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Natürlich schmerzfreier Rücken

Die ganzheitliche Therapie mit nachhaltiger Wirkung, Sanfte Übungen für einen starken Rücken

von Sofia Melnik (Autor:in)
144 Seiten

Zusammenfassung

Rückenschmerzen betreffen immer den ganzen Menschen!
Körperliche Belastung, Fehlhaltungen, Stress, falsche Ernährung: Unser Rücken leidet im Alltag unter vielen Faktoren. Heilpraktikerin und Rückenexpertin Sofia Melnik deckt die vielschichtigen Ursachen für einen schmerzenden Rücken auf und erklärt Ihnen, wie Sie Beschwerden nachhaltig reduzieren. Durch Übungen und eine Ernährungsoptimierung wird Ihr Rücken spürbar gestärkt und der Teufelskreis aus Schmerz und Bewegungseinschränkung unterbrochen. Der perfekte Ratgeber für alle, die sich ganzheitlich vom Rückenschmerz befreien möchten!

In zwei Schritten zum gesunden und schmerzfreien Rücken:
- Teil 1 des Ratgebers liefert Ihnen alles, was Sie über den neuen, ganzheitlichen Therapieansatz wissen müssen.
- Teil 2 des Ratgebers enthält einfache Übungen, die lockern, kräftigen, dehnen, entspannen und den gesamten Organismus stärken.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

mich ereilte ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule ziemlich früh und ziemlich unerwartet, und so erlebte ich am eigenen Körper, wie es ist, eingeschränkt zu sein. Zwei Tage nach meinem 25. Geburtstag fuhr mir auf der Autobahn jemand ins Auto. Zunächst wurde „nur“ ein Schleudertrauma mit Schädelhirntrauma diagnostiziert, und ich war beruhigt, dass nur mein Auto einen Totalschaden erlitten hatte. Doch etwa eine Stunde nach dem Unfall fingen die ersten Symptome an: Sensibilitätsstörungen, also Taubheit in der linken Hand, sowie ein Kribbeln und Schwäche im linken Arm. Als Linkshänderin und mit einem Beruf, in dem ich auf meine Hände angewiesen bin, kam langsam Panik in mir auf.

Nach fünf Tagen im Krankenhaus entließ ich mich selbst, da man dort weiter nichts für mich tun konnte. Nicht nur, dass ich dauerhaft Schmerzen hatte – pulsierend, ziehend, ausstrahlend, mal dumpf, mal spitz, dazu ein ständiges Ameisenkribbeln auf der Haut –, es blieben auch mein Ringfinger und kleiner Finger taub, ich hatte keine Kraft im Arm. Eine Tasse zum Mund zu führen fühlte sich an wie meine 10-kg-Hantel.

Mein Arzt sagte, ich solle mir Ruhe gönnen und versuchen runterzukommen. Meinem Körper, dem Nervensystem die Zeit geben, die er brauchte für die Heilung. Ich versuchte, mich durch Eigenmotivation und Tricks aus der Psychologie zu fangen, und ging in der Frühphase zu einem guten Osteopathen. Zusätzlich meditierte ich und akupunktierte mich selbst. Ich stellte mir einen Yoga-Therapieplan aus Atem-, Meditations- und Körperübungen zusammen, der meinen Möglichkeiten entsprach, und konnte nach vier Wochen langsam wieder mit meinem Beruf anfangen. Es dauerte, bis meine vollständige Kraft wieder da war, aber ich arbeitete mich langsam immer weiter. Es hatte mir sehr geholfen, ein Ziel vor Augen zu haben und einen individuellen Plan dafür aufstellen zu können. Egal, ob es Ihnen darum geht, wieder schmerzfrei ein paar Golfschwünge auf der Range zu machen oder sich nur endlich wieder bücken oder schmerzfrei am Arbeitsplatz sitzen zu können, ein Ziel hilft. Wichtig ist auch: Das Tempo dabei ist nicht entscheidend, denn was für den einen langsam ist, ist dem anderen viel zu schnell. Die Methode, die dem einen Linderung oder Heilung beschert, kann für einen anderen ohne Veränderung und Resultat bleiben. Wir alle sind Individuen, wir alle sind unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt, wir alle haben individuelle Ansprüche und Bedürfnisse. Wichtig ist es, die individuelle Schwachstelle zu erkennen und achtsam darauf einzugehen.

Mein Buch soll Sie motivieren, sich körperlich bewusst zu bewegen und Ihren Körper mit Achtsamkeit wieder zu belasten, trotz Schmerzen und langjährigen Einschränkungen. Sie können sich selbstständig helfen, wieder Schmerzfreiheit und mehr Bewegungsfreiheit zu erreichen und nicht nur den nächsten Arzttermin abzuwarten. Ich möchte Ihnen aufzeigen, wie Sie Ihre Symptome lindern und an den mannigfaltigen Ursachen für Ihre Beschwerden ansetzen können, egal ob akut oder chronisch.

Damit wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Spaß beim Blättern und Erkunden und vor allem beim fleißigen und regelmäßigen Üben, das Ihnen direkte Erfolge und Fortschritte ermöglicht. Aber vor allem wünsche ich Ihnen, dass Sie sich durch dieses Buch wieder mehr Zeit für sich nehmen – Zeit, um wahrzunehmen, was Ihr Körper und Geist brauchen, um wieder optimal leistungsfähig zu sein.

