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Die Asthmaschule für mein Kind

Informationen für den Alltag von Kindern und Jugendlichen mit Asthma, Asthmaverhaltenstraining

von Dr. med. Stefan Schwarz (Autor:in)
144 Seiten

Zusammenfassung

Sicher mit Asthma umgehen
„Die Asthmaschule für mein Kind“ hilft Kindern und Jugendlichen mit Asthma bronchiale, sicher mit ihrer Erkrankung umzugehen. Wichtigstes Anliegen des Autors ist das Selbstmanagement der Erkrankung unter
Alltagsbedingungen durch die Kinder und ihre Eltern – und die bestmögliche Lebensqualität für die Patienten.
Mit diesem Buch erhalten Sie unverzichtbares Wissen:
- Informationen über die Ursachen der Krankheit
- Mögliche Krankheitszeichen und Auslöser
- Verhaltenstraining
- Aktuelle Behandlungsmaßnahmen
- Die richtige Inhalationstechnik
- Die Peak-Flow-Messung
- Wichtige Atemtechniken
- Sport für Asthmakinder
- Allgemeine Möglichkeiten der Stabilisierung
- Der Asthma-Notfall-Vermeidungsplan
- Die Bewältigung von alltäglichen Problemen
- Familie, Schule und Freunde

Das Buch orientiert sich an den Qualitätsrichtlinien der AGAS (Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V.) und den aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften. Alle wesentlichen Informationen, die es für Alltag, Kindergarten oder Schule, Sport und Freizeit zu beachten gilt, hat der Autor übersichtlich dargestellt.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



GELEITWORT

Liebe Eltern,

im Laufe der Entwicklung eines Kindes treten praktisch immer Erkrankungen an den Atemwegen und Lungen auf. Dies ist normal, doch manchmal entwickelt sich daraus eine langanhaltende Überempfindlichkeit der Bronchien und Lungen, und es kann tatsächlich zu Allergien und Asthma bronchiale kommen.

Sind erste Anzeichen von Asthma bronchiale aufgetreten, muss der Arzt untersuchen, welche Ursachen die Beschwerden auslösen und ob ein Asthma oder doch eine andere Erkrankung vorliegt. Der Krankheitsverlauf von Asthma bronchiale und Allergien kann individuell sehr unterschiedlich sein. Manche Kinder mit leichteren Beschwerden verlieren diese nach einiger Zeit, bei anderen Kindern bleiben sie oder verstärken sich sogar.

Für die Behandlung steht heute eine Vielzahl von Medikamenten zur Verfügung, die besonders für den Einsatz im Kindesalter geeignet sind. Die systematische Anwendung ist in Behandlungsplänen festgelegt, die einen stufenweisen Einsatz der Medikamente beschreiben. Neben der Behandlung mit Medikamenten können Sie Ihr Kind jedoch auch mit vielen anderen Maßnahmen unterstützen, die die Atmung bei Ihrem Kind stabilisieren und verbessern und in diesem Elternratgeber von Dr. Stefan Schwarz anschaulich und umfassend dargestellt sind. Sie erfahren alles über die regelmäßige Kontrolle Ihres Kindes, die aktuellen Behandlungsmaßnahmen, einen guten Umgang mit der Krankheit, die Bewältigung von alltäglichen Problemen bei Asthma bronchiale und weitere Möglichkeiten zur Stabilisierung und Verbesserung des Gesundheitszustandes.

Neben den unerlässlichen Schulungsprogrammen für betroffene Kinder und ihre Eltern und Angehörigen leistet der Elternratgeber Asthma von Dr. Stefan Schwarz, den Sie hier in Händen halten, mit seinem umfassenden Inhalt einen wichtigen Beitrag zur Information und Schulung und hilft Ihnen, durch ein besseres Verständnis der Erkrankung ein optimales Behandlungsergebnis für Ihr Kind zu erzielen.

Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Theodor Zimmermann
Facharzt für Kinderheilkunde, Allergologie, Umweltmedizin Schwerpunkt Kinderpneumologie

„Der Elternratgeber Asthma von Dr. Stefan Schwarz leistet mit seinem umfassenden Inhalt einen wichtigen Beitrag zur Information und Schulung von Eltern und Angehörigen.“


VORWORT

Liebe Kinder, liebe Eltern,

dieses Buch entstand im Rahmen meiner täglichen Arbeit in unserer Kinderarztpraxis mit kleinen und größeren Asthmapatienten. Ich möchte Ihnen mit diesem Buch einen Leitfaden an die Hand geben, damit Sie zusammen mit Ihrem Kind selbstständig die Therapie besser steuern und das Asthma Ihres Kindes stabiler lenken können. Sie sollen selbst Asthmaexperten sein! Auch die Kinder können und sollen lernen, die Therapie ihres Asthmas selbst in die Hand zu nehmen. Auf diese Weise können die Patienten und ihre Familien die größtmögliche Normalität und die geringstmögliche Einschränkung ihres Alltags erfahren.

Den Patienten und ihren Eltern gewidmet

Seit 2001 gibt es in Deutschland standardisierte Asthmaschulungen. Wie wir aus entsprechenden Untersuchungen wissen, haben Kinder, die an einer Asthmaschulung teilnehmen, weniger Komplikationen und Krankenhausaufenthalte und die Erkrankung verläuft stabiler. Die in der Folge deutlich verbesserte Lebensqualität für die Kinder und ihre Eltern ist also das Ziel.

Das vorliegende – bewusst sehr straff gehaltene – Buch will die Teilnahme an einer solchen Schulung nicht ersetzen. Das direkte, praktische Einüben von Inhaliertechniken ist z. B. nicht ersetzbar. Auch die Diagnostik, Therapieeinstellung und -überwachung durch den kompetenten Kinderarzt ist unerlässlich.

