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Keine Anwendung ohne Einweisung

Medizinprodukte sicher anwenden und betreiben

von Dietmar Kirchberg (Autor:in)
168 Seiten

Zusammenfassung

kurz und knapp:
Kompakt: Kurze Einführung ins Medizinproduktegesetz
Praktisch: Aktuelles Wissen für den Berufsalltag
Kompetent: Sichere Anwendung – effizienter Betrieb

Ob Ultraschallvernebler, Lifter, elektrisches Pflegebett oder Blutzuckermessgerät – Medizinprodukte gehören zum Alltag in der Pflege. Doch jede Pflegekraft, die solche Produkte anwendet, ist für sie verantwortlich und kann bei fehlerhafter Anwendung haftbar gemacht werden. Kommt ein Patient/Bewohner zu Schaden, drohen Strafen.
Umso wichtiger ist es, sich mit dem Anwenden und Betreiben von Medizinprodukten gut auszukennen. Dieses Buch gibt Sicherheit und vermittelt gezielt die Inhalte, die Pflegekräfte in diesem Bereich kennen müssen. Dabei ist es stets praxisnah, liefert Grundlagen, erläutert Probleme und nimmt ganz gezielt die Perspektive der Pflegekräfte in den Fokus.
Das Buch entstand direkt in der Fortbildung und beantwortet deshalb kompakt und aktuell die häufigsten Fragen, die Pflegekräfte in Sachen „Medizinprodukte“ haben.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Nahezu 20 Jahre sind seit Inkrafttreten des Medizinproduktegesetzes vergangen. 20 Jahre, in denen viel für die Sicherheit von Bewohnern und Patienten getan wurde. Dennoch gibt es in der täglichen Pflegepraxis viele Fragen zum sicheren, zweckbestimmten und sachgerechten Umgang mit Medizinprodukten. Sei es, weil der Gesetzgeber einige Gesetzeslücken noch nicht geschlossen hat; sei es aus mangelndem Bewusstsein von Einrichtungsträgern für die Bedeutung der Gerätesicherheit, aus Kostengründen, Desinteresse, fehlenden Kompetenzen, Durchführungsbestimmungen und Dienstanweisungen oder schlicht aus Unkenntnis und Leichtsinn der Anwender.

Lösungen scheitern in aller Regel am Geld, an der notwendigen Zeit und/oder am Willen zur Umsetzung des MPG und seiner Folgeverordnungen.

Deshalb möchte ich Ihnen zeigen,

was Sie als Pflegeperson bei der Anwendung von Medizinprodukten zu beachten haben;

welche Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes und seiner Folgeverordnungen für Sie von Bedeutung sind.

Je mehr Sie wissen, umso höher werden die Qualität Ihrer pflegerischen Praxis und damit auch die Sicherheit von Bewohnern und Patienten. Außerdem steigt Ihre Rechtssicherheit bei der täglichen Anwendung von Medizinprodukten.

Doch neben den rechtlichen Grundlagen zum Medizinproduktegesetz liegt der Schwerpunkt dieses Buches auf der praktischen Umsetzung des Medizinproduktegesetzes und der in der Folge erlassenen Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung).

Es kann also von allen Mitarbeitern aller Einrichtungen genutzt werden, in denen Medizinprodukte an Menschen angewendet werden.

1 RECHTLICHE GRUNDLAGEN: DAS MEDIZINPRODUKTEGESETZ (MPG) UND SEINE FOLGEVERORDNUNGEN

1.1 Das Medizinproduktegesetz (MPG)

Mit dem Medizinproduktegesetz (MPG), das zum 1. Januar 1995 in Kraft trat, wurden gleich fünf Richtlinien der Europäischen Union (EU) umgesetzt. So stehen allen Einwohnern der derzeit 28 EU-Mitgliedsstaaten alle Medizinprodukte zur Verfügung, die nach den Bestimmungen der EU-Richtlinien in den Verkehr gebracht werden.

Der Zweck des MPG

Den Zweck des Gesetzes hat der Gesetzgeber in § 1 MPG formuliert:

EU-weite Regelung des Verkehrs mit Medizinprodukten

Gewährleistung der Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte

Sorge für die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter

Mit dem etwas sperrigen Begriff »Verkehr mit Medizinprodukten« ist gemeint: das Herstellen, Inverkehrbringen, Ausstellen, Errichten, Inbetriebnehmen, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten. Der Begriff »Patient« beinhaltet selbstverständlich auch den Begriff »Bewohner«.

Den Begriff »Anwender« erkläre ich Ihnen in Kapitel 2.3, denn dazu muss ich etwas weiter ausholen. »Dritte (…) sind alle Menschen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung eines Medizinprodukts zu sehen sind (z. B. Besucher, Familienangehörige, Reinigungspersonal, Mitarbeiter von Fremdfirmen, Kunden, zufällig anwesende Personen) oder die während der Nutzung des Medizinprodukts durch den Anwender Hilfsverrichtungen vornehmen (z. B. Hilfskräfte, Auszubildende).«1

Der Anwendungsbereich des MPG

Gemäß § 2 Abs. 1 MPG gilt das MPG

für Medizinprodukte und deren Zubehör,

wobei Zubehör als eigenständiges Medizinprodukt behandelt wird

Darüber hinaus findet das MPG Anwendung auf Medizinprodukte, die dazu bestimmt sind, Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG zu verabreichen (§ 2 Abs. 3 MPG), beispielsweise Spritzen.

Eine Abgrenzung zwischen »Medizinprodukt« und »Arzneimittel« ergibt sich aus der Definition des Begriffs »Medizinprodukt« gemäß § 3 Nr. 1 MPG (vgl. Kap. 3.1). Aus dieser Definition ergibt sich ebenfalls, dass sich der Anwendungsbereich des MPG einschließlich seiner Folgeverordnungen nur auf das Anwenden von Medizinprodukten am Menschen erstreckt.

