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Praxis Tagespflege

Vom stimmigen Konzept zu zufriedenen Gästen

von Rebekka Gablenz (Autor:in) Heike Golletz (Autor:in) Katja Staeber (Autor:in)
160 Seiten

Zusammenfassung

Angebote der Tagespflege für Senioren gehören zu einer modernen Kommune. Sie sind ein wichtiges Angebot zur Entlastung von pflegenden Angehörigen. Die Politik sorgt für deutliche Impulse: Wer ambulante Sachleistungen und/oder Pflegegeld erhält, kann seit Januar 2015 auch eine Tagespflege, ohne Anrechnung, in Anspruch nehmen.
Wie sieht sie also aus, die „Praxis Tagespflege“? Dieses Buch bietet die Grundlage: Ein differenziertes Konzept, das die Förderung, Anerkennung und Selbstbestimmung der Gäste in den Blick nimmt.
Gezeigt werden die Prinzipien einer adäquaten und wirtschaftlich erfolgreichen Tagespflege – beispielhaft erläutert am Modell der „Villa Albrecht“ in Berlin, einer Einrichtung des DRK.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


EINLEITUNG

Tagesstätten existieren schon seit vielen Jahren, aber sie fristeten in der Vergangenheit eher ein Nischendasein. Mit Einführung der Pflegeversicherung 1995 wurde der Anspruch auf teilstationäre Pflege festgeschrieben, »wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist« (§ 41 SGB XI). Definiert als ergänzendes Angebot zur häuslichen Pflege sollte teilstationäre Pflege die pflegenden Angehörigen entlasten und dadurch eine Heimeinweisung vermeiden.

Doch die Tagespflege hat weitaus mehr Potenzial. Sie ist ein eigenständiges Angebot in der Versorgungslandschaft. Differenzierte Konzepte, die den Gast als Einzelperson und als Teil einer Gruppe in den Fokus nehmen, zielen auf Anerkennung und Wertschätzung, auf Achtung und Förderung der Selbstbestimmtheit ab.

Dass die Tagespflege in der Vergangenheit neben den Angeboten der ambulanten und vollstationären Pflege eher wie ein »Stiefkind« wahrgenommen wurde, lag im Wesentlichen auch daran, dass die Kosten für diese Leistungen bisher lediglich im Umfang des Sachleistungsanspruchs gewährt wurden – nachrangig zu ambulanten Pflegeleistungen. Die Pflegebedürftigen oder ihre Angehörigen hatten in aller Regel also einen erheblichen finanziellen Eigenbetrag für ihre »Entlastung« durch eine Tagespflege zu tragen.

Bereits durch das im Juli 2008 in Kraft getretene Pflegeweiterentwicklungsgesetz wurde die Tagespflege aber auf deutlich solidere Füße gestellt. Damit verbunden waren aber immer noch einige komplizierte und schwer nachvollziehbare Regelungen bei der Kombination von Sachleistungen und Tagespflege.

Das erste Pflegestärkungsgesetz

Seit dem 1. Januar 2015 ist alles anders: Das erste Pflegestärkungsgesetz (das am 17. Oktober 2014 verabschiedete 5. Gesetz zur Änderung des SGB XI), trat in Kraft. Zum ersten Mal wurde ein eigenständiger Anspruch der Tagespflege neben ambulanten Pflegeleistungen festgeschrieben. »Bisher wurden die Inanspruchnahme von Tages-/Nachtpflege und die ambulanten Pflegeleistungen (Pflegegeld und/oder ambulante Sachleistungen) zum Teil aufeinander angerechnet. Das ändert sich: Wer ambulante Sachleistungen und/oder Pflegegeld bekommt, kann künftig Tages- und Nachtpflege daneben ohne Anrechnung voll in Anspruch nehmen. Damit steht deutlich mehr Geld für Betreuung zur Verfügung.

Beispiel: Bisher gab es für die Kombination von Tagespflege und ambulanten Pflegesachleistungen in Pflegestufe III bis zu 2.325 Euro. Künftig stehen hierfür bis zu 3.224 Euro monatlich zur Verfügung. Auch Demenzkranke profitieren erstmals von dieser Leistung.«1

Starken Rückenwind erhalten die Tagespflege-Einrichtungen auch von der Politik. So wurde der Pflegebevollmächtigte Karl-Josef Laumann im Dezember 2014 auf dem Online-Portal focus.de so zitiert: »Es geht um eine gesellschaftliche Wende. Sie ist vergleichbar mit dem Aufbau der flächendeckenden Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen in den alten Bundesländern.« Der CDU-Politiker wünscht sich, dass »wir in fünf Jahren jedem Dritten« einen Platz in der Tagespflege anbieten können. Es gehe um nichts weniger als eine »echte Strukturveränderung in Deutschland«.2

In Bayern will Gesundheitsministerin Melanie Huml das Tagespflege-Angebot verbessern. »Ab dem Jahr 2016 wird es ein neues Förderprogramm geben. Damit werden wir Tagespflege-Einrichtungen für Demenzkranke finanziell unterstützen.«3 1,5 Millionen Euro will man in Bayern ausgeben.

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1 http://www.bmg.bund.de/themen/pflege/pflegestaerkungsgesetze/pflegestaerkungsgesetz-i.html [Zugriff am 07.04.2015]

2 Ackeren, M. van & Esser, B. (2014). Heim oder daheim. In Zukunft öfter beides. Focus online.de [Zugriff am 23.12.2014]

3 http://www.bayern.de/huml-foerdert-verstaerkt-tagespflege-bayerns-gesundheits-und-pflegeministerin-neues-programm-fuer-menschen-mit-demenz-ab-dem-jahr-2016/[Zugriff am 21.052015]

1 TAGESPFLEGE – EIN QUALITÄTSPRODUKT

Eine Tagespflegeeinrichtung hat eine Reihe von Zielen, die es zu erfüllen gilt. »Tagespflegeeinrichtungen nach dem Pflege-Versicherungsgesetz sollen insbesondere

die Tagespflegegäste unterstützen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht,

im Einzelfall fachlich kompetente und bedarfsgerechte Pflege nach den allgemein anerkannten pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen gewährleisten,

die körperlichen, geistigen und seelischen Fähigkeiten der Tagespflegegäste erhalten, fördern oder wiedergewinnen,

durch Information und Austausch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Beteiligten ermöglichen,

eine Vertrauensbasis zwischen Tagespflegegästen und Leistungserbringern schaffen,

flexibel auf die Notwendigkeiten des Einzelfalls reagieren,

ein an Lebensqualität und Zufriedenheit orientiertes Leben unter Berücksichtigung der individuellen Lebenssituation und der Biografie des Pflegebedürftigen fördern,

die pflegenden Angehörigen durch die Leistungen der Tagespflege unterstützen und entlasten,

die Tagesstrukturierung gästeorientiert ausrichten und dabei die religiösen und kulturellen Bedürfnisse der Tagespflegegäste berücksichtigen.«4

Soweit die Grundlagen. Wir möchten Ihnen in diesem Buch die Qualitätsaspekte einer Tagespflege zeigen sowie viele praktische Beispiele, wie das tägliche Leben in einer solchen Einrichtung aussehen kann. Unsere langjährigen Erfahrungen in diesem Feld haben uns die Gewissheit gegeben, dass Tagespflege weit mehr ist als ein Angebot zur Unterstützung pflegender Angehörigen, auch wenn deren Gesundheit und Bereitschaft zur Pflege meist eine wesentliche Voraussetzung für den Verbleib der Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit ist.

Doch auch bei Menschen, denen keine Angehörigen mehr zur Seite stehen können, kann Tagespflege ein sinnvolles Angebot sein, um die Selbstständigkeit in der eigenen Häuslichkeit zu unterstützen, der Vereinsamung entgegenzuwirken und eine Heimeinweisung zu vermeiden oder hinauszuzögern.

Bitte folgen Sie uns nun in unsere Einrichtung, die »Geriatrische Tagespflege ›Villa Albrecht‹«. Wir werden Ihnen unser tägliches Einsatzgebiet vorstellen – selbstverständlich in seinen fachlichen Grundzügen, vor allem aber auch aus der Perspektive unserer Gäste. Die wissen nämlich selbst am besten, warum sie so gern zu uns kommen. Vielleicht können unsere Erfahrungen eine Anregung für Sie sein, sich selbst mit dem Angebot einer Tagespflege zu beschäftigen. Vielleicht finden Sie aber auch die ein oder andere Anregung für Ihre schon bestehende Einrichtung.

