) (Abb. 1.15) ist einer der effizientesten Teile des Immunsystems und umfasst:

Langerhans-Zellen. Es handelt sich dabei um dendritische Zellen in der Epidermis. Sie sind befähigt, Fremdmoleküle abzufangen (z. B. Allergene) und diese den Lymphozyten zu präsentieren, damit jene eine spezifische Immunantwort auslösen können.

Lymphozyten. Einige sind in der Epidermis lokalisiert, andere in der Dermis. Viele sind Gedächtniszellen, die bei entsprechender Stimulation imstande sind, rasch eine Immunreaktion auszulösen.

Mastzellen. Man findet sie in der Nähe von Blutgefäßen. Bei Degranulation setzen sie Entzündungsmediatoren frei. Sie bewirken Vasodilatation, Ödembildung und zelluläre Diapedese der zirkulierenden Lymphozyten.

Endothelzellen. Sie binden zirkulierende Leukozyten und leiten sie in Richtung Entzündungsherd.

1.2.2 Thermoregulation

Fell und subkutanes Fettgewebe tragen zusammen mit einer reichen dermalen Vaskularisierung wesentlich zur Konstanterhaltung der Körpertemperatur bei. Durch das Sträuben der Haare wird das wärmeisolierende Luftkissen vergrößert. Die periphere Gefäßerweiterung bzw. -verengung steuert die Wärmeabgabe durch Strahlung. Hund und Katze sind nicht in der Lage, ihre Schweißdrüsen zur Wärmesteuerung zu verwenden. Katzen können durch das Benetzen des Fells mit Speichel eine Körperabkühlung bewirken.

1.2.3 Speicher

In der Kutis und Subkutis werden Wasser und Elektrolyte in den Mukopolysacchariden der Dermis gespeichert, Fette und Vitamine sammeln sich im subkutanen Fettgewebe.

1.2.4 Produktion

Beim Menschen erfolgt durch die Einwirkung von ultravioletter Strahlung eine Vitamin-D-Produktion in der Haut. Anders verhält es sich beim Hund, da hier die Haut mit Fell überzogen ist. Bei allen Säugetieren findet in der Haut und in ihren Anhängen eine periphere Aromatisierung von östrogenen und androgenen Hormonen statt. Dabei können Hormone einer Gruppe in eine andere umgewandelt werden. Dies macht eine Beurteilung der Wirkung von Sexualhormonen, die exogen zugeführt werden, schwierig. Zurzeit kennt man weder den peripheren Metabolismus von Sexualhormonen genau noch die Endprodukte, die rezeptorwirksam sind.

Auch Hautanhangsgebilde wie Haare und Krallen sowie Drüsensekrete wie Talg und Schweiß sind Erzeugnisse, die von der Haut produziert werden.

1.2.5 Kognitive und soziale Aufgaben

Viele kognitive Empfindungen wie Schmerz, Juckreiz, Wärme, Kälte, Druck und Berührung werden über die Haut wahrgenommen.

Die Pigmentierung des Fells stand ursprünglich im Dienste der Tarnung; die Farben graubraun, die Wildfärbung und die Streifung trugen dazu bei, Räuber und Beute wenig sichtbar zu machen. Die Zucht verschiedener Rassen durch den Menschen hat sich oft auf das Aussehen des Fells und auf die Pigmentierung von Haut und Adnexen fokussiert. Dadurch sind Farbschläge und Scheckung entstanden, die in der Natur unbekannt sind.

Das Sträuben der Haare erlaubt eine Vergrößerung des Körperprofils, um in der Gefahr einen Aggressor abzuschrecken. Mit dem Sekret der Anal- und der Zirkumanaldrüsen wird das Territorium markiert. Bei den Katzen nehmen auch die Zirkumoraldrüsen diese Aufgabe wahr. Drüsensekrete ermöglichen das Wiedererkennen von Individuen. Andere Drüsen wie die hepatoiden Drüsen im Perineum und das Suprakaudalorgan stehen unter dem Einfluss der Sexualhormone und es ist wahrscheinlich, dass sie bei den wild lebenden Ahnen von Hund und Katze eine Bedeutung bei der Paarung hatten.

1.3 Mikroflora der Haut

Das Ökosystem Haut, d. h. das Mikroklima, das man auf der Oberfläche vorfindet, wird von biologischen, chemischen und physikalischen Faktoren sowie dem Verhältnis zueinander bestimmt. Zu den physikalischen und chemischen Faktoren zählt man den pH-Wert, das Wasser, Mineralsalze sowie spezifische und unspezifische Abwehrfaktoren im Sebum und im Schweiß. Zu den Mikroorganismen zählt man Bakterien, Hefen und Parasiten. Im Allgemeinen findet man zwischen »Gastgeber« und Mikroflora der Hautoberfläche stabile Verhältnisse. Diese stabilen Relationen tragen dazu bei, dass eine Besiedelung der Haut durch pathogene Mikroorganismen erschwert wird.

Bei der Isolierung von Bakterien der Hautoberfläche findet man meist aerobe Kokken und andere grampositive Mikroorganismen. Staphylokokken nehmen in diesem Spektrum eine dominante Stellung ein. Bei dauerhafter Besiedelung spricht man von Kommensalen. Sie absolvieren ihren gesamten Lebenszyklus auf der Kutis, sie beziehen Nährstoffe und halten die Besiedelung pathogener Bakterien dank der Herstellung von toxischen Metaboliten, Enzymen, Bakteriziden und Antibiotika fern. Opportunistische (wie Staphylococcus intermedius) oder pathogene Keime können nur schwer Fuß fassen und Infektionen hervorrufen. Beim Hund gelten Keime wie Micrococcus spp., koagulasenegative Staphylokokken wie St. epidermidis und St. xylosus (und viele andere) und alpha-hämolysierende Streptokokken, Acinetobacter spp., Propionibacterium spp. und Clostridium spp. als normale Hautflora. Bei der Katze findet man: Micrococcus spp., koagulasenegative Staphylokokken (hier ist St. simulans vorherrschend), alpha-hämolysierende Streptokokken und Acinetobacter spp. Die normale Hautflora ist im Allgemeinen nicht pathogen, manchmal jedoch kann sie sich pathogen verhalten. Eine Durchgangsflora kann nur fallweise von der Haut isoliert werden. Sie lebt hier nicht dauerhaft und vollbringt hier nicht ihren Lebenszyklus. Beim Hund findet man hier Escherichia coli, Proteus mirabilis, Corynebacterium spp., Bacillus spp. und Pseudomonas spp.; bei der Katze wurden alpha-hämolysierende Streptokokken, E. coli, P. mirabilis, Pseudomonas spp., Alcaligenes spp., Bacillus spp. und Staphylokokken angezüchtet. Wenn die Umweltbedingungen geeignet sind, wie z. B. in heißen und feuchten Gegenden, sowie nach Unterdrückung der Mikroflora, können diese Bakterien pathogen werden. Staphylococcus intermedius ist hauptverantwortlich für die meisten bakteriellen Hautentzündungen beim Hund. Der Erreger ist wahrscheinlich ein Bewohner der Schleimhäute und nicht der Haut. Außerdem wurde er aus den Haarbälgen und den Talgdrüsen gesunder Hunde isoliert, sodass man Haare und Schleimhäute als das große Reservoir dieser Mikroorganismen bei an Pyodermien erkrankten Hunden ansehen kann. Da bei der Fellpflege Haare abgeleckt werden, ist es denkbar, dass ihre Keimpopulation in Wahrheit von den Schleimhäuten stammt.

Malassezia pachydermatis ist eine Hefe. Sie lebt als Kommensale im Ohr, am Kinn, an der Unterlippe, im Zwischenzehenbereich, am und rund um den Anus und in den Analbeuteln von Hund und Katze. Die Anwesenheit dieser Hefe schränkt wahrscheinlich die Infektionsgefahr durch virulentere Pilze und Hefen ein. Von Haar und Haut kann man ebenso saprophytische Pilze isolieren. Die Gattungen Alternaria, Aspergillus, Cladosporium, Mucor, Penicillium und Rhizopus werden in der Umwelt aufgenommen und passiv vom Körper mitgeführt. Zufällige Wundkontaminationen können insbesondere bei immunsupprimierten Individuen (wie z. B. bei Katzen, die Träger des FIV, dem felinen Immunodefizienzvirus, oder des FeLV, dem felinen Leukämievirus, sind) tiefe Mykosen hervorrufen. Findet man bei gesunden Tieren Vertreter der geophilen Dermatophyten, wie z. B. Microsporum gypseum, Trichophyton mentagrophytes, T. rubrum und T. terrestre, so handelt es sich dabei wohl um eine Durchgangsflora, im Unterschied zu Microsporum canis, den man immer als pathogen einstufen muss.

Demodex canis, eine parasitär lebende Milbe, trifft man gelegentlich bei etwa der Hälfte der gesunden Tiere in kleiner Zahl an. Die Invasion der Demodex-Milben erfolgt schon in den ersten Lebenstagen durch Direktkontakt mit dem Muttertier beim Säugen. Die Parasiten besiedeln Haarbälge und Talgdrüsen, ohne diese zu schädigen. Prädisponierte oder immungeschwächte Tiere ermöglichen es den Milben, sich im Übermaß zu vermehren. Es bildet sich die klinische Symptomatik der Demodikose aus.

2 Geräte und Instrumente für die Dermatologie

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Abb. 2.1
Bedarf für die spezielle dermatologische Untersuchung: Schermaschine, Bajonettpinzette und Schere.

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Abb. 2.2
Bedarf für das Hautgeschabsel: scharfer Doppellöffel nach Volkmann, Skalpellklingen Nr. 10 oder Nr. 20, Objektträger, Deckgläschen und Paraffinöl.

Der Bedarf an Geräten und Instrumenten für die dermatologische Praxis ist weder groß noch kostspielig. Zum überwiegenden Teil erwächst der Bedarf aus Zusatzuntersuchungen.

Deshalb erschien es sinnvoll, die Geräte unter dem Gesichtspunkt der verschiedenen Tätigkeiten zu gruppieren.

Dermatologische Untersuchung (Abb. 2.1)

Bajonettpinzette, um das Haar anzuheben und die Haut freizulegen

Schermaschine, um das Fell zu kürzen, sodass man Effloreszenzen besser darstellen kann

Schere für den gleichen Zweck

Fotoapparat mit Makroobjektiv und Ringblitz zur Dokumentation von Hautveränderungen

Hautgeschabsel (Abb. 2.2)

für das tiefe Hautgeschabsel einen scharfen Doppellöffel nach Volkmann mit 5–6 mm Durchmesser

für das oberflächliche Hautgeschabsel Skalpellklingen Nr. 10 oder Nr. 20

Paraffinöl (alternativ KOH oder Chlorlaktophenol)

Objektträger ohne Mattrand

Deckgläschen von 18 × 18 bis 24 × 24 mm

Mikroskop in guter Qualität mit 4-facher und 10-facher Vergrößerung

Watte und Alkohol zur Hautdesinfektion nach Entnahme des Geschabsels

Trichoskopie (Abb. 2.3)

Arterienklemmen Mosquito nach Klemmer; die Maulschenkel der Klemme sollte man mit kleinen Gummiröhrchen überziehen (dafür kann man z. B. die Schutzkappen von Flügelkanülen [Butterflies] verwenden). Der Gummiüberzug ermöglicht ein festes, aber schonendes Fassen der Haare

Objektträger, Öl und Mikroskop wie für das Geschabsel

Zytologie (Abb. 2.4)

Objektträger mit Mattrand zum Beschriften der Proben

graue Kanülen (21 G) zur Feinnadelfission

orangefarbene Kanülen (24 G) zur Feinnadelaspiration von Pusteln und zum Abheben von kleinen Krusten

Spritzen zu 5 und 10 ml sowie graue Kanülen (21 G) zur Feinnadelaspiration

Ohrwattestäbchen zur Entnahme von Ohrenschmalz, Fistelexsudat oder zur Probenentnahme aus dem Zwischenzehenbereich

Skalpellklingen Nr. 10 oder Nr. 20 zur Entnahme von öligen Exsudaten von der Gewebeoberfläche

Klebestreifen zur Probengewinnung von haarlosen Stellen

Feuerzeug zum Abflammen von Objektträgern mit Proben von Ohrenschmalz und von einer öligen Seborrhoe

Wäscheklammer zum Eintauchen des Objektträgers in die Färbelösungen

Set für schnelle Färbung, bestehend aus Fixier- und Färbelösung (drei kleine Wannen mit Alkohol, roter und blauer Lösung)

Spritzflasche mit destilliertem Wasser zum Spülen der Objektträger oder der Klebestreifen nach dem Färben, wenn man nicht über fließendes Wasser unmittelbar am Arbeitsplatz verfügt

Saugpapier zur Lagerung der Objektträger während der Lufttrocknung oder ein Haarföhn zur Schnelltrocknung

Mikroskop in guter Qualität mit bis zu 100-facher Vergrößerung (Immersion)

Immersionsöl

Deckgläschen von 40 × 20 bis 50 × 24 mm

Leim zum Kleben der Deckgläschen (Eukitt®)

Objektträgerkasten zur Dunkellagerung der Proben

Hautbiopsie (Abb. 2.5)

Haarschere zum Kürzen der Haare über den Effloreszenzen

Farbstift mit mittlerer und dicker Spitze zum Kennzeichnen der zu entnehmenden Effloreszenzen

1%iges Lidocain (für die Katze) und 2%iges Lidocain (für den Hund) ohne Adrenalin und Spritzen zu 2,5 oder 5 ml, um das Lokalanästhetikum subkutan unter der zu entnehmenden Effloreszenz zu injizieren

Alkohol oder ein anderes farbloses Desinfektionsmittel zur groben Vordesinfektion zu Beginn der Probenentnahme

Kaltdesinfektionsmittel zum Eintauchen des chirurgischen Besteckes und des Nahtmaterials

Biopsy-Punch mit 4, 6 und 8 mm Durchmesser

Skalpellgriffe und -klingen für Exzisionsbiopsien

chirurgische Augenpinzette (mit einem sehr spitzen und genau schließenden Maul)

kleine gebogene Schere für Weichteile

kleine Mosquito-Klemmen zum Abbinden von eventuell auftretenden kleinen Blutungen

Nadelhalter

Nahtmaterial für Hautwunden; besonders eignen sich Nadel-Faden-Kombinationen mit einer Dreikantspitze

Behälter mit 5–20 ml Volumen mit 10%igem abgepuffertem Formalin

sterile Tupfer (5 × 5 cm oder Ähnliche)

Bakteriologische Untersuchung (Abb. 2.6)

sterile Stiltupfer mit Transportmedium im Transportbehälter

sterile Serumröhrchen ohne Gel mit steriler physiologischer Lösung zum Transport von Gewebe (z. B. zum Ansetzen von Bakterienkulturen aus Hautbiopsien)

Pilzuntersuchung (Abb. 2.7)

sterile Arterienklemme Mosquito nach Klemmer

einzeln verpackte Zahnbürste (z. B. preisgünstige Zahnbürsten für die Hotellerie)

kleine Papiersäckchen (wie sie z. B. zum Verpacken von Briefmarken verwendet werden) zum Transport von Untersuchungsmaterial

Petrischalen mit Sabouraud- und DTM(Dermatophyte Test Medium)-Doppelnährboden

hochkonzentriertes Chlorhexidin und Bleichlauge zur Desinfektion der Geräte

Sonstiges Instrumentarium (Abb. 2.8)

Woodsche Lampe, besser mit Stromanschluss als mit Batterien betrieben

Kamm mit feiner Zahnung zur Untersuchung auf Parasiten

transparenter Klebestreifen für den Klebestreifenabklatsch (Scotch-Test)

Kanülen und Spritzen, Stauschlauch, Serum- und EDTA-Röhrchen (Ethylendiamintetraessigsäure) für Blutabnahmen

3 Dermatologischer Untersuchungsgang

Eine dermatologische Untersuchung, die man mit Ruhe und Genauigkeit durchführt, dauert inklusive der Zusatzuntersuchungen zwischen 45 und 60 Minuten. Davon muss man etwa 20 Minuten für das vollständige Signalement und die ausführliche Anamnese, zehn Minuten für die klinische Untersuchung, 15 Minuten für die Zusatzuntersuchungen und weitere 15 Minuten für die Information und Unterweisung des Tierbesitzers einplanen. Dieser Zeitrahmen kann nur ein grobes Schema sein, das vom klinischen Bild und von der Gesprächigkeit des Tierbesitzers stark beeinflusst wird. Alle erfassten Daten, die im Zuge der Visite erhoben werden, sollten in einem eigenen dermatologischen Datenblatt festgehalten werden. Der Datenbogen ist sinnvollerweise wiederum in verschiedene Abschnitte für das Signalement, die Anamnese, die klinische Untersuchung, die Liste der Differenzialdiagnosen, die Zusatzuntersuchungen, die Enddiagnose, die Therapie und das Follow-up unterteilt. Im Folgenden wird auf die einzelnen Abschnitte näher eingegangen.

3.1 Signalement

Neben den Personalien des Tierbesitzers werden auch Tierart, Rasse, Geschlecht des Tieres und eine mögliche Kastration erhoben sowie Geburtsdatum und Name des Patienten erfragt (Tab. 3.1). In der Veterinärdermatologie spielt die Rasseprädisposition für viele Hauterkrankungen eine wichtige Rolle. In Tabelle 3.2 und Tabelle 3.3 sind die wichtigsten Rassen und deren Dermatopathien und umgekehrt die wichtigsten Hauterkrankungen, geordnet nach Rassen, aufgelistet.

Tabelle 3.1: Signalement

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Tabelle 3.2: Prädisposition von Hunderassen für wichtige dermatologische Erkrankungen

Rasse Erkrankung
Kurzhaarrassen

bakterielle Follikulitis

Airdale Terrier

saisonale Flankenalopezie

Akita Inu

Pemphigus foliaceus

Sebadenitis

uveodermatologisches Syndrom

Basset Hound

Malassezia-Dermatitis

atopische Dermatitis

Intertrigo

Belgischer Schäferhund

Vitiligo

Berner Sennenhund

malignes Histiozytom

Bordeauxdogge

Follikulitis

Demodikose

Intertrigo

Furunkulose/Pododermatitis

Liegeschwielen

Boxer

atopische Dermatitis

Futtermittelallergie

Urtikaria und Angioödem

saisonale Flankenalopezie

Cushing-Syndrom

Hypothyreose

bakterielle Follikulitis

Furunkulose/Pododermatitis und Kinnakne

Mastozytom und andere Tumoren

Bullterrier

Furunkulose

letale Akrodermatitis

Sonnenbrand

atopische Dermatitis

Liegeschwielen

Chihuahua

Schablonenkrankheit

Demodikose

Chow-Chow

Pemphigus foliaceus

Alopezie X

Follikulitis/Furunkulose

uveodermatologisches Syndrom

Cocker Spaniel

atopische Dermatitis

primäre idiopathische Seborrhoe

Ohrenentzündungen

Malassezia-Dermatitis

Intertrigo

Dackel

Cushing-Syndrom

Alopecia areata

Demodikose

Schablonenkrankheit

Alopezie der Farbmutanten

Dalmatiner

atopische Dermatitis

bakterielle Follikulitis

Sonnenbrand

Dänische Dogge

Follikulitis

Furunkulose/Pododermatitis

Kinnakne

Liegeschwielen

Demodikose

Hypothyreose

Deutscher Schäferhund

atopische Dermatitis

Flohbissallergie

Schäferhund-Pyodermie

Demodikose

diskoider Lupus erythematodes

systemischer Lupus erythematodes

mukokutane Pyodermie

Perianalfistel

metatarsale/metakarpale Zellulitis

Calcinosis circumscripta

noduläre Dermatofibrose

Ohrranddermatitis durch Insektenstiche

Vitiligo

Dobermann

Demodikose

saisonale Flankenalopezie

Schablonenkrankheit

Follikulitis

Furunkulose/Pododermatitis

Hypothyreose

Alopezie der Farbmutanten

follikuläre Dysplasie des roten und schwarzen Dobermanns

Englische Bulldogge

Demodikose

atopische Dermatitis

Follikulitis und Pododermatitis

Intertrigo

Schablonenkrankheit

saisonale Flankenalopezie

Malassezia-Dermatitis

Französische Bulldogge

Cushing-Syndrom

Schablonenkrankheit

atopische Dermatitis

Golden und Labrador Retriever

atopische Dermatitis

Futtermittelallergie

Pododermatitis

juvenile Zellulitis

Husky

diskoider Lupus erythematodes

Zinkmangelsyndrom

Alopezie X

eosinophiles Granulom

uveodermatologisches Syndrom

Jack Russel Terrier

atopische Dermatitis

Demodikose

Mops

Demodikose

Intertrigo

atopische Dermatitis

Follikulitis

Neufundländer

Hypothyreose

Follikulitis/Furunkulose

Pemphigus foliaceus

Pudel

Cushing-Syndrom

Sebadenitis

Talgdrüsenadenom

Alopezie X

Riesenschnauzer

Hypothyreose

saisonale Flankenalopezie

Rottweiler

Follikulitis/Furunkulose

Vitiligo

Samojede

Alopezie X

Sebadenitis

uveodermatologisches Syndrom

Shar-Pei

kutane Muzinose

Ohrenentzündungen

atopische Dermatitis

Futtermittelallergie

Demodikose

Intertrigo

Follikulitis

Malassezia-Dermatitis

Sheltie und Collie

diskoider Lupus erythematodes

Pemphigus erythematosus

Dermatomyositis

ulzerative Dermatitis des Collies

Intertrigo

Shih Tzu

atopische Dermatitis

Intertrigo

Demodikose

West Highland White Terrier (WHWT)

atopische Dermatitis

Futtermittelallergie

Malassezia-Dermatitis

Demodikose

Yorkshire Terrier

atopische Dermatitis

Alopezie der Farbmutanten

Dermatophytose

Zwergspitz

Alopezie X

Tabelle 3.3: Prädisposition von Hunderassen, gelistet nach Krankheiten

Erkrankung Rasse
Alopezie X Wolfsspitz, Chow-Chow, Husky, Malamute, Pudel
Alopezie der Farbmutanten Dobermann, Dackel, Yorkshire Terrier, alle Windhunde
Atopische Dermatitis Dalmatiner, Boxer, Retriever, Terrier, WHWT
Bakterielle Follikulitis Kurzhaarrassen, Shar-Pei, Bordeauxdogge
Demodikose Dobermann, Mops, Shih Tzu, Bordeauxdogge, Bull Terrier, Boxer, Shar-Pei
Dermatophytose Perser und Katzen im Allgemeinen, Yorkshire Terrier
Diskoider Lupus erythematodes Deutscher Schäferhund, Collie, Sheltie
Hyperadrenokortizismus Pudel, Yorkshire Terrier, Französische Bulldogge, kleine Hunde im Allgemeinen, Boxer, Dackel
Hypothyreose Riesenschnauzer, Neufundländer, mittlere und große Hunde im Allgemeinen, Boxer
Intertrigo Französische und Englische Bulldogge, Shar-Pei, Mops, Shih Tzu, Pekingese
Kinnakne Dobermann, Boxer, Dänische Dogge, Bordeauxdogge
Malassezia-Dermatitis WHWT, Basset Hound, Pudel, Cocker, Rex-Katzen
Pododermatitis Englische Bulldogge, Bull Terrier, Boxer, Kurzhaarrassen
Schablonenkrankheit Dackel, Boxer, Französische Bulldogge, Pitbull, Dobermann, Kurzhaarwindhunde
Tiefe Pyodermien Englische Bulldogge, Bullterrier, Boxer, Kurzhaarrassen
Vitiligo Englische Bulldogge, Rottweiler, Boxer, Belgischer Schäferhund, Dobermann
Zinkmangelsyndrom Husky, Malamute

Ähnliches kann man auch für verschiedene Altersgruppen erwägen. Die Tabelle 3.4 sollte jedoch nur als Hinweisliste betrachtet werden.

Tabelle 3.4: Prädisposition von Altersgruppen für einige dermatologische Erkrankungen

Altersgruppe Erkrankung
Welpe Demodikose, Dermatophytose, Cheyletiella-Dermatitis, Futtermittelallergie, angeborene Krankheiten, Naevus, ektodermale Defekte, Impetigo, juvenile Zellulitis, Dermatomyositis
Jungtier (1–3 Jahre) Flohbissallergie, atopische Dermatitis, oberflächliche Pyodermie, nicht-entzündliche und nicht-hormonbedingte Alopezien (Alopezie der Farbmutanten, Schablonenkrankheit, saisonale Flankenalopezie, Alopezie X)
Ausgewachsenes Tier (4–7 Jahre) Schäferhund-Pyodermie, Hypothyreose, Autoimmunkrankheiten
Ältere Tiere (> 8 Jahre) Hyperadrenokortizismus, epitheliotropes Lymphosarkom

Das Geschlecht und die Frage nach der Kastration liefern nur selten einen entscheidenden Hinweis bei der Diagnosefindung (Tab. 3.5).

Tabelle 3.5: Prädisposition des Geschlechts für einige dermatologische Erkrankungen

 
Nicht-kastrierter Rüde/Kater

Verweiblichungssyndrom des Rüden durch Hodentumoren

Verletzungen und Abszesse beim Kater durch Kämpfe, tiefe Mykosen und Infektionen durch atypische Bakterien

durch Kastration behebbare Alopezie des Rüden

Zirkumanaldrüsenadenome

»Hengstschwanz«

Nicht-kastrierte Hündin/Katze

nicht-entzündliche Alopezie durch Ovarialzysten oder -tumoren

Mammatumoren und kutane Metastasen von Mammatumoren

Analdrüsenkarzinome

Rekrudeszenz oder Remission einiger Dermatopathien während der Läufigkeit oder der Trächtigkeit

telogenes Effluvium post partum

3.2 Anamnese

Eine gute allgemeine und dermatologische Anamnese bedingt etwa 70% der Diagnose (Tab. 3.6). Das Aufarbeiten der längeren wie der kürzeren Vergangenheit und das Dokumentieren der schon verabreichten Medikamente sind Schlüsselelemente dieser Erhebung.

Die Frage nach dem »Warum« des Tierarztbesuches setzt den Auftakt. Diese Information ist sehr wichtig, um zu erfahren, welches Problem vom Tierbesitzer als größte Belastung oder welches klinisches Symptom als besonders gravierend empfunden wird. Wenn es hier gelingt, rasch eine Lösung herbeizuführen, wird man den somit zufriedengestellten Besitzer besser zur Mitarbeit für die verbleibende Problemliste gewinnen können.

Tabelle 3.6: Erkennungsbogen zur Anamnese

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Es folgen einige allgemeinere Fragen über das Tier: »Wie alt war das Tier zum Zeitpunkt der Anschaffung?« (mit der Antwort auf diese Frage kann man die Glaubwürdigkeit von Aussagen zu Beobachtungen über die weiter zurückliegende Vergangenheit besser einschätzen), über Krankheiten in der Vergangenheit (z. B. Ohrentzündungen), über Reisen in Gegenden mit endemischen Krankheiten (Leishmaniose, Ehrlichiose usw.), familiäre Prädisposition für Hauterkrankungen (wichtig für Allergien, Demodikose und andere ansteckende Krankheiten). Es ist von Bedeutung zu verstehen, wie und ob sich der Besitzer um sein Tier kümmert: jährliche Impfung, regelmäßige Kotuntersuchungen auf Parasiten und, falls notwendig, die Prophylaxe gegen die kardiopulmonale Dirofilariose.

Anschließend versucht man sich ein Bild über die Lebensumstände und -gewohnheiten des Tieres zu machen: Was frisst das Tier, wo lebt es, gibt es andere Tiere, mit denen es engeren Kontakt hat, und gibt es bei diesen oder bei deren Besitzern Hautveränderungen? Dann werden die physiologischen Körperfunktionen abgeklärt: Frisst das Tier mit Appetit, wie viel trinkt es (Hyperadrenokortizismus), wie oft werden Urin und Kot abgesetzt, gibt es hier Besonderheiten, wie ist das Allgemeinverhalten? Bei weiblichen Tieren erkundigt man sich nach den Läufigkeiten: Verlaufen sie still oder stellen sich im Anschluss Scheinträchtigkeiten ein? Bei männlichen Tieren wird nach dem Interesse für läufige Weibchen gefragt und ob es beim Harnabsatz des Rüden zum Heben des Beines kommt (im Zusammenhang mit Hodentumoren, die mit einer Verweiblichung einhergehen).

Erst jetzt beginnt die dermatologische Anamnese: Seit wann besteht das Problem und in welchem Alter sind erstmals Symptome aufgetreten (s. Tab. 3.4). Für die Beurteilung des Geschehens sind folgende Informationen entscheidend: Juckreiz, der schon seit Jahren besteht, spricht eher für ein allergisches Problem. Wenn das Entstehen des Juckreizes jüngeren Datums ist, so liegt der Verdacht eines parasitären Befalls nahe. Das jahreszeitliche Auftreten von Symptomen führt zum Verdacht von Parasitenbefall (Flöhe, Zecken) oder atopischer Dermatitis, im Falle von bilateral symmetrischem Haarausfall an den Flanken sollte man an eine zyklische Flankenalopezie denken.

In Bezug auf die zeitliche Entwicklung der Effloreszenzen ist es wichtig, Informationen über Beginn, Ort des Ersterscheinens, Veränderungen und Ausbreitung bis zum Zeitpunkt des Besuchs beim Tierarzt zu erfragen. Anhand solcher Auskünfte ist es oft möglich, Primärerkrankungen von sekundären Infektionen wie z. B. mit Bakterien oder Hefen zu unterscheiden.

Eine etwas genauere Ausführung verdient das Symptom Juckreiz: Schweregrad (Tab. 3.7) und topographische Lokalisation (Tab. 3.8) sind von besonderer Bedeutung. Hochgradigen Juckreiz findet man bei Sarcoptes-Räude, schweren Allergien (z. B. Futtermittelallergie der Katze) oder schweren bakteriellen und durch Hefen bedingten Infektionen. Nicht sekundär infizierte Atopien, hormonelle Dermatitis oder Demodex-Räude mit sekundärer Bakterienbeteiligung sind oft von mittelgradigem Juckreiz begleitet. Nicht-infektiöse Alopezien, hormonelle Erkrankungen, Demodikosen und Leishmaniosen, die nicht durch Sekundärinfektionen mit Bakterien oder Hefen überlagert sind, jucken selten bzw. gar nicht.

Tabelle 3.7: Intensität des Juckreizes bei verschiedenen veterinärdermatologischen Erkrankungen

Grad des Juckreizes Erkrankung
Ohne Befund

nicht-entzündliche Alopezien

Endokrinopathien ohne Komplikationen

Leishmaniose

Demodikose ohne Komplikationen

Dermatophytose ohne Komplikationen

Mittelgradig

atopische Dermatitis ohne Komplikationen

Futtermittelallergie normalen Schweregrades

bakterielle Infektionen

ggr. Malassezia-Dermatitis

Demodikose mit Pyodermie

Endokrinopathie mit Pyodermie

Cheyletiella-Dermatitis

Hochgradig

Sarcoptes-Räude des Hundes

ggr. Malassezia-Dermatitis

hgr. Futtermittelallergie (besonders bei der Katze)

einige Fälle von Pemphigus foliaceus

Notoedres-Räude der Katze

Tabelle 3.8: Lokalisation des Juckreizes bei verschiedenen veterinärdermatologischen Erkrankungen

Lokalisation des Juckreizes Erkrankung
Rücken

Flohbissallergie

Cheyletiella-Dermatitis

selten Futtermittelallergie

bakterielle Follikulitis bei Kurzhaarrassen

Pfoten, Gesicht, Ohren, Augen, Bauch

atopische Dermatitis (Hund)

Futtermittelallergie (Hund)

Kontaktallergie (selten)

Kopf

Ohrräude

Futtermittelallergie (Katze)

Notoedres-Räude

Hals

Flohbissallergie (Katze)

Futtermittelallergie (Katze)

Abdomen (Katze, Alopezie durch übermäßige Fellpflege)

atopische Dermatitis

Flohbissallergie

Futtermittelallergie

Flohbissdermatitis

Cheyletiella-Dermatitis

Laterale Extremitäten (Hund)

Sarcoptes-Räude

Das Gefühl des Juckreizes wird individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen und ist auch rasseabhängig, sodass nervöse Tiere (z. B. Deutscher Schäferhund) bei gleichem Schweregrad der Krankheit mehr Juckreiz entwickeln können als ruhigere (z. B. Englische Bulldogge).

Juckreiz am Rücken und auf der Kruppe ist sehr häufig Symptom einer Flohbissallergie, manchmal einer Cheyletiella-Dermatitis oder einer Futtermittelallergie. Wenn man insbesondere beim Hund Juckreiz an den Körperspitzen (Pfoten, Kinn, Lippen, Ohren und Augen) und an den ventralen Körperflächen findet, so sollte an Atopie und an Futtermittelallergie gedacht werden. Bei der Katze findet man Juckreiz am Kopf gepaart mit der Futtermittelallergie, der Otodectes- und der Notoedres-Räude. Effloreszenzen am Hals treten bei Katzen auch im Verlauf einer Flohbissallergie auf. Starker Juckreiz am gesamten Körper inklusive der Lateralflächen der Extremitäten ist ein Hinweis für die Sarcoptes-Räude des Hundes.

