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Mein Weg zum Wohlfühlgewicht

Die Lust am leichteren Leben

von Dipl. oec. troph. Peter Faulstich (Autor:in)
384 Seiten

Zusammenfassung

Jeder wünscht sich einfach normal zu essen, ohne Selbstkasteiung und Schuldgefühle. Mit seinem ganzheitlichen Lebens- und Ernährungskonzept hilft Peter Faulstich diesen Wunsch umzusetzen. Er zeigt, wie jeder sein persönliches Wohlfühlgewicht erreichen kann. Das liegt genau da, wo man sich selbst körperlich und seelisch wohl fühlt und mag. Die von Faulstich entwickelte stoffwechselaktive Vollwertkost bietet neue Geschmackserlebnisse. Das Essen macht wieder Spaß, und die Lebensfreude kehrt zurück.

- 2. Auflage, jetzt mit Extra-Kapitel Diabetes mellitus
- Ganzheitliches Lebens- und Ernährungskonzept
- Schluss mit schlechtem Gewissen und Jojo-Effekt
- Über 200 leckere Vollwert-Rezepte

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine „gute Figur“ gehört heute mehr denn je zu den Anforderungen unserer Gesellschaft. Viele, die es nicht schaffen, diesem Ideal zu entsprechen, sind mit ihrer Figur unzufrieden und leiden an der Abweichung vom sogenannten „Idealgewicht“. Viele Übergewichtige fühlen sich sogar als Menschen zweiter Klasse, da ihnen mangelnde Willensstärke unterstellt wird und sie somit für ihren Erfolg im Berufsleben häufig viel mehr Einsatz beweisen müssen als ihre schlanken Kollegen.


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Peter Faulstich

Auch wenn die Figur stimmt, leben viele Schlanke, ebenso wie Übergewichtige, von einer Diät zur nächsten und führen einen ständigen Kampf gegen den Heißhunger. Allen gemeinsam ist der Wunsch nach einem „normalen Essverhalten“ – ohne Selbstkasteiung und Schuldgefühle. Sie alle möchten ihr Essen einfach nur genießen.

Mit meinem Buch möchte ich Sie dazu ermuntern, diesen Wunsch auch wirklich umzusetzen und ein neues Verständnis für den eigenen Körper zu entwickeln. Es handelt sich um ein Lebens- und Ernährungskonzept, das Sie darin unterstützt, Körper, Geist und Seele in eine harmonische Einheit zu bringen.

Im Vordergrund steht die Motivation zu einer gesunden und aktiven Ernährungs- und Lebensweise im Zusammenhang mit einem gezielten Mental- und Bewegungstraining und einer professionell angeleiteten Heilfastentherapie. Diese trägt ganz wesentlich dazu bei, die eingefahrenen Muster zu unterbrechen und das Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil zu schärfen. Auf diese Weise wird es Ihnen gelingen, Barrieren auf dem Weg zum Wohlfühlgewicht Schritt für Schritt aus dem Weg zu räumen. Ich spreche hier ganz bewusst vom Wohlfühlgewicht. Ein Gewicht, das fern jedes Modediktats genau dort liegt, wo Sie sich persönlich körperlich und seelisch wohl fühlen. Es ist keineswegs immer das Gewicht, das Partner, Kollegen, Freunde, Chefs oder Tabellen für ideal halten.

Mir liegt am Herzen, dass Sie das von Ihnen gewünschte Wohlfühlgewicht erreichen und auch langfristig halten. Dies erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit, den individuellen Problemen und Gefühlen sowie dem Essverhalten. Nur so können Sie die Ursachen für Ihre Gewichtsprobleme erkennen und verändern. Es lohnt sich bei der Qualität der Lebensmittel genauer hinzuschauen, wenn Sie sich in Ihrem Körper wohl und leistungsfähig fühlen wollen. In den einzelnen Kapiteln werden Sie genau erfahren, worauf es ankommt. Darüber hinaus biete ich Ihnen im Rahmen eines vierwöchigen Ernährungsplans eine genaue Anleitung und vielfältige Tipps, die Ihnen die Umsetzung meiner Empfehlungen auch im Berufsleben mit einem akzeptablen Zeitaufwand ermöglichen. Ein gesunder Lebensstil ist kein Zeiträuber. Im Gegenteil, er verhilft Ihnen bei der Umsetzung Ihrer Ziele zu mehr Effektivität.

Ich möchte Ihnen bewusst machen, dass es zum erfolgreichen Abnehmen notwendig ist, realistische Ziele zu formulieren, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse ernst zu nehmen und ein positives Lebensgefühl zu entwickeln. Viele Menschen essen zur Beruhigung oder Ablenkung oder benutzen Essen als Stimmungsaufheller. Essen ist ein sehr beliebter Ersatz für emotionale Bedürfnisse, befriedigt werden sie dadurch allerdings noch lange nicht. Oder geht es Ihnen tatsächlich besser, wenn Sie nach einem stressigen Arbeitstag oder einer Auseinandersetzung mit dem Chef im Eiltempo eine Tafel Schokolade verschlingen? Werden derartige Verhaltensweisen zur Regel, entstehen vielmehr körperliche Beschwerden und Gewichtsprobleme, die den seelischen Hunger durch die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper verstärken. Der damit verbundene Leidensdruck führt viele Betroffene in einen aus Diäten, Verzicht, Kalorienzählen, ständigem Wiegen und Jojo-Effekten bestehenden Teufelskreis. Aber auch die ganze Palette an Pulvernahrungen, Schlankmachern, Diuretika (wasserausscheidenden Mitteln), Appetitzüglern und Abführmitteln wird dem Problem Übergewicht in keiner Weise gerecht. Vieles von dem, was zum schnellen Abnehmen angeboten wird, ist gesundheitlich sogar bedenklich oder gefährlich. Beim Fett absaugen handelt es sich z. B. nicht, wie häufig in Frauenzeitschriften dargestellt, um eine kleine Routinebehandlung beim Schönheitschirurgen, sondern um einen massiven Eingriff, der sehr viel fachliche Kompetenz erfordert. So kommt es immer wieder zu inneren Blutungen, Gefäßverschlüssen, verletzten inneren Organen und lebensgefährlichen Infektionen. Diese Problematik fasst der Plastische Chirurg Dr. Hans Ulrich Steinau wie folgt zusammen: „Wenn man die Schadensfälle sieht, fasst man sich an den Kopf, was da läuft.“ Die immer größer werdende Nachfrage nach „Schönheitsoperationen“ bis hin zu Magenverkleinerungen zeigt aber auch, unter welch starkem emotionalen Druck Übergewichtige stehen.


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Tatsache ist, dass es für die meisten Menschen extrem schwierig ist, ihre Ernährungsund Lebensgewohnheiten zu verändern. Aber warum eigentlich? Was hält uns davon ab, uns täglich eine halbe Stunde zu bewegen, ein gesundes Essen zu kochen und neben den beruflichen Anforderungen auch unsere persönlichen Bedürfnisse im Auge zu behalten? Sie sind der Kapitän und bestimmen, wohin Sie in Ihrem Leben steuern! Schaffen Sie sich die Freiräume, die Sie für Ihren Erfolg brauchen. Langfristig erfolgreich abzunehmen ist kein Spaziergang, sondern ein Zehnkampf. Sie müssen sich in verschiedenen Disziplinen fit machen und diese mit Begeisterung ausüben. Zum Erfolg gehört Geduld, Ausdauer, mentale Stärke und regelmäßiges Training – also die Bereitschaft, für den Erfolg aktiv etwas zu tun. Mit der Tüte Chips vor dem Fernsehen stellt sich kein Erfolg ein! Im Sport ist es nicht anders als bei der Umsetzung persönlicher Ziele. Gehen Sie erst gar nicht davon aus, dass es eine schnelle Lösung oder ein Patentrezept für die schlanke Linie gibt! Die Ursachen sind vielfältig und außerdem in ihrem Stellenwert bei jedem unterschiedlich bedeutsam. Die überflüssigen Pfunde schmelzen nicht einfach so dahin, wie es von der Werbung propagiert wird.

Eine gute Figur, gesundes Aussehen sowie körperliche und geistige Fitness sind nur mit einer bewussten Ernährung zu erreichen. Mit diesem Ziel habe ich speziell für Übergewichtige eine „stoffwechselaktive Vollwertkost“ entwickelt. Wenn Sie die vorgestellten Rezepte als Bereicherung erfahren und diese Ihnen zu mehr Lebensenergie verhelfen, dann bedeuten die Veränderungen keinen Verzicht. Sie werden sogar erleben, dass Sie Ihren Genuss steigern. Werden Sie zum Gourmet! Dazu bedarf es keiner großen Mengen, aber Qualität. Verbinden Sie mit dem Essen die Vorstellung, dass es ein Teil von Ihnen wird. Frisch zubereitete Gerichte bieten weit mehr als ein bloßes Sattmachen mit Fertiggerichten. Gut essen macht Lebenslust! Gerade das ist es, was viele Übergewichtige wieder lernen müssen – Essen als etwas Positives zu empfinden, einen kreativen Umgang damit zu pflegen und es mit allen Sinnen zu genießen.

In meinen Seminaren und Beratungen werde ich immer wieder gebeten, meine Erfahrungen und Empfehlungen in schriftlicher Form zur Verfügung zu stellen. Mit dem vorliegenden Buch hoffe ich, jedem, der an seinen Lebens- und Ernährungsgewohnheiten bzw. den daraus resultierenden Gewichtsproblemen etwas Grundlegendes verändern möchte, gerecht zu werden. Es richtet sich aber auch an all jene Menschen, die den in immer größerer Anzahl auftretenden Zivilisationskrankheiten vorbeugen möchten. Vorbeugung ist besser als Therapie – sowohl für die eigene Lebensqualität als auch das Wohlergehen unserer Gesellschaft. Möge Sie dieses Buch bei Ihrem persönlichen Weg zum Wohlfühlgewicht sowie bei dem Wunsch nach einem gesunden, langen und erfüllten Leben begleiten!

Peter Faulstich

Im Juli 2009

Geleitwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Der Mensch ist, was er isst“ lautet eine alte Lebensweisheit, die auf einen kurzen Nenner bringt, was den Autor dieses Buches zu seiner fachkundigen und am Ende auch lustvollen Reise auf dem Weg zum Wohlfühlgewicht veranlasst hat. In der Malteser Klinik von Weckbecker begegnen wir täglich Menschen, die, wie wir selbst, zwischen gedankenloser Nahrungsaufnahme in der Hetze des Alltags und phasenweiser Selbstkasteiung hin und her schwanken. Letztere werden ausgelöst von unserem periodisch wiederkehrenden schlechten Gewissen, mit dem Ziel, kurzfristig lebensstilbedingte Fehlernährung zu korrigieren. Im Ergebnis bleibt unser körperliches Gleichgewicht ebenso auf der Strecke, wie unsere Haltung. Auf die kommt es aber an!


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Karl F. v. Thurn und Taxis

Aus seiner täglichen Erfahrung mit Patienten und Gästen der Malteserklinik, beschreibt der Autor erfolgversprechende Ernährungsstrategien und unterlegt sie mit praktischen, gut handhabbaren Umsetzungsempfehlungen. Dabei geht es ihm nicht nur um die Ernährung an sich, sondern vielmehr um die Einübung unseres Verhaltens und unserer Haltung im Ganzen. Weil wir so essen, wie wir sind und so sind, wie wir essen. Deshalb geht es auch nicht ohne Mühe und Disziplin, für die wir uns aber mit Lust belohnen sollen. Aus beidem können wir dann in ähnlich doppelbödiger Weise die Erkenntnis ziehen: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“.

In diesem Sinne wünsche ich den geneigten Leserinnen und Lesern nicht nur eine interessante Lektüre, sondern auch praktische Erkenntnisse und eine lustbetonte Abkehr von unseren krankmachenden Gewohnheiten hin zu nachhaltiger Gesundheit an Leib und Seele.

Karl Ferdinand Prinz von Thurn und Taxis

selbstständig

Geleitwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

kaum zwei Jahre nach dem Erscheinen dieses wertvollen Ernährungsbuches ist bereits die erste Auflage vergriffen. Der Anklang und die Begeisterung, mit der dieses Buch aufgenommen wurde, braucht keine Erklärung, der Inhalt spricht für sich. „Mein Weg zum Wohlfühlgewicht“ ist ein Kompendium aus Ökotrophologie, Physiologie, Psychologie und Kochkunst, das in dieser Form einmalig ist. Der Leser erkennt sich wieder in seinen Verhaltensmustern und lernt daraus, diese, falls nötig, zu ändern. Dadurch kommt diesem Ratgeber ein viel höherer Stellenwert als den herkömmlichen Ernährungs- und Kochbüchern zu.


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Dr. med. Joachim Wernicke

Theorie und Praxis bilden in den einzelnen Kapiteln eine Symbiose, die in dem zeitgemäßen und zukunftsweisenden Konzept der „Stoffwechselaktiven Vollwertkost“ ihre Vollendung findet. Die in der Lebensmittelpyramide dargestellte Gewichtung der einzelnen Lebensmittelgruppen in Verbindung mit bestmöglicher Lebensmittelqualität, -kombination und -zubereitung ermöglicht ein Sich-Sattessen ohne Angst vor einer zu hohen Kalorienaufnahme: Der Stoffwechsel kommt in Schwung, die Pfunde purzeln und die Leistungsfähigkeit in Beruf und Freizeit nimmt spürbar zu. Jeder, der diese Ernährung mithilfe des ausführlichen Rezeptteils ausprobiert und am eigenen Gaumen erlebt, wird feststellen, dass der Weg zum Wohlfühlgewicht mit Genuss und Spaß am Essen sowie einem positiven Lebensgefühl viel leichter zum Ziel führt. Vor allem, wenn die leidige Diätmentalität mit ihren Stolpersteinen wie strikten Verboten, unentwegtem Kalorienzählen und unrealistischen Zielvorstellungen durch eine Neuorientierung im Denken ersetzt wird.

Peter Faulstich empfiehlt dem Leser, sich selbst gegenüber eine liebevolle, durch Selbstwertgefühl und Selbstakzeptanz bestimmte Beziehung zu entwickeln. Insbesondere sollten die inneren Einstellungen in verschiedenen Lebenssituationen bewusster wahrgenommen werden. Denn diese entscheiden darüber, wie wir uns im täglichen Leben fühlen und verhalten – auch hinsichtlich unserer Ernährung. Deshalb ist es allzu gut nachvollziehbar, dass Gewichtsprobleme und sich daraus entwickelnde Stoffwechselerkrankungen entsprechend dem Plädoyer des Autors nur als harmonische Einheit von Körper, Geist und Seele sowie durch die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit gelöst werden können.

Diesem Grundsatz folgend wurde die zweite Auflage durch ein ganzheitlich orientiertes Konzept für Typ-2-Diabetiker ergänzt, was bei der rasanten Zunahme an zuckerkranken Patienten in der ganzen Welt von besonderer Bedeutung ist. Es beinhaltet nicht nur erfolgversprechende Empfehlungen zur Verbesserung oder Normalisierung der Blutzuckerwerte, sondern auch hinsichtlich erhöhter Blutdruck-, Blutfett- und Harnsäurewerte. Während die erhöhten Blutdruck- und Blutfettwerte Hauptursachen für die Arteriosklerose des Herz-Kreislauf-Systems darstellen, können bei erhöhten Harnsäurewerten durch die Ablagerung von Harnsäurekristallen Nieren und Gelenke langfristig in ihren Funktionen beeinträchtigt werden.

Die Ernährungstipps von Herrn Peter Faulstich verstärken die Wirkung wertvoller Pharmaka. Gezielt eingesetzt können sie sogar bei geringer Ausprägung der angesprochenen Erkrankungen die oralen Medikationen deutlich vermindern oder vielleicht sogar ersetzen. Damit eröffnet der Autor Betroffenen die Chance, aktiv an ihrer Gesundung und der Vermeidung von Spätschäden mitzuwirken, um auf diese Weise langfristig eine bestmögliche Lebensqualität sicherzustellen.

Wir alle wissen, wie schwer es ist, Gewohnheiten, vor allem hinsichtlich der Ernährung, zu verändern. Dazu bedarf es Zeit, Zeit zum Kennenlernen einer gesundheitsfördernden Ernährungs- und Lebensweise, aber auch zum Reflektieren über eigene Lebensinhalte und -ziele sowie persönliche Bedürfnisse.

Zur Auseinandersetzung mit sich selbst möchte dieses Buch anregen. Es ermuntert dazu, die täglichen Aktivitäten mehr nach den eigenen Prioritäten und Begabungen auszurichten, um so dem emotionalen Heißhunger ursächlich zu begegnen. Gleichzeitig lernt der Leser bewährte Strategien kennen, die ihm bei der Veränderung eingefahrener Gewohnheiten zu mehr Effektivität verhelfen. In diesem Sinne wird auch eine Heilfastentherapie angesprochen, die wir in der Malteser Klinik von Weckbecker seit über 50 Jahren als eine intensive Form der Selbsterfahrung und -veränderung erleben und die Krankheitsursachen und Heilungshindernissen auf körperlicher und geistigseelischer Ebene den Nährboden entzieht.

Das vorliegende Werk betrachte ich als einen äußerst nützlichen Ratgeber, der beim Lesen durch seine vielfältigen, fundierten Informationen weiterbildet, zu Veränderungen des Lebensstils motiviert und durch die Fülle an praktischen Tipps zur Gesundheitsförderung jedes einzelnen Lesers beiträgt.

Die Malteser Klinik von Weckbecker ist stolz auf ihren Diplom-Ökotrophologen Herrn Peter Faulstich, der in zahlreichen Vorträgen, Gesprächsrunden, Einzelberatungen und Lehrküchenveranstaltungen unsere Patienten mit großem Engagement und Erfolg zu einer besseren, gesünderen und sinnstiftenden Veränderung ihrer Ernährungs- und Lebensweise führt.

Möge die zweite Auflage noch mehr Leser finden als die erste und so zum Segen für denkbar viele Menschen werden.

Dr. med. Joachim Wernicke

Ärztlicher Leiter der Malteser Klinik

von Weckbecker

Internist-Gastroenterologe,

Naturheilverfahren, Homöopathie,

Umweltmedizin

Geleitwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

was gibt es seit Jahrzehnten nicht alles zum Thema „Normalgewicht/Idealgewicht/ Wohlfühlgewicht“ zu lesen! Ob in Illustrierten oder diversen Ratgebern oder Volkshochschulkursen – es werden immer wieder neue Theorien, Tipps und Methoden propagiert. Diese Tatsache allein zeigt: der Stein der Weisen ist offenbar noch nicht gefunden worden. Setzen die einen auf alle möglichen diätetischen Klimmzüge, schwören andere auf die Bewegung, wieder andere betonen, vor allem die Psyche sei entscheidend für die Frage, ob jemand an Übergewicht leide oder nicht. Zahlreiche Bücher bestehen aus vielen bunten Bildern und vergleichsweise wenig Text mit noch weniger Substanz.


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Dr. med. Rainer Matejka

Betroffene wissen: Die Ernährung umzustellen, sich mehr zu bewegen ist das eine. Es im Alltag, vor allem bei einem stressgeplagten Berufsdasein auch durchzuhalten ist etwas ganz anderes.

Das vorliegende Buch von Peter Faulstich analysiert und synthetisiert die verschiedenen Aspekte und Fragestellungen rund um das Körpergewicht zu einem Gesamtwerk. Zunächst die Erkenntnis: mit Diäten im herkömmlichen Sinne und Kalorienzählen ist es meistens nicht getan. Am Anfang hat die Bewusstmachung zu stehen, die von Selbstakzeptanz und Selbstachtung gekennzeichnet ist. Darauf lässt sich eine Art Generalstabsplan aufbauen, der moderne ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. Wer nicht lernt loszulassen, wird – ähnlich wie der chronisch Verstopfte – niemals ein normales Körpergewicht bzw. einen normalen Stuhlgang erreichen können. Wer dies jedoch schafft, wird durch eine Optimierung seiner Ernährungsweise weniger Verzicht üben müssen als vielmehr neues entdecken und erkennen, dass eine gesunde Ernährung obendrein auch schmackhafter ist.

In diesem Sinne beschreibt das Buch eine ganze Fülle hoch interessanter ernährungswissenschaftlicher Fragestellungen, wobei besonders auch moderne Erkenntnisse und Trends berücksichtigt werden – vom glykämischen Index, Natium-Kalium-Verhältnis zu den sekundären Pflanzenstoffen und dem richtigen Trinken. Kein relevanter Themenbereich bleibt ausgespart. Das besonders Beeindruckende dabei: Nie erfolgt die Darstellung doktrinär, sondern immer abwägend unter Berücksichtigung von Praktikabilität und medizinischer Sinnhaftigkeit.

Sicherlich mag ein unerfahrener Laie sich mit dem einen oder anderen Fachbegriff noch etwas schwer tun. Doch wer etliche Diäten bereits ausprobiert hat, ist kein Laie im engeren Sinn mehr, sondern ein Stück weit für sich selbst bereits Fachmann geworden.

Das vorliegende Buch „Mein Weg zum Wohlfühlgewicht“ ist für mich das mit Abstand beste und kompetenteste Buch zu dieser Thematik, das ich kenne. Es eignet sich auch und besonders für Menschen, die im Hinblick auf ihr Körpergewicht längst die Flinte ins Korn geworfen haben.