Ihre Sofia Melnik

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RÜCKENSCHMERZEN –
DIE URSACHE
GANZHEITLICH BEHANDELN

Wie komplex die Gründe für einen schmerzhaften Rücken und wie ungeahnt weitreichend sie sein können, möchte ich Ihnen in diesem Kapitel aufzeigen. Dadurch können Sie gezielt die eigenen Schwachstellen erkennen und die einzelnen Bausteine nachhaltig selbst therapieren. Sie erhalten einen ganzheitlichen Überblick über den komplexen Organismus Mensch und die vielen möglichen Quellen für die Rückenschmerzen. Lernen Sie Ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und mit den täglichen Anforderungen und Herausforderungen angemessen umzugehen.

Mein ganzheitlicher Ansatz

Man kennt ihn nur zu gut, egal ob man selbst betroffen ist oder ob es Familienangehörige, Freunde oder Kollegen sind: den Satz „Ich habe Rücken.“ Am Zeitschriftenstand türmen sich Spezialausgaben zum Thema Rückenbeschwerden, Zeitungen widmen diesem Thema regelmäßig Schlagzeilen.

Rückenschmerzen sind das Volksleiden Nummer eins. Mehr als 80 Prozent der Deutschen klagen über Schmerzen in der zentralen Säule des Körpers. In immer mehr Firmen, nicht nur in großen Unternehmen, versucht man durch „Rückenpausen“ im Büroalltag die Krankheits- und Fehltage, die durch ihn verursacht werden, einzudämmen. Dabei werden jährlich über 45 Milliarden Euro für Therapien ausgegeben. Was ist die Ursache? Hat uns die Evolution mit dem aufrechten Gang einen Streich gespielt, hätten wir als Vierfüßler weniger Probleme?

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Es sind bei Weitem noch nicht alle Ursachen von Rückenschmerzen erforscht.

Rückenschmerzen sind sehr komplex, und es sind bei Weitem noch nicht alle Ursachen erforscht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein knöchernes Problem dahintersteckt, ist jedoch eher gering. Aus diesem Grund bleiben viele teure bildgebende Maßnahmen oft ohne Ergebnis: Das Fachmagazin New England Journal of Medicine etwa veröffentlichte vor einiger Zeit eine Studie an 100 Menschen, die noch nie mit Rückenschmerzen zu tun hatten. Das erstaunliche Ergebnis: 75 Prozent hatten gravierende Veränderungen an der Wirbelsäule, aber nach eigener Aussage keinerlei Beschwerden.

Natürlich erfordern Rückenschmerzen auch bildgebende Maßnahmen, um andere Erkrankungen wie etwa einen Tumor ausschließen zu können. Nach wie vor sind jedoch zahlreiche Ärzte leider der Überzeugung, dass jedem Rückenschmerz eine unfallbedingte oder degenerative Veränderung der Wirbelsäule zugrunde liegt. Dabei sind bei 60 bis 80 Prozent der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen weder die Bandscheiben noch der Rücken die wahre Ursache für die Beschwerden. Dennoch wird vielen Betroffenen übereilig zu Operationen geraten: In Deutschland werden pro Jahr rund 400.000 Eingriffe durchgeführt, von denen 80 Prozent überflüssig sind.

Zum Glück passiert ein Bandscheibenvorfall nicht von heute auf morgen, sondern meist kommt man mit einem Weckruf davon. Irgendetwas muss man ändern, aber wie geht man da am besten ran? Wie lässt sich der Schaden eingrenzen, reduzieren, und wie geht man auch auf längere Sicht damit um? Oft bleiben die Betroffenen allein mit ihrer Diagnose, den Schmerzen und Bewegungseinschränkungen und vor allem mit der Angst, es könnte noch schlimmer kommen. Dabei gibt es heute gute Möglichkeiten, Rückenschmerzen in den Griff zu bekommen. Die, mit der ich die besten Erfahrungen gemacht habe, stelle ich Ihnen in diesem Buch vor.

Insgesamt umfasst mein Buch die drei Bereiche, die auch in der Osteopathie betrachtet werden, und ermöglicht Ihnen so Kapitel für Kapitel eine tiefergehende Einsicht und einen ganzheitlichen Lösungsansatz für Rückenschmerzen:

das parietale System: Muskeln, Skelett, Faszien

das viszerale System: Organe bzw. Einblick in den Darm

das craniosacrale System: das vegetative Nervensystem

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Wir betrachten also ausgehend von unserer Wirbelsäule mit ihren Bandscheiben und der umgebenden Muskulatur das gesamte Skelett. Sie erfahren etwas über die Verbindungen zwischen den Extremitäten und der Körpermitte, die die Faszien, unser Bindegewebesystem, bilden. So werden zum Beispiel Fußfehlstellungen und abweichende Beinachsen zum Rücken weitergeleitet und können der wahre Grund für die Rückenschmerzen sein. Auch alte, vergessene Narben und Verklebungen des Bindegewebes in unserem Fasziensystem können ein Auslöser sein.

Dann gehen wir eine Schicht tiefer in den menschlichen Organismus – zu unseren Organen. Myome in der Gebärmutter oder Zysten an den Eierstöcken können manchmal Nervenbahnen quetschen, die Rücken, Becken und Beine versorgen und so zu Schmerzen im Rücken führen, die sich teilweise wie ein Bandscheibenvorfall anfühlen. Nierenerkrankungen könnten ebenfalls dahinterstecken, und auch koronare Herzkrankheiten, die eine Mangeldurchblutung mit sich führen, können zu Schmerzen in der Brustwirbelsäule führen.