Abschließend erfragt man vom Besitzer eine möglichst vollständige Liste der topischen und systemischen Medikationen, die dem Tier im Zusammenhang mit dermatologischen Problemen verabreicht wurden. Idealerweise erfährt man neben dem Präparat auch Dosierung, Behandlungsdauer, Wirkung und Länge der Periode zwischen Absetzen des Medikamentes und Rückfall der Erkrankung. Besonders wichtig sind die Informationen in Bezug auf Antibiotika, da primäre und sekundäre Pyodermien zumindest beim Hund einen Großteil der dermatologischen Fälle stellen. Von geringer Bedeutung sind Informationen in Bezug auf Antibiotika, wenn

das verabreichte Antibiotikum nicht Betalactamase-resistent (z. B. kein potenziertes Amoxicillin) war;

das Antibiotikum weniger als 20 Tage bei oberflächlichen und weniger als 40 Tage bei tiefen Hautentzündungen verabreicht wurde;

das Antibiotikum zusammen mit einem Glukokortikoid verabreicht wurde;

das Antibiotikum unterdosiert verabreicht worden ist (Näheres zur Antibiotika-Therapie s. Kap. 30).

Auskünfte zu durchgeführten Therapien mit Glukokortikoiden sind nur dann von Bedeutung, wenn sich dadurch die klinische Symptomatik verschlechtert hat, da man bei den meisten dermatologischen Krankheiten mit Kortisonen aufgrund ihrer entzündungs- und juckreizhemmenden Wirkung eine Verbesserung erfährt.

Antiparasitika sind ein wichtiger Bestandteil eines jeden Therapieplanes. Vom Besitzer sollte man Folgendes ermitteln:

Namen des Produktes

Verabreichungsform (Spray oder Spot-on)

Anwendungsfrequenz in Sommer und Winter

Mitbehandlung von anderen Tieren, die in der Familie leben

Behandlung der Umgebung

fielen Therapie und Baden zusammen

Anzahl der Bäder, Shampooapplikationen und Schwimmgewohnheiten des Tieres in den Behandlungsintervallen

Nur eine gründliche Anamnese erlaubt es, Lücken in der Behandlung parasitärer Infektionen zu finden und den Besitzer zu überzeugen, Antiparasitika gezielter einzusetzen.

3.3 Dermatologische Untersuchung

Die dermatologische Untersuchung beginnt tatsächlich schon mit der Erhebung der Anamnese, bei der man sich nur vordergründig nicht mit dem Tier beschäftigt. Da sich das Tier in dieser Zeit nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit fühlt, hat es die Möglichkeit zur Entspannung und man kann das Verhalten beobachten: Kratzt sich das Tier? Wenn ja, so ist dies ein Zeichen für starken Juckreiz (z. B. bei Sarcoptes-Räude), da normalerweise Tiere mit mittelgradigem Juckreiz von der ungewohnten Umgebung so stark abgelenkt sind, dass sie sich weder kratzen noch lecken. Wenn im Unterschied dazu ein Tier an der Umgebung kein Interesse zeigt, ja vielleicht sogar einschläft (ein nicht zu erwartendes Verhalten in einer Tierarztpraxis, wo Tiere sonst nervös und aufgeregt sind), kann die Ursache in einer Schilddrüsenunterfunktion oder einer anderen systemischen Erkrankung liegen.

Während der eigentlichen dermatologischen Untersuchung muss man anfangs das Tier als Ganzes beurteilen, insbesondere:

Ernährungszustand

Haarglanz

Haardichte

Haarfarbe (Handelt es sich um einen Farbmutanten? Gibt es Körperregionen, die eine unnatürliche Färbung aufweisen, wo gibt es abgeleckte Bereiche?)

Geruch des Fells und der Haut

Lokalisierung der sichtbaren Effloreszenzen

Anschließend unterzieht man das gesamte Fell und die Haut einer gründlichen Untersuchung.

Die Autoren folgen hier einer standardisierten Reihenfolge, um keine Region des Körpers zu vergessen.

image1) Untersucher stellt sich hinter das Tier:

Untersuchung von der Schwanzwurzel über den dorsalen Thorax bis zum Hals

Untersuchung der Schwanzunterseite, rund um den Anus, Perianalbezirk, bei weiblichen Tieren Perivaginalbezirk

Hinterextremitäten (Ertasten von eventuellen linearen Granulomen)

kaudale Pfoten mit Untersuchung aller dorsalen und plantaren/palmaren Zwischenzehenbereiche sowie der Krallenbette (bei der Katze sollten alle Krallen ausgefahren werden)

2) Untersucher stellt sich seitlich des Tieres:

Untersuchung der seitlichen Thoraxwand und des seitlichen Halses, der dazugehörigen Vorderextremitäten mit Pfote

Untersuchung des Ohres und Beurteilung des Geruchs

Wiederholung auf der anderen Körperseite

3) Tier in Seitenlage, die Extremitäten sind dem Untersucher zugewandt:

Untersuchung der medialen Flächen der Hinterextremitäten, der Leiste und der Bauchwand

Untersuchung der äußeren Genitalien mit Ausschachten des Penis und Adspektion der Vulva

Untersuchung der ventralen Thoraxwand und der Axilla sowie der medialen Flächen der Vordergliedmaßen

4) Untersuchung seitlich und von vorne:

Untersuchung des Kopfes inklusive der Konjunktivalschleimhäute und der Maulöffnung

Will man bei mittel- und langhaarigen Hunden die Haut untersuchen, so kann man sich mit einer Bajonettpinzette helfen. Mit ihrer Hilfe wird das Haar gescheitelt und die Haut sichtbar gemacht (Abb. 3.1). Neben der Adspektion sollte auch eine Palpation der Haut am ganzen Körper vorgenommen werden, da das Fell Effloreszenzen verdecken kann und diese nur mittels der Palpation wahrgenommen werden.

Lokalisation und Art der Effloreszenzen werden auf einem Datenblatt erfasst. Damit kann man bei Folgeuntersuchungen den Fortschritt beurteilen (Tab. 3.9). Neben dem Datenfeld für die Effloreszenzen befindet sich im Datenerfassungsblatt eine schematische Abbildung eines Tierkörpers. Hier kann man rasch Informationen festhalten und kurze Anmerkungen aufführen.

Das Erkennen und die genaue Beschreibung der verschiedenen Effloreszenzen erleichtern die Verständigung mit anderen Kollegen (z. B. wenn diese die Kontrolluntersuchungen vornehmen sollen oder wenn man sich zu einer Überweisung entscheidet) oder mit dem Pathologen (wenn man den Hautbioptaten einen Begleitbrief mit einer Beschreibung des klinischen Bildes beilegt).

Üblicherweise werden Effloreszenzen in primäre und sekundäre Effloreszenzen unterteilt. Die sekundären Effloreszenzen entstehen aus den primären durch Sekundärinfektionen oder durch Selbsttraumatisierungen durch das Tier.

3.3.1 Primäre Effloreszenzen

Die primären Effloreszenzen sind unmittelbarer Ausdruck des pathologischen Vorgangs im Organ Haut. Sie sind von großer Bedeutung, nicht nur für den untersuchenden Kliniker, sondern auch für den Pathologen, wenn die Effloreszenzen für eine histopathologische Beurteilung entnommen werden.

Fleck (macula). Eine umschriebene, nicht erhabene Hautstelle mit klarer Veränderung der Hautfarbe (Abb. 3.2). Hyperpigmentierte Flecken (Sprossen) sind auf den Schleimhäuten der rothaarigen Katzen ein physiologischer Befund. Nichtentzün-dete, hypopigmentierte Maculae mit einer landkartenartigen Abgrenzung sind charakteristisch für die Vitiligo. Erythematösen Flecken können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Zum einen sind sie die Folge einer peripheren Vasodilatation, wie man sie bei Hautentzündungen (z. B. Pyodermie) findet, zum anderen die Folge des Austrittes von roten Blutkörperchen, wie man es bei Vaskulitis, Ekchymosen oder Koagulopathien sieht. Um die beiden Pathogenesen zu unterscheiden, drückt man einen Objektträger auf den veränderten Hautbezirk (Diaskopie): Bei einer Vasodilatation verschwindet die Färbung, bei einem Blutaustritt bleibt sie erhalten (Abb. 3.3). Bei großflächigen Erythemen spricht man von Erythroderma (Abb. 3.3). Der Sonnenbrand, das epitheliotrope Lymphosarkom und das Arzneimittelexanthem sind Beispiele für Pathogenesen dieser Effloreszenz.

Ein hyperpigmentierter Fleck ist oft eine Entwicklungsstufe eines abgegrenzten Entzündungsprozesses, wie z. B. eine Pustel in Abheilung.

Papel (papula). Bei der Papel handelt es sich um eine kleine, gerötete und solide Erhabenheit der Haut von bis zu einem halben Zentimeter Durchmesser. Sie ist die Folge einer Zellansammlung im kutanen Gewebe (Abb. 3.4). Die Papel ist oft der Vorläufer einer Pustel. In diesem Fall kommt es zu einer Ansammlung von neutrophilen Granulozyten in der Dermis. Von hier wandern sie in die Epidermis und bilden später den Inhalt der Pustel. Papeln beobachtet man auch bei Parasitenbefall (Stiche von Insekten, Mücken, Flöhen und bei der Sarcoptes-Räude des Hundes) sowie fallweise bei der Futtermittelallergie.

Pustel (pustula). Eine Ansammlung von abgestorbenen Entzündungszellen (Eiter) in der Epidermis oder in der Dermis (Abb. 3.5). Histologisch kann man Pusteln anhand der Lokalisation (intrakorneal, subkorneal, oberflächlich intradermal, tief intradermal, panepidermal und suprabasal) und ihres Inhaltes (neutrophile und eosinophile Granulozyten, Lymphozyten und Histiozyten) unterscheiden. Als klinischen Befund kann man Pusteln bei der Pyodermie, beim Pemphigus foliaceus und bei seltenen Formen der Leishmaniose sehen. Kommt es zu einer sekundären Infektion mit Bakterien, so findet man auch bei anderen Hauterkrankungen Pusteln (z. B. Demodikose).

Bläschen (vesicula). Eine Ansammlung von klarer oder bluthaltiger (seröser) Flüssigkeit kleinen Umfangs, die in der Epidermis oder darunter zu liegen kommt.

Blase (bulla). Eine Ansammlung von klarer oder bluthaltiger Flüssigkeit größeren Umfangs (Durchmesser > 0,5 cm), die in der Epidermis oder darunter zu liegen kommt (Abb. 3.6).

Bläschen und Blasen werden nur vereinzelt gesehen, da sie bei seltener auftretenden Krankheiten vorkommen und aufgrund der dünnen Hornschicht von Hund und Katze nur von kurzer Lebensdauer sind. Bläschen mit seröser Flüssigkeit entstehen bei Verbrennungen, bei Autoimmunerkrankungen wie dem Pemphigus vulgaris, bei Erkrankungen, die mit einer dermoepidermalen Ablösung einhergehen (z. B. bullöses Pemphigoid) und seltenen Formen des Arzneimittelexanthems. Blut-haltige Bläschen und Blasen entstehen, wenn die Flüssigkeitsansammlung in der Dermis abläuft (hier liegen Blutgefäße). Sie entwickeln sich infolge von Vaskulitiden, Blutgerinnungsstörungen und Furunkulosen (bei komplizierten Demodikosen).

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Abb. 3.6
Bläschen auf der Maulschleimhaut bei einem Hund.

Quaddel (urtica). Eine Erhabenheit der Haut, die sich sehr rasch entwickelt (innerhalb weniger Stunden) und ebenso rasch verschwindet (innerhalb einiger Stunden bis zu einigen Tagen). Dabei handelt es sich um ein lokal begrenztes Ödem der oberflächlichen Dermis (Abb. 3.7). Die Quaddel ist die typische Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ 1 (Soforttyp oder anaphylaktischer Typ). Sie tritt bei Urtikaria auf (fast ausschließlich beim Boxer) und beim Intrakutantest in den Injektionsstellen mit positiver Reaktion. Wenn man das Ödem auch in tiefer liegenden Geweben und über größere Körperregionen ausgebreitet vorfindet (insbesondere in der Kopfregion), so spricht man von einem Angioödem.

Knötchen (nodulus). Die verhärtete Erhabenheit der Haut besteht aus Infiltrat oder Zellwucherungen und/oder aus einer Zunahme von Bindegewebsstroma (Abb. 3.8). Knötchen treten bei Infektionskrankheiten bakteriellen (z. B. Abszess), mykotischen (z. B. tiefe Mykosen, Kerion) oder parasitären (Leishmaniose, Hautform der Filariose) Ursprungs auf, außerdem durch Ansammlung amorphen Materials (z. B. Calcinosis cutis, Xanthomatose) sowie als granulomatöse Fremdkörperreaktion (Nahtmaterial, Lösungsmittel in Injektionslösungen), bei einem chronischen Geschehen durch ein externes Trauma (Leckgranulom, Liegeschwiele), als sterile, entzündliche, idiopathische Reaktion (kutane Histiozytose) und bei Neoplasien.

Plaque. Eine Plaque ist eine größere, abgeflachte und verhärtete Erhebung (Abb. 3.9). Sie ist das Ergebnis einer begrenzten Infiltration von Entzündungszellen (z. B. eosinophile Plaque) oder neoplastischer Zellen (epitheliotropes Lymphosarkom) in die Haut.

Naevus (hamartoma). Es handelt sich um eine umschriebene, angeborene Veränderung der Haut. Sie zeigt sich linear oder rundlich und besteht aus einem oder mehreren Produkten der Haut, die im Übermaß gebildet wurden (Abb. 3.10). Die bekanntesten Naevi sind der Kollagennaevus und der Talgdrüsennaevus sowie der epidermale, follikuläre und der organoide Naevus (Letzterer besteht aus zwei oder mehreren Hautelementen).

3.3.2 Sekundäre Effloreszenzen

Sekundäre Effloreszenzen sind eine Folge der primären Läsionen oder das Ergebnis von selbst zugefügten Traumata. Sie sind im Vergleich zu den primären Effloreszenzen weniger aussagekräftig, dennoch kann man sie in Abwesenheit von diesen für histopathologische Bioptate heranziehen.

Mitesser(comedo). Er entsteht durch die Ansammlung von keratinhaltigem Material im Inneren eines Haarbalges (Abb. 3.11). In diesen Pfropfen findet man auch dünne Haare. Dabei handelt es sich um Sekundärhaare, die nicht durch die Keratinmassen an die Oberfläche des Haartrichters dringen. Mitesser gehen mit Keratinisationsstörungen (Akne der Katze, Vitamin-A-reaktive Dermatose der Cocker) einher. Man beobachtet sie auch im Zusammenhang mit Erkrankungen der Talgdrüsen (Sebadenitis, Leishmaniose). Talgdrüsen produzieren die »Schmiere« für den Haartrichter und sind für das Haarwachstum mitverantwortlich. Des Weiteren findet man Komedonen bei Follikulitis (bakterielle Infektionen, Demodikose), bei hormonellen Störungen und bei Haarfollikeldysplasien, wo eine physiologische »Reinigung« des Haarbalges durch Arretierung und Entstellung im Haarwachstum unterbunden wird (Cushing-Syndrom, Nackthunde und -katzen, Alopezie der Farbmutanten).

Kruste (crusta). Sie bildet sich durch das Eintrocknen und Verhärten von Exsudaten oder Blut (Abb. 3.12). Aus der Farbe der Kruste kann man auf das Ursprungsmaterial schließen: gelb – Eiter; rotbraun – Blut; hell – Serum. Eine Kruste von geronnenem Blut weist darauf hin, dass die Verletzung bis in die Dermis reicht, in der Blutgefäße liegen; eine gelbe oder helle Kruste kann sich nur im Zusammenhang mit lokalisierten Verletzungen der Epidermis bilden. Auch die Form der Kruste kann ein Hinweis auf den Ursprung sein: Kleine runde Schorfe sind das Produkt von Pusteln und Bläschen, längliche Krusten (meistens braun gefärbt) sind die Folge von selbst zugefügten Traumata.

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Abb. 3.13
Großflächige Schuppen.

Schuppen (squama). Schuppen sind großflächige, trockene und helle Anteile der Hornschicht (Abb. 3.13). In der gesunden Haut erfolgt die Exfoliation Zelle für Zelle, sie ist für das freie Auge nicht wahrnehmbar. Im Verlauf verschiedener pathologischer Entwicklungen kommt es zu sehr großflächigen Abschilferungen vom Stratum corneum (man fasst sie mit dem Begriff »Seborrhoea sicca« zusammen). Sie sind makroskopisch wahrnehmbar. Diese Läsion wird im Allgemeinen von einer übermäßigen Produktion der Hornschicht verursacht. Es handelt sich um einen Schutzmechanismus gegen mechanische Verletzungen, gegen externe Chemikalien (zu häufiges Baden und aggressive Mittel), bei Hautentzündungen (oberflächliche Pyodermie), bei Störungen des oberflächlichen Hydrolipid-Schutzfilms (Leishmaniose, Sebadenitis) oder bei angeborenen Krankheiten (Ichthyose, primäre idiopathische Seborrhoe).

Schuppenkranz (collerette). Es handelt sich um eine runde oder polyzyklische Ansammlung von Hautschuppen (Abb. 3.14). Schuppenkränze sind das Endprodukt einer Pustel, eines Bläschens oder einer Blase. Sie bildeten dort die Wand der Primäreffloreszenz, deren Inhalt nach Ruptur verloren ging. Im Inneren des Kranzes kann die Haut hyperpigmentiert sein (normaler Vorgang bei einer chronischen Hautentzündung), während der Rand bei noch aktivem Entzündungsprozess erythematös und leicht nässend sein kann.

Exkoriation (excoriatio). Dies ist eine vom Tier selbst zugefügte Läsion, die als Folge von Kratzen, Knabbern, Lecken und Aufreiben (Abb. 3.15) aufblüht. Sie ist ein wichtiger Hinweis auf Juckreiz und hilft bei dessen Lokalisierung.

Erosion (erosio). Hierbei handelt es sich um einen Gewebsverlust der Oberhaut, der bis zur Lamina basalis reicht, aber die Dermis intakt lässt (Abb. 3.16). Nach Verlust der oberflächlichsten epidermalen Schichten sind Erosionen das Endprodukt von epidermalen Läsionen wie Pusteln oder Vesikeln. Der Boden der Effloreszenz ist zwar nie hämorrhagisch, da es nicht zu einer Verletzung der Dermis kommt, aber er kann leicht nässend sein. Diese Verletzungen heilen stets ohne Narbenbildung ab. Ausgedehnte Erosionen beobachtet man im Verlauf von Autoimmunerkrankungen (Pemphigus vulgaris, Erkrankungen mit dermo-epidermaler Ablösung) und bei eosinophilen Plaques im Anfangsstadium, bei denen das Lecken der Katze Ursache für den Abrieb ist.

Geschwür (ulcus). Der Gewebsverlust umfasst die gesamte Epidermis und die darunter liegenden Gewebeschichten (Dermis, seltener die Unterhaut) (Abb. 3.17). Da die Verletzung auch die Dermis betrifft und Blutgefäße in Mitleidenschaft zieht, ist der Boden des Ulkus hämorrhagisch. Ist der Gewebsverlust umfangreich und betrifft er auch die Haarbälge, so verläuft die Heilung stets mit Narbenbildung und geht mit einer bleibenden Haarlosigkeit einher. Geschwüre können die Folge von bakteriellen (Schäferhund-Pyodermie) oder mykotischen Infektionen sein. Man sieht sie in Zusammenhang mit Demodikose, tiefen Pyodermien oder bei Hauttumoren.

Rhagade (ragade). Eine ulzerierende Fissur, die man vor allem bei Hyperkeratose von Ballen und Nasenspiegel findet (Abb. 3.18). Wenn sie sekundär mit Bakterien infiziert ist, kann sie dauerhaft bluten und schmerzen.

Fistel (fistula). Die Fistel ist eine Gewebsöffnung, aus der Exsudat quillt, welches seinen Ursprung von einem in der Tiefe liegenden Infektionsherd nimmt (Dermis oder Subkutis) (Abb. 3.19). Die Fisteln eines Abszesses oder anderer Infektionsherde (Furunkulosen, sterile Pannikulitiden, Fremdkörpergranulome u. a.) dienen dem natürlichen Abfluss von Eiter (und von eventuellen Infektionserregern) bzw. dem Abstoßen von Fremdkörpern oder von abgestorbenem Gewebe aus der Tiefe.

Hyperpigmentierung. Eine Dunkelverfärbung von Haut und/oder Haar (Abb. 3.20). Die Hyperpigmentierung kann durch Sonneneinwirkung auf die Haut zustande gekommen sein, aber sie kann ebenso als Folge einer chronischen Hautentzündung oder einer Hormonstörung auftreten. Aus all diesen Gründen muss man einerseits die kutane Hyperpigmentierung als unspezifisches Symptom ansehen, das charakteristisch für chronische Krankheitsverläufe ist. Andererseits tritt eine umschriebene Hyperpigmentierung (dunkler Fleck) als Lentigo (rote Katzen, ältere Tiere) und im Zusammenhang mit erhabenen Effloreszenzen als Melanom, Melanozytom und pigmentiertes Basaliom auf.

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Abb. 3.20
Hyperpigmentierung der Haut eines Hundes. Die Ursache war eine chronische Entzündung.

Die vorübergehende Hyperpigmentierung des Haares kann man an Stellen beobachten, an denen Haar nach dem Scheren oder nach Haarverlust wieder nachwächst. Davon betroffen sind Siamkatzen und einige Hunderassen (z. B. Boxer). Nach dem darauffolgenden Haarwechsel erlangt das Haar meist seine ursprüngliche Farbe wieder.

Depigmentierung. Dies ist der Farbverlust in Haut und/oder Haar (Abb. 3.21). Wenn Entzündungsvorgänge die Basalschicht – sie beherbergt auch die Melanozyten – schädigen, so kann das zu einer Depigmentierung führen (z. B. diskoider Lupus erythematodes). Ebenso beobachtet man den Vorgang im Verlauf von immunvermittelten Erkrankungen, bei denen Melanozyten Angriffspunkt sind (Vitiligo, uveodermatologisches Syndrom). Pigmentverlust an den Haaren stellt einen physiologischen Vorgang beim älteren Hund dar. Betroffen ist vor allem der Kopf. Manchmal sieht man dies auch bei einer Vitiligo, bei mechanischen Traumata der Haut, bei Dermatomyositis und beim uveodermatologischen Syndrom.

Lichenifikation (lichenificatio). Die Haut nimmt an Dicke zu. Das pachydermatische Erscheinungsbild ist von Hyperpigmentierung und Faltenbildung begleitet (Abb. 3.22). Die Lichenifikation ist ein sehr unspezifisches Symptom. Sie tritt als Folge von langwierigen Entzündungsvorgängen der Haut auf.

Narbe (cicatrix). Infolge tiefgehender Gewebsschädigungen und nach Verlust von Teilen des Bindegewebes und der Haarfollikel kommt es in den betroffenen Bezirken zur Bildung von nicht pigmentiertem und haarlosem Bindegewebsersatz (Abb. 3.23).

Schwiele (callus). Ein gut abgegrenzter, verdickter, hyperkeratotischer und haarloser Hautbezirk, der oft über Knochenvorsprüngen zu liegen kommt. Druck und Zug sind Auslöser einer permanenten Traumatisierung, was zur Bildung einer Schwiele führt (Abb. 3.24).

3.3.3 Alopezie

Gerade weil die Alopezie weder zu den primären noch zu den sekundären Effloreszenzen zählt, muss man sie gesondert behandeln. Korrekterweise sollte man dann von Alopezie sprechen, wenn man zumindest in einem Bezirk eine vollkommene Haarlosigkeit vorfindet. Wenn aber nur eine Ausdünnung des Haarkleides vorliegt, so spricht man von Hypotrichose. Meist wird jedoch der Begriff Alopezie ohne Unterscheidung für beides angewandt. Wichtig ist es zu differenzieren, ob der Haarverlust vollständig mit Schaft und Wurzel erfolgt oder ob nur ein Verlust des Schaftes vorliegt. Im ersten Fall (z. B. bei Hormonerkrankungen des Hundes) lassen sich die Haare am Rande der Alopezie durch Zug sehr leicht ausziehen. Diese Art von Haarverlust kann diffus und symmetrisch oder fokal bzw. multifokal sein und geht mit einer Missbildung der Wurzel und des Schaftes einher. Wenn hingegen ein Abriss an der Basis des Schaftes vorliegt (z. B. durch Lecken bei der Katze), kann man diese mithilfe eines Vergrößerungsglases sehen oder die sehr kurzen Schaftstümpfe tasten, die aus dem Haarbalgtrichter herausstehen. In diesem Falle sind die Haare am Rand nicht leicht auszureißen und haben ein gesundes Aussehen. Diese Haarlosigkeit ist auf ein externes Trauma zurückzuführen, im Allgemeinen auf Lecken oder Kratzen, wobei sich intakte Wurzeln und Follikel feststellen lassen.

3.4 Differenzialdiagnosen

Mit den Informationen aus Anamnese und klinischer Untersuchung erfolgt nun die Erstellung der Liste der Differenzialdiagnosen. Sie sollte nicht übermäßig lang (maximal vier bis fünf mögliche Erkrankungen) und nach ihrer Wahrscheinlichkeit geordnet sein. Diese Liste verwendet man als Leitfaden, um zu entscheiden, welche fortführenden Untersuchungen sinnvoll sind. Entscheidungskriterien dafür sind die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung, die Dauer und die Kosten für die einzelnen Untersuchungen. Die aufgelisteten Möglichkeiten sollten sich in einer der folgenden großen Kategorien wiederfinden:

bakterielle Infekte

Pilzinfektionen

Parasitosen

immunvermittelte Erkrankungen (Allergien, Autoimmunerkrankungen usw.)

Hormonerkrankungen

Neoplasien

angeborene und Erbkrankheiten

Umwelterkrankungen

idiopathische Erkrankungen

Eine Liste der Differenzialdiagnosen, Ergebnisse der Zusatzuntersuchungen und ein Therapieansatz können in Folge im letzten Teil des Datenblattes festgehalten werden (Tab. 3.10).

Tabelle 3.10: Differenzialdiagnosen, Zusatzuntersuchungen, Enddiagnose, Therapie und Follow-up

4 Zusatzuntersuchungen für die Praxis

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Abb. 4.1
Kämmen des Fells auf der Suche nach Parasiten.

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Abb. 4.2
Flohkot hinterlässt einen bräunlichen Rand auf einem angefeuchteten Saugpapier.

Einfache Zusatzuntersuchungen für die Praxis

Kämmen

Wood-Licht

Tiefes Hautgeschabsel

Oberflächliches Hautgeschabsel

Trichoskopie

Mikroskopische Untersuchung der Schuppen und Klebestreifenabklatsch

Zytologie (wird in Kapitel 5 abgehandelt)

Pilzkultur

4.1 Kämmen

Um größere Parasiten (Flöhe, Läuse), ihren Kot und bei einer trockenen Seborrhoe Schuppen zu sammeln, muss das Fell sorgfältig gekämmt werden.

Der Kamm sollte eine enge Zahnung (13 Zähne pro Zentimeter) (Abb. 4.1) aufweisen. Er kann aus Kunststoff oder Metall sein und muss vor jeder Anwendung gründlich gereinigt werden. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, wird mehrere Minuten lang der ganze Rumpf des Tieres gekämmt. Flöhe und Läuse werden vom Kamm abgefangen und so sichtbar gemacht. Um den Flohkot sichtbar zu machen, kann man die mit dem Kamm gesammelten Haare mit einem weißen, leicht angefeuchteten Papiertaschentuch umfassen und vom Kamm entfernen. Wenn sich nun Haare und Schuppen zwischen zwei Lagen des Taschentuches befinden, wird das Papier am gewonnenen Material angedrückt. Da Flohkot zu 95% aus getrocknetem Blut besteht, wird dieser, falls vorhanden, nach einigen Minuten am Papiertaschentuch durch die Bildung eines bräunlichen Randes sichtbar werden (Abb. 4.2).

Um Schuppen einzusammeln, sucht man sich Hautbezirke aus, die starke exfoliative Effloreszenzen aufweisen, und kämmt diese so lange, bis genügend Material vorliegt. Auf einen Objektträger gibt man einen Tropfen Paraffinöl, legt vorsichtig die gesammelten Haare darauf, deckt es mit einem Deckgläschen ab und betrachtet es im Mikroskop bei 4- und 10-facher Vergrößerung. Diese Untersuchung ist sehr nützlich, wenn man Milben der Spezies Cheyletiella sucht.

4.2 Wood-Licht

Das Wood-Licht (Abb. 4.3) strahlt ein ultraviolettes Licht mit einer Wellenlänge von 253,7 nm aus. Wenn man die Hyphen einiger Stämme von Microsporum canis auf diese Weise bestrahlt, fluoreszieren sie ein apfelgrünes Licht (ca. 60%). Will man die Lampe richtig verwenden, so muss man einige einfache Regeln beachten: Um ein konstantes Licht mit der richtigen Wellenlänge zu erzeugen, muss man die Lampe einige Minuten vorwärmen. Außerdem wird diese Untersuchung in einem abgedunkelten Raum durchführt (z. B. in der Dunkelkammer), nachdem man den Augen eine Dunkeladaptierung ermöglicht hat. Das Fell des untersuchten Tieres wird für einige Minuten bestrahlt, da einige Pilzstämme nicht sofort fluoreszieren.

Nur eine glänzend grüne Fluoreszenz ist aussagekräftig. Andere Farben (weiß, blau oder gelb) sind nicht auf die Anwesenheit von Pilzen zurückzuführen. Des Weiteren muss die Fluoreszenz am Schaftzylinder des Haares sichtbar werden: an der Basis des Haares, wenn das Tier noch nie behandelt wurde, oder mehr distal, wenn sich das Tier in der Genesungsphase befindet. Letzteren Befund wird man als ein Zeichen für gesund nachwachsendes Haar interpretieren. Findet man die Fluoreszenz auf der Haut oder krümelig wirkend am Haar, so handelt es sich um Schuppen oder Staub und das Ergebnis ist nicht aussagekräftig. Zuletzt darf man nicht vergessen, dass auch Rückstände von lokal verabreichten Medikamenten fluoreszierendes Licht emittieren können. Aufgrund von zahlreichen falsch positiven (unspezifische Fluoreszenz) und falsch negativen Befunden (nicht fluoreszierende Stämme) kann man die Untersuchung mit der Woodschen Lampe nicht als endgültig betrachten. Einem positiven Befund muss eine trichoskopische Untersuchung der fluoreszierenden Haare folgen (siehe unten), einem negativen Befund sollte man eine Pilzkultur anschließen (siehe unten).

4.3 Tiefes Hautgeschabsel

Das tiefe Hautgeschabsel wird ausschließlich bei Verdacht auf Demodikose angewandt. Die Demodex-Milbe lebt in den Tiefen der Haarfollikel und in den Talgdrüsen. Es ist ratsam, alle zu einer dermatologischen Visite vorgestellten Tiere einem Geschabsel zu unterziehen, da die Demodikose mit sehr unterschiedlicher Symptomatik einhergehen und mit vielen anderen Dermatopathien vergesellschaftet sein kann.

Zur Durchführung dieser Art von Geschabsel empfiehlt sich der scharfe Löffel nach Volkman mit einem Durchmesser von 5–6 mm (2–3 mm, wenn das Geschabsel bei kleinen Säugetieren und Vögeln gewonnen wird). Der Löffel wird mit Paraffinöl angefeuchtet, sodass das Einsammeln des abgeschabten Materials erleichtert wird. Wenn der zu schabende Bezirk behaart ist (auch bei sehr kurzen Haaren), muss man ihn vorher scheren. Mit Daumen und Zeigefinger wird die Haut gespannt und mit senkrecht zur Hautoberfläche gestelltem Löffel wird eine Stelle mehrfach in Richtung des Haarstriches so lange geschabt (im Allgemeinen ein Streifen mit einer Länge von 2–3 cm), bis es zu einer kapillaren Blutung kommt (Abb. 4.4). Dann überträgt man mithilfe einer Pinzette das in der konkaven Fläche des Löffels gewonnene Material auf einen Objektträger, auf den ein Tropfen Paraffinöl aufgetragen wurde. Bevor man das Ganze mit einem Deckgläschen abdeckt, ist es wichtig, dass Gewebeprobe und Öl gut vermengt werden. Dabei erfolgt die Durchmischung mit der konvexen Seite des Löffels, um Klumpenbildung zu unterbinden (Abb. 4.5). Bei 4- und 10-facher Vergrößerung wird die Probe im Mikroskop beurteilt. Alternativ zum Paraffinöl wird von einigen Autoren Chlorlaktophenol oder 10%ige Kalilauge bevorzugt. Durch ihre keratinolytische Wirkung haben beide Substanzen den Vorteil, dass Parasiten besser darstellbar sind. Da aber beide Stoffe hautreizend sind und man deshalb den Löffel nicht benetzen kann, birgt es den Nachteil, dass man ein Trockengeschabsel durchführen muss. Chlorlaktophenol ist nicht im Handel erhältlich, kann aber vom Apotheker schnell zubereitet werden (Tab. 4.1). Es hat den Vorteil, dass es zu einer augenblicklichen Klärung der gewonnenen Probe führt. Wenn man hingegen Kalilauge verwendet, muss man das Präparat 20 Minuten bei Zimmertemperatur ruhen lassen (besser auf die eingeschaltete Mikroskoplampe legen), um denselben Effekt zu erzielen. Alternativ dazu kann man das Ganze vorsichtig erhitzen, ohne es kochen zu lassen.