Dennoch: Sie als Eltern werden Neues und Wissenswertes erfahren und können später zu den verschiedenen Themen immer wieder wichtige oder den Alltag erleichternde Informationen nachschlagen. Auch dem sich einschleichenden Fehlerteufel kommen Sie mit einem kompakten Leitfaden zum Nachschlagen leichter auf die Schliche. Wir führen in unserer Praxis unter dem Namen „Asthmaschulung Pfiffikus“ Schulungen für Kinder und Jugendliche mit Asthma und für ihre Eltern durch. Wie wertvoll die Möglichkeit der raschen Informationsauffrischung anhand einer kurzen alltagstauglichen Zusammenfassung ist, sagen uns unsere Patienten immer wieder. Und vielleicht gibt dieses Buch auch so manchem die Anregung, doch ebenfalls – mit seinem Kind – an einer Schulung teilzunehmen. Es wird sich auf jeden Fall lohnen.

„Mein Ziel: Sie sollen selbst Asthmaexperten sein!“

Ein so weites Thema wie Asthma bronchiale kann auf diesem knappen Raum nicht in jedem Aspekt umfassend dargestellt werden. Hier sei auf weiterführende Literatur und die Kontaktadressen am Ende des Buches verwiesen. Auf jeden Fall werden Sie in diesem Handbuch die für Ihren Alltag wichtigen Informationen zur praktischen Orientierung gebündelt und übersichtlich finden.

 

Dr. med. Stefan Schwarz
Niedergelassener Kinderarzt
Asthmatrainer

„Und weißt du was, Doktor, ich hab’ das Tor geschossen!“
Fabian, 9 Jahre, hatte einige Monate zuvor an unserer Asthmaschulung teilgenommen und kam an diesem Nachmittag zu einem Kontrolltermin mit seinen Eltern. Der fußballbegeisterte Junge hatte im Vorfeld deutliche Probleme gehabt, auf dem Rasen mitzuhalten. Nun strahlten seine Augen, als er mir erzählte, dass er beim Spiel am letzten Wochenende das wichtige Ausgleichstor geschossen hatte. Seine Eltern berichteten, dass ihr Sohn nun viel weniger eingeschränkt sei und selber sehr gut einschätzen könne, wann eine Pause und eine Inhalation nötig seien. Es kam seit der Schulung zu keinen ernsthaften Ereignissen mehr mit Luftnot beim Fußballspielen.

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ASTHMA – WAS SIE WISSEN SOLLTEN

Sie haben sich zum Kauf dieses Buches entschlossen, damit Sie zusammen mit Ihrem Kind die Therapie besser steuern und das Asthma Ihres Kindes stabiler lenken können. Doch bevor Sie zur Selbsthilfe greifen, ist es für Sie wichtig zu verstehen, was Asthma überhaupt ist, welche Formen es gibt und welche Möglichkeiten der Therapie dem Arzt zur Verfügung stehen.

Asthma – wichtige Fakten

Asthma bronchiale ist eine häufige Erkrankung. Wir nehmen heute an, dass etwa 10–14 % aller Kinder darunter leiden. Asthma ist damit die häufigste chronische Erkrankung des Kindesalters. Seit 1926 und dann ab den 1960er-Jahren hat das Asthma deutlich zugenommen. Seit 1992 scheinen die Erkrankungsfälle pro Jahr gleich zu bleiben.

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Asthma ist eine häufige, aber behandelbare Erkrankung.

Nach großen Untersuchungen liegt bei bis zu 14 % der 6–14-Jährigen ein Asthma bronchiale vor. Nimmt man die Gruppe der 11–13-Jährigen heraus, wird aber nur bei höchstens 5,5 % der Kinder die Erkrankung diagnostiziert.

Asthma gehört zum Formenkreis der allergischen Erkrankungen. Etliche Kinder haben zunächst eine Neurodermitis, im weiteren Verlauf entwickeln sie ein Asthma bronchiale und zuletzt einen Heuschnupfen. Wichtig ist ebenfalls zu erwähnen, dass das Asthma nicht nur allergisch bedingt ist, sondern eine Erkrankung darstellt, bei der viele Faktoren am Krankheitsgeschehen beteiligt sind (siehe unten).

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Mit Asthma kann man im alltäglichen Leben gut zurechtkommen.

Der dauerhafte Erfolg der Therapie des Asthma bronchiale hängt stark vom Wissen und praktischen Können der Patienten und ihrer Eltern ab, damit eine eigenverantwortliche Therapie und ein sinnvolles Selbstmanagement unter Alltagsbedingungen bestmöglich gelingt. Moderne Medikamente alleine sind bei weitem nicht ausreichend, ihre Anwendung erfordert Wissen und Übung!

Es gibt viele Daten zu den Therapieproblemen bei Asthma bronchiale. Hier einige Fakten:

Bis zu 60 % der Patienten haben keine leitliniengerechte Dauertherapie.

29 % der Patienten haben keine Empfehlung für einen Asthmaanfall bekommen, 80 % hatten keinen schriftlichen Notfallplan.

59 % der Patienten wurde nicht oder nicht ausreichend gezeigt, wie sie inhalieren sollen.

45 % der Kinder wenden ihre Sprays nicht richtig an.

Bei Zuhilfenahme von Inhalierhilfen wenden 44 % der Kinder ihre Sprays nicht richtig an.

Dies bedeutet, dass knapp die Hälfte aller Kinder ihre Medikamente nicht richtig oder nicht ausreichend einnehmen oder einnehmen können! Daraus folgen eine schlechtere Einstellung mit der Gefahr von Langzeitproblemen und mehr Komplikationen.

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Knapp die Hälfte aller Kinder nehmen ihre Medikamente nicht richtig oder nicht ausreichend ein.