1.1 Die »Geriatrische Tagespflege ›Villa Albrecht‹«

Unsere Geriatrische Tagespflege »Villa Albrecht« liegt in der Albrechtstraße in Berlin-Tempelhof und hat von montags bis freitags zwischen 8 : 00 und 17 : 00 Uhr geöffnet. Es handelt sich um eine eigenständige Einrichtung mit 16 Plätzen, eingebettet in das Konzept des »Integrativen ambulanten Seniorenwohnens«. Träger ist der DRK Landesverband Berliner Rotes Kreuz e.V. Unter dem Motto »Lange gut zuhause leben« verfügt die »Villa Albrecht« außerdem über 29 seniorengerechte Mietwohnungen und zwei Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz mit jeweils acht Bewohnern. Ebenfalls in der »Villa«: der Stützpunkt eines Anbieters für ambulante Pflege.

Das Gesamtkonzept zielt auf die Förderung und den Erhalt der Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der Menschen innerhalb der Villa und im nachbarschaftlichen Umfeld, dem Kiez. Wir bieten unseren Mietern und den Menschen aus dem Kiez individuelle Pflege und Betreuung. Sie müssen dafür weder ihre Wohnung noch ihren angestammten Kiez verlassen.

Der zentrale Ort in der »Villa Albrecht« ist das »WaschCafé«. Hinter dem etwas ungewöhnlichen Namen verbirgt sich ein Begegnungs- und Veranstaltungsraum, in dem es Kaffee, Getränke und Snacks gibt – aber auch einige Waschmaschinen und Trockner. Die Mieter des Hauses sitzen gemütlich zusammen, klönen, trinken ein Tässchen Kaffee und erledigen ganz nebenbei ihre Wäsche. Dieses Angebot gilt für alle Mieter des Hauses. Es wird von vielen regelmäßig genutzt, etwa zur gemeinsamen wöchentlichen Brotzeit. Mit einer geschickten Raumaufteilung ist ein Begegnungsraum entstanden, der wirklich genutzt wird. Wäsche waschen muss schließlich jeder Mieter. Warum sollte er das einsam und verloren im Untergeschoss eines Mietshauses tun?

Die Mieter der »Villa Albrecht« haben ein hohes Maß an Lebensqualität, auch wenn sie keine Pflegeunterstützung brauchen. Nur manchmal nehmen sie die geriatrische Tagespflege in Anspruch. Der überwiegende Teil unserer Tagesgäste kommt von außerhalb.

»In unserer Geriatrischen Tagespflege »Villa Albrecht« werden ältere Menschen mit körperlichen, geistigen und/oder seelischen Erkrankungen betreut. Dazu zählen insbesondere:

Menschen, die allein in ihrer Wohnung leben und Hilfe im täglichen Leben, bei der Pflege und bei der Tagesstrukturierung bedürfen.

Menschen, die vereinsamt oder altersdepressiv sind und mittels aktivierender und therapeutischer Maßnahmen wieder zur selbstständigen Lebensführung begleitet werden.

Menschen, deren Angehörige überwiegend die Pflege und Betreuung übernehmen und Entlastung benötigen.

Unser Ziel

Feste und Aktivitäten gehören zu unserem Programm, bei schönem Wetter auch im Garten. Besucher sind uns stets willkommen. Schließlich gibt es eine Reihe von Veranstaltungen, die sich an alle richten, die im Kiez wohnen. Das Wort »Kiez« bezeichnet in Berlin übrigens einen Stadtteil, also eine überschaubare Region innerhalb der großen Stadt.

1.2 Grundsätze unserer Arbeit

Die Grundsätze unserer Arbeit leiten sich von den Grundsätzen und dem Leitbild unseres Verbandes, dem Deutschen Roten Kreuz, ab. Daraus haben wir – unter Zugrundelegung weiterer Grundsätze5 – unser Pflegeleitbild konzipiert: »Jeder Mensch hat uneingeschränkten Anspruch auf Respektierung seiner Würde und Einzigartigkeit. Menschen, die Hilfe und Pflege benötigen, haben die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen und dürfen in ihrer besonderen Lebenssituation in keiner Weise benachteiligt werden. Da sie sich häufig nicht selbst vertreten können, tragen Staat und Gesellschaft eine besondere Verantwortung für den Schutz der Menschenwürde hilfe- und pflegebedürftiger Menschen.«

Unser oberstes Ziel ist es, dass unsere Gäste so lange wie möglich in ihrer eigenen Umgebung leben können. Zufriedenheit und Lebensqualität sollen erhalten und gefördert werden.

Wenngleich wir unsere Gäste nicht nach Krankheitsbildern unterscheiden, versuchen wir dennoch individuelle, an den jeweiligen Gesundheitszustand angepasste Angebote zu machen. Dabei stehen nicht die Einschränkungen der Person, sondern ihre Förderpotenziale im Fokus. Dies ist die Grundlage, auf der wir die Qualitätsebenen »Strukturen«, »Prozesse« und »Ergebnisse« gestalten. Die ersten beiden Ebenen sind jene, die auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüft. Doch die dritte Ebene, die Ergebnisqualität, ist ebenso wichtig. Denn hier geht es um Erhalt und Förderung von Selbstständigkeit, um Unterstützung in spezifischen Bedarfslagen sowie um die Tagesgestaltung und soziale Beziehungen.6 Besonderen Wert legen wir daher auf unser Pflegeleitbild, auf dessen Kernaussagen wir im dritten Kapitel näher eingehen.

Wir betrachten Pflege als einen gleichberechtigten Prozess

Wir betrachten Pflege als einen gleichberechtigten Prozess zwischen Hilfesuchenden und Hilfegebenden. Sie geschieht auf der Grundlage des Regelkreises des Pflegeprozesses. Pflege ist ein dynamischer Vorgang, der regelmäßig ausgewertet werden muss, um eine optimale Pflege zu gewährleisten. Pflege geschieht nicht isoliert von anderen an der Pflege beteiligten Personen und Berufsgruppen, sondern in Kooperation mit ihnen.

In der Tagespflege kommt eine Besonderheit dazu: Unsere Gäste verbringen nur einen Teil des Tages bei uns. Ihr Lebensmittelpunkt liegt in der Regel woanders. Das heißt im Umkehrschluss: Wir betrachten unsere Tagesgäste ganzheitlich (Körper, Seele und Geist) innerhalb ihres jeweiligen sozialen Umfeldes. Jeder Gast ist ein Individuum mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Wünschen, Werten und Zielen. Dementsprechend bedarf es eines flexibel gestalteten Hilfe- und Unterstützungsangebotes.

Unter Beachtung der Selbstbestimmtheit eines jeden Tagespflegegastes kooperieren wir mit allen am Pflege- und Betreuungsprozess beteiligten Personen (Angehörige und sonstige Bezugspersonen, Ärzte, Institutionen usw.). Dabei verstehen wir uns als Unterstützer und Begleiter unserer Gäste. Wir verfolgen einen rehabilitativen Ansatz, d. h. unser Bestreben ist es, die konstruktiven Kräfte des Einzelnen freizusetzen, um Entwicklung zu ermöglichen und dort kompensierend einzugreifen, wo der Betreffende (noch) nicht aus eigenen Kräften dazu in der Lage ist. Dies kann sich sowohl auf den objektiven Gesundheitszustand als auch auf das subjektive Empfinden und die Entwicklung von Bewältigungsstrategien beziehen.

Neben Krankheit, körperlichen und kognitiven Einschränkungen durch altersbedingte Vorgänge ist häufig das Erleben dieser Veränderungen mit erheblichen seelischen Belastungen verbunden. Die Trauer um verlorengegangene Fähigkeiten, der Verlust wichtiger Bezugspersonen und das Bewusstwerden des eigenen bevorstehenden Todes können Einsamkeit und Resignation nach sich ziehen. Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehungs- und Kommunikationsebene sowie empathisches Einfühlen in die Lebenssituation unserer Gäste sind unerlässlich, um zielgerichtete Interaktionen zu ermöglichen.

Unser Verständnis einer ganzheitlichen Pflege und Betreuung bezieht selbstverständlich auch die Beratung, Anleitung und Förderung des sozialen Umfeldes ein, denn häufig führen die Veränderungen des Pflegebedürftigen auch zu Überforderung, Unverständnis oder Schuldgefühlen bei Ihren Angehörigen.