Zusammenfassend wird deutlich, dass Zweck und Anwendungsbereich des MPG gegenüber der Medizingeräteverordnung (MedGV) deutlich weiter gefasst sind, da der Anwendungsbereich nicht nur den gesamten »Lebenslauf« eines Medizinprodukts umfasst, sondern auch dessen Zubehör.

Die Gliederung des MPG

Das MPG in seiner derzeitigen Fassung regelt in insgesamt 44 Paragrafen in neun Abschnitten den Umgang mit Medizinprodukten:

1. Abschnitt: Zweck, Anwendungsbereich des Gesetzes, Begriffsbestimmungen

2. Abschnitt: Anforderungen an Medizinprodukte und deren Betrieb

3. Abschnitt: Benannte Stellen und Bescheinigungen

4. Abschnitt: Klinische Bewertung, Leistungsbewertung, klinische Prüfung, Leistungsbewertungsprüfung

5. Abschnitt: Überwachung und Schutz vor Risiken

6. Abschnitt: Zuständige Behörden, Rechtsverordnungen, sonstige Bestimmungen

7. Abschnitt: Sondervorschriften für den Bereich der Bundeswehr

8. Abschnitt: Straf- und Bußgeldvorschriften

9. Abschnitt: Übergangsbestimmungen

1.1.1 Folgeverordnungen des MPG

Das MPG ermächtigt das Bundesministerium für Gesundheit ausdrücklich zum Erlass von Rechtsverordnungen. In diesen sogenannten »Folgeverordnungen zum MPG« können Details und Anforderungen geregelt werden, um das MPG inhaltlich und praktikabler auszugestalten. Derzeit gibt es zwölf Folgeverordnungen, die auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (DIMDI) nachgelesen werden können.2

Für Ihre Praxis in der Pflege von besonderer Bedeutung sind zwei Verordnungen:

1. Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)

2. Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)

1.2 Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)

Nach § 37 Abs. 5 Nr. 1 MPG hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) das Recht, Anforderungen an das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten festzulegen. Es darf auch Regelungen treffen über die Einweisung der Betreiber und Anwender, die sicherheitstechnischen Kontrollen und Funktionsprüfungen. Außerdem darf das BMG Meldepflichten und Einzelheiten der Meldepflichten von Vorkommnissen und Risiken regeln; sich in Sachen Bestandsverzeichnis und Medizinproduktebuch äußern sowie weitere Anforderungen festlegen, soweit dies für das sichere Betreiben und die sichere Anwendung oder die ordnungsgemäße Instandhaltung notwendig ist.

Von diesem Recht hat das BMG Gebrauch gemacht und die »Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten« (Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV) als nationale Vorschrift in das Medizinprodukterecht eingefügt. Sie ist zum 7. Juli 1998 in Kraft getreten.

Als Regelungsmodell enthält sie die MedGV mit Erweiterungen, Ergänzungen und wichtigen Änderungen. Auch die z. T. guten Erfahrungen mit der MedGV sind in diese Verordnung mit eingeflossen. Die MedGV ist mit Inkrafttreten des 2. MPG-Änderungsgesetzes zum 1. Januar 2002 aufgehoben worden. Sie gilt nicht mehr.

Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung enthält die zentralen Bestimmungen für die Anwender von Medizinprodukten und damit für die tägliche Pflegepraxis.

Die Ziele der Medizinprodukte-Betreiberverordnung*:

Gewährleistung der Gesundheit und des erforderlichen Schutzes von Patienten, Anwendern und Dritten durch das sichere Betreiben, Anwenden, Instandhalten und Aufbereiten von Medizinprodukten

Gewährleistung der Messsicherheit bei Medizinprodukten mit Messfunktion

Gewährleistung der erforderlichen Qualität, Sicherheit und Leistung von In-vitro-Diagnostika

Gewährleistung der Zuverlässigkeit der mit den In-vitro-Diagnostika erzielten Messergebnisse**

 

* Vgl. § 1 MPG und § 37 Abs. 5 Nr. 1 MPG

** Böckmann & Frankenberger (2013b). Durchführungshilfen zum Medizinproduktegesetz. Schwerpunkt Medizintechnik und In-vitro-Diagnostika. Praxisnahe Hinweise, Erläuterungen, Textsammlung. Band 3. 39. Akt./Erg.-Lieferung. Köln: TÜV Media, S. 3

1.2.1 Anwendungsbereich der MPBetreibV

»In Verbindung mit den Übergangsbestimmungen von § 44 Abs. 3 MPG i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (…) gelten die Vorschriften der Medizinprodukte-Betreiberverordnung für alle Medizinprodukte, unabhängig davon, nach welcher Vorschrift die Medizinprodukte in Betrieb genommen wurden.«3

Gemäß § 1 gilt die Medizinprodukte-Betreiberverordnung nicht für Medizinprodukte

zur klinischen Prüfung oder zur Leistungsbewertungsprüfung,

die weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienen und in deren Gefahrenbereich keine Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Damit sind Medizinprodukte gemeint, die beispielsweise ausschließlich von Bewohnern/Patienten oder deren Angehörigen bedient werden.

Sobald ein Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes, eines Altenheims oder eines Krankenhauses ein Medizinprodukt eigenverantwortlich bedient, das einem Bewohner/Patienten gehört, gilt dieser Mitarbeiter als Anwender, der alle Bestimmungen des MPG und der MPBetreibV hinsichtlich des Anwendens beachten muss (siehe Kap. 9).