Dr. med. Rainer Matejka

Facharzt für Allgemeinmedizin –

Naturheilverfahren

Exp. für biol. Medizin (Univ. Mailand)

Chefredakteur „Naturarzt“



Teil 1Auf den Lebensstil
kommt es an!

1 Dick durch Diätmentalität

Das Schwierigste an einer langfristig erfolgreichen Gewichtsabnahme ist nicht das eigentliche Abnehmen, sondern das anschließende Halten des Gewichts. Grund dafür ist, dass die meisten Übergewichtigen nur das Symptom Übergewicht verändern wollen. Die für den langfristigen Erfolg notwendige konsequente Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Ursachen (Abb. 1) wird dagegen gescheut. Diese Vorgehensweise entspricht dem allgemeinen Bedürfnis nach einfachen und schnellen Lösungen, programmiert aber bei dem vielschichtigen Problem Übergewicht langfristige Misserfolge vor. Hier liegt das Kernproblem bei vielen Übergewichtigen, die auf eigene Faust mithilfe von Medikamenten, Pulvernahrungen, FdH oder Diäten Gewichtserfolge zu erzwingen versuchen.

Schlankheitsmittel – Profitgier löst keine Gewichtsprobleme

Den Traum von der guten Figur macht sich ein riesiger Markt an Schlankheitsmitteln und Diäten zunutze. Besonders da, wo schnelle Gewichtserfolge versprochen werden, sollten Sie den Produkten oder Methoden mit einer ordentlichen Portion Misstrauen begegnen. In der Regel geht es um den schnellen Euro. Erst werden die Lebensmittel durch übertriebene industrielle Be- und Verarbeitungsprozesse in ihrem ernährungsphysiologischen Wert so verändert, dass gesundheitliche Probleme im Allgemeinen und Gewichtsprobleme im Besonderen mittlerweile ca. 50 % aller Erwachsenen und auch jedes fünfte Kind in Deutschland betreffen. Dann werden für viel Geld offensiv Lösungen vermarktet, die in Wirklichkeit nichts anderes als Scheinerfolge bewirken.

 

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Abb. 1: Individuelle Ursachen erkennen und verändern.
Diaita: Die Lehre von der Pflege, Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit im ganzheitlichen Sinn.

Die Hersteller von Schlankmachern werben beispielsweise mit Erfolgsgarantien und dem Märchen, dass man an seinem Lebensstil, seiner körperlichen Aktivität und an den Ernährungsgewohnheiten nichts zu ändern brauche. Solche Verkaufsstrategien entsprechen vielleicht den Wünschen vieler Übergewichtiger, aber die perfekte Schlankheitspille ist und bleibt Wunschdenken. Die Figur entwickelt sich nicht so, wie es in Fotomontagen suggeriert wird. Diejenigen, die sich als „Versuchskaninchen“ missbrauchen lassen, sind nach der anfänglichen Euphorie nicht selten frustriert. Spezielle Medikamente zum Abnehmen sollten nur in absoluten Ausnahmefällen und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden, da zum Teil schwerwiegende Nebenwirkungen wie z. B. Herzrhythmusstörungen und sogar psychische Veränderungen nachgewiesen wurden.

Die gesundheitlichen Bedenken gegen den Einsatz von Schlankmachern und Medikamenten machen sich die Hersteller von Pulvernahrungen zu Nutze. Mit ein bisschen Eiweiß-und Milchpulver, einer ordentlichen Portion an Aroma- und Geschmacksstoffen und ein paar Vitamin- und Mineralstoffzusätzen bekommt das ganze Präparat den Hauch eines gesunden Lebensmittels, geschmackliche Akzeptanz und Vielfalt: Erdbeeraroma, Himbeeraroma, Vanillearoma – eben das, was Ihnen gerade Appetit macht. Nur hat es sich gezeigt, dass die meisten vom künstlichen Geschmack irgendwann die Nase voll haben und sich wieder nach einer gewissen Esskultur sehnen!

Diäten – vom Übergewicht zum Schwergewicht

Ähnlich frustrierend sind die Erfolgsbilanzen von Diäten. Auswertungen haben ergeben, dass mithilfe von Diäten bei einer von 100 Personen langfristige Erfolge auftreten. Bei den meisten geht das Gewicht sogar nach oben. Diäten sind daher zum Abnehmen ungeeignet. So erlebe ich es in meinen Seminaren zur Gewichtsregulation seit über 17 Jahren in jeder Einführungsrunde. Die Teilnehmer beschreiben eine nicht enden wollende Zahl von ausprobierten Diäten. Das Ergebnis: Starke Gewichtsschwankungen mit der Tendenz zu einem immer höheren Gewicht – je nachdem, ob gerade Verzicht oder Schlemmen angesagt ist. Viele haben sich sogar von ein paar Pfunden zu viel zu einem echten Schwergewicht „diätet“. Warum ist das so? Bedeuten ein paar Kilogramm weniger auf der Waage wirklich Erfolg? Was ist überhaupt Erfolg? Sagt uns die Waage, ob wir erfolgreich sind oder nicht? Etwa nach dem Motto: Je schneller die Pfunde purzeln, desto besser!? Sind es unsere Willenskraft und Selbstbeherrschung, die auf dem Weg zur schlanken Linie immer wieder schlapp machen? Um diese Fragen beantworten zu können, möchte ich im Folgenden die Problematik von Diäten erläutern.

 

1.1 Diäten und Vitalstoffmangel aktivieren Ihr Energiesparprogramm

Mangel im Überfluss

Fettpolster sind in der Regel das Ergebnis einer Fehlernährung über mehrere Jahre oder Jahrzehnte. Ernährungsprotokolle von Übergewichtigen zeigen fast immer eine relativ fett-, zucker-, eiweiß- und salzreiche Ernährung mit einem geringen Anteil an hochwertigen pflanzlichen Lebensmitteln, die von Natur aus eine sehr hohe Dichte an Vitalstoffen (Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen) im Verhältnis zur zugeführten Energiemenge aufweisen. Eine hohe Energieaufnahme deutet dagegen darauf hin, dass es um lebensnotwendige Vitalstoffe und wichtige gesundheitsfördernde Pflanzenstoffe schlecht bestellt ist. 500 g Gemüse bieten mehr gesunde Mitbringsel als ein Schokoriegel, zwei Pralinen oder zehn Gramm Fett – alle haben aber in etwa 100 kcal. Wenn Sie nach dem Prinzip FdH die Nahrungsmenge reduzieren und keinen besonderen Wert auf die Qualität der verbleibenden Nahrung legen, können Sie keine Wunder bezüglich Ihrer Leistungsfähigkeit und Vitalität erwarten. Ihnen fehlt schlicht die Kraft und Energie, um für die schlanke Linie aktiv zu werden.

Anfangs motiviert – später frustriert

Glaubt man der Anzeige der Waage, sind Diäten bei den meisten mit guten „Anfangserfolgen“ verbunden. Dadurch lassen sich viele täuschen. Mit zunehmender Dauer der Diät nimmt aber der Kalorienbedarf in Abhängigkeit von Kalorienreduktion, körperlicher Aktivität und Nährstoffangebot bis zu 30 % ab. In Extremfällen sogar noch mehr, wenn ich die Auswertung der Ernährungsprotokolle meiner Patienten zugrunde lege. Manche leben mehrere Wochen nach 1000-Kalorien-Plänen, mit dem Ergebnis, dass die Waage ein paar Gramm weniger anzeigt! Hier wird der Frust bzw. das damit verbundene „Frustessen“ vieler Übergewichtiger verständlich. Der Körper schaltet in den mageren Zeiten auf sein körpereigenes Energiesparprogramm. Dieses wird aktiviert, wenn infolge einer qualitativ minderwertigen Ernährung, die überhaupt erst Gewichtsprobleme verursacht, dem Körper die Nähr- und Vitalstoffreserven für die Aufrechterhaltung lebenswichtiger Stoffwechselprozesse fehlen. Das hat der Mensch in seiner Entwicklungsgeschichte zur Genüge lernen müssen, denn die Töpfe waren das ganze Jahr hindurch nie so prall gefüllt wie heute. Es gab immer magere Zeiten im Jahreszyklus, auf die sich unser Körper bis heute bestens eingestellt hat. Schon zehn Kilogramm Fettgewebe speichern auf engstem Raum ca. 70.000 kcal. Diese Energiemenge reicht den meisten Übergewichtigen bequem für 40 Tage, und auch bei den Vitalstoffen kann der Körper Vorräte anlegen, um Zeiten mit geringerer Versorgung schadlos zu überbrücken. Nur muss es zwischen den mageren Zeiten auch Phasen mit einem üppigen Vitalstoffangebot geben, damit der Körper Reserven anlegen kann.

Ein System der biologischen Anpassung

Wie perfekt und faszinierend das „System“ Mensch organisiert ist, wird daran deutlich, dass die Zellen über Gewebshormone miteinander kommunizieren und über spezielle Informationseinheiten den Zellkern, den „Manager“ der Zelle, laufend über die aktuelle Versorgung mit Vitalstoffen informieren. Über winzige Kanäle tauschen die Zellen sogar untereinander Vitalstoffe aus. Das Gemeinwohl des Körpers geht über Einzelinteressen. Sind die Zelldepots insgesamt erschöpft, dann werden auch andere Bezugsquellen, wie z. B. das Knochensystem oder die Zahnsubstanz als Mineralstoffreserve angezapft. Zuvor versucht der Körper jedoch zu sparen. Intelligent wie er ist, fährt er all die Stoffwechselvorgänge herunter, die für uns keine lebenswichtige Funktion erfüllen bzw. Luxus darstellen. Das können Sie in Form von Müdigkeit und allgemeiner Antriebsschwäche spüren. Es geht ums Überleben. Überleben heißt in diesem Fall, weniger aktiv sein bzw. weniger verbrennen. Das ist wie bei einem Autofahrer, dessen Spritanzeige warnend blinkt, obwohl noch 50 Kilometer bis zur nächsten Tankstelle zu bewältigen sind. Sicher startet der Fahrer in dieser Situation keine energieaufwendigen Überholmanöver. Da Sie einen Reservekanister Treibstoff in Form Ihrer Fettpolster dabei haben, brauchen Sie sich um Ihre Energieversorgung keine Gedanken zu machen. Was Sie brauchen, das sind die in einer gesunden Ernährung enthaltenen Vitalstoffe, damit Ihr Stoffwechsel in Schwung kommt und die Vorräte in der gut gefüllten Speisekammer verbrennen kann!

1.2 Diäten provozieren Heißhunger

Während einer Diät wird in der Regel auf das verzichtet, was normalerweise gerne gegessen wird. Diese Einschränkungen bewirken, dass unsere Gedanken ständig ums Essen kreisen und ihm unbewusst einen höheren Stellenwert einräumen. Mit zunehmender Dauer der Diät wird das Gefühl von Verzicht bzw. die Lust auf Verbotenes immer stärker. Kommen Sie diesem Bedürfnis nicht nach, dann bewirkt all das, was Sie quasi als Ersatz essen, keine Befriedigung der Esslust. Folglich haben Sie ständig Appetit und essen irgendwelche Kleinigkeiten. Ein paar süße Riegel, die Reste aus der Frühstücksbox der Kinder oder ein bisschen von dem beim Abendessen liegen gebliebenen Käse. Sie entwickeln sich zum Resteverwerter. Aber gerade die kleinen Häppchen zwischendurch sind zu viel. Sie bewirken letztendlich eine höhere Kalorienaufnahme, als wenn Sie gleich die Lebensmittel Ihrem Appetit entsprechend auswählen. Zudem besteht die Gefahr, dass Sie sich noch am Abend den Magen mit dem vollschlagen, worauf Sie den ganzen Tag verzichtet haben. Viele halten den Verzicht auch tage- oder sogar wochenlang durch. Aber irgendwann erleben fast alle die kleinen oder großen „Essanfälle“. In der Ernährungsberatung heißt es dann immer: „Ich habe gesündigt! Ich musste einfach mal schlemmen.“ Die Patienten beschreiben einen unwiderstehlichen Heißhunger nach den „verbotenen“ Lebensmitteln. Manchmal gehen Sie durch regelrechte „Heißhungerphasen“ oder „Schlemmphasen“. Sie machen oftmals innerhalb kurzer Zeit die mit viel Willenskraft erkämpften Gewichtserfolge zunichte (Abb. 2). Heißhungeroder Schlemmphasen sind somit die logische Konsequenz auf die durch die Diät erzwungenen Entbehrungen.

Versuchen Sie als Tortenfan einmal nach mehreren Wochen Abstinenz, trotz aller guten Vorsätze, bei der Geburtstagsparty darauf zu verzichten. Das gelingt selten. Wahrscheinlicher ist, dass Sie nach der anfänglichen Zurückhaltung eine regelrechte Gier danach entwickeln und in kürzester Zeit das nachholen, was Sie sich in den Wochen zuvor verboten haben. An Ihrer Reaktion erkennen Sie, wie weit Sie in das Diätdenken verstrickt sind. Machen Sie sich Vorwürfe oder sehen Sie über den Gaumenschmaus mit einem kleinen Lächeln hinweg? Hand aufs Herz – das Leben würde weniger Spaß machen, wenn wir bei einer so angenehmen Sache wie dem Essen manchmal nicht ein bisschen unvernünftig wären! Die kleinen Ausrutscher verzeiht uns unser Körper. Was er uns nicht verzeiht, ist, wenn Sie sich wegen ein paar Stückchen Kuchen Vorwürfe machen.

Vorwürfe, ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle helfen nicht weiter

Solche Gefühle helfen Ihnen nicht bei Ihrem Wunsch, das nächste Mal anders zu handeln. Sie führen vielmehr dazu, dass die meisten Übergewichtigen nun mit noch mehr Willenskraft und Selbstbeherrschung neue Vorsätze umzusetzen versuchen. Nach einem „misslungenen“ Wochenende sehen Sie Ihre Rettung in der nächsten Woche. Ab Montag möchten Sie sich genau nach Ihrem Diätplan richten. Das ist bewundernswert, aber die falsche Entscheidung!

 

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Abb. 2: Jojo-Effekt – eine Folge von Verboten?

Noch stärkere Einschränkungen verstärken das Gefühl von Verzicht, sodass die nächsten Heißhungerphasen nur eine Frage der Zeit sind. Indem Sie die Esskontrolle weiter verschärfen, provozieren Sie regelrecht Essanfälle, und wieder macht der Jojo-Effekt Ihre Anstrengungen zunichte. Jetzt nur noch ein bisschen schneller, weil der Körper sein Energiesparprogramm voll aktiviert hat. Die Gunst der Stunde nutzt er gnadenlos aus, um seine Speicher für die nächsten „Notzeiten“ aufzufüllen. Wenn Sie sich auf die Waage stellen, werden Sie wütend, beschimpfen sich oder reagieren mit Selbstverachtung. Andere sind verzweifelt und hilflos oder haben vom Thema Diät endgültig genug. Letzteres möchte ich jedem wünschen!

Lust auf Verbotenes

Denken Sie darüber nach: Sie sind gierig auf Kuchen, weil Sie ihn sich wochenlang verboten haben. Oder Sie gehen davon aus, dass Sie ihn im Rahmen Ihrer Diät die nächsten Wochen nicht essen können. Egal wie Sie es drehen, immer bedeutet der Geburtstag mit dem verführerischen Angebot aus der Sicht Ihres Diätzeigefingers eine Art „Henkersmahlzeit“. Besser ist es doch, sich als Kuchenliebhaber zu einer gemütlichen Tasse Kaffee von Zeit zu Zeit ein Stückchen zu gönnen. Zudem kann Kuchen ein schmackhaftes und hochwertiges Lebensmittel sein. Wenn Sie ihn jederzeit essen können, dann gibt es keinen Grund, ihn auf Vorrat zu essen! Auf andere kalorienreiche Verführer trifft das natürlich ganz genauso zu. Heißhunger auf Schokolade, Eis oder Pizza haben wir meist dann, wenn wir sie uns nicht zugestehen. Und wenn wir sie essen, dann geht das meist so schnell, dass wir den Geschmack kaum wahrnehmen. Probieren Sie es einmal anders. Essen Sie Ihre heimlichen Verführer, aber in kleinen Mengen, ganz bewusst und ohne schlechtes Gewissen (siehe Übung 1). Mit der Umstellung der Ernährung bzw. Ihres Geschmacksempfindens wird der Heißhunger auf diese Produkte von ganz alleine abnehmen. Nicht weil Sie sich dazu zwingen, sondern weil Sie das angenehme Körpergefühl nach einem gesunden Essen nicht mehr missen möchten.

 

1.3 Diäten – ein hohes Risiko für das psychische Wohlbefinden

Eine wesentliche Ursache für die völlig unbefriedigenden Langzeiterfolge von Übergewichtigen liegt also – wie in Kapitel 1.2 beschrieben – in einer insgesamt falsch verstandenen Diätmentalität! Diese verhindert nicht nur langfristige Erfolge, sondern ist bei genauerer Betrachtung mit einem hohen Risiko für das psychische Wohlbefinden verbunden. Jeder gescheiterte Diätversuch stellt einen schmerzhaften Tritt gegen das eigene Selbstwertgefühl dar, denn die Betroffenen führen die Misserfolge nicht auf das Prinzip Diät zurück, sondern auf mangelnde Willensstärke und Selbstbeherrschung. Das bekommen Übergewichtige immer wieder signalisiert: „Sie müssten nur richtig wollen“. Doch leider klappt es trotzdem oft nicht oder nur sehr kurzfristig. Im Handumdrehen sind die mit viel Willenskraft abgehungerten Pfunde wieder drauf, und Sie denken einmal mehr: „Mein Wille war eben nicht stark genug.“ Tatsächlich sind Übergewichtige selten willensschwach. Nur mit einer unvorstellbaren Willenskraft schaffen es einige Diätgläubige, sich zum Teil über Wochen und Monate nach strengen Diätplänen zu richten, Pulvernahrung einzunehmen oder das Essen in Gedanken an eine Kalorientabelle zu verspeisen. Da kommt der Genuss beim Essen wirklich ein bisschen zu kurz, und es liegt auf der Hand, dass sich der Körper gegen diese Form der Kasteiung wehrt. Glauben Sie mir, ich bin bestimmt nicht willensschwach, aber ich würde es keine Woche schaffen, nach einem Punkteschema die mir zugedachte Kalorienration zusammenzustellen.

Übung 1:

Mit allen Sinnen genießen

Essen Sie als Liebhaber von Schokolade ein oder zwei Stückchen genau so, wie ich es im Folgenden beschreibe. Die Übung können Sie genauso auf andere „Köstlichkeiten“ übertragen. In Seminaren führen derartige Erfahrungen häufig zu Aha-Effekten, die den bleibenden Eindruck hinterlassen: Weniger kann auch manchmal mehr sein!

Legen Sie ein Stückchen Schokolade z. B. beim Kaffee neben Ihre Tasse. Was geht in Ihnen vor? Möchten Sie das Stückchen Schokolade sofort in den Mund nehmen? Nein – warten Sie noch einen Moment! Wie sieht das Stückchen Schokolade aus? Wie fühlt es sich an, riecht es gut und haben Sie richtigen Appetit darauf? Wann haben Sie diesen Schokoladenduft das letzte Mal bewusst wahrgenommen? Nehmen Sie nun die Schokolade in den Mund und genießen Sie mit allen Sinnen. Bewegen Sie die Schokolade hin und her, bis sie zu schmelzen beginnt. Versuchen Sie einmal mit der Zunge herauszufinden, an welcher Stelle die Schokolade am besten schmeckt. Genießen Sie das spezifische Aroma der Schokolade. Genießen Sie, wie die Schokoladencreme auf Ihrer Zunge verläuft und Ihren Gaumen verwöhnt. Wollen Sie die Schokolade wirklich jetzt schon runterschlucken? Gerade jetzt, wo der Geschmack so richtig auf Ihrer Zunge verläuft? Nein! Warten Sie noch ein bisschen. Versuchen Sie die letzten Reste der Schokolade voll auszukosten.

Obwohl sich der Schokoladengeschmack immer mehr verflüchtigt, erinnern Sie sich so gut an den Duft und an den Moment des größten Genusses, als ob Sie die Schokolade noch in Ihrem Mund hätten.

In Teil II habe ich dem Wunsch unserer Gäste entsprechend einen Monatsplan entwickelt, der im Grunde ein eigenes Ernährungsprotokoll darstellt. Die einzelnen Tage habe ich entsprechend meinem verwöhnten Gaumen kreiert und die Gerichte neben einem normalen Arbeitstag zubereitet. Die als Beispiele zu verstehenden Tagespläne stellten für mich keine Diät, sondern Genuss pur dar, weshalb ich die Rezepte aufgeschrieben und zum Schluss berechnet habe. Diese ergaben geringe Kaloriengehalte, obwohl ich mich die ganze Zeit über wohl gesättigt und überaus leistungsfähig fühlte.