Die Grundlagen

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4 GKV Spitzenverband (2013). Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die Qualitätssicherung sowie für die entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagement nach § 113 des elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB Xi) in der teilstationären Pflege (Tagespflege) vom 10. Dezember 2012. im internet: http://www.gkv-spitzen-verband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/richtlinien__vereinbarungen__formulare/richtlinien_und_grundsaetze_zur_qualitaetssicherung/2013-02-08_Pflege_Massstaebe_und_Grundsaetze_teilstationaer.pdf [Zugriff am 13.04.2015]

5 Z. B. aus der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen, im internet: https://www.pflege-charta.de/de/startseite.html [Zugriff am 29.05.2015]

6 Wingenfeld, K. zit. n. Kämmer, K. (2015). Pflegemanagement in Altenpflegeeinrichtungen. Hannover: Schlütersche, S. 384

2 DIE STRUKTURQUALITÄT IN DER TAGESPFLEGE

Die Voraussetzungen zum Betreiben einer Tagespflegeeinrichtung ergeben sich aus den leistungsrechtlichen Vorgaben, dem Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI sowie dem Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI, deren konkrete Inhalte in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich sind.

Außerdem müssen auch öffentlich-rechtliche Vorgaben der jeweiligen Bundesländer berücksichtigt werden. Tagespflege als teilstationäres Angebot unterliegt in den meisten Bundesländern den jeweiligen Landesheimgesetzen. Auch baurechtliche Vorschriften der jeweiligen Bundesländer sind zu berücksichtigen, etwa Regelungen zur Barrierefreiheit, Anforderungen an Raumgrößen, Ruhemöglichkeiten, Brandschutz etc.

In Berlin unterliegen Tagespflegeeinrichtungen als teilstationäre Einrichtungen den Regelungen des Wohnteilhabegesetzes (WTG). Daraus ergeben sich weitere spezielle Anforderungen, die in weiteren Anlagen definiert sind (Personalverordnung, Bauverordnung, Heimmitwirkungsverordnung) und jährlich durch die Heimaufsicht überprüft werden.

Die Qualitätsverpflichtungen der Tagespflege ergeben sich aus den auf Bundesebene festgelegten »Maßstäben und Grundsätzen für die Qualität und Qualitätssicherung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 SGB XI in der teilstationären Pflege (Tagespflege)«, die seit dem 1. März 2013, nach langen Verhandlungen und letztlich durch Schiedsspruch, in Kraft getreten sind.7

Die MuG Teilstationär

Die als »MuG Teilstationär« bezeichnete Vereinbarung bezieht sich auf die grundsätzlichen Ziele der Tagespflege. Sie benennt die Mindestanforderungen der Qualitätsebenen (Struktur, Prozess- und Ergebnisqualität). Auch die Anforderungen an unabhängige Sachverständige und Prüfinstitutionen sowie an die methodische Verlässlichkeit von Zertifizierungs- und Prüfverfahren sind in dieser Norm geregelt. Die MuG Teilstationär ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Tagespflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich (§ 113 Abs. 1 S. 3 SGB XI). Sie ist von den Vertragsparteien bei allen weiteren Vereinbarungen nach dem SGB XI zu beachten.

Die Vereinbarung geht ausdrücklich auf das Erfordernis ein, dass der Träger ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement auf Basis seiner konzeptionellen Grundlagen implementiert. Darunter sind alle erforderlichen Maßnahmen zur Steuerung der vereinbarten Leistungserbringung zu verstehen. Es geht um die Sicherstellung der personellen und sachlichen Ressourcen, einschließlich aller wesentlichen Managementprozesse.

Die Verantwortung für die Umsetzung des internen Qualitätsmanagements obliegt der Leitungsebene der Tagespflegeeinrichtung. Ausdrücklich erwähnt ist auch die Sicherstellung der internen Kommunikationsprozesse.

In den Maßnahmen und Grundsätzen werden einzelne Aspekte des Qualitätsmanagements ausgeführt, wie die Erfordernis der Festlegung von Zielen und Maßnahmen unter Berücksichtigung des PDCA-Zyklus8, die Beteiligung aller Mitarbeiter und Einbeziehung der Erwartungen und Bewertungen der pflegebedürftigen Menschen.

In einer verbindlichen Anlage zu der MuG Teilstationär sind die »Anforderungen an unabhängige Sachverständige und Prüfinstitutionen sowie an die methodische Verlässlichkeit von Zertifizierungs- und Prüfverfahren« geregelt. Die Einführung eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems ist nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch sollten die Einrichtungen, die sich entsprechenden Verfahren stellen, gewürdigt werden.

Getreu der Erfahrung, dass Qualität sich nicht von außen in eine Einrichtung hineinprüfen lassen kann und ein Qualitätsmanagement aus der Einrichtung heraus gelebt werden muss, sind die Anforderungen von den Trägern und Einrichtungen zu konkretisieren.

Bereits bei der Planung unserer Tagespflegeeinrichtung war die Qualitätsmanagerin des Trägers umfassend einbezogen, sodass sämtliche Anforderungen, wie sie später in den »MuG Teilstationär« festgelegt wurden, von Beginn an berücksichtigt wurden. Ausgehend von der Haltung, dass eine externe Qualitätsprüfung jederzeit möglich sein sollte, ohne den Tagesablauf durcheinanderzubringen (interner Leitspruch: »Sollen sie doch kommen …«) war es unser Anliegen, ein zertifizierungsfähiges Qualitätsmanagement zu implementieren.

Es finden regelmäßig interne Audits durch Qualitätsmanagementbeauftragte unseres Trägers statt. Auf die Überprüfung durch externe unabhängige Sachverständige und Prüfinstitutionen wurde nach eingehender Kosten-Nutzen-Abwägung bislang verzichtet.

In den Grundsätzen in der »MuG Teilstationär« wird darauf eingegangen, dass Tagespflege auf die soziale Betreuung und Tagesstrukturierung abzielt. Das bezieht auch die im Rahmen des Aufenthaltes erforderlichen pflegerischen Maßnahmen sowie die Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung ein. Ausdrücklich benannt wird, dass der selbstbestimmte Lebensmittelpunkt der Tagesgäste weiterhin in deren Häuslichkeit liegt. Einwirkungsmöglichkeiten und Wirksamkeit der pflegerischen Maßnahmen sind insofern eingeschränkt, als sie sich nur auf die Zeiten des Aufenthaltes beziehen können. Dies ist bei allen fachlichen Zielstellungen und Maßnahmen zu berücksichtigen, kommen doch die Tagespflegegäste in der Regel nur an einem oder wenigen Tagen in der Woche in die Einrichtung.

Unterstützung, wo sie gebraucht wird

Wir geben Ihnen im Folgenden einen Überblick über unsere wesentlichen Überlegungen und Haltungen.

2.1 Die Ausrichtung: geriatrisch vs. gerontopsychiatrisch

Als wir vor der Frage standen, ob wir das Angebot einer Tagespflege in unsere Konzeption des »integrativen ambulanten Zentrums« aufnehmen wollen, beschäftigten wir uns zunächst mit wirtschaftlichen Überlegungen und einer Analyse des Umfeldes. Nachdem die Entscheidung für eine Tagespflege gefallen war, stellte sich die Frage nach unserer Zielgruppe. Wollten wir eher geriatrisch oder gerontopsychiatrisch arbeiten? Wir haben uns sehr bewusst für eine geriatrische Ausrichtung entschieden.

Unsere Ausrichtung: geriatrisch

Für uns stehen der rehabilitative sowie der inklusive Gedanke im Vordergrund. Diese Entscheidung hat natürlich Auswirkungen auf alle weiteren konzeptionellen Überlegungen. So schließen sich daran insbesondere auch spezielle Anforderungen an die Qualifikation und Bereitschaft der Mitarbeitenden an. Schließlich müssen sie in der Lage sein, auf die vielfältigen individuellen Bedürfnisse sowie die Gruppendynamiken einzugehen.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass viele Tagesgäste anderen sehr gern behilflich sind, wenn diese etwa einmal ein Problem bei der Orientierung haben. Dazu braucht es eine behutsame Anleitung. Mancher geistig fitte Gast braucht zunächst einmal ein paar Informationen, weil er noch nicht verstanden hat, dass ein anderer kognitiv eingeschränkt ist. Auch den Ängsten und Sorgen der Gäste ohne kognitive Einschränkung gilt es zu begegnen, wenn sie im Umgang mit verwirrten Menschen überfordert sind.