1.2.2 Gliederung der MPBetreibV

Die Medizinprodukte-Betreiberverordnung enthält 18 Paragrafen in insgesamt sechs Abschnitten:

1. Abschnitt: Anwendungsbereich und allgemeine Vorschriften

2. Abschnitt: Spezielle Vorschriften für aktive Medizinprodukte

3. Abschnitt: Medizinprodukte mit Messfunktion

4. Abschnitt: Vorschriften für die Bundeswehr

5. Abschnitt: Ordnungswidrigkeiten

6. Abschnitt: Übergangs- und Schlussbestimmungen

Darüber hinaus enthält sie zwei Anlagen und verweist auf zwei Dokumente:

Anlage 1 (zu § 5 Abs. 1 und Abs. 2, § 6 Abs. 1 und § 7 Abs. 1): Sachverhaltskomplexe, die sog. »Anlage-1-Geräte«, für die besondere Anforderungen an das Betreiben und Anwenden in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung festgeschrieben sind

Anlage 2 (zu § 11 Abs. 1): Medizinprodukte, für die die Medizinprodukte-Betreiberverordnung messtechnische Kontrollen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 vorschreibt

Gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten

Anlage 1 der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung quantitativer laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen

Da diese beiden Dokumente in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung festgeschrieben sind, wird ihnen ein rechtsverbindlicher Status zugeschrieben. Sie sind somit verbindlich.

1.2.3 Sondervorschriften für medizinisch-technische Geräte nach der Medizingeräteverordnung (MedGV)

Obwohl die Medizingeräteverordnung (MedGV) inzwischen aufgehoben wurde, gelten für alle medizinisch-technischen Geräte, die nach den Bestimmungen der Medizingeräteverordnung (MedGV) in Verkehr gebracht wurden, die Bestimmungen des MPG und seiner Folgeverordnungen.

Damit Betreiber und Anwender diese sog. »Altgeräte« auch weiterhin rechtmäßig betreiben und anwenden dürfen, enthält § 15 MPBetreibV alle Vorschriften als Sondervorschriften, die von der Medizingeräteverordnung (MedGV) abweichen, die aber notwendig sind, um jene medizinisch-technischen Geräte weiter zu betreiben, die nach den Bestimmungen der MedGV erstmalig in Verkehr gebracht wurden und nunmehr unter die Bestimmungen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung fallen.

_______________________

1 Böckmann, R.-D. & Frankenberger, H. (2013). Durchführungshilfen zum Medizinproduktegesetz. Schwerpunkt Medizin-technik und In-vitro-Diagnostika. Praxisnahe Hinweise, Erläuterungen, Textsammlung. Band 1. 39. Akt./Erg.-Lieferung. Köln: TÜV Media, S. 5

2 http://www.dimdi.de/static/de/mpg/recht/index.htm

3 Ebd.

2 DAS WHO IST WHO DES MEDIZINPRODUKTERECHTS

Neben einem deutlich erweiterten Anwendungsbereich führt der deutsche Gesetzgeber im Medizinprodukterecht neue Begriffe ein. An dieser Stelle erkläre ich Ihnen die Begriffe »Hersteller, Betreiber und Anwender«. Um den Begriff »Medizinprodukt« wird es in Kapitel 3 gehen.

2.1 Hersteller von Medizinprodukten

Gemäß § 3 Nr. 15 MPG ist Hersteller die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinprodukts im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist; unabhängig davon, ob diese Tätigkeit von dieser Person oder stellvertretend für diese von einer dritten Person ausgeführt wird.

Hersteller ist aber auch die natürliche oder juristische Person, die ein oder mehrere vorgefertigte Medizinprodukte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet, kennzeichnet oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Medizinprodukt im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen verantwortlich ist.

Damit rückt neben der eigentlichen Entwicklung und Produktion eines Medizinprodukts auch die Verantwortung für das erstmalige Inverkehrbringen als Kriterium für einen Hersteller von Medizinprodukten in den Vordergrund.

2.2 Betreiber von Medizinprodukten

Der Begriff »Betreiber« ist bis heute weder im Medizinproduktegesetz noch in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung definiert. In Anbetracht der Vielzahl von Aufgaben, die der Gesetzgeber dem Betreiber von Medizinprodukten in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zuspricht, ohne festzulegen, wer denn tatsächlich Betreiber ist, führt dies zumindest in der Praxis der ambulanten Pflege sowie der Altenpflege zu einer großen Rechtsunsicherheit. Erschwerend kommt hinzu, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in seinem Urteil vom 16.12.2003 Folgendes entschieden hat: »Eine gesetzliche Krankenkasse, die ihren Versicherten die von diesen benötigten elektrisch betriebenen nichtimplantierbaren Hilfsmittel unter Einschaltung eines Sanitätshauses leihweise überlässt, ist nicht Betreiberin der Geräte im Sinne der Medizinprodukte-Betreiberverordnung.«4

Solange der deutsche Gesetzgeber den Begriff Betreiber nicht gesetzlich regelt, ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die folgende Definition für einen Betreiber:

Betreiber eines Medizinprodukts ist jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über das Medizinprodukt ausübt. Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft bedeutet, alle Aufgaben und die damit verbundenen Verantwortlichkeiten und Kosten wahrzunehmen, die einem Betreiber von Medizinprodukten in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zugesprochen werden.

Natürliche bzw. juristische Personen als Betreiber von Medizinprodukten

Natürliche Personen als Betreiber von Medizinprodukten

Altenpfleger/in als Inhaber/in eines privaten ambulanten Pflegedienstes

Arzt für Allgemeinmedizin als Inhaber einer Arztpraxis

Physiotherapeut als Inhaber einer Praxis für Physiotherapie

Juristische Personen als Betreiber von Medizinprodukten

Träger eines Krankenhauses, z. B. Landkreis

Träger eines Altenheimes, z. B. Landeshauptstadt

Träger einer Sozialstation, z. B. Wohlfahrtsverband

jeweils vertreten durch z. B. den Geschäftsführer oder Verwaltungsdirektor.

Juristisch wird zusätzlich unterschieden in »Eigentümer« (§ 872 BGB) und »Besitzer« (§ 854 BGB) einer Sache. Nach dieser Unterscheidung muss der Besitzer eines Medizinprodukts nicht unbedingt auch dessen Eigentümer sein, denn über die Verantwortung als Betreiber entscheiden die Besitz- und nicht die Eigentumsverhältnisse. Demnach ist auch die Person Betreiber eines Medizinprodukts, die das Gerät im Rahmen eines Miet- oder Leasingvertrages besitzt und für die Anwendung am Menschen zur Verfügung stellt, somit also die tatsächliche Sachherrschaft über das Medizinprodukt ausübt.