Lernen Sie aus Ihren Erfahrungen

Wagen Sie einen Sprung nach vorne, indem Sie in Zukunft Ihr Verhalten voll und ganz akzeptieren. Es ist absurd, sich für vergangene Handlungen schuldig zu fühlen. Wenn Sie die Tafel Schokolade aufgegessen haben, können Sie nichts mehr daran ändern. Viel wichtiger ist, dass Sie aus diesen Erfahrungen lernen. Sie gehören zum Erfolg dazu. Sie zeigen uns, wo wir noch an uns arbeiten müssen. Würde ein Kind, das Laufen lernt, nach jedem Sturz frustriert aufgeben, könnte es nie Laufen lernen. Erfolg heißt, es so lange zu probieren, bis es klappt. Letztendlich war jeder Sturz notwendig, um das nötige Feingefühl für die Koordination der einzelnen Muskelgruppen zu bekommen. Somit müssen wir auch unangenehme Erfahrungen machen, um zum Erfolg zu kommen. Aus schwierigen Situationen lernen wir manchmal mehr, als wenn alles halbwegs erträglich abläuft. Gerade dadurch werden die für unsere persönliche Entwicklung notwendigen Entscheidungen hinausgezögert oder nicht mit der notwendigen Konsequenz getroffen.

Statt Selbstkritik zu üben sollten Sie über die Motivation nachdenken, die dazu geführt hat, dass Sie ein Stückchen Schokolade nach dem anderen aufgegessen haben. Ist es wirklich der Geschmack der Schokolade, der Sie reizt oder verbinden Sie mit der Schokolade ein Gefühl, nach dem Sie sich unbewusst sehnen? Wenn Sie das ergründen, was Ihnen fehlt, geben Sie sich in Zukunft auch die Chance, Ihre wahren Bedürfnisse zu erkennen bzw. an der richtigen Stelle mehr darauf zu achten (vgl. Kapitel 2.4, Abb. 6).

1.4 Diäten – schnelle Gewichtserfolge sind Scheinerfolge

Realistische Zielvorstellungen fördern die Motivation

Sie sind der Steuermann Ihres Lebens. Niemand außer Ihnen selbst bestimmt, ob Ihre Bemühungen erfolgreich sind oder nicht. Wenn Sie sich beim Abnehmen maximal ein Pfund pro Woche vornehmen und dieses Ziel erreichen, dann sind Sie motiviert. Nehmen Sie sich dagegen ein Kilogramm vor und stellen nach der zweiten oder dritten Woche fest, dass es auf einmal viel langsamer geht, dann sind Sie frustriert. Sie sind frustriert, weil Sie die Messlatte zu hoch angesetzt haben. Unrealistische Erwartungen fördern langfristig eher eine Gewichtszunahme. Sie haben sich den „Rettungsring“ ja auch nicht in zehn Wochen angeeignet, sondern vielleicht in zehn Jahren „harter Arbeit“. Möglicherweise war es jeden Tag ein Spaziergang zu wenig bzw. ein Schokoladenriegel zu viel. Dieser entspricht etwa 100 kcal. Täglich 100 kcal über Ihrem individuellen Bedarf, und schon können Sie Silvester mit durchschnittlich 4 kg mehr feiern. Das sind in fünf Jahren 20 kg – definitiv ein Schokoriegel zu viel, wie immer er heißen mag. Somit muss man nicht immer die ganze Ernährung auf den Kopf stellen. Auch kleine Veränderungen können langfristig sehr effektiv sein. Ein guter Esslöffel weniger Öl im Salat sind auch 100 kcal, bei denen Sie keinen Unterschied schmecken.

Spätestens im Frühjahr, wenn der Winterspeck drückt, werfen Zeitungen und Lifestyle-Magazine ihre Netze aus. Diese wissen nur allzu gut, dass Sie sich in Ihrem Körper nicht wohl fühlen und eine leichte Beute sind! Der Köder: 20 kg in zehn Wochen. Wenn Sie nicht im Netz landen wollen, ist es vorteilhaft, sich über eine realistische Zielvorstellung Gedanken zu machen (siehe Tab. 1).

Ihr Kalorienbedarf: Körpergröße minus 100, und diesen Wert mit 28 (Personen mit geringem Energieumsatz) multiplizieren. Auf das Beispiel bezogen macht das 1960 kcal. Um ein Kilogramm Fettgewebe pro Woche abnehmen zu wollen, müssten Sie ca. 1200 kcal unter Ihrem täglichen Kalorienbedarf liegen, da der Körper selbst bei einem optimalen Trainingsprogramm ja niemals nur Fette verbrennt. Ohne Bewegungsprogramm bleiben also ca. 800 kcal/Tag und mit ca. 1100 kcal/Tag übrig. Sie müssten also Ihre gesamten Ernährungsgewohnheiten radikal verändern. Das ist ungefähr so, als ob Sie als geübter Spaziergänger morgen einen Marathon mitlaufen wollten.

Tabelle 1: Fettgewebe – mehr Energie als man denkt

Person1,70 m, weiblich, 78 kg, ca. 10 kg Gewichtszunahme
Energiebedarf/Tag1960 kcal bzw. 2300 kcal mit Bewegungsprogramm
Bewegung4-mal/Woche eine Stunde Cardio-Training (entspricht Energieverbrauch von ca. 2400 kcal: 7 Tage = 340 kcal/Tag)
1 kg Fettgewebespeichert 7000 kcal
ZielAbbau von 1 kg Fettgewebe pro Woche

Selbst in Kombination mit einem optimalen Trainingsprogramm baut mit Reduktionskost oder FdH kein Mensch 20 kg Fett in zehn Wochen ab, sofern Sie nicht Jan Ullrich heißen und 200 km Rad pro Tag fahren möchten. Das erreichen Sie nicht einmal, wenn Sie zehn Wochen fasten. Dabei werden pro Woche durchschnittlich 1,3 bis 1,5 kg Fettgewebe aus den Depots verbrannt, also knapp drei Pfund Butter oder 10.000 Kalorien.

Die Waage trügt

Sie kennen Fälle, die 20 kg in zehn Wochen geschafft haben? Interessant ist dabei die Frage, was abgenommen wurde. In der Regel handelt es sich zum überwiegenden Teil um eine Wasserausschwemmung. Ihr Körper besteht zu gut 60 % aus Wasser. Infolge der sehr salzreichen Ernährung befindet sich viel Wasser im Gewebe, das der Körper auszuscheiden versucht, wenn die Salzüberladung während der Diät nachlässt. Dadurch wird zwar das gesamte Herz-Kreislauf-System entlastet, aber die Fettabnahme fällt dabei nicht ins Gewicht.

Zusätzlich scheidet der Körper bei der Verbrennung der Nährstoffe viel Wasser aus. Bei einer Kalorienreduktion baut der Körper zuerst in Muskeln und Leber gespeicherte Kohlenhydrate (Glykogen) ab. Diese reichen mit einem durchschnittlichen Körperbestand von ca. 400 g Glykogen nicht einmal für den Energiebedarf eines Tages. Beim Abbau der Glykogenvorräte verliert der Körper ca. 1,5 l Wasser. Der Körper versucht ständig, die Glykogenvorräte aufzufüllen, denn sie dienen unserer mentalen und körperlichen Fitness. Muskelglykogen (ca. 200–300 g) sorgt für Power in unseren Muskeln. Leberglykogen (ca. 150 g) reguliert die Blutzuckerkurve und hält damit unsere oberste Kommandozentrale, das Gehirn, in Schwung. Bei Sportlern sind deshalb kohlenhydratreiche Mahlzeiten (Stichwort: Nudelparty) nach dem Sport beliebt, da sie zum Auftanken der Glykogendepots führen. Ist die Nahrung knapp, kann der Körper den benötigten Zucker aber auch aus den gespeicherten Fetten (Glycerinanteil) oder aus Eiweiß aufbauen. Beim Fasten benutzen die Gehirnzellen sogar die beim Fettabbau entstehenden Ketonkörper zur Energiegewinnung.

Use it or lose it (benutze oder verliere sie)

Diese Worte verwenden Engländer, wenn es um die Muskulatur geht. Muskeln sind unsere Eiweißspeicher. Sind die Glykogenvorräte aufgebraucht, baut der Körper nicht nur Fette ab, sondern auch Muskeln, insbesondere wenn diese nicht beansprucht werden. Muskeln sind lebensnotwendig. Zum Sitzen, zum Stehen, zum Gehen, eben für jede noch so geringe Form der Bewegung. Dafür brauchen wir aber nicht die 40 % Muskelmasse, aus der unser Körper im Durchschnitt besteht. Muskelzellen sind aus der Sicht unseres Körpers Energieverschwender. Sie brauchen gegenüber anderen Zellen sehr viel Energie und binden reichlich Wasser. Insofern sind Muskeln, die nicht benötigt werden, purer Luxus. Luxus heißt aber nicht unser biologisches Überlebensprinzip! Das lautet: Nur keine Kalorie verschwenden. Folglich knabbert der Körper während der Diät die Muskeln an, die nicht benötigt werden. Dadurch nimmt der Bedarf an Vital- und Nährstoffen weiter ab (pro Kilogramm Verlust an Muskelmasse um ca. 100 kcal). Denken Sie an den Schokoriegel! Gleichzeitig wirft der Körper Ballast ab. Der Abbau von 1 kg Muskeleiweiß bedeutet ca. 4 l Wasserverlust. Auf der Waage passiert was. Im wahrsten Sinne des Wortes ohne „Anstrengung“. Sie hungern sich durch den Tag. Lust auf Bewegung? Dazu fehlt Ihnen die Energie! Die Pfunde „schmelzen“ tatsächlich. Von Woche zu Woche. Zwar immer langsamer, aber immerhin. Nach fünf Wochen sind 10 kg weg. Vor allem sehr viel Wasser, dazu Eiweiß und ein bisschen Fett. Das richtige Rezept für schnelle Gewichtserfolge mit Jojo-Effekt! Das Verhältnis von Muskelmasse zu Fettmasse hat sich verschlechtert. Mit jedem Gramm abgebautem Muskel wird es für den Körper schwieriger, Fette zu verbrennen. Wie schnell die Muskeln schwinden, merken Sie, wenn Sie sich den Arm gebrochen haben. Schauen Sie sich nach vier Wochen Gips den erbärmlichen Rest Ihres Bizepses an, damit können Sie den Heizkörper andrehen, aber kein Holz hacken! Schlank werden heißt aktiv werden.

 

Effektive Fettverbrennung nur in der Muskulatur

Jedes Gramm Muskulatur, das Sie mithilfe von Bewegung aufbauen, erleichtert Ihnen die Fettverbrennung. Wo etwas geleistet wird, wird auch etwas verbrannt. Die Körperchemie verändert sich. Der Körper produziert, was ihm durch den technischen Fortschritt immer mehr verloren geht: Enzyme und Hormone, die die Fettverbrennung fördern. Ein Bauer vor 100 Jahren hat Fett verbrannt: Er mähte die Wiese mit der Sense und wendete das Heu mit dem Rechen. Was früher zehn Stunden schweißtreibende Knochenarbeit war, ist heute mit dem Traktor in einer halben Stunde erledigt. Der Traktorfahrer hat aber im Vergleich zum Bauer mit der Sense nur noch etwa ein Drittel Fett verbrennende Enzyme im Blut. Beim Büroangestellten, der am Wochenende mit der Motorsense Rasen mäht, sieht es noch schlechter aus. Bezogen auf den modernen Menschen könnte ein sinnvolles Rezept für langfristige Erfolge folgendermaßen lauten: Setzen Sie durch regelmäßigen Ausdauersport (Kapitel 4) und eine hochwertige Ernährung (Kapitel 3) die Reize, die den Körper dazu veranlassen, Enzyme und Hormone zu produzieren, die für den Abbau von Fett- bzw. den Aufbau von Muskelgewebe notwendig sind. Ständiges Wiegen macht vor diesem Hintergrund keinen Sinn, da umgekehrt mit einer Zunahme von Muskelgewebe auch vermehrt Wasser in den Körper eingelagert wird und eine Gewichtsabnahme verzögert. Sie nehmen langsamer ab, sind aber erfolgreich, da Sie die Grundlage für langfristige Erfolge schaffen. Ist also schnelles Abnehmen wirklich als Erfolg zu bewerten oder ist es nur die Zündschnur für den gefürchteten Jojo-Effekt?

1.5 Diäten – ein Kampf gegen Kalorien

Die meisten Übergewichtigen, die abnehmen wollen, richten sich bei der Auswahl der Lebensmittel nach deren Kaloriengehalt. Grundsätzlich ist es vernünftig, sich den extrem unterschiedlichen Kaloriengehalt von Lebensmitteln bewusst zu machen. Mehr aber auch nicht! Sie brauchen nicht ständig mit Kalorien zu rechnen, wenn Sie etwas an Ihrem Gewicht verändern möchten. Damit landen Sie in einer „Diätsackgasse“. Ich erlebe immer wieder, dass Übergewichtige extrem viel Zeit mit Kalorienzählen verschwenden. Eine halbe Stunde Bewegung oder die Zubereitung eines gesunden Essens bringen mehr als die Berechnung eines Kalorienplans. Zudem ist mir in der Ernährungsberatung eine Vielzahl von Übergewichtigen begegnet, die sich mit dem Kaloriengehalt von Lebensmitteln hervorragend auskannten, aus diesem Wissen aber nur in den seltensten Fällen Nutzen zogen. Es scheint vielmehr so zu sein, dass ständiges Kalorienzählen auf der emotionalen Ebene Prozesse in Gang setzt, die Misserfolge provozieren. Nur auf die besondere Bitte vieler Patienten habe ich mich überhaupt dazu durchringen können, im Rezeptteil die Kalorien anzugeben. Die genaue Berechnung bestätigte nur noch: Mit einer bewussten Lebensmittelauswahl und -kombination gibt es kein Kalorienproblem. Ist es also nicht viel sinnvoller, seine Gedanken ohne Ängste voll und ganz dem Genuss zuzuwenden und dabei die natürlichen Regulationsprinzipien im Körper wie Hunger- und Sättigungsgefühle zu beachten?

Hungergefühle signalisieren Mangel

Entscheidend ist doch nicht, ob ein Lebensmittel 100 oder 400 kcal enthält, sondern ob es ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl bewirkt und dem Körper die Nähr- und Vitalstoffe liefert, die er für die Regulation seines Stoffwechsels benötigt. Wenn nicht, dann leuchtet wie bei unserem Auto das rote Lämpchen auf der Kraftstoffanzeige. Der Körper signalisiert Ihnen durch ein permanentes Hungergefühl eine Mangelsituation. Als Autofahrer fahren Sie an die nächste Tankstelle und tanken! Wenn Sie Diät halten, versuchen Sie das Hungergefühl zu verdrängen, dagegen anzukämpfen. Sie schrauben sozusagen das Kontrolllämpchen heraus, damit es nicht mehr leuchtet! Lässt der Körper in seinem Verlangen nicht locker, greifen viele zu Light-Produkten.

Light heißt nicht wertvoll

Beliebt sind Reis-Waffeln, Light-Joghurt oder Light-Pudding. Letzterer wird z. B. leicht, weil Zucker gegen Süßstoffe und Stärke gegen Quell- und Füllstoffe sowie Wasser ausgetauscht wird. Damit er noch schmeckt, werden Aromastoffe zugegeben. Zum Schluss wird die Masse mit Stickstoff oder Luft aufgeschäumt, sodass im Prinzip im Becher nichts mehr drin ist. Gleichermaßen gibt es bei Fetten Ersatzstoffe. Dabei werden isolierte Kohlenhydrate (Mais- oder Kartoffelstärke, Saccharose) oder Eiweiße (Milch-, Molke- oder Hühnereiweiß) mit einem Gemisch verschiedener Zusatzstoffe im Labor zu Substanzen umfunktioniert, die wie Fette (930 kcal/100 g) einen sahnigen und cremigen Geschmack vermitteln, aber nur noch 200–400 kcal/100 g beinhalten. Endlich scheint es Wirklichkeit zu werden: Essen wie bisher und ganz ohne schlechtes Gewissen. Kalorienarme Desserts, Süßigkeiten, Eiscremes, Soßen, Kuchen, Brotaufstriche, Öle etc. sollen das „schlanke Schlemmen“ ermöglichen. Da fällt mir nur noch der Satz aus Sebastian Brants Narrenschiff (1494) ein: „Die Welt will betrogen sein.“

Gehen Sie mit Light-Produkten kritisch um

Selbst Butter und Margarine werden abgespeckt. Ist eine Halbfettbutter oder -margarine etwa wertvoller als das Original? Sie ist vielleicht teurer, aber warum? Die Hälfte des Fettanteils wird gegen Wasser ausgetauscht, das aus dem Wasserhahn billiger zu haben ist! Damit die leichte Butter oder Margarine so schmeckt, aussieht und haltbar ist wie das Original, können Bindungsmittel, Farbstoffe, Aromastoffe, Emulgatoren und Konservierungsstoffe enthalten sein, aber diese sind weder teuer noch gesund. Die halbe Menge Butter auf dem Brot ist eine bessere Variante. Schwieriger ist die Bewertung von Light-Wurst oder -Käse, die mit gutem Grund abgespeckt werden. Das Problem sind geschickt gewählte Werbebegriffe wie „Du darfst“, die den Konsumenten zu größeren Verzehrsmengen animieren. Es stellt sich die Frage, ob z. B. eine Salami mit 30 % Fettanteil leicht ist. Corned Beef, gekochter Schinken, Geflügelwurst, Aufschnitt von Bratenfleisch oder eine Scheibe Seelachs sind als Nicht-Light-Variante viel fettärmer. Ebenso enthält ein Light-Doppelrahmfrischkäse immer noch wesentlich mehr Kalorien als ein Sahnequark. Täglich Wurst (Kapitel 3.4.7) oder Käse „light“ sind trotzdem zu viel!

Light, aber dick

Zum Abnehmen brauchen wir weder die kalorienfreien künstlichen Süßstoffe noch Kunstfette oder gar fettfreie Lebensmittel. Trotz aller kritischen Hinweise von Seiten der Verbraucherzentralen haben Light-Produkte oder kalorienreduzierte Fertiggerichte Hochkonjunktur. Und obwohl alles immer leichter wird, werden die Menschen in Industrieländern immer dicker. Dank der Light-Welle konnte in den letzten zehn Jahren in Amerika die durchschnittliche Fettaufnahme von gut 40 % der Energieaufnahme auf die von Ernährungsgesellschaften geforderten 30–35 % gedrosselt werden. Trotzdem nehmen die Amerikaner weiter zu. Wissenschaftler sprechen vom amerikanischen Paradoxon, weil damit die uralte Kalorienthese ins Wanken gerät, nach der eine Kalorienreduktion unter den individuell errechneten Bedarf auch mit einer Gewichtsabnahme einhergehen muss. Ärzten und Ernährungswissenschaftlern, die mit Übergewichtigen arbeiten, begegnen immer wieder „Dicke“, die wenige Kalorien zu sich nehmen. Es gibt durchaus den Patienten, der mit 1500 kcal zunimmt und bei einer optimierten Ernährungsweise mit 1800 kcal Gewicht verliert. Im Labor lässt sich die Kalorienmenge der Nährstoffe genau errechnen. Aber der menschliche Organismus ist kein Labor! Die Stoffwechselabläufe in einer einzigen Zelle sind so unvorstellbar komplex, dass genaue Bedarfsberechnungen überhaupt nicht möglich sind.

Nährstoffrelation beeinflusst die Fettspeicherung

Tatsache ist, dass wir im Durchschnitt mehr Energie aufnehmen als wir wirklich benötigen. Überschüssige Energie bunkert der Körper in seinen Fettdepots. Die Fettzellen schwellen an, allerdings mit einer fettreichen Ernährung schneller als mit einer kohlenhydratreichen. Fette können mit geringen Stoffwechselverlusten (ca. 3 %) direkt in den Depots gespeichert werden. Kohlenhydrate müssen erst in Fett umgewandelt werden. Das kostet etwa ein Viertel der Energie, die in Kohlenhydraten steckt. Zudem bewirkt die Aufnahme von Nährstoffen eine Steigerung des Stoffwechsels, d. h., dass ein Teil der darin enthaltenen Energie „verpufft“. Dieses Phänomen wird als „spezifisch-dynamische-Wirkung“ bezeichnet. Im Durchschnitt sind das bei Fett 3 % des Brennwertes, bei Kohlenhydraten 6 % und bei Eiweiß erstaunliche 16 %. Deshalb sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von extrem eiweißreichen Diäten bis hin zu Eiweißpulvern propagiert worden, von denen aus gesundheitlicher Sicht abzuraten ist bzw. die wiederum von der Neuorientierung im Ernährungsverhalten nur ablenken.

Reduktionskost ist kein Garantieschein

Unser Stoffwechsel wird durch eine Vielzahl von Hormonen, Peptiden, Enzymen, Vitaminen und Mineralien gesteuert. Diese muss der Körper selbst im richtigen Verhältnis produzieren bzw. mit der Nahrung aufnehmen, um eine Gewichtsabnahme zu erzielen. Die Basis für langfristigen Erfolg ist deshalb eine Veränderung des Lebensstils. Wer dies nicht berücksichtigt, muss sich auf einen endlosen Kampf mit den Pfunden einstellen. Ohne qualitative Veränderungen in der Lebensmittelauswahl muss es bei Reduktionskost nicht zwangsläufig zu einer Gewichtsabnahme kommen, auch dann nicht, wenn die tatsächliche Kalorienaufnahme erheblich unter dem errechneten Bedarf liegt. Insofern dient dieser Wert lediglich einer gewissen Orientierung, die Sie in der Lebensmittelpyramide (Abb. 12) wesentlich leichter finden. Vitalstoffreiche Lebensmittel in der richtigen Menge und Kombination bewirken automatisch eine Abnahme im Kaloriengehalt. Sie können sich satt essen, auch ohne Angst vor zu vielen Kalorien. Die folgenden Beispielpläne zeigen Ihnen, dass die Nahrungsmenge mit dem Kaloriengehalt wenig zu tun hat.