Bereits in der Planungsphase war uns klar, dass wir einen Angebotsschwerpunkt in der Förderung der Mobilisation setzen wollten. Positive Erfahrungen mit dem Kraft-und Balancetraining nach dem sogenannten »Ulmer Modell«9, haben uns veranlasst, frühzeitig die entsprechenden Kontakte hinsichtlich konzeptioneller Einbindung und Umsetzung, Schulung und Begleitung, Materialbeschaffung usw. aufzunehmen. Unterstützung erhielten wir durch die AOK Nordost, die Schulungen nach diesem Modell anbot und uns beim Aufbau unseres Sturzpräventionsprogrammes (vgl. Kapitel 4.1.1.1) unterstützte. Im Rahmen dieses Präventionsprogrammes fanden Inhouse-Schulungen statt, unsere Trainerinnen wurden zu Multiplikatoren ausgebildet. Auch bei der Beschaffung der erforderlichen Materialien wurden wir durch die AOK unterstützt.

Diese konzeptionelle Überlegung hatte auch Einfluss auf die Raumplanung und -gestaltung: z. B. Mindestgröße des Raums für das Angebot an Kraft- und Balancetraining, multifunktionale Sitzmöglichkeiten usw.

2.2 Die personellen Ressourcen

Die »MuG Teilstationär« regelt auch die personellen Mindestvoraussetzungen: »Die von der Tagespflegeeinrichtung angebotenen Pflegeleistungen sind unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft durchzuführen.« Weiterhin macht die Norm Aussagen zum Verantwortungsbereich der verantwortlichen Pflegefachkraft sowie zur erforderlichen Qualifikation zur Ausübung dieser Funktion: »Die fachlichen Voraussetzungen als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Pflege-Versicherungsgesetzes erfüllen Personen, die eine Ausbildung als

a. Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger oder

b. Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder

c. Altenpflegerin oder Altenpfleger abgeschlossen haben«

Geregelt ist weiterhin, dass »zur Erfüllung der individuellen Erfordernisse der Tagespflegegäste« geeignete Kräfte bereitzustellen sind. Die Tätigkeit der Hilfskräfte und der angelernten Kräfte hat unter fachlicher Anleitung einer Fachkraft zu erfolgen. Konkrete Aussagen zum Stellenschlüssel oder zu einer Fachkraftquote finden sich in den »MuG Teilstationär« allerdings nicht. Auch im Rahmenvertrag wird nicht konkret auf ein Verhältnis von Fachkräften zu angelernten Kräften eingegangen. Hier heißt es lediglich, dass »ausreichend« Fachpersonal vorzuhalten ist.

In den Rahmenverträgen gemäß § 75 Abs. 1 und 2 zur teilstationären Pflege in den jeweiligen Ländern und ggfs. in den Landesheimgesetzen (in Berlin WTG-Personalverordnung) sind unterschiedliche personelle Voraussetzungen festgelegt. In Berlin ist im derzeit gültigen Rahmenvertrag ein Schlüssel von 1 : 4 plus 0,5 bzw. 0,6 Stellenanteil ab 15 Tagesgäste für die Leitung und das Qualitätsmanagement verhandelt worden. Bei rein gerontopsychiatrischer Ausrichtung liegt der Schlüssel bei 1 : 3.

Für die seit Anfang 2013 auch in teilstationären Einrichtungen möglichen zusätzlichen Betreuungsleistungen nach § 87 b SGB XI ist, pflegestufenunabhängig und ohne Anrechnung auf die Fachkraftquote, ein Richtwert von 1 : 20 vereinbart worden. Bezogen auf die Frage, wie hoch der tatsächliche Anteil an Fachkräften sein sollte, muss berücksichtigt werden, dass die Pflegefachkräfte die fachliche Überprüfung des Pflegebedarfs, die Anleitung der Hilfskräfte und die Kontrolle der geleisteten Arbeit zu gewährleisten haben. Für den Träger spielen daher neben wirtschaftlichen Fragen auch organisatorische Überlegungen eine wesentliche Rolle.

Es ist immer unser Ansinnen gewesen, einen möglichst hohen Anteil an Fachkräften im Team zu haben, da dies eine höhere Flexibilität und selbstständig verantwortungsvolles Arbeiten möglich macht. So lassen sich gerade in einem kleinen Team Urlaubsoder sonstige Abwesenheiten der Mitarbeitenden einfacher kompensieren. Die fachliche Qualifikation ist nur ein Aspekt, wenn auch ein wesentlicher.

Flexibilität – eine wichtige Voraussetzung

Die Mitarbeitenden müssen Hand in Hand arbeiten und letztlich auch alle anfallenden Arbeiten bewältigen können. Dass die Stimmung und Zusammenarbeit innerhalb des Mitarbeiterteams eine direkte Wirkung auf die Stimmung und Dynamik der Tagesgäste hat, klingt zwar wie eine Binsenweisheit, ist aber keineswegs banal. Der Frage der Organisations-, Team- und/oder Mitarbeiterentwicklung kommt also eine große Bedeutung zu.

Ergänzt und unterstützt wird die Arbeit der professionellen Mitarbeiterinnen durch zusätzliche Helfer, z. B. Praktikanten, Mitarbeitende des Freiwilligen Sozialen Jahres, Bundesfreiwillige und des Ehrenamtes. Zu Gute kommt unserer Tagespflege die Trägerschaft im Deutschen Roten Kreuz, wodurch wir auf langjährig gewachsene Strukturen in diesen Feldern zurückgreifen können. Ohne diese Unterstützung wären viele unserer Angebote nur eingeschränkt, eventuell sogar gar nicht möglich. Wie so oft gilt auch hier, dass »viel« nicht immer »viel« hilft. Nicht allein die Anzahl der Helfer ist ausschlaggebend, sondern die Frage, wie diese Helfer in das Team und in ihre Aufgaben eingebunden werden. Die Einbeziehung und Begleitung dieser Mitarbeitenden muss konzeptionell verankert sein.

Auswahl und Einarbeitung

Teamarbeit ist der entscheidende Auslöser für die Umsetzung des Konzepts und die Zufriedenheit der Gäste. Eine offene Kommunikation ist uns sehr wichtig. Irritationen, Verständnisfragen oder Fehler sollen direkt angesprochen werden können. Dies teilen wir Bewerbern bereits in den Einstellungsgesprächen mit. In diesen Gesprächen sprechen wir auch die Bereiche an, die später auf Unverständnis stoßen könnten: die Begleitung des Fahrdienstes am Morgen und Abend, die Bereitschaft zur Begleitung von Veranstaltungen auch außerhalb unserer Öffnungszeiten, die Übernahme von speziellen Verantwortlichkeiten sowie die Unterstützung bei der Einarbeitung neuer Mitarbeitenden. Auch die Begleitung von Personen in Krisensituationen, über unsere Öffnungszeiten hinaus, kann vorkommen.

Unser Einarbeitungskonzept sieht vor, dass die jeweiligen Aufgaben mit einem zuvor festgelegten Teammitglied und den »Neuen« besprochen und ausgewertet werden. Bei festangestellten Mitarbeitenden erfolgt zum Ende der Probezeit ein Auswertungsgespräch mit der verantwortlichen Pflegefachkraft. Sollte sich etwa zeigen, dass Mitarbeiter unsere Haltung des Förderns und Forderns nicht nachvollziehen können, also etwa das Geschirr schnell selbst abwaschen anstatt den Tagesgast anzuleiten, wird dies möglichst umgehend thematisiert und über unser Konzept und dessen Zielsetzung gesprochen.

Gerade bei ehrenamtlichen Helfenden konnten wir die Erfahrung machen, dass es ihnen Schwierigkeiten macht, unserem Konzept der gemeinschaftlichen Tagesgestaltung und der hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu folgen. Dies zeigt sich in Aussagen wie »Man kann doch einer Dame von 90 Jahren nicht zumuten, dass sie Geschirr abtrocknen soll.« Einige Ehrenamtliche verstanden sich anfangs eher als Entlastung der Mitarbeiter und weniger als Unterstützung der Gäste. Sie haben dies an anderen Einsatzorten vielleicht auch so gelernt. Mancher Helfer hatte auch schlicht Angst, wir könnten ihn für faul oder unhöflich halten, wenn er Tätigkeiten von Gästen ausführen lässt.