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Abb. 4.5
Die gesammelte Probe wird mit einem Tropfen Paraffinöl auf einem Objektträger vermischt.

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Abb. 4.6
Oberflächliches Hautgeschabsel mit einer Skalpellklinge.

Tabelle 4.1: Rezeptur für Chlorlaktophenol

 

Chloralhydrat

50 g

Phenol, flüssig

25 ml

Milchsäure, flüssig

25 ml

Nach dem Mischen der Bestandteile lässt man das Ganze für 24–48 Stunden ruhen. So können die Kristalle ganz in Lösung gehen.

Bei Tieren mit noch nicht behandelter Demodikose ist die Anzahl der gefundenen Milben im Allgemeinen sehr hoch, sodass es selten erforderlich ist, mehr als zwei oder drei Geschabsel durchzuführen. Liegen verschiedene Effloreszenzen vor, so empfiehlt es sich, von jedem Typus Geschabsel zu nehmen. Ist es aus verschiedensten Gründen schwierig (periokulär), schmerzhaft für das Tier (im Zwischenzehenbereich) oder gefährlich für den Tierarzt (Lefze bei aggressiven Tieren), so bietet sich alternativ die Trichoskopie an (s. Kap. 4.5).

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Abb. 4.7
Rasierte Ohrmuschel, wie sie für ein oberflächliches Hautgeschabsel auf der Suche nach Sarcoptes-Räudemilben benötigt wird.

4.4 Oberflächliches Hautgeschabsel

Das oberflächliche Hautgeschabsel kommt bei der Suche nach Parasiten wie Sarcoptes, Notoedres und Cheyletiella, für die Probengewinnung von fettigem Material sowie für die Zytologie bei einer öligen Seborrhoe zum Einsatz. Seltener wird es zur Diagnosefindung der Dermatophytose angewandt.

Wenn man sich auf die Suche nach Parasiten begibt, so ist es wichtig, dass man sich ein Hautareal von einer Größe von ca. 10 cm2 aussucht und dieses schert, ohne dabei die Schuppen abzutragen. Für das Geschabsel kommen saubere und trockene Skalpellklingen Nr. 10 oder 20 zum Einsatz, die aber nicht neu sein müssen. Klinge und/oder Haut müssen mit Paraffinöl gut angefeuchtet werden, damit die sonst sehr trockenen Schuppen besser haften. Die Klinge wird mehrfach und vorsichtig über die gesamte Fläche geführt, sodass die größtmögliche Menge an Schuppen gewonnen werden kann (Abb. 4.6). Bei Verdacht einer Sarcoptes-Räude beim Hund – die sehr geringe Anzahl der Parasiten steht in keinem Verhältnis zur klinischen Symptomatik – empfiehlt es sich, nach gründlichem Scheren beide Außenflächen der Ohrmuscheln zu schaben (Abb. 4.7). Man muss auch darauf achten, die zahlreichen Schuppen am Ohrrand zu gewinnen. Wie die Autoren aus Erfahrung wissen, ist dies der Bezirk, wo man am ehesten fündig wird. Das gewonnene Material wird vorsichtig mithilfe einer Pinzette auf einem Objektträger zusammen mit einem Tropfen Paraffinöl aufgetragen, gut vermengt, mit einem Deckgläschen abgedeckt und mit dem Mikroskop bei 4-facher Vergrößerung beurteilt.

Wenn man Sarcoptes- oder Cheyletiella-Milben sucht, muss man die Oberfläche des Objektträgers systematisch und vollständig absuchen. Im Unterschied dazu lässt sich die Katzenmilbe Notoedres leichter finden, da sie immer sehr zahlreich in Erscheinung tritt. Fallweise stößt man auf Haarreste, die von Hyphen durchdrungen und von Sporen bedeckt sind. Sporen stellen sich als kleine, das Licht doppelbrechende Sphären dar (Abb. 4.8).

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Abb. 4.10
Entnahme von Haaren für die Trichoskopie.

Das oberflächliche Geschabsel zur Gewinnung von fettigen Proben erfolgt in ähnlicher Art und Weise, aber mit trockenen Klingen. Das an der Klinge haftende Material wird »wie Butter« auf einem Objektträger aufgetragen (Abb. 4.9). Im Anschluss wird das Präparat angefärbt (s. Kap. 4.5).

4.5 Trichoskopie

Wenn der Verdacht auf Demodikose oder Dermatophytose vorliegt, so ist die Beurteilung von Wurzeln, Schäften und Spitzen der Haare sehr nützlich. Auch bei Erkrankungen, die mit Alopezie einhergehen, bietet sich diese Methode an. Das Ausziehen der Haare sollte mit einer geraden Arterienklemme Mosquito nach Klemmer erfolgen. Wenn man die Spitzen der Arterienklemme mit zwei Gummi- oder Silikonschläuchen überzieht, so werden die Haare schonend entnommen und man erhält einen besseren Griff um die Haare. So wird eine aussagekräftige Probe mit Haaren in allen Entwicklungsphasen gewonnen und nicht nur von solchen, die sich in Ruhephase befinden und somit dem Follikel etwas lockerer anhaften. Um ein Abbrechen der Haare an der Basis zu verhindern, entnimmt man sie in Richtung des Haarstrichs (Abb. 4.10). Sie werden auf einem Objektträger in einem Tropfen Paraffinöl, Chlorlaktophenol oder Kalilauge gebettet. Möchte man nur die Wurzeln beurteilen, so kann man die gewonnenen Haare auf 1 cm über den Wurzeln kürzen (Abb. 4.11). Die Haarschäfte werden nun parallel geordnet auf einen Objektträger gelegt, sodass alle Wurzeln nebeneinander zu liegen kommen (Abb. 4.12). Die Probe bedeckt man mit einem Deckgläschen und bewertet sie bei 4- und 10-facher Vergrößerung im Mikroskop.

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Abb. 4.11
Die gewonnenen Haare werden basisnah gekürzt.

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Abb. 4.12
Nur der proximale Teil des Haares wird zur Beurteilung der Wurzeln herangezogen.

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Abb. 4.13
Zwei Demodex-Milben im Inneren der Wurzelscheide (Pfeile) (Lichtmikroskop 4x).

Das Aussehen gesunder Haare wird im Kapitel 1 beschrieben. Im Folgenden wird auf die wichtigsten pathologischen Befunde eingegangen.

Wenn man bei einem sehr unruhigen Tier den Verdacht auf Demodikose stellt, die Anfertigung eines Hautgeschabsels nicht möglich ist und man dem Tier eine Sedierung ersparen möchte, drängt sich die trichoskopische Untersuchung geradezu auf. Ebenso lässt sich die trichoskopische Untersuchung anwenden, wenn ein Hautgeschabsel in bestimmten Körperregionen wie Lippen, Augenlidern und im Zwischenzehenbereich nicht oder nur sehr schmerzhaft durchgeführt werden kann. Einschränkend muss festgehalten werden, dass die Anzahl der mit dieser Technik gewonnenen Parasiten geringer ist als mit dem Geschabsel, sodass sie wegen der hohen Anzahl falsch negativer Ergebnisse nicht als Technik für eine Verlaufskontrolle geeignet ist. Die Parasiten leben im Inneren des Infundibulums des Haares und lassen sich sehr leicht mit dem Haar gewinnen. Man sieht sie dann entweder frei liegend im Paraffinöl oder am Haarschaft haftend, manchmal teilweise von Keratinklumpen verdeckt (Abb. 4.13). Bei einem negativen Befund empfiehlt es sich, das Präparat einige Zeit ruhen zu lassen. Nach zehn bis 30 Minuten treten die Parasiten hinter den Keratinklumpen hervor und sind dann besser zu erkennen.

Mit der Trichoskopie kann man je nach Erfahrung des Untersuchers Dermatophytosen in 60–70% der Fälle diagnostizieren. Die infizierten Haare sind oft mit Sporen überzogen und von Hyphen durchsetzt (Abb. 4.8): Die Haare haben eine unregelmäßige (schmutzig aussehende) Oberfläche und sind an einem Ende abgebrochen. Die Sporen sind sphärisch, doppelt lichtbrechend, haben einen Durchmesser von 3–8 nm und sind perlschnurartig oder traubenförmig an der Haaroberfläche angeordnet. Es ist sinnvoll, jene Haare zu untersuchen, die fluoreszenzpositiv sind, was das Auffinden von Hyphen erleichtert. Keratinklumpen und ausgefranste Haare können fälschlicher Weise mit Hyphen verwechselt werden. Aufgrund der geringen Sensibilität der Methode sollte man bei zweifelhaften und negativen Befunden eine Pilzkultur folgen lassen. Damit kann man die Diagnose Dermatophytose bestätigen oder ausschließen (s. Kap. 4.7).

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Abb. 4.14
Haarwurzel in Anagenphase. Die Wurzel ist abgerundet und dicht pigmentiert (Lichtmikroskop 4x).

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Abb. 4.15
Spindelförmige Haarwurzel in der Telogenphase (Lichtmikroskop 4x).

Manchmal findet man am Haar haftend Läuse oder Cheyletiella oder deren Nissen.

Auch bei der Diagnose von Pathogenesen nicht entzündlicher Alopezien kann die Trichoskopie von Nutzen sein. Die Beurteilung von Wurzel und Spitze kann darüber Aufschluss geben, ob die Haarlosigkeit selbst verursacht ist (durch Lecken bei der Katze). Findet man zahlreiche Haarwurzeln in der Anagenphase (Abb. 4.14) und sind die Haarspitzen abgebrochen, so ist dies diagnostisch für Selbsttraumata. Findet man im Unterschied dazu einen Großteil oder die Gesamtheit der Wurzeln in der telogenen Phase vor (Abb. 4.15) und sind die Spitzen intakt, so kann der Haarlosigkeit eine metabolische oder hormonelle Ursache zugrunde liegen. Noch gibt es keine endgültigen Erkenntnisse über das physiologische Verhältnis zwischen Haaren im Wachstum und Haaren in Ruhe. Dies schwankt sehr stark zwischen den Jahreszeiten und es gibt große Rasseunterschiede (Tab. 4.2). Wenn man ausschließlich Wurzeln in der Telogenphase findet, die Haare sehr leicht epilierbar sind und dann haarlose Haut überbleibt, so ist dies pathologisch.

Tabelle 4.2: Verhältnis zwischen Haarwurzeln in Anagen- und Telogenphase (hinweisende Werte)

 
Winter 10/90
Sommer 50/50
Pudel 90/10 bis 100/0
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Abb. 4.16
Haarwurzel mit unphysiologischem Aussehen (Lichtmikroskop 4x).

Missgebildete Wurzeln kann man bei Follikeldystrophien/- dysplasien und bei der Alopecia areata finden (Abb. 4.16). Die häufigsten Ursachen für Missbildungen des Schaftes sind die Alopezie der Farbmutanten oder Dysplasien der schwarzen Haare. In diesen Haaren ist das Melanin nicht fein verteilt, sondern neigt zu Klumpenbildung. Diese kann zur Verletzung der Oberflächenintegrität des Haaroberhäutchens und zum Bruch des Haares führen. In schwerwiegenderen Fällen findet man Melaninaggregate frei in den Keratinklumpen, die den Haarschäften anliegen. Bei den Farbmutanten (Abb. 4.17) findet man solche Melaninansammlungen auch in den hellen Haaren; sie erreichen jedoch nicht diese Größe und sind nicht zahlreich genug, um einen Haarbruch und in Folge eine Hypotrichose zu verursachen. Unregelmäßigkeiten und Missbildungen der Haare kann man auch bei Nahrungskarenz und einseitiger Ernährung sowie bei Tieren, die dauerhaft mechanischen oder chemischen Einflüssen ausgesetzt sind, sehen (Baden mit aggressiven Mitteln, Kratzen, topische Antiparasitika). Sie können aber auch Artefakte, die durch die Pinzette verursacht wurden, oder idiopathischen Ursprungs sein, wie bei der seltenen Trichorrhexis nodosa.

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Abb. 4.17
Haarschaft eines Farbmutanten. Im Inneren der Haarrinde sind Pigmentaggregate zu erkennen (Lichtmikroskop 10x).

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Abb. 4.18
Ein aus Keratin bestehender Follikelpfropf. Im Inneren erkennt man kleine gekrümmte Sekundärhaare (Lichtmikroskop 10x).

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Abb. 4.19
Zum Sammeln von Schuppen wird das Haarkleid gekämmt.

Wenn Hautkrankheiten Komedonen ausbilden, die Follikel dilatieren, oder wenn es zu einer follikulären Keratose kommt, wie bei Hormonerkrankungen, bei der Sebadenitis, bei der Demodikose oder bei der Vitamin-A-reaktiven Dermatose, so können großflächige Keratinaggregate beobachtet werden, die manchmal als »Keratinmanschetten« (follicular cast) anzusprechen sind. Im Inneren dieser Ansammlungen sieht man dünne Sekundärhaare. Die Keratinklumpen erlauben es den Haaren nicht, an die Hautoberfläche zu treten, weshalb sie sich im Verlauf des Wachstums einringeln (Abb. 4.18).

4.6 Mikroskopische Untersuchung der Schuppen und Klebestreifenabklatsch

Die mikroskopische Untersuchung der Schuppen erweist sich von Vorteil bei einer trockenen Seborrhoe, um die Diagnose einer Cheyletiella-Dermatitis oder seltener einer Dermatophytose zu bestätigen. Die Schuppen sammelt man am besten mit einem Kamm mit eng gestellten Zinken (Abb. 4.19), wie oben beschrieben, oder man sammelt sie direkt vom Tisch ein, nachdem man das Tier mit der Hand energisch gestriegelt hat und die Schuppen auf den Untersuchungstisch gefallen sind.

Ebenso kann man mithilfe eines durchsichtigen Klebestreifens die Schuppen direkt durch Abklatsch gewinnen. Dabei presst man den Klebesteifen mehrmals auf jene Hautstellen, die besonders stark mit Schuppen bedeckt sind (Abb. 4.20). Anschließend drückt man den Klebestreifen auf einen Objektträger und betrachtet ihn bei 4- und 10-facher Vergrößerung im Mikroskop. Zusätzlich kann man noch einen feinen Paraffinölfilm zwischen Streifen und Objektträger aufbringen. Dies unterbindet die Bildung von Luftblasen, welche bei der Untersuchung störend sein können. Die Untersuchung des Präparates muss systematisch und vollständig erfolgen, da bei Cheyletiella-Befall die Anzahl der Parasiten meist sehr gering ist, sodass selbst ein negativer Befund die Diagnose nicht ausschließt. Dieselbe Technik des Klebesteifenabklatsches kann man auch verwenden, um das gewonnene Material zytologisch beurteilen zu können. Hier wird man insbesondere Malassezia suchen. Ebenso verfährt man, wenn man Hyphen und Pilzkulturen von einem Nährboden beurteilen will. Beides wird im Folgenden beschrieben.

4.7 Pilzkultur

Die Pilzkultur ist immer dann angezeigt, wenn man fokale oder multifokale Alopezie, Hautschuppung, Paronychia und Läsionen an den Krallen vorfindet. Beim Hund kommen noch noduläre oder plaqueartige Effloreszenzen hinzu, die verdächtig für ein Kerion erscheinen. Es gibt vielfältige Methoden zum Sammeln und Anzüchten von Proben.

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Abb. 4.22
Gewinnung von Probenmaterial aus dem Krallenbett.

4.7.1 Haarezupfen

Liegen pilzverdächtige Haare vor, so genügt es, diese mit einer sterilen Arterienklemme auszuzupfen. Dabei muss aber versucht werden, auch den intrainfundibulären Teil des Haares zu erfassen. Ebenso empfiehlt es sich, Haaren, die bei der Untersuchung mit dem Wood-Licht fluoreszenzpositiv waren, den Vorzug zu geben. Lange Haare werden wurzelseitig bis auf 1 cm gekürzt (Abb. 4.11) und der proximale Teil wird auf den Nährboden aufgebracht, ohne die Bodenoberfläche zu durchstoßen, sodass die Haare gleichmäßig und gut haftend auf dem Nährboden zu liegen kommen (Abb. 4.21).

4.7.2 Geschabsel

Hegt man den Verdacht, dass eine Infektion des Stratum corneum vorliegt und das Keratin des Follikels (wie z. B. bei Microsporum persicolor) nicht betroffen ist, so gewinnt man am besten mithilfe eines vorsichtigen oberflächlichen Geschabsels Hautschuppen. Die Skalpellklingen Nr. 10 oder 20 müssen dafür steril sein. Ähnlich gestaltet sich die Entnahmetechnik, wenn Untersuchungsmaterial von der Kralle oder vom Krallenbett gewonnen werden soll (Abb. 4.22). Die Schuppen werden dann auf dem Nährboden verteilt und mithilfe der Klinge am Nährboden leicht angedrückt.

4.7.3 McKenzie-Technik

Will man beim Fehlen von Effloreszenzen eine Probe des gesamten Fells ansetzen (z. B. zur Therapiekontrolle), empfiehlt es sich, eine neue, sterile Zahnbürste oder sterilisierte Rundbürsten zu verwenden. Das gründliche Bürsten wird für mindestens fünf Minuten durchgeführt (Abb. 4.23). Insbesondere sollten jene Bezirke, in denen die ursprünglichen Läsionen gefunden wurden, und jene Hautareale (Schnauze und Pfoten), die bekannterweise häufig betroffen sind, mit eingeschlossen werden. Beim Ansetzen der Kultur sollte man jene Haare nicht vergessen, die zwischen den Borsten zu liegen kommen. Durch leichtes Andrücken der Borsten auf den Nährboden kann man auch jene Sporen gewinnen, die auf den Borsten haften. Mit einer sterilen Pinzette überträgt man einige Haare in die Schale (Abb. 4.24).

4.7.4 Die Kralle als Untersuchungsmaterial

Wenn sich die Kralle von der Matrix löst, kann sie für eine Pilzkultur verwendet werden. Dafür muss man sie allerdings zuerst in Alkohol legen und anschließend gut trocknen. Danach schneidet man mit steriler Schere und Pinzette kleine Teile vom proximalen Ende ab. Anschließend verteilt man sie homogen auf den Nährboden und drückt sie vorsichtig an (Abb. 4.25).

4.7.5 Nährböden für die Pilzuntersuchung

Für die Pilzkultur eignen sich DTM(Dermatophyte Test Medium)-Nährböden. Es handelt sich dabei um einen modifizierten Sabouraud-Agar, der mit Cyclohexamid, Gentamicin und Chlortetracain zur Hemmung des Wachstums von saprophytären Pilzen und Bakterien und mit dem Indikator Phenolrot versetzt ist. Im sauren Milieu ist er gelb, wird der Boden alkalisch, schlägt die Farbe in ein Rot um. Dermatophyten, die mit Vorliebe Proteine verstoffwechseln, erzeugen basische Produkte rascher als andere Pilze, die in erster Linie Kohlenhydrate nutzen. Dies führt zu einem frühen Umschlagen des Indikators nach rot. Wenn der rote Farbumschlag zeitgleich mit dem Myzelwachstum erfolgt, spricht dies für Dermatophyten. Findet der Umschlag erst einige Tage nach dem Myzelwachstum statt (10–14 Tage), so liegt mit aller Wahrscheinlichkeit ein Saprophyt vor. Darum sollte man beimpfte Böden täglich begutachten. Ausnahme zu dieser Regel sind einige saprophytäre Stämme von Aspergillus, die zu einem frühzeitigen Farbumschlag führen, und einige pathogene Keime, die auf diesem Boden überhaupt nicht anwachsen, wie z. B. Cryptococcus neoformans, einige Arten von Candida und einige Erreger der Phäohyphomykose.

Weil die Probengewinnung von Böden aus Petrischalen einfacher ist als von Böden in Flaschen, sollte ersteren der Vorzug gegeben werden. Doppelnährböden – DTM auf der einen und Sabouraud auf der anderen Seite – erlauben die Erkennung des Dermatophyten sowohl durch den Farbumschlag als auch durch die makroskopische Beurteilung der Kolonie, da auch die Rückseite des Myzels beurteilt werden kann. Dies ist nur auf Sabouraud-Böden möglich.

Beimpfte Platten werden bei Zimmertemperatur oder im Brutkasten bei 25 °C mit dem Deckel nach oben (nicht umgekehrt) bebrütet und täglich beurteilt.

4.7.6 Bestimmung der Spezies

Farbumschlag sowie makro- und mikroskopische Beurteilung der Kolonie erlauben eine Bestimmung von pathogenen Arten. Die am häufigsten anzutreffenden Spezies, Microsporum und Trichophyton, haben eine milchig weiße Farbe auf der oberen Seite und eine gelblich braune auf der unteren Seite. Microsporum canis ist watteartig und scharf abgegrenzt (Abb. 4.26), Trichophyton mentagrophytes macht einen pudrigen Eindruck und zeigt zentripetale Speichen (Abb. 4.27). Wenn Kolonien andere Farben ausbilden als weiß (grün, grau, wie Aspergillus und Penicillus) oder wenn sie an Vorder- und Rückseite schneeweiß sind (Mucor), so kann man davon ausgehen, dass es sich um eine Kontamination handelt.

Proben zur mikroskopischen Betrachtung können von Kolonien ab dem fünften Tag gewonnen werden (Abb. 4.28). Die Entnahme selbst erfolgt folgendermaßen: Ein kleines Stück Klebestreifen wird sehr vorsichtig auf eine Kolonie aufgedrückt. Dabei muss gewährleistet sein, dass sowohl von der Mitte als auch vom Rand Material entnommen wird (Abb. 4.29a). Auf einem Objektträger platziert man einen Tropfen Laktophenol-Baumwollblau und streicht anschließend den Streifen mit der klebenden Seite zum Objektträger auf den Träger (Abb. 4.29b). Die Beurteilung erfolgt bei 10- und 40-facher Vergrößerung. Um einen besseren Kontrast zu erzielen, schließt man den Kondensor ein wenig. Die Dermatophyten bilden sehr dünne und durchsichtige Hyphen. Zum Unterschied dazu sind die Hyphen der Saprophyten dicker, ungeschliffen und bräunlich. Microsporum spp. bringt spindelförmige, dickwandige und septierte Makrokonidien (Makrogameten) hervor (Abb. 4.30). Wanddicke und Septen sind für jede Spezies charakteristisch. Trichophyton mentagrophytes erkennt man an der Anwesenheit von Spiralhyphen, traubenförmigen Mikrokonidien und vereinzelten, zigarrenförmigen Makrokonidien (Abb. 4.31). Im Zweifel sollte man aber die Kolonie der Expertise eines Mykologen überantworten.

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Abb. 4.28
Schematische Darstellung der Makrokonidien der wichtigsten Dermatophyten.

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Abb. 4.29a
Probenentnahme mit einem Klebestreifen von einem Myzel.

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Abb. 4.29b
Ein Objektträger wird mit einem Tropfen Laktophenol-Baumwollblau versehen und der Klebestreifen aufgedrückt.

5 Zytologische Untersuchung
Davide De Lorenzi, Chiara Noli

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Abb. 5.1
Feinnadelaspiration (FNA) aus einem Hautknötchen.

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Abb. 5.2
Nach der Aspiration setzt man die Nadel vom Konus ab und füllt die Spritze mit Luft.

Die zytologische Untersuchung von Proben ist eine nützliche, rasche und preisgünstige Methode, um innerhalb von fünf Minuten wichtige Informationen über eine Effloreszenz zu erhalten. Sie kommt überall dort zum Einsatz, wo noduläre, exsudative, pustulöse, krustige und seborrhoeische Veränderungen – also bei sehr vielen dermatologischen Erkrankungen – vorliegen. In Kapitel 2 wurde eine Liste der notwendigen Geräte und Instrumente erstellt. Bei der Probengewinnung sollte man eindeutig der Qualität den Vorzug vor der Quantität geben. Eine dünn ausgestrichene Probe ist besser zu beurteilen als dicke Schichten von Zellhaufen. Man muss sich vergewissern, dass das entnommene Material für die Effloreszenz, die man untersuchen möchte, aussagekräftig ist.

5.1 Probengewinnung

5.1.1 Probengewinnung durch Feinnadelaspiration (FNA)

Diese Technik kommt bei knotigen Veränderungen, bei Effloreszenzen mit Inhalt oder bei tastbaren Lymphknoten zum Einsatz. Eine mit einer grauen Kanüle (21 G) versehene 5-oder 10-ml-Spritze wird in die Mitte des Knotens gesetzt.

Während die Nadel in der Masse steckt (Abb. 5.1), aspiriert man mit dem Stempel 1–2 ml und lässt ihn wieder los. Dies wiederholt man öfters, indem man den Einstichwinkel verändert, ohne aber jemals die Nadel vollkommen aus der Umfangsvermehrung herauszuziehen. Bevor die Kanüle entnommen wird, lässt man den Stempel los, der bei korrekter Technik wieder in die Anfangsposition zurückkehrt (0 ml). Die aspirierten Zellen befinden sich nun in der Kanüle. Wenn der Stempel durch Lufteintritt nicht mehr in die Basisposition zurückkehrt, empfiehlt es sich, die Entnahme zu wiederholen, da sich das gewonnene Material im Spritzenkonus angesammelt hat, aus dem es nur schwer zu entnehmen ist. Nun zieht man die Kanüle ab (Abb. 5.2), zieht Luft in die Spritze, setzt die Spritze wieder auf die Kanüle und drückt jetzt kräftig den Stempel, sodass die Zellen in der Kanüle auf einen sauberen Objektträger »gespritzt« werden (Abb. 5.3). Wenn das gewonnene Material sehr flüssig ist, so kann man es wie eine Blutprobe ausstreichen (Abb. 5.4). Ist die Probe dickflüssiger, so kann das ganze Material sehr vorsichtig zwischen zwei Objektträgern gequetscht werden (Abb. 5.5).

5.1.2 Probengewinnung durch Nadelfission

Wenn das Untersuchungsmaterial, das bei der FNA durch Aspiration gewonnen wurde, gänzlich aus Blut besteht oder hauptsächlich Blut enthält, so hat es nur eine geringe Aussagekraft für die Beurteilung des untersuchten Gewebes. Man kann durch einfaches Einstechen einer nicht mit einer Spritze versehenen Nadel versuchen, einige Zellen zu gewinnen, was man mehrmals aus verschiedenen Winkeln wiederholt (Abb. 5.6). Anschließend setzt man eine mit Luft gefüllte Spritze auf die Nadel und versucht, die an der Innenwand der Nadel eventuell haftenden Zellen mit Druck auf einen Objektträger zu spritzen. Diese Technik eignet sich besonders für die Probenentnahme aus Lymphknoten.

5.1.3 Probengewinnung durch Abklatsch

Diese Technik kommt bei exsudativen Effloreszenzen, bei fettig-schuppigen Hautoberflächen, bei Pusteln, bei Krusten und bei Schnittflächen von Hautstanzen oder bei Exzisionsbiopsien zum Einsatz, nachdem man das entnommene Knötchen halbiert hat. Bei den Hautstanzen und Exzisionsbioptaten versucht man rasch Vorinformationen zu den Proben zu erhalten, bevor sie einer histopathologischen Untersuchung zugeführt werden. Mit dem vorsichtigen und mehrfach wiederholten Abklatschen der Läsion gewinnt man Untersuchungsmaterial. Methodisch ähnlich wird ein Objektträger auf die fettig-schuppige Haut gedrückt (Abb. 5.7) oder das gestanzte Bioptat wird auf einem Objektträger abgerollt (Abb. 5.8). Um Proben von einer Pustel oder von einer Kruste herzustellen, ist es wichtig, die Effloreszenz mit einer 24-G-Kanüle zu öffnen (Abb. 5.9) und die kleine, hervortretende Eitermenge vorsichtig mit einem Objektträger abzunehmen (Abb. 5.10). Die Probenentnahme durch Abklatsch hat den Vorteil, dass die Zellen nicht alteriert werden. Wenn jedoch die Zellen auf dem Objektträger zu dick aufgetragen sind, muss man den Rand nach jenen Arealen absuchen, in denen die Zellen einlagig zu liegen kommen.

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Abb. 5.7
Probengewinnung durch Abklatsch. Seborrhoeische Haut mit Malassezia-Dermatitis.

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Abb. 5.8
Abklatsch einer Hautstanze auf einem Objektträger.

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Abb. 5.9
Eröffnung einer Pustel.

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Abb. 5.10
Abklatsch der eröffneten Pustel.

5.1.4 Probengewinnung durch ein oberflächliches Hautgeschabsel

Wie oben beschrieben, eignet sich das oberflächliche Geschabsel, mit einer 10er- oder 20er-Skalpellklinge für die »Sammlung« von seborrhoeischem Material von der Hautoberfläche ausgeführt, auch zur Darstellung von Hefen. Das gewonnene Material wird auf einem Objektträger dünn ausgestrichen (s. Kap. 4), und, indem man es durch die Flamme zieht, fixiert (Abb. 5.11) sowie anschließend mit handelsüblichen Färbemitteln angefärbt (s. Kap. 5.2).

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Abb. 5.11
Proben mit fettigem Material oder Zerumen müssen fixiert werden, indem man sie kurz durch die Flamme zieht.

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Abb. 5.12
Wattestäbchen wird auf einem Objektträger ausgerollt.

5.1.5 Probengewinnung mit Wattestäbchen (Stieltupfer)

Will man Proben aus Fisteln, dem Zwischenzehenbereich, aus dem Ohrkanal und aus Veränderungen in der Mundhöhle gewinnen, kann man ein Wattestäbchen verwenden. Wird der Stieltupfer mit physiologischer Kochsalzlösung leicht angefeuchtet, eignet sich diese Methode auch für schuppige Hautoberflächen. Nach der Entnahme rollt man das Wattestäbchen auf einem Objektträger aus (Abb. 5.12).

5.1.6 Klebestreifenabklatsch

Der Nachweis von Malassezien oder Bakterien bei einer fettigschuppigen Hautoberfläche gelingt gut mit dem Klebestreifenabklatsch. Hierfür drückt man den Klebestreifen mehrmals auf die Kutis, um die notwendige Menge an Schuppen und fettigem Material zu gewinnen. Im Anschluss wird der Klebestreifen nach derselben Methode wie ein Objektträger gefärbt (s. Kap. 5.2) (Abb. 5.13). Nachdem der Klebestreifen an der Luft getrocknet ist, wird er mit der klebrigen Seite nach unten auf einem Objektträger aufgebracht (Abb. 5.14). Einen besseren Befund erhält man, wenn man zwischen Klebestreifen und Objektträger einen Tropfen Paraffinöl aufbringt.

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Abb. 5.13
Färbung eines durchsichtigen Klebestreifens.

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Abb. 5.14
Nach dem Färben wird der Klebesteifen mit der Klebeseite nach unten auf einem Objektträger aufgebracht.

5.2 Fixierung und Färbung

Kommen Schnellfärbesysteme zur Anwendung, müssen alle Proben vorher luftgetrocknet werden. Bei der Entnahme von fettigem Material (Seborrhoe und Zerumen) sollten die Objektträger durch die Flamme gezogen werden. Dadurch haftet das Material besser am Objektträger und wird bei der Fixierung in Alkohol nicht abgeschwemmt. Unter Praxisbedingungen kommen meistens die für die Hämatologie modifizierten Schnellfärbungen nach Wright zum Einsatz, wie z. B. Diff-Quick® oder Hemacolor®. Hat man frische Lösungen, so taucht man den Objektträger jeweils fünf Sekunden zuerst in die Fixierung (im Allgemeinen Ethylalkohol), dann in das rote und zuletzt in das blaue Färbemittel. Anschließend spült man den Träger entweder unter Leitungswasser oder destilliertem Wasser ab und lässt ihn an der Luft trocknen. Da die Färbekapazität der Lösungen, vor allem der blauen Lösung, rasch verloren gehen kann, sollte man diese häufig erneuern. Die Qualität der Färbung reicht aus, um entzündliches Exsudat und neoplastisches Gewebe grob zu beurteilen. Für eine endgültige zytologische Beurteilung von Krebszellen ist sie aber nicht ausreichend. Dafür sollten gleich mehrere Präparate vorbereitet werden, um sie ungefärbt einem Diagnostiklabor zu einer zytologischen Beurteilung zukommen zu lassen. In der Tumordiagnostik empfiehlt es sich, mit wenigen offensichtlichen Ausnahmen (z. B. bei einem Mastzellentumor), sich nicht nur auf eine schnelle Diagnostik unter Praxisbedingungen zu verlassen.

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Abb. 5.16
Ein mit einem Tropfen Klebstoff versetzter Objektträger vor Aufbringen eines Deckgläschens.

5.3 Beurteilung und Lagerung der Proben

Bei der Beurteilung am Mikroskop beginnt man zunächst mit der vierfachen Übersichtsvergrößerung, um dann zur zehn-, 40- und 100-fachen Vergrößerung überzugehen. Bei geringer Vergrößerung werden der Zellreichtum, die Qualität des Präparates und die Färbung beurteilt. Zur Diagnose werden nur ganze Zellen und keine »nackten« Kerne herangezogen. Die Kerne färben sich dunkelblau, eosinophile Granulozyten enthalten orangerote Granula. Wenn die Färbung blass erscheint, so kann man das Präparat von Neuem und etwas länger in die Färbelösungen tauchen. Eventuell sollte man frische Färbelösungen verwenden. Artefakte wie Kristalle (Abb. 5.15), Schmutz oder Schimmel entstehen in alten, nicht gefilterten oder kontaminierten Färbemitteln.