Tabelle 2a:Beispiel für einseitigen Ernährungsplan mit 1300 kcal

MahlzeitLebensmittelkcal
Frühstück
Zwischenmahlzeit
Mittagessen150 g Bratwurst mit 150 g Kroketten450/490
Zwischenmahlzeit85 g Butterkeks oder 70 g Vollmilchschokolade360
Abendessen
Gesamter Tag1300

Tabelle 2b: Beispiel für einen ausgewogenen Ernährungsplan mit 1300 kcal

MahlzeitLebensmittelkcal
FrühstückVollkornbrot mit Pflaumenmus

100 g Vollkornbrot, 80 g Magerquark, 80 g Pflaumenmus

319
200/58/
61
Zwischenmahlzeit150 g Apfel81
Mittagessen

Frikadellen mit Champignonsoße und Bohnengemüse (4 Pers.)

150 g Grünkern, 100 g Lauch, 100 g Möhren, 100 g Zwiebeln, 50 g Buchweizen, 50 g Ei, 50 g Quark 20 %, 16 g Olivenöl

Champignonsoße: 300 g Champignon, 100 g Zwiebeln, 80 g Buchweizen, 30 g Schmand, 8 g Olivenöl

Bohnengemüse: 500 g Bohnen, 150 g Tofu, 150 g Zwiebeln

455

251

122

82

Zwischenmahlzeit

Krautsalat mit Paprika und Vollkornbrot (2 Pers.)

500 g Kraut, 200 g Paprika, 16 g Olivenöl, 100 g Vollkornbrot

229
Abendessen

1200 ml Broccolicremesuppe mit Buchweizenklößchen (4 Pers.)

600 g Broccoli, 200 g Kartoffeln, 125 ml Milch, 100 g Zwiebeln, 80 g Buchweizen, 40 g Schmand, 20 g Parmesan

220
Gesamter Tag 1300

Tabelle 3: Satt essen ohne Angst vor zu viel Kalorien

 

Abb. 3: Von Verzicht zu Genuss

1.6 Damit es nicht zu dick kommt

Professionelle Hilfe ist manchmal notwendig.

Erfolg lässt sich nicht erzwingen.

Diäten aktivieren Ihr Energiesparprogramm.

Diäten fördern Essstörungen.

Diäten provozieren Heißhunger.

Diäten fördern den Jojo-Effekt. Diäten sind ein hohes Risiko für das psychische Wohlbefinden.

Schnelle Gewichtserfolge sind Scheinerfolge.

Diäten sind ein Kampf mit Kalorien.

2 Mental- und Motivationstraining

„Ein Mensch ohne realistische Ziele ist wie ein Wanderer in der Wüste, der die Orientierung verloren hat. Er geht immer nur im Kreis, ohne es zu merken und wundert sich nur, dass er immer wieder an die gleichen Stellen kommt.“

Derbolowsky

Viele Übergewichtige versuchen vorrangig über Willenskraft abzunehmen. Diese ist zur Festlegung realistischer und konkreter Ziele auch notwendig. Bei der Umsetzung der Ziele ist jedoch nicht der Wille der entscheidende Faktor, sondern die Frage, ob es Ihnen gelingt, sich immer wieder von Neuem für das Erreichen Ihrer Ziele in positiver Weise zu motivieren und zu ermutigen. Langfristig erfolgreich sind diejenigen, die dem Gewichtsproblem wie auch dem eigenen Körper gegenüber eine positive Einstellung entwickeln. Wer nur den schnellen Erfolg möchte, sich zu viel zumutet und übermotiviert ist, versucht es dagegen krampfhaft und übersieht die notwendigen kleinen Schritte im Hinblick auf eine erfolgreiche Gewichtsentwicklung. Überforderung steigert die Gefahr, dass Sie sich verzetteln und frustriert in Ihre alten Gewohnheitsmuster zurückfallen.

„Ein starker Wille, der keine Richtung kennt, ist wie ein starkes Pferd, das nicht weiß, wohin es laufen soll.“

Dan Millmann

Mithilfe eines Ernährungsprotokolls bzw. der Problemanalyse können Sie Ihr persönliches Etappenziel bestimmen. Sie haben z. B. erkannt, dass Sie tagsüber sehr unregelmäßig essen und abends des Öfteren von Heißhunger überfallen werden. Als Etappenziel möchten Sie sich eine regelmäßigere Ernährung angewöhnen. In der Folgezeit nehmen Sie sich etwas zu essen mit zur Arbeit und kommen nicht mehr so ausgehungert nach Hause. Schon bald stellen Sie fest, dass Sie sich wesentlich wohler und leistungsfähiger fühlen. Trainieren Sie dieses Etappenziel, bis es zu einer neuen Gewohnheit geworden ist. Dazu brauchen Sie Zeit. Diese sollten Sie sich von Beginn an zugestehen, denn von klein auf geprägte Gewohnheiten wie unser Ernährungsverhalten lassen sich nicht von heute auf morgen verändern. Dazu bedarf es je nach Problematik häufig einer intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst (vgl. Kapitel 2.2). Etappenziele leiten diesen Prozess ein. Die mit ihnen verbundenen kleinen Erfolgserlebnisse sind es, die motivieren und das Feuer der Begeisterung entfachen. Widmen Sie deshalb Ihrem Etappenziel genügend Aufmerksamkeit und innere Energie. Ein erfolgreich umgesetztes Etappenziel macht Lust auf weitere Herausforderungen. So kommen Sie Schritt für Schritt Ihrem Wohlfühlgewicht näher.

Sie können das mit einer Bergwanderung vergleichen. Selbst wenn Sie nicht besonders schnell gehen, staunen Sie nach ein paar Stunden Fußmarsch beim Blick ins Tal, wie weit Sie schon gekommen sind. Auch das ist wichtig beim Abnehmen: immer wieder einmal zurückzuschauen und die Augen für das Erreichte zu öffnen. Erfüllen Sie sich einen ganz persönlichen Wunsch, wenn Sie ein bestimmtes Etappenziel in einem von Ihnen festgelegten Zeitraum erfolgreich umgesetzt haben. Es ist in Ordnung, sich für seine persönlichen Anstrengungen zu belohnen bzw. sich selbst gelegentlich auf die Schulter zu klopfen. Ein bisschen Stolz und Lob schadet nicht. Jeder braucht von Zeit zu Zeit kleine Streicheleinheiten!

 

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2.1 Ernährungs- und Bewegungsprotokoll – mit klarer Sicht volle Fahrt voraus

Schreiben Sie einige Wochen lang Ihre Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten auf (Tab. 4). Dadurch fällt es Ihnen leichter, die individuellen Probleme zu erkennen und notwendige Veränderungen im Lebensstil einzuleiten. Die auf Seite 34 aufgeführten Fragen helfen Ihnen dabei. Wenn Sie etwas verändern möchten, müssen Sie erst einmal Ihre Probleme erkennen und am besten beschreiben. Danach können Sie ein konkretes Etappenziel festlegen. Bevor Sie mit der Umsetzung beginnen, klären Sie die Frage nach der Wichtigkeit Ihres Etappenziels gegenüber Zielen in anderen Lebensbereichen. Sollten andere Ziele, wie z. B. eine Weiterbildung im Beruf oder die Renovierung der Wohnung momentan Priorität haben, dann gehen Sie zunächst an die kleinen Ziele, um sich weitere Misserfolge zu ersparen. Mit der Einstellung „Ich kann es ja mal versuchen, aber eigentlich ist mir das Ganze zu aufwendig“ kommen Sie aus dem Teufelskreis nicht heraus. Im Gegenteil, denn wer es nur versuchen möchte, plant bereits den Misserfolg ein. Gehen Sie dagegen mit voller Kraft an die Umsetzung Ihrer Ziele, werden Sie feststellen, dass es in der Regel viel einfacher ist, als Sie zuvor dachten. Probleme lösen sich nicht, indem man über sie klagt, sondern durch die aktive Suche nach Lösungen und deren konkrete Umsetzung. Der erste Schritt ist der Wichtigste!

„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“

Seneca

Tragen Sie in Ihr persönliches Ernährungsprotokoll möglichst genau ein, was und wie viel Sie gegessen und getrunken haben. Zum Beispiel 150 g Naturjoghurt, 30 g Salami, 50 g Roggenvollkornbrot, 100 g Pellkartoffeln, 1 EL Öl, 3 Tassen Kaffee, 1 l Mineralwasser, 1 Apfel. Wiegen Sie die Lebensmittel ab, von denen Sie keine genaue Mengenvorstellung haben. Wenn Sie wenig Zeit zur Verfügung haben, können Sie das folgende Ernährungsprotokoll per Strichliste ausfüllen. So bekommen Sie einen Überblick, inwieweit Sie sich den Empfehlungen in der Pyramide annähern (Abb. 16). Sprechen Sie Ihre Protokolle mit einer/m erfahrenen Ernährungsberater/in durch, um entsprechende Anregungen und Tipps zu erhalten und die Motivation zu verbessern. Überprüfen Sie, welchen Einfluss Ihre Gefühle und Stimmungen auf Ihr Essverhalten haben. Achten Sie auf regelmäßige Bewegung. Tragen Sie beim Laufen die Dauer der Bewegungseinheiten oder beim Radfahren die zurückgelegten Kilometer ein. Sie werden sich wundern, wie schnell sich die einzelnen Einheiten zu beeindruckenden und wiederum sehr motivierenden Ergebnissen summieren. Gewöhnen Sie sich einen regelmäßigen Rhythmus an, sowohl im Bewegungs- als auch im Essverhalten (z. B. Mahlzeitenrhythmus). Alles was wir zu einem bestimmten Zeitpunkt rhythmisch wiederholen, funktioniert nach einer gewissen Zeit im Prinzip automatisch bzw. die inneren Widerstände dagegen werden immer geringer, zumal Sie sich viel besser fühlen, wenn Sie Ihr Leben mit sinnvollen und zielorientierten Gewohnheiten bereichern.

Tabelle 4: Ernährungs- und Bewegungsprotokoll

Tabelle 5: Wie gewichte ich die einzelnen Lebensmittelgruppen?

Was sind meine Probleme?

Wie sind die einzelnen Lebensmittelgruppen gewichtet? Bevorzugen Sie frische oder industriell verarbeitete Lebensmittel? Trinken Sie genug?

Fühlen Sie sich nach dem Essen leicht, beflügelt, leistungsfähig, angenehm gesättigt oder müde, schwer und träge?

Fällt es Ihnen schwer, Ihre Sättigungsgrenze zu akzeptieren? Ist das vor allem an Geburtstagen und Festen mit einem großen Lebensmittelangebot ein Problem? Lassen Sie vor den Feiern Mahlzeiten bewusst ausfallen? Essen Sie zur Gesellschaft oder anderen zuliebe, auch ohne wirklichen Hunger?

Nehmen Sie genügend Mahlzeiten zu sich oder hungern Sie sich z. B. so lange durch den Tag, bis Sie sich nicht mehr zurückhalten können? Legen Sie Ihre Hauptmahlzeit in die Abendstunden? Versuchen Sie, Hungergefühle zu übergehen? Haben Sie oft Heißhunger? Essen Sie auf die Schnelle ein paar Häppchen? Essen Sie regelmäßig, langsam und genussvoll? Konzentrieren Sie sich auf das Essen oder sind Sie durch Lesen, Fernsehen, Arbeiten, Auto fahren abgelenkt?

Beeinflussen spezifische Situationen, Gefühle oder Probleme Ihr Ernährungsverhalten? Essen Sie in Situationen, in denen Sie unzufrieden sind oder sich gelangweilt fühlen, obwohl Sie keinen Hunger haben? Benutzen Sie das Essen gerne zur Ablenkung oder als Stimmungsaufheller? Essen Sie, wenn Sie müde, einsam, traurig, ärgerlich, nervös oder erschöpft sind? Essen Sie z. B. in Stresssituationen mehr oder anders, als wenn Sie sich ausgeglichen fühlen? Belohnen Sie sich mit Essen? Haben Sie nach dem Essen ein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühle?

 

Beschreiben Sie Ihr/e individuelles/n Problem/e

„Die meisten Probleme sind bereits halb gelöst, wenn man sie genau definiert hat.“

Harry Lorayne

 

Nennen Sie Ihr persönliches Etappenziel

Sich realistische Etappenziele zu setzen ist etwas anderes, als über Willenskraft Erfolg erzwingen zu wollen.

 

Welche Ziele haben Sie sonst noch?

Wie wichtig sind Ihnen diese Ziele gegenüber dem Ziel, Ihr Wunschgewicht zu erreichen?

Partnerschaft:

Familie:

Beruf:

Freizeit:

2.2 Ernährungsgewohnheiten – ein Produkt unserer Erziehung

Ernährungsgewohnheiten sind von Kind auf geprägt. Während ihrer Entwicklung erleben Kinder das Essen oft als Ersatz für emotionale Bedürfnisse oder als Erziehungsmittel, d. h. sie werden mit dem Essen belohnt, bestraft oder auch bestochen. Typische Beispiele hierfür sind: „Erst wenn du den Teller leer gegessen hast, darfst du vom Tisch aufstehen und fernsehen.“ „Sind die Schularbeiten ordentlich, gibt es eine Schokolade.“ „Wenn du das Zimmer nicht aufräumst, bekommst du auch keine Gummibärchen.“ So werden Süßigkeiten zu etwas Besonderem, und das Gefühl für Sättigung geht verloren.

Auch ernährungsbewusste Eltern bewirken unbewusst durch die Art ihrer Motivation häufig das Gegenteil dessen, was sie anstreben. Beliebt ist der Satz: „Wenn du dein Gemüse oder deinen Salat gegessen hast, bekommst du ein Eis.“ Das Kind wird also für das Essen von Gemüse belohnt. Dadurch festigt sich die Vorstellung, dass es den Konsum von Gemüse in Kauf nehmen muss, um das „wertvolle“ Eis bekommen zu können. Besser ist es, Kindern mit farbenfrohen, knackigen Gemüse- oder Rohkosttellern, lustigen Gemüsegesichtern, Gemüsespießen, Drachen-Gemüse-Pizza, Gemüse-Glückstalern, Gemüsebällchen, Gemüseschnecken, Nudeln mit Tomaten-Gemüse-Soße, vegetarischen Hamburgern, Gemüsekrokodilen, Piratenschiffsalaten oder knusprigen Aufläufen in kleinen, schön geformten und portionsgerechten Backformen Appetit auf Gemüse zu machen. Kochen Sie mit Ihren Kindern gemeinsam, beziehen Sie Ihre Wünsche mit ein und gehen Sie mit gutem Vorbild voran.

Andererseits übertragen sich schlechte Ernährungsgewohnheiten auf Kinder, wenn Eltern und andere Bezugspersonen ein unbewusstes Essverhalten praktizieren. Das Gleiche trifft auf Gefühle zu. Essen die Eltern aus Frust, Ärger, Stress oder Langeweile, lernen Kinder ganz genauso, mit dem Essen ihre Gefühle zu beeinflussen. Als Erwachsene haben sie dann ähnliche Gewohnheitsmuster wie ihre Eltern. Deshalb sollten Sie diese überprüfen und verändern, sofern sie Ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden beeinträchtigen. Das folgende Schema hilft Ihnen bei der Veränderung von Gewohnheiten, die Ihren Zielen zuwiderlaufen. Übertragen Sie die Beispiele auf Ihre konkrete Situation.

 

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2.2.1 Wie verändere ich meine Gewohnheiten?

„Neues, das aus Ihnen kommen soll, braucht anfangs eine Menge Fürsorge, so breit und gewaltig sind die Trampelpfade des Alten.“

Ruediger Dahlke

1. Machen Sie sich die eingefahrenen Gewohnheitsmuster bewusst. Welche Gewohnheiten blockieren Sie beim Erreichen Ihrer Ziele?

2. Beschreiben Sie die Situation.

3. Welches konkrete Ziel haben Sie?

4. Wie könnten Sie dieses Ziel erreichen?

5. Entscheiden Sie sich bewusst.

6. Handeln Sie entgegen Ihrer Gewohnheit.

7. Es geht nicht immer optimal.

8. Erfolgskontrolle – haben sich die Alternativen im Verhalten bewährt?

Süßes gegen Ärger

1. Gewohnheitsmuster: Wenn ich mich ärgere oder zornig bin, habe ich das Gefühl, etwas essen zu müssen.

2. Situation: Seit einigen Monaten haben sich die schulischen Leistungen meines Sohnes verschlechtert. Michael (16 Jahre) ist intelligent, gibt sich bei den Hausaufgaben aber keine Mühe. Oft kommt es zu Streitigkeiten, worüber ich mich ärgere. Anschließend stopfe ich mir meistens den Magen mit Schokolade voll.

3. Konkretes Ziel: Da ich ständig zunehme, möchte ich Süßigkeiten nur noch dann essen, wenn ich wirklich Hunger darauf habe.

4. Zielerreichung: Verändern Sie langfristig Ihre Gedankengänge dahin gehend, dass Sie sich über Michael nicht mehr ärgern (Kapitel 2.5). Überlegen Sie sich gleichzeitig geeignete Alternativen für Situationen, in denen Sie bisher zur Schokolade gegriffen haben: Kurzfristig könnten Sie spazieren gehen, walken, ein Entspannungsbad nehmen, Musik hören oder eine Freundin anrufen.

Nachdem Sie innerlich ruhiger geworden sind, überprüfen Sie die Art der Motivation gegenüber Ihrem Sohn. Versuchen Sie, Michael durch Kritik, Vorwürfe, Strafen, Zwang, ein schlechtes Gewissen oder Belehrungen zu einem besseren Lernverhalten zu motivieren? Wenn ja, dann entscheiden Sie sich für eine positive Form der Motivation, denn diese Strategien provozieren vor allem auf lange Sicht innere Widerstände und eine ablehnende Haltung. Das Gleiche trifft nach dem amerikanischen Motivationspsychologen Herzberg für Belohnungen zu: Sie steigern zwar die anfängliche Motivation, wirken aber nicht dauerhaft (vgl. Abb. 4).

5. Bewusste Entscheidung: Aller Anfang ist schwer. Bei der Umsetzung Ihrer Ziele werden Sie Höhen und Tiefen erleben. Die Macht der Gewohnheit treibt Sie immer wieder an den Schrank mit Süßigkeiten. Nach Ihrem Gefühl brauchen Sie die Schokolade, um Ihre Stimmung zu verbessern. Ihr Kopf sagt Ihnen das Gegenteil: Wenn ich mich nicht beherrsche, ärgere ich mich über Michael und über mich. Sie machen die Schublade zu und entscheiden sich bewusst gegen die Schokolade.

6. Sie handeln entgegen Ihrer Gewohnheit: In Situationen, in denen Sie früher aus emotionalen Gründen gegessen haben, werden Sie auch jetzt das Gefühl haben, essen zu müssen. Dieses Gefühl wird Sie solange verfolgen, bis sich eine neue Gewohnheit entwickelt hat. Dazu müssen Sie möglichst häufig entgegen der alten Gewohnheit handeln, wobei ein solches Verhalten zunächst anstrengend ist. Auf emotionaler Ebene fühlen Sie sich, als würden Sie gegen die Strömung eines Flusses anschwimmen. Mit der Zeit wird das neue Verhalten zu einer Gewohnheit und zwar umso einfacher, je positiver die Erfahrungen mit dem alternativen Verhalten sind. Unser Unterbewusstsein speichert dieses ab und veranlasst uns im Prinzip automatisch dazu, wenn Sie mit dem Spaziergang bessere Erfahrungen machen als mit den Süßigkeiten. Aber auch Ihr Sohn gewöhnt sich an regelmäßige Übungszeiten.

Nachdem Sie drei Wochen mit ihm täglich von 18.00 bis 19.00 Uhr geübt haben, wird er in der vierten Woche wahrscheinlich keine Diskussion beginnen bzw. sich von seinem Zeitplan darauf eingestellt haben. Besteigen Sie einen Berg ab und zu an einer bestimmten Stelle, dann ist von ihren Schritten schon nach kurzer Zeit nicht mehr viel zu sehen. Besteigen Sie ihn dagegen täglich, dann entsteht ein Trampelpfad, so wie sich in unserem Gehirn ein neuer Verhaltensweg entwickelt, wenn wir bestimmte Verhaltensweisen rhythmisch und möglichst ohne Unterbrechungen wiederholen.

7. Es geht nicht immer optimal: Das ist kein Grund, sich Vorwürfe zu machen. Gewohnheiten sind hartnäckig. Nehmen Sie die Ausrutscher als notwendigen Lernprozess an. Mit der Zeit setzt sich die bewusste Entscheidung durch, weil Sie wissen, dass Ihnen die alte Gewohnheit schadet.