So gab es eine Helferin, die – nachdem sie gehört hatte, dass es Kartoffelsuppe geben sollte – schnell die Suppe zubereitete, damit wir mehr Zeit für die Gäste hätten. Sie konnte auf Anhieb nicht nachvollziehen, dass die Einbeziehung der Gäste in hauswirtschaftliche Tätigkeiten zu unserem Konzept gehört, und fand es fast empörend, dass unsere Gäste »arbeiten« sollen.

In solchen Situationen ist es uns wichtig, dass zeitnah über die von uns gewünschte Haltung der Mitarbeitenden und Helfenden gesprochen wird, und die Mitarbeiter dies nicht als persönliche Kritik auffassen. Nur durch eine engmaschige Begleitung und rechtzeitige Hinweise ist unsere Arbeit entsprechend des Konzeptes möglich.

Wir erklären unser Konzept gern

Probleme in den Teams werden nach Möglichkeit schnell entdeckt und geklärt. Natürlich sollten die Mitarbeitenden ihre Probleme möglichst untereinander lösen. Nicht alles soll zum Teamthema werden. Die verantwortliche Pflegefachkraft ist bei Konflikten jederzeit ansprechbar. Sofern zur nachhaltigen Klärung erforderlich, werden auch weitere beteiligte Personen involviert. Sollte es zu unüberwindlichen Spannungen im Team kommen, kann auch Hilfe von außen angefragt werden, z. B. durch Supervision.

Es gilt aber auch immer das Positive anzusprechen und Lob nicht als eine Floskel zu verstehen. Dies gilt nicht nur für die regelmäßigen Mitarbeitergespräche, die auch dazu dienen, die Wünsche der Mitarbeitenden nach Weiterentwicklung zu unterstützen. So können Mitarbeitende immer auch Fortbildungsangebote wahrnehmen, die ihrer ganz persönlichen Neigung entsprechen. Diese Erkenntnisse fließen dann wieder in die Angebote unserer Tagespflege ein.

Wir ermuntern ausdrücklich zu fachpflegerischen Fortbildungen. Neben den jährlichen vorgeschriebenen Fortbildungen unterstützen wir unsere Mitarbeitenden darin, spezielle Fachvorträge oder Tagungen zu besuchen. Unsere Helfer werden durch die Fachkräfte insbesondere zu Fragen der altersbedingten Erkrankungen und des Umgangs mit Menschen mit Demenz geschult. Sie erhalten die erforderlichen Informationen über Krankheitsinhalte, können Fragen stellen und eigenes Wissen in die Schulungen einbringen.

Zur Festigung des Teams gehört es auch, dass wir miteinander Spaß haben können, gemeinsam Feste und Veranstaltungen begehen, wie etwa die gemeinsame Weihnachtsfeier oder die Würdigung besonderer Lebenssituationen der Mitarbeitenden.

Die individuellen administrativen Tätigkeiten der Mitarbeitenden richten sich nach deren besonderen Verantwortlichkeiten und Fähigkeiten in der Tagespflege (siehe Kapitel 4.3.1).

Unser Konzept wird auch von den besonderen Fähigkeiten unserer Mitarbeitenden im Bereich Gesang, Einsatz von Instrumenten und anderen Interessen getragen. Nach diesen Fähigkeiten werden die besonderen Verantwortlichkeiten festgelegt. Es ergibt sich eine Aufteilung der anfallenden Arbeiten. Somit sind nicht einzelne Personen für verschiedene Bereiche verantwortlich, sondern alle Mitarbeitenden übernehmen einen Bereich. Dabei handelt es sich um besondere Verantwortlichkeiten im Bereich der Ernährung, Beschäftigung und Mobilität.

2.3 Die baulichen Voraussetzungen

Die baulichen Voraussetzungen für eine Tagespflege sind in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Neben allgemein baurechtlichen Vorgaben ist für unsere Tagespflege in Berlin die »Verordnung über bauliche Anforderungen an Gebäude und Außenanlagen in stationären Einrichtungen nach dem Wohnteilhabegesetz (Wohnteilhabe-Bauverordnung – WTG-BauV)« maßgeblich. Hier finden sich die Anforderungen an die gemeinschaftlichen Aufenthaltsflächen, insbesondere der Gruppen- und Einzelangebote, Küche und Mahlzeiteneinnahme, Ruhemöglichkeiten und Garderobenbereich.

Wir konnten unsere fachlichen Überlegungen in die Umbaumaßnahmen einfließen lassen. Denn die spätere »Villa Albrecht« war zunächst ein entkerntes und vollständig saniertes Gebäude, in dem für die Tagespflege der Großteil einer Etage (253 m2) vorgesehen war. Erste Überlegungen, die Tagespflege im Erdgeschoss unterzubringen, wurden verworfen. Stattdessen richteten wir dort den Begegnungsort »WaschCafé« ein. Die Tagespflege übernahm das erste Obergeschoss und ist dank Fahrstuhl bequem zu erreichen. Vorteilhaft an dieser erhöhten Lage ist, dass die Tagespflege recht geschützt liegt und es wenige Störungen von außen gibt. Der Garten ist für unsere Tagesgäste ausreichend schnell zu erreichen und wird bei entsprechender Witterung gern genutzt.

Praxistipp: Heimbauaufsicht frühzeitig einbeziehen

Herzstück unserer Tagespflege ist ein großer Gemeinschaftsraum mit integrierter offener Küche. In diesem Raum finden fast alle Gruppenaktivitäten und Veranstaltungen statt, auch die Mahlzeiten werden dort eingenommen. Finden Koch- und andere Gruppenaktivitäten zur gleichen Zeit statt, reagieren wir flexibel. In diesem Fall können die Kochvorbereitungen in einem Nebenraum der Küche, ursprünglich als Therapieküche vorgesehen und auch so genutzt, stattfinden.

Zwei Ruheräume gehören ebenfalls zu unserem Angebot. In einem davon befindet sich ein Pflegebett. Das ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, wir können es aber empfehlen. Es erwies sich schon oft als sehr hilfreich, wenn bei einem Gast akute Befindlichkeitseinschränkungen oder ein erhöhter Pflegeaufwand auftraten. Sehr hilfreich ist das Pflegebett auch, um pflegenden Angehörigen Hilfestellungen praktisch zu erläutern.

Neben einem Begegnungsraum, der auch multifunktional genutzt werden kann, haben wir unlängst einen bereits vorhandenen Therapieraum optisch umgestaltet. Gemeinsam mit unseren Tagesgästen erarbeiteten wir ein Konzept und erstanden dank Fördermitteln entsprechende Materialien. Jetzt verfügen wir über einen Entspannungsraum, in dem auch Snoezelen-Angebote stattfinden können. (vgl. Kapitel 4.1.8.2)

Die Berliner WTG-Bauverordnung sieht vor, dass für jeweils acht Gäste mindestens eine Toilette vorhanden sein muss. In unserer Tagespflege stehen den Besuchern drei barrierearm zugängliche WC’s mit Waschbecken und barrierefreier Dusche sowie ein behindertengerechtes WC mit Waschbecken zur Verfügung, sodass in der Regel keine Wartezeiten entstehen.

Die Gartenanlage hinter dem Haus steht sowohl den Mietern des Hauses als auch unseren Tagesgästen zur Verfügung. Entsprechend unserem integrativen Konzept können sich hier Mieter, Besucher aus dem Kiez sowie Tagespflegegäste begegnen. Im Mittelpunkt der Anlage befinden sich eine Vogelvoliere und ein Kaninchenfreilaufgehege. Wir folgen damit den u. a. vom KDA beschriebenen Ansatz, dass Tiere Welten öffnen10 und sich sehr förderlich auf das Wohlbefinden der Menschen auswirken. »Die Verlockung, mit Tieren näher in Kontakt zu kommen ist groß, und ebenso das Bedürfnis, ihnen etwas Gutes zu tun, sie zu streicheln oder zu füttern. … Ohne Zwang schaffen es unsere »vierbeinigen Freunde«, mit ihrer offenen Art Menschen zu animieren. Sie bringen Freude und zaubern vielen ein Lächeln auf die Lippen.«11

Die Tierhaltung bringt allerdings eine erhebliche Verantwortung mit sich. Die kontinuierliche, sachkundige Pflege von Haustieren erfordert Zeit und auch manchmal besondere Kenntnisse. Erfreulicherweise haben wir innerhalb unseres Integrativen ambulanten Zentrums einige Mieter als »Tierpaten« gewinnen können, die auch an den Wochenenden die Versorgung der Tiere übernehmen. Darüber hinaus werden Helfer des Freiwilligen Sozialen Jahres eingebunden.