Nur 17 % der Kinder überwachen ihre Therapie mit einem Peakflowmeter (ein Gerät zur täglichen Messung der Lungenfunktion durch den Patienten). 25 % dieser Kinder wenden das Peakflowmeter aber falsch an, sodass der Nutzen der Therapieüberwachung bei ihnen fraglich ist.

Man hat untersucht, ob Aufklärung und Wissensvermittlung allein daran etwas ändern – leider nein! Erst die Wissensvermittlung zusammen mit dem praktischen Üben von Fertigkeiten und Verhaltensweisen und die Schulung zum Selbstmanagment bewirkt viel: Was muss ich wann und wie tun? Worauf muss ich achten?

Wir verfahren in den Schulungen in unserer Kinderarztpraxis nach dem in Deutschland erprobten und etablierten Schulungskonzept der Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V. (AG Asthmaschulung, kurz AGAS), das von den Krankenkassen anerkannt ist. Es handelt sich um ein praktisch orientiertes, an das jeweilige Alter der Kinder angepasstes, pädagogisches Konzept mit medizinischen Inhalten. Denn: Was ich verstehe, praktisch ausprobiert und als sinnvoll beurteilt habe, das akzeptiere ich und führe es auch weiter durch!

Dies sind die Inhalte, die wir im Asthmatraining den Eltern und den Kindern vermitteln und die Sie in diesem Buch nachlesen und ggf. später wieder nachschlagen können.

Wie sind die Atemwege aufgebaut?

Um zu verstehen, wie Asthma funktioniert, ist es hilfreich zu wissen, wie die Atemwege aufgebaut sind.

Die Atemwege umfassen Nase und Mund, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre, große, mittlere und kleine Bronchien und die beiden Lungenflügel mit dem eigentlichen Lungengewebe. Ab der Luftröhre liegt der Atemtrakt im Brustkorb eingebettet, der von den Rippen, der Wirbelsäule, dem Brustbein und der Atemmuskulatur gebildet wird.

Der wichtigste Atemmuskel ist das Zwerchfell. Aber auch die Brustkorb- und Schultergürtelmuskulatur und Teile der Halsmuskeln sind wichtige Bestandteile dieses Systems. Alle Atemmuskeln spielen bei der Atemmechanik (also bei den unten dargestellten Abläufen im Zusammenspiel von Atemmuskeln, knöchernem Brustkorb und den Lungen) eine wesentliche Rolle.

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Der wichtigste Atemmuskel ist das Zwerchfell.

Betrachtet man eine Bronchie im Querschnitt, erkennt man drei Schichten, die auch beim Asthma später wichtig werden:

Muskelschicht

Schleimhaut

Schleimschicht

 

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Wenn es dem Kind gut geht, sind diese Schichten wie hier abgebildet dünn. Die Kinder lernen sie im Schulungskurs unter dem Begriff „die drei Dünnen“ kennen. Wir machen ihnen den Begriff „Querschnitt“ mit dem Alltagsbeispiel einer Wurst- bzw. Gurkenscheibe deutlich.

 

 

Wie funktioniert Atmung?

Die Lungen selbst können sich nicht bewegen, sie werden passiv belüftet. Was heißt das?

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Die Lungen selbst können sich nicht bewegen, sie werden passiv belüftet.

Bei der Einatmung geschieht Folgendes: Der Brustkorb wird durch die Atemmuskeln erweitert und das Zwerchfell tritt nach unten in Richtung des Bauchraums. Das Zwerchfell ist eine kuppelförmige Muskelplatte, die den Brust- vom Bauchraum trennt. Die Lunge folgt rein passiv dieser Bewegung, sie wird sozusagen auseinandergezogen. Damit wird – wie bei einem Blasebalg – Luft eingesaugt, die durch die Atemwege bis zu den kleinsten Bausteinen des Lungengewebes, den Lungenbläschen, gelangt.

Bei der Ausatmung erschlaffen die Atemmuskeln, der elastische Brustkorb sinkt wieder zusammen, das Zwerchfell entspannt sich und tritt wieder höher, und die Luft wird aus den Lungen wieder ausgepresst.

Die Weite der Bronchien entscheidet, wie gut der Luftfluss in den Atemwegen funktioniert. Sie schwankt auch beim Gesunden: Wenn wir uns anstrengen und viel Sauerstoff verbrauchen, werden die Bronchien weit gestellt, damit viel Luft in die Lunge fließen kann. Umgekehrt werden die Bronchien in Ruhe oder im Schlaf enger gestellt, da weniger Sauerstoff und somit weniger Luftfluss nötig ist.

 

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Abläufe in der Lunge

Die Atemwege haben viele Funktionen: den Transport der Luft, ihre Reinigung, Erwärmung und Anfeuchtung und auch die Abwehr von Krankheitserregern, Sekrettransport und Schutzfunktionen (wie Husten).

Wenn sauerstoffreiche Luft über die Luftröhre und die Bronchien in die Lungenbläschen gelangt, kann der Sauerstoff über die extrem dünnen Wände der Lungenbläschen und Blutgefäßwände ins Blut gelangen. Das einzelne Lungenbläschen ist mit einem Netz aus Gefäßen umgeben. Außerdem kann Kohlendioxid, das als Abfall im Gewebe anfällt, aus dem Blut in die Luft der Lungenbläschen abgegeben werden und dann beim Ausatmen aus dem Körper abtransportiert werden.

Der Sauerstoff aus der Luft wird über das Blut zu den Körperzellen transportiert, wo er zur Energiegewinnung benötigt wird. Das dabei entstehende Kohlendioxid wird von den Zellen an das Blut abgegeben und zur Lunge transportiert, wo es dann ausgeatmet wird. Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen Lungenbläschen und Blut wird Gasaustausch genannt.

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Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid zwischen Lungenbläschen und Blut wird Gasaustausch genannt.