Wenn man Objektträger länger aufbewahren möchte, muss man sie mit einem Tropfen Spezialkleber (Eukitt®, Cristal mount®) (Abb. 5.16) versetzen und mit einem Deckgläschen bekleben. Die Lagerung erfolgt in lichtgeschützten Behältern.

5.4 Zytologischer Normalbefund der Haut

Es ist wichtig, die verschiedenen Zellen von Epidermis, Dermis und Subkutis sowie die unterschiedlichen Entzündungszellen zu kennen und zu unterscheiden.

Zu den Zellen aus der Epidermis gehören Korneozyten, Keratinozyten aus der Körner- und aus der Basalschicht sowie Melanozyten. Korneozyten sind große, vollkommen keratinisierte Zellen. Sie haben keinen Zellkern und sind flach. Ihr Rand ist geradlinig und eckig und sie färben sich rötlich blau. Manchmal rollen sie sich ein und erscheinen dann zigarrenförmig (Abb. 5.17). Die Keratinozyten aus den tieferen Schichten sind etwas kleiner und abgerundeter, sie erscheinen dunkler, färben sich basophil und enthalten einen Kern (Abb. 5.18). Manchmal kann man eine durchsichtige Granulierung erkennen. Dies ist Ausdruck eines noch nicht abgeschlossenen Keratinisierungsprozesses der Zellen im Stratum granulosum. Melanozyten erkennt man an der typischen schwarzen oder braunen Granula, die leicht lichtbrechend ist. Diesen Effekt kann man erkennen, indem man mit dem Feintrieb die Fokussierungsebene leicht verändert (Abb. 5.19).

In der Dermis liegen Fibroblasten und Fibrozyten. Man erkennt sie an ihrem spindelförmigen Aussehen und dem ovalen Kern (Abb. 5.20). Des Weiteren sind Blutzellen (meistens Erythrozyten) und Talgdrüsenzellen zu erkennen. Letztere sind große Zellen mit viel Zytoplasma. Darin sind Fettvakuolen und ein runder Zellkern enthalten (Abb. 5.21). In der Subkutis liegen vor allem Adipozyten. Diese erkennt man an der großen Fettvakuole und dem randständigen Kern (Abb. 5.22).

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Abb. 5.21
Epithelzellen der Talgdrüsen. Sie kennzeichnen sich durch ein üppiges Zytoplasma und einen randständigen Kern (Hemacolor®, Lichtmikroskop 100x).

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Abb. 5.22
Adipozyten. Man erkennt sie am reichlich mit Fett gefüllten Zytoplasma und dem randständigen Kern (Hemacolor®, Lichtmikroskop 100x).

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Abb. 5.23
Aufarbeitung einer zytologischen Probe.

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Abb. 5.24
Neutrophiler Granulozyt (Pfeil) (Hemacolor®, Lichtmikroskop 100x).

5.5 Zytologie bei Erkrankungen der Haut

Die zunächst wichtigste Information, die sich aus der Untersuchung einer zytologischen Probe ergibt, ist ihre Differenzierung in einen entzündlichen oder neoplastischen Prozess. Ein entsprechender Algorithmus erläutert das Vorgehen bei der Bewertung zytologischer Proben (Abb. 5.23).

5.6 Entzündungszellen

Bei jedem entzündlichen Vorgang werden Entzündungszellen vom Entzündungsherd angezogen. Die ersten Zellen, die mobilisiert werden, sind die neutrophilen Granulozyten (Abb. 5.24). Dieses typische Bild entsteht z. B. bei Hautentzündungen mit pyogenen Bakterien (Staphylokokken). Jüngere Neutrophile erkennt man an ihrem segmentierten bzw. zweibis dreiteilig gelappten Kern; ältere Zellen weisen eine vieroder fünffache Segmentierung auf. Neutrophile sind die wichtigsten phagozytierenden Zellen, weshalb im Inneren ihres Zytoplasmas oft Bakterien zu sehen sind (Abb. 5.25). Wenn die Bakterien Toxine herstellen, erfahren die Neutrophilen eine toxische Degeneration, was durch eine Kernschwellung sichtbar wird (Abb. 5.26). Alte Neutrophile erkennt man an den Kernveränderungen: Wenn der Kern klein ist und sich sehr dunkel anfärbt, so spricht man von Kernschrumpfung (Pyknose [Abb. 5.27], Karyopyknose [Abb. 5.28] bzw. wenn der Kern sich noch stärker fragmentiert, Karyorrhexis [Abb. 5.29]). Neutrophile Granulozyten werden bei allen akuten, subakuten oder chronischen Entzündungen angetroffen sowie bei autoimmunvermitteltem Geschehen.

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Abb. 5.25
Neutrophiler Granulozyt mit intrazellulären phagozytierten Kokken (Pfeil) (Hemacolor®, Lichtmikroskop 100x).

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Abb. 5.26
Neutrophiler Granulozyt (Mitte) mit phagozytierten Bakterien und vergrößertem, hyalinisiertem Kern (May-Grünwald-Giemsa, 100x).

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Abb. 5.27
Neutrophiler Granulozyt mit beginnender Pyknose (Hemacolor®, Lichtmikroskop 100x).

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Abb. 5.28
Neutrophiler Granulozyt (Mitte) mit phagozytierten filamentösen Bakterien und Karyolyse als Folge der rupturierten Kernmembran (May-Grünwald-Giemsa, 100x).

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Abb. 5.29
Neutrophile Entzündung. Einige Zellen zeigen multiple Bruchstücke des Zellkerns (Karyorrhexie) mit zahlreichen nukleären Chromatinfragmenten (May-Grünwald-Giemsa, 100x).

Nach einigen Stunden wandern Histiozyten (Makrophagen) (Abb. 5.30) in den Entzündungsherd ein. Diese Zellen sind deutlich größer und haben einen großen runden oder nierenförmigen Kern. Das Zytoplasma kann verschieden große und verschieden gefärbte Vakuolen enthalten, je nachdem, was die Zellen phagozytiert haben. Makrophagen sind in der Lage, Bakterien, Pilzelemente (Hefen), Parasiten (Leishmanien) und Fremdkörperfragmente sowie rote Blutkörperchen (in Hämatomen) und andere degenerierte Entzündungszellen zu phagozytieren. Kleine helle Vakuolen sind ein Zeichen für Aktivität. Darüber hinaus können Makrophagen vor allem im Verlauf einer Fremdkörperreaktion mehrkernige Riesenzellen bilden (Abb. 5.31).

Im Verlauf chronischer Entzündungen (nach 7–10 Tagen) findet man Lymphozyten (Abb. 5.32) und Plasmazellen. Lymphozyten weisen einen kleinen, runden Kern auf. Plasmazellen haben ein etwas üppigeres, basophiles Zytoplasma. Darin findet sich eine kleine Aufhellung, der Golgi-Apparat (Abb. 5.33). Plasmazellen sind verantwortlich für die Herstellung von Antikörpern. Wenn diese Zellen sehr aktiv sind, sammeln sich die Antikörper in großen Vakuolen, den sogenannten Russel-Körperchen (Abb. 5.34).

Fibroblasten und Fibrozyten (Abb. 5.35) können in unterschiedlicher Anzahl bei chronischen Entzündungen vorliegen und sind Ausdruck einer reaktiven Fibroplasie als Folge der Gewebszerstörung während des inflammatorischen Prozesses.

Häufig können diese Zellen atypische Morphologien wie Anisozytose oder Anisokaryose (s. Tumorzytologie), Änderungen im Verhältnis zwischen Nukleus und Zytoplasma und (atypische) Mitosen aufweisen. Bei Präsenz einer gemischten Zellpopulation mit für chronische Entzündung typischen Zellarten sollten eventuelle Malignitätskriterien extrem vorsichtig interpretieret und die Probe nach einer antibiotischen Therapie wiederholt werden. Falls der Verdacht auf ein neoplastisches Geschehen weiterhin vorliegt, sollte eine histopathologische Untersuchung eingeleitet werden.

Bei Allergien, Parasitosen oder Furunkulosen beobachtet man auch eosinophile Granulozyten (Abb. 5.36). Diese Zellen erkennt man an ihrer Segmentierung in zwei Teile. Die Granula ist beim Hund eosinophil, rund und von unterschiedlicher Größe; bei der Katze ist sie länglich und uniform. Häufige Begleiter der Eosinophilen sind die Mastzellen (Abb. 5.37). Es sind große Zellen mit purpurfarbener Granula.

5.7 Krankheitserreger

Bakterien sind die am häufigsten vorkommenden Krankheitserreger. Sie werden anhand ihrer Zahl, ihrer intra- oder extrazellulären Lage und ihrer Form beurteilt. Kokken (rundliche Bakterien, im Allgemeinen sind es Staphylokokken) sind häufig anzutreffen (Abb. 5.25); seltener findet man Stäbchen, wie z. B. Pseudomonas spp. (Abb. 5.38) oder gemischte Infektionen. Da eine zytologische Differenzierung der Stäbchen nicht möglich ist, empfiehlt es sich, bei Vorliegen dieser Erreger eine Bakterienkultur und ein Antibiogramm anzusetzen. Lassen sich phagozytierte, intrazelluläre Bakterien in den Neutrophilen erkennen, so ist dies diagnostisch für eine Pyodermie; findet man extrazellulär Bakterien, so ist dies Zeichen für eine Kontamination, die nicht aussagekräftig für die Effloreszenz ist. Bei tiefen Pyodermien sind Bakterien in geringer Anzahl vorhanden und nur schwer aufzufinden.

In Probematerial von Haut und Ohrkanal sieht man des Öfteren vereinzelte Malassezien (Abb. 5.39). Dies ist ein physiologischer Befund. Sie sind zahlreich anzutreffen, wenn es sich um eine Seborrhoea oleosa oder eine Otitis ceruminosa handelt. Malassezien sind größer als Bakterien und haben die Form von Erdnüssen (breite unipolare Sprossung). Sie färben sich unterschiedlich von hellblau bis dunkelviolett an. Hefen treten immer extrazellulär auf, oft haften sie den Korneozyten an. Das Vorkommen von neutrophilen Granulozyten im Zusammenhang mit einer Malassezia-Infektion ist eine Seltenheit. Sehr selten ist das Vorkommen anderer Hefen, wie Cryptococcus (Abb. 5.40) oder Candida (Abb. 5.41).

Leishmania (Abb. 5.42), ein einzelliger Parasit, wird mithilfe der FNA durch Aspiration aus Hautknötchen oder aus Lymphknoten von infizierten Hunden nachgewiesen. In beiden Fällen findet man die parasitären Organismen sowohl phagozytiert in den Makrophagen als auch frei im Hintergrund des Präparates.

5.8 Entzündungsmuster in der Zytologie

Man unterscheidet in der Zytologie vier wichtige Typen von Entzündungsmustern.

1) An Entzündungszellen sind nur neutrophile Granulozyten aufzufinden (Abb. 5.43).

Es handelt sich mit aller Wahrscheinlichkeit um eine bakterielle Infektion, insbesondere wenn die vorkommenden Neutrophilen eine Kernschwellung zeigen und degeneriert erscheinen. Beim Mikroskopieren mit starker Vergrößerung und Immersionsöl lassen sich sehr leicht phagozytierte Bakterien finden. Dieses für die oberflächliche eitrige Hautentzündung charakteristische Muster erkennt man bei Probenmaterial, das typischerweise von Pusteln oder unter Krusten liegenden Hautläsionen stammt. Wenn man Untersuchungsmaterial unter den Krusten entnimmt, so trifft man auch auf extrazelluläre Bakterien.

Im Verlauf von seltenen sterilen pustulösen Erkrankungen sieht man gut erhaltene, intakte und hypersegmentierte Neutrophile. Wenn sie mit kernhaltigen, runden und basophilen Akanthozyten vergesellschaftet vorkommen, so sollte man an einen Pemphigus foliaceus denken (Abb. 5.44). Für eine weiterführende Abhandlung der zytologischen Befunde bei Pusteln wird auf das Kapitel 8 verwiesen. Manchmal findet man neutrophile Granulozyten auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen wie Demodikose (pustulöse Form), dem Kerion mit Hyphen und Sporen von Pilzen oder der Leishmaniose (pustulöse Form).

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Abb. 5.44
Ansammlung von gut erhaltenen neutrophilen Granulozyten und zahlreichen runden, basophilen und akantholytischen Zellen (Hemacolor®, Lichtmikroskop 40x).

2) Zwischen den Entzündungszellen sind Histiozyten und Makrophagen zu finden (Abb. 5.45).

Die Zellreihe der Makrophagen/Monozyten wandert erst einige Stunden nach den Neutrophilen in den Entzündungsherd ein. Diese Zellen treten bei tiefen eitrigen Hautentzündungen auf. Sie werden mit degenerierten Neutrophilen und wenigen intrazellulären Bakterien gesehen. Eine pyogranulomatöse Entzündung liegt vor, wenn die Neutrophilen den Hauptanteil der Zellpopulation bilden. Ein Beispiel dafür ist die Furunkulose. Stellen aber die Makrophagen mehr als die Hälfte der anwesenden Zellen, bezeichnet man dies als granulomatöse Entzündung. Im Allgemeinen begleitet diese Pilzinfektionen, atypische Bakterieninfektionen, Leishmaniosen, Fremdkörperreaktionen oder sterile granulomatöse Entzündungen. Beispiele für die Letztgenannten sind die feline Xanthomatose, die kutane und die systemische Histiozytose, das (pyo-)granulomatöse Syndrom des Hundes und die noduläre sterile Pannikulitis.

Wenn das Präparat für ein granulomatöses Entzündungsmuster spricht und die Ätiologie nicht offensichtlich ist, so empfiehlt sich eine Probenentnahme in Form einer Hautstanze oder von Exsudaten aus tiefer liegenden Geweben zur Bakterien- und Pilzkultur. Für das Labor ist die Information, dass es sich möglicherweise um eine tiefe Mykose oder eine atypische Bakterieninfektion handelt, sehr wichtig. Deshalb muss darauf hingewiesen werden.

3) Zwischen den Entzündungszellen sind Lymphozyten und Plasmazellen zu finden (Abb. 5.46).

Bei chronischen Veränderungen (älter als 7 Tage) ist das Auftreten von Lymphozyten nichts Ungewöhnliches. Sind Lymphozyten und Plasmazellen vorherrschend, kann das ein Hinweis auf einen starken Antigen-Stimulus, eine Entgleisung des Immunsystems oder einen Tumor sein. Beispiele für dieses Muster sind die plasmazelluläre Pododermatitis der Katze, einige Autoimmunerkrankungen und das epitheliotrope Lymphom. In jedem Fall ist es angeraten, ein Bioptat zur Diagnosebestätigung zu entnehmen.

4) Zwischen den Entzündungszellen sind Eosinophile und Mastzellen zu finden (Abb. 5.47).

Bei der Katze ist der eosinophile Granulozyt eine Entzündungszelle, die bei sehr vielen felinen Dermatopathien vorkommt. Deshalb findet man sie bei zahlreichen Effloreszenzen der Katze. Zum Unterschied dazu ist das Auftreten dieser Zelle beim Hund weniger häufig. Hier sind sie Hinweis auf Allergien, Parasitosen und Arthropoden (Sarcoptes-Räude, Flohbefall, nasale eosinophile Furunkulose), auf eosinophile Granulome (Prädisposition des Siberian Husky) oder auf eine bakterielle Furunkulose. Manchmal findet man sie auch im Verlauf eines Pemphigus foliaceus und anderer seltener Autoimmunerkrankungen.

5.9 Tumorzytologie

Wenn Zellen eines Präparates vom selben Typ sind, dieselbe homogene Form und Größe besitzen und keine Entzündungszellen (insbesondere Neutrophile) vorliegen, handelt es sich wahrscheinlich um eine neoplastische Veränderung. Bei tumorösen Läsionen ist es notwendig, die ursprüngliche Zelllinie und deren biologisches Verhalten zu klassifizieren, also den Tumor als benigne oder maligne einzustufen.

5.9.1 Bestimmung der Zelllinie

Aus diagnostischer Sicht werden Tumoren in Bezug zur ursprünglichen Zelllinie als Erstes in drei Kategorien unterteilt: epitheliale, mesenchymale und rundzellige Neoplasien. Diese morphologische Klassifikation erlaubt fast immer zunächst eine Zuordnung der Probe in eine der Kategorien. Im nächsten Schritt werden im Detail die zytomorphologischen Charakteristiken der Zellpopulation untersucht.

Epitheliale Herkunft: In zytologischen Präparaten von epithelialen Tumoren dominieren zahlreiche und in Clustern organisierte Zellen; Letztere bestehen aus Zellverbänden, die durch Desmosomen miteinander verbunden sind und deren zytoplasmatische Grenzen somit verloren gehen. Die Zellverbände können charakteristische, epitheliale (Plattenepithelien) oder glanduläre architektonische Muster bilden (Azini, Alveolen, Papillen oder Tubuli) und geben dadurch deutliche Hinweise auf den Ursprung der Läsion. Die einzelnen zytoplasmareichen Zellen sind rundlich oder oval, der Zellkern liegt zentral oder parazentral und es befinden sich gut abgrenzbare Vakuolen oder Granula im Zytoplasma. Eine Ausnahme stellt das differenzierte Plattenepithelkarzinom dar, bei dem die eher polygonalen, deutlich abgegrenzten Zellen einzeln und nicht in Gruppen liegen.

Mesenchymale Herkunft: Die Zelldichte der Proben ist, von Ausnahmen abgesehen, eher geringgradig, da im Binde- und Strukturgewebe enge interzelluläre Verbindungen bestehen; die Zellen liegen vereinzelt oder in kleinen Clustern und bilden wellenförmige Bündel oder gruppieren sich um Blutgefäße (perivaskuläre Architektur). Eine weitere Charakteristik bei mesenchymalen Tumoren ist das Vorliegen einer rosafarbenen oder rötlichen Substanz zwischen den Clustern (Grundsubstanz), welche die von den Zellen sezernierte, unreife interzelluläre Matrix darstellt. Durch die zytoplasmatische Ausstülpung zweier länglicher Pole erscheinen die Zellen spindelförmig. Der Zellkern ist oval und liegt mittig. Durch die extreme Variabilität der mesenchymalen Gewebe im Organismus können auch Tumoren dieses Ursprungs extrem unterschiedliche Morphologien aufweisen.

Rundzelltumoren: Feinnadelaspirate ergeben in der Regel Präparate mit hoher Zellularität, da die Zellen weder Cluster bilden noch eine starke interzelluläre Kohäsion besteht. Die Zellen sind rundlich bis oval, enthalten einen Zellkern, wobei das Verhältnis zwischen Zellkern und Zytoplasma relativ hoch ist. Zu diesen Tumoren zählen Lymphome, Mastzelltumoren, Histiozytome, ansteckender venerischer Tumor und Plasmozytom.

Detailliertere Beschreibungen einiger der hier erwähnten Neoplasien finden sich am Ende des Kapitels. In der diagnostischen Zytologie hat ein wichtiges und aussagekräftiges Malignitätskriterium Bedeutung: die Präsenz von metastatischen, gewebsfremden Zellen in einem Gewebe, in dem diese nicht zu finden sein dürften. Falls solche Zellen nicht zu finden sein sollten, erlaubt keines der unten aufgeführten Kriterien alleine eine definitive Aussage hinsichtlich Malignität oder Benignität. Die letztendliche zytologische Bewertung wird in Bezug auf Summe und Gewichtung der einzelnen Malignitätskriterien und in Abhängigkeit vom klinischen Verdacht formuliert. Es dürfen weiterhin keinerlei definitive Befunde erstellt werden, wenn die Qualität der Proben nicht angemessen und repräsentativ ist.

5.9.2 Malignitätskriterien

Um einen Tumor als »benigne« oder »maligne« zu klassifizieren, werden die Zellen der Probe hinsichtlich morphologischer Malignitätskriterien untersucht. Diese werden folgendermaßen unterteilt:

Malignitätskriterien der einzelnen Zelle (nukleär oder zytoplasmatisch)

Malignitätskriterien der Zellpopulation

indirekte Malignitätskriterien

Generell beziehen sich die wichtigsten Kriterien auf den Zellkern, das Vorliegen von Mitosen und den Zellaufbau. Auch wenn bei einer Probe deutliche Malignitätskriterien vorliegen und der Tumor tatsächlich bösartig ist, kann bei Abwesenheit charakteristischer Veränderungen die Malignität einer Läsion (mehr oder weniger repräsentativ in Bezug auf das untersuchte Gewebe) niemals definitiv ausgeschlossen werden. Außerdem existieren Neoplasien (wie z. B. das Analbeutelkarzinom), die zytologisch keinerlei Malignitätskriterien erfüllen und dennoch ein eindeutig malignes biologisches Verhalten zeigen.

Malignitätskriterien der einzelnen Zelle – Morphologische Veränderungen des Zellkerns

1) Irreguläre Kernmembran (Abb. 5.48): Deutliche Formveränderungen der Kernmembran treten bei neoplastischen Zellen häufig auf, während sie bei gesunden Zellen so gut wie nie vorkommen. Diese Profilanomalien äußern sich in bizarren Kernformen mit spitzen, nach außen zeigenden Projektionen, tiefen Einkerbungen oder Schnitten ähnelnden Einschnürungen, also bei allen nicht normal (Euplasie) erscheinenden, regressiven (Retroplasie) und mit erhöhter Aktivität (Proplasie) einhergehenden Erscheinungsbildern.

2) Anomalien von Kerninhalt (Hyperchromatismus) und Verteilung des Chromatins (Abb. 5.49): Diese Veränderungen treten häufig kombiniert auf und werden deshalb gemeinsam beschrieben. Mit dem Begriff Hyperchromatismus sind die Zunahme der Farbintensität durch den erhöhten Gehalt von DNA und die intensivere Färbung des Chromatins gemeint. Dies begründet sich durch die höhere Chromosomenzahl und dementsprechend hohen Proteingehalt (DNA) in neoplastischen Zellen (poliploide Zellen). In vielen Fällen kommt es zur unregelmäßigen Verteilung von Chromatin, zur Bildung von Chromatinklumpen und groben Chromatinfasern sowie zu Verdichtungen am Rande der Kernmembran.

3) Kernanomalien (Abb. 5.50): Durch unterschiedliche pathogene Faktoren können sich Volumen, Form und Zahl der Nukleoli im Zellkern verändern. Vergrößerte Nukleoli (≧ 5 µ) entstehen durch gesteigerte Proteinproduktion im Rahmen von akuten und chronischen Entzündungen oder bei Reparationsvorgängen. In der neoplastischen Zelle kann das Volumen durch eine Transportblockade ihrer Produkte ansteigen. Weiterhin führt die vermehrte Eiweißproduktion zu einer Erhöhung der Anzahl (≧ 5–6) und zur unterschiedlichen Größe der Nukleoli in derselben Zelle (Anisonukleose), was zunächst per se kein wichtiges Malignitätskriterium darstellt. Nukleoli mit bizarren Formen, Spitzen oder Ecken geben im Gegensatz dazu jedoch wichtige und deutliche Malignitätshinweise.

4) Multiplizität von Zellkernen (Abb. 5.51): Wenn in einer Zelle mehrere Kerne vorhanden sind, deutet dies nicht eindeutig auf einen bösartigen Prozess, da es zahlreiche Beispiele für Polynukleose bei normalen, gesunden Zellpopulationen gibt. Eine Malignität kann dann vermutet werden, wenn im Inneren der diversen Kerne Veränderungen festzustellen sind, die den unter den Punkten 1–3 beschriebenen entsprechen. Das Vorliegen mehrerer Zellkerne ist die Folge von (normalen oder pathologischen) Kernteilungen ohne gleichzeitige Trennung des Zytoplasmas oder der Fusion zweier bzw. mehrerer neoplastischer Zellen.

5) Makrokaryose und erhöhtes Kern/Zytoplasma-(N/Z-) Verhältnis (Abb. 5.52): Ein Zellkern, der größer als 10–12 µ ist, sollte als »verdächtig« bewertet werden. Bei Tumorzellen sind die Zellkerne aufgrund des erhöhten DNA-Gehaltes und infolge der erhöhten Hydratation vergrößert, wobei Letztere die Konsequenz des erschwerten Austausches von Ionen und Molekülen auf beiden Seiten der Kernmembran ist (funktionales Kernödem). Bei normalen Zellen besteht ein konstantes Größenverhältnis zwischen Kern und Zytoplasma. Eine der typischsten Malignitätshinweise und Indikatoren für die Differenzierung einer Neoplasie ist die Erhöhung dieses Verhältnisses zugunsten des Zellkerns: Generell gelten Zellen als undifferenzierter, je höher das N/Z-Verhältnis ist.

6) Mitoseanomalien (Abb. 5.53): Ein weiteres wichtiges Malignitätskriterium in Bezug auf den Zellkern ist das Vorliegen von untypischen Mitosen. Als Folge der deutlichen Chromatinveränderungen kommt es zu Störungen des Zellteilungsprozesses und anomalen Kernteilungen. Zu den häufigsten Veränderungen zählen asymmetrische Chromatinverteilung, multipolare Teilung, Ansammlung von Chromosomen an beiden Kernpolen (polare Chromosomen) und verzögerte Chromosomen-Migration in der Anaphase. Daraus resultieren multipolare Zellen mit variablen Kernanomalien oder übergroße und abnorme Zellkerne.

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Abb. 5.52
Makrokaryose. Der Kern der Riesenzelle hat eine Größe von ca. 100 µ. Der Pfeil zeigt auf einen ca. 7 µ großen Erythrozyten (Papanicolaou, 100x).

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Abb. 5.53
Multipolare Mitose: willkürliche Verteilung des Chromatins während der Mitose (May-Grünwald-Giemsa, 100x).

Malignitätskriterien der einzelnen Zelle – Morphologische Veränderungen des Zytoplasmas

Veränderungen des Zytoplasmas sind relativ leicht identifizierbar und liefern deutliche Malignitätshinweise, sollten aber in Relation zu Kernanomalien als sekundäre Indikatoren bewertet werden.

1) Zelluläre Entdifferenzierung (Abb. 5.54): Die Zelldifferenzierung oder -reifung ist ein genetischer Prozess, der zu morphofunktionalen, speziellen Charakteristiken führt, die die Zelle zur Ausübung ihrer Funktion im Organismus benötigt. Auch neoplastische Zellen unterliegen einer Reifung, dieser Prozess ist jedoch unvollständig oder anormal. Man spricht von einem »differenzierten« Tumor, wenn die neoplastischen Zellen zytologisch so eindeutige Ähnlichkeiten zu den ursprünglichen Zellen aufweisen, dass ihre Herkunft zuzuordnen ist. Ein Beispiel dafür liefert der Mastzelltumor Grad I, bei dem die Tumorzellen zahlreiche zytoplasmatische Granula enthalten. Im Gegensatz dazu spricht man zytologisch von einem undifferenzierten Tumor, wenn keine oder nur sehr wenige typische morphologische Charakteristiken erkennbar sind, die eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Gewebe ermöglichen. Beim amelanotischen Melanom fehlen im zytologischen Präparat z. B. fast vollständig die schwärzlich-grünlichen Granula, die charakteristisch für reife Melanozyten sind. Den höchsten Entdifferenzierungsgrad bezeichnet man als Anaplasie.

2) Hyperbasophilie: Eine deutliche Basophilie ist ein typischer Befund bei neoplastischen Zellen. Die intensivere zytoplasmatische Färbung ist Resultat der erhöhten und abnormen Proteinproduktion.

Malignitätskriterien bei Zellpopulationen

Die Applikation von Malignitätskriterien auf Zellpopulationen basiert auf Vergleichen zwischen einzelnen Zellen des Ausstriches und neoplastischen Gewebsfragmenten, die durch die Feinnadelaspiration gewonnen wurden.

1) Pleomorphismus (Abb. 5.55): Eines der wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung einer neoplastischen Zellpopulation ist der Pleomorphismus, also eine ausgeprägte Variabilität bezüglich Form und Volumen einzelner Zellen und insbesondere der Zellkerne und ihres Inhalts. In der Terminologie werden die Unterschiede in Form und Volumen von Zellen als Anisozytose, von Zellkernen als Anisokaryose und von Nukleoli als Anisonukleose bezeichnet, wobei sich letzterer Terminus auch auf die Anzahl bezieht.

2) Hyperzellularität: Dieser Parameter variiert erheblich mit dem untersuchten Tumortyp. Bei Rundzelltumoren können fast immer sehr viele Zellen, bei epithelialen viele und bei mesenchymalen Neoplasien eher wenige Zellen beobachtet werden. Wenn in einem Präparat zahlreiche Mesenchymalzellen sichtbar sind, sollte immer, auch in Abwesenheit von Malignitätskriterien, an eine Neoplasie gedacht werden, insbesondere weil neoplastische Mesenchymalzellen ihre stabile interzelluläre Kohäsion verlieren, die für Bindegewebe so typisch ist.

3) Mitotischer Index: Der mitotische Index drückt das Verhältnis zwischen allen Zellen und sich teilenden Zellen aus. Der Parameter ist für die histologische Bewertung wichtig und indikativ, während er bei der Bewertung zytologischer Ausstriche eher empirisch und subjektiv ist. Die fehlende Verbindung zwischen den einzelnen Zellen und die unterschiedliche Dichte der Zellen in der zytologischen Probe erschweren die Auswertung auch bezüglich der erheblichen Unterschiede, die auf demselben Objektträger vorliegen. Aus zytologischer Sicht liefern einige untypische Zellteilungen viel deutlichere Hinweise auf ein malignes Geschehen als zahlreiche normale Mitosen.

Indirekte Malignitätskriterien

Unabhängig vom Nachweis verdächtiger Zellen existieren Bewertungskriterien, die einen malignen Tumor vermuten lassen und als indirekte Malignitätskriterien bezeichnet werden. Ihre Identifikation seitens des Zytologen sollte diesen veranlassen, nach der Ursache für ihre Präsenz zu suchen. Das verdächtigste dieser Merkmale ist ein Rasen aus nekrotischem Zelldetritus, Proteinpräzipitaten und Makrophagen, die dieses Material phagozytiert haben und auf eine bereits fortgeschrittene Neoplasie deuten könnten (Abb. 5.56). Dieses Phänomen wird als »tumorale Diathese« bezeichnet und ist sowohl Resultat des raschen Absterbens und der Degeneration neoplastischer Zellen (die sich nicht auf normalem Wege teilen und nicht die physiologischen metabolischen Aufgaben erfüllen) als auch Folge davon, dass der auf anormale Weise wachsende und sich ziellos entwickelnde Tumor in Bereichen wächst, in denen die Blutversorgung insuffizient ist und zur Ischämie und Nekrose der Tumorzellen führt.

Gutartige Zellveränderungen mit fälschlich verdächtigen, »unechten« Malignitätskriterien

Bei einigen nicht-neoplastischen Erkrankungen kann es zu zytologisch verdächtigen Zellbildern kommen. Diese Erkrankungen sollten dem Untersuchenden bekannt sein, damit es nicht zu Fehlinterpretationen mit fatalen Konsequenzen kommt.

Benigne zytologische Veränderungen treten bei chronischen Entzündungen mit oder ohne Gewebeheilung und Zellregeneration auf. Der entzündliche Stimulus kann eine Proliferation unreifer Zellen aktivieren, die am Rand der Läsion beginnt und progressiv das neu gebildete Granulationsgewebe bedeckt. Zytologisch kann es zu Kernvergrößerungen, Polynukleose, Hyperchromatismus und Präsenz von Makronukleoli kommen. Das feinkörnige Chromatin ist jedoch gleichmäßig verteilt und zeigt keine groben Aggregate. Die Kernmembran ist regulär, homogen und deutlich erkennbar. In einigen Fällen kommt es allerdings durch die entzündungsbedingte Zelldegeneration eventuell zu Formveränderungen der Kerne. Die Kernmembran erscheint irregulär mit in der Peripherie verklumptem Chromatin, Karyorrhexie und Pyknose. Das Zytoplasma nimmt aber proportional zum Volumen der Kerne zu, sodass es nicht zu abnormem Kern/Zytoplasma-Verhältnis kommt. Bei chronischen Entzündungen können im Zusammenhang mit reaktiven Entzündungszellen (Neutrophile, Lymphozyten, Makrophagen, Fibroblasten usw.) verdächtige Zellen beobachtet werden, deren Präsenz mit größter Vorsicht beurteilt werden muss. Die zytologische Untersuchung sollte nach einer antibiotischen Behandlung eventuell wiederholt und ggf. durch eine histopathologische Untersuchung ergänzt werden.

5.9.3 Zytologische Charakteristiken häufig auftretender Neoplasien der Haut

In der Haut können zahlreiche Neoplasien entstehen, deren makroskopischer Aspekt in keinem Fall Rückschlüsse auf das Herkunftsgewebe zulässt. In diesem Abschnitt werden generelle zytomorphologische Charakteristiken einiger benigner und maligner Hauttumoren beschrieben, die zytologisch relativ einfach identifizierbar sind. Für eine ausführlichere Beschreibung zytologischer Diagnostik kutaner Neoplasien wird auf die entsprechenden zytologischen und onkologischen Fachbücher verwiesen. Die Beschreibung des epitheliotropen kutanen Lymphoms erfolgt in Kapitel 42.