Tierhaltung: schön, aber aufwendig

Es braucht die Akzeptanz und Unterstützung der Einrichtung und einen verlässlichen »Kümmerer«, falls ein »Tierpate« oder Helfer nicht zur Verfügung steht. Dazu gehören auch die Überwachung der angemessenen Tierpflege und Hygiene sowie verschiedene organisatorische Dinge wie die regelmäßige Beauftragung einer tierärztlichen Kontrolle.

Des Weiteren ist das zuständige Veterinäramt zu informieren, da die gewerbsmäßige Haltung von Tieren gemäß § 3 Tierschutzgesetz anzeigepflichtig ist. Bei bestimmten Tieren wie z. B. Paarhufern und Hühnern muss auch die Tierseuchenkasse informiert werden. Schafe und Ziegen sind elektronisch zu kennzeichnen (EG Verordnung Nr. 21).

Merkblätter zur Tierhaltung finden Sie unter http://www.tierschutz-tvt.de/

Der Garten wird bei gutem Wetter gern für gemeinsame Aktivitäten und Feste von Mietern und Gästen genutzt. Eine Kindertagesstätte grenzt unmittelbar daran, was für weitere Kontaktmöglichkeiten sorgt, die wir behutsam unterstützen und begleiten.

2.4 Die materiellen Ressourcen

Die Frage nach der idealen Möblierung möchten wir an dieser Stelle vernachlässigen, wohl wissend, dass diese immer von wirtschaftlichen Möglichkeiten abhängt. Natürlich sind auch hier die jeweiligen Regelungen hinsichtlich Barrierefreiheit, Brandschutz etc. zu beachten – im Übrigen aber lässt sich über Geschmack bekanntlich nicht streiten.

Abhängig von baulichen Gegebenheiten und konzeptionellen Überlegungen haben wir uns zunächst von funktionalen und fachlichen Überlegungen leiten lassen. Bei der Anschaffung der Möbel und sonstiger Materialien galt und gilt es immer auch, zwischen Kosten, Haltbarkeit, Reinigung, leichter Handhabung und Ersetzbarkeit abzuwägen. Dennoch war es für uns äußerst wichtig, dass das Mobiliar wohnlich und optisch ansprechend ist und sich in unser Farbkonzept einfügt.

Praxistipp: Ältere Menschen bevorzugen andere Farben

Es ist allseits bekannt, dass Farben einen Einfluss auf Stimmung und Befindlichkeit ausüben. Weniger bekannt ist, dass ältere Menschen ein anderes Farbempfinden haben als jüngere. »Das belegen auch wissenschaftliche Studien. Demnach favorisieren alte Menschen im Gegensatz zu jüngeren auffällig hellere Farben und warme Pastelltöne, also dezente Farben, die in Richtung freundliche Ruhe und Sanftheit tendieren.«*

* http://www.kda.de/news-detail/items/archiv_70.html [Zugriff am 13.04.2015]

Wir haben uns für ein Farbkonzept entschieden, das anregend, aber dezent und unaufgeregt auf die Besucher wirken soll. Bei der Dekoration sind wir bewusst zurückhaltend. Wir möchten unsere Gäste in die Gestaltung einbeziehen und so sind im Laufe der Zeit einige gestalterische und dekorative Elemente hinzugekommen.

Die Zubereitung der Mahlzeiten und das gemeinsame Essen sind ein zentraler Punkt unserer konzeptionellen Arbeit (vgl. Kapitel 4.1.3). Weil Essen und die angemessene Nahrungsaufnahme eine große Bedeutung für Menschen höheren Alters hat, greifen wir hier bewusst nicht auf externe Anbieter zurück, sondern kochen selbst. Töpfe, Pfannen etc. haben wir so ausgewählt, dass sie auch für unsere Gäste gut handhabbar sind.

Materialien für Gruppen- und Einzelangebote sind natürlich entsprechend der Angebote vorzuhalten. Nicht zu unterschätzen ist die Frage der Lager- und Aufbewahrungsmöglichkeiten, die einen schnellen Überblick sowie eine unkomplizierte Vor- und Nachbereitung ermöglichen sollten. So war es beispielsweise für uns eine wichtige Überlegung, in welchem Raum das Kraft- und Balancetraining (vgl. Kapitel 4.1.1) stattfinden würde. Sind die Stühle für die Nutzung geeignet? Welche weiteren Hilfsmittel, z. B. Stühle ohne Lehnen, Hanteln und Gewichtsmanschetten, werden noch benötigt? Wo bewahren wir das alles auf?

Praxistipp: Lagerungsmöglichkeiten für Hilfsmittel einplanen

Die Materialien für das Kraft- und Balancetraining befinden sich in einem eigenen Schrank, sodass die Mitarbeitenden, die das Training durchführen, einen schnellen Zugang zu Hanteln und Fußmanschetten haben. Es braucht eine Systematik, damit alle Mitarbeitenden und auch die Gäste sich schnell orientieren können. Auch der schnelle Überblick über die Vollzähligkeit der Materialien sowie deren Zustand ist für einen reibungslosen Ablauf nötig. Nichts bringt mehr Unruhe, als wenn zu Beginn des Gruppenangebotes noch aufgeregt gesucht wird.

Bei aller Planung: Wir haben den Platzbedarf für zusätzliche Hilfsmittel unterschätzt. Wir waren davon ausgegangen, dass der größte Teil der Bewohner eigene Hilfsmittel mitbringt und diese in den dafür vorgesehenen Vorräumen abstellt. Doch schnell fiel uns auf, dass immer wieder zusätzliche Rollstühle oder Rollatoren benötigt wurden, weil Gäste etwa an längeren Spaziergängen teilnehmen wollten. Was tun? Die Kellerräume waren entschieden zu weit weg. Wir trennten einen Raum durch einen Vorhang und lagern die zusätzlichen Hilfsmittel dahinter. Keine gute, aber eine praktikable Lösung. Doch weil der Raum von den Tagesgästen genutzt wird und an Atmosphäre verloren hat, suchen wir nach einer kostengünstigen Verbesserung.

Praxistipp: Budget für Verbrauchsmaterialien festlegen

So entstand beispielsweise eine »Männerwerkgruppe« (vgl. Kapitel 4.1.5.1), für die wir dann auch Werkzeuge, Schleifpapiere etc. brauchten. All diese Materialien müssen natürlich griffbereit in den Materialschränken gelagert werden. Es ist ratsam, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob alles noch in gutem Zustand ist. Von Zeit zu Zeit empfiehlt es sich, ein gründliches »Ausmisten« durchzuführen.

So manche Idee droht an den finanziellen Ressourcen zu scheitern bzw. bedarf einer langfristigen Budgetplanung. Die Umsetzung kann aber ggfs. mit Hilfe von Materialspenden gelingen. Manchmal lassen sich auch Förder- oder Spendenmittel akquirieren. Die Recherche und Antragsstellung erfordert natürlich einigen Zeitaufwand. Manchmal kann evtl. der Träger oder ein übergeordneter Verband dabei unterstützen. Wir konnten so z. B. den Wunsch nach einem Snoezelen-Angebot (vgl. Kapitel 4.1.8.2) umsetzen.

Eine Projektförderung im Rahmen der »Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz« ermöglichte es uns, einen »Drum Circle« im Rahmen des Gesamtkonzeptes unserer »Villa Albrecht« einzurichten (vgl. Kapitel 4.1.4.2). Durch die enge Verzahnung mit den Angeboten des Seniorenwohnens unseres Hauses können wir die Trommeln und sonstigen Materialen nutzen, die in den Räumen des Seniorenwohnens aufbewahrt werden.

2.5 Infrastruktur und Vernetzung in der Kommune

Der überwiegende Teil unserer Tagesgäste kommt aus dem Kiez oder den angrenzenden Bezirken. Viele Gäste sind »eingefleischte« Tempelhofer und haben mehr als ihr halbes Leben hier verbracht. Daher war es uns von Anfang an wichtig, einen guten Kontakt zu Geschäften und Dienstleistern wie Apotheken, Fußpflege, Friseure, physiotherapeutische Praxen, Ärzte, Pflegedienste etc. zu halten.