1. Der Eigentümer ist nicht zugleich Besitzer und Betreiber

Ein Träger betreibt in einer Großstadt drei Altenpflegeeinrichtungen und least 30 gleiche elektrisch betriebene Blutdruckmessgeräte. Die Leasinggesellschaft finanziert die 30 Blutdruckmessgeräte und erwirbt somit die Eigentumsrechte an diesen Medizinprodukten. Die Leasinggesellschaft ist Eigentümer gemäß § 872 BGB.

Gleichzeitig gehen die 30 Blutdruckmessgeräte in den Besitz des Trägers über, der sie auf seine drei Altenpflegeeinrichtungen verteilt, in denen sie an den Bewohnern angewendet werden.

Dadurch übt der Träger die tatsächliche Sachherrschaft über die 30 Blutdruckmessgeräte aus und ist somit Besitzer nach § 854 BGB und Betreiber der 30 elektrisch betriebenen Blutdruckmessgeräte.

2. Der Eigentümer ist zugleich Besitzer und Betreiber

Eine Altenpflegerin als Inhaberin eines privaten ambulanten Pflegedienstes kauft ein elektrisch betriebenes Blutdruckmessgerät und bezahlt dieses bar im Sanitätshaus. Damit ist sie Eigentümerin des Blutdruckmessgerätes gemäß § 872 BGB.

Gleichzeitig entscheidet sie als Inhaberin ihres ambulanten Pflegedienstes über die Verwendung des Blutdruckmessgerätes und übt somit die tatsächliche Sachherrschaft im täglichen Geschäftsverkehr aus.

Damit ist die Altenpflegerin als Inhaberin ihres ambulanten Pflegedienstes zugleich Eigentümerin nach § 872 BGB, Besitzerin nach § 854 BGB und somit Betreiberin des elektrisch betriebenen Blutdruckmessgerätes.

Der Betreiber von Medizinprodukten ist in vollem Umfang verantwortlich

für die Umsetzung der rechtlichen Vorschriften des Medizinproduktegesetzes, der Medizinprodukte-Betreiberverordnung und der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung in jeder seiner Einrichtungen;

für die Schaffung organisatorischer Voraussetzungen, um Medizinprodukte sicher, zweckbestimmt und sachgerecht anzuwenden bzw. anwenden zu lassen;

für die Bereitstellung sicherer Medizinprodukte.

2.3 Anwender von Medizinprodukten

Auch der Begriff »Anwender« ist bis heute weder im Medizinproduktegesetz noch in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung definiert. In Anbetracht der Vielzahl von Aufgaben, die der Gesetzgeber dem Anwender von Medizinprodukten im Medizinproduktegesetz und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung zuspricht, ohne festzulegen, wer denn tatsächlich Anwender ist, führt dies in der täglichen Pflegepraxis nicht selten zu einer großen Rechtsunsicherheit.

Definition »Anwender«

In Analogie zur Begrifflichkeit der Medizingeräteverordnung (MedGV) wird als Anwender jede Person verstanden, die ein Medizinprodukt eigenverantwortlich am Menschen anwendet, unabhängig von ihrer Qualifikation.

Anwender

Pflegende, Ärzte, Pflege-, Arzthelfer, Physiotherapeuten, ehrenamtliche Mitarbeiter, Rettungssanitäter, -assistenten, Studenten, Praktikanten und Zivildienstleistende, wenn sie Medizinprodukte eigenverantwortlich anwenden.

Keine Anwender

All die Personen, die unter ständiger Aufsicht, z. B. im Rahmen der Einweisung in die sachgerechte Handhabung eines Medizinprodukts oder der Ausbildung, das Medizinprodukt anwenden, weil sie nicht eigenverantwortlich über die Handhabung des Medizinprodukts entscheiden: z. B. Auszubildende, Fachweiterbildungsteilnehmer, neue Mitarbeiter. In diesem Fall ist die anleitende bzw. einweisende Person Anwender des Medizinprodukts.

Auszubildende in der Pflege

Eine Auszubildende der Altenpflege wird im Rahmen ihrer Ausbildung durch einen Altenpfleger, der zugleich ihr Praxisanleiter ist, unter dessen ständiger Aufsicht in die sichere, zweckbestimmte und sachgerechte Handhabung eines Blutzuckermessgerätes eingewiesen. Anwender des Blutzuckermessgerätes am Bewohner ist der Altenpfleger und nicht die Auszubildende.

Nach erfolgreicher und schriftlich dokumentierter Einweisung in die sichere, zweckbestimmte und sachgerechte Handhabung benutzt eine Auszubildende das Blutzuckermessgerät eigenverantwortlich am Bewohner. Nun ist die Schülerin Anwender dieses Medizinprodukts und nicht mehr der Altenpfleger, der sie zuvor eingewiesen hat. Damit liegt auch die rechtliche Verantwortung für die korrekte Ausführung des sicheren, zweckbestimmten und sachgerechten Anwendens des Blutzuckermessgerätes bei der Auszubildenden und nicht beim zuvor anleitenden Altenpfleger. Dieser ist dafür verantwortlich, die zuvor durchgeführte Einweisung der Auszubildenden in die sichere, zweckbestimmte und sachgerechte Handhabung des Blutzuckermessgerätes inhaltlich sachlich-fachlich richtig durchzuführen.

Arzt und Altenpfleger

Ein Altenpfleger und der »Hausarzt« eines Bewohners benutzen unabhängig voneinander das Blutzuckermessgerät eigenverantwortlich am Bewohner. Beide sind Anwender dieses Medizinprodukts.