Benignes kutanes Histiozytom

Diese gutartige Läsion (Abb. 5.57) wird als Rundzelltumor klassifiziert. Proben, die durch Feinnadelaspiration gewonnen werden, zeigen eine hohe Zelldichte, da keine interzelluläre Kohäsion besteht und die Zellen in großer Zahl aspiriert werden können. Zytologisch kann ein moderater Pleomorphismus mit leicht basophilem oder fast ungefärbtem Zytoplasma beobachtet werden. Der solitäre Kern ist rund oder oval, in manchen Fällen auch gespalten, was Hinweise auf die Herkunft der Zellen liefert (epidermale Langerhans-Zellen). Mitosen sind wie Anisozytose und Anisokaryose relativ häufig zu beobachtende Charakteristiken, die auch den Verdacht auf das Vorliegen einer malignen Neoplasie aufkommen lassen könnten. In den Ausstrichen kann häufig eine reaktive Zellpopulation mit kleinen, reifen und morphologisch unauffälligen Lymphozyten gefunden werden.

Mastzelltumor

Auch beim Mastzelltumor (Abb. 5.58) handelt es sich um einen Rundzelltumor. In zytologischen Präparaten finden sich eine hohe Zelldichte und aufgrund der Fragilität der Tumorzellen häufig auch zytoplasmatische Granula im Extrazellulärraum. Gut differenzierte Zellen sind rundlich, mit solitärem, rundem, zentralem oder parazentralem Kern, fein verteiltem Chromatin und schwach sichtbarem Nukleolus. In vielen Fällen ist durch die zahlreichen, rötlich gefärbten zytoplasmatischen Granula der Zellkern überlagert, während bei geringer differenzierten Tumoren deutlich weniger oder gar keine Granula auffindbar sind. Maligne Charakteristiken wie Anisozytose, mehrkernige Zellen, sehr große Nukleoli (> 5 µ) und atypische Mitosen können gelegentlich beobachtet werden. Besonders beim Hund können im Zusammenhang mit Mastzellen unterschiedlich viele eosinophile Granulozyten sichtbar sein. Die Prognose für diesen Tumor steht in engem Zusammenhang mit dem histologischen Staging, das unter anderem von der Zahl der Mitosen pro Gesichtsfeld bei hoher mikroskopischer Vergrößerung abhängt. Nach heutigem Wissensstand scheinen zytologisch identifizierte Kriterien in keinem Zusammenhang mit dem histologischen Staging und demzufolge mit der Prognose zu stehen. Die zytologische Untersuchung ist demnach ausschließlich zur Diagnostik, zur Einschätzung der Differenzierung und zur Identifikation eventuell vorliegender morphologischer Atypien heranzuziehen.

Melanom

Diese Neoplasie neuroektodermalen Ursprungs (Abb. 5.59) geht aus Melanozyten, Pigment bildenden Zellen mit grünlich schwarzen, zytoplasmatischen und reflektierenden Granula hervor. Die neoplastischen Zellen können die unterschiedlichste Morphologie und Anordnung auch innerhalb desselben Tumors annehmen: rundlich bis spindelförmig, einzeln oder in Gruppen mit papillärer, pseudoazinöser oder stromaler Architektur. Auch die Menge zytoplasmatischen Pigments variiert stark und kann vom völligen Fehlen (wenig differenzierte Neoplasie) bis zum Vorliegen von Massen an Granula reichen. In manchen Fällen können sogenannte Melanophagen identifiziert werden, die als ursprüngliche Makrophagen zahlreiche Granula phagozytiert haben.

Plattenepithelkarzinom

Bei gut differenzierten Tumoren dieses Typs (Abb. 5.60) imponieren einzelne, große, eckige Zellen mit deutlich begrenztem Zytoplasma. Mit der Romanowsky-Färbung stellt sich das Zytoplasma blau oder hellblau mit eventuell vorliegenden optisch leeren Vakuolen dar, die sich um den Kern gruppieren. Der Kern ist relativ groß, hyperchromatisch (nicht pyknotisch) und zeigt einen deutlich sichtbaren Nukleolus. Die Identifikation einer zytoplasmatischen Keratinisierung in Verbindung mit einem unreifen Kern (Persistenz des Kerns) gibt den charakteristischsten Hinweis auf die Malignität dieses Tumors. Häufig sammeln sich als Reaktion auf das gebildete Keratin, das als Fremdkörper wahrgenommen wird, zahlreiche segmentierte neutrophile Granulozyten um die neoplastischen Zellen. Wenig differenzierte Tumoren enthalten nur selten oben beschriebene Zellen, nach denen im Zweifel und zu diagnostischen Zwecken intensiv gesucht werden muss.

Neoplasien der Zirkumanaldrüsen (Hepatoide Drüsen)

Adenome (Abb. 5.61) und Adenokarzinome der Zirkumanaldrüsen treten bei unkastrierten älteren Rüden relativ häufig auf, können aber auch an untypischen, ektopischen Lokalisationen wie Rutenbasis, Skrotum oder Präputium entstehen. Der Begriff »hepatoid«, der auch zur Beschreibung dieses Tumors genutzt wird, entstammt der auffälligen zytomorphologischen Ähnlichkeit dieser Drüsenzellen mit denen der Leber: Es handelt sich um große Zellen mit basophilem und granulösem Zytoplasma, einem zentralen oder parazentralen Kern und gut sichtbarem Nukleolus. Diese ordnen sich in regelmäßigen Verbänden um eine deutlich abgegrenzte vaskuläre Struktur. In manchen Fällen können kleinere Zellen mit erhöhtem Kern/Zytoplasma-Verhältnis und intensiv basophilem Zytoplasma, sogenannte »Reserve-Zellen«, beobachtet werden. Auch wenn eindeutige Malignitätskriterien zytologisch nicht vorliegen, kann die definitive Einschätzung hinsichtlich des biologischen Verhaltens des Tumors und dessen mögliche Invasion in das umliegende gesunde Gewebe nur durch eine histopathologische Untersuchung erfolgen.

Keratinzysten

Zystische, keratinhaltige Läsionen (Abb. 5.62) bestehen aus einem differenzierten Plattenepithel, das eine mit lamellärem oder amorphem Keratin gefüllte Gewebstasche auskleidet. Durch die Aspiration tritt bräunlich graues, zähes und pastöses Material aus, das sich nicht leicht auf einem Objektträger ausstreichen lässt. Das zytologische Bild ist charakteristisch: reife Plattenepithelzellen mit scharf abgegrenztem, großem, bläulich gefärbtem Zytoplasma, einem zentralen pyknotischen Zellkern und vereinzelt zytoplasmatische Melanosomen. Diese Zellen sind von hyperbasophilem, amorphem oder lamellärem Detritus und Massen von Cholesterinkristallen umgeben. Bei Ruptur der Zysten kommt es zu Infiltraten mit Entzündungszellen (meist neutrophile Granulozyten und aktivierte Makrophagen).

Hämangioperizytom

Bei diesem Tumor handelt es sich um eine mesenchymale Neoplasie (Abb. 5.63) mit extrem variablen zytomorphologischen Charakteristiken, die nicht selten ausschließlich durch histologische und immunhistochemische Untersuchungen definitiv diagnostiziert werden kann. In zytologischen Proben kann eine hohe Zelldichte mit Elementen unterschiedlichster spindelförmiger bis rundlicher Morphologie, einzelnem Kern, gut sichtbarem Nukleolus und basophilem Zytoplasma und in manchen Fällen optisch leeren Mikrovakuolen beobachtet werden. Die Zellen liegen solitär, multipel oder seltener in wirbelförmigen Ansammlungen. Das Vorfinden von multinukleären Zellen mit typischen, in der Zell-Peripherie positionierten Kernen (sog. »Kronen-Zellen«) (Abb. 5.64) vereinfacht die Diagnosestellung.

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Abb. 5.64
Hämangioperizytom: mehrkernige Zelle mit gleichmäßig positioniertem Kern in der Zellperipherie (sog. »Kronen-Zelle«) (May-Grünwald-Giemsa, 100x).

6 Hautbiopsien und Grundlagen der Dermatohistopathologie

6.1 Hautbiopsie

6.1.1 Indikationen

Eine Indikation für eine Hautbiopsie besteht:

wenn Effloreszenzen ein ungewöhnliches Aussehen haben;

wenn der Therapieerfolg ausbleibt;

wenn man eine Erkrankung vermutet, die eine lange Therapie erfordert, oder wenn die Biopsie die einzige Diagnosemöglichkeit bietet (z. B. eine Autoimmunerkrankung);

wenn man eine Erkrankung vermutet, die eine bedenkliche oder für den Patienten kontraindizierte Therapie zur Folge hätte und die Biopsie die einzige Diagnosemöglichkeit bietet (z. B. eine Autoimmunerkrankung);

wenn man einen Tumorverdacht hegt und man eine präoperative Abklärung des Gewebes wünscht (z. B. Mastozytom) oder wenn eine chirurgische Exzision aufgrund der Art des Tumors nicht möglich ist (z. B. beim epitheliotropen Lymphom) und die zytologische Untersuchung nicht diagnostisch war;

bei Verdacht einer nicht-entzündlichen Alopezie und nach Ausschluss aller Hormonstörungen;

bei Juckreiz nach Ausschluss aller parasitären, allergischen und infektiösen Erkrankungen;

bei Verdacht von angeborenen Krankheiten (z. B. Naevus);

bei Verdacht auf Keratinisationsstörungen (z. B. Sebadenitis);

im Allgemeinen bei jeder diagnostisch unklaren Lage.

6.1.2 Vorbereitungen des Tieres

Wenn es der Zustand des Patienten erlaubt, ist es sinnvoll, Bioptate nur nach Verabreichung von Antibiotika über ein oder zwei Wochen zu entnehmen. So kann man bestehende sekundäre Infektionen beseitigen, die in der histopathologischen Beurteilung hinderlich sein könnten. Es bieten sich Cefadroxil 20–30 mg/kg SID (semel in die – einmal täglich), Cefalexin 20–30 mg/kg BID (bis in die – zweimal täglich) oder Amoxicillin/Clavulansäure 20–25 mg/kg BID an. Um eine Infektion der Biopsiestellen und eine sichtbare Narbenbildung zu unterbinden, wird das Antibiotikum bis eine Woche nach Bioptatentnahme verabreicht. Steht das Tier unter Kortisontherapie, so sollte, wenn es der Allgemeinzustand erlaubt, die Bioptatentnahme um 15–20 Tage nach Absetzen der Glukokortikoidtherapie verschoben werden.

6.1.3 Vorbereitungen des Biopsiefeldes

Das Ziel ist es, die oberflächlichen Hautschichten unberührt zu lassen, da diese oft sehr wichtig für die Diagnose sind (Krusten, Pusteln, Schuppen).

Deshalb darf das Kürzen der Haare nur sehr schonend vorgenommen und die Haut auf gar keinen Fall mit chirurgischen Desinfektionsmitteln behandelt werden.

Das Haar wird mit einer Haarschere auf eine Länge von 0,5 cm gekürzt. Dabei müssen die Effloreszenzen erhalten bleiben. Wenn das Haar zu lang ist, stört es bei der Entnahme und Verarbeitung der Biopsieprobe, ist das Haar zu kurz (kürzer als 5 mm), kann es für das Labor schwer sein, sich an der Stanze zu orientieren. Zur Reinigung der Haut genügt es, sie mit einer nicht färbenden Sprühdesinfektion zu behandeln und anschließend trocknen zu lassen, ohne die Hautoberfläche zu betupfen. Wenn man die Bioptatentnahme unter Lokalanästhesie durchführt, kennzeichnet man die Entnahmestellen mit einem Kreis, der mit einem wasserunlöslichen Stift aufgetragen wird.

6.1.4 Anästhesie

Die Bioptatentnahme wird im Allgemeinen unter Lokalanästhesie durchgeführt, da diese sehr rasch erfolgen kann, die Entnahme nur ein kleines Gebiet betrifft und das Setzen von einer oder zwei Hautnähten ausreicht. Nachdem man die Stelle der Entnahme mit einem unlöslichen Farbstift gekennzeichnet hat, injiziert man zwischen 0,5 und 1 ml 2%iges Lidocain ohne Adrenalin (für die Katze verwendet man 1%iges Lidocain; die Gesamtmenge für die Katze darf 2 ml nicht überschreiten) oder ein Analogon subkutan unter die zu entnehmende Effloreszenz. Dabei verteilt man das Mittel gleichmäßig in mehrere Richtungen. Man wartet einige Minuten ab und bereitet in der Zwischenzeit das restliche für die Entnahme notwendige Besteck vor. Eine Allgemeinnarkose ist unumgänglich, wenn

die Patienten Katzen sind; bei sehr ruhigen Katzen und bei Bioptaten vom Körperstamm kann die Entnahme unter Lokalanästhesie versucht werden; für Katzen verwendet man 1%iges Lidocain (eventuell mit physiologischer Kochsalzlösung verdünnt), die Gesamtmenge sollte 2 ml nicht überschreiten, wodurch maximal drei bis vier Stanzen entnommen werden können;

die Entnahmestellen an den Extremitäten unterhalb von Ellbogen und Knie liegen;

die Entnahme von Ballen und Krallenbett erfolgen soll;

die Entnahme vom Kopf (Nasenspiegel, Lippe, Augenlider und Ohrmuscheln) erfolgen soll;

die Entnahmestellen an Genitalien, Skrotum oder Anus liegen;

die Tiere unruhig oder aggressiv sind;

die Läsionen in der Unterhaut liegen und deshalb eine Lokalanästhesie nicht möglich ist.

6.1.5 Entnahme mit der Hautstanze

Nach Möglichkeit sollten größere Stanzmesser (6 oder 8 mm) verwendet werden. Dies erleichtert die Arbeit des Labortechnikers und erhöht die diagnostische Aussagekraft der Biopsie. Der 8-mm-Punch wird am Stamm und an den Schenkeln verwendet, 6-mm-Stanzen kommen an den Ballen und dem Nasenspiegel von mittelgroßen und großen Hunden zum Einsatz. Stanzen von 4 mm Durchmesser sollten nur bei schwierigen anatomischen Verhältnissen verwendet werden, wie Nasenspiegel und Ballen von Katzen und kleinen Hunden und Ohrmuscheln (besonders auf der Innenseite, an der die Haut über dem Knorpel nicht beweglich ist).

Außerdem empfiehlt es sich, immer mehrere Proben (mindestens drei) zu entnehmen. Dies ist besonders wichtig, wenn unterschiedliche Effloreszenzen vorliegen, z. B. eine Papel, eine Pustel, ein Schuppenkranz und ein Fleck. Ebenso ist es ratsam, für Bioptate von verschiedenen Läsionen auch unterschiedliche, durchnummerierte Behälter zu verwenden und im Begleitschreiben auf die Unterschiede (nach Nummern geordnet) einzugehen.

Die Hautoberfläche wird zwischen Daumen und Zeigefinger gespannt und die Biopsiestanze senkrecht darauf gesetzt (Abb. 6.1). Die zu entnehmende Probe liegt in der Mitte des Punch, da sie im Labor zur Verarbeitung immer entlang des Durchmessers halbiert wird. Indem man gleichmäßigen Druck ausübt, wird das Messer so lange in eine Richtung gedreht, bis man die Haut durchstoßen und die Unterhaut erreicht hat. Jetzt zieht man die Stanze zurück, erfasst mit einer Pinzette den Stanzzylinder an der Unterhaut, hebt ihn hoch und schneidet das Bioptat am noch haftenden Gewebefaden ab (Abb. 6.2). Man sollte den Gewebezylinder nicht mit der Pinzette an Epidermis oder Dermis festhalten, da es sonst zu Artefakten kommen und die Beurteilung erschwert werden kann.

Entnimmt man Hautstanzen in Bezirken, in denen keine oder nur eine sehr dünne Subkutis vorliegt (Ohrmuschel), so wird die Gewebeprobe vorsichtig von der Unterfläche gelöst. Dabei muss versucht werden, die Integrität der Epidermis so gut wie möglich zu wahren.

Einige Körperregionen erfordern besonderes Augenmerk, da ein höheres Risiko für Verletzungen an darunter liegenden Gewebestrukturen besteht. Dazu zählen die Phalangen (Beuge- und Strecksehnen), die Lippen (am Lippenrand verlaufen Arterien), die Ohrmuschel (hier liegt die Haut unmittelbar auf dem Knorpel auf), der Nasenspiegel (ebenfalls Knorpelgewebe) und jene Bezirke, in denen man offensichtlich Blutgefäße wahrnehmen kann (Venen des Mammagewebes, Vena cephalica an der Extremität usw. müssen umgangen werden). Wenn man in den oben aufgelisteten Bereichen Probenentnahmen vornimmt, so wird man mit der gebotenen Vorsicht vorgehen und mit der Stanze weniger tief vordringen. Dort, wo es möglich ist, kann man darunter liegendes Gewebe durch das Hochheben einer Falte schützen (Abb. 6.3).

Nach der Entnahme werden die Bioptate auf einem Stück Gaze vorsichtig abgetupft, um das Blut, das bei einer histopathologischen Beurteilung störend wäre, zu entfernen. Im Anschluss wird der Zylinder in 10%iges gepuffertes Formalin gelegt.

Die Wundränder des ausgestanzten Hautbezirks werden je nach Größe mit ein oder zwei Nähten adaptiert. Eine Ausnahme stellen die Stanzlöcher an der Ohrmuschel dar (insbesondere an der Innenseite). Aufgrund der geringen Beweglichkeit der Haut über dem Knorpel ist eine Adaptierung ohne den Knorpel zu verziehen nur schwer möglich. Man wird hier die Verletzung mit einer Tamponade versehen und das Ohr anschließend straff verbinden, um eine Blutstillung zu erreichen. Die Wunde wird dann sekundär vernarben (Hautstanzen werden dort im Allgemeinen mit einem 4-mm-Punch entnommen).

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Abb. 6.5
Für großflächige Effloreszenzen eignet sich die Technik der chirurgischen Exzision.

6.1.6 Exzisionsbiopsie

Eine Entnahme mittels chirurgischer Exzision ist in folgenden Fällen indiziert:

wenn fragile oder sehr ausgedehnte Pusteln oder Vesikel vorliegen (Durchmesser größer als der Punch), die bei einer Punchbiopsie bersten würden

wenn sehr flache und ausgedehnte Erosionen oder Ulzera vorliegen; für die Diagnosefindung ist die Beurteilung des Randes der Läsion wichtig; bei einer Rundstanze kann die Schnittführung nicht gewährleisten, dass der Rand der Effloreszenz in den histologischen Schnitt zu liegen kommt (Abb. 6.4); da bei der Verarbeitung von Biopsien diese vereinbarungsgemäß der Längsachse nach geschnitten werden, wird man die Exzision so ansetzen, dass die Längsachse senkrecht zum Läsionsrand liegt, so kann man sich sicher sein, dass im histologischen Präparat die Übergänge der Läsion dargestellt sind (Abb. 6.5)

wenn Knötchen zur Exzision anstehen; diese werden in toto entnommen

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Abb. 6.6
Bioptatentnahme mittels Exzision.

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Abb. 6.7
Um zu verhindern, dass sich Exzisionsbioptate aufrollen, fixiert man diese auf einem Stück Karton.

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Abb. 6.8
Mangelhafte Aufbereitung einer Gewebeprobe. Eine zu große Probe wurde in einen zu kleinen Behälter mit zu wenig Formalin gegeben. Um die Probe verarbeiten zu können, musste der Behälter aufgeschnitten werden.

Die rautenförmige Exzision führt man mit Skalpell und Klinge aus (Abb. 6.6), sodass entweder eine Effloreszenz in toto oder der Rand einer Läsion in die Mitte der Biopsie zu liegen kommen. Um ein Einrollen des Bioptats zu verhindern, muss man dieses entweder auf ein Stück Karton oder Holz legen (z. B. Teilstück eines Zungenspatels) und eventuell auch mit Injektionskanülen fixieren (Abb. 6.7). Bioptat und Unterlage werden anschließend in Formalin gelegt. Die Probe darf dabei nicht an der Oberfläche schwimmen und das Gewebe muss vollständig in das Formalin getaucht sein. Wenn man Knoten mit einem Durchmesser von > 2 cm einschickt, so werden diese von der Oberfläche her scheibchenweise mit einem Abstand von 1–2 cm eingeschnitten. Diese Schnitte bleiben an der Basis miteinander verbunden. Der Pathologe kann sich dann an der Form und Größe orientieren. Wenn große Gewebeproben zur Untersuchung eingeschickt werden, so sollte das Volumenverhältnis 1 : 10 zwischen Gewebe und Formalin nicht unterschritten werden. Ebenso ist es sinnvoll, dass die Öffnung des Transportgefäßes größer ist als die Gewebeprobe selbst, da das Formalin das eingelegte Gewebe verhärtet und so die Entnahme aus engen Öffnungen unmöglich gemacht wird (Abb. 6.8).

6.1.7 Versenden der Proben

Biopsieproben werden nicht im Kühlschrank aufbewahrt, denn falls die Probe und das Formalin gefrieren sollten, kommt es im histologischen Schnitt zu Artefakten. In Gegenden, in denen im Winter die Gefahr des Einfrierens einer Probe während des Transportes besteht (Temperaturen unter dem Gefrierpunkt), sollte man dem Formalin 10% Alkohol hinzufügen, um dies zu verhindern.

Ausführliche und vollständige Anamnesebögen (Tab. 6.1) sind für den untersuchenden Pathologen sehr wichtig. Je vollständiger der Bogen ausgefüllt ist, umso genauer wird der Befund werden bzw. umso nützlicher werden die Hinweise sein. Wichtig sind das Signalement des Tieres (Tierart, Rasse und Alter), allgemeine klinische Symptome, eine vollständige Beschreibung der Art und Lokalisationen der Effloreszenzen, die Entwicklung und die Dauer der Erkrankung, die Art und der Erfolg der Therapie sowie der Zeitabstand seit Absetzen des Medikamentes. Auch ist es empfehlenswert, jede Probe in einen unterschiedlichen Behälter zu geben und den Entnahmeort sowie die Art der Effloreszenz getrennt zu beschreiben.

6.2 Dermatohistopathologische Terminologie

In diesem Kapitel werden Fachbegriffe erläutert, die bei der Beurteilung histologischer Schnitte von Hautbiopsien und deren klinischer Bedeutung relevant sind. Weiterhin werden die wichtigsten dermatohistopathologischen Muster beschrieben, die für die Interpretation der Befunde herangezogen werden. Es ist immer ratsam, einen regelmäßigen (telefonischen) Kontakt zu demjenigen Dermatohistopathologen zu pflegen, mit dem man zusammenarbeitet.

Epidermale Hyperplasie (Akanthose) (Abb. 6.9): Häufige und unspezifische Reaktion auf äußerliche, traumatische oder entzündliche Einwirkungen, die nicht unbedingt chronisch sein müssen. Man unterscheidet:

regulär

irregulär

papillär

pseudokarzinomatös (sehr ausgeprägt)

Hyperkeratose (oder Keratose): Verdickung des Stratum corneum. Man unterscheidet die orthokeratotische Hyperkeratose (ohne Zellkerne) (Abb. 6.10) von der parakeratotischen Hyperkeratose (mit Zellkernen) (Abb. 6.11). Die Orthokeratose wird wiederum unterteilt in:

basket weave (»korbgeflechtartig«)

lamellär

kompakt

Die Hyperkeratose ist Folge eines chronischen äußerlichen Traumas, auf das die Epidermis mit Verdickung reagiert. Abhängig von der Intensität des Traumas erhöht die Epidermis ihre Keratinproduktion: »korbgeflechtartig« (mildes Trauma) > lamellär > kompakt > Parakeratose (hochgradiges Trauma).

Eine Orthokeratose kann bei atraumatischen Erkrankungen (z. B. Leishmaniose oder Ichthyose) entstehen. Bei Stoffwechselstörungen, wie z. B. bei Zinkmangel, kann insbesondere eine diffuse Parakeratose Ausdruck eines gestörten Verhornungsprozesses sein.

Interzelluläres epidermales Ödem (Spongiose) (Abb. 6.12): Im Stratum spinosum kommt es zu erweiterten und evidenten Interzellulärräumen. Die Läsion tritt häufig und unspezifisch bei vielen entzündlichen Prozessen auf und ist Folge einer epidermalen Infiltration von Entzündungssekreten aus der Dermis. Bei hochgradiger Spongiose kommt es durch die Ruptur der interzellulären Verbindungen zur Bildung von epidermalen spongiotischen Vesikeln.

Intrazelluläres epidermales Ödem: Bei diesem Prozess kommt es zur Ansammlung von Flüssigkeit in den einzelnen Keratinozyten und zu deren Degeneration. Man unterscheidet:

ballooniforme Degeneration (Abb. 6.13) (virale Erkrankungen), Bildung von Koilozyten

hydropische Degeneration (Abb. 6.14) (Vakuolisierung der Zellen, in der Regel im Stratum basale, häufig bei Autoimmunerkrankungen)

epidermale Blässe (Abb. 6.15) (Zellen des Stratum spinosum bei metabolischen Erkrankungen)

Achtung: Ähnliche Veränderungen können auch bei unzureichenden Fixierungen der Proben beobachtet werden!

Vesikel und Bullae (Vesikel mit > 1 cm Durchmesser) (Abb. 6.16): Ansammlung von Flüssigkeit in der Epidermis. Entstehung bei:

hochgradiger Spongiose

hochgradigem intrazellulärem Ödem mit Zerstörung der Zelle

hydropischer Degeneration der Basalzellen mit Ablösung der Epidermis von der Basalmembran

Akantholyse (Ablösung der Zellen im Stratum spinosum mit Ruptur der Desmosomen)

Schäden an der Basalmembran mit ihrer Ablösung von der Epidermis (Autoimmunerkrankungen)

genetischem Defekt der Basalmembran oder der Desmosomen

Vesikel und Bullae werden aufgrund der Fragilität des Stratum corneum bei Hund und Katze selten beobachtet.

Pusteln (Abb. 6.17): Intraepidermale oder subepidermale Ansammlung von Entzündungszellen. Dazu zählen folgende Formen:

neutrophil (bei Infektionen oder Autoimmunerkrankungen, wie z. B. Pemphigus)

eosinophil (bei parasitären oder allergischen Erkrankungen)

mononukleär (lymphozytär beim epitheliotropen Lymphom, diese werden als Pautrier-Mikroabszesse bezeichnet)

histiozytär (gelegentlich bei atopischer Dermatitis oder beim Histiozytom)

Kruste (Abb. 6.18): Exsudatives oder pustulöses, auf der Oberfläche der Haut eingetrocknetes Material. Man differenziert:

serös

hämatisch

zellulär

serozellulär

in Schichten (z. B. beim Pemphigus)

mit akantholytischen Zellen (Pemphigus)

mit Mikroorganismen (Infektionen)

Exozytose (Abb. 6.19): Prozess, bei dem Entzündungszellen durch die Epidermis wandern. Man unterscheidet folgende Formen:

neutrophil (unterschiedliche Erkrankungen, insbesondere Infektionen und Ulzera)

eosinophil (Ektoparasitosen und Allergien)

lymphozytär (Malassezien-Dermatitis, Autoimmunerkrankungen wie z. B. Lupus, Neoplasien wie epitheliotropes Lymphom)

mastozytär (gelegentlich bei der Katze)

Epidermale Nekrose: Es wird differenziert in

traumatisch – durch Kratzen, Lecken, häufig mit Exsudation und serozellulären Krusten;

in voller Dicke (Abb. 6.20) – durch physikalische (Verbrennung) oder toxische (toxische epidermale Nekrolyse) oder hypoxische Schädigung (Vaskulitis);

Apoptose (Abb. 6.21) – Nekrose einzelner Keratinozyten, induziert meist durch T-Lymphozyten, die im Kontakt zur apoptotischen Zelle stehen (Satellitose); immunmediierter Prozess bei Lupus oder Erythema multiforme.

Epidermale Atrophie: Schwierig zu erkennen, meist in Verbindung mit hormonellen Erkrankungen (Cushing-Syndrom).

Epidermale Hypermelanose: Häufiger, nicht diagnostischer Befund durch erhöhte epidermale Pigmentierung.

Depigmentierung: Entsteht durch Schäden der Melanozyten oder der Basalmembran. Die Depigmentierung der Epidermis ist histologisch so gut wie nicht nachweisbar, häufiger tritt die sogenannte Pigmentinkontinenz (meist durch Makrophagen phagozytiertes Pigment) in der oberflächlichen Dermis auf (Abb. 6.22). Der Befund liefert Hinweise auf Schädigungen des epidermalen Stratum basale (z. B. beim kutanen Lupus erythematodes).

Dermales Ödem (Abb. 6.23): Häufige und unspezifische Flüssigkeitsansammlung in der oberflächlichen Dermis bei zahlreichen entzündlichen Erkrankungen mit Separierung der Kollagenfasern. In manchen Fällen sind normalerweise nicht sichtbare erweiterte lymphatische Gefäße zu sehen. Hochgradige Ödeme der Dermis treten typischerweise bei Quaddelbildung im Rahmen einer Urtikaria auf.

Höhere Kollagendichte: Charakteristisch bei

Granulationsgewebe, reich an Fibroblasten und Vaskularisation, Wundheilung;

Fibrose, Zunahme an Kollagenfasern, meist bei chronischen Entzündungen.

Ablagerungen in der Dermis: Entstehen durch

Muzin (Abb. 6.24) – charakteristisch beim Shar-Pei oder bei hypothyreoten Patienten;

Lipide – bei Xanthomatose und Alterationen der Lipidämie (Katzen);

Mineralisierung (Abb. 6.25) – z. B. beim Cushing-Syndrom;

amorphes eosinophiles Material (Abb. 6.26) – bei felinem eosinophilem Granulom, oft umgeben von Infiltraten aus eosinophilen Granulozyten, Makrophagen und mehrkernigen Riesenzellen.

Haarfollikelveränderungen: Diese treten bei folgenden Erkrankungen auf:

Hyperkeratose (Abb. 6.27) – Zunahme von Keratin im Haarfollikel; auch hier wird zwischen orthokeratotischer und parakeratotischer Hyperkeratose differenziert; eine follikuläre Parakeratose liefert deutliche Hinweise auf eine metabolische oder Keratinisierungsstörung

Hypertrophie – häufig bei chronischem externem Trauma, z. B. bei Leckgranulomen

Atrophie (Abb. 6.27) – wenn sich alle Follikel in der telogenen Phase (Ruhephase), besonders ohne Haarschäfte in ihrem Inneren (hairless telogen), und keine Follikel in der anagenen Phase (Wachstum) befinden, spricht man von follikulärer Atrophie (bei Endokrinopathien oder follikulärer Hypoxie)

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Abb. 6.29
Ansammlung großer Mengen von eosinophilem trichilemmalem Keratin im follikulären Lumen; typisch bei »Flammenfollikeln« (Hämatoxylin-Eosin, 4x).

Dystrophie/Dysplasie – betrifft alle Veränderungen, bei denen der Haarfollikel anormal erscheint oder kein Haar produziert; diese Art von Läsion ist schlecht definiert; die besser beschriebenen Dystrophien beziehen sich auf Störungen der Melanisierung (z. B. Farbmutantenalopezie), bei denen es zur Bildung von Melaninklumpen und entsprechenden Strukturveränderungen von Haarzwiebel und Haarschaft kommt (Abb. 6.28)

Flammenfollikel (flame follicles) (Abb. 6.29) – exzessive trichilemmale Keratinisierung mit deutlicher Eosinophilie bei Endokrinopathien und einer Gruppe von unklassifizierten Alopezien (aktuell »Alopezie X« genannt) bei Hunden nordischer Rassen mit dichtem Fell

Veränderungen der Drüsen: Diese bestehen aus

Talgdrüsenatrophie bei Endokrinopathien (Cushing-Syndrom) oder in der Endphase von Talgdrüsenentzündungen (Sebadenitis);

Hypertrophie und Dilatation der apokrinen Drüsen bei unspezifischen Entzündungen.

Entzündungsinfiltrate (zur Morphologie s. Kap. 5): Diese werden durch folgende Entzündungsmuster ausgelöst:

Neutrophile – in gesunder Haut nicht anwesend; ihre Präsenz ist Anzeichen für akute oder aktive (chronisch-aktive) Entzündung, besonders beim Hund (weniger bei der Katze). Neutrophile werden durch Mikroorganismen, insbesondere pyogene Bakterien, angezogen und wandern bei epidermalen Ulzerationen an die Hautoberfläche. Sie können auch bei nicht-infektiösen Erkrankungen wie z. B. beim Pemphigus foliaceus beobachtet werden.

Eosinophile – in gesunder Haut nicht anwesend; kommen bei Hund und Katze häufig bei entzündlichen Prozessen der Haut vor. Eosinophile infiltrieren die Haut bei Parasitosen (z. B. Flohbefall, Räude), Allergien, aber auch Furunkulosen und insbesondere bei eosinophilen Granulomen.