8. Erfolgskontrolle: In angespannten Situationen machen Sie einen Spaziergang. Danach fühlen Sie sich viel entspannter. Sie sind froh darüber, dass Sie sich nicht den Magen mit Schokolade vollgeschlagen haben. Ihre Vereinbarung, gemeinsam zu üben, zeigt ebenso wie die Wahl Ihrer Motivation Wirkung. Michael macht das Lernen zunehmend Spaß. Mit der positiven Veränderung Ihrer Gefühle entwickelt sich eine Gewohnheit, die Ihnen wirklich hilft. Sie essen nur noch bei körperlichem Hunger.

Dauerhafte Motivation entsteht nur aus Spaß an der Sache selbst. Diese Ansicht wird durch Untersuchungen aus der Wirtschaft bestätigt. Ein noch so arbeitnehmerfreundliches Prämien- oder Provisionssystem ist nicht in der Lage, die Leistung von Mitarbeitern mit wenig Engagement dauerhaft zu verbessern, sofern sie sich nicht mit ihrer Arbeit identifizieren oder keine Erfüllung darin finden. Bessere Ergebnisse bringt das sogenannte Pleasure (Freude, Lustgewinn) & Pain (Schmerz) Prinzip. Danach stellen Sie sich die Vorteile, die in Verbindung mit dem erwünschten Verhalten kurz- oder langfristig erwartet werden, genau vor (Beispiele: Mit weniger Süßigkeiten passe ich wieder in mein Abendkleid, wenn ich die Wohnung aufräume, vergeude ich weniger Zeit mit Suchen und fühle mich darin wohler). Nach diesem unter Psychologen durchaus anerkannten Modell werden wir vor allem dann aktiv, wenn wir uns neben den vielen Vorteilen, die das erwünschte Verhalten bietet, gleichzeitig verdeutlichen, welche Nachteile (Vermeidung von Schmerz) eintreten, wenn wir es nicht tun. Die Vermeidung von schmerzvollen Erfahrungen (z. B. schlechte Berufschancen ohne oder mit einem schlechten Schulabschluss) scheint uns sogar wesentlich stärker zu Verhaltensveränderungen zu motivieren als der erwartete Lustgewinn. Auch die Werbung benutzt diese Doppelstrategie. Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln versprechen uns zum einen mehr Lebensenergie oder eine Verzögerung des Alterungsprozesses (Anti-Aging), zum anderen aber auch, dass wir mit diesem Produkt gesundheitlichen Problemen vorbeugen oder diese wirkungsvoll behandeln können.

 

 

Abb. 4: Zuckerbrot und Peitsche – bringen keine langfristigen Erfolge (Herzberg-Modell)

Essen in der Hoffnung auf neue Energie

1. Gewohnheitsmuster: Ich esse immer dann, wenn ich müde und erschöpft bin. In diesen Situationen weiß ich nichts Richtiges mit mir anzufangen.

2. Situation: Besonders nach der Arbeit fällt es mir schwer, mich zurückzuhalten. Um wieder auf die Beine zu kommen, koche ich mir Kaffee und esse dazu Brot mit Wurst, Käse oder Marmelade. Meistens fühle ich mich nach dem Essen überfüllt und noch schlapper als vorher. Obwohl ich den ganzen Tag kaum etwas esse, geht mein Gewicht nach oben. Körperlich und seelisch fühle ich mich zunehmend schlechter. Die Anforderungen in meinem Job in Kombination mit den familiären Verpflichtungen machen mir zu schaffen.

3. Konkretes Ziel: Ich möchte wenigstens 10 kg leichter und leistungsfähiger sein. Nach der Arbeit möchte ich mich nicht mehr so vollstopfen.

4. Zielerreichung: Achten Sie mehr auf Ihre Bedürfnisse. Beziehen Sie Ihre Familie stärker bei den anfallenden Arbeiten ein, auch wenn es für die anderen ungewohnt ist. Gönnen Sie sich eine schöpferische Pause im Bett oder einen Spaziergang, wenn Sie müde, kraftlos oder nervös von der Arbeit kommen. Treiben Sie Sport, verwöhnen Sie sich mit einem wohltuenden Bad oder einem Saunaabend.

5. Bewusste Entscheidung: Wieder einmal kommen Sie erschöpft von der Arbeit. Diesmal zwingen Sie sich zu nichts, sondern legen sich schlafen. Nachher fühlen Sie sich viel besser und entscheiden sich, eine Reis-Gemüse-Pfanne zu kochen. Den Rest genießen Sie am nächsten Tag bei der Arbeit als Reissalat. Sie probieren mehrere der angegebenen Rezepte aus und setzen damit einen geregelten Mahlzeitenrhythmus um.

6. Sie handeln gegen Ihre Gewohnheit: Natürlich ist die Verführung noch sehr groß, nach der alten Gewohnheit Brot mit Wurst oder Käse zu essen. Allerdings fühlen Sie sich mit den Umstellungen besser und kommen nicht so ausgehungert nach Hause.
Sie entscheiden sich ganz bewusst dafür, weitere Alternativen auszuprobieren. Beim Lesen der Rezepte machen Sie die vegetarischen Brotaufstriche neugierig. Die Sache macht Ihnen zunehmend Spaß.

7. Es geht nicht immer optimal: Manchmal leben und essen Sie auch noch nach dem alten Muster. Das können Sie getrost tun, denn Sie sind sich darüber bewusst, dass Sie schon eine ganze Menge verbessert haben. Läuft es einmal nicht so optimal, dann sind das zu akzeptierende Erfahrungen, die Sie darin bestärken, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzumachen.

8. Erfolgskontrolle: Die Umstellungen in der Ernährung zeigen Wirkungen. Mit den Rezeptvorschlägen kommen Sie gut zurecht. Für die Mittagsmahlzeit nehmen Sie sich etwas mit und nachmittags essen Sie als kleine Zwischenmahlzeit etwas Obst. Nach der Arbeit gönnen Sie sich ein bisschen Ruhe und bereiten dann ein vollwertiges Essen zu. Die Familie beziehen Sie stärker als bisher in die Arbeitsabläufe ein. Zu Ihrem Erstaunen bewältigen sie die anfallende Arbeit trotz Pause und Essenszubereitung leichter. Oder vielleicht gerade deshalb?

2.3 Erfolg durch positive Motivation

„Dein Auge kann die Welt trüb oder hell dir machen, wie du sie ansiehst, wird sie weinen oder lachen.“

Friedrich Rückert

Positive Motivation beruht stets auf einer optimistischen Grundhaltung. Praktisch heißt das, sich selbst ebenso wie die kleinen Erfolge anzuerkennen, an die eigenen Fähigkeiten zu glauben und sich auf dem Weg zum Erfolg Mut zu machen. Dies gelingt Ihnen, indem Sie Ihr inneres Selbstgespräch auf liebevolle Art und Weise führen, anstatt sich durch überzogene Zielvorstellungen, Schuldgefühle und Selbstkritik unter Erfolgsdruck zu setzen. Je mehr Vorteile Ihr konkretes Handeln für Sie und andere Personen mit sich bringt, desto motivierter sind Sie. Von Ihrem engagierten Einsatz am Arbeitsplatz profitieren auch Ihre Kollegen. Gleichzeitig erwarten Sie, dass Sie eine bessere Position besetzen können, um sich z. B. mit Ihrer Familie einen gemeinsamen Urlaub leisten zu können. Wenn Sie einen Menschen motivieren wollen, dann verdeutlichen Sie ihm, welch positive Auswirkungen ein bestimmtes Verhalten für ihn haben könnte. Motivation entsteht aus der Sehnsucht nach dem Angenehmen. Gerade dann, wenn es einmal nicht optimal läuft, kann ein liebevoller Umgang mit sich selbst weiteren Misserfolgen vorbeugen. Überprüfen Sie gedanklich, wie die folgenden Beispiele auf Sie wirken!

„Der eine glaubt, er kann: der andere glaubt, er kann nicht, und beide haben Recht.“

Henry Ford

2.4 Mit Selbstakzeptanz und Selbstachtung geht’s besser

Viele Übergewichtige möchten sich vom Essen abhalten, indem sie sich beschimpfen oder mit Selbstverachtung begegnen. Sobald es einmal nicht optimal läuft, werden die kleinen Rückschläge als Bestätigung für ihre Vorahnungen bewertet. Mit dieser Einstellung sind Abnehmversuche Zeitverschwendung. Es wird „Rückschläge“ geben. Sie bieten Ihnen die Chance, aus diesen Erfahrungen zu lernen (vgl. Kapitel 1.3), sodass Sie sich das nächste Mal in einer ähnlichen Situation angemessener verhalten können. Nach einem Geburtstag mit „Würstchen- oder Tortenbauch“ hat Ihr Körper genügend zu kämpfen. Da braucht er nicht noch zusätzlich Ihren Frust. Denken Sie stattdessen darüber nach, warum Sie nicht aufhören konnten. Haben Sie Mahlzeiten ausfallen lassen, auf die Sie besonders dann achten sollten, wenn Geburtstage und Feiern anstehen? Wer kann schon bei einem verführerischen Angebot rechtzeitig aufhören, wenn er den ganzen Tag kaum etwas gegessen hat!? Waren Sie in letzter Zeit zu streng mit sich? Haben Sie das Essen genossen oder nur an die Kalorien gedacht?

Zweifel, Ängste und ständige Kritik blockieren die innere Energie. Denken Sie mal daran, wie Sie sich fühlen, wenn Ihr Partner oder Ihre Eltern ständig an Ihnen herumnörgeln. Ständige Kritik motiviert nicht zu einem veränderten Verhalten, meist verstärkt es das unerwünschte. Wenn z. B. Ihr Partner Sie lieber schlank sehen möchte und Sie bei jedem Stückchen Schokolade oder Kuchen an Ihr Gewicht erinnert, hören Sie dann auf zu essen? Oder essen Sie gerade noch ein Stück, um ihm zu zeigen, dass Sie selbst entscheiden, wann Sie mit dem Essen aufhören? Stellen Sie sich vor, Ihr Partner würde Sie in die Arme nehmen und sagen: „Heute Nachmittag mache ich uns statt Kaffee und Kuchen einen schönen Obstsalat.“ Wahrscheinlich wären Sie ihm für seine Unterstützung dankbar. Von einem freundschaftlichen und verständnisvollen Umgangston profitieren alle Beteiligten. Eine liebevoll geäußerte Bitte werden Sie niemandem ausschlagen. Schwierigkeiten haben Sie dagegen mit einem Befehlston, mit Bevormundung, Vorwürfen, Erniedrigung, Belehrungen und Schuldzuweisungen. Wenn Sie verständlicherweise diese Formen der Kritik nicht mögen, warum machen Sie das Gleiche bei sich selbst? Die dargestellten negativen Formen der „Motivation“ halten Sie nicht vom Essen ab. Sie verstärken Ihren Hunger.

Wie motiviere ich mich?

Friss nur so weiter, dann platzt du bald aus allen Nähten!

Heute war wohl nicht mein Tag. Macht nichts, wenn ich heute mal zu viel gegessen habe, dafür achte ich morgen wieder mehr auf meine Ernährung.

Ich habe mich schon wieder vollgestopft. Ich schaffe es nie mit dem Abnehmen.

Kopf hoch, morgen klappt es wieder. Wenn ich mir vorstelle, wie schön es sein wird, wieder in meine alten Jeans zu passen, dann habe ich richtig Lust, etwas für meine Figur zu tun!

Ich sollte mich dafür schämen, dass ich ständig zu viel esse, obwohl ich so dick bin.

Ich möchte abnehmen und werde mein Bestes geben. Es ist ganz normal, dass es nicht immer optimal läuft. Wichtig ist, dass ich aus meinen Essanfällen lerne und verstehe, warum ich mich manchmal überesse.

Wenn ich mich anschaue, hasse ich mich!

Auch mit ein paar Pfunden zu viel auf den Rippen bin ich mir genauso viel wert. Ich habe Eigenschaften, die wichtiger sind als mein Gewicht. Wenn ich mich hasse, ist es kein Wunder, dass ich mich schlecht fühle und esse.

Ich habe wieder einmal gesündigt. Mein Durchhaltevermögen ist frustrierend!

Heute habe ich ganz ordentlich zugeschlagen. Das ist auch in Ordnung, heute wollte ich mich einfach mal nicht zurückhalten. Ich habe schon einiges erreicht, und es gibt keinen Grund, an meiner positiven Entwicklung zu zweifeln.

Ihr Hunger ist ein Spiegelbild Ihrer seelischen Verletzung infolge von Selbsterniedrigung und Selbstkritik (Abb. 5). Bauen Sie Ihre Selbstachtung und Selbstakzeptanz systematisch auf!

„Was ein Mensch von sich denkt, bestimmt sein Schicksal oder – besser gesagt – weist auf es hin.“

Henry David Thoreau

 

Abb. 5: Selbstachtung – der Schlüssel zum Erfolg

Kraft und Energie entwickeln sich, wenn Sie zu Ihrem Verhalten stehen, sich mit all den hübschen Fettpölsterchen akzeptieren und mit sich selbst so sprechen, wie Sie von Ihrem Partner ebenso wie von jedem anderen angesprochen werden möchten. Ihr Gewicht zu akzeptieren bedeutet nicht, dass Sie sich in den Schaukelstuhl legen und denken: Dann ist ja alles in Ordnung. Ganz im Gegenteil – es ist eine notwendige Voraussetzung, um sich mental gut zu fühlen. Wenn Sie so wollen, ist Selbstakzeptanz eine Diät in Bezug auf negative Gefühle. Ziel der Diät ist ein körperlich-seelisches Wohlbefinden. Das Diätprinzip lautet: Akzeptieren Sie sich mit all Ihren Stärken und Schwächen. Ihr Diätplan ist die Übung 2. Machen Sie diese möglichst regelmäßig einmal am Tag, und zwar solange, bis die Botschaften auch in Ihrem Unterbewusstsein gespeichert sind (Kapitel 2.6). Damit geben Sie sich die Chance, sich nach Ihren Vorstellungen weiterzuentwickeln.

 

So wie Sie sind, sind Sie genau richtig!

Sie fühlen sich von anderen nicht angenommen. Sie denken, dass Ihre Beziehung nicht funktioniert, weil Sie unattraktiv aussehen. So haben Sie für all die Enttäuschungen in Ihrem Leben einen Grund: Ihr Gewicht. Eines sollten Sie bei diesen Gedankengängen beherzigen: Wenn Sie sich selbst nicht mögen und als liebenswert erachten, wie können Sie dann Gefühle der Zuneigung und Liebe von Ihrem Partner erwarten? Selbst wenn Ihr Partner Ihnen gegenüber diese Gefühle empfindet, fällt es Ihnen wahrscheinlich aufgrund Ihrer Selbstzweifel schwer, diese anzunehmen. Liebe hat nichts mit dick oder dünn zu tun, sondern betrifft den ganzen Menschen. Das mussten schon viele feststellen, bei denen auch mit einem schlanken Körper die Beziehungsprobleme die gleichen blieben. Ein hübsches Aussehen hält eine Beziehung auf Dauer nicht zusammen, wenn die inneren Werte fehlen. Die heimlichen Verführer sind ein schönes Lächeln, Herzlichkeit, eine positive Lebenseinstellung, Achtsamkeit im persönlichen Umgang und eine liebevolle und überlegte Art der zwischenmenschlichen Kommunikation. Wenn jemand Sie aufgrund Ihres Gewichtes ablehnt, ist das ein Ergebnis seiner Einstellung. Diese sagt nicht das Geringste über Ihre persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften. Schaffen Sie sich Ihren eigenen Wertmaßstab, den Sie nicht nur an Ihrem Körper orientieren, sondern an Ihrer gesamten Persönlichkeit. Nehmen Sie sich und Ihren Körper an, und er wird Sie mit pulsierender Energie verwöhnen. Mit einer positiven Einstellung zu Ihrer Persönlichkeit fällt Ihnen eine Gewichtsabnahme viel leichter. Fest steht aber auch, dass Sie Ihr Gewicht bisher gebraucht haben. Vielleicht als Schutzpanzer für all die kleinen Verletzungen, die wir im Alltag erleben und die schwierige Beziehungen mit sich bringen.

Übung 2:

Die eigene Anerkennung ist die Basis für emotionale Stabilität

Gehören Sie auch zu der großen Gruppe von Übergewichtigen, die jedem alles recht machen wollen und dabei sich selbst vergessen? Dem Partner, den Kindern, den Eltern und den Kollegen lesen Sie jeden Wunsch von den Lippen ab. Ihre eigenen Bedürfnisse kehren Sie unter den Teppich oder haben Schuldgefühle, wenn Sie sich mal einen schönen Tag machen. Sie möchten beliebt sein und sind ständig auf der Suche nach Anerkennung. Warum? Liegt es daran, dass Sie sich selbst nicht mögen und akzeptieren, so wie Sie sind? Das wäre ungefähr so, als wenn ich Sie als Chef einer Firma genau mit der Person in ein Büro setze, die Sie überhaupt nicht mögen. Sie fühlen sich angespannt und unwohl. Kein vernünftiger Chef würde so handeln, weil die Grundlage für Leistungsfähigkeit körperliches und seelisches Wohlbefinden ist. Sie sind Ihr eigener Chef. Sie können sich bewusst dafür entscheiden, Ihre negativen Gedanken durch positive und akzeptierende zu ersetzen. Geben Sie sich die Anerkennung, die Sie sich von anderen wünschen! Die eigene Anerkennung und Wertschätzung ist es, die uns Energie gibt und die eigene Mitte finden lässt. Ausgeglichene, in sich ruhende und zufriedene Menschen brauchen nicht nach Anerkennung zu streben, sie bekommen sie von ganz alleine aufgrund ihrer natürlichen Ausstrahlung und Anziehungskraft.

Wünsche und Bedürfnisse ernst nehmen

Die eigenen Bedürfnisse sind genauso wichtig wie die Ihres Partners, Ihrer Familie und Freunde oder die Anforderungen Ihres Chefs. Sie handeln sogar im ureigensten Interesse all dieser Personen, wenn Sie Ihrer Persönlichkeit mit Wertschätzung und Achtsamkeit begegnen. Nehmen Sie Ihre Bedürfnisse ernst. Ansonsten sind Sie von Tag zu Tag unzufriedener, und nichts ist für die Menschen um Sie herum bzw. für Sie selbst anstrengender. Unzufriedenheit lähmt, macht je nach Charakter aggressiv oder depressiv und bedeutet immer eine Hungersnot für Ihre Seele. Was liegt da näher, als zu essen? Ihr Körper verlangt nach dem Essen als Ersatz für Ihre wahren Bedürfnisse und Wünsche (Abb. 6), essen ohne körperlichen Hunger hat jedoch einen faden Beigeschmack: Es geht auf Kosten Ihrer Gesundheit und Figur. Noch dazu hungert Ihre Seele weiter und das angenehme Gefühl beim Essen hält nicht lange an.

2.4.1 Selbstakzeptanz bringt uns im Umgang mit Menschen weiter

Selbstachtung – ein Signal für positive Gefühle

Wenn Sie sich schätzen und mögen, ist Ihr emotionales Wohlbefinden weitaus weniger von Einstellungen, Aussagen und Handlungen Ihrer Mitmenschen abhängig. Gleichermaßen wird es Ihnen leichter fallen, die Äußerungen anderer als einen Ausdruck von deren Gedanken und Befindlichkeit zu verstehen bzw. den für Ihr Wohlbefinden notwendigen emotionalen Abstand zu bewahren. Menschen, die sich unglücklich, überfordert, verletzt, missverstanden oder minderwertig fühlen, neigen dazu, von eigenen Problemen abzulenken, indem sie über andere schlecht reden. Die eigenen Leistungen werden betont, die der anderen aber nicht gewürdigt. Je mehr diese Gefühle vorherrschen, desto stärker wird das Bedürfnis, die eigene Persönlichkeit aufzuwerten. Neben dem Aussäen von Zwietracht können diese Gefühle Ursache für Ärger, Wut, Zorn und Hass sein und damit Treibstoff für eine Entwicklung, die in Frustration mündet.

 

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Abb. 6: Essen – ein Ersatz?