Ein weiterer Schwerpunkt in diesem Buch liegt in der näheren Betrachtung des Darmes. Die Folge von Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -allergien sind nicht in jedem Fall Verdauungsbeschwerden, Blähungen, Durchfall oder Übelkeit. Reizung der Nerven, eine Veränderung der Darmflora und damit einhergehende Entzündungen im Darm können zu Verspannungen und vielfältigen Schmerzen im Rücken führen. Hinzu kommt, dass Nahrung einen großen Einfluss auf unsere Stressresistenz bzw. Stresssensibilität hat, und falsche Nahrung kann Stressmechanismen auslösen.

Stress ist bekanntlich die Hauptursache für Rückenschmerzen. Im letzten Kapitel des ersten Teils bekommen Sie einen kleinen Überblick über das vegetative Nervensystem. Es steuert, abhängig vom Stress und unserer psychischen Belastung, viele Prozesse in unserem Körper. Unter anderem ist es zuständig für die Organe und steht damit auch in direkter Beziehung zu unserem Darm. Stress, der nicht abgebaut wird, führt zu einem erhöhten Muskeltonus, wodurch es auch zu Verspannungen im Rücken kommen kann.

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Man kann die Wellen nicht abschaffen, aber man kann lernen, sie zu reiten.

Dadurch, dass wir Schicht für Schicht vordringen und uns einen Einblick verschaffen, können wir auch unsere Individualität verstehen, unsere Schwachstellen und Stärken. Wir lernen, unseren Körper aus ganzheitlicher Sicht zu begreifen und zu akzeptieren, um richtig mit ihm umzugehen und ihn an unsere täglichen Bedürfnisse anzupassen. Es ist wie mit Meereswellen: Mal ist der Wellengang größer, intensiver, stärker, mal ist er flacher und ruhiger. Man kann die Wellen nicht abschaffen, aber man kann lernen, sie zu reiten.

Im zweiten Teil des Buches, im Praxisteil, erfahren Sie, welche Übungen wann für Sie geeignet und am wirkungsvollsten sind. Sie werden sehen, wie gut sich die einzelnen Übungen in Ihren Alltag integrieren lassen. Ziel des Übungsteils ist es, Ihnen eine Sammlung an intensiven, gezielten Übungen an die Hand zu geben, aus denen Sie je nach Situation und Beschwerden für sich das Beste heraussuchen können.

Unsere Wirbelsäule: starkes Rückgrat
und flexibles Körperzentrum zugleich

Unsere Wirbelsäule ist ein komplexes Gebilde, an das wir täglich neue Anforderungen stellen. Sie ist in unserem Alltag Belastungen ausgesetzt – ob wir stehen, sitzen oder liegen, und auch, wenn wir nichts tun. Wir tragen physische Last, aber auch psychischen Ballast auf unseren Schultern. Unser Kreuz kann uns auffangen, wenn wir uns durch negative Emotionen oder depressive Verstimmungen wortwörtlich hängen lassen.

Wir brauchen ein starkes Rückgrat, das uns Halt gibt und auf das wir uns verlassen können. Die Wirbelsäule ermöglicht uns einen aufrechten, selbstbewussten Gang – sie ist ein Meisterstück der Evolution. Auf der anderen Seite muss unsere Körpermitte flexibel sein, wendig und uns ermöglichen, die Welt um uns herum zu erfassen. Die Welt dreht sich um eine Achse – so dreht sich auch unser Leben um die „Achse“ unserer Wirbelsäule. Das Leben geht immer weiter, und so müssen auch wir weiter gehen in unserem Leben bzw. uns bewegen. Unser Alltag ist individuell und vielseitig, wir strecken, drehen, bücken uns und können gehen, laufen, sprinten, hüpfen, springen, tanzen, schwimmen oder klettern.

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Durch Bewegung geben wir unserem Organismus bewusst zurück, was er täglich für uns leistet und auch weiterhin leisten soll.

Das ist auch gut so, denn Bewegung ist Leben, und Leben ist Bewegung. Und so sehr uns die verschiedenen Bewegungen auch anstrengen und unsere Wirbelsäule belasten, gibt es nichts Schlechteres für unseren Organismus, als vollkommen bewegungslos zu sein. Unser Körper wie auch der Geist wollen gefordert und gefördert werden, und das täglich. Wir brauchen gezielte Bewegungen, die auf unsere Bedürfnisse eingehen, so dass wir damit unserem Körper und unserem Geist etwas Gutes tun. Durch Bewegung geben wir unserem Organismus bewusst zurück, was er täglich für uns leistet und auch weiterhin leisten soll.

Der Gebrauch bestimmt die Form

Vor etwa sieben Millionen Jahren kletterte der erste Affe vom Baum und begab sich auf die lange Reise hin zu einem aufrechten Gang auf zwei Beinen. Es dauerte einige Millionen Jahre, bis die Evolution unseren Gang optimal verfeinert und unsere Gelenke an die neue Belastung angepasst hatte. Warum haben wir uns überhaupt diese Mühe gemacht und uns aufgerichtet? Wenn wir an unseren Alltag denken, fallen uns viele Vorteile ein, dementsprechend gibt es auch zahlreiche Theorien: Von der „Hände-frei-Theorie“ über die „Man-verbraucht-weniger-Energie-Theorie“ bis hin zur „Hohe-Früchte-Theorie“.