_______________________

4 Bundesverwaltungsgericht, Urt. vom 16.12.2003 – 3 C 47.02

3 WELCHE GERÄTE FALLEN UNTER DAS MEDIZINPRODUKTEGESETZ?

Zunächst müssen wir klären, was genau unter einem Medizinprodukt zu verstehen ist. Dabei ist der Begriff des Medizinprodukts im Vergleich zum medizinisch-technischen Gerät sehr viel weiter gefasst und als Oberbegriff für eine Vielzahl unterschiedlichster Produkte zu verstehen.

3.1 Definition »Medizinprodukt«

Gemäß § 3 Nr. 1 MPG handelt es sich bei einem Medizinprodukt um alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen alle vier folgende Kriterien erfüllen müssen:

1. a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen oder c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder d) der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind,

2. deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung

3. im oder am menschlichen Körper

4. weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird.

Mit der Festlegung »bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper darf weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht werden«, werden Medizinprodukte von Arzneimitteln abgegrenzt. Demnach wirken Arzneimittel in Anlehnung an § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch, während Medizinprodukte physikalisch, chemisch oder thermisch wirken.

Abgrenzung von Medizinprodukt und Arzneimittel

Ein Mehrweg-Insulin-Pen mit einer austauschbaren Insulinampulle ist ein Medizinprodukt im Sinne des MPG; die austauschbare Insulinampulle ein Arzneimittel im Sinne des AMG.

Ein Fertig-Pen-System (Einweg-Pen), das nach Gebrauch komplett verworfen wird, ist ein Arzneimittel im Sinne des AMG. Der Pen dient lediglich als »Transporteur« für das Insulin.

Ein sog. »Nitro-Pflaster« ist ebenfalls ein Arzneimittel im Sinne des AMG, weil das Pflaster lediglich als »Transporteur« für den transdermal wirkenden Wirkstoff Glyceroltrinitrat dient.

Antiseptika, d. h. topische Desinfektionsmittel, sind Arzneimittel.

Wundverbände, die ein Arzneimittel als ergänzenden Wirkungsstoff enthalten, z. B. chirurgische Tücher oder flüssigkeitsundurchlässige Abdecktücher, sind Medizinprodukte.

Wundverbände in Form von Flüssigkeiten, Gelen oder Pasten, z. B. Hydrokolloide oder Hydrogele, sind Medizinprodukte.

Wundverbände mit einem antimikrobiellen Wirkstoff und der Hauptfunktion, den Wirkstoff zur Infektionskontrolle an die Wunde abzugeben, sind Arzneimittel.

Kälte- oder Wärmemittel, z. B. Cremes, Salben oder Lotionen mit den Bestandteilen z. B. Menthol, Kampfer etc. sind Arzneimittel, da die Wärme- oder Kältewirkung pharmakologisch erzeugt wird.

Kältesprays sind Medizinprodukte, da deren Wirkung physikalisch über Verdunstungswirkung erzielt wird.

3.2 Zweckbestimmung eines Medizinprodukts

Gemäß § 3 Nr. 10 MPG handelt es sich bei der Zweckbestimmung um die Verwendung, für die ein Medizinprodukt bestimmt ist. Diese ist für Betreiber und Anwender zu ersehen aus der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien eines Medizinprodukts.

Damit legt ausschließlich der Hersteller die Verwendungs- bzw. medizinische Anwendungsmöglichkeit für das von ihm hergestellte Medizinprodukt fest. Entscheidendes Kriterium bei der Abgrenzung eines Medizinprodukts von anderen Gegenständen oder Arzneimitteln ist der Hauptwirkungsmechanismus, um die vom Hersteller vorgegebene Zweckbestimmung des Medizinprodukts zu erreichen.

3.3 Einteilung von Medizinprodukten

Die Definition des Begriffs »Medizinprodukt« macht keine Aussage über das mögliche Gefährdungspotenzial des Medizinprodukts oder die Energiequelle, mit der ein Medizinprodukt angetrieben wird. Diese wird aber zugrunde gelegt bei der weiteren Einteilung der Medizinprodukte für die tägliche Pflegepraxis.

Die vier Risikoklassen, in die § 13 MPG Medizinprodukte einteilt, spielen für die tägliche Pflegepraxis der Betreiber und Anwender keine Rolle. In Abhängigkeit von der Energiequelle werden Medizinprodukte unterteilt in

aktive Medizinprodukte und

nichtaktive Medizinprodukte.

Diese werden weiterhin unterteilt in solche

mit Messfunktion und

ohne Messfunktion

3.3.1 Aktive und nichtaktive Medizinprodukte

Was ein aktives Medizinprodukt ist, wird im Anhang IX Abschnitt I Nr. 1.4 der Richtlinie 93/42/EWG definiert:

Aktives Medizinprodukt

Ein Medizinprodukt, dessen Betrieb angewiesen ist auf eine Stromquelle oder eine andere Energiequelle als die unmittelbar durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft erzeugte Energie.

Aktive Medizinprodukte sind also Medizinprodukte, die über Elektrizität, Druckluft, Batterien, Akkumulator angetrieben werden.

Demnach sind nichtaktive Medizinprodukte solche, die durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft angetrieben werden.

3.4 Die sog. »Anlage-1-Geräte«

Gestatten Sie mir einen kleinen Rückblick: § 2 MedGV teilte medizinischtechnische Geräte in vier Gerätegruppen, wobei sich in Gruppe 1 die energetisch betriebenen medizinisch-technischen Geräte, die sog. Anlage-1-Geräte, befanden. Das waren 25 Geräte, für die besondere Sicherheitsanforderungen festgeschrieben waren. Da die MedGV zum 1. Januar 2002 aufgehoben wurde, wurde diese Anlage nicht mehr fortgeschrieben.