Sie entscheiden über Ihre Gefühle

Da uns Menschen nicht immer so begegnen, wie wir uns das wünschen, können wir nur bei uns selbst ansetzen, um uns besser zu fühlen. Machen Sie sich klar, dass negative Äußerungen für Sie erst problematisch werden, wenn Sie sich über sie ärgern, in Wut geraten bzw. sich zu stark darauf einlassen. Legen Sie in Zukunft nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Menschen suchen manchmal die Ursachen für ihren eigenen Frust und Ärger bei anderen, in ihrem Herzen suchen sie jedoch genauso wie wir nach Liebe, Zufriedenheit und Glück. Das können Sie daran sehen, dass Sie einen wütenden Menschen mit Gelassenheit und Verständnis sehr gut beruhigen können. Störende Gefühle vergleicht Theo Schoenaker mit einem Loch im Strumpf: „Löcher kann man nicht stopfen, indem man nur das Loch sieht. Man muss sich am Positiven, am Vorhandenen orientieren. Man kann herausfinden, mit welchem Material das Loch kleiner zu machen ist, indem man sich am Stoff und nicht am Loch orientiert. So ist das Loch im Strumpf nichts Anderes als das Fehlen eines Teils des Strumpfes, so wie auch Angst das Fehlen von Selbstvertrauen, Hass das Fehlen von Liebe, Dunkelheit das Fehlen von Licht, Dummheit das Fehlen von Wissen ist. Wer ausschließlich das Loch – das Negative – im Strumpf sieht, findet keinen Anhaltspunkt, um es zu stopfen.“

„Was man als Ermutigung, Trost, Liebe, Achtung bezeichnet, das sind Hebel für die Seele des Menschen, und je eifriger sich jemand in diesem Sinne bemüht, desto nachhaltiger erneuert und stärkt er das Leben um sich herum.“

Maria Montessori

Bei genauerer Betrachtung benötigen aggressive oder frustrierte Menschen unsere Hilfe, da sie sich in einem selbstzerstörerischen Bewusstseinsprozess befinden. Reagieren Sie jedoch nach dem Motto: „Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, schädigen Sie sich in hohem Maße selbst. Fast immer kommt es dann zum Hochschaukeln der Gefühle, ohne dass sich am Problem etwas verändert. Wut, Ärger, Zorn und Hass helfen Ihnen weder im Umgang mit anderen noch mit sich selbst. Sie sind Energieräuber ersten Ranges und versetzen Ihren ganzen Körper in Alarmbereitschaft. Die Nebenniere schüttet Adrenalin und Cortisol aus. Nach Walter Hess, der 1949 den Nobelpreis für Medizin erhielt, ist ein ständig erhöhter Cortisolspiegel der personifizierte Zelltod. Sie fühlen sich angespannt und aufgewühlt. Was liegt da näher als den Kühlschrank zu plündern? Sie essen, um sich zu beruhigen, zu trösten oder abzulenken (vgl. Abb. 5). Wäre es nicht besser, sich mental umzustimmen? So, dass Sie Essen als Stimmungsaufheller nicht mehr benötigen?

„Wenn wir einen Menschen hassen, so hassen wir in seinem Bild etwas, was in uns selber ist. Was nicht in uns selber ist, das regt uns nicht auf.“

Hermann Hesse

Die Wurzel Ihrer Gefühle sind Ihre Gedanken

Es sind Ihre Gefühle, die Ihr Essverhalten maßgeblich beeinflussen. Wenn Sie gute Gedanken aussäen, dann wachsen auch Gefühle, die das „Pflänzchen“ Mensch zu voller Blüte bringen. Grundsätzlich können Sie in jeder Situation, sei sie noch so ärgerlich, die Freiheit der Gedanken nutzen, um emotional im Gleichgewicht zu bleiben. Sie müssen sich nur bewusst dafür entscheiden, denn unsere Gedanken und Reaktionen beruhen ebenfalls zum großen Teil auf Gewohnheiten. Entsprechend notwendig ist es, diese dahin gehend zu überprüfen, ob sie uns bei dem Versuch abzunehmen unterstützen. Jede Zelle steht mit unserem Zentralnervensystem in Verbindung. Jeder Gedanke, ob bewusst oder unbewusst, beeinflusst im positiven wie im negativen Sinne die Funktion unserer Zellen.

Stellen Sie sich einmal vor, dass Sie kerngesund sind, dass sich jede Zelle Ihres Körpers wie eine perfekte Kopie erneuert und dass Sie mit der schier unerschöpflichen Energie von 70 Billionen Zellen jeden Tag als ein kostbares Geschenk erfahren. Achten Sie dabei auf die Qualität Ihrer Gefühle, die diese Vorstellung in Ihnen hervorruft.

Sie haben durch die Qualität ihrer Gedanken einen enormen geistigen Einfluss auf Ihr seelisches und körperliches Wohlbefinden. Die Sichtweise, für die wir uns in den verschiedenen Lebenssituationen entscheiden, ist es, die uns lebensbejahend und gut gelaunt oder schwermütig und an allem herumnörgelnd durch das Leben ziehen lässt. Jedes bewusst gewählte Wort steigert den inneren Reichtum. Die Früchte Ihrer Bemühungen werden Sie durch die positiven Reaktionen Ihrer Mitmenschen erfahren. Sie ersparen sich viel Ärger und machen das Leben lebenswerter. Die eigene Veränderung bringt Ihnen mehr Lebensfreude.

„Die Kraft der Gedanken ist unsichtbar wie der Same, aus dem ein riesiger Baum erwächst; sie ist aber der Ursprung für die sichtbaren Veränderungen im Leben eines Menschen.“

Leo Tolstoi

2.5 Kultivieren Sie Ihre Gedanken!

Es ist noch kein Meister der bewussten Rede vom Himmel gefallen. Niemand reagiert immer perfekt. Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, handeln Sie soweit möglich nach Ihrem genetischen Code: Stresshormone setzen Energie frei, die abgearbeitet werden muss. Ein paar Runden um den Häuserblock, ein kleiner Waldlauf oder eine Runde mit dem Rad sind echte Heilmittel. Danach können Sie in Ruhe überlegen, wie Sie das nächste Mal in der gleichen oder einer ähnlichen Situation Ihre Gedankengänge verändern möchten (Tab. 6). Die folgenden Beispiele verdeutlichen Ihnen, wie eng die Gefühle bzw. das daraus resultierende Verhalten mit unseren Gedanken verbunden sind. Das erste Beispiel entspringt meiner eigenen Erfahrung, während dem zweiten die Schilderungen einer Patientin zugrunde gelegt sind. Die Gedankengänge lassen sich, abgesehen von fließenden Übergängen, grob in negative, neutrale und positive unterteilen. Ich selbst erlebe es immer wieder, dass ein von positiven Gedanken und Gefühlen geleitetes Verhalten für alle Beteiligten im Hinblick auf die Erreichung bestimmter Ziele die besten Erfolge mit sich bringt.

Gefühle loslassen durch Gedankensprünge

Manchmal können wir uns belastenden Situationen und Gefühlen nicht entziehen oder die damit verbundene innere Anspannung durch Bewegung lösen. Machen Sie sich in diesen Situationen bewusst, dass unser Leben von einem ständigen Wechselbad der Gefühle begleitet wird. Entscheidend ist, dass Sie die Gefühle akzeptieren, wie sie kommen und gehen. Wie oft haben Sie sich schon ärgerlich, aufgeregt oder unzufrieden gefühlt? In dem Moment, in dem Sie an etwas anderes gedacht haben oder denken mussten, haben sich diese Gefühle aufgelöst, als wären sie nie da gewesen. Wir können uns nicht gleichzeitig auf mehrere Gedanken konzentrieren.

Denken Sie einmal an die Zusammensetzung Ihres Mittagessens und gleichzeitig an Ihren ärgerlichen Chef. Schwierig, oder? Nutzen Sie Gedankensprünge, um sich von belastenden Gefühlen abzuwenden. Sie könnten einen Bekannten anrufen, ein Kreuzworträtsel ausfüllen, die Gästeliste für Ihre Geburtstagsfeier aufschreiben oder Ihren Kindern eine Geschichte vorlesen. Das ist mein Geheimrezept, wenn es nach einem anstrengenden Tag in meinem Kopf wie an der Börse zugeht. Am Anfang habe ich noch Schwierigkeiten, mich auf den Text einzulassen, aber mit jeder Seite fällt es mir leichter. Auf einmal fühle ich mich genauso entspannt wie meine Kinder.

Wenn die eigene Arbeit nicht gewürdigt wird

Situation: Ich habe den ganzen Morgen mit Aufräumen verbracht. Als mein Sohn von der Schule kommt, wirft er alles in den Flur, reagiert auf nichts und will Musik hören.

Gedanke 1: Der denkt wohl, ich bin hier der Blöde, der ihm ständig seine Sachen hinterher räumt.

Gefühl: ärgerlich, wütend

Wahrscheinliches Verhalten: Ich gehe in das Zimmer meines Sohnes, schalte die Musik ab und schreie ihn an, er möge sofort seine Sachen wegräumen.

Gedanke 2: Ich habe gerade aufgeräumt und möchte, dass meine Arbeit geschätzt wird. Er ist mit seinen Gedanken wohl wieder einmal ganz woanders.

Gefühl: ruhig, zielstrebig

Wahrscheinliches Verhalten: Ich gehe in das Zimmer meines Sohnes, schalte die Musik ab und teile ihm in einem sachlichen, aber deutlichen Ton mit, dass eine gewisse Ordnung für mich etwas sehr Wichtiges ist.

Gedanke 3: Wahrscheinlich ist ihm heute in der Schule eine Laus über die Leber gelaufen. Ich lasse ihm wohl erst einmal ein bisschen Zeit zum Abschalten. Vielleicht räumt er ja später von alleine auf. Wenn nicht, kann ich ihn immer noch darum bitten.

Gefühl: gelassen, verständnisvoll

Wahrscheinliches Verhalten: Ich akzeptiere im Moment die Situation, räume die Sachen aber nicht selbst weg.

 

Lust auf Torte

Situation: Sie sitzen zusammen in einer geselligen Runde in einem Café und haben Lust auf ein Stück Torte.

Gedanke 1: Die anderen werden bestimmt denken, die hat es nötig, so was zu essen. Von nichts kommt nichts. Sie werden mich als verfressen ansehen.

Gefühl: aufgewühlt, angespannt

Wahrscheinliches Verhalten: Sie essen keinen Kuchen, sondern bestellen sich ein Glas Mineralwasser. Den Verzicht holen Sie später doppelt nach.

Gedanke 2: Die Torte sieht wirklich lecker aus. Darauf habe ich Appetit. Es ist doch besser, wenn ich ein Stückchen genieße anstatt etwas zu essen, worauf ich keinen Appetit habe. Von dem einen Stückchen werde ich auch nicht dicker werden. Die anderen sollen denken, was sie wollen.

Gefühl: angespannt, ermutigt

Wahrscheinliches Verhalten: Sie essen das Stückchen Kuchen, genießen es aber nicht wirklich.

Gedanke 3: Die Torte sieht fantastisch aus, mir läuft schon beim Anblick das Wasser im Mund zusammen. Den anderen scheint es auch nicht anders zu gehen.

Gefühl: freudig, gespannt

Wahrscheinliches Verhalten: Sie genießen das Stückchen Kuchen voll und ganz, ohne schlechtes Gewissen.

Tabelle 6: Meine spezifische Kummerspeck-Situation

Beschreiben Sie die Situation:

So, wie Sie nicht mehrere Gedanken gleichzeitig haben können, so schließen sich auch gegensätzliche Gefühle aus. Sie können nicht lachen und gleichzeitig wütend sein, zumindest nimmt Sie in Ihrer Wut dann niemand ernst. Nehmen wir einmal an, Sie sind innerlich aufgewühlt und möchten dieses Gefühl loswerden. Sie essen nicht wie bisher, sondern denken an eine Situation, in der Sie mit Leib und Seele lachen mussten. Lächeln Sie in Ihrer inneren Vorstellung, selbst wenn es gekünstelt wirkt. Auch unechtes Lachen ist mit Ärger oder Wut nicht vereinbar, denn so unterschiedlich diese Gefühle sind, sie werden alle in einem bestimmten Bereich des Gehirns (im limbischen System) über die Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter und Hormone übertragen. Lachen hat den Effekt, dass der Körper „Glücksstoffe“ produziert, die negative Gefühle abschwächen. Nutzen Sie den menschlichen „Luxusreflex“, wie ihn der bedeutende englische Autor Arthur Koestler nannte, um sich in angespannten Situationen besser zu fühlen. Wer lacht, nimmt nicht mehr alles so ernst. So werden die Worte des weltbekannten Clowns Dimitri verständlich: „Über sich lachen zu können, ist eine Art der Selbstkritik. Indem ich über mich selbst lache, stehe ich über der Situation, bin bewusst oder unbewusst darüber erhaben.“ Meine Botschaft an Sie: Lachen Sie sich glücklich und gesund.

„Sie müssen dreizehn Muskeln bewegen, um die Stirn zu runzeln, und nur zwei, um zu lächeln. Warum sich also anstrengen.“

Volksmund

Die Heilerfolge der Lachtherapie sind seit den Erfahrungen des Journalisten Norman Cousins beeindruckend. Er überwand vor ca. 30 Jahren eine als unheilbar geltende Erkrankung des Knochengewebes. Seine Heilmittel waren Bücher, Filme und Witze, über die er sich stundenlang amüsierte. Mittlerweile gibt es in Indien eine Vielzahl von Lachklubs, einige moderne Kinderkliniken arbeiten bereits mit Clowns, und Kommunikationstrainer bringen Führungskräfte und Therapeuten das Lachen bei. Echtes, wohlwollendes Lachen ist in allen Lebenslagen ein Joker, mit dem Sie die Sympathien Ihrer Mitmenschen gewinnen und die Gesundheit stärken können.

„Hoja Nasredin rannte durchs Dorf, den Namen seines Esels rufend und Allah preisend. „Hoja“, fragte ein Nachbar, „wo fehlt es?“ „Ich habe meinen Esel verloren.“ „Ist das ein Grund, Allah zu loben?“ „Freilich. Hätte ich auf ihm gesessen, wäre ich auch verschwunden.“

Zitiert aus „Mut tut gut“
von Theo Schoenaker

2.6 Bewusstsein und Unterbewusstsein – gemeinsam sind sie stark

Unterbewusstsein – ein erfahrener Berater

Ein großer Teil unseres Verhaltens läuft automatisch aus unserem Unterbewusstsein heraus gesteuert ab. Es speichert wie ein Computerprogramm alle Erfahrungen, die wir machen. Wenn Sie nachts auf die Toilette müssen, dann brauchen Sie über den Weg nicht nachzudenken. Sie finden ihn im Schlaf genauso wie den Lichtschalter. Spätestens nachdem Sie nachts das dritte Mal gegen die Tür gestoßen sind, begreift Ihre Hand den Appell Ihres Unterbewusstseins: „Bitte die Türe öffnen.“ Wenn Sie in der Schule in Mathematik sehr schlecht waren und nach 20 Jahren in einer Prüfungssituation in Ihren mathematischen Fähigkeiten getestet werden, bekommen Sie feuchte Hände. Offenbar geben die gespeicherten Daten keinerlei Anlass, an die Sache selbstbewusst heranzugehen! Als Kind ist mir auf dem Kirschbaum einmal ein Ast unter den Füßen weggebrochen. Bei dem Versuch mich festzuhalten, bin ich eine Etage tiefer mit der Hand an einem alten Fleischhaken hängen geblieben. Ich hing einige Sekunden an dem Ast fest. Dann riss das Fleisch durch und ich fiel zu Boden. Noch heute sehe ich dieses Bild beim Kirschenpflücken vor mir und bin besonders vorsichtig. Die gespeicherten Daten haben auch eine Schutzfunktion. Je nachdem wie gefährlich das Unterbewusstsein bestimmte Ereignisse einstuft, klingeln die Alarmglocken.

Unterbewusstsein – Ihr persönlicher Leibwächter

Wie ist das mit Ihrem Gewicht? Was ist bei Ihnen alles an seelischen Verletzungen im Zusammenhang mit all den fehlgeschlagenen Diätversuchen gespeichert? Welches Bild haben Sie von sich auf der Festplatte? Drucken Sie es einmal aus. Wahrscheinlich ist es ein Bild, das die ganze Unzufriedenheit mit Ihrem Körper ausdrückt. Bekommt es Ihr Unterbewusstsein schon bei dem Wort Abnehmen mit der Angst zu tun? Von Ihrem Bewusstsein aus betrachtet ist eine Gewichtsabnahme bestimmt etwas ganz Wichtiges für Sie. Ihr Unterbewusstsein denkt sich dagegen: „Das bringt nichts als Frust und Ärger“. Es sträubt sich gegen weitere Abnehmversuche, weil es Ihren Seelenfrieden gefährdet sieht. Unterbewusstsein und Bewusstsein befinden sich in einem Konflikt. Ein Konflikt, der für Ihre bisherigen Misserfolge mitverantwortlich sein könnte. Solange nicht beide die gleichen Ziele haben, kann es nicht klappen. Deshalb ist es notwendig, dass Sie die im Unterbewusstsein gespeicherten negativen Erfahrungen durch positive ersetzen. Wenn Ihr persönlicher Leibwächter die mit den neuen Etappenzielen verbundenen Erfahrungen ebenso wie die Entwicklung im körperlichen und seelischen Empfinden als Bereicherung wahrnimmt, wird er das alte gespeicherte „Antiabnehmprogramm“ mit der Zeit aktualisieren. Es heißt dann „Abnehmspaßprogramm“. Unter diesen Bedingungen fühlt sich Ihr Unterbewusstsein in seinen Befürchtungen verstanden und unterstützt die Ziele Ihres Bewusstseins. Begleitend sollten Sie jedoch großen Wert darauf legen, das in Ihrem Unterbewusstsein gespeicherte dicke Selbstbild durch Ihr persönliches Wunschbild zu ersetzen.

 

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Nutzen Sie Ihre Vorstellungskraft

Kreieren Sie mithilfe Ihrer Vorstellungskraft ein Bild, wie Sie einmal aussehen möchten. Je ergriffener Sie von Ihrem persönlichen Wunschbild sind, desto leichter wird es Ihnen fallen, die dafür notwendigen Schritte umzusetzen. Bilder haben unendlich viel Kraft. Sie brauchen ein Bild, das in Ihnen lebt, Ihnen Kraft gibt, Ihnen Mut macht. Ein Bild, das Freude und Begeisterung versprüht. Das Gleiche tun Sie bei anderen wichtigen Wünschen, deren Umsetzung Ihnen viel abverlangt. Denken Sie z. B. an den Wunsch nach den eigenen vier Wänden. Auch hier stellen Sie sich vor, wie schön es sein würde, wenn Ihre Kinder eigene Zimmer hätten bzw. die Wohnverhältnisse nicht mehr so beengt wären. Die meisten haben sogar schon eine genaue Vorstellung von ihrem Traumhaus, bevor sie mit dem Bauen beginnen. Je intensiver das Bild von Ihrem Traumhaus in Ihnen lebt, desto größer wird das Bedürfnis, es diesem Bild entsprechend zu bauen. Nehmen Sie sich im Folgenden die Zeit, sich Ihr Traumhaus genau vorzustellen, oder begleiten Sie mich gedanklich bei der Fantasiereise in mein Traumhaus (Übung 3).

Übung 3:

Sind Sie ein bisschen auf den Geschmack gekommen? Welche Motivation hätten Sie wohl, wenn Sie zwar ein Haus haben möchten, aber keine gedanklichen Bilder davon entwickeln, wie es einmal aussehen soll? Mit der Einstellung „Hauptsache ein Dach über dem Kopf“ kommen Sie genauso weit wie mit der Einstellung „Hauptsache schlank“ oder „Ich möchte nicht dick sein“. Das reicht für ein paar Pfunde, aber keine langfristige Ernährungsumstellung. Ohne Begeisterung macht es keinen Spaß. Die Energie fehlt.

Glücksgefühle durch positive Bilder und Erwartungen

Erfolg werden Sie haben, wenn die mit dem schlanken Körper verbundenen Bilder und Erwartungen Glücksgefühle in Ihnen auslösen (vgl. Tab. 7). Schon der Gedanke, wie schön es sein wird, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben, wird Ihnen dabei helfen, die für das Erreichen Ihrer Ziele notwendigen Anstrengungen mit Freude und Begeisterung anzunehmen (freudige Zielstrebigkeit). Wie motivieren sich z. B. Extrembergsteiger auf dem Weg zu den höchsten Gipfeln der Welt, besonders dann, wenn jeder Schritt zur Qual wird? Sie stellen sich vor, wie schön es sein wird, wenn sie ihr Ziel erreicht haben. Bei jedem Schritt erleben sie einen Hauch der erwarteten Glücksgefühle vom Gipfel. Manche Bergsteiger beschreiben, dass sie schon während des Aufstiegs in ihrer Vorstellung die erwartete herrliche Aussicht und das Gefühl von grenzenloser Freiheit genießen. Diese Bilder und Gefühle würden wie Doping wirken. Auch erfolgreiche Künstler, wie z. B. van Gogh oder Picasso, entwickelten dank ihrer besonderen Vorstellungsgabe innere Bilder. Von deren Lebendigkeit waren sie so ergriffen, dass sie keine Ruhe fanden, bis das Werk vollendet war. Gehen Sie mit der gleichen Einstellung an die Sache heran. Mithilfe täglicher Vorstellungsübungen gelingt es Ihnen, das Bild von Ihrer Wunschfigur in Ihrem Unterbewusstsein abzuspeichern (Übung 4). Unterbewusstsein und Bewusstsein werden dann gemeinsam dafür sorgen, dass Sie sich diesem Bild entsprechend verändern, sofern Sie es mit dem „Abnehmspaßprogramm“ ernst nehmen.

Übung 4:

Malen Sie sich Ihr Wunschbild in den schönsten Farben aus

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Künstler, der durch seine Bilder einem bekannten Kunstmuseum aufgefallen ist. Das Museum möchte von Ihnen ein Selbstportrait, in dem Sie sich dem Zeitgeist entsprechend als eine schlanke und sportliche Person darstellen sollen, obwohl Sie in Wirklichkeit dick sind. Da Sie schon viele Abnehmversuche hinter sich haben und sich schon immer einen schlanken und sportlichen Körperbau wünschten, entschließen Sie sich, nicht nur ein entsprechendes Kunstwerk zu schaffen, sondern Ihren Körper tatsächlich dem Kunstwerk entsprechend zu verändern. Sie spüren, wie Sie sich für dieses Vorhaben regelrecht begeistern, zumal Sie von sich ein authentisches Bild abgeben möchten.