Die Schleimhaut der Atemwege ist mit einer besonderen Oberfläche ausgestattet. Unter dem Mikroskop sieht man unzählige feinste Flimmerhärchen, die sich alle rhythmisch von der Lunge in Richtung des Mundes bewegen. Dies sieht in etwa so aus, wie wenn im Sommer der Wind über ein Getreidefeld weht und „Wellen“ zu beobachten sind.

Auf den Flimmerhärchen liegender Schleim, Schmutzpartikelchen, Krankheitserreger oder abgestorbene Zellen werden so wie auf einem Förderband nach außen abtransportiert und dann abgehustet. Die Flimmerhärchen haben damit eine unschätzbar wichtige Aufgabe bei der Lungenreinigung und der Krankheitsabwehr.

Entzündungen oder Gifte wie Zigarettenrauch schädigen die Funktion der Flimmerhärchen nachhaltig, sie können ihre wichtige Aufgabe nicht im vollen Umfang erfüllen. Um bei dem Vergleich zu bleiben: Wir sehen statt wogender Halme und Ähren ein abgemähtes Stoppelfeld.

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Entzündungen oder Gifte wie Zigarettenrauch schädigen die Funktion der Flimmerhärchen nachhaltig.

 

Was ist Asthma?

Wenn Sie wissen, wie Atmung funktioniert, können Sie nun auch die krank machenden Abläufe beim Asthma besser verstehen. In einem sehr komplexen Zusammenspiel von genetischen Voraussetzungen und physikalischen (z. B. Wärme oder Kälte, Anstrengung), chemischen, pharmakologischen (z. B. Medikamente), psychischen, infektiösen (z. B. virale Infekte) und immunologischen Faktoren (z. B. Allergien) geschieht Folgendes:

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Die wichtigsten Krankheitsfaktoren sind Entzündung, überstarke Reaktion der Bronchien und Schleimhautschwellung, zäher Schleim und Verkrampfung der Bronchialmuskulatur.

Auf dem Boden einer Entzündung der Schleimhaut, die durch die genannten verschiedenen auslösenden Faktoren hervorgerufen wird, kommt es zu einer überempfindlichen, überstarken Reaktion der kleinen Bronchien (man spricht von der sogenannten Hyperreagibilität der Atemwege). Die Folgen sind eine Schleimhautschwellung, ein zäher Schleim und eine Verkrampfung der Bronchialmuskulatur. Alle drei Faktoren führen zu einer Bronchienverengung. Langfristig können unter Umständen bleibende Veränderungen der Atemwege (ähnlich wie bei einer Narbenbildung) entstehen.

Wichtig zu betonen ist hier, dass Asthmamedikamente an zwei Stellen ansetzen: an der Entzündung der Atemwege sowie der Verkrampfung der Bronchialmuskulatur. Welche Medikamente wogegen helfen, lesen Sie auf S. 70/71.

 

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Schema von Bronchienquerschnitten: links normale Verhältnisse, Mitte und rechts wie beim leichteren und schwereren Asthma (rot: Muskulatur der Atemwege, gelb: Schleimhaut, grün: Schleimschicht)

Die erwähnten Entzündungsfolgen (Schleimhautschwellung, vermehrte Schleimproduktion und Bronchienverengung) verhindern den normalen Luftfluss vor allem während der Ausatmung, aber auch bei der Einatmung. Der Widerstand für den Luftfluss in den Atemwegen ist deutlich erhöht. Man könnte sagen, der Patient „kriegt seine Luft nicht mehr los“. Seine Atemmuskulatur muss mehr Kraft aufbieten, um die Atmung zu gewährleisten. Zudem besteht eine Störung der Verteilung der Atemluft. Letztlich wird auch der Gasaustausch behindert: Bei einem schweren Asthmaanfall führt das zu einem Abfall des Sauerstoffgehaltes und zu einem gleichzeitigen Anstieg des Kohlendioxidgehaltes im Blut.

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Im Schulungskurs lernen die Kinder diese Veränderungen unter dem Begriff „die drei Dicken“ kennen.

Um die Vorgänge beim Asthma auf einen Blick darzustellen und als Abfolge verständlich zu machen, hier noch abschließend ein Diagramm:

 

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Abläufe beim Asthma

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Allergien und Asthma?

Bis zu 16 % aller Kinder leiden unter allergisch bedingtem Schnupfen und bis zu 8 % unter Neurodermitis. Rund 10–14 % der Kinder leiden unter Asthma bronchiale. 90 % der Asthma-Kinder leiden unter einer Mischform bzw. einem rein allergisch bedingten Asthma bronchiale. Nur bei weniger als 5 % hat das Asthma keine allergischen Krankheitsursachen. Allergien sind also ein wichtiger Krankheitsauslöser beim Asthma bronchiale.

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Allergien sind häufig an der Krankheitsauslösung mit beteiligt.

Unser Immunsystem wehrt täglich, ohne dass wir es merken, eine Vielzahl von Krankheitserregern wie Viren oder Bakterien ab. Dadurch verhindert es Erkrankungen. Wenn der Erreger stark genug ist, eine Erkrankung hervorzurufen, wehrt das Immunsystem den Erreger zwar dennoch ab, der Patient hat dann aber Symptome wie Fieber oder geschwollene Lymphknoten: Hat das Immunsystem die Erreger schließlich vollends bekämpft, gesundet der Organismus.

Eine allergische Reaktion ist eine Immunreaktion. Allerdings richtet sich die Reaktion gegen einen Feind, der eigentlich den Körper nicht bedroht, wie dies z. B. ein Virus tut. Man könnte etwas flapsig sagen, dass das Immunsystem „auf dem falschen Trip“ ist.