Makrophagen/dendritische Zellen – sind normalerweise in der Epidermis (Langerhans-Zellen) und der Dermis (dendritische dermale Zellen) präsent, auch wenn sie mit den üblichen histologischen Färbungen nicht einfach zu identifizieren sind. Ihre Aufgabe besteht aus der Präsentation von Non-self-Antigenen gegenüber Lymphozyten zur Stimulation einer spezifischen Immunantwort. Bei einigen entzündlichen Erkrankungen, wie Fremdkörperreaktionen, Furunkulose, granulomatösen Infektionen (z. B. Tuberkulose) und Leishmaniose, können Makrophagen so gut wie immer beobachtet werden. In manchen Fällen entwickeln sich aus diesen Zellen epitheloide und mehrkernige Riesenzellen. Furunkulosen führen häufig zu einer typischen »pyogranulomatösen« Entzündung mit Infiltraten aus Makrophagen und Neutrophilen.

Lymphozyten und Plasmazellen – in geringer Anzahl sind Lymphozyten in der gesunden Dermis vorzufinden (skin-homing T-lymphocytes). Die Präsenz zahlreicher Lymphozyten und Plasmazellen ist Indikator für eine entzündliche Reaktion. Wenn Lymphozyten und Plasmazellen mit Neutrophilen und Makrophagen zusammen auftreten (gemischtzelliges Infiltrat), handelt es sich um eine chronische Infektion (z. B. chronische Pyodermie). Bei Erkrankungen mit erhöhtem antigenem Stimulus wie z. B. beim Lupus erythematodes können Lymphozyten und Plasmazellen, bandförmig angeordnet, unterhalb der Epidermis identifiziert werden. Plasmazellen, die sich um einen Follikel gruppieren, deuten auf eine chronische Follikulitis. Beim epitheliotropen kutanen Lymphom sammeln sich zahlreiche Lymphozyten in der Epidermis und z. T. in Mikroabszessen an (sog. Pautrier-Mikroabszesse). Zu einer fokalen lymphozytären Exozytose kommt es bei Infektionen durch Malassezia-Hefepilze.

Mastzellen – in gesunder Haut finden sich bei Hund und Katze Mastzellen in Nähe der Blutgefäße. Die Anzahl von Mastzellen nimmt unspezifisch bei allen Entzündungsprozessen, besonders bei allergischen Erkrankungen, zu.

6.3 Pattern-Analyse (Pattern = Muster)

Ein Entzündungsmuster ist oft nicht pathognomonisch für eine bestimmte Erkrankung, liefert aber hilfreiche Informationen für die Diagnostik. Dasselbe Muster kann bei unterschiedlichen Erkrankungen beobachtet werden, auch kann sich dieselbe Erkrankung mit unterschiedlichen Mustern darstellen, besonders in Bezug auf die zeitliche Entwicklung.

Perivaskuläre Dermatitis (Infiltration mit Entzündungszellen) (Abb. 6.30): Dieses Muster wird häufig beschrieben und ist wenig diagnostisch. Es entsteht durch die Diapedese von Entzündungszellen aus den Blutgefäßen in das Gewebe:

akut: Gefäßdilatation, dermales Ödem, Gefäßrandmargination und Diapedese von Leukozyten

chronisch: Präsenz von Makrophagen, Lymphozyten und Plasmazellen, Fibrose

Die perivaskuläre Dermatitis wird auch entsprechend der Art der infiltrierenden Entzündungszellen klassifiziert:

neutrophil – oberflächliches Trauma (z. B. selbst induziert), Pyodermie

eosinophil – Allergien, Ektoparasitosen

mononukleär – jede chronische Dermatitis, z. B. chronische Pyodermie, chronische atopische Dermatitis

Interface-Dermatitis (Abb. 6.14): Ort des Entzündungsprozesses ist der dermo-epidermale Übergang (inklusive der Basalmembran) oder das epidermale Stratum basale. Dieses Muster kann arm (cell poor) oder reich (cell rich) an Entzündungszellen sein, die sich bandförmig in der oberflächlichen Dermis positionieren (lichenoides Infiltrat). In allen Fällen können Alterationen an der Basalmembran (dermo-epidermale Ablösung) oder am epidermalen Stratum basale (hydropische Degeneration, Apoptose oder Satellitose) beobachtet werden.

Vaskulitis: Bei Vaskulitiden kommt es zu Gefäßschädigungen, die schwer identifizierbar und ebenfalls schwer zu interpretieren sind. Klinisch können kutane, zirkuläre oder keilförmige Ulzerationen (Ohrmuscheln) nachgewiesen werden, welche die Folge eines Gefäßinfarktes mit entsprechender Gewebsnekrose darstellen. Histologisch ist eine Vaskulitis wie folgt erkennbar:

zahlreiche Leukozyten innerhalb der Gefäßwand (Abb. 6.31) – die Anzahl von Leukozyten in der Gefäßwand ist im Vergleich zum perivaskulären Infiltrat bei Vaskulitiden unverhältnismäßig hoch

Leukozytoklasie innerhalb der Gefäßwand (Kernstaub)

Hämorrhagien, Thromben (Abb. 6.32)

Degeneration der Gefäßwand (hyalin, fibrinoid)

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Abb. 6.33
Resultat einer chronischen Vaskulitis: hochgradige Telogenisierung, Atrophie und Verlust adnexaler Strukturen; es verbleiben isolierte apokrine Drüsen (Hämatoxylin-Eosin, 4x).

Infarkte und Gewebsnekrosen

Alterationen durch Hypoxie der Epidermis oder der Follikel (Abb. 6.33)

Je nach Art des Infiltrates klassifiziert man Vaskulitiden folgendermaßen:

neutrophil – häufigster Typ bei immunmediierten Prozessen (Typ III, Arthus) oder Septikämien

lymphozytär – bei seltenen Erkrankungen wie Dermatomyositis oder kutanem Lymphom

eosinophil – bei Läsionen durch Insektenstiche

cell poor – Endstadium der Vaskulitis mit anfangs zahlreichen Zellen

Noduläre oder diffuse Dermatitis: Ein noduläres granulomatöses (Abb. 6.34) oder pyogranulomatöses Infiltrat ist leicht erkennbar und beim Hund relativ häufig. Noduläre Dermatitiden werden in infektiös oder steril unterteilt.

infektiös: Granulome oder Pyogranulome durch säurefeste Bakterien (Mykobakterien, Nocardia), Aktinobazillen, Pilze (z. B. Kryptokokken, Histoplasmen) oder Leishmaniose

steril:

Granulome oder Pyogranulome durch Fremdkörper (exogen oder endogen, z. B. Xanthomatose oder Calcinosis cutis) oder als Folge einer Furunkulose (Keratin des freien, in der Dermis liegenden Haarschaftes wirkt wie Fremdmaterial)

sterile »idiopathische« Granulome oder Pyogranulome, bei denen kein fremdes Material nachweisbar ist (kutane reaktive Histiozytose)

eosinophile Granulome, zentriert auf eosinophiles Material, zahlreiche Makrophagen, epitheloide Zellen und mehrkernige Riesenzellen (eosinophiles und lineares Granulom bei der Katze)

Ein diffuses lymphoplasmazelluläres Infiltrat ist charakteristisch für die plasmazelluläre Pododermatitis der Katze (Abb. 6.35).

Vesikuläre oder pustulöse Dermatitis (Abb. 6.16 und Abb. 6.17): Vesikel (Bläschen) und Pusteln können in den unterschiedlichen Schichten der Epidermis entstehen.

intraepidermal

auf Basalebene, Pemphigus vulgaris: Ablösung der Basalzellen von Suprabasalzellen mit charakteristischen »Grabsteinreihen«, Basalzellen, die an der Basalmembran und dem Boden des Bläschens verankert sind

suprabasal durch unterschiedliche Pathomechanismen:

Spongiose: durch das erhebliche interzelluläre Ödem und akute entzündliche Prozesse meist durch Infektionen (Bakterien, Malassezien) oder Allergie (Flohbissallergie); die Vesikel füllen sich mit Zellen und werden zu Pusteln; je nach Zelltyp unterscheidet man neutrophile (Infektion mit pyogenen Bakterien) oder eosinophile Pusteln (Ektoparasitosen, Allergien); in manchen Fällen können Bakterien innerhalb der Pusteln zu finden sein und die Neutrophilen erscheinen degeneriert (ödematöser Zellkern)

Akantholyse: durch die Ruptur interzellulärer Verbindungen der Zellen des Stratum spinosum, die intakt bleiben, jedoch innerhalb der Pustel ohne Verbindung sind (typisch bei Pemphigus); in der Pustel können akantholytische Zellen, keine Bakterien und intakte Neutrophile (und einige Eosinophile) beobachtet werden; gelegentlich auftretende, klinisch sichtbare verdickte Schuppen auf den Läsionen stellen sich histologisch als Krusten mit Neutrophilen und akantholytischen Zellen dar

durch hydropische oder ballooniforme Degeneration bei Virusinfektionen werden Keratinozyten zerstört und hinterlassen optisch leere Bereiche (sehr selten)

subepidermal (auf Höhe der Basalmembran)

durch Degeneration der gesamten, sich ablösenden Epidermis (z. B. toxische epidermale Nekrolyse)

durch Degeneration des epidermalen Stratum basale (z. B. Lupus erythematodes, Dermatomyositis)

durch immunmediierten Angriff (autoimmun) auf Hemidesmosomen (z. B. bullöses Pemphigoid)

durch angeborene Malformation der epidermalen Basalzellschicht, Hemidesmosomen oder der Basalmembran (bullöse oder dystrophische junktionale Epidermiolyse etc.)

Follikulitis, Furunkulose und Sebadenitis: Eine Follikulitis ist eine gegen den Haarfollikel gerichtete Entzündung. Je nach Art des Entzündungsinfiltrates werden verschiedene Follikulitiden unterschieden:

neutrophil – meist bei bakteriellen Infektionen

eosinophil – bei Insektenstichen (Mücken oder andere Arthropoden), Viruserkrankungen oder idiopathisch

lymphozytär – bei Demodikose, Dermatophytose und Alopecia areata (Autoimmunerkrankung des Haarbulbus)

Follikulitiden werden weiterhin je nach Lokalisation des Infiltrates wie folgt klassifiziert:

luminal – vorrangig neutrophil bei bakteriellen Infektionen

mural – neutrophil bei Infektionen, lymphozytär bei Demodikose und Dermatophytose (Abb. 6.36)

interface (Abb. 6.37) – bei denselben Interface-Erkrankungen wie bei der Epidermis (s. Interface-Dermatitis)

Bulbitis – ausschließlich lymphozytär bei Alopecia areata

Da die externe Follikelscheide eine direkte Fortsetzung der Epidermis ist, kann auch sie von denselben epidermalen Erkrankungen, die mit Degeneration der Keratinozyten (wie z. B. Lupus, Erythema multiforme, toxische epidermale Nekrolyse) oder Infiltration neoplastischer Lymphozyten (epitheliotropes Lymphom) oder Akantholyse (Pemphigus) einhergehen, betroffen sein.

Hochgradige Entzündungen, die zur Ruptur der Follikel führen, bezeichnet man als Furunkulose (Abb. 6.38). Zu diesen Erkrankungen zählen die Demodikose, Dermatophytose, Akne, Kalluspyodermie und interdigitale Pododermatitis. Wenn sich das Entzündungsinfiltrat ausschließlich gegen Talgdrüsen richtet, bezeichnet man die Pathologie als Sebadenitis, eine eigenständige idiopathische Erkrankung mit ungeklärter Ursache. Die Talgdrüsen können jedoch auch im Rahmen anderer, den gesamten Haarfollikel betreffende Erkrankungen involviert sein. In manchen Fällen, so wie bei Demodikose (Abb. 6.39) oder Dermatophytose (Abb. 6.40), können die auslösenden Faktoren leicht identifizierbar sein.

Atrophische Dermatitis: Atrophische Dermatitiden werden wie folgt unterschieden:

mit Telogenisierung der Follikel assoziiert (Abb. 6.27) – charakteristisch für Endokrinopathien wie Cushing-Syndrom, Hypothyreose, Sexualhormonimbalancen (Hodentumoren); in diesen Fällen befinden sich die Follikel größtenteils in der Ruhephase

mit Melanisierungsstörungen assoziiert (Abb. 6.28) – Farbmutantenalopezie; charakteristisch sind zahlreiche Melaninaggregate in Bulbus und Haarschaft, die das Wachstum der Haare beeinträchtigen und zur Hypotrichose führen

mit »Flammenfollikeln« assoziiert (Abb. 6.29) – heterogene Gruppe von Erkrankungen (Alopezie X), die bei nordischen Hunderassen und Rassen mit dichtem Fell auftreten; histologisch zeigt der Großteil der Follikel exzessive tricholemmale Verhornung; zu dieser Gruppe gehören u. a. auch die Kastrations-responsive Dermatose, die wachstumshormonabhängige Dermatose und die post clipping alopecia

Dermatitis mit dermaler Atrophie – kann angeboren (Ehlers-Danlos-Syndrom oder kutane Asthenie) oder erworben sein (kutanes Fragilitätssyndrom bei Katzen mit iatrogenem oder spontanem Hyperadrenokortizismus); charakteristisch ist bei diesen Erkrankungen die Fragilität der Haut, die extrem leicht und ohne Widerstand reißt; histologisch fallen weniger dichtes Kollagen und einzelne fragmentierte Fasern auf, auch wenn makroskopisch in manchen Fällen die Haut völlig normal erscheint

7 Fotografie und Bildbearbeitung
Ivan Fileccia

Einleitung

Die fotografische Dokumentation ist besonders im dermatologischen Bereich zur Präsentation klinischer Fälle oder für Publikationen wissenschaftlicher Artikel fast immer unerlässlich, da sich die klinischen Symptome gut erkennbar auf der Hautoberfläche darstellen. Mit dem Aufkommen der Digitaltechnologie wurde es möglich, digitale Bilder durch das Scannen ausgedruckter Fotos, Filme und Dias oder durch den Gebrauch einer Digitalkamera zu erhalten. Die Speicherung digitaler Bilder bietet zahlreiche Vorteile: die Erstellung kostenloser Kopien, die Einarbeitung in multimediale Präsentationen, der Versand von Fotos per E-Mail, die Konsultation anderer Kollegen und der Austausch von wissenschaftlichem Material. Weiterhin können mittels Software für Bildbearbeitung digitale Fotos professionell und mit geringfügigem Zeitaufwand in ihrer Qualität verbessert werden, um sie für Präsentationen oder Publikationen zu verwenden.

Man kann die Schärfe der Bilder verbessern, die Farbgebung korrigieren, Helligkeit und Kontrast verändern, Details vergrößern, unbedeutende Elemente eliminieren oder die Größe der Bilder so anpassen, dass sie in Ausdrucken, Präsentationen oder im Internet optimal genutzt werden können.

Um dies umzusetzen, ist es notwendig, über ein gutes Bildbearbeitungsprogramm zu verfügen und einige grundlegende Funktionen zu erlernen, um qualitativ hochwertige Resultate zu erzielen.

Ein vielseitiges und mit ausreichenden Funktionen ausgestattetes Programm ist z. B. Photoshop® von Adobe®, die auf diesem Sektor führende Software. Es existieren eine kostspielige professionelle, von Grafikern genutzte und eine Amateur-Version (Photoshop® Elements, aktuell verfügbar in Version 11. Anm. d. Übersetzerin), die über weniger Funktionen verfügt, jedoch zu einem akzeptablem Preis erhältlich ist. In diesem Kapitel beziehen wir uns auf zuletzt genanntes Programm. Die erläuterten Funktionen können allerdings auch bei anderen Bildbearbeitungsprogrammen mit ähnlichen Möglichkeiten angewandt werden.

7.1 Erstellung eines digitalen Bildes

Die Speicherung eines Fotodokuments auf der Festplatte des Computers erfolgt durch das Scannen von Ausdrucken, Negativen oder Dias und kann mithilfe eines geeigneten Scanners oder von einem Fotolabor durchgeführt werden, welches das Bildmaterial auf eine CD brennt.

Eine direktere Methode ist der Gebrauch einer guten Digitalkamera, von der die Fotos direkt als Dateien auf den Computer geladen werden können. Moderne Digitalkameras erstellen Bilder in besserer Qualität als traditionelle Kameras und ermöglichen die sofortige Darstellung der Fotos auf dem Display sowie das Löschen ungeeigneter Fotos; weiterhin verfügen sie über eine aufladbare Speicherkarte, was einen erheblichen finanziellen Vorteil mit sich bringt. Bei der Erstellung einer Bilddatei sollte die größtmögliche Auflösung (höchste Pixel-Zahl) gewählt werden, um ggf. das Foto uneingeschränkt bearbeiten zu können und eine entsprechende Qualität zu gewährleisten. (Sofern die Kamera RAW-Dateien [Rohdatenformat] erstellen kann, sollten die Bilder in diesem Format gespeichert werden. Es ist jedoch zu beachten, dass RAW-Dateien nicht mit jedem Bildbearbeitungsprogramm geöffnet werden können. Voraussetzung ist eine geeignete Software, z. B. »Photoshop® Elements« oder »Photoshop® Lightroom«. Anm. d. Übersetzerin)

Man sollte sichergehen, dass die Fotos scharf und von guter Qualität sind sowie mit guter Ausleuchtung gemacht wurden. Es sollte vermieden werden, dass bei natürlichem Licht der zu fotografierende Patient im Gegenlicht steht. Bei der Benutzung eines Blitzes darf die Kamera nicht zu nahe am Objekt sein. Hier wäre es besser, ein Objektiv oder den Zoom zu aktivieren; im letzteren Falle kann ein Stativ das Verwackeln des Bildes verhindern.

Die verwendeten Bilder sollten dem beschriebenen klinischen Bild entsprechen. Sie setzen eine genaue Darstellung der Läsionen, ihrer Konfiguration und ihrer Verteilung auf dem Patienten voraus. Beim Fotografieren ist es der Vollständigkeit halber sinnvoll, die Läsionen aus verschiedenen Perspektiven und Abständen zu fotografieren.

Von jeder Läsion sollte mindestens ein Bild gemacht werden, um die Lokalisation zu zeigen, eine nähere Aufnahme (ggf. mit Makro- oder Teleobjektiv) ermöglicht ihre detaillierte Darstellung. Bei Nahaufnahmen sollten unterschiedliche Blickwinkel die möglichen Erhebungen der kutanen Läsionen sichtbar machen (z. B. um 45°).

Es kann sinnvoll sein, mehrere Aufnahmen desselben Objektes zu machen, um bei der Bildbearbeitung Zeit einzusparen. Das Originalbild sollte gesichert und möglichst katalogisiert werden, damit es jederzeit aufzufinden und erneut verwendbar ist. (Eine gute Alternative ist es, die Originaldateien, die von der Kamera heruntergeladen werden, in einem separaten Ordner »Originale« zu speichern. Wurden RAW-Dateien erstellt, liegt der Vorteil darin, dass diese Originale nicht überschrieben werden können. Jede Änderung, die mittels Bildbearbeitung an der Datei vorgenommen wird, erfordert eine Speicherung unter neuem Namen und Dateiformat. Anm. d. Übersetzerin)

7.2 Archivierung von Bilddateien

Die Leichtigkeit, mit der Digitalfotos entstehen, führt meist unweigerlich zur Ansammlung großer Mengen von Bildmaterial, das in digitalen Bibliotheken geordnet werden kann. Dies ermöglicht einen einfachen und schnellen Zugriff auf Fotos, die man verwenden möchte. Um ein solches Archiv einzurichten, gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: Bei der ersten, der einfacheren Methode katalogisiert der Nutzer das Material in Ordnern und Unterordnern, die in Abhängigkeit von deren Inhalt und individuellen Bedürfnissen benannt werden. Dieses System bringt jedoch erhebliche Einschränkungen mit sich, da zur Archivierung und zur Suche eine einzige Bibliothek genutzt wird und es daher nur für kleine Fotosammlungen sinnvoll ist. Weiterhin ist es nicht möglich, quer zwischen den einzelnen Ordnern oder Bilddateien zu suchen. (Werden die Dateinamen eindeutig und systematisch vergeben, kann man heutzutage in einer selbst erstellen Ordnerstruktur auch sehr gut große Mengen von Bilddaten speichern und quer suchen. Der Aufbau einer sinnvollen, selbst gewählten Ordnerstruktur ist hierbei essenziell. Anm. d. Übersetzerin) Bei der zweiten Methode kann eine Verwaltungs- und Archivierungssoftware erworben werden, die, sobald installiert, mit der Überprüfung der Hardware beginnt und alle aufgefundenen Fotos katalogisiert. Wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, erscheinen alle Bilder als Vorschau im Miniaturformat, können in verschiedenen, mit Namen versehenen Ordnern abgelegt werden und werden wie ein systematisches Fotoalbum dargestellt. Um sich die Materialsuche und Identifikation noch mehr zu erleichtern, kann jedem Bild eines oder mehrere Schlüsselwörter, Unterschriften, Zeichen oder Kommentare zugeordnet werden, die eine hierarchische Struktur durch übergeordnete, allgemeine und dann detailliertere, spezifische Bezeichnungen aufbauen. (In neueren Windows- und Mac-Versionen sind Bildverwaltungssoftwares bereits vorinstalliert, die eine sehr benutzerfreundliche Verwendung anbieten. Daher ist der Kauf einer solchen Software in diesem Fall nicht unbedingt nötig. Anm. d. Übersetzerin) Bei der Bildrecherche kann dadurch sowohl auf allgemeine Überbegriffe und auf in Kategorien unterteilte Fotos (bei Bedarf nach viel Fotomaterial) als auch auf besondere, spezielle und einzelne Fotos zurückgegriffen werden.

image

Abb. 7.1:
Ein digitales Bild kann wie ein großes Mosaik beschrieben werden, das aus zahlreichen kleinen, unterschiedlich gefärbten, quadratischen Steinchen (Pixel) zusammengesetzt ist.

Einige dieser Programme speichern und zeigen ergänzend zu den Zusatzinformationen Miniaturbilder (Thumbnails) und Indikatoren der einzelnen Dateien, die ihre Position und das Speichermedium benennen, welches zur Archivierung eingesetzt wurde (CD, DVD, Festplatte etc.). Wenn ein bestimmtes Bild gesucht wird, wird die Miniatur angeklickt und das entsprechend voreingestellte Programm (der sog. »Viewer«) öffnet das Bild.

Der schwierigste Schritt bei der Erstellung der Bilddateienverwaltung ist der Beginn, bei dem Subjekt und Kategorie festgelegt werden müssen. Es ist sinnvoll, zunächst die Organisation und Archivierung schriftlich zu planen, bevor man riskiert, die Software fehlerhaft einzurichten.

7.3 Digitalfotos

Aber was genau ist ein Digitalfoto und wie ist es aufgebaut? Ein Digitalfoto kann mit einem riesigen Mosaik aus vielen kleinen, farblich unterschiedlichen, quadratischen Steinchen verglichen werden, die als Pixel (Bildpunkte) bezeichnet werden (Abb. 7.1). Jedes einzelne Pixel besteht aus einer einzigen Farbe, verfügbar sind jedoch Pixel in über 16 Millionen verschiedenen Farben. (Farbtiefe von 8 bit = 28 = 256 Farben; Farbtiefe von 24 bit = 224 = 16,7 Millionen Farben. Unter dem Begriff Farbtiefe versteht man die Anzahl der pro Pixel zur Verfügung stehenden Bits zur Speicherung der Farbinformationen. Berechnung: NFarbtöne = 2Farbtiefe. Anm. d. Übersetzerin) Bei starker Bildvergrößerung ist erkennbar, dass die Pixel nichts anderes als ein Zusammenspiel vieler einzelner, scheinbar zusammenhangloser kleiner Quadrate sind; verkleinert, also aus größerer Entfernung, erscheinen die Pixel harmonischer organisiert, verschmelzen und fügen sich zu einem Bild, welches auf dem Computerbildschirm wie ein normales Foto wirkt. Die Definierung und Schärfe eines Digitalbildes erhöht sich also mit der Anzahl der Pixel, aus denen es sich zusammensetzt.

7.3.1 Dimension und Auflösung

Bei einem Farbfoto belegt jedes Pixel 24 Bits Speicherplatz. Da in einem Byte 8 Bits enthalten sind, bilden 24 Bits 3 Byte. Wenn dieser Wert mit der Bildgröße (in Pixel) multipliziert wird, erhält man die Größe des Speicherplatzes, die das Bild auf der Festplatte beansprucht. Als Beispiel nehme man eine Bildgröße von 640 × 480 Pixel; um die physische Dimension des Bildes zu berechnen, kalkuliert man die Pixel-Zahl (640 × 480) und multipliziert sie mit 3. Das Ergebnis (921.600) entspricht der Anzahl der Byte, die das Bild als Speicherplatz benötigt. Da ein Kilobyte (K) 1.024 Byte entspricht, entsprechen 921.600 Byte 900 K.

Mit dem Begriff der Auflösung ist die Zahl der Pixel per Inch in Bezug auf den letztendlichen Druck gemeint; der Terminus »linear« beschreibt die Messung der Pixel auf einer geraden Linie. Wenn die Auflösung eines Bildes 72 ppi (Pixel pro Inch) oder Pixel pro Zoll beträgt, zählt man 5.184 Pixel per Quadratzoll (72 Pixel Breite × 72 Pixel Höhe = 5.184). Beim Ausdruck eines Bildes schlägt sich eine höhere Auflösung in besserer Definition und Schärfe nieder. Natürlich wächst die physische Dimension eines Bildes mit der Anzahl der Pixel und belegt dementsprechend mehr Speicherplatz auf dem entsprechenden Speichermedium.

7.3.2 Multimediale Präsentation, Ausdruck und Versand

In der Praxis ist es nicht sinnvoll, eine gewisse Auflösung zu übersteigen; für eine gute Visualisierung am Bildschirm sind 72 ppi und bei Druck auf Fotopapier 300 ppi ausreichend. Alle Programme, die Bilder auf dem Bildschirm darstellen, inklusive Anwendungen in der multimedialen Entwicklung, Präsentations- und Web-Browser-Programme, visualisieren ein einziges Pixel des Bildes für jedes Pixel auf dem Bildschirm. Daher werden, wenn die Auflösung eines Bildschirms 72 ppi beträgt, nur 72 Pixel pro Zoll von dem entsprechenden Bild dargestellt, alle anderen nicht. Bei Bildschirmpräsentationen (mit digitalem Projektor oder Bildern im Netz) ist es somit unnötig, dass die Bilder eine höhere Auflösung haben als der Bildschirm selbst. Der entscheidende Punkt ist eine 100%ige Veranschaulichung. Große Bilddateien beanspruchen bei der Erarbeitung automatisch mehr Speicherkapazität des Arbeitsspeichers (RAM). In der Regel entspricht die benötigte RAM dem Dreifachen der Dateigröße. Weiterhin nimmt der Versand großer Bilddateien sowohl beim Verschicken als auch beim Herunterladen erhebliche Zeit in Anspruch. (Dies kann z. B. durch Gebrauch öffentlicher Dateiversendungsanwendungen, wie »Dropbox« oder »yousendit«, erleichtert werden. Anm. d. Übersetzerin)

Auch bei Bildern, die gedruckt werden, führt eine höhere Auflösung nicht automatisch zu einer besseren Bildqualität. Das menschliche Auge ist nicht in der Lage, mehr als eine gewisse Menge an Informationen wahrzunehmen, daher ist es nicht notwendig, Bilddateien mit mehr als 300 dpi (Dots pro Inch) zu drucken. Im Folgenden wird auf die Bestimmung von Größe und Auflösung digitaler Bilder eingegangen.

7.4 Gebrauch des Bildbearbeitungsprogramms

7.4.1 Start des Programms und Öffnen von Dateien

Die Bildbearbeitung beginnt mit dem Start des Programms und dem Öffnen einer Bilddatei. Um ein Bild auf gewohntem Wege zu öffnen, klickt man im Menü auf Datei und Öffnen und das Bild wird sichtbar. Das Fenster des Dialogs Öffnen unterscheidet sich nicht von anderen Anwendungen und zeigt im Drop-down-Menü eine Aufzählung zur Wahl eines Ordners, eine Zusammenfassung der Dateien und die gewohnten Optionen zum Navigieren und zur Verwaltung der Dateien.

Es besteht auch die Möglichkeit, mehrere Dateien gleichzeitig zu öffnen: In diesem Fall klickt man auf die erste und bei gedrückter Umschalttaste auf die letzte Datei. Jedes geöffnete Bild hat sein eigenes Fenster.

7.4.2 Bearbeitung eines Bildes

Nach dem Öffnen einer Bilddatei sollte zunächst beurteilt werden, ob das Bild in Gänze oder nur in Teilen (Abbildung des Patienten) bearbeitet werden soll. Wirkung und Qualität eines Fotos sind vom Bildausschnitt und von der Position eines jeden Elementes im Bild abhängig. Die Qualität eines Fotos kann ohne Zweifel verbessert werden, wenn unwichtige Details eliminiert und bedeutende Ausschnitte durch eine Ausschnittvergrößerung in den Vordergrund gerückt werden. Dies kann durch das Zuschneiden eines Bildes unproblematisch umgesetzt werden (Abb. 7.2a, b, Abb. 7.3a, b). Um ein Bild zuzuschneiden, bedient man sich des Freistellungswerkzeuges. Man zieht das Symbol über den auszuwählenden Bildausschnitt und schneidet den restlichen Teil ab. Am Ende klickt man auf Enter, um den Ausschnitt zu bestätigen, oder auf Escape, um seine Auswahl rückgängig zu machen. Eine andere Möglichkeit besteht in der Auflage eines Rechteckes auf den ausgewählten Bildausschnitt und der Auswahl Bild–Zuschnitt.

7.4.3 Bildausschnitte auswählen

Zur Bearbeitung eines Bildausschnittes muss dieser zunächst definiert werden, indem man die Grenzlinien bestimmt. Im Anschluss erscheinen die Konturen des markierten Bereichs wie eine bewegliche, durch kleine Striche umschriebene Schablone.

Um Bildausschnitte zu markieren, kann man sich verschiedener Funktionen mit unterschiedlichen Besonderheiten bedienen, die im Programm Photoshop® angeklickt werden können. Bei der Auswahl einer bestimmten Funktion bewegt man sich in der Werkzeugleiste, wobei einem Werkzeug mehrere Unterwerkzeuge zugeordnet sein können. Durch Anklicken wird das ausgewählte Werkzeug aktiviert.

Die einfachsten Werkzeuge sind:

Auswahlrechteck-Werkzeug: ermöglicht die Auswahl rechteckiger und quadratischer Bildausschnitte, bei Letzteren muss mit gedrückter Umschalttaste die Maus bewegt werden

Ellipsen-Werkzeug: ermöglicht die Auswahl elliptischer und kreisförmiger Bildausschnitte, bei Letzteren muss mit gedrückter Umschalttaste die Maus bewegt werden

Lasso-Werkzeug: auswählen und mit der Maus auf den entsprechenden Bildausschnitt ziehen, um eine manuelle Begrenzung auszuführen

Polygon-Lasso-Werkzeug: ermöglicht die Auswahl von Bildausschnitten mit vielen, durch Linien verbundenen Eckpunkten; bei jedem Mausklick entsteht auf dem Bild ein neuer Eckpunkt, der mit dem vorausgegangen automatisch durch eine Linie verbunden wird

7.4.4 Veränderung der Konturen eines gewählten Bildausschnittes

Wenn die Konturen eines gewählten Bildausschnittes beim ersten Versuch nicht passen, ist es möglich, diese zu verändern und erneut zu definieren. Um die Auswahlränder zu löschen, klickt man außerhalb der Begrenzungslinien auf das Bild mit der Auswahlrechteck-, Ellipsen- oder Lasso-Funktion oder mit dem Befehl Auswahl–Auswahl aufheben. Wenn eine Auswahl versehentlich gelöscht wurde, kann der Vorgang durch den Befehl Auswahl–Auswahl aufheben rückgängig gemacht werden.

Um die Auswahl zu löschen, wählt man die Funktion Auswahl–Umkehren: Das Programm löscht den markierten Bildausschnitt, indem es den zuvor nicht markierten Ausschnitt auswählt. Auf diese Weise wählt man innerhalb der Konturen den zu schützenden Bildausschnitt und nicht denjenigen, den man modifizieren möchte.

Es ist zusätzlich möglich, schrittweise die Konturen des ausgewählten Bereichs aufzulösen und dadurch einen weichen Übergang zu erzeugen. Dazu wählt man die Funktion Auswahl–Übergang und benennt die Anzahl der Pixel, die auf beiden Seiten der ursprünglichen Kontur bearbeitet werden. Ein niedriger Übergangsradius weicht die Konturen auf, ein hoher Wert löst sie auf.

7.4.5 Schärfe eines Bildes verbessern

Häufig kommt es bei Digitalaufnahmen oder bei eingescannten Bildern vor, dass das gewählte Objekt nicht in der optimalen Schärfe dargestellt ist und dadurch die Bildqualität leidet. Innerhalb eines gewissen Rahmens ist es mithilfe von Kontrastfiltern im Programm Photoshop® möglich, Korrekturen vorzunehmen, um die Qualität eines Foto zu verbessern (Abb. 7.4a, b). Mit einem Kontrastfilter erhöht Photoshop® den Kontrast zwischen nebeneinanderliegenden Pixeln. Der Effekt entspricht demjenigen einer Scharfeinstellung an einer Fotokamera. Die zu diesem Zweck hilfreichste Funktion heißt Kontrastmaske.