Zunächst betrachten Sie in Ihrer gedanklichen Vorstellung Ihren Körper mit all seinen Stärken und Schwächen. Sie betrachten Ihre Gesichtsform, die Augen, den Hals, den Bau Ihres Oberkörpers, die Rundungen von Bauch, Po und Hüften sowie Ihre Ober- und Unterschenkel. Sie versuchen wahrzunehmen, wie Ihr Körper, so wie er ist, auf Sie wirkt und welche Gefühle in Ihnen entstehen. Sind es angenehme und liebevolle Gefühle? Oder sind es eher Gefühle, die Ihre Ablehnung und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper widerspiegeln? Wenn ja, akzeptieren Sie im Moment diese Gefühle, so wie sie kommen und gehen. Versuchen Sie auch die Bereiche wahrzunehmen, die Ihnen gefallen und bei deren Betrachtung sich ein liebevolles und angenehmes Gefühl entwickelt. Das können Ihre Augen sein, Ihr Lächeln oder die Form Ihrer Gesichtszüge.

Nun konzentrieren Sie sich noch einmal auf Ihre einzelnen Körperbereiche. Betrachten Sie jedes Detail. Die Körperbereiche, die Ihnen nicht gefallen, verändern Sie in Ihrer gedanklichen Vorstellung solange, bis sie in Ihnen ein angenehmes Gefühl hervorrufen. Entwerfen Sie ein gedankliches Bild von sich, so, wie Sie einmal aussehen möchten. Verändern Sie solange die Konturen Ihres Körpers, bis Sie das Gefühl haben, dass Sie dieses Bild von sich voll und ganz akzeptieren könnten. Prägen Sie es sich genau ein, so wie ein Urlaubsbild, das Sie immer in Erinnerung behalten möchten. Malen Sie Ihr persönliches Wunschbild in Ihrer Vorstellung in den schönsten Farben aus, sodass Sie richtig Lust und Appetit darauf bekommen. Je mehr Sie sich mit diesem Bild identifizieren, desto größer wird Ihr innerer Wunsch, Ihren Körper diesem Bild entsprechend zu verändern.

Übung 5:

Fantasiereise – Urlaub in der Hängematte

Zur Entspannung möchte ich Ihnen eine Übung vorstellen, mit der Sie sich auf Ihre nächste Zwischenmahlzeit vorbereiten können.

Legen Sie sich gedanklich in eine Hängematte, die am Strand zwischen zwei Palmen gespannt ist. Sie atmen gleichmäßig ein und aus. Mit jedem Atemzug atmen Sie Entspannung ein und Anspannung aus. Entspannung ein, Anspannung aus. Die Sonnenstrahlen wärmen Ihren ganzen Körper. Mit halb geschlossenen Augen schauen Sie durch die Palmenblätter in den azurblauen Himmel, an dem langsam kleine Schäfchenwolken vorbeiziehen. Die Blätter der Palmen rascheln durch die leichte Meeresbrise ein wenig und die Hängematte bewegt sich dabei gleichmäßig hin und her. Mit jeder Bewegung fallen Sie tiefer in einen Schlummer. Sie genießen das wohlig-warme Gefühl, das alle Ihre Glieder durchströmt. Ihre Arme, Ihre Hände, Ihr Bauch, Ihr Rücken, Ihre Beine und Ihre Füße sind warm und völlig entspannt. Ihr Herz schlägt gleichmäßig und ruhig. Sie spüren, wie das Blut in rhythmischen Wellenbewegungen bis in die kleinsten Gefäße Ihres Körpers strömt. Ihre Zellen füllen sich mit frischer Energie. Sie atmen tief und gleichmäßig. Ihre Gedanken verblassen wie in einem Schleier von Nebel. Sie nehmen nur noch die Bewegung der Hängematte und die wärmenden Sonnenstrahlen wahr. Sie kommen erst wieder zu sich, wenn die Sonne schon ganz weit oben steht. Mit geschlossenen Augen räkeln und strecken Sie sich ein wenig. Sie fühlen sich wie in einem schönen Traum. Darin nehmen Sie eine Person wahr, die Ihnen auf einem kleinen Tisch eine Obstschale mit Ananas, Banane, Melone, Mango und Papaya serviert. Die Früchte sind voll ausgereift und verströmen einen herrlichen Duft. Neben der Obstschale befindet sich ein kleineres Schälchen mit gerösteten Cashewnüssen, Sonnenblumenkernen und dünn geschnittenen Kokosscheiben. Schon beim Mischen bekommen Sie Appetit. Ein kleiner Bissen genügt, und ein köstlicher Geschmack breitet sich in Ihrem Mund aus, nicht aufdringlich, sondern eine Mischung aus süßlichen und säuerlichen Aromen, die sich wie Noten zu einer Melodie vereinen.

2.7 Mit Suggestionen bewusster umgehen

„Wenn man sich einredet, man könne eine an sich unmögliche Sache tun, so bringt man sie zustande. Wenn man sich dagegen einbildet, irgendeine einfache Sache nicht zu können, wird sie einem unmöglich.“

Emil Coué

Suggestionen benutzen wir in unserem täglichen Leben ständig, nur nicht immer zu unserem persönlichen Vorteil. Denken Sie z. B. an Sätze wie: Mir geht es immer schlechter! Ich werde immer dicker! Stell Dich nicht so an! Das schaffe ich nie! Mit mir ist nichts mehr los! Dabei handelt es sich um wirkungsvolle Suggestionen, allerdings in dem Sinne, dass sie innere Energie entziehen, entmutigen und den Nährboden für Misserfolge, Zweifel und Ängste darstellen. Um erfolgreich zu sein, müssen Sie an Ihren Erfolg glauben. Noch besser ist es, wenn Sie davon überzeugt sind, dass Sie es schaffen. Dann versetzt der Glaube Berge.

Suggestionen sollen Mut machen, innere Energie und Selbstvertrauen geben. Ihr Unterbewusstsein braucht konkrete, möglichst kurze und positiv formulierte Handlungsinstruktionen (vgl. „Motivation durch die Kraft von bewusst gewählten Suggestionen“). Wiederholen Sie die Suggestionen in Ihrem inneren Selbstgespräch so häufig wie möglich. Beschreiben Sie das erwünschte Verhalten genau. Mit dem, was Sie nicht wollen, kann Ihr Unterbewusstsein nichts anfangen. Wie oft stolpert ein Kind gerade dann, wenn Sie es darauf hinweisen: „Pass auf, dass du nicht stolperst!“ Im Sinne einer positiv formulierten Suggestion wäre es besser zu sagen: „Heb deine Füße ordentlich an, vor dir ist eine hohe Stufe.“

Das ist wie bei einer Radtour. Wenn Sie ein Ziel im Visier haben, kann es losgehen. Denken Sie nur darüber nach, wo Sie nicht hin wollen, kommen Sie nicht weit.

Denken Sie nicht an eine Bratwurst!

An was denken Sie gerade? Wenn ich meine Klienten frage, was sie gerne verändern würden, ist eine häufige Antwort: „Ich möchte nicht mehr so viel Wurst essen.“ Kaum haben sie den Satz ausgesprochen, lebt das Bild von Wurst in allen Variationen. Damit das Gehirn versteht, was es nicht mehr essen soll, muss es das gespeicherte „Wurst-Programm“ hochfahren. Als logische Konsequenz entsteht Appetit darauf oder die angestrebte Ernährungsumstellung wird als Verzicht empfunden. Kürzlich hatte ich in einer Seminarwoche zur gesunden Ernährung zwei extrem übergewichtige Männer, die sich auf unsere vegetarische Kost einfach nicht einstellen konnten, obwohl sie von ihrer Krankenkasse darüber informiert worden waren. Das Problem war, dass die beiden bei den Mahlzeiten über ihre deftigen Gewohnheiten sprachen und folglich der Appetit darauf von Mahlzeit zu Mahlzeit zunahm. Im Resümee der Seminarwoche stellten beide einstimmig fest, dass sie wohl eben „fleischfressende Pflanzen“ seien. In einer anderen Gruppe befand sich ein vergleichbarer Fall, nur dass dieser keinen Gesprächspartner fand, da die anderen 14 Personen die vegetarische Kost in vollen Zügen genossen. Während er nach eigenen Worten zu Beginn die Schweinshaxe vermisste, schmeckte es ihm an den folgenden Tagen immer besser. Sein Resümee: „Ich hätte nicht gedacht, dass eine vegetarische Ernährung so köstlich ist.“

„Die Methode der bewussten Autosuggestion ist keine bloße mechanische Sprechübung für Leichtgläubige, sondern eine hoch wirksame Selbstschulungs-, Selbstkräftigungs- und Selbsterziehungsmethode, die mit einer positiv orientierten gedanklichen Mitarbeit einhergehen soll.“.

Dr. med Erich Rauch

Eine wirksame Heilungsmethode

Formulierungen, die Ihre Ziele zum Ausdruck bringen, motivieren zu einem veränderten Verhalten. Gleichzeitig haben sie sich als wirksame Heilungsmethode bewährt. Das sehen Sie z. B. an der Wirkung von Scheinmedikamenten (Placebo-Effekt). Sie sind besonders wirksam, wenn dem Patienten suggeriert wird, dass es sich bei dem Medikament um eine neue und besonders wirkungsvolle Wirkstoffkombination handle. Suggestionen wie: Es geht mir von Tag zu Tag besser, ich bin innerlich ruhig und entspannt oder mein Herz schlägt gleichmäßig und ruhig, beeinflussen die Produktion von Hormonen und Neurotransmittern (Serotonin, Dopamin), die Informationen in Form chemischer Impulse von Nervenzelle zu Nervenzelle übertragen. Reaktionen darauf sind Veränderungen in den Hirnströmen und der Herzfrequenz, die tatsächlich die erwünschten Effekte mit sich bringen können. Viele Entspannungstechniken und im Besonderen Meditationen (Übung 6) beruhen auf diesen Prinzipien.

Die Selbstheilungskräfte in unserem Körper werden besonders aktiviert, wenn wir auch hier die Macht unserer Vorstellung benutzen und die Umsetzung der Suggestion mit wünschenswerten Bildern verbinden. Beispielsweise bekommen die Worte „Ich möchte schlank sein“ eine gewisse Würze, wenn Sie sich vorstellen, welche Figur Sie mit ein paar Pfunden weniger in Ihrem Lieblingskleid machen würden. Stellen Sie sich all die Vorteile vor, die Sie mit Ihrem Wunschgewicht verbinden (Tab. 7). Sie könnten den Anstieg von der Stadt zu Ihrer Wohnung ohne Atemprobleme bewältigen, den nächsten Urlaub aktiver gestalten, ohne ein beklemmendes Gefühl ins Schwimmbad gehen etc. Je wichtiger Ihnen Ihre Ziele sind, desto intensiver fließt in Ihren Lebensadern das Herzblut der Begeisterung, deren Strömung Sie aus dem Sog der auftretenden Hindernisse herausreißt und Sie unaufhaltsam neuen Wegen entgegentreibt.

Tabelle 7: Wenn ich schlank bin, erwarte ich …

… ergänzen Sie!

 

Übung 6:

Drei-Lichter-Meditation

Diese in abgewandelter Form dargestellte Meditation hat ihren Ursprung im tibetischen Heilwesen.

Wir sitzen so angenehm wie wir können. Unsere Hände ruhen im Schoß, die Rechte in der Linken, die Daumen berühren sich leicht. Der Rücken ist gerade, ohne steif zu sein, und das Kinn ist leicht eingezogen. Zuerst beruhigen wir unseren Geist.

Wir spüren den formlosen Luftstrom, der an der Nasenspitze ankommt und wieder geht, und lassen Gedanken und Geräusche vorbeiziehen, ohne an ihnen zu haften. In Höhe unseres Herzens entsteht in unserer Brust ein kleines Regenbogenlicht, bestehend aus drei Farben: weiß, rot und blau.

Das weiße Licht aus dem Regenbogen weitet sich jetzt aus: Es füllt unseren Kopf auf und entfernt alles Störende im Gehirn, in den Nerven und in den Sinnen. Alle schädlichen Gewohnheiten und Krankheiten verschwinden und unser Körper wird ein Mittel, um den Wesen Liebe und Schutz zu geben.

Das rote Licht aus dem Regenbogen strahlt in unseren Mund und Hals. Dieses Licht löst alle Schwierigkeiten in unserer Rede auf. Eindrücke aus groben und leidbringenden Worten verlassen uns und unsere Rede wird zu Mitgefühl und Weisheit – sie wird ein bewusstes Mittel, um anderen zu helfen.

Jetzt strahlt das blaue Licht aus dem Regenbogen in die Mitte unseres Brustkorbes und füllt ihn ganz auf. Störende Gefühle und steife Vorstellungen lösen sich durch dieses Licht auf und unser Geist wird ursprüngliche Freude – Raum und Freude untrennbar.

Unser Körper ist jetzt durch diese Lichter ganz aufgefüllt, alle Hindernisse, Leiden und Schwierigkeiten sind durch ihr Strahlen aufgelöst. Dann strahlt das Licht aus unserem Körper in alle Richtungen hinaus und verbreitet sich im ganzen Raum. Dadurch lösen sich sämtliche Leiden aller Wesen auf und die Welt strahlt vor grenzenlosem Glück.

Wir befinden uns in einem reinen Land voll unbegrenzter Möglichkeiten. Jedes Atom schwingt vor Freude und wird zusammengehalten von Liebe. Das Licht strahlt so lange, wie wir es aus uns heraus wünschen.

Beim Beenden der Meditation verbleiben wir in dem Zustand, so gut es geht. Schließlich wünschen wir, dass all das Gute, das eben geschah, grenzenlos wird, zu allen Wesen hinausstrahlt, ihnen das Leid nimmt und dafür das einzige Dauerglück gibt – das Erkennen des eigenen Geistes.

2.8 Meine Glücksformeln für den Erfolg

„Das Leben ist eine Chance, nutze sie.

Das Leben ist schön, bewundere es.

Das Leben ist ein Traum, verwirkliche ihn.

Das Leben ist eine Herausforderung, nimm sie an.

Das Leben ist kostbar, geh sorgsam damit um.

Das Leben ist ein Reichtum, bewahre ihn.

Das Leben ist ein Rätsel, löse es.

Das Leben ist ein Lied, singe es.

Das Leben ist ein Abenteuer, wage es.

Das Leben ist Liebe, genieße sie.“

Mutter Theresa

 

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Ich treffe eindeutige Entscheidungen in Form realistischer und konkreter Ziele.

Meine Ziele packe ich mutig an, gehe ihnen in kleinen Schritten entgegen und nehme mir die dafür notwendige Zeit.

Bei der Umsetzung meiner Ziele bin ich achtsam, geduldig und gelassen.

Ich mache mich frei von Erfolgs- und Zeitdruck.

Gewohnheiten verändere ich entsprechend meinen Zielen und Wünschen.

Ich motiviere mich stets in einer liebevollen und positiven Art.

Ich mache mir keine Vorwürfe, auch nicht, wenn es mal nicht optimal läuft.

Ich achte auf die Qualität meiner Gedanken und Gefühle.

Mein inneres Selbstgespräch verändere ich so, dass Gefühle entstehen, die mir bei der Umsetzung meiner Ziele von Nutzen sind.

Ich akzeptiere mein Verhalten.

Ich begegne mir stets mit Wertschätzung und Selbstachtung.

Ich muss nicht perfekt sein, um mir Liebe zu geben.

Ab heute sehe ich mich in meiner Vorstellung so, wie ich aussehen möchte.

Meine Bedürfnisse nehme ich ernst.

Ich sorge dafür, dass ich mich wohl fühle.

Ich entscheide mich bewusst für das Positive.

Ich bin für mein Glück selbst verantwortlich.

Meinen Mitmenschen wünsche ich stets das Beste.

Ergänzen Sie die Liste!

3 Gesundheit, Ernährung und Bewegung

„Damit es nicht erst kommt zum Knackse erfand der Mensch die Prophylaxe. Doch beugt sich der Mensch, der Tor, lieber der Krankheit, als ihr vor.“

Eugen Roth

In diesem Zitat des deutschen Lyrikers Eugen Roth wird deutlich, dass wir die Vorbeugung verstärkt in unser Lebenskonzept einbeziehen sollten, vor allem in Anbetracht der starken Zunahme von Zivilisationskrankheiten. Nach einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leben erstmals ebenso viele übergewichtige wie unterernährte Menschen auf der Erde – jeweils 1,2 Milliarden. Über 300 Millionen sind der WHO zufolge so übergewichtig, dass sie medizinisch versorgt werden müssen. In Deutschland ist etwa jeder Zehnte vom sogenannten Metabolischen Syndrom betroffen. Dabei handelt es sich um ein Quartett aus Übergewicht, Diabetes (Typ II), Bluthochdruck und Störungen des Fettstoffwechsels (Abb. 7).

Langfristig können sich daraus gefährliche Verengungen in den Blutgefäßen mit der Folge von Herzinfarkt und Schlaganfall entwickeln. Allein die Zahl der tödlichen Herzinfarkte ist in Deutschland in den letzten 30 Jahren von 7000 auf jährlich 141.000 angestiegen. Etwa eine halbe Million Todesfälle pro Jahr, die Hälfte aller Sterbefälle in Deutschland, wird durch Arteriosklerose verursacht. Neben Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems treten durchschnittlich 330.000 Krebsfälle pro Jahr auf. Weltweite Untersuchungen zeigen, dass der kontinuierlichen Zunahme dieser Erkrankungen ein zu hohes Körpergewicht und insbesondere die zunehmende Ansammlung von Bauchfett zugrunde liegen. Bauchfettzellen produzieren selbst Hormone bzw. hormonähnliche Signal- und Entzündungsstoffe, die unseren Stoffwechsel durcheinander wirbeln. Je früher wir uns einen Speckmantel zulegen, desto größer ist das Risiko für das Metabolische Syndrom. Aufgrund der bei Übergewichtigen extrem häufig anzutreffenden erhöhten Blutzucker-, Blutfett-, Blutdruck- und Harnsäurewerte stelle ich im Folgenden die wichtigsten Therapieziele im Rahmen eines ganzheitlichen Diabetes-Konzepts (Typ II) vor.

 

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Abb. 7:Ein gefährliches Quartett

3.1 Diabetes mellitus Typ II

Haben Sie sich einmal überlegt, warum Diabetes in den Nachkriegsjahren mit einer Quote von etwa 0,2 % der Gesamtbevölkerung in Deutschland eine Rarität war? In dieser Zeit hätten Diabetologen am Hungertuch nagen müssen. Heute sind ihre Praxen hingegen überfüllt. Allein in den letzten 40 Jahren hat sich in Deutschland das Auftreten von Typ II Diabetes mit zurzeit ca. 6 Millionen behandlungsbedürftigen Menschen mehr als verzehnfacht. Davon sind über 90 % übergewichtig. Hier liegt zugleich die Chance, Diabetes in der Mehrzahl der Fälle erfolgreich zu therapieren.

Viel zu oft begegnet mir die Einstellung „lieber ein paar Jahre weniger und dafür heute gut gelebt“, womit meist der Genuss reichhaltigen Essens gemeint ist. Nur stirbt es sich häufig nicht wie erhofft, sondern mit den bei einer falschen Lebensweise zu erwartenden Spätschäden. Und die treten dazu noch immer früher auf! In der Regel ist damit ein für alle Beteiligten großes Elend verursachendes, jahrelanges Siechtum verbunden. So ist Diabetes die häufigste Ursache für Erblindung und Nierenfunktionsstörungen, die jahrelange Dialysebehandlungen nach sich ziehen. Hinzu kommen pro Jahr cirka 30.000 Fußamputationen bei Diabetikern. Weil an Diabetes Erkrankte dies ganz sicher nicht wollen, sollte nicht auf Spätschäden gewartet oder die Erkrankung nach dem Motto „dagegen kann man nichts machen“, ignoriert werden. Denn im Frühstadium von Diabetes gibt die Bauchspeicheldrüse genügend oder sogar zuviel Insulin ins Blut ab, worauf die Zellen aber unzureichend reagieren. Im Fachjargon spricht man von einer Insulinresistenz.

Damit Insulin den Zucker in die Zellen einschleusen kann, muss es nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Andockstellen in der Zellmembran gebunden werden. Die Zahl der Schlösser nimmt mit einer langfristig hochkalorischen Ernährung, auf die unser Körper nicht eingestellt ist, ab. Die Zellen schützen sich auf diese Weise vor einer Überversorgung mit Zucker. Wie auf einer überfüllten Autobahn kommt es zu einem Rückstau des Zuckers im Blut. Die Bauchspeicheldrüse reagiert auf den Anstieg des Blutzuckers, indem sie ihre „Insulinfabriken“ mit Volldampf arbeiten lässt. Zusätzliches Insulin soll den Zucker förmlich in die Zellen pressen. Die Zellen wehren sich dagegen. Sie fahren die Zahl der Schlösser weiter herunter (Down-Regulation). So werden quasi trotz überfüllter Autobahn auch noch die Ausfahrten geschlossen (Abb. 8).