Stattdessen gilt die »Anlage 1 zu § 5 (1) + 2, § 6 (1) + § 7 (1) MPBetreibV«:

1. Nichtimplantierbare aktive Medizinprodukte zur

2. Erzeugung und Anwendung elektrischer Energie zur unmittelbaren Beeinflussung der Funktion von Nerven und/oder Muskeln beziehungsweise der Herztätigkeit einschließlich Defibrillatoren,

3. intrakardialen Messung elektrischer Größen oder Messung anderer Größen unter Verwendung elektrisch betriebener Messsonden in Blutgefäßen beziehungsweise an freigelegten Blutgefäßen,

4. Erzeugung und Anwendung jeglicher Energie zur unmittelbaren Koagulation, Gewebezerstörung oder Zertrümmerung von Ablagerungen in Organen,

5. unmittelbare Einbringung von Substanzen und Flüssigkeiten in den Blutkreislauf unter potentiellem Druckaufbau, wobei die Substanzen und Flüssigkeiten auch aufbereitete oder speziell behandelte körpereigene sein können, deren Einbringen mit einer Entnahmefunktion direkt gekoppelt ist,

6. maschinellen Beatmung mit oder ohne Anästhesie,

7. Diagnose mit bildgebenden Verfahren nach dem Prinzip der Kernspinresonanz,

8. Therapie mit Druckkammern,

9. Therapie mittels Hypothermie

und

10. Säuglingsinkubatoren sowie

11. externe aktive Komponenten aktiver Implantate.5

Auch für diese Medizinprodukte gelten besondere Sicherheitsanforderungen, die Betreiber und Anwender dieser Geräte beachten müssen: Erstmalige Funktionsprüfung durch den Hersteller, Ersteinweisung der »vom Betreiber beauftragten Person« und für Anwender (siehe Kap. 7.1.2) und das Führen eines Medizinproduktebuchs (siehe Kap. 4).

Da aber keine einzelnen Geräte mehr aufgezählt werden, sondern sog. Sachverhaltskomplexe bzw. Definitionen, ist die Zuordnung einzelner Medizinprodukte in diese Anlage äußerst schwierig. Hintergrund ist die Intention des Gesetzgebers, dieser Liste jederzeit neue innovative Medizinprodukte zuordnen zu können, ohne die Anlage 1 jedes Mal ändern zu müssen. Allerdings hat der deutsche Gesetzgeber den Auftrag des Bundesrates, einen Medizinprodukte-Katalog zu veröffentlichen, bisher nicht erfüllt.

Hinweis

Anlage 1 oder nicht?

Als Betreiber/Anwender haben Sie folgende Möglichkeiten, um in Erfahrung zu bringen, welches ihrer Medizinprodukte in diese Anlage 1 gehört:

1. Fragen Sie den Hersteller des jeweiligen Medizinprodukts und bitten Sie ihn um schriftliche Bestätigung, ob sein Medizinprodukt in die Anlage 1 gehört.

2. Erkundigen Sie sich beim Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information in Köln (DIMDI). Es hat eine Medizinprodukte-liste erstellt, in der die in der Anlage 1 MPBetreibV aufgeführten Sachverhaltskomplexe spezifiziert werden.* Diese Liste ist für Ihre tägliche Pflegepraxis einerseits eine erhebliche Erleichterung, andererseits aber rechtlich nicht verbindlich und auch nicht vollständig (siehe Tabelle 2).

3. Eine erste Orientierung gibt Ihnen die »Gegenüberstellung von Medizinprodukten der Anlage 1 MPBetreibV und medizinisch-technischen Geräten der Anlage 1 zu § 2 Nr. 1 MedGV« der AMD-Medizintechnik geben (siehe Tabelle 3) In dieser Gegenüberstellung sind die medizinisch-technischen Geräte der Anlage 1 zu § 2 MedGV den Sachverhaltskomplexen der Anlage 1 MPBetreibV zugeordnet.

4. Weitere Informationen erhalten Sie auch beim Bundesministerium für Gesundheit.

 

* Spezifikation der Anlage 1 zu § 5 Abs. 1 + Abs. 2, § 6 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 MPBetreibV, sog. »Hamburger Liste«. Stand: 06.02.2002. (http://www.dimdi.de/static/de/mpg/recht/betreibv-an.htm)

Wichtiger Hinweis: Diese Liste dient der Orientierung für die Zuordnung von Medizinprodukten zur Anlage 1 der MPBetreibV. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist rechtlich nicht verbindlich. Entscheidend für die Zugehörigkeit zur Anlage 1 ist, ob das Produkt nach seiner vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung unter eine der Gruppen der Anlage 1 zur MPBetreibV fällt.

Tabelle 3: Gegenüberstellung von Medizinprodukten der Anlage 1 MPBetreibV und medizinisch-technischer Geräte der Anlage 1 zu § 2 Nr. 1 MedGV6

MP entsprechend der Zweckbestimmung gemäß Anlage 1 MPBetreibV Med.-techn. Geräte Gruppe 1 gemäß § 2 MedGV (Anlage)

1. Nichtimplantierbare aktive MP zur

1.1 Erzeugung und Anwendung elektrischer Energie zur unmittelbaren Beeinflussung der Funktion von Nerven und/oder Muskeln bzw. der Herztätigkeit einschl. Defibrillatoren

Defibrillatoren

Geräte zur Stimulation von Nerven + Muskeln

Geräte zur Elektrokrampfbehandlung

Externe Herzschrittmacher

1.2 intrakardialen Messung elektrischer Größen oder Messung anderer Größen unter Verwendung elektrisch betriebener Messsonden in Blutgefäßen bzw. an freigelegten Blutgefäßen,

Elektro-/Phonokardiographen (intrakardial)

Blutdruckmesser (intrakardial)

Blutflussmesser (magnetisch)

1.3 Erzeugung und Anwendung jeglicher Energie zur unmittelbaren Koagulation, Gewebezerstörung oder Zertrümmerung von Ablagerungen in Organen,

Hochfrequenchirurgiegeräte

Impulsgeräte zur Lithotripsie

Photo- und Laserkoagulatoren

Kryochirurgiegeräte (Heizteil)