Viel interessanter ist jedoch, dass diese Aufrichtung die Basis für unsere geistige Weiterentwicklung war. Unser aufrechter Gang, bei dem sich die Wirbelsäule und mit ihr der Brustkorb aufrichten, veränderte unseren Mund-Rachen-Raum, so dass wir differenziertere Klangbilder produzieren konnten. Das war die Basis für unsere sprachliche Entwicklung. Hinzu kam, dass die Vorderpfoten bzw. unsere Hände beim Fortbewegungsprozess häufiger frei waren und somit Zeit hatten, sich auf feinmotorische Greif- und Tastaufgaben zu spezialisieren. Wir lernten, Werkzeuge zu bauen, die unseren Alltag und die Nahrungssuche erleichterten, die Nahrungsauswahl erweiterten und damit unser Überleben sicherten. Wissenschaftler fanden heraus, dass genau diese Feinmotorik einer Hand unser Gehirn wachsen lässt, neue Verbindungen zwischen unseren Gehirnzellen schafft und neue bildet. Denn die vielen Eindrücke, die eine erspürende und fein tastende, greifende Hand wahrnimmt, lassen uns in dem komplexen Zusammenspiel mit unseren anderen Sinnesfähigkeiten unsere Welt erst begreifen und machen den Alltag greifbar.

Im Laufe der Evolution passte sich mit dem aufrechten Gang auch unser Gehirn den neuen Anforderungen an, und die Koordination der Sinne und der Motorik wurden verfeinert. Heute können wir mit unseren Händen allerlei Wunder vollbringen, die wir als selbstverständlich ansehen – sei es, dass wir eine Kaffeetasse zum Mund führen, uns die Zähne putzen oder komplexe Stücke auf Musikinstrumenten fehlerfrei spielen.

Doch unser Alltag zwingt uns in eine Monotonie, ganz gleich, in welchem Beruf wir uns bewegen: Ob am Schreibtisch, am Fließband, an der Kasse oder am Klavier. Wir verharren über längere Zeit in der gleichen Haltung, unser Körper verfällt in eine monotone Ansteuerung der Muskulatur. Es kommt zu Fehlbelastungen und Überbelastungen von Muskelgruppen, und andere wiederum werden unterfordert, dies führt zu muskulären Dysbalancen, einem Muskelungleichgewicht.

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Unsere Körperhaltung folgt immer den Anforderungen, die wir an sie stellen, und passt sich an. Für alle Gelenke gilt: „Der Gebrauch bestimmt die Form.“ Wenn wir also acht Stunden am Tag auf den Computer starren, unsere Augen müde werden und die Konzentration nachlässt, sacken wir Stunde für Stunde mehr nach vorn und näher an den Bildschirm, direkt hinein in eine gekrümmte Haltung, in der unser Brustkorb einfällt, unsere Rückenmuskeln überlastet werden und die Atmung flacher wird. Ein Teufelskreis beginnt, denn bei einer flachen Atmung wird die Körpermuskulatur und vor allem unser Gehirn weniger mit Sauerstoff versorgt. Die Muskeln verspannen sich, unsere Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und vor allem die Wachheit reduzieren sich. Und das jeden Tag. Der sprichwörtliche stete Tropfen höhlt den Stein, und der Gebrauch verfestigt immer weiter eine bestimmte Form – bis unser Körper diese Belastung und Fehlhaltung nicht mehr kompensieren, der Überbelastung nicht mehr standhalten und ihr auch über Schonhaltungen nicht ausweichen kann.

Unser Körper, Muskel- und Skelettsystem, der Bandapparat und auch das Bindegewebe, Fasziensystem genannt, kommen an ihre Grenzen, was Spannkraft und Spannfähigkeit angeht. Die Balance zwischen unseren Anforderung und der möglichen Belastbarkeit gerät endgültig aus dem Gleichgewicht. Es kommt zu einer sogenannten Dekompensation, es treten Schmerzen offen zutage. Das ist ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt, dass unser Körper so nicht mehr weiter unseren täglichen Anforderungen an ihn gerecht werden kann. Dann ist es Zeit zu reagieren bzw. zu agieren und etwas zu ändern.

Mit einigen gezielten Entlastungs- und Ausgleichsübungen ließe sich diese Dysbalance wieder ins Gleichgewicht bringen. Doch nach dem stressigen Berufsalltag folgt häufig gleich die Freizeitbelastung: Beim Tennis, beim falschen Heben, beim Tragen von Einkaufstüten oder Wäscheaufhängen, beim intensiven „Pumpen“ im Fitnessstudio. Auch ich merke, wie mein Rücken nach Ausgleichsbewegung schreit, wenn ich nach einem langen Tag noch am Schreibtisch sitzen muss. Da ich in meinem Beruf hauptsächlich stehend arbeite und ständig in Bewegung bin, ist es für meinen Körper eine Herausforderung, ruhig am PC zu sitzen. Meine innere Stimme fordert mich auf, mich immer wieder kurz zu bewegen, die Sitzposition zu ändern, mich zu drehen, zu strecken, um meine Muskulatur, aber auch meine Augen zu entlasten und mich wieder optimal konzentrieren und fokussieren zu können. Wenn man dieser Stimme folgt, kommt es erst gar nicht zu Beschwerden, die den Teufelskreis aus Bewegungseinschränkung und Schmerz einläuten.

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Unser Körper ist eigentlich leistungsfähig und kann einiges vertragen und ausgleichen.