Die Vernetzung in die Bezirks-Gremien und der Aufbau vertrauensvoller Kontakte zu den Mitarbeitern und Kollegen der relevanten fachlichen Stellen sind unverzichtbar. So wirken unsere Leitungskräfte aktiv im Geriatrischen-Gerontopsychiatrischen Verbund Tempelhof sowie in weiteren Netzwerkgremien mit. Neben Öffentlichkeitsarbeit und Akquise weiterer Tagespflegegäste geht es dort auch um übergreifende Themen und die Weiterentwicklung der Angebote im Bezirk.

Wir sind Verbundpartner des Gerontopsychiatrischen-Geriatrischen Verbundes Tempelhof, einem von mehreren Verbünden in Berlin.12 Gerontopsychiatrisch-Geriatrische Verbünde haben eine regionale, in Berlin an den Bezirksgrenzen ausgerichtete gemeinsame Kooperationsstruktur von Trägern und Einrichtungen der Gerontopsychiatrie, Altenhilfe, Altenpflege und Geriatrie. Ziel der Verbundpartner ist die Unterstützung körperlich und seelisch beeinträchtigter älterer Menschen im Bezirk, die verbesserte Abstimmung zwischen allen Beteiligten, die Aufdeckung und Schließung von Versorgungslücken sowie die Entwicklung und Umsetzung von Qualitätsstandards.

Der Gerontopsychiatrische-Geriatrische Verbund ist Partner der Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz13, in dem wir als Projektnehmer eine Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur Umsetzung unseres »Drum Circles«, einem Trommelangebot für Menschen mit und ohne Demenz erhielten (vgl. Kapitel 4.1.4.2).

Hervorgegangen sind die Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz aus der Allianz für Menschen mit Demenz, einer Initiative der Bundesregierung und als Arbeitsgruppe Bestandteil der Demografiestrategie.14 Die Allianz konstituierte sich im September 2012 anlässlich des Welt-Alzheimertages, deren Mitglieder sich den Aufbau eines Netzwerkes auf Bundesebene zum Ziel gesetzt.

Das Modellprogramm »Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz«

Das Modellprogramm »Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz« will darauf hinwirken, den Alltag von Demenzerkrankten und ihrer Angehörigen dauerhaft zu verbessern. Das Programm unterstützt den Aufbau kommunaler Netzwerke und fördert so den Austausch zwischen den regionalen Akteuren nachhaltig. Dieses Netzwerk soll dazu beitragen, Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen ein möglichst gutes Leben inmitten unserer Gesellschaft zu gewährleisten und ist geprägt vom Leitbild der Inklusion, Selbstbestimmung und Teilhabe. Somit traf diese Allianz bei uns auf fruchtbaren Boden, sind die genannten Ziele doch bei uns konzeptionell verankert.

Wir beteiligen uns an den übergreifenden Treffen mit Vertretern anderer Lokaler Allianzen und nutzen dieses Netzwerk auf Bundesebene und lokaler Ebene, um konkret für unsere Arbeit zu lernen, andere an unserer Arbeit teilhaben zu lassen und die Öffentlichkeit weiter für dieses Thema zu sensibilisieren.

2.6 Der Fahrdienst

In den Maßnahmen und Grundsätzen nach § 113 SGB XI für die teilstationäre Pflege ist verankert, dass die notwendige und angemessene Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Tagespflegeeinrichtung und zurück zum Leistungsangebot der Tagespflege gehört. Es gilt also, die Beförderung sicherzustellen, sofern diese nicht von Angehörigen übernommen werden kann.

Für eine Tagespflege stellt sich die Frage, ob die Beförderung durch eigene Fahrzeuge und eigene Mitarbeiter erfolgen soll oder ob Fahraufträge an einen externen Dienstleister vergeben werden. Beide Möglichkeiten stellen für Betreiber und Mitarbeitende eine große Herausforderung hinsichtlich Finanzierung, Logistik und fachlicher Überlegungen dar. Auch die Örtlichkeit spielt eine Rolle, denn nicht überall kann überhaupt auf bezahlbare Angebote externer Dienstleister zurückgegriffen werden.

Bei der Anschaffung eigener Fahrzeuge ist u. a. zu berücksichtigen, wie die regelmäßige Pflege und Wartung der Fahrzeuge sichergestellt wird und welche Alternativen es bei kurzfristigen technischen Pannen gibt. Auch die erforderliche Qualifikation der Mitarbeitenden ist bei der Personalplanung zu berücksichtigen. Zwar ist bei einer integrierten Beförderung keine gesonderte Qualifikation der Fahrzeugführer erforderlich, dennoch müssen diese selbstverständlich sicher im Umgang mit dem Fahrzeug sein. Zunächst einmal bedeutet dies, dass der Besitz eines Führerscheins und entsprechende Fahrpraxis ein wesentliches Kriterium bei der Personalauswahl ist.

Auch die Überlegung, welche Fahrzeuge geeignet sind, muss getroffen werden. Ist eher ein Kleinbus sinnvoll oder sollen PKW genutzt werden? Wie können Menschen mit Gehbehinderung oder Rollstuhlfahrer befördert werden? Ist eine Begleitperson regelmäßig erforderlich und auf welche personellen Ressourcen lässt sich zurückgreifen?

Aus unserer Sicht gibt es hier keine generelle Empfehlung. Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile. So ermöglichen eigene Fahrzeuge natürlich eine größere Flexibilität, z. B. wenn der Tagesgast zum verabredeten Zeitpunkt noch nicht abholbereit ist oder kurzfristig ein kleiner zusätzlicher Ausflug geplant wird.

Beiden Modellen gemein ist jedoch der hohe organisatorische Aufwand der Planung der Abholungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Wünsche und Bedarfe, Abstimmungen mit Angehörigen und Pflegediensten, der von Außenstehenden und Kostenträgern oft nicht in seiner Komplexität wahrgenommen wird.

In unserer Tagespflege haben wir uns für einen externen Fahrdienst entschieden. Idealerweise ließ sich dies durch einen zum DRK zugehörigen Fahrdienst lösen, mit dem ein entsprechender Kooperationsvertrag geschlossen wurde.

Mit den Fahrern wird in regelmäßigen Abständen ein Termin für allgemeine Absprachen, Probleme und Verbesserungen vereinbart. Die Planung des Fahrdienstes erfolgt durch die Leitung der Tagespflege. Sie stellt die Touren für den jeweiligen Tag zusammen, vereinbart die Zeiten mit den Gästen und Angehörigen in Absprache mit den Fahrern.

Praxistipp: Fahrer sind mehr auch Kontaktpersonen

Die Fahrzeuge sind auch für den Transport im Rollstuhl geeignet. Ein Treppenlift sorgt dafür, dass unsere Gäste auch dann zu uns kommen können, wenn sie zwar im Rollstuhl sitzen, ihr Haus aber nicht über einen Aufzug verfügt. Die Fahrzeuge stehen nach Absprache auch für Ausflüge zur Verfügung.

Zu unserem Konzept gehört es, dass regelmäßig eine Begleitperson aus der Tagespflege einbezogen ist, die die Tagesgäste an bzw. in ihren Wohnungen abholt und nach Hause bringt. Dies sind in der Regel Mitarbeitende des Freiwilligen Sozialen Jahres sowie Teilnehmer aus dem Programm der Bundesfreiwilligendienste oder auch Fachkräfte der Tagespflege. Denn die Betreuung und Beziehungsarbeit beginnt bereits mit dem ersten Kontakt der Tagesgäste.

So lassen sich morgens oder nachmittags wichtige Informationen mit Angehörigen oder Pflegepersonen austauschen, die ansonsten Telefonate oder weitere Gesprächstermine erfordern würden. Manchmal ist es auch hilfreich, dass sich die Mitarbeitenden der Tagespflege einen Eindruck des Wohnumfeldes machen, um ggfs. hinsichtlich weiterer Hilfs- oder Unterstützungsangebote zu beraten.

Die Begleitperson holt die Gäste ab, an der Wohnungstür oder in der Wohnung. Manche Gäste brauchen Hilfestellungen beim Anziehen der Kleidung und müssen daran erinnert werden, Prothesen oder Brillen mitzunehmen.