Bei Allergikern kommt es also zu einer überstarken Reaktion eines Stoffes aus der Umwelt (Allergen) mit Antikörpern oder Immunzellen, die gegen das Allergen gerichtet sind. Allergene können z. B. Pollen, Tierhaare, Insektengifte oder Hausstaubmilbenkot sein. Nach dem ersten Kontakt des Allergikers mit einem Allergen bildet das Immunsystem Antikörper gegen diesen Stoff. Diese Antikörper werden an Gewebszellen in den Schleimhäuten oder der Haut gebunden. Man sagt, der Patient ist nun „sensibilisiert“, er hat eine Abwehr gegen das Allergen aufgebaut. Allerdings gibt es auch Menschen, die zwar sensibilisiert sind, aber dennoch nicht allergisch reagieren, da ihr Körper es schafft, diese Reaktion auszubremsen.

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Die Freisetzung von Botenstoffen nach dem Kontakt mit dem Allergen führt zu den Krankheitszeichen an Augen, Nase, Haut und Bronchien.

Die Bindung des Allergens durch den Antikörper bei einem erneuten Kontakt setzt nun sehr rasch aus Entzündungszellen Botenstoffe frei, z. B. Histamin. Die Botenstoffe rufen dann an verschiedenen Organen Reaktionen hervor: Die Augen jucken und tränen, die Nasenschleimhaut produziert Sekret (die Nase läuft), Hautreaktionen treten auf oder die Bronchien werden eng gestellt.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Patienten von der überstarken Immunreaktion auf einen Stoff, nicht aber von dem eigentlichen Allergen krank werden.

Es ist heute bekannt, dass bei der Allergieentstehung die Gene eine wichtige Rolle spielen. Wenn kein anderes Familienmitglied allergisch ist, liegt das Risiko eines Kindes, eine Allergie zu entwickeln, bei 5–15 %. Ist ein Geschwister betroffen, steigt das Risiko auf 25–35 %, bei einem allergischen Elternteil auf 20–40 %. Sind beide Eltern Allergiker, liegt das Risiko des Kindes bei 40–60 %, Allergiker zu werden.

 

Auch der moderne Lebensstil scheint eine Rolle zu spielen. Welche Faktoren in welchem Umfang hier im Einzelnen zu nennen sind, ist nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden erhöhte Milben- und Schimmelpilzbelastung, Überhygiene und vermehrte Luftschadstoffbelastung, vor allem Feinstaub. Aber auch Tabakrauch fördert die Allergieentstehung.

Kinder aus der ehemaligen DDR waren weniger betroffen, eventuell wegen des früheren Eintritts in die Kinderkrippe bzw. der größeren Familien, da die Kinder dadurch früher mit Infektionen konfrontiert wurden. Ebenso sind Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, seltener betroffen, vielleicht weil ihr Immunsystem mehr gefordert ist als das von Stadtkindern.

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Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, sind seltener betroffen, vielleicht weil ihr Immunsystem mehr gefordert ist als das von Stadtkindern.

Was kann man zur Allergievorbeugung tun? Eine wichtige Maßnahme für Mütter ist, vier Monate voll zu stillen, wenn dies möglich ist. Ansonsten sollte hypoallergene Säuglingsnahrung verwendet werden, wenn eine familiäre Vorbelastung besteht. Schimmelpilze in den Wohnräumen sollten auf jeden Fall vermieden werden, da sie bei allen Kindern die Allergieentstehung fördern. Die Kinder sollten generell nicht Tabakrauch ausgesetzt werden. Verzichten Sie, auch wenn es vielleicht schwerfällt, auf die Anschaffung von Haustieren, wenn Ihre Familie bezüglich Allergien vorbelastet ist.

Welche Krankheitszeichen gibt es?

Die Krankheitszeichen des Asthma bronchiale sind vielfältig. Wichtig ist, dass jedes Kind (und seine Eltern) die persönlichen Symptome kennt, wahrnimmt und dann entsprechend handeln kann:

Anfallsweise, selten auch konstante, vorwiegend beim Ausatmen vorhandene Behinderung der Atmung, unterschiedlich im Schweregrad

Atemnot, schnelle Atmung

Husten, vor allem nachts und bei Belastung

Engegefühl in der Brust

Bauchschmerzen

Pfeifen, Brummen, Rasseln, Giemen (hochfrequentes pfeifendes Geräusch beim Ausatmen)

Hochziehen der Schultern, Angst

Blauwerden von Lippen und Fingern

Müdigkeit, Schlappheit, verminderte körperliche Belastbarkeit

Beachten Sie stets auch mögliche andere, individuelle Symptome: Sie kennen die individuellen Krankheitszeichen Ihres Kindes am besten!

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Sie kennen die individuellen Krankheitszeichen Ihres Kindes am besten!

Im Schulalter bzw. bei Jugendlichen bereitet die Diagnosestellung keine Schwierigkeit, da die Krankheitsgeschichte, das Beschwerdebild und die Diagnostik mittels Lungenfunktion ein eindeutiges Krankheitsbild ergeben. Im Säuglings- bzw. Kleinkindalter ist die Diagnose eines Asthmas schwieriger zu stellen. Die Beschwerden sind anders als bei größeren Kindern. Kleinkinder leiden beispielsweise mehr unter Husten als unter Atemnot. Die Einordnung als Asthma bronchiale trifft der Arzt aufgrund der Vorgeschichte, des Verlaufs und des körperlichen Untersuchungsbefundes. Wichtig: Die meisten Kinder mit viraler obstruktiver Bronchitis (also einer durch Viren ausgelösten Bronchitis mit Verkrampfung der Bronchialmuskulatur) sind bzw. werden keine Asthmatiker.