Unser Körper ist eigentlich leistungsfähig und kann einiges vertragen und ausgleichen. Doch so, wie der stete Tropfen den Stein höhlt, so bringt auch irgendwann der letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen. Es gilt also, frühzeitig das Fass zu leeren. Prävention ist das eine Schlagwort, Schadensbegrenzung das andere. Wir verfügen über folgende Ansatzpunkte, um die Dysbalancen in den verschiedenen Ebenen und Schichten in unserem Körper zu ergründen:

körperliche Belastungen und unsere Haltung

die Ernährung

Stress und emotionale Belastung

das vegetative Nervensystem

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Egal ob Sie sich in der Akutphase befinden, wenn Rückenprobleme offen zutage treten und ungewohnte, noch nie aufgetretene Schmerzen Sie im Alltag begleiten, oder ob Sie seit Jahren unter chronischen Rückenschmerzen, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen leiden – es sind genau diese vier Punkte, deren gezielte und individuelle Behandlung Linderung verschaffen und uns Lebensenergie und Beweglichkeit zurückgeben können. Vielleicht hat Sie das erste Mal der „Hexenschuss“ getroffen, der erste Warnruf Ihres Körpers, vielleicht haben Sie diesen ignoriert und stehen nun vor der Diagnose Bandscheibenvorfall, vielleicht sind Sie auch das allererste Mal außer Gefecht gesetzt und wissen nicht, wie Sie Ihren Körper wieder „flottbekommen“ sollen – kommen Sie mit auf die Reise, Schicht für Schicht tiefer in Ihren Körper und seine Systeme. Erfahren Sie, was Ihr Körper Ihnen mit den Beschwerden wirklich mitteilen will und wo Sie ansetzen können. Mit jedem Kapitel lernen Sie, wie man Stück für Stück alle Facetten von Körper und Geist wieder ins Lot bringt. Somit lernen Sie wieder im Gleichgewicht zu sein, im Einklang mit Ihren äußeren Anforderungen und Ihrer Belastbarkeit. So werden auch die Schmerzen gelindert bzw. das Schmerzgedächtnis ausgelöscht und der Körper geschult, seine Selbstheilungskräfte mehr zu nutzen, um wieder ganzheitlich optimal leistungsfähig zu sein.

Der Aufbau unserer Wirbelsäule

Um richtig auf die Hilferufe Ihres Körpers reagieren zu können, ist es zunächst sinnvoll, sich den Aufbau dieses komplexen Systems klarzumachen. Wenn Sie sich die Abbildung anschauen, erkennen Sie, wie vielseitig unsere Haltung sein kann. Wie wir unsere Wirbelsäule gebrauchen, spiegelt sich in unserer Haltung wider. Auch wird deutlich, wie flexibel unser Rückgrat ist und wie vielseitig und wendig in alle drei Dimensionen es sein muss, um auf äußere Einflüsse reagieren zu können und sich anzupassen. Die Wirbelsäule weist im Idealfall und von der Seite betrachtet eine doppelte s-förmige Krümmung auf. So hat sie die optimale Form, um jeden Schritt, jede Erschütterung abfedern zu können. Wäre sie nur gerade, würde das Wertvollste an unserem Körper, unser Gehirn, einer ständigen Erschütterung ausgesetzt sein. So kann sie wie eine Schwingfeder eine zehnmal höhere Belastung aushalten.

Vielleicht erkennen Sie sich selbst in einer der Haltungen!

Allerdings ist die bloße knöcherne Wirbelsäule ohne Muskulatur, die sich an sie anpasst, wenig wert. Bereits unter einer Belastung von zwei Kilogramm würde sie zusammenbrechen. Damit diese Achse also stabil und beweglich zugleich ist, hat uns die Evolution ein perfektes Getriebesystem verpasst, das alles im Lot hält: Die Bandscheiben befinden sich zwischen den 24 frei gelagerten Wirbeln, dazu Wirbelgelenke, Bänder, Sehnen und über 300 Muskeln.

Insgesamt bilden 33 Wirbel das zentrale Element unserer Wirbelsäule. Sie sind die verbindende Einheit mit den restlichen Knochen der Extremitäten. Die Wirbelsäule trägt unseren Kopf mit dem wertvollen Gehirn und macht uns flexibel – nach vorne, nach hinten, zur Seite.

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Die Wirbelsäule hat die optimale Form, um jeden Schritt und jede Erschütterung abfedern zu können.

Jeder ihrer Abschnitte, Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, hat seinen bestimmten Bewegungsradius und eine vorgesehene Richtung und Biomechanik. Dadurch werden auch kombinierte Bewegungen wie Seitneigung, die sich jeweils zusammensetzen aus Vor- und Rückneigung plus Rotation der Wirbelgelenke, möglich. Dazu kommen auch komplexe Bewegungen in allen drei Dimensionsebenen, zum Beispiel bei Rückneigung plus Seitneigung und Rotation in die gleiche Richtung, etwa wenn man auf den Rücksitz des Autos greift. Oder maximale Rückneigung, Seitneigung links und maximale Rotation zur Gegenseite – dies ist eines der Bewegungsmuster beim Golfschwung in der Vorschwungphase. Eine solch komplexe und „extreme“ Bewegung kann sich nach dem 18. Loch, sobald man zur Ruhe kommt, im Kreuz deutlich bemerkbar machen.

Es sind genau diese komplexen Bewegungen, die eine optimal funktionierende Einheit zwischen den einzelnen Wirbeln, Segment für Segment, und ein Zusammenspiel zwischen Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule voraussetzen. Wie bei einem Schweizer Uhrwerk muss jedes Zahnrad perfekt arbeiten und seine vorgesehene Funktion erfüllen können. Ansonsten kommt es zu Überlastung oder Abnutzung und irgendwann zur Dekompensation. Darunter versteht man, dass der Körper die Funktionsstörung nicht mehr ausreichend ausgleichen (kompensieren) kann und ein Krankheitsbild entsteht. Wenn Sie sich nochmals das Bild der verschiedenen Haltungstypen ansehen und sich nach dem Zahnradprinzip die komplexen Bewegungsanforderungen vorstellen, können Sie sich auch ohne ein Studium der Biomechanik vorstellen, dass nicht jeder Haltungstyp solchen Belastungen lange standhalten kann.