3.1.1 Mit insulinempfindlichen Zellen geht es besser

Diesen Teufelskreis können Sie mit einfachen, aber wirkungsvollen Mitteln durchbrechen: Das Trio Heilfasten, Bewegung und Stoffwechselaktive Vollwertkost bewirkt nämlich das Gegenteil (vgl. Abb. 9 und 10). Die Zellen reagieren auf Hunger, einen gesteigerten Nährstoffverbrauch, auf leichte Kost und Gewichtsreduktion mit einer Zunahme von leichtgängigen Schlössern (Up-Regulation). Die Bauchspeicheldrüse muss dann nicht mehr übermäßig viel Insulin produzieren, um den Zucker in die Zellen zu schleusen. Selbst im fortgeschrittenen Diabetesstadium können Medikamente reduziert oder – bei gutem Verlauf – abgesetzt werden. Voraussetzung: Die Bauchspeicheldrüse verfügt noch über ausreichende Insulinkapazitäten.

 

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Abb. 8: Übergewicht stört die Insulinwirkung

 

Abb. 9: Stoffwechselaktive Vollwertkost, Heilfasten und Bewegung hilft!

 

Abb. 10: Lebensstilveränderung – besser als Medikamente

Lebensstilveränderung anstelle von medikamentöser Blutzuckerkosmetik

Unumstritten haben Antidiabetika, also Medikamente zur Blutzuckerregulation, in der Diabetestherapie ihre Berechtigung. Zum richtigen Zeitpunkt angewendet, verbessern sie die Einstellung. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt? Diese Frage kann nur ein erfahrener Arzt klären, denn eine falsche und überhastete medikamentöse Therapie ist teuer, birgt erhebliche Risiken und verschlechtert die Heilungschancen. Sicher ist, dass Antidiabetika auf eine Normalisierung des Blutzuckers abzielen und an der Ursache, der Insulinresistenz, nichts oder, wie im Fall der Glitazone, nur ansatzweise etwas verändern können.

Die mit einer medikamentösen Therapie verbundene „Blutzuckerkosmetik“ bestärkt viele Diabetiker noch in dem gefährlichen Glauben, weitermachen zu können wie bisher. Langfristig betrachtet wäre das der völlig falsche Weg. Vor allem, wenn eine Normalisierung des Blutzuckers mit Insulin erzwungen wird, wie das leider häufig mit Sulfonylharnstoffen und Gliniden geschieht. Werden sie zu früh bzw. in einem Diabetesstadium mit normalen oder erhöhten Insulinspiegeln gegeben, wird die Insulinresistenz sogar verstärkt (vgl. Abb. 10). Auf die zusätzliche Insulinfreisetzung reagieren die Zellen mit einem noch stärkeren Herunterfahren der Insulinandockstellen, was eine erhöhte Medikamentendosis nach sich zieht. Die ohnehin überforderte Bauchspeicheldrüse muss nun noch mehr leisten. Irgendwann kommt es zum „Kollaps“ und es hilft nur noch die Gabe von Fremdinsulin, vergleichbar dem Typ I Diabetes. Neben abnormen Blutzuckerwerten sollten folglich die Risiken eines hohen Insulinspiegels wesentlich stärker in Betracht gezogen werden.

Ein hoher Insulinspiegel fördert Fettablagerungen im Bauch und in Blutgefäßen

Insulin ist das wichtigste Speicherhormon. Je mehr Insulin im Blut zirkuliert, desto mehr wird der Abbau von gespeicherten Fetten gehemmt, die Insulinresistenz der Zellen verstärkt und Hunger ausgelöst. Bluthochdruck sowie Fett- und Cholesterinstoffwechselstörungen werden gefördert. Daraus resultieren arteriosklerotische Prozesse in den großen Blutgefäßen (Makroangiopathie), insbesondere die bei Diabetikern gefürchteten Durchblutungsstörungen in den Füßen. Für die Schäden an den kleinen Blutgefäßen (Mikroangiopathie) von Augen, Nieren und Nerven – letztere äußern sich durch Empfindungsstörungen wie Kribbeln, Fußbrennen, Wadenkrämpfe oder Schmerzen an Unterschenkeln und Füßen – ist dagegen der hohe Blutzuckerspiegel hauptverantwortlich. Darüber hinaus stimuliert Insulin das Wachstum von Zellen, was als ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung von Krebs angesehen wird.

3.1.2 Lebensqualität durch gute Einstellung

Mit einer dem Diabetesstadium optimal angepassten Ernährung und, falls notwendig, medikamentösen Therapie, erreicht nahezu jeder Diabetiker eine weitgehend normale Lebensqualität und -dauer. Mit diesem Ziel sollten Diabetiker ihre Einstellung mit der heute zur Verfügung stehenden modernen Diagnostik regelmäßig überprüfen. Die wichtigsten Messungen sind neben Blut- und Harnzuckerkontrollen die Bestimmung der Blutfett-, Leber-, Harnsäure-und Blutdruckwerte.

Blutzuckerwerte messen, richtig interpretieren und handeln

Differenziert wird zwischen Nüchtern- und postprandialem Wert, der nach den Mahlzeiten gemessen wird. Die Messung der Blutzuckerwerte ist immer eine Momentaufnahme. Sie ermöglicht ungefähre Aussagen über den Blutzuckerverlauf der letzten Stunden. Neben Einzelmessungen sind Tagesprofile sinnvoll, wobei der Nüchternwert sowie die Blutzuckerwerte etwa zwei Stunden nach den Hauptmahlzeiten gemessen werden. Tagesprofile ermöglichen eine Optimierung der diätetischen oder medikamentösen Einstellung, indem sie den Erfolg eines veränderten Ernährungsverhaltens für Therapeut und Klient sichtbar machen. Somit stellen sie ein wichtiges Instrument zur Motivationssteigerung dar.

Darüber hinaus sollte in Abständen von ca. drei Monaten, bei guter Einstellung ein bis zweimal pro Jahr, der HbA1c-Wert überprüft werden. Er lässt Rückschlüsse auf die Blutzuckerwerte in den zurückliegenden zwei bis drei Monaten zu und gibt an, wie viel Prozent des Hämoglobins in verzuckerter Form vorliegen. Der normale Verzuckerungsgrad liegt bei etwa 5 %. Je höher der Anteil, desto stärker ist die Funktion des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, der unsere Zellen mit Sauerstoff versorgt, beeinträchtigt. Gleichzeitig ist ein hoher HbA1c-Wert ein Indikator für eine Belastung des Körpers mit verzuckerten Eiweißstoffen (vgl. S. 211, AGEs), die den Einstrom von Zucker in die Zellen behindern können.

Zucker ist ungesund – besonders im Urin

„Diabetes mellitus“ bedeutet auf Griechisch honigsüßer Durchfluss. Schon die alten Griechen diagnostizierten Diabetes über die Harnschau, indem sie daran schnupperten und auch mal ein Tröpfchen kosteten. Eine gute Diabeteseinstellung hat zum Ziel, die Ausscheidung von Glukose über den Urin weitgehend zu verhindern. Ein positiver Test spiegelt eine unbefriedigende Einstellung, weil Glukose erst bei Blutzuckerwerten zwischen 160–180mg/dl Blut im Urin messbar ist.

Wichtig ist die Messung des Morgen-Urins. Fällt sie positiv aus, lagen hohe Blutzuckerwerte in der Nacht vor. Nicht weniger problematisch ist der Nachweis von Harnzucker nach den Mahlzeiten, was im Anschluss an ein Kaffeekränzchen schon mal auftreten kann. Bei häufig erhöhten Werten sollten Sie den zugrunde liegenden Ursachen auf den Zahn fühlen. Dringender Handlungsbedarf besteht bei Werten von über 0,5 % Glukose im Urin. Bakterien lieben das „Zuckerwasser“. Die Folge sind wiederholt auftretende Harnwegsinfekte, die sich bis in die Nieren hinein ausbreiten können.

Eiweißausscheidung zeigt Nierenschädigung

Fast ein Drittel aller Diabetiker leidet an Nierenkrankheiten, wobei vor allem Schädigungen an den kleinen Nierengefäßen Störungen in der Filterfunktion bewirken. Bluteiweiße gelangen auf diese Weise vermehrt in den Urin. Besonders leicht geschieht das bei Albumin, weshalb ein- bis zweimalige Messungen pro Jahr empfehlenswert sind.

Der Nachweis von mehr als 15 mg Albumin pro Liter Urin lässt zuverlässig den Beginn einer Nierenschädigung erkennen. Je höher die Werte liegen, desto wichtiger ist eine Einschränkung der Eiweißzufuhr auf 0,6–0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht. Dadurch kann einem Fortschreiten der Nierenfunktionsstörung und einem Anstieg des Blutdrucks entgegen gewirkt werden. Für Diabetiker mit gesunden Nieren wird eine Eiweißaufnahme von max. 0,8-1,0 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen.

Tabelle 8: Zielgrößen bei Diabetes mellitus nach European NIDDM Policy Group

3.1.3 Stoffwechselaktive Vollwertkost – Gesundheit ist essbar

Eine hochwertige Lebensmittelauswahl, -qualität, -zubereitung und -kombination in Anlehnung an die Empfehlungen der Pyramide (vgl. S. 90–93) ist neben einer der Stoffwechselsituation angepassten Verteilung der Mahlzeiten die wichtigste Vorraussetzung für eine gute Diabeteseinstellung. Zur Überprüfung meiner Aussagen können in der Umstellungsphase der Ernährung regelmäßige Blutzuckerkontrollen durchführt werden. Auf diese Weise bekommt man ein Gefühl, wie der Körper auf die Rezepte (Teil III) reagiert. Sie sind so zusammengestellt, dass die natürliche Regulation des Stoffwechsels durch eine ausgewogene Nähr- und Wirkstoffrelation bestmöglich gefördert wird. Trotzdem sind für Diabetiker vor allem bei Müsli, Fruchtaufstrichen, Süßspeisen, Kuchen, Plätzchen, Süßungsmitteln und allgemein im Umgang mit Kohlenhydraten, Vitalstoffen sowie Alkohol einige Besonderheiten zu beachten. Spezielle Diabetiker Lebensmittel sind weder zu empfehlen noch notwendig (siehe unten).

Diabetiker brauchen gut verpackte Kohlenhydrate

Viele Diabetiker greifen aus Angst vor Kohlenhydraten bzw. zu hohen Blutzuckerspiegeln bei Fleischgerichten mit Soßen, Wurst und Milchprodukten kräftig zu. Diese enthalten kaum Kohlenhydrate, dafür aber umso mehr gesättigte Fette, Cholesterin, Purine und Kalorien. Mit einer zu einseitig auf tierische Lebensmittel ausgerichteten Ernährung sind die in Kapitel 3.5.5 dargestellten Empfehlungen bezüglich Qualität und Quantität von Fetten nicht umsetzbar. So kommt es häufig zu erhöhten Cholesterin-, Neutralfett-, Harnsäure- und Blutdruckwerten. Gleichzeitig wird durch eine verminderte Glukosetoleranz die Aufnahme von Kohlenhydraten in die Zellen erschwert. Diese Probleme treten in ihrer Gesamtheit bei Vegetariern viel seltener auf, wie in wissenschaftlichen Studien eindeutig belegt wurde.

Auch die Meinung, dass eine eiweißreiche Ernährung die Aufnahme von Kohlenhydraten ins Blut verzögere, wurde in neueren Studien widerlegt. Zu einem niedrigeren Blutzuckerspiegel kommt es nur durch eine verringerte Aufnahme von Kohlenhydraten im Austausch gegen Eiweiß. Allerdings erweisen Sie sich damit insbesondere in einem fortgeschrittenen Diabetesstadium mit beginnender Nierenfunktionsstörung einen Bärendienst (vgl. Kap. 3.1.2).

Kohlenhydrate sind für Diabetiker nicht per se schlecht. Die früher weitgehend verbotenen Hülsenfrüchte sind sogar besonders empfehlenswert, da sie wie Vollkorngetreide und -produkte viele Ballaststoffe enthalten. In den Hauptgerichten (siehe Teil 3) liegen durchschnittlich 300 g Gemüse mit 40–50 g Getreide, Hülsenfrüchten oder Nudeln (jeweils Trockengewicht) vor. Dieses Verhältnis von etwa 6:1 ist die Zauberformel zu einem kalorisch leichteren, diabetesgerechten oder vielleicht sogar diabetesfreien Leben.

Eine genauere Bewertung von Kohlenhydraten lässt der von dem kanadischen Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. David Jenkins (Universität Toronto) speziell für Diabetiker entwickelte „Glykämische Index“ und der als „Glykämische Last“ bezeichnete Wert zu (vgl. S. 175–177). Danach sind stark verarbeitete kohlenhydrathaltige Lebensmittel zu meiden. Ernährungsphysiologisch wertvolle Lebensmittel wie Bananen und Kartoffeln, die einen relativ hohen glykämischen Index haben, sollten insbesondere bei größeren Portionen mit Lebensmitteln kombiniert werden, die sich durch einen niedrigen glykämischen Index auszeichnen. Ideal sind Kombinationen von Kartoffeln mit der drei- bis vierfachen Menge Gemüse- und/oder Salat sowie mit Hülsenfrüchten. Alternativ zur Kartoffel hat sich die als Diabetiker-Kartoffel bezeichnete Topinambur bewährt (vgl. S. 121). Bananen können gut im Müsli und in Müsliriegeln, süßlichen Salaten sowie Aufläufen verpackt werden. Gelangen gleichzeitig entsprechend den Rezepten kleine Mengen Fette zum Beispiel aus Nüssen, Samen, Avocado, Ölen oder Milchprodukten in die Speisekammer unseres Körpers, dann tröpfeln die Kohlenhydrate ins Blut. Der Insulinbedarf nimmt ab, sodass auch bei einer eingeschränkten Funktion der Bauchspeicheldrüse erhöhte Blutzuckerwerte vermieden werden können. Dadurch sind aufwendige Berechnungen von Broteinheiten (BE) in der Regel nicht mehr notwendig. Ihr Nachteil ist nämlich, dass sie sich ausschließlich auf die Kohlenhydratmenge beziehen (1 BE entspricht 12 g Kohlenhydraten). Die unterschiedliche Blutzuckerwirksamkeit von Lebensmitteln bleibt unberücksichtigt.

Darüber hinaus untersuchte Jenkins die Auswirkungen einer Ernährung, bei der schnell ins Blut schießende Kohlenhydrate vermieden wurden, auf den Fettstoffwechsel von gesunden Männern. Schon nach zwei Wochen war der Insulinspiegel um 32 % gesunken. Das wiederum senkte, durch eine Hemmung der Cholesterinproduktion in der Leber, den Cholesterinspiegel um durchschnittlich 15 %. Wie sich dagegen eine stark verarbeitete Kost mit einem hohen Anteil an hoch raffinierten Kohlenhydraten bei gleichzeitigem Bewegungsmangel auswirken kann, zeigt das Beispiel der in Arizona lebenden Pima-Indianer, die mit einem Anteil von 50 % Diabetikern die weltweit höchste Diabetesrate aufweisen.

Obst, Müsli und Gemüse

Obst ist für Diabetiker ein gesundes Lebensmittel, ob nun pur oder als Zutat im Müsli. Lediglich größere Portionen von Bananen, Ananas, Honigmelonen, Mangos, Mirabellen und Trauben sollten bei zu hohen Blutzuckerwerten zugunsten von Obstsorten mit geringerer Blutzuckerwirksamkeit reduziert oder ausgetauscht werden. Obst enthält immer verschiedene Zuckerarten, vor allem Glukose, Saccharose und Fruktose, die sich auf den Blutzuckerspiegel unterschiedlich auswirken (vgl. Kap. 3.5.11). Glukose schießt, Saccharose fließt und Fruktose sowie Laktose sickert weitgehend insulinunabhängig ins Blut. Deshalb sind fruktosereiche Früchte (z. B. Äpfel, Birnen) bzw. die zuckerarmen Beeren- und Zitrusfrüchte für Diabetiker besser geeignet als die oben erwähnten glukose- bzw. saccharosereichen.

Neben der Zuckerart und -menge spielt bei der Bewertung von Früchten der Ballaststoffgehalt eine wichtige Rolle. Ballaststoffe verzögern die Aufnahme von Zuckermolekülen, weshalb frisches Obst besser geeignet ist als Obstsäfte. Auch Trockenfrüchte enthalten viele Ballaststoffe. Durch den Entzug von Wasser kommt es allerdings zu einer Konzentration der Zuckermoleküle, sodass ein sparsamer Gebrauch empfehlenswert ist. Äpfel, Birnen, Aprikosen und Pflaumen sind besser geeignet als Datteln, Rosinen und Bananen.

Wichtig ist die Kombination der verschiedenen Zutaten. Im Müsli sind neben Obst, Trockenfrüchten und Vollkorngetreide auch Milch oder Milchprodukte sowie Nüsse und Samen enthalten, die den Ballaststoff- und Fettgehalt erhöhen und die Aufnahme der Zuckermoleküle verzögern. Von den „Getreidesorten“ haben sich Quinoa, Amaranth, Naturreis, Wildreis, Hafer, Haferflocken und Dinkel als Frischkornvariante besonders bewährt. Als Faustregel gilt auch für ein leichtes Diabetiker-Müsli: Sechsmal soviel Obst wie Getreide (Trockengewicht).

Noch langsamer als die Kohlenhydrate von Obst gelangen die von Gemüse ins Blut, aber auch hier gibt es Ausnahmen wie Rote Bete, Möhren, Kürbis, Kohlrübe oder Pastinaken (GI: 60–75), die in größeren Mengen, allerdings nur im gekochten Zustand, den Blutzuckerspiegel von Diabetikern stärker belasten können. Aber auch auf sie muss aufgrund ihres relativ niedrigen Kohlenhydrat- und Energiegehalts keineswegs verzichtet werden.

Fruchtaufstriche

Diabetiker können Fruchtaufstriche in normalen Portionsgrößen durchaus genießen. Aufgrund ihres extrem hohen Fruchtanteils enthalten sie viel weniger Zucker und Kalorien als handelsübliche Marmeladen und Konfitüren einschließlich spezieller Diabetikerprodukte. Bei zu hohen Blutzuckerwerten sollte Honig, der ins Blut schießt, gegen Fruchtzucker oder den fruchtzuckerreichen Dicksaft der blauen Agave ausgetauscht werden. Auch die mit Trockenfrüchten abgebundenen, roh gerührten Fruchtmuse sind gegenüber den honiggesüßten vorteilhaft. Empfehlenswert sind Kombinationen mit Vollkornbrot oder -brötchen, Quark und ein paar gehackten Nüssen oder Samen. Fette verzögern die Zuckeraufnahme! Sie mögen lieber Herzhaftes? Umso besser! Dann sind die Aufstriche ab Seite 288 optimal.

Süßspeisen, Kuchen und Plätzchen

Für Diabetiker sind die fett- und zuckerarmen Rezepte besonders empfehlenswert, wenn etwa Honig und Bananen gegen Agavendicksaft oder Fruchtzucker ausgetauscht werden. Bei Verwendung von Fruchtzucker sollte die verringerte Flüssigkeitsmenge zum Beispiel durch einen etwas höheren Obstanteil ausgeglichen werden.

Isolierte Kohlenhydrate – nichts als leere Kalorien

In einer vollwertigen Ernährung tolerieren Diabetiker kleine Mengen Haushaltszucker (Saccharose) meist ohne Verschlechterung der Blutzuckerwerte. Häufig wird der süße Geschmack jedoch zu einer lästigen Gewohnheit. Aus dem Wenigen wird speziell für Diabetiker zu viel. Vor allem Glukose, Maltose, Dextrin, Dextrose, Maltodextrose, isolierte oder modifizierte Stärke, Isoglukose und Glukosesirup sollten ebenso wie die künstlichen Süßstoffe aus der Diabetiker-Küche weitgehend verbannt werden (vgl. Kap. 3.5.11 und Tab. 42). Sie befinden sich in vielen industriell hergestellten Lebensmitteln. Als Alternativen haben sich in wohldosierter Menge Fruchtzucker, Agavendicksaft, Zuckeraustauschstoffe (Xylit, Sorbit, Mannit), die genannten Trockenfrüchte, Apfel- und Birnendicksaft sowie Stevia (vorzugsweise die frischen Blätter) bewährt. Stevia hat, wie die künstlichen Süßstoffe, keinen oder sogar einen eher senkenden Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und ist im Hinblick auf Gesundheit und Gewichtsentwicklung weitaus weniger bedenklich.

Spezielle Diabetiker Lebensmittel – meistens teure Mogelpackungen

Viele Diätprodukte geben Diabetikern das Gefühl, dass sie ohne Bedenken gegessen werden können. Diabetikerkuchen, -gebäck, -schokolade, -süßigkeiten und Diabetikerkonfitüre enthalten zwar „diabetesgerechte Zuckerarten“, in der Regel sind sie aber genauso übersüßt wie handelsübliche Produkte. Fruchtzucker liefert nicht weniger Kalorien als der normale Haushaltszucker. In zu großen Mengen fördert er Gewichtsprobleme, belastet den Fettstoffwechsel und stört, ähnlich wie die Zuckeraustauschstoffe, das Wohlbefinden im Darm. So treten häufig starke Blähungen und Durchfälle auf. Zudem enthalten viele Produkte reichlich gesättigte und gehärtete Fette, die das Risiko für die Entstehung von Spätschäden an den Blutgefäßen fördern.

Die bei der Fetthärtung entstehenden Transfettsäuren werden drei- bis viermal schädlicher als gesättigte Fette eingestuft. Sie werden in