Wie fühlt sich für Ihr Kind die Asthmasymptomatik an? Sie können versuchen, dies nachzuempfinden, indem Sie einmal einen Strohhalm nehmen und versuchen, für drei Minuten bei zugehaltener Nase nur durch den Strohhalm zu atmen. Viele Erwachsene brechen diesen Versuch bereits vor Ablauf der drei Minuten ab!

Welche diagnostischen Maßnahmen sind nötig?

Den „einen Asthmatest“ gibt es nicht. Die Diagnostik des Asthmas besteht aus mehreren Anteilen, die gemeinsam eine Diagnose zulassen, vergleichbar mit den Einzelteilen eines Puzzles, die zusammengesetzt ein Bild ergeben.

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Die Diagnostik besteht in dem Erfassen der Krankheitsgeschichte, der körperlichen Untersuchung, der Lungenfunktionsdiagnostik, der Allergiediagnostik u. a.

Zu beachten ist bei der Diagnostik, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Sie haben bezüglich ihres Lungenvolumens im Vergleich zu Erwachsenen relativ große Atemwege. Geeignete Kindernormwerte sind schwierig zu finden. Legt man Erwachsenennormwerte zugrunde, unterschätzt man damit die Atemwegsverengung. Deshalb muss der untersuchende Arzt in der Beurteilung von Kindern erfahren sein.

Zunächst wird die Krankheitsgeschichte (Anamnese) Ihres Kindes erfasst, also die Art, Häufigkeit und Dauer der Symptome bzw. Krankheitszeichen (siehe oben). Zudem müssen weitere Faktoren abgeklärt werden, wie bekannte Auslöser (z. B. Beschwerden bei Belastung, Infekten oder Pollenflug), tages- und jahreszeitliche Häufung, Abhängigkeit der Beschwerden vom Aufenthaltsort und überhaupt Gegebenheiten der Umgebung (z. B. Haustiere, landwirtschaftlicher Betrieb in der Nähe, Rauchbelastung im Haushalt usw.). Auch das Vorhandensein von anderen allergischen Erkrankungen muss geklärt werden, ebenso wie relevante (auch allergische) Erkrankungen in der Familie.

Es folgt eine körperliche Untersuchung sowie die Lungenfunktionsprüfung mit dem sogenannten Bronchospamolysetest. Hier wird festgestellt, ob die Messwerte unter Inhalation zu verbessern sind. Ein Provokationstest kann zeigen, ob eine Verengung durch körperliche Belastung bzw. durch Inhalation von bestimmten Medikamenten ausgelöst wird, die Bronchien also hyperreagibel sind. Es gibt nämlich auch Kinder mit Asthma, deren Lungenfunktionstest zunächst normal erscheint; bei diesen Patienten ist der Provokationstest sehr wertvoll. Zuverlässige Werte erhält man ab dem fünften bis sechsten Lebensjahr.

Äußerst wichtig ist die Allergiediagnostik mit Hauttest (Pricktest) oder Bluttest (der sogenannte RAST, also die Messung von Antikörpern gegen bestimmte Allergene wie beispielsweise Pollen, Schimmel oder Hausstaubmilbenkot). Beim Hauttest werden einzelne Tropfen von gereinigtem Allergen auf die Haut aufgebracht und mit einer kleinen Nadel ganz oberflächlich in die Haut gestochen. Ist ein Patient allergisch gegen das Allergen, bildet sich an der Teststelle eine Quaddel. Generell ist es wichtig, zwischen Sensibilisierung und Allergie zu unterscheiden: Wer sensibilisiert ist, also Antikörper gegen bestimmte Stoffe (wie z. B. Pollen) im Blut hat, muss nicht zwangsläufig gegen einen Stoff allergisch reagieren!

Es besteht auch die Möglichkeit einer gezielten Provokation (in Nase, Augen oder Mund). Dies ist aber eher speziellen Fragestellungen vorbehalten und keine Routinediagnostik.

Eine Röntgenaufnahme der Lunge beweist Asthma nicht. Es kann aber notwendig sein, andere Lungenerkrankungen durch dieses Verfahren auszuschließen. Manchmal sind auch noch andere, weiterführende Untersuchungen durchzuführen.

Bei Säuglingen und Kleinkindern kann die Diagnose schwierig sein. Kriterien können hier dreimal oder häufiger wiederkehrende Zustände mit Atemwegsverengung in den letzten sechs Monaten sein, zudem Allergiezeichen, familiäre Belastung bezüglich Asthma und Allergien, Krankenhausaufenthalte wegen Atemwegsverengungen, Allergienachweis u. a.

 

Für die klare Diagnosestellung des Asthmas müssen alle anderen Erkrankungen, die ebenfalls Atemprobleme auslösen können, vom Kinderarzt ausgeschlossen werden.

Alternative Diagnostikverfahren wie Bioresonanz haben in der Diagnostik von Asthma bronchiale keinen erwiesenen Stellenwert.

Was ist der Lungendetektiv?

Viele Kinder und Jugendliche mit Asthma merken nicht, dass sie schlecht Luft bekommen. Sie sind diesen Zustand gewohnt und nehmen die Luftnot nicht richtig oder sehr spät wahr. Für ein sinnvolles Selbstmanagement ist es wichtig, dass die Kinder lernen, sich selbst im Alltag hinsichtlich ihrer Verfassung einzuschätzen. Der „Lungendetektiv“ nach Dr. med. Rüdiger Szczepanski ist eine Methode, mit der geräteunabhängig jederzeit festgestellt werden kann, wie es der Lunge gerade geht.

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Der Lungendetektiv hilft den Kindern bei der Einschätzung ihres Zustandes im Alltag.
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Die Methode umfasst drei Anteile:

Hören, wie sich das Atmen anhört:

ruhig oder schnell

Nebengeräusche wie Brummen, Rasseln, Knistern, Rascheln, Pfeifen u. a.