Die Halswirbelsäule

Schauen Sie am besten einmal auf die Abbildung der Wirbelsäule: Oben befindet sich die Halswirbelsäule (HWS). Sieben Halswirbel (C1–C7) tragen unseren Schädel, unseren schweren Kopf. Die HWS ermöglicht unserem Kopf durch ihren speziellen Aufbau eine große Beweglichkeit, sie lässt uns Ja und Nein sagen, uns umblicken und ermöglicht überhaupt einen ziemlich großen Spielraum. Man denke nur an den Schulterblick beim Einparken, aber auch an komplexe kombinierte Bewegungen wie beim Anvisieren des Tennisballs beim Aufschlag. Ähnlich der Lendenwirbelsäule bildet der Verlauf der Halswirbelsäule einen sanften Bogen, die sogenannte Halslordose.

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Die Halswirbelsäule ermöglicht dem Kopf durch ihren speziellen Aufbau eine große Beweglichkeit.

Der 1. Halswirbel, Atlas genannt (der als Sagengestalt der griechischen Mythologie die Welt auf seinen Schultern trägt), hat keinen Wirbelkörper und hält unseren Schädel allein mit seinem feinen knöchernen Ring. Die Verbindung vom 1. Halswirbel zur Schädelbasis bildet damit das obere Kopfgelenk. Zusammen mit dem 2. Halswirbel, dem Axis, bildet der Atlas das untere Kopfgelenk. Die weiteren Halswirbel C3–C7 haben die übliche Wirbelkörperform, wobei das Halswirbelsäulensegment C2/C3 einen großen Anteil der Seitwärtsbewegung übernimmt.

Der Aufbau unserer Wirbelsäule gleicht einem S.

Der 7. Halswirbel steht deutlich vor, sein Dornfortsatz ist deswegen im Vergleich zu den anderen sechs Halswirbeln gut tastbar, und man kann sich anatomisch an ihm orientieren. Der Bereich am unteren Ende der Nackenfurche, wo die Halskette aufliegt oder der Rand des Oberteils endet, ist häufig sehr empfindlich, denn er ist im Alltag durch die vorgeneigte Haltung und den vorgeschobenen Kopf belastet. Langjährige Überlastungen in diesem Bereich des Übergangs von der Halswirbelsäule in die Brustwirbelsäule machen sich auch durch Ablagerungen in Form eines „Witwenbuckels“ bemerkbar.

Die Bewegungen der Halswirbelsäule reichen bis zum Th3, also bis zum 3. Brustwirbel. Deswegen können Blockaden in dieser Region die Beweglichkeit der Halswirbelsäule einschränken bzw. Bewegungseinschränkungen in der HWS zu Schmerzen und Blockierungen auch in der oberen Brustwirbelsäule führen.

Aus dem Rückenmark im Bereich der Halswirbelsäule entspringen auf jeder Seite acht Nervenstränge. Die oberen vier bilden das Halsgeflecht, das den Hals, die Halsmuskulatur, aber auch unser Zwerchfell mit Nerven versorgt. Wenn zum Beispiel eine Verletzung des Rückenmarks auf Höhe des vierten Wirbelkörpers (oder höher) vorliegt, ist ein eigenständiges Atmen nicht mehr möglich, weil unser Zwerchfellmuskel nicht mehr angesteuert werden kann. Umgekehrt lassen sich Verspannungen in der Halswirbelsäule lindern und die Beweglichkeit im Segment C1–C4 erweitern bzw. Blockaden leichter lösen, wenn man vorher das Zwerchfell behandelt bzw. Atemübungen macht.

Die unteren vier Spinalnerven (C5–C8) bilden zusammen mit den Nerven des ersten Brustwirbels (Th1) das Armgeflecht. Dieser sogenannte Plexus brachialis innerviert die Brust-Arm-Muskulatur sowie die dazugehörigen Hautpartien. So erklärt es sich, dass zum Beispiel Blockaden in der Halswirbelsäule zum „Tennisellbogen“ oder „Golferarm“ führen können. Man sollte folglich bei chronischen Schmerzen im Ellbogen nicht nur die Sehne des Muskels betrachten, sondern auch auf die Halswirbelsäule schauen.

Wenn (meist bei Frauen) ein Aufquellen um den 7. Halswirbel erkennbar ist und sich ein teilweise brennender Spannungsschmerz wie eine schwere Kette um den Hals legt, könnte es sich, zusammen mit weiteren spezifischen Symptomen, um ein Schilddrüsenproblem handeln. Dies muss durch eine Ultraschalluntersuchung und eine Analyse der Schilddrüsenhormone abgeklärt werden.

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Es ist wichtig, im funktionellen Zusammenhang mit der HWS nicht nur die Brustwirbelsäule zu berücksichtigen, sondern auch den oberen Abschnitt: unseren Schädel bzw. den Kiefer. Kiefergelenksprobleme, ungleicher oder verstärkter Aufbiss, Zahnspangen, Weisheitszähne oder nächtliches Knirschen führen oft zu Verspannungen im Nacken, aber auch Fehlstellungen in den Kopfgelenken. Umgekehrt verstärken Fehlstellungen in den Kopfgelenken die Kieferprobleme oder lösen sogar Tinnitus aus. Ausdrücke wie „der ist hartnäckig“ oder „verbissen“, „die Angst sitzt ihm im Nacken“, „eine große Last auf den Schultern tragen“ erinnern uns daran, wie die innere Haltung auch die äußere beeinflusst. In der Psychosomatik steht die Halswirbelsäule auch für Kommunikation, Selbstausdruck und wie weit man sich dem Leben, den Geschehnissen öffnen und diese zulassen will.