Praxistipp: Begleitperson als Ansprechpartner

Die Begleitpersonen sind im Umgang mit Menschen mit Demenz sowie im Verhalten in Notfallsituationen geschult. Es kommt vor, dass unsere Gäste am Morgen verwirrt sind. Dann ist es wichtig, dass sie beruhigt und motiviert werden, die Tagespflege zu besuchen. Wir sehen es als großen Vorteil, dass bei der Beförderung neben dem Fahrer immer auch eine Begleitperson anwesend ist. So bleiben Gäste im Auto nicht allein. Bei unruhigen Gästen sorgt die Begleitperson für die notwendige Sicherheit während der Fahrt.

2.7 Die Finanzierung der Tagespflege

Die Finanzierung der Tagespflege erfolgt auf der Basis einer Vergütungsvereinbarung, die individuell zwischen den Trägern der Einrichtung und Pflegekassen sowie Sozialhilfeträger ausgehandelt wird. Pflegesätze und Entgelte setzen sich zusammen aus dem Betrag für die allgemeinen Pflege- und Betreuungsleistungen, den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie den Beförderungskosten. Ggfs. sind noch weitere Vereinbarungen zu treffen, wie Zuschläge für die Altenpflegeausbildung, eine individuelle Entgeltminderung bei Sonden-Ernährung oder die halbtägige Betreuung von Tagesgästen.

Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für die allgemeinen Pflege- und Betreuungskosten sowie für die Fahrtkosten in Höhe des verhandelten Betrages. Diese sind in den meisten Bundesländern gesondert ausgewiesen und werden bei Nichtinanspruchnahme der Beförderung auch nicht berechnet. Sofern ein externer Dienstleister mit der Beförderung beauftragt wird, ist dies vertraglich zwischen Tagespflege und Fahrdienst zu regeln. Die externen Fahrdienste können nicht direkt mit den Pflegekassen abrechnen.

Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind von den Tagesgästen selbst zu tragen. Ggfs. können weitere Leistungen der Pflegeversicherung für die teilstationäre Pflege verwendet werden, wie Betreuungsleistungen nach § 45 b SGB XI und Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI. Wenngleich sich seit dem 1. Januar 2015 die Finanzierung vereinfacht hat, da die Inanspruchnahme von Tagespflege nicht mehr mit den Leistungen der ambulanten Pflege verrechnet wird, ist eine individuelle Beratung hinsichtlich des Einsatzes weiterer zur Verfügung stehender Geldmittel geboten.

Zusätzlich können noch sogenannte Investitionskosten, also Kosten für Anschaffung und Instandsetzung von Gebäuden und technischen Anlagen, Miete, Pacht, Fahrzeuge etc. entstehen, sofern diese nicht oder nicht vollständig durch öffentliche Förderung übernommen werden. Diese Kosten sind ebenfalls von den Gästen der Tagespflege zu tragen.

Eigenständiger Anspruch auf Sachleistungen für die Tagespflege

Wenn Tagespflegegäste die finanziellen Kosten nicht selbst tragen können, springt gegebenenfalls der Sozialhilfeträger ein. Die ausführliche Beratung der Tagespflegegäste und ihrer Angehörigen über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Tagespflege und ggfs. weiteren Leistungen einschließlich der anfallenden Kosten ist ein wichtiger Schritt vor der Vertragsgestaltung. Dieses Gespräch wird in der Regel durch die verantwortliche Pflegefachkraft oder ihre Stellvertretung geführt. Es ist der Schlüssel bei der Gestaltung einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Kunden und Anbieter (vgl. Kapitel 4.3.2).

2.8 Die Vernetzung mit der Umgebung

Unsere Tagespflege ist eingebunden in ein integratives, ambulantes Seniorenzentrum. Das ermöglicht gemeinsame Veranstaltungen und Feste. So feiern wir mit den Senioren des Hauses verschiedene Feste und besuchen gemeinsame Veranstaltungen. Außerdem nehmen einige der Hausbewohner auch das Angebot der Tagespflege wahr, sodass wir für Bewohner des Hauses auch die Unterstützung bei Hilfebedarf gewährleisten können. Überwiegend leben die Hausbewohner selbstständig und kommen sehr gut allein zurecht. Es kommt aber vor, dass Einzelne keine sozialen Kontakte mehr ausüben können. Sie besuchen stattdessen an einigen Tagen in der Woche unsere Tagespflege. Grundsätzlich stehen unsere Räume allen anderen immer für einen Besuch offen. Jeder ist auf eine Tasse Kaffee herzlich willkommen.

Viele unserer Veranstaltungen werden auch von Besuchern aus der Umgebung genutzt. So kommen beim Gesundheitstag Besucher des Hauses, Gäste der Tagespflege und ältere Menschen aus der Umgebung zusammen, um gemeinsam einen Tag mit sportlichen und geistigen Aktivitäten zu verbringen. Neben dem Kontakt unserer Gäste zu den Menschen aus der Umgebung, versuchen wir durch die Öffnung der Tagespflege ein neues Altersbild zu schaffen. Es geht nicht nur um kranke und pflegebedürftige Menschen, sondern um Menschen mit einer interessanten Vergangenheit, vielen Erlebnissen und individuellen Fähigkeiten. Das erfahren die Besucher aus der Umgebung an diesen Tagen hautnah.

Durch spezielle Veranstaltungen, zu denen auch Anwohner eingeladen werden, kommen unsere Gäste mit Menschen aus der Umgebung in Kontakt. Eine Zusammenarbeit findet mit der naheliegenden evangelischen Kirche statt, sodass unsere Gäste jederzeit die Möglichkeit haben, auch ihren religiösen Bedürfnissen nachzugehen.

Einige Veranstaltungen ermöglichen eine generationsübergreifende Zusammenarbeit mit Kindern, wie etwa Theater- und Bastelnachmittage.

Manchmal laden wir »Experten« ein, die über bestimmte Themen informieren. Da hält dann ein Verkehrssicherheitsbeamter zum Beispiel einen Vortrag zum Thema Sicherheit im Straßenverkehr. Leicht verständlich erklärt er unseren Senioren, was in der dunklen Jahreszeit bei Wind und Wetter auf der Straße zu beachten ist, wie sie sich im Straßenverkehr verhalten müssen und auf was sie bei der Kleidung achten sollten. Er zeigt den Senioren alltägliche Gefahrensituationen aus der Umgebung. Unsere Gäste können ihre Probleme bei vereistem Boden, zu kurzen Grünphasen an Ampeln und rasenden Autofahrern schildern.

Oder ein Polizist informiert ein eifrig lauschendes Publikum darüber, dass sie am Telefon absolut keine persönlichen Daten preisgeben dürfen. Schon gar nicht, wenn der Anrufer behauptet, dass man bei einem Preisausschreiben gewonnen habe. Da viele unserer Gäste ansonsten allein zu Hause leben, sind solche Tipps sehr hilfreich.

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7 GKV-Spitzenverband (2013). Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und Qualitätssicherung sowie für die entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 SGB Xi in der teilstationären Pflege (Tagespflege). 1. März 2013

8 Vgl. Deming, W.E. (1982). Out of the Crisis. Cambridge: Massachusetts institute of Technology

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842686670
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (November)
Schlagworte
Aktivieren Ambulante Pflege Betreuen Demenz Netzwerken Öffentlichkeitsarbeit Pflegedienstleitung Qualtitätsmanagement Seniorenspiele Tagespflege

Autoren

  • Rebekka Gablenz (Autor:in)

  • Heike Golletz (Autor:in)

  • Katja Staeber (Autor:in)

Heike Golletz ist Heilpädagogin, Dipl. Sozialarbeiterin/-pädagogin, Sozial- und Qualitätsmanagerin sowie Supervisorin (DGSv) und Organisationsberaterin. Als Referentin für Pflege und Altenhilfe zählt die Förderung und Weiterentwicklung selbst bestimmter Lebens- und Wohnformen im Alter zu ihren Kernaufgaben. Rebekka Gablenz ist Gesundheits- und Krankenpflegerin für Leitungsfunktionen in Einrichtungen der Pflege im Gesundheits- und Sozialwesen. Seit 2011 ist sie stellvertretende Pflegedienstleitung der Geriatrischen Tagespflege „Villa Albrecht“. Katja Staeber ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Diplom-Pflegewirtin und MScN. Sie leitet die Tagespflege „Villa Albrecht“ in Berlin.
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Titel: Praxis Tagespflege