Husten, Räuspern

Spüren, ob beim Heben der Brust in der Einatmung ein Vibrieren, Rasseln (Schleim) o. Ä. zu spüren ist und wie gut sich der Brustkorb ausdehnt

Beurteilen: Was denkst du, wie dein Zustand bzw. deine Lungenfunktion gerade ist?

Das Kind stellt sich ruhig hin, legt die Hände auf den Brustkorb und atmet tief ein und aus. Als Nächstes beantwortet es folgende Fragen:

 

Wenn das Kind kein besonderes Geräusch hört, der Brustkorb und die Rippen sich gut bewegen und es gut Luft bekommt, sind die Bronchien weit genug.

Nach einiger Übung kann man das Kind dann auch bitten, seinen aktuellen Zustand den „drei Dicken“ oder den „drei Dünnen“ zuzuordnen oder entsprechende Smileys ins Asthma-Tagebuch (siehe unten) zu malen. So können Sie kindgerecht und mit einfachen Mitteln die wichtige Eigenwahrnehmung positiv fördern und den Therapieerfolg visuell für Ihr Kind gut erfassbar machen.

 

 

Für größere Kinder bzw. Jugendliche eignen sich auch andere, dem Alter entsprechende Methoden wie der Einsatz moderner Medien. Zum Beispiel gibt es kostenlose Apps für Smartphones und Tablets wie „AsthmaCheck“ oder „AsthmaLaVista“.

Häusliche Kontrolle der Atemwegsverengung – das Peakflowmeter

Es gibt neben dem Lungendetektiv auch eine technische Möglichkeit für Asthmapatienten, ihre Lungenfunktion und ihre Verfassung zu Hause einzuschätzen: die Messung des Peakflow. Es ist eine nicht zeitaufwendige und überall durchzuführende Methode.

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Das Peakflowmeter hilft bei der Selbstwahrnehmung sowie der Überwachung und Steuerung der Therapie.

Als Peakflow wird der maximale Luftfluss bei der Ausatmung bezeichnet. Mit der Messung des Atemspitzenflusses bzw. seiner Einschränkung kann das Ausmaß der Verengung der Atemwege (vor allem der großen) abgeschätzt werden. Vereinfacht könnte man sagen, das Peakflowmeter misst, wie schnell das Kind die Luft ausatmen kann. Die Messung des Peakflow ist mitarbeitsabhängig und darum auch manipulierbar.

 

  TIPPS
Tipps für den Alltag

Das Peakflowmeter sollte in folgender Weise angewendet werden:

Den zu erwartenden Wert entsprechend des aktuellen Befindens schätzen (dies schult die Eigenwahrnehmung!)

immer das gleiche, eigene Gerät verwenden

immer im Stehen pusten, dabei den Kopf aufrecht und ruhig halten

vor dem Pusten den Zeiger bis zum Anschlag („0“) zurückschieben

einige Male normal und ruhig atmen

so tief wie möglich einatmen

das Mundstück mit Lippen und Zähnen umschließen, die Zunge nicht in oder vor die Öffnung legen

 

so schnell und kräftig wie möglich in das Gerät ausatmen (Vorsicht: Nicht hineinspucken, nicht mit der Zunge schnalzen, das kann besonders gute Werte vortäuschen! Nicht mit dem Finger den Zeiger behindern, die Ausatmung nicht pressen.)

den Wert ablesen und den gesamten Vorgang noch zweimal wiederholen

den besten Wert ins Protokoll eintragen

Es gibt keine wirklichen Normwerte, da die Geräte unterschiedlich konstruiert sind. Der Peakflow ist generell vor allem abhängig von Körpergröße, Geschlecht und Alter. Meist gelingen sinnvolle Messungen erst ab dem fünften Lebensjahr. Eine Faustregel besagt, dass in etwa 300 l/min bei einer Körpergröße von 140 cm als Peakflow erreicht werden.

Die folgende Tabelle gibt grobe Anhaltswerte wieder, die bei Ihrem Kind trotz gutem Befinden aber abweichen können.

Anhaltswerte für Peakflownormwerte

KÖRPERGRÖSSE NORMWERT
100 cm 100 l/min
110 cm 150 l/min
120 cm 200 l/min
130 cm 250 l/min
140 cm 300 l/min
150 cm 360 l/min
160 cm 420 l/min
170 cm 460 l/min

Am besten legen Sie einen Bestwert/Normwert fest, wenn es Ihrem Kind längere Zeit (mehr als zwei bis drei Wochen) gut geht und es keine Verengung der Bronchien aufweist. Der persönliche Bestwert muss entsprechend dem Wachstum und Älterwerden immer wieder einmal neu ermittelt werden. Wichtig ist, dass Sie immer das gleiche Gerät gebrauchen.

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Am besten legen Sie einen Bestwert/Normwert fest, wenn es Ihrem Kind längere Zeit (mehr als zwei bis drei Wochen) gut geht.

Neben den absoluten Werten ist vor allem der Verlauf der Peakflowwerte entscheidend. Die Messwerte werden in vier verschiedene Bereiche eingeteilt („Wie viel Prozent meines Bestwertes erreiche ich?“). Diese Bereiche werden für jedes Kind festgelegt; damit ergeben sich dann die entsprechend notwendigen Maßnahmen (Asthma-Ampel).