Die Brustwirbelsäule

Unsere Brustwirbelsäule (BWS) besteht aus zwölf gegeneinander beweglichen Brustwirbelkörpern, den dazugehörigen Quer- und Dornfortsätzen und den Gelenkfortsätzen. Die Wirbelkörper der BWS sind massiver als die der HWS. Der knöcherne Brustkorb (Thorax) besteht aus den zwölf kräftigen BWK, den dazugehörigen Rippenpaaren und dem Brustbein.

Neben der Funktion als statisches Organ und als Bewegungsorgan hat der Brustkorb eine Schutzfunktion für die darin enthaltenen Organe Herz und Lunge. Die Brustwirbelsäule dient auch als Schutz- und Leitungsorgan für das Rückenmark, das durch den Brustwirbelkanal verläuft, und aus jedem Brustwirbel treten seitlich wieder Nerven aus. Auch ein Teil unseres vegetativen Nervensystems, das unsere Organe innerviert, ist in der Brustwirbelsäule eingelagert.

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Der Bewegungsumfang der Brustwirbelsäule ist jedoch gering, da die Befestigung der Rippen und die dachziegelartige Anordnung der Dornfortsätze keinen großen Bewegungsspielraum zulassen. Die bedeutsamste Funktion der Brustwirbelsäule besteht in der Drehung des Rumpfes. Drehbewegungen des Rumpfes werden hauptsächlich in der unteren Brustwirbelsäule ausgeführt.

Jede Rippe ist über ein kleines Gelenk mit dem Querfortsatz eines Brustwirbels verbunden. Die Rippen 1–7 setzen direkt vorne am Brustbein an. Die unteren Rippen 8–10 sind vorne über einen knorpeligen Rippenbogen miteinander verbunden. Die 11. und 12. Rippe sind kürzer und enden frei in der Bauchwand. Zwischen den Rippen befindet sich die schräg verlaufende Zwischenrippenmuskulatur. Diese Muskeln, die wie ein Fächer aufliegen, initiieren die Rippenhebung und -senkung bei der Ein- und Ausatmung.

Mit am häufigsten werden die BWS-Schmerzen durch Blockierungen im Bereich der Brustwirbelsäule verursacht. Beim Costotransversalgelenk-Syndrom etwa treten unbestimmte, bei forcierter und vertiefter Atmung sich verstärkende, im Rippenverlauf ziehende Schmerzen auf und plötzliche schmerzhafte Atemsperren mit dem Gefühl, nicht mehr durchatmen zu können. Aber auch beim schweren Heben in stark vorgebeugter Haltung und bei Belastung in bestimmten Körperdrehbewegungen kann sich eine Rippe blockieren. Auch nach Infekten, Bronchitis, Pneumonie mit langer Leidenszeit und intensivem Husten können Rippenblockaden mit Atemnot auftreten.

Lediglich zwei Prozent aller bandscheibenbedingten Erkrankungen betreffen die Brustwirbelsäule. Aber durch Abnutzung hervorgerufene Veränderungen an der Wirbelsäule mit anschließenden reaktiven Knochenanbauten können ebenfalls zu starken Schmerzen führen. Betroffen kann die Brustwirbelsäule auch durch angeborene und erworbene Missbildungen (Skoliose, Morbus Scheuermann), systemische Entzündungen (Rheuma) oder erregerbedingte Entzündungen sein. So kam ein Patient mit ziehenden Schmerzen im Nervenverlauf zu mir, und es stellte sich heraus, dass die Diagnose nicht vorrangig orthopädisch war. Es war ein Virus, Herpes Zoster, auch bekannt als Gürtelrose, der die nagenden Schmerzen hervorrief.

In meinem beruflichen Alltag sind aber andere Ursachen häufiger an der Tagesordnung. Neben den Blockaden als Ursache für Schmerzen in der Brustwirbelsäule, die besonders bei Sportlern, aber auch durch Fehlhaltungen im Alltag beim Heben, Tragen, Sitzen und einfach nur Liegen entstehen, kommen zu mir auch Patienten, bei denen die Ursache organische Gründe hat. Etwa Magenschleimhautentzündung, Leberzirrhose, Magengeschwüre, Nierensteine, eine verschleppte Bronchitis oder eine Herzmuskelentzündung können hier Rückenschmerzen verursachen. Ich hatte eine Patientin mittleren Alters, die so starke Beschwerden hatte, dass sie schon seit vier Wochen krankgeschrieben war. Der Schmerz war weder bewegungs- noch atemabhängig, also konnten eine Osteoporose und ein direkter Schaden an der Brustwirbelsäule ausgeschlossen werden. Nach weiteren Tests vermutete ich einen Leberschaden bzw. Gallensteine, und ein Internist bestätigte meinen Verdacht. Nach Anpassung des Ernährungsverhaltens, Osteopathie, Akupunktur und TCM konnte die Patientin innerhalb weniger Wochen in ihren Beruf zurückkehren.