Mit dieser Funktion kann sowohl der Rand- als auch jeder andere Bereich des Bildes bearbeitet werden. Mit dem Befehl Verbesserung–Kontrastmaske lassen sich die Werte der folgenden Optionen modifizieren:

Faktor: zeigt die prozentualen Werte an, mit denen der Kontrast des ausgewählten Bildes erhöht werden soll; je höher der Wert, desto höher der Kontrast; in der Regel sollte man für einen durchschnittlichen Kontrast Werte von 200% nicht übersteigen

Radius: damit ist die zu bestimmende Randdicke gemeint, hier sollten Werte zwischen 0,5 und 2 eingehalten werden

Schwellenwert: zeigt Helligkeitsunterschiede zwischen nebeneinanderliegenden Pixeln an, damit Photoshop® Randbereiche erkennen kann; es ist fast immer besser, den Schwellenwert auf den Faktor Null festzusetzen

Die Vorschau sollte immer angezeigt werden, damit alle Veränderungen sichtbar bleiben. Zunächst sollte man geringe Korrekturwerte ausprobieren, um dann ggf. den Kontrast progressiv zu steigern. Es ist möglich, Schritt für Schritt den Kontrast zu erhöhen, um die Schärfe des Bildes zu verbessern, während es andererseits nicht möglich ist, den Kontrast wieder zu vermindern, wenn der Korrekturwert einmal zu hoch angesetzt wurde.

(Es ist zu beachten, dass das Ändern des Kontrastes auch die Farben verändern kann. Vor allem Rottöne neigen dazu, in unnatürliche Töne überzugehen, wenn sie zu kontrastreich gezogen werden. Die Schärfe eines Bildes kann gut unter dem Menüpunkt Filter–Scharfzeichnungsfilter oder alternativ unter Unscharf maskieren eingestellt werden. Anm. d. Übersetzerin)

7.4.6 Farbkorrekturen

Fotos, die in Räumen oder mit künstlichem Licht geschossen wurden, zeigen oft Farbschläge, die unnatürlich wirken. Belichtungsmesser reagieren häufig auf unterschiedliche Farbtemperaturen sowohl von Glüh- als auch von Neonlampen. Das Resultat ist ein Foto, das wie von einer farbigen, grünen, roten, gelben oder blauen Patina überzogen wirkt. Derselbe Effekt kann auch während des Scannens von Drucken, Filmen oder Dias entstehen, die Farbkorrektur kann einfach, aber auch aufwendig werden. Diese Farbdominanten lassen sich potenziell korrigieren und die Fotos in einem natürlicheren Licht erscheinen. Dieser Vorgang setzt aber eine gewisse Erfahrung voraus. Um eine effiziente Farbkorrektur durchzuführen, ist es ratsam, in kleinen Schritten vorzugehen, da der Arbeitsaufwand von Bild zu Bild sehr variieren kann. Die Funktionen zur Farbkorrektur sind zahlreich, manche einfach und intuitiv, andere wesentlich komplexer und nicht einfach umzusetzen. Farbkorrekturen sollten prinzipiell erst dann erfolgen, wenn zumindest teilweise Helligkeit und Kontrast optimiert wurden (Abb. 7.5a, b).

Helligkeit und Kontrast regulieren. Der Befehl Tonwertkurve kann eine zeitsparende Funktion sein, er wird bei der gleichzeitigen Korrektur von Helligkeit, Kontrast und Farbgebung eingesetzt. Leider führt dieser Befehl in manchen Fällen zu einem Farbungleichgewicht und das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend. Alternativ kann der Befehl Korrektur–Automatischer Kontrast ausgeführt werden, der eine ausgewogene Farbgebung gewährlistet. Bei automatischen Korrekturbefehlen sollte man sich bewusst sein, dass diese fast nie zu perfekten Resultaten führen und weitere Bearbeitungen mit anderen Funktionen notwendig werden könnten. (Von Autokorrektur-Befehlen sollte grundsätzlich Abstand genommen werden. Diese berechnen das Endergebnis aufgrund von Gegebenheiten im Bild, die häufig nicht dem entsprechen, was als Ergebnis beabsichtigt ist. Anm. d. Übersetzerin)

Korrektur–Belichtungsregulierung–Helligkeit/Kontrast ist der einfachste und direkteste Befehl zur Regulierung von Helligkeit und Kontrast. Der Befehl öffnet das entsprechende Fenster des Dialogs, ab dort können je nach Option Helligkeit und Kontrast der Bilder modifiziert werden. Es ist wichtig, das Vorschaubild geöffnet zu lassen, um die Korrekturergebnisse einzuschätzen und evtl. mit weiteren Regulierungen fortfahren zu können. Eine komplexere, aber präzisere Methode, um Helligkeit und Kontrast zu verändern, ist der Befehl Ebene, mit dem es möglich ist, auf zu dunkle, zu helle und mittlere Werte einzuwirken (Abb. 7.6a, b). Bei Auswahl von Korrektur–Beleuchtungsregulierung–Ebene gelangt man zum Fenster des Dialogs Ebene, das ein Histogramm, zwei Regulatoren mit Schaltflächen und zwei Pfeile mit zugeordneten Werten enthält:

  • Kanal: dieses Drop-down-Menü erlaubt die Auswahl der Farbebene (RGB oder alle drei), die man bearbeiten möchte
  • Eingabe: das Anklicken der Pfeile dieser Option erlaubt die Modifikation des Kontrastes, indem dunkle Farben dunkler und helle Farben aufgehellt werden
  • Ausgabe: ermöglicht die Regulierung der Helligkeitsebene

Veränderung der Farbtöne und Färbung. Der Befehl Tonwertkorrektur–Farbtonregulierung/Sättigung ermöglicht die Modifikation der Farben eines Fotos. Das Dialogfenster, das sich bei der Auswahl dieser Befehle öffnet, erlaubt mithilfe des Drop-down-Menüs, die Modifikationen auf eine spezielle einzelne Farbe oder auf alle Farben eines Bildes zu applizieren. Im nächsten Schritt kann die Farbgebung detaillierter mit den Optionen Farbton, Sättigung oder Helligkeit bearbeitet werden. Auch hier ist es notwendig, die eingeleiteten Veränderungen durch das ursprüngliche, geöffnete Vorschaubild zu kontrollieren. Bei der Bearbeitung von Farbdominanten arbeitet man mit kleinen Farbintervallen, bis der unerwünschte Farbton korrigiert ist. Um ein Farbintervall an einem bestimmten Punkt des Bildes auszuwählen, klickt man auf den entsprechenden Bereich. Photoshop© zentriert das Intervall exakt auf den angeklickten Farbpunkt und die gewünschten Korrekturen können durchgeführt werden. Der Befehl Korrektur–Farbbalance–Farbveränderungen ermöglicht die individuelle Korrektur von Farbtönen und Helligkeit des gesamten Bildes und die Veranschaulichung derselben mittels Miniaturansichten. Um einem Bild einen Farbton zuzuordnen, klickt man auf eine Miniatur in der Mitte des Dialogfensters (bei einer rötlicheren Miniatur erhöht sich der Gehalt an Rottönen eines Bildes). Die Miniatur zeigt auch das Bild mit der hinzugefügten Farbe. Um dunkle Farbtöne zu ändern, wählt man Schatten, um hellere zu variieren Licht und für mittlere Farbtöne Halbtöne. Die Aktivierung der Funktion Sättigung führt zu Steigerung oder Verminderung der Farbsättigung, ohne die Helligkeitswerte zu beeinflussen. Das Ziehen des Pfeils Faktor definiert die Intensität der Veränderung (Abb. 7.7a, b).

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Abb. 7.7a, b
Manche Bilder zeigen unnatürliche und übertriebene, jedoch korrigierbare Farbstiche.

7.4.7 Speichern von Bildern

Bei der Bildbearbeitung sollten Dateien immer auf der Festplatte abgespeichert werden, damit bei einem Computerabsturz die erarbeiteten Korrekturen nicht verloren gehen. Wenn ein Bild zum ersten Mal gespeichert wird, wählt man den Befehl Datei–Speichern unter und es öffnet sich das Dialogfenster Speichern. Jedem Bild kann ein Name gegeben, ein entsprechender Ordner zur Ablage zugeteilt und das Format bestimmt werden, in dem es gespeichert werden soll. Das Dialogfenster Speichern wird bei den weiteren Speichervorgängen zu dieser Datei nicht erneut geöffnet. Wenn ein anderer Dateiname zugeordnet, ein bestimmter Ordner gewählt oder ein anderes Format festgelegt werden soll, wählt man den Befehl Datei–Speichern unter.

7.4.8 Dateiformate

Bilddateien können auf der Festplatte in unterschiedlichen Formaten gespeichert werden. Nach der Bestimmung oder dem Gebrauch eines Fotos richtet sich auch das ausgewählte Format. Die gebräuchlichsten Formate sind wegen ihrer ausgezeichneten Komprimierungsmöglichkeiten und ihrer Detailwiedergabe JPEG und TIFF.

JPEG (Joint Photographic Expert Group oder auch jpg) ist das effizienteste und gebräuchlichste Komprimierungsformat für Fotodateien mit schrittweisen Farbübergängen, also Bildern mit minimalen Unterschieden zwischen nebeneinanderliegenden Pixeln (fotografische Bilder). JPEG reduziert die Dateigröße mit einem Komprimierungsschema ohne Verlust reeller Bilddetails. Dennoch erfolgt die Umwandlung mit einem gewissen Datenverlust hinsichtlich der Qualität der Fotos, dem Preis für den deutlich geringeren Anspruch an Speicherplatz. Bei der Konvertierung einer Bilddatei in das Format JPEG öffnet sich automatisch ein Dialogfenster JPEG–Optionen, von wo aus auf die verschiedenen Möglichkeiten zugegriffen werden kann. Der Kompressionsgrad und daher die Qualität des Bildes wird über Qualität oder die darunter liegende Auswahl definiert. Die Einstellungen werden auf der Basis folgender Qualitätsebenen vorgenommen:

mittelmäßig hoch für Bilder, die im Netz verarbeitet werden (bevor man diesen Komprimierungsgrad speichert, sollte man eine Backup-Kopie der Datei mithilfe der Option Maximum anlegen)

hoch, wenn Bilder präsentiert werden sollen

maximal, wenn Bilder in Fachzeitschriften abgebildet werden sollen

Photoshop® komprimiert die Bilddateien jedes Mal, wenn sie im JPEG-Format gespeichert werden. In der Realität kann dasselbe Bild während eines Arbeitsvorgangs auf der Festplatte permanent gespeichert werden, da Photoshop® immer die gerade auf dem Bildschirm geöffnete Bilddatei bearbeitet. Wenn jedoch eine Bilddatei geschlossen und für eine Änderung erneut geöffnet wird, um dann wieder als JPEG gespeichert zu werden, führt der Vorgang zu einem relativ geringen Qualitätsverlust.

TIFF (Tagged Image File Format oder auch tif) ist eines der besten Formate für Bilder, die gedruckt werden sollen, da es die Komprimierung fast ohne Datenverlust durchführt. Der benötigte Speicherplatz ist jedoch für Bilder in diesem Format höher als für Bilder im JPEG-Format, daher ist TIFF nicht ideal zur Komprimierung von Fotos, die im Internet oder für Präsentationen genutzt werden. Zur Abspeicherung von Bildern im TIFF-Format öffnet man zunächst TIFF–Optionen, dann Option–LZW und die ausgewählte Fotodatei wird komprimiert. Dieser Vorgang führt, wie bereits gesagt, zu keinem Datenverlust.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Bearbeitung einer Datei im Format TIFF und, wenn alle Veränderungen abgeschlossen sind, der Abspeicherung im Format JPEG mit dem Befehl maximale Qualität. Auf diese Weise müssen Bilder während einer vollständigen Bearbeitung nur ein einziges Mal komprimiert werden.

7.4.9 Veränderung von Größe und Auflösung einer Bilddatei

Bevor Bilddateien definitiv abspeichert werden, müssen ihre Größe und die Auflösung definiert werden. Digitale Bilder bestehen aus Pixeln, einer Vielzahl von kleinen bunten, regelmäßig auf einem Raster angeordneten Quadraten. Um das Verhältnis zwischen Bildschirm und Pixeln der Bilddatei einzuschätzen, wählt man den Befehl Tatsächliche Pixel, nachdem man eine Datei ausgewählt und das Bild sich geöffnet hat. Es werden nun 100% angezeigt, bei dem jedes Pixel der Bilddatei einem Pixel auf dem Bildschirm entspricht (derselbe Effekt entsteht, indem man auf das Bild zoomt, bis 100% angezeigt werden). Der Zoom-Faktor hat keinerlei Einfluss auf die Druckgröße (diese kann mit dem Befehl Druckformat aufgerufen werden), sondern nur auf die Bildschirmdarstellung.

Die Größe einer Datei, die physische Größe eines Bildes und dessen Auflösung stellen Faktoren dar, die bekannt und modifizierbar sein müssen, wenn Digitalfotos bearbeitet werden sollen. Eine korrekte Einstellung dieser Werte erlaubt einen optimalen Nutzen bei Druckversionen, multimedialen Präsentationen und im Internet.

Der Befehl Bild–Bildgröße öffnet das Dialogfenster Bildgröße, von wo aus Dimension und Auflösung des Bildes bestimmt werden können.

Die Dateigröße zeigt die Pixelanzahl des Bildes an (Breite in Pixeln × Höhe in Pixeln).

Die Auflösung eines Bildes bezieht sich auf die Anzahl der Pixel, die pro Inch (oder cm) gedruckt werden.

Die Bildgröße bezieht sich auf physische Breite und Höhe (in cm oder Inch gemessen), wenn Fotos ausgedruckt werden. Man kann die Größe eines Bildes berechnen, indem man die Zahl der Pixel durch die Auflösung dividiert.

7.4.10 Bildgrößenveränderung

Um die Auflösung eines Bildes zu steigern oder zu verringern, können mithilfe der Software Pixel hinzugefügt oder entfernt werden. Dieser Vorgang wird Interpolation genannt. Die Reduzierung von Pixeln ist in der Regel unproblematisch, da unbedeutende Pixel entfernt und wichtige erhalten werden. Das Hinzufügen von Pixeln ist im Gegensatz dazu aufwendiger, ungenauer und nur bedingt durchzuführen, da die Software Farbgebung, Sättigung und Helligkeit der zusätzlichen Pixel bestimmen muss und selbst die Profi-Version von Photoshop® diesem Anspruch nicht gerecht wird. (Es sollte generell davon Abstand genommen werden, einem Bild Pixel hinzuzufügen. Das Endergebnis entspricht i. d. R. nicht den Erwartungen. Anm. d. Übersetzerin)

Um die Auflösung zu verändern, ist es notwendig, das Kontrollkästchen Interpolationsverfahren und im Drop-down-Menü Bikubisch anzuklicken. Wenn man dagegen von Größenveränderung einer Bilddatei spricht, bezieht man sich auf die Vergrößerung oder Verkleinerung, ohne dass die Anzahl der Pixel modifiziert wird. Bezogen auf die Bildgrößenveränderung existiert ein umgekehrtes Verhältnis zwischen Größe und Auflösung: Wenn man Erstere erhöht, verringert sich die andere und umgekehrt. Mit dem Interpolationsverfahren kann man Größe und Auflösung unabhängig voneinander verändern. Um ein Bild zu redimensionieren, darf das Kontrollkästchen Interpolationsverfahren nicht angeklickt sein. Man deaktiviert das Kästchen Interpolationsverfahren, um die Auflösung einzustellen, und klickt sie erneut an, um die Größenwerte zu bestimmen. Das Kontrollkästchen Proportionen beibehalten muss immer aktiviert sein. Im Anschluss wird das Bild auf der Festplatte gespeichert und kann jederzeit zu den entsprechenden Zwecken genutzt werden.

8 Juckreiz beim Hund

8.1 Pathogenese der Symptome

Die Wahrnehmung von Schmerz und Juckreiz erfolgt über dünne, nicht-myelinisierte freie Nervenenden. Man findet sie in der Epidermis, der Dermis und um die dermalen Adnexe herum. Nach dem Übergang der freien Enden auf myelinisierte Nervenfasern läuft die Reizleitung entlang der grauen Substanz im Dorsalhorn des Rückenmarks bis zum Thalamus und weiter zur Hirnrinde. Die Perzeption von Juckreiz wird zweigestaltig erfahren: epikritisch und protopatisch. Bei der ersten Wahrnehmung handelt es sich um einen gut lokalisierbaren, kurzen Sinneseindruck; die zweite erfährt man als dumpfe und brennende Empfindung. Zurzeit geht man davon aus, dass dieser Unterschied darauf beruht, dass auf ein und dieselbe Nervenfaser unterschiedliche Mediatoren einwirken. Je nach Intensität des Juckreizes, je nach Juckreiztoleranzschwelle und je nachdem, wie sehr ein Tier abgelenkt ist, führt dieser Sinneseindruck zum motorischen Reflex des Kratzens. Diese Reaktion wiederum führt zur Stimulation von Mechano- und Schmerzrezeptoren der Haut. Sie sind in der Lage, eine interneuronale Hemmung auszulösen, dies führt zumindest für kurze Zeit zu einer Erleichterung und einem Abklingen des Juckreizes. Ähnliches geht vor sich, wenn die Thermorezeptoren mit Hitze- und Kältereizen stimuliert werden. Es gibt zahlreiche Mediatorsubstanzen, die imstande sind, durch Reizung der freien Nervenenden Juckreiz auszulösen. Nachfolgend werden die Wichtigsten aufgelistet.

Histamin. Histamin löst bei dermaler Applikation Ödem, Erythem und Juckreiz aus. Dieser Mediator wird in den Granula der Mastzellen gespeichert. Er hat eine Affinität zu H1-Rezeptoren, die sich auf den freien Nervenenden und im Gewebe finden. Im Gegensatz zum Menschen, bei welchem Antihistaminika eine beachtliche Wirkung auf die Juckreizempfindung entfalten können, haben sie bei Hund und Katze nur geringe bis gar keine Wirkung. Bei diesen beiden Tierarten sind wahrscheinlich zusätzlich andere Mediatoren von Bedeutung.

Serotonin. Für das Verständnis der Pathogenese des Juckreizes beim Hund spielt das Serotonin (oder 5-Hydroxytryptamin), ein vasoaktives Amin, eine wichtigere Rolle als Histamin. Serotonin findet man in den basophilen und neutrophilen Granulozyten, in Mastzellen, Blutplättchen und im Hypothalamus.

Substanz P. Das Neuropeptid Substanz P ist für die Juckreiz- und Schmerzleitung in Nervenfasern verantwortlich. Es ist auch imstande, Entzündungszellen wie Mastzellen und Makrophagen zu aktivieren. So könnte es sein, dass es bei Tieren mit psychischem Stress durch Freisetzung von gespeicherten Mediatoren zum Auslösen von Juckreiz kommt (z. B. psychogene Alopezie durch Lecken bei der Katze, Leckgranulome durch Stress beim Hund).

Prostaglandine, Leukotriene, Thromboxane. Bei dieser Gruppe von Entzündungsmediatoren handelt es sich um Produkte, die im Laufe einer Entzündung synthetisiert werden. Unter den Prostaglandinen ist alleine PGE2 fähig, Juckreiz auszulösen, die anderen, wie PGE1, setzen die Schwelle für Juckreiz herab oder sie wirken reizverstärkend.

Kinine, Bradykinin. Diese vasoaktiven Mediatoren werden von den Mastzellen sezerniert und sind in ihrer Wirkung dem Histamin nicht unähnlich. Sie verstärken ebenfalls die Wirkung einiger Prostaglandine.

Proteolytische Enzyme. Sogar in Kleinstkonzentrationen sind die Endopeptidasen wie die Chymase und die Tryptase der Mastzelle imstande, Juckreizempfindung hervorzurufen, indem sie ihrerseits die Herstellung aktiver Metaboliten verschiedener Mediatoren unterstützen. Proteolytische Enzyme scheinen eine zentrale Rolle als juckreizauslösende Mediatoren für Hund und Katze zu spielen.

Exogene Mediatoren. Unter den Juckreizmediatoren exogenen Ursprungs sind vor allem das Protein A, ein Produkt der Staphylokokken, und das Zymogen, ein Erzeugnis der Malassezien, hervorzuheben. Beide Erreger können beim Wirt beachtlichen Juckreiz verursachen. Andere erwähnenswerte exogene Mediatoren sind Enzyme und Toxine mit proteolytischer und peptidolytischer Aktivität. Schlangengifte und der Speichel von stechenden Arthropoden gehören in diese Substanzklasse.

8.1.1 Ursachen für Juckreiz

Allergien, Parasiten, Tumoren, immunbedingte Erkrankungen oder Infektionskrankheiten (Tab. 8.1) sind primäre Auslöser für Juckreiz. Seltener sind systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Urämie und der portosystemische Shunt mit Juckreiz vergesellschaftet. Allerdings ist der exakte pathologische Mechanismus nach wie vor unbekannt (extrakutane Ursachen für Juckreiz).

8.1.2 Juckreizschwelle

Die Wahrnehmung von Juckreiz erfolgt nur, wenn der Stimulus stark genug ist, um die sogenannte Juckreizschwelle zu überwinden. Diese Schwelle schwankt individuell sehr stark. Bei einem niedrigen Schwellenwert wird ein Tier den Juckreiz sehr bald und intensiv empfinden; im gegenteiligen Fall, bei einem hohen Schwellenwert, wird der Juckreiz seltener und in geringerem Ausmaß wahrgenommen. Auslösende Ursachen, die allein nicht zu Juckreiz führen, können sich bei gleichzeitigem Vorhandensein in ihrer Wirkung addieren, zur Überschreitung des Schwellenwertes führen und Juckreiz bewirken. Neben den klassischen Faktoren (z. B. Allergie, Parasitosen) zählt man auch Stress, trockene Haut, hohe Temperaturen und Kontakt mit Wasser dazu.

8.2 Klinisches Bild

Da der Juckreiz keine Effloreszenz darstellt, kann man als Tierarzt nur die Traumata sehen, die sich das Tier selbst zufügt, und die Beobachtungen des Tierbesitzers erfragen. Diese können jedoch manchmal in die Irre führen. Wenn der Tierbesitzer wenig Zeit mit seinem Tier verbringt und es dementsprechend selten beobachten kann, so neigt er dazu, das Ausmaß des Juckreizes zu unterschätzen. Im umgekehrten Fall kommt es zu Übertreibungen, wenn der Besitzer in Sorge und verzweifelt ist. Man wird in jedem Fall sorgsam Anzeichen von Juckreiz suchen, die über Lokalisation und Intensität Auskunft geben können. Das offensichtlichste Symptom sind Exkoriationen. Typischerweise findet man sie mit Alopezie vergesellschaftet. Diese entsteht durch das Abbrechen der Haare. Ebenso findet man längliche braune Blutkrusten, welche durch Kratzen entstehen (Abb. 8.1). Zusammen sind alle ein Anzeichen für hochgradigen Juckreiz. Wenn die Hautoberfläche gerötet sowie verdickt und das Fell schütter ist und wenn man Papeln sowie eitrig-seröse Exsudate sieht, so drängt sich der Verdacht sekundärer bakterieller Infektionen auf (Abb. 8.2).

Ständiges Lecken ist ein Zeichen für milden Juckreiz. Bei Hunden mit hellem Fell kommt es durch das ständige Belecken bestimmter Körperregionen (z. B. Pfoten, Genitalbereich) zu einer durch den Speichel bedingten Braunverfärbung sowie zu einer Ausdünnung des Haarkleides (Abb. 8.3). Weitere Hinweise für Belecken oder Benagen sind das Auffinden von Haaren im Kot oder eingeklemmt zwischen Schneidezähnen und in Zahnfleischtaschen (Abb. 8.4).

Tabelle 8.1: Ursachen für Juckreiz

 
Allergie

Futtermittelallergie

Flohbissallergie

Atopie

Kontaktdermatitis

Überempfindlichkeit auf Insektenstiche

(Bakterienüberempfindlichkeit)

Parasiten

Sarcoptes-Räude

Flöhe

Läuse und Haarlinge

Cheyletiella spp.

Trombicula

(Endoparasiten)

Infektionskrankheiten

Bakterieninfektion

Malassezia-Infektion

(Dermatophytose)

Tumoren

epitheliotropes Lymphom

Mastozytom

Immunvermittelte Erkrankungen

Pemphigus foliaceus

Metabolische Erkrankungen

portosystemischer Shunt

Diabetes mellitus

Niereninsuffizienz/Urämie

Tabelle 8.2: Altersprävalenz

 
0–6 Monate

Parasitosen

Futtermittelallergie

(Dermatophytose)

1–3 Jahre

Atopie

3–5 Jahre

Flohbissallergie

Pemphigus foliaceus

> 8–10 Jahre

epitheliotropes Lymphom

Die Antwort auf die Frage, in welchem Alter der Juckreiz aufgetreten ist, gibt sehr wichtige Hinweise für die Diagnose (Tab. 8.2).

Wurden Welpen von Züchtern oder in Tierhandlungen erworben, insbesondere wenn sie über zweifelhafte Kanäle aus dem Ausland kommen, werden sie oft mit Dermatophytose oder Ektoparasiten infiziert in der Sprechstunde vorgestellt. Eine Futtermittelallergie kommt oft zwischen dem dritten und sechsten Lebensmonat zum Ausbruch, die Atopie hingegen manifestiert sich häufig zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr. Bei erwachsenen Tieren finden wir eine Prävalenz für Flohbissallergie und Autoimmunerkrankungen, während beim älteren Tier häufiger Tumoren vorkommen.

Das Fortbestehen des Juckreizes über längere Zeit ist ein wichtiger Hinweis: Juckreiz, der schon seit Langem besteht, wird eher allergischen Ursprungs sein und weniger wahrscheinlich auf Parasiten (diese Leiden neigen dazu, sich innerhalb kurzer Zeit zu verschlechtern) oder auf Neoplasien (da das Tier in vielen Fällen schon verstorben wäre) zurückgeführt werden können. Ein jahreszeitlich begrenzter Juckreiz deutet auf eine Parasitose (Flöhe) oder auf eine Atopie (Pollen, Gräser) hin.

Tabelle 8.3: Lokalisationen des Juckreizes

 
Rücken

Flohbissallergie

Cheyletiella spp.

(Futtermittelallergie)

Kopf, Pfoten

Atopie

Futtermittelallergie

(Trombikulose)

Ohren, Lateralseite der Pfoten

Sarcoptes-Räude

Auch die Lokalisationen des Juckreizes und der Läsionen liefern wichtige Hinweise (Tab. 8.3).

Bei Juckreiz im Bereich der kaudalen Körperflächen, am Schwanzansatz, an den Schenkeln und am Abdomen kann eine Flohdermatitis oder -allergie vermutet werden; bei einer dorsalen Lokalisation muss man an Cheyletiella denken; beim Auftreten von Juckreiz an Kopf und den Extremitäten liegt die Vermutung von Atopie oder Futtermittelallergie nahe.

Kontagiosität auf andere Tiere oder Menschen oder der Kontakt mit Tieren mit dermatologischen Problemen lässt den Schluss einer Parasitose (Sarcoptes-Räude, Cheyletiella, Flöhe) oder einer Dermatophytose zu.

Tabelle 8.4: Intensität des Juckreizes

 
Geringgradig

Atopie

bakterielle Infektion

Cheyletiellose

Mittelgradig

schwere Atopie

Futtermittelallergie

Malassezia-Infektion

schwere bakterielle Infektion

Hochgradig

Sarcoptes-Räude

schwere Futtermittelallergie

schwere Malassezia-Infektion

Pemphigus foliaceus

Abschließend wird die Intensität des Juckreizes beurteilt (Tab. 8.4).

8.3 Klinisches Vorgehen

image Wenn ein Patient mit Juckreiz vorgestellt wird, bietet sich folgendes Prozedere an (s. auch Algorithmus, Abb. 8.6):

1) Kommt eine ansteckende Infektion mit Parasiten wie z. B. Sarcoptes- oder Cheyletiella-Räude infrage? Für eine Beurteilung muss der Besitzer folgende Fragen beantworten: Hatte das Tier Kontakt mit verdächtigen Tieren wie beispielsweise Katzen, Füchsen, Kaninchen? War das Tier in einer Tierpension oder wurde es im Zwinger gehalten? Wurde das Tier vor Kurzem in einem Geschäft oder aus einer Zucht erworben? Anschließend sollte ebenfalls erfragt werden, ob auch Menschen aus demselben Haushalt an Juckreiz leiden bzw. ob irgendwo an ihrem Körper rötliche Papeln aufgetreten sind (Abb. 8.5).

a) Wenn hochgradiger Juckreiz vorliegt, der erst kürzlich aufgetreten ist und sich vor allem an den Lateralflächen der Extremitäten (Ellbogen) sowie mit einer Hyperkeratose der Ohrmuschelränder manifestiert, wenn das Tier mit anderen verdächtigen Tieren Kontakt hatte und/oder wenn auch der Besitzer über Juckreiz klagt, so muss die Sarcoptes-Räude in Erwägung gezogen werden. Ein guter Hinweis auf diese Parasitose ist, dass sich der Juckreiz mit einer antiinflammatorischen Dosierung von Glukokortikoiden kaum bessert. Ein oberflächliches Geschabsel zum Nachweis von Milben kann dabei durchaus negativ ausfallen. Es empfiehlt sich in diesem Fall eine diagnostische Therapie mit Selamectin Spot-on (dreimal im Abstand von 15–30 Tagen) oder fünf Waschungen mit 0,5%igem Amitraz jeden fünften Tag.

b) Bei einem Tier mit mittelgradigem Juckreiz und mit Schuppen am Rücken sowie dann, wenn der Besitzer selbst an hochgradigem Juckreiz leidet und die Vorgeschichte einen Kontakt zu potenziellen Trägern (inklusive Kaninchen) ergibt, drängt sich der begründete Verdacht einer Cheyletiella-Infestation auf. Die Milben können in den Hautschuppen und veränderten Hautbezirken mithilfe eines Klebestreifen-Abklatsches ausfindig gemacht werden. Sehr oft liegen sie aber in zu geringer Zahl am Körper vor, um gefunden zu werden. Im Verdachtsfall wird man Waschungen mit 0,5%igem Amitraz, wie oben beschrieben, anordnen. Andere Tiere im Haushalt, auch wenn sie asymptomatisch sind, müssen einbezogen werden (0,3%iges Ivermectin s. c. dreimal im Abstand von 7–15 Tagen für Katzen und Kaninchen). Die Wohnumgebung der Tiere wird mit antiparasitären Sprays zweimal wöchentlich für die Dauer von zwei bis drei Wochen behandelt.

c) Jahreszeitlich beschränkter Juckreiz an Kopf und Ohrmuscheln von Tieren, die in Risikogebieten wohnen, ist symptomatisch für eine Infestation mit den kleinen orangefarbenen Larven von Trombicula spp., der parasitären Form der sonst frei lebenden Herbstgrasmilben. Die Therapie erfolgt analog jener für Cheyletiellose.

Für eine ausführlichere Abhandlung der Hautparasiten siehe Kapitel 34.

2) Sind bakterielle Infektionen und/oder Infektionen mit Malassezia vorhanden, die einen Juckreiz verursachen können? Im Rahmen der klinischen Untersuchung schaut man auf Effloreszenzen, die Hinweis auf ein infektiöses Geschehen sein können, wie z. B. rötliche Flecken, Papeln, Pusteln, Schuppenkränze, fokale Alopezien, nässende Hautareale mit Lichenifikation und Hyperpigmentierung. Mit der zytologischen Untersuchung lässt sich die Diagnose wie in Kapitel 5 dargelegt bestätigen. Für die Therapie greift man auf Antibiotika und/oder Antimykotika über drei Wochen per os zurück, kombiniert mit Shampoos. Zeitgleich bis zur Kontrollvisite kann man auch eine akarizide Therapie ex juvantibus, wie unter Punkt 1 beschrieben, oder eine Behandlung gegen Flohbefall (s. Punkt 3a) durchführen. Wenn der Juckreiz nach erfolgter Therapie fortbesteht sowie Parasitosen und Infektionskrankheiten ausgeschlossen sind, wird man die Verdachtsdiagnosen auf einen allergischem Hintergrund ausweiten. Für eine ausführlichere Abhandlung der Infektionskrankheiten mit Bakterien und Malassezien siehe Kapitel 30 und 31. Ein für den Hund selteneres Vorkommnis – eine Infektion mit Dermatophyten – kann ebenfalls Juckreiz hervorrufen. Dies wird man immer dann beobachten, wenn zu einem primären Geschehen eine bakterielle Sekundärinfektion hinzukommt (s. Kap. 31). Durch Trichoskopie, Wood-Licht oder Pilzkultur kann die Diagnose bestätigt oder verworfen werden. Die ein- bis dreiwöchige Wartezeit bis zum Ergebnis der Auswertung der Pilzkultur nutzt man für eine Therapie mit Antibiotika und/oder Akariziden, wie oben ausgeführt.