Asthma-Ampel

1 Ich habe keine asthmatischen Beschwerden.
Mein Peakflow liegt über 90 %. Schwankungen der Werte über dieser Grenze sind normal und ohne Bedeutung. Keine Maßnahmen!
2 Ich habe leichte asthmatische Beschwerden.
Mein Peakflow liegt zwischen 80 % und 90 %.
Maßnahmen: keine körperliche Belastung, Lippenbremse, atemerleichternde Körperstellung
3 Ich habe mittelschwere asthmatische Beschwerden.
Mein Peakflow liegt zwischen 50 % und 80 %.
Maßnahmen: keine körperliche Belastung, Lippenbremse, atemerleichternde Körperstellung und Einnahme des Notfallsprays, ggf. Therapieoptimierung
4 Ich habe schwere asthmatische Beschwerden.
Mein Peakflow liegt unter 50 %. Alarmwerte!
Maßnahmen: keine körperliche Belastung, Lippenbremse, atemerleichternde Körperstellung und Einnahme des Notfallsprays und ggf. weiterer Medikamente, Notfallvermeidungsplan, Arzt hinzuziehen, ggf. Therapieoptimierung

Es gibt auch Asthma-Ampeln mit einer Drei-Stufen-Einteilung. Welche Sie verwenden, bleibt Ihnen überlassen. Sie können die Bereiche am Peakflowmeter auch direkt mit kleinen, verschiedenfarbigen Aufklebern markieren. Manche Geräte haben eine entsprechende Vorrichtung mit verschiedenfarbigen Schiebern.

Um den Verlauf der Erkrankung und den Therapieerfolg gut zu überwachen und eine drohende bzw. vorliegende Atemwegsverengung rechtzeitig wahrzunehmen, sollte Ihr Kind ein Asthma-Tagebuch mit mehrmals täglich, mindestens aber morgens und abends erhobenen Peakflowwerten führen. Dies ist auch ein gutes Instrument, um die Selbsteinschätzung zu schulen und zu dokumentieren. Stimmen z. B. die Werte mit dem Lungendetektiv (siehe S. 26) überein? Außerdem sollte das Kind auch aktuelle Symptome und die derzeitige Therapie eintragen.

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Ihr Kind sollte ein Asthma-Tagebuch mit mehrmals täglich, mindestens aber morgens und abends erhobenen Peakflowwerten führen.

 

Es gibt auch Peakflowmeter, die die Messwerte elektronisch speichern und die man über den PC auslesen kann. Für Jugendliche lohnt sich auch der Einsatz kostenloser Apps für Smartphones und Tablets (siehe S. 28), die den Peakflowverlauf visualisieren und weitere Funktionen zulassen wie die Dokumentation der aktuellen Medikation.

 

Kann man dem Asthma vorbeugen?

Wie weit kann man der Entwicklung allergischer Erkrankungen oder dem Asthma vorbeugen? Dies ist im Einzelfall nicht vorherzusagen, eine sichere Verhinderung ist leider nicht möglich.

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Sich Zeit zu nehmen für die bewusste Gestaltung des Alltags ist ein wichtiges Element für Asthmatiker.

Eine bewusste Lebensgestaltung mit gesunder, abwechslungsreicher Ernährung, Sport und der Vermeidung von Stress ist eine gute Grundlage. Sich Zeit zu nehmen für die bewusste Gestaltung des Alltags mit regelmäßigen Pausen und Aktivitäten, die die Lebensqualität steigern, ist – gerade auch für Asthmatiker, die mit ihrer Krankheit zurechtkommen müssen – ein wichtiges Element. Folgende Punkte sollten Sie jedoch beachten:

Es gibt keine allgemeine Diät, die allergischen Erkrankungen oder deren Verschlimmerung vorbeugen könnte. Eine Verbesserung asthmatischer Beschwerden ist ebenfalls durch Diät nicht zu erreichen. Es darf auf keinen Fall zu einer unausgewogenen Ernährung aufgrund angenommener, aber nicht vorhandener Unverträglichkeiten oder Allergien kommen.

Stress ist in vielerlei Sicht ungünstig. Er kann auch asthmatische Beschwerden auslösen. Vermeiden Sie unnötige Stresssituationen: Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, wo der Alltag eventuell günstiger organisiert werden kann, oder ob es Konflikte gibt, für die eine Lösung gefunden werden kann.

Meiden Sie Auslöser, Allergene und Schadstoffen (siehe das folgende Kapitel).

Verzichten Sie darauf, Haustiere mit Fell anzuschaffen, wenn es bereits eine familiäre Vorbelastung gibt.

Vermeiden Sie unbedingt feuchte Wohnräume. Schimmelpilze fördern die Allergieentstehung.

Zigarettenrauch ausgesetzt zu sein stellt einen hohen Risikofaktor für die Entwicklung allergischer Erkrankungen dar! Dieser Faktor sollte vermieden werden.

Das Impfen laut STIKO (Ständige Impfkommission) wird auch bei Allergikern in vollem Umfang empfohlen. Die Impfungen stellen kein Risiko für die Entwicklung von Allergien dar.

Generell sollten Antibiotika nur bei eindeutiger Notwendigkeit gegeben werden. Insbesondere die Antibiotikatherapie in der frühen Kindheit sollte zur Vorbeugung bezüglich allergischer Erkrankungen soweit wie möglich vermieden werden. Andererseits müssen bei entsprechenden Erkrankungen aber auch kleinen Kindern Antibiotika verabreicht werden. Der Kinderarzt wird dies mit Ihnen immer sorgfältig abwägen.

 

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842686359
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Schlagworte
Asthma bronchiale Asthma-Ampel Asthmakontrolle Eltern-Ratgeber Gesundheits-Ratgeber Hyposensibilisierung Inhalierhilfen Patienten-Ratgeber Peakflowmeter Symptome

Autor

  • Dr. med. Stefan Schwarz (Autor:in)

Dr. med. Stefan Schwarz ist niedergelassener Kinderarzt und ist Mitglied verschiedener Fachgesellschaften. Der Vater von drei Kindern bietet in seiner Praxis – neben allgemeiner Kinderheilkunde und anderen Schwerpunkten – als anerkannter Asthmatrainer insbesondere auch Asthmaschulungen an.
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Titel: Die Asthmaschule für mein Kind