Laser-Chirurgie-Geräte

1.4. unmittelbaren Einbringung von Substanzen und Flüssigkeiten in den Blutkreislauf unter potentiellem Druckaufbau, wobei die Substanzen und Flüssigkeiten auch aufbereitete oder speziell behandelte körpereigene sein können, deren Einbringung mit einer Entnahmefunktion direkt gekoppelt ist,

Hochdruck-Injektionsspritzen

Infusionsspritzenpumpen

Infusionspumpen

Perfusionspumpen

Dialysegeräte

Herz-Lungen-Maschinen

Blutfiltrationsgeräte (im Patientenverbund)

1.5 maschinellen Beatmung mit oder ohne Anästhesie

Beatmungsgeräte (nicht manuell)

Inhalations-Narkosegeräte

1.6 Diagnose mit bildgebenden Verfahren nach dem Prinzip der Kernspinresonanz,

Kernspintomographen

1.7 Therapie mit Druckkammern,

Druckkammern für hyperbare Therapie

1.8 Therapie mittels Hypothermie und

Hypothermiegeräte (Steuerung)

2. Säuglingsinkubatoren sowie

Inkubatoren, stationär + transportabel

3. externe aktive Komponenten aktiver Implantate

Externe Herzschrittmacher

3.5 Ist eine Software ein Medizinprodukt?

Nach der Definition des Begriffs Medizinprodukt (siehe Kap. 3.1) ist eine Software ein eigenständiges Medizinprodukt, wenn sie alle vier Voraussetzungen eines Medizinprodukts nach § 3 Nr. 1 MPG erfüllt (siehe Kap. 3.1).

Eigenständig »bedeutet in diesem Zusammenhang, dass diese Software ein Ergebnis liefert, das vom Anwender direkt für diagnostische oder therapeutische Zwecke genutzt werden kann, wie beispielsweise bei

Therapieplanungssystemen,

Auswertungssoftware für Langzeit-EKG-Aufzeichnungen,

Auswertungssoftware für Langzeit-Blutdruckaufzeichnungen,

Bildauswertungssoftware,

Software zur Messung der Reaktionszeit, des Sprachverständnisses, von Hirnfunktionsminderungen, zum Trainieren der Reaktionszeit, des Sprachverständnisses (beispielsweise nach einem Schlaganfall).«7

Software ist auch dann ein Medizinprodukt, wenn es sich um Software handelt, die vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmt ist und die für ein einwandfreies Funktionieren von Medizinprodukten nötig ist. Diese sog. »Funktionssoftware«, die »die Leistung überwacht oder beeinflusst, verfügt über einen Algorithmus, mit dessen Hilfe eine Infusionspumpe angesteuert wird, um den Blutdruck in vorgegebenen Grenzen zu stabilisieren.«8

In beiden Fällen wird Software als aktives Medizinprodukt bezeichnet. Aber: Die sog. »Betriebssoftware« z. B. eines mikroprozessorgesteuerten Medizinprodukts ist ebenso wenig Medizinprodukt wie beispielsweise Software für Textverarbeitungs- und Grafikprogramme oder Tabellenkalkulationen.9

3.6 Zubehör für Medizinprodukte

Gemäß § 3 Nr. 9 MPG handelt es sich bei Zubehör um Gegenstände, Stoffe sowie Zubereitungen aus Stoffen, die selbst keine Medizinprodukte nach Nummer 1 sind, aber vom Hersteller dazu bestimmt sind, mit einem Medizinprodukt verwendet zu werden, damit dieses entsprechend der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung des Medizinprodukts angewendet werden kann.

»Obwohl Zubehör kein eigenständiges Produkt im Sinne eines verwendungsfertigen Medizinprodukts ist, wird aufgrund der Festlegung in § 2 Abs. 2 Satz 2 MPG [Zubehör wird als eigenständiges Medizinprodukt behandelt; Anm. d.Verf] festgelegt, dass Zubehör als eigenständiges Medizinprodukt zu behandeln ist.«10

Abzugrenzen vom Zubehör ist das Ersatzteil für Medizinprodukte: »Ein Ersatzteil ist ein Bauteil, das ein gleiches oder ähnliches Bauteil in einem Medizinprodukt ersetzt, ohne die Zweckbestimmung und Funktionalität zu beeinträchtigen oder zu verändern. Durch die Verwendung der Ersatzteile im Rahmen einer Instandsetzung oder Wartung wird der Sollzustand des Medizinprodukts wieder hergestellt.«11

Produkte, die ausschließlich dem Schutz des Anwenders, dienen, z. B. eine Schutzbrille, sind kein Zubehör, sondern persönliche Schutzausrüstung, sofern die vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung dieses ausdrücklich formuliert. Diese Produkte unterliegen nicht den Bestimmungen des Medizinprodukterechts, sondern dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz.

3.7 Gerätekombinationen

Dieser Begriff ist im Medizinprodukterecht nicht definiert. Gerätekombinationen können aber verstanden werden als eine Gruppe von mindestens zwei eigenständigen Medizinprodukten im Sinne des § 3 Nr. 1 MPG, die gemeinsam an einem Menschen angewendet werden.

Für jedes einzelne dieser Medizinprodukte gelten alle jeweils zutreffenden Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes sowie seiner Folgeverordnungen. Von besonderer praktischer Bedeutung erscheint beim Einsatz einer Gerätekombination die Einhaltung der Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzvorschriften sowie der zivil- und strafrechtlichen Haftungsbestimmungen, um z. B. durch ein Umkippen mehrerer aufeinander gestellter Medizinprodukte die Sicherheit von Bewohnern/Patienten, Anwendern und Dritten nicht zu gefährden.

3.8 Sonderanfertigungen

Gemäß § 3 Nr. 8 MPG handelt es sich bei einer Sonderanfertigung um ein Medizinprodukt, das nach schriftlicher Verordnung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt wird und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich benannten Patienten bestimmt ist.