3) Wurden bei Juckreiz Ektoparasiten, bakterielle Infektionen, Pilz- oder Malassezia-Infektionen ausgeschlossen, leidet das Tier wahrscheinlich an einer allergischen Erkrankung. Die Lokalisation von Juckreiz ist nun für eine erste Orientierung von entscheidender Bedeutung.

a) Tritt Juckreiz vor allem im Bereich der kaudalen Körperhälfte und dazu noch saisonal auf, so ist dies für eine Flohbissallergie bezeichnend. Die daraus folgende (auch bei Abstreiten des Flohbefalls durch den Besitzer) energische Flohbehandlung besteht aus der Verabreichung eines Adultizids für alle Tiere, die im Haushalt leben, und eines oviund larviziden Wachstumsregulators für die Dauer von sechs bis acht Wochen (bezüglich einer gründlichen Flohbehandlung s. Kap. 35). Am Ende dieses Zyklus sollte das Tier noch einmal vorgestellt werden, um eine Beurteilung des Juckreizes auch an anderen Körperregionen vorzunehmen.

b) Wenn der Juckreiz an den Extremitäten, Gesicht und Ohren, in der Achsel und im Abdominal- und Inguinalbereich lokalisiert ist, so handelt es sich wahrscheinlich um eine Futtermittelallergie oder Atopie. Vor allem bei Tieren, die jünger als sechs bis acht Monate sind, steigt hier die Wahrscheinlichkeit einer Futtermittelallergie. Sie kann beim Hund mit einem Symptombild einhergehen, das dem der Sarcoptes-Räude ähnlich ist: starker Juckreiz und erythematöse Areale mit Papeln am Abdomen. Wenn der Juckreiz nicht saisonal begrenzt auftritt, kann man Atopie und Futtermittelallergie nur nach Fütterung einer speziell zubereiteten Eliminationsdiät über mindestens acht Wochen unterscheiden. Ingredienzien der Diät sind nur Bestandteile, die das Tier bisher noch nicht auf dem Speiseplan hatte (s. Kap. 35). Bei Tieren mit ganzjährig bestehendem Juckreiz sollte man Allergietests nicht vor der Eliminationsdiät ansetzen, da nachgewiesen wurde, dass Nicht-Atopiker falsch positive Reaktionen zeigen können. Tests mit Umweltallergenen sollten nur mit jenen Tieren mit fortwährendem Juckreiz durchgeführt werden, bei denen eine Futtermittelallergie schon ausgeschlossen wurde. Allergietests geben Auskunft über Allergene, auf die ein Tier empfindlich reagiert und die für eine Desensibilisierung herangezogen werden sollten. Allergietests stellen nicht die Diagnose Atopie (sie ist eine klinische Diagnose) und sind sinnlos, wenn der Besitzer eine Desensibilisierung von vornherein ausschließt.

Bei saisonalem Juckreiz kann mit großer Wahrscheinlichkeit von einer atopischen Dermatitis ausgegangen werden. Wenn der Juckreiz kürzer als vier Monate im Jahr andauert, erscheint es sinnvoller, für diese Zeitspanne eine symptomatische Therapie zu wählen. Hält der Juckreiz hingegen mehr als vier Monate im Jahr an oder verträgt das Tier die Therapie mit Glukokortikoiden nicht und eine symptomatische Therapie mit Antihistaminika und essenziellen Fettsäuren bringt keine Besserung, sind allergologische Proben und im Anschluss eine Desensibilisierung angezeigt.

c) Eine klar abgegrenzte Lokalisation des Juckreizes an Kontaktstellen wie Lippen, Pfoten und Sternum weist auf eine Kontaktdermatitis hin. Diese für Hund und Katze äußerst seltene Krankheit wird diagnostiziert, indem aus der Umgebung des Tieres alle möglichen Quellen (Futterschüsseln aus Kunststoff, Teppiche und Hundedecken, Waschmittel und andere chemische Substanzen) einer Kontaktdermatitis entfernt werden. In der Veterinärdermatologie wird der Patch-Test nicht routinemäßig eingesetzt.

4) Wenn der Juckreiz nach einer Eliminationsdiät anhält oder der Intrakutantest (IKT) negativ verläuft oder wenn die Desensibilisierung keinen Erfolg zeigt, kann eine symptomatische Dauertherapie mit steroidalen und nichtsteroidalen Medikamenten in Erwägung gezogen werden (s. Kap. 35). Gelegentlich kann man bei solchen Patienten auch mit zyklisch eingesetzten Antibiotika oder Antimykotika gute Erfolge erzielen, da überwuchernde Bakterien und/oder eine Überempfindlichkeit auf Bakterien und/oder Malassezien Gründe für Juckreiz sein können.

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Abb. 8.6
Diagnostischer Algorithmus zum Juckreiz beim Hund.

5) Des Weiteren existieren noch andere seltene Krankheiten, die mit dem Symptom Juckreiz einhergehen können und deren klinisches Bild über die hier angeführten Punkte hinausgeht. Im Allgemeinen diagnostiziert man diese Erkrankungen unter Zuhilfenahme der histologischen Untersuchung von Hautbiopsien.

Die erste dieser Krankheiten ist das epitheliotrope Lymphom. Man findet es vor allem bei sehr alten Tieren. In seiner pruriginösen Variante präsentiert es sich mit Erythroderma und Desquamation. Wenn ein Tier nach einer antibiotischen Therapie keine Verbesserung der Hautveränderungen zeigt, so ist eine Hautbiopsie angezeigt. Auch einige Fälle von Pemphigus foliaceus sind von hochgradigem Juckreiz begleitet. Die Effloreszenzen treten als Papeln, Pusteln, Krusten, Schuppen und multifokale Alopezien auf. Diese werden in den Kapiteln 9 und 10 abgehandelt.

Die beim Hund seltenen Fälle von Mastozytomen/Mastozytosen können ebenfalls mit Juckreiz vergesellschaftet auftreten. Den Primärtumor kann man nicht immer identifizieren. Als weitere Symptome kommen vor: Eosinophilie, Mastzellen in der Leukozytenmanschette des Blutsediments, Erbrechen und Ultraschallveränderungen an Leber und Milz.

9 Papel, Pustel, Kruste, Schuppenkranz und Furunkel beim Hund

9.1 Pathogenese der Symptome

Papel, Pustel, Kruste und Schuppenkranz sind klinisch sichtbare Resultate kleiner umschriebener Ansammlungen von Entzündungszellen (in erster Linie degenerierter Granulozyten = Eiter) in der oberflächlichen Dermis (Papel) oder Epidermis (Pustel). Die kleinen Eiteransammlungen trocknen aus. Sie bilden Krusten, diese lösen sich ab und hinterlassen kreisförmige Spuren (Schuppenkranz). Entzündungszellen werden in vielen Fällen aufgrund der Anwesenheit von Erregern wie Bakterien (Pyodermie), Parasiten (Sarcoptes-Räude, Demodikose, Leishmaniose, Stechmücken) oder Pilzen (oberflächliche Dermatophytose) in die oberflächlichsten Schichten der Haut gelockt. In anderen Fällen sind Ansammlungen von Entzündungszellen Ausdruck einer Dysregulation des Immunsystems, wie man sie im Verlauf von Autoimmunerkrankungen (Pemphigus), allergischen (Futtermittelallergie, Atopie) oder tumorösen Geschehen (epitheliotropes Lymphom) sehen kann (Tab. 9.1).

Der Furunkel bildet sich im Verlauf von Entzündungsgeschehen im Lumen oder in der Wand des Haarbalges mit nachfolgender Ruptur desselben. Ätiologisch kommen dafür eine bakterielle Follikulitis, die Demodikose und die Dermatophytose in Betracht. Bei der Furunkulose kommt es zum Eindringen des Follikellumeninhaltes (Erreger, Entzündungszellen, nekrotisches Material und Keratin) in die Dermis und dadurch zu einer Fremdkörperreaktion. Die nasale Furunkulose des Hundes, wahrscheinlich eine Überempfindlichkeitsreaktion auf Insektenstiche, ist ein steriler Entzündungsprozess mit eosinophilem Charakter. Die juvenile Zellulitis ist ein steriler, idiopathischer Entzündungsprozess. Sie ist der bakteriellen Furunkulose im Erscheinungsbild nicht unähnlich. Es liegt in beiden Fällen ein dichtes, pyogranulomatöses Infiltrat in der oberflächlichen und tiefen Dermis vor.

9.2 Klinisches Bild

Die Papel ist eine kleine erhabene, erythematöse Verhärtung mit wenigen Millimetern Durchmesser, die sich zu einer Pustel weiterentwickeln kann (Abb. 9.1). Die Zellansammlung besteht aus Entzündungszellen und seltener aus Tumorzellen (z. B. epitheliotropes Lymphom).

Die Pustel ist eine Ansammlung von Eiterzellen unter der Hornschicht, in der Epidermis oder zwischen Epidermis und Basalmembran. Wenn sich Pusteln rund um einen Haarfollikel bilden (follikuläre Pusteln) (Abb. 9.2), so sind sie ein Symptom für follikuläre Erkrankungen wie die bakterielle Follikulitis, eine sekundär infizierte Demodikose oder für Pemphigus foliaceus. Nicht-follikuläre Pusteln sieht man bei Impetigo (die Welpenpyodermie erfasst die oberflächlichen Schichten der Haut meist im Abdominalbereich), beim Pemphigus foliaceus ohne follikuläre Beteiligung, bei Leishmaniose und bei den sehr seltenen sterilen Pustulosen, deren Existenz wissenschaftlich umstritten ist. Eine Pustel kann einen großen Umfang erreichen und mehrere Haarfollikel und deren Zwischenräume umfassen (Abb. 9.3). Von einigen Autoren werden diese großlumigen Pusteln als Zeichen einer Immunschwäche angesehen, wie sie bei spontanem und iatrogenem Hyperadrenokortizismus oder bei Hypothyreoidismus auftreten.

Tabelle 9.1: Ätiologie von Papel, Pustel, Kruste, Schuppenkranz und Furunkel

 
Papel

Pyodermie

Sarcoptes-Räude

Futtermittelallergie

Floh-Dermatitis/Flohbissallergie

Mückenstiche

Leishmaniose

Tumor (epitheliotropes Lymphom)

Pustel

Pyodermie

Pemphigus foliaceus

Leishmaniose

Demodikose

Kruste und Schuppenkranz

Entwicklungsphasen der beiden Erstgenannten

Furunkel

tiefe Pyodermie/bakterielle Follikulitis

Demodikose

Dermatophytose

nasale eosinophile Furunkulose

juvenile Zellulitis

Wenn das eitrige Exsudat einer Pustel eintrocknet, bildet sich eine Kruste. Sie entspricht in ihrer Gestalt der Pustel (Abb. 9.4). Die Farbe dieser Krusten ist honiggelb, kann aber auch dunkler sein, wenn Blut beigemengt ist. Letzteres tritt meist nach selbst zugefügten Verletzungen durch Kratzen auf. Follikuläre Pusteln können beim Eintrocknen des Exsudates (Kruste) Haare miteinander verkleben. Die Haare lassen sich leicht auszupfen und es bleibt eine fokale Alopezie zurück (s. Kap. 10).

Geht die Kruste verloren oder wird die frische Pustel gekappt, bleibt der Schuppenkranz (Collerette) zurück. Die Collerette ist eine rundliche Effloreszenz, die in der Mitte meist dunkler ist (Abb. 9.5). Sie ist am Rand von einem schuppigen, oft erythematösen Wall umgeben. Am Rand unter diesen Schuppen findet man oft noch frisches Exsudat, das für eine zytologische Untersuchung herangezogen werden kann. Großflächige, bogenförmige, serpiginöse und polyzyklische Schuppenkränze ohne eigentliche Pustelbildung sieht man bei der sogenannten »diffusen« oberflächlichen eitrigen Hautentzündung. Schuppenkränze kann man auch beim Pemphigus foliaceus und anderen immunvermittelten Erkrankungen (z. B. bei einigen Formen des Erythema multiforme oder des Arzneimittelexanthems) sehen.

Der Furunkel ist histologisch klar definierbar, während er makroskopisch wie eine große Pustel mit dicken Wänden und mit eitrigem oder blutigem Inhalt erscheinen kann (Abb. 9.6). Durch die Palpation lässt sich der Furunkel manchmal als kleines, intradermales Granulom ausmachen. Gelegentlich zeigt er eine Fistelöffnung an der Oberfläche. Diese Öffnung ist dann mit einer Kruste aus eingetrocknetem Fistelexsudat bedeckt. Wenn man Furunkel am Nasenrücken bei Tieren findet, die jagdlich geführt werden oder die meiste Zeit im Freien verbringen, so wird mit aller Wahrscheinlichkeit eine eosinophile Furunkulose, eine Überempfindlichkeitsreaktion auf Insektenstiche, vorliegen (Abb. 9.7). Der Furunkulose ähnliche Veränderungen an Kinn, Lippen und Ohrmuscheln, aus denen seropurulentes Exsudat austritt, findet man bei der juvenilen Zellulitis (Abb. 9.8). Diese Krankheit manifestiert sich nur bei Welpen. Sie ist begleitet von einer Vergrößerung der Unterkieferlymphknoten und Fieber und muss therapeutisch mit immunsuppressiven Dosierungen von Glukokortikoiden über mehrere Monate therapiert werden. Für die beiden oben genannten sterilen Prozesse ist nur die histologische Beurteilung diagnostisch.

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Abb. 9.7
Eosinophile Furunkulose auf dem Nasenrücken eines Jagdhundes.

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Abb. 9.8
Exsudative Läsionen an Kinn und Lippen bei einem Welpen mit juveniler Zellulitis.

9.3 Klinisches Vorgehen

image 1) Sind Papeln der einzige Befund, so gilt es, die Krankengeschichte genau zu betrachten (s. auch Algorithmus Abb. 9.13).

a) Am Abdomen auftretende Papeln beim Hund, insbesondere beim Welpen, verbunden mit starkem Juckreiz, können ein Hinweis für eine Sarcoptes-Räude oder auch für eine Futtermittelallergie sein. In diesem Zusammenhang wird auf Kapitel 8 verwiesen sowie auf die Ausführungen, wie ein Hund mit starken Juckreizbeschwerden behandelt werden sollte.

b) Wenn bei einem Tier mit Juckreiz, der eventuell nur saisonal auftritt, Papeln im kaudalen Rückenbereich zu finden sind, kann man diese mit aller Wahrscheinlichkeit auf einen Flohbefall oder eine Flohallergie zurückführen. Oft entstehen die Papeln als Folge einer leichten sekundären bakteriellen Infektion. Neben einer rigorosen Flohbehandlung von Tier und Umgebung sowie allen anderen im Haushalt lebenden potenziellen Flohträgern ist es ratsam, dem Patienten auch für drei Wochen Antibiotika zu verabreichen und ihn nach dem Therapiezyklus wieder zu einer Beurteilung in die Praxis zu bestellen (s. Kap. 34 und 35).

c) Verhärtete Papeln, die gemeinsam mit Juckreiz auftreten und eine reichliche Zellansammlung in der oberflächlichen Dermis erahnen lassen, sind ursächlich mit Mückenstichen (Kurzhaarrassen), neoplastischen Infiltraten und anderen seltenen Krankheiten in Verbindung zu bringen. Um Klarheit über die Ursache zu gewinnen, empfiehlt es sich, eine Hautbiopsie von einer Effloreszenz vorzunehmen.

2) Finden sich zeitgleich auch Pusteln, so wird man, um den Inhalt zu beurteilen, sinnvollerweise zytologische Proben ziehen (für die Vorgehensweise s. Kap. 5).

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Abb. 9.10
Zahlreiche neutrophile Granulozyten und akantholytische Zellen (Hemacolor®, 40x).

a) Degenerierte neutrophile Granulozyten mit intrazellulären Bakterien (Abb. 9.9). Ihre Anwesenheit ist diagnostisch für die Pyodermie. Findet man stäbchenförmige Bakterien, so ist ein Antibiogramm für die Auswahl des Antibiotikums zwingend notwendig. Sowohl eine Therapie mit Antibiotika als auch die Suche nach den Primärursachen, die das Angehen einer bakteriellen Infektion begünstigen (z. B. Allergien, hormonelle Erkrankungen), sind angezeigt. Für die Therapie der Pyodermien wird auf Kapitel 30 verwiesen.

b) Intakte neutrophile Granulozyten und akantholytische Zellen (Abb. 9.10). Dieser Befund passt zu einem Pemphigus foliaceus. Da sich die Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten über lange Zeiträume erstreckt, wird dringend empfohlen, die Diagnose durch eine histopathologische Untersuchung bestätigen zu lassen. Für die Therapie des Pemphigus foliaceus siehe Kapitel 36.

c) Neutrophile Granulozyten mit intrazytoplasmatischen Bakterien und akantholytische Zellen. Dieser Befund ist zweideutig, da er sowohl mit einer Pyodermie (Akantholyse durch die Enzyme der Neutrophilen) als auch mit einem Pemphigus foliaceus (Sekundärinfektion) einhergehen kann. Hier ist ein dreiwöchiger Zyklus mit Antibiotika angezeigt. Wenn es zu einer Abheilung der Effloreszenzen kommt, so lag eine Pyodermie vor, wenn sie hingegen bestehen bleiben, so wird ein Pemphigus sehr wahrscheinlich und man entnimmt Hautstanzen für eine histopathologische Bestätigung (für die Vorgehensweise s. Kap. 6).

d) Neutrophile Granulozyten ohne Bakterien und ohne akantholytische Zellen. In diesem seltenen Fall kann eine pustulöse Form der Leishmaniose, der Demodikose oder eine sterile Erkrankung vorliegen. Nach einem tiefen Hautgeschabsel mit negativem Befund wird man bei Verdacht auf Leishmaniose eine serologische Untersuchung und eine Serumelektrophorese anschließen und/oder Hautbioptate für die Histologie entnehmen. Selten wird man parasitäre Elemente der Leishmanien im zytologischen Ausstrich einer Pustel nachweisen können.

e) Eosinophile Granulozyten (Abb. 9.11). Sie sind ein seltener Befund. Man kann sie im Verlauf von Sarcoptes-Räude und Futtermittelallergie (s. Punkt 1a), Flohdermatitis und Flohbissallergie (s. Punkt 1b), Pemphigus foliaceus (zusammen mit Akanthozyten; s. Punkt 2b) und der sterilen eosinophilen Pustulose sehen. Die Existenz der sterilen eosinophilen Pustulose wird von zahlreichen Autoren und auch von den Verfassern dieses Buches angezweifelt. Wenn sich als Folge einer Furunkulose Pusteln in die Tiefe der Dermis ausdehnen, kann es zu einer Einwanderung von Eosinophilen kommen. Der Befund »eosinophile Pustel« lässt nach Erwägung und Ausschluss der allergischen und parasitären Ursachen (s. Kap. 8) eine Hautbiopsie als nächsten Schritt zum diagnostischen Ausschluss von Pemphigus foliaceus und von steriler eosinophiler Pustulose ratsam erscheinen.

3) Bei einem Furunkel werden der Inhalt und das an die Oberfläche tretende Exsudat zytologisch untersucht.

a) Zahlreiche Makrophagen (Abb. 9.12) und wenige, degenerierte Neutrophile mit intrazellulären Bakterien sind mit aller Wahrscheinlichkeit Anzeichen einer tiefen Pyodermie. Es ist empfehlenswert, in jedem Falle ein tiefes Hautgeschabsel zu nehmen und von den umliegenden Haaren eine mykologische Kultur anzusetzen, um eine Demodikose bzw. eine Dermatophytose auszuschließen. Bevor man ein Antibiotikum verabreicht, ist es notwendig, eine bakteriologische Untersuchung sowie ein Antibiogramm durchzuführen (tiefe Pyodermie).

b) Findet man Eosinophile aus Veränderungen am Nasenrücken, so handelt es sich wahrscheinlich um eine durch Insektenstiche allergisch bedingte eosinophile Follikulitis/Furunkulosis. Die Bestätigung der Diagnose erfolgt durch Entnahme eines Hautbioptates. Im Falle der Bestätigung der Verdachtsdiagnose verabreicht man Glukokortikoide bis zur vollständigen Remission der Symptome.

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Abb. 9.12
Pyogranulomatöse Entzündung. Zahlreiche Neutrophile, Makrophagen und eine Riesenzelle (Pfeil) (Hemacolor®, 40x).

c) Wird ein Welpe mit Furunkulose im Gesicht, Lymphadenopathie der Mandibularlymphknoten und Fieber vorgestellt und sind in der zytologischen Untersuchung zahlreiche Makrophagen und Neutrophile, jedoch keine Bakterien ersichtlich (wenn die Proben aus intakten nicht-ulzerativen Läsionen gewonnen wurden), dann liegt mit aller Wahrscheinlichkeit eine juvenile Zellulitis vor. Zur Diagnosebestätigung zieht man Hautstanzen und verabreicht Antibiotika, solange man auf das Ergebnis wartet. Nach Diagnosebestätigung ergänzt man die Therapie mit einer immunsuppressiven Dosierung eines Glukokortikoides. Die Therapie wird einige Monate durchgeführt und nach und nach ausgeschlichen.

4) In Abwesenheit von intakten Pusteln verwendet man für die zytologische Untersuchung Krusten und Schuppenkränze, indem man von einer nässenden Oberfläche einen Abklatsch anfertigt. Die Interpretation erfolgt wie in Punkt 2 dargestellt. Extrazelluläre Bakterien sind als Kontamination, Neutrophile mit phagozytierten Bakterien hingegen als sekundäre Infektion zu beurteilen. Wenn man akantholytische Zellen findet, so könnte ein Pemphigus foliaceus vermutet werden, welcher jedoch nur durch die Histologie bestätigt werden kann. Der Probenentnahme sollten zwei Wochen Antibiotikaverabreichung vorangehen, da eine sekundäre Pyodermie die Interpretation beeinträchtigen kann.

5) Wenn eine Antibiotikatherapie Pusteln, Furunkel, Krusten und Schuppenkränze nicht zum Verschwinden bringt, sowie bei allen anderen unklaren Fällen, sollten zahlreiche Bioptate entnommen werden. Diese sind notwendig, um seltene Krankheiten wie z. B. das Arzneimittelexanthem oder andere immunbedingte Krankheitsbilder zu diagnostizieren.

10 Fokale, multifokale und entzündliche Alopezie beim Hund

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Abb. 10.1
Multifokale Alopezie bei einem Hund mit Demodikose.

10.1 Pathogenese der Symptome

Wenn Haarausfall (Alopezie, Hypotrichose) vorliegt und dieser eine oder mehrere Lokalisationen am Tierkörper aufweist, so ist er meistens auf einen fokalen pathologischen und entzündlichen Vorgang im Haarfollikel (z. B. Infektionen) zurückzuführen. Systemische Ursachen (z. B. Endokrinopathie) kommen hierfür nicht infrage, da die Haarlosigkeit dann generalisiert auftreten würde.

Lokale pathologische Vorgänge, die das physiologische Haarwachstum beeinträchtigen und zu Haarausfall führen, sind Infektionen, Infestationen mit Parasiten und immunbedingte Vorgänge (Tab. 10.1).

Da sich bei einer bakteriellen und mykotischen Infektion sowie bei Demodikose der Erreger im Haarfollikel befindet, stört er die Haarentwicklung und es kommt zu Haarausfall. Dabei kann einer luminalen Follikulitis eine Furunkulose folgen. Im Unterschied dazu sind bei immunbedingten Erkrankungen die Strukturen des Follikels (Wand, Wurzelscheide, Blutgefäße usw.) Ziel des autoimmunbedingten Angriffs. In der Folge können weder gesunde Haare heranwachsen noch kann den Haaren im Follikel Halt gegeben werden.

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Abb. 10.2
Multifokale Alopezie bei einem Hund mit Pemphigus foliaceus. Die haarlosen Stellen sind von gelben Krusten gesäumt (eingetrockneter Eiter).

10.2 Klinisches Bild

Die Effloreszenz »fokale Alopezie« ist bei Kurzhaarrassen besser zu sehen (Mottenfraßalopezie) als bei Rassen mit langem Haar (Abb. 10.1). Bei den Langhaarrassen muss man daher durch sorgfältige Inspektion des Fells die haarlosen Stellen suchen. Die umschriebene Alopezie kann am Rand scharf oder unscharf begrenzt sein; dies ist aber meistens kein entscheidender Faktor für die Diagnosestellung. Im Gegensatz dazu lenkt das Auffinden von Schuppenkränzen (Abb. 10.2) oder Krusten am Rand der Läsionen (Zeichen vorangegangener Pusteln) den Verdacht in Richtung bakterielle Infektion und Pemphigus foliaceus, seltener auf ein Arzneimittelexanthem.

Tabelle 10.1: Ursachen der fokalen und multifokalen Alopezie

 
Infektionskrankheiten

bakterielle Follikulitis

Dermatophytose

Infestationskrankheiten

Demodikose

Immunbedingte Erkrankungen

Pemphigus foliaceus

Alopecia areata

Dermatomyositis

Andere Ursachen

epitheliotropes Lymphom

Arzneimittelexanthem, inklusive Haarausfall an Injektionsstellen

Narben

Traktionsalopezie

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Abb. 10.3
Haarloses abgegrenztes Narbengewebe am Nacken eines Hundes. Eine über lange Zeiträume gesetzte Haarspange war die Ursache für die Traktionsalopezie.

Lassen sich Haare ausgedehnt und büschelweise ohne großen Widerstand ausreißen, so liegt eine hochgradige Störung des Haarfollikels vor. Ist die darunter liegende Haut unauffällig, so kann für den Follikelschaden eine metabolische und nichtentzündliche Ursache angenommen werden, wie z. B. eine hormonelle Erkrankung. Ist die darunter liegende Haut aber erythematös, erodiert oder schuppig und lösen sich mit den Haaren auch Krusten und großflächige Schuppen ab, so handelt es sich um einen entzündlichen Vorgang wie z. B. eine bakterielle Follikulitis oder eine Arzneimittelunverträglichkeit. Rundliche, haarlose Bezirke mit Narbengewebe (kein Haarwuchs, nichtpigmentierte, glatte und glänzende Haut) beobachtet man im Falle von Hautverletzungen, die sekundär verheilt sind, sowie bei dauerhaften Schäden nach subkutanen Injektionen, bei Traktionsalopezie durch zu straff angesetzte Haarspangen (Abb. 10.3) und als Folge einer Dermatomyositis.

Der diffuse und symmetrische, meist nicht-entzündliche Haarausfall wird in Kapitel 11 erläutert.

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Abb. 10.4
Adulte Milbe von Demodex canis.

10.3 Klinisches Vorgehen

image Signalement und Anamnese können von Nutzen sein, sie sind aber für die Diagnosefindung nicht ausschlaggebend.

Ein junges Tier kann z. B. für Demodikose und Dermatophytose prädisponiert sein, beide Krankheiten kann man aber bei Patienten jeden Alters finden. Man findet Rassen, die zu Demodikose neigen (s. Kap. 34) und andere wie die kurzhaarigen Rassen, die oft an idiopathischer Follikulitis leiden (s. Kap. 30). Allergische oder immunsupprimierte Tiere stellen eine Risikogruppe für Follikulitis dar. Hingegen neigen Patienten, die in ihrer Jugend an Demodikose erkrankt sind, auch im Erwachsenenalter während der Läufigkeiten oder bei Stress (Geburt, Laktation, Krankheiten, Tumor usw.) zu Rückfällen.

Unabhängig von Signalement und Vorgeschichte wird der Weg zur Diagnose, den man im Falle von fokaler und multifokaler Alopezie beschreiten muss, im Folgenden beschrieben (Details zu den angeführten Untersuchungsmethoden s. Kap. 4, 5 und 6; s. auch Algorithmus Abb. 10.7).

1) Tiefes Hautgeschabsel und trichoskopische Untersuchung. Die Entnahme zum Nachweis der Demodikose erfolgt von mehreren Effloreszenzen. Wenn Geschabsel und Trichoskopie negativ sind und das Tier noch nie mit akariziden Mitteln behandelt wurde, kann mit aller Voraussicht eine Infestation mit Demodex canis ausgeschlossen werden. Bleiben die Veränderungen bestehen, sollte bei jeder Kontrolluntersuchung ein Hautgeschabsel wiederholt werden. Das Auffinden von Demodex-Milben (Abb. 10.4) ist diagnostisch für Demodikose. Neben der Durchführung einer spezifischen Therapie (s. Kap. 34) ist es wichtig, sekundäre bakterielle Infektionen und primäre Erkrankungen abzuklären.

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Abb. 10.5
Ein von Dermatophyten befallenes Haar. Der Haarschaft ist von Pilzhyphen befallen (rechts). Links sind einige gesunde Haare zu sehen.

2) Untersuchung mit dem Wood-Licht und Trichoskopie zur Beurteilung der Dermatophytose. Die Woodsche Lampe lässt nur 50% der Stämme von Microsporum canis fluoreszieren. Andere Pilzarten, die Ursache einer Dermatophytose sein können, fluoreszieren nicht (z. B. Trichophyton spp.). Deshalb ist ein negativer Befund bei der Untersuchung mit dem Wood-Licht kein Grund, die Dermatophytose auszuschließen. Um trichoskopisch Hyphen und Sporen nachzuweisen, muss man sowohl Haare vom Rand als auch vom Zentrum der Veränderung entnehmen (Abb. 10.5). Werden im Wood-Licht positive Haare mikroskopisch beurteilt, erhält man meist ebenfalls einen positiven Befund. Im Wood-Licht negative Haare können allerdings auch mikroskopisch negativ sein, obwohl eine Dermatophytose vorliegt.

3) Pilzkultur. Wenn Hautgeschabsel, Trichoskopie und das Wood-Licht negative Ergebnisse hervorbringen, muss eine Pilzkultur angesetzt werden, um eine Infektion mit Dermatophyten bestätigen oder ausschließen zu können. Die Haarprobe wird steril in der Mitte und am Rand der veränderten Stelle entnommen und auf einem DTM-Nährboden sowie eventuell zusätzlich auf einem Sabouraud-Nährboden aufgebracht. Für weitere Details und Ergänzungen zur Dermatophytose siehe Kapitel 31.

4) Zytologie. Finden sich am Rand der haarlosen Stellen Krusten oder Schuppenkränze, so kann versucht werden, von nässenden Oberflächen einen Abklatsch zu nehmen. Wenn man im zytologischen Präparat degenerierte neutrophile Granulozyten mit intrazellulären Bakterien (Abb. 10.6) findet, so ist dies ein diagnostischer Befund für eine Pyodermie (bakterielle Follikulitis, s. Kap. 30). Finden sich hingegen intakte Neutrophile und akantholytische Zellen, drängt sich der Verdacht eines Pemphigus foliaceus auf, der aber einer Bestätigung mittels Hautbiopsie bedarf.

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Abb. 10.6
Neutrophile Granulozyten mit phagozytierten Bakterien.

5) Diagnostische Therapie. Wenn keine zytologische Untersuchung vorgenommen wurde oder wenn das Ergebnis nicht ausreichend aussagekräftig war und man auf die Ergebnisse der Pilzkultur wartet (im Allgemeinen 2 Wochen), kann man eine Therapie mit empirisch ausgewählten Antibiotika beginnen und versuchen, die Diagnose bakterielle Follikulitis ex juvantibus zu stellen. Zu diesem Zweck kann man, sofern dieses Medikament in letzter Zeit nicht zum Einsatz kam, Cefadroxil (20–30 mg/kg SID), Cefalexin (20–30 mg/kg BID) oder Amoxicillin/Clavulansäure (15–25 mg/kg BID) verschreiben. Antibiotika, die im Rahmen einer bakteriellen Follikulitis verordnet werden, müssen über einen Zeitraum von drei Wochen gegeben werden. Der Patient sollte jedoch schon nach zwei Wochen zur Beurteilung des Therapieerfolges wieder vorgestellt werden, auch um dem Besitzer das Ergebnis der Pilzkultur mitteilen zu können. Für weitere Informationen zur Pyodermie siehe Kapitel 30.

6) Hautbiopsie. Verläuft auch die Pilzkultur negativ und kommt es zu keiner Besserung im Verlauf der Therapie mit Antibiotika, sollte zur Erzielung einer Diagnose auf eine Biopsie zurückgegriffen werden. Nach zweiwöchiger Verabreichung eines Antibiotikums befinden sich die Effloreszenzen (keine sekundäre bakterielle Infektion) für die histopathologische Beurteilung im Idealzustand und die Wahrscheinlichkeit ist höher, eine Diagnose stellen zu können. Über die Hautstanze gelingt die Diagnose von selteneren Erkrankungen, die manchmal mit fokaler oder multifokaler Alopezie einhergehen können, wie Alopecia areata, Pemphigus foliaceus, Arzneimittelexanthem, Haarausfall an Injektionsstellen, Traktionsalopezie und epitheliotropes Lymphom.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842685239
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Mai)
Schlagworte
Dermatitis Dermatologie Dermatose Haut Hauterkrankungen Hautkrankheit Hautuntersuchungen Hund Katze Kleintier Veterinärmedizin

Autoren

  • Chiara Noli (Autor:in)

  • Fabia Scarampella (Autor:in)

  • Stefano Toma (Autor:in)

Dr. Chiara Noli, Diplomate ECVD und Fachtierärztin für Kleintiere und Dermatologie, ist eine europaweit anerkannte Spezialistin. Sie arbeitet für Kleintierkliniken sowie für ein dermato-pathologisches Labor in Mailand, Italien. Dr. Fabia Scarampella, Diplomate ECVD, leitet eine auf Dermatologie spezialisierte Kleintierklinik in Mailand, Italien. Stefano Toma, ist Tierarzt mit Spezialisierung im Bereich Veterinärdermatologie. Die Übersetzer sind spezialisierte Kleintierdermatologen.
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Titel: Praktische Dermatologie bei Hund und Katze