Die Lendenwirbelsäule

Die fünf Lendenwirbel sind groß und breit, denn auf ihnen lastet viel Körpergewicht: Sie tragen die Last der oberen Wirbelsäulenabschnitte, die Gesamtlast unseres Oberkörpers. Die LWS bildet in ihrer Form eine Lordose, ähnlich wie bei der Halswirbelsäule. Infolge des aufrechten Ganges von Homo sapiens entstand ein Knick zwischen LWS und Kreuzbein. Die untere Lendenwirbelsäule und besonders der Übergang zum Kreuzbein (lumbosakraler Übergang) ist ein Schwachpunkt der Wirbelsäulenstatik, da der 5. Lendenwirbel bei einer Veränderung des Lumbosakralwinkels eine Tendenz zeigt, nach vorne zu gleiten.

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Im Lauf der Zeit nimmt die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule ab, deswegen muss man diesen Abschnitt gezielt fordern.

Durch die Aufrichtung haben wir mehr Bewegungsspielraum, mehr Bewegungsmöglichkeiten. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass die Wirbelsäule im Alltag hohe Belastungen abfedern und einseitige, lang andauernde Positionen aushalten können muss. Aus diesem Grund ist die Lendenwirbelsäule auch eine Schwachstelle, was Bandscheibenleiden anbelangt, denn sie kompensiert die Gesamtlast des Oberkörpers und Fehlhaltungen und -bewegungen der oberen Abschnitte. Im Laufe des Alterungsprozesses nimmt ihre Beweglichkeit ab, deswegen ist es wichtig, diesen Abschnitt gezielt zu fordern und in Balance zu halten, so dass jedes Segment, jedes Rädchen seine Funktion optimal erfüllen kann.

Die bekannteste degenerative Wirbelsäulenerkrankung ist der Bandscheibenvorfall. Der Schmerz kann bis ins Gesäß und ins Bein ausstrahlen und verläuft teilweise bis hinunter zur Ferse, je nach dem Abschnitt, der betroffen ist. Dann fällt es oft schwer, die Treppe hochzusteigen, da die Muskulatur abgeschwächt ist oder keine Kraft hat. Bei Fortschreiten des Wirbelsäulenverschleißes entstehen weitere Veränderungen und Krankheitsbilder an den Bandscheiben, den Wirbelgelenken, dem Wirbelkanal und dem Wirbelkörper, die oftmals nur noch durch eine Versteifungsoperation (Spondylodese genannt) der Wirbelsäule zu behandeln sind.

Doch zuvor erlebt man im Laufe seines Lebens einen Warnruf – den Hexenschuss, vom Arzt Lumbago genannt. Dieser wird durch eine plötzliche Nervenwurzelreizung oder eine Wirbelgelenkblockierung ausgelöst und verursacht starke Schmerzen. Treten Rückenschmerzen in Kombination mit ausstrahlenden Schmerzen in die Beine auf, bezeichnet man dies als Lumboischialgie. Schmerzen, die ausschließlich in den Beinen wahrgenommen werden, aber ihre Ursache in der Wirbelsäule haben, werden als Ischialgie bezeichnet.

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Ursachen für Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich gibt es viele.

Ursachen für Rückenschmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich gibt es also viele. Auch kann es dort manchmal zu Entzündungen kommen, die ihre Ursache in Entzündungen des naheliegenden Gebietes und Gewebes haben, etwa des Darmes.

Das Kreuzbein

Die Evolution hat die fünf Wirbel des Kreuzbeins (Sacrum) miteinander verschmelzen lassen. Es ist einerseits Bestandteil der Wirbelsäule und bildet den anfälligen Übergang L5/S1, wo die meisten Bandscheibenvorfälle auftreten, andererseits auch Teil des knöchernen Beckens. Über das Kreuz-Darmbein-Gelenk (Iliosakralgelenk oder ISG) sind Becken und Wirbelsäule miteinander verbunden. Das bedeutet, dass alles, was in den unteren Extremitäten passiert, zum Beispiel beim Gehen, über das ISG zur Wirbelsäule weitergeleitet wird und so die Bewegungen kompensiert werden. Deswegen sind sogenannte ISG-Blockaden sehr häufig. Ob durch Beinlängendifferenz, eine Dysbalance der Beinachsen, einseitige Sportarten oder einseitiges Stehen – das ISG reagiert.

Es reagiert aber auch auf Entzündungen der Organe des kleinen Beckens. So können andauernde ISG-Beschwerden und Kreuzschmerzen auch Anzeichen für Myome in der Gebärmutter sein, eine Pilzerkrankung im Darm oder der Vaginalschleimhaut, wiederkehrende Blasenentzündungen, aber auch Prostataprobleme.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842686717
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Februar)
Schlagworte
Fitness Gesundheits-Ratgeber Nacken-Schmerzen Natürlich behandeln Rücken-Schule

Autor

  • Sofia Melnik (Autor:in)

Sofia Melnik ist Sportphysiotherapeutin, Gesundheitscoach und Personal Trainerin. Als Yogameisterin ist sie bestens mit speziellen Übungen, die auf Körper, Geist, Seele und Organe einwirken, vertraut. Durch ihre Kenntnisse der Chiropraktik, Sportmedizin aber auch der TCM und des Ayurveda ist es ihr möglich, klassische Schulmedizin mit traditioneller Naturheilmedizin zu verbinden. Sofia Melnik hat sich darauf spezialisiert, Rückenschmerzen aus ganzheitlicher Sicht zu betrachten und individuelle Therapien zu finden, die auch Ernährung mit einschließen.
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Titel: Natürlich schmerzfreier Rücken