Beispiele

Zahnprothesen

Beinprothesen

Brillen, sofern keine Fertigbrillen

Orthopädische Schuheinlagen

Kompressionsstrümpfe, sofern keine Serienherstellung

Eine Sonderanfertigung muss nicht ausschließlich als Einzelprodukt hergestellt sein, auch die Produktion einer größeren Stückzahl als Sonderanfertigung ist möglich, wenn die o. g. Kriterien erfüllt werden. So gelten beispielsweise Brillengläser, die serienmäßig als Vorprodukte hergestellt werden, nicht als Sonderanfertigung, wohl aber die für einen Bewohner/Patienten individuell gefertigte Brille.

3.9 Die CE-Kennzeichnung

CE ist die Abkürzung für Communauté Européenne und heißt übersetzt Europäische Gemeinschaft. Verantwortlich für das Aufbringen dieser Beschriftung von Medizinprodukten ist der Hersteller. Das Kennzeichen muss, soweit möglich, deutlich sichtbar, gut lesbar und dauerhaft auf dem Medizinprodukt, der Handelspackung und der Gebrauchsanweisung angebracht sein. Andere Kennzeichnungen auf dem Medizinprodukt dürfen zu keiner Verwechslung mit dem CE-Kennzeichen führen. Damit wird für Medizinprodukte der freie Warenverkehr innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes ermöglicht (Verwaltungszeichen). Gleichzeit signalisiert es, dass der Hersteller alle gesetzlich verbindlichen Anforderungen beachtet hat, die eingehalten werden müssen, um ein Medizinprodukt in Verkehr bringen zu dürfen (Sicherheitszeichen).

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5 http://www.gesetze-im-internet.de/mpbetreibv/anlage_1_25.html [Zugriff am 21. 11. 2012]

6 AMD-Medizintechnik (Hrsg.): Anwender- und Betreiberpflichten für Medizinprodukte Praxisnahe Einführung mit den aktuellen Texten von Betreiberverordnung und Medizinproduktesgesetz, Medizinmarkt fundamental, Sonderband 98-I, 1. Auflage, Oktober 1998, Verlag MediVision GmbH, Berlin, S. 28

7 Böckmann, R.-D. & Frankenberger, H. (2010). MPG & Co. Eine Vorschriftensammlung zum Medizinprodukterecht mit Fachwörterbuch. Köln: TÜV Media, S. 21

8 Böckmann & Frankenberger 2013, S. 22

9 Ebd.

10 Ebd., S. 56

11 Ebd., S. 97

4 MEDIZINPRODUKTEBUCH – WIE WICHTIG IST ES?

Definition »Medizinproduktebuch«

Ein Medizinproduktebuch ist eine verpflichtende Dokumentation gesetzlich festgelegter Angaben zu bestimmten Medizinprodukten gemäß § 7 MPBetreibV. Mit dem Medizinproduktebuch wird der gesamte Lebenslauf eines Medizinprodukts, beginnend mit der erstmaligen Inbetriebnahme bis hin zur Außerbetriebnahme, nachvollziehbar dokumentiert. Das bietet die Möglichkeit, sich einen Überblick über alle Belange des Medizinprodukts zu verschaffen.

Gemäß § 7 Abs. 1 MPBetreibV hat der Betreiber für die in den Anlagen 1 und 2 aufgeführten Medizinprodukte ein Medizinproduktebuch zu führen.

Die Form des Medizinproduktebuchs ist jedem Betreiber freigestellt: Alle Datenträger sind zulässig, sofern die in Absatz 2 Satz 1 genannten Angaben während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind. Auf diese Weise kann jeder Einrichtungsträger entscheiden, in welcher Form er seine Medizinproduktebücher führen möchte: ob Karteikarten oder Loseblattsammlung, ein »klassisches« Buch oder EDV. Im Fachhandel gibt es auch Blankoformulare. Oft liefert auch der Hersteller ein Medizinproduktebuch mit.

Im Zeitalter der EDV ist es selbstverständlich, sich über Textverarbeitungsoder Tabellenkalkulationsprogramme eine Vorlage anzufertigen und diese dann bei Bedarf für jedes einzelne Medizinprodukt als Medizinproduktebuch abzuspeichern. Es gibt auch eine CD-ROM des Autors mit praxisnahen Arbeitshilfen und Formularen für das sichere Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten, die u. a. ein Muster für ein solches Medizinproduktebuch enthält.12

4.1 Diese Angaben gehören in ein Medizinproduktebuch

Gemäß § 7 Abs. 2 MPBetreibV sind zu dem jeweiligen Medizinprodukt folgende Angaben in das Medizinproduktebuch einzutragen:

1. Bezeichnung und sonstige Angaben zur Identifikation des Medizinprodukts. Benutzen Sie hier die Bezeichnung nach der vom DIMDI veröffentlichten Nomenklatur für Medizinprodukte. Das Bundesministerium für Gesundheit gibt die Bezugsquelle der jeweils geltenden Nomenklatur für Medizinprodukte auch im Bundesanzeiger bekannt.

2. Beleg über die erstmalige Funktionsprüfung des Medizinprodukts am Betriebsort durch den Hersteller

3. Name der »vom Betreiber beauftragten Person« (vgl. Kap. 8)

4. Ersteinweisung der »vom Betreiber beauftragten Person« sowie deren Zeitpunkt

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842685840
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (November)
Schlagworte
Altenpflege Krankenpflege Medizinprodukte Medizinprodukte-Betreiberverordnung Medizinproduktegesetz (MPG)

Autor

  • Dietmar Kirchberg (Autor:in)

Dietmar Kirchberg ist Diplom-Pflegewirt. Er hat mehr als 20 Jahre praktische Erfahrung in der Anwendung von Medizinprodukten und gibt sein Wissen als Dozent, u.a. an der Evangelischen Pflegeakademie in München, weiter.
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Titel: Keine Anwendung ohne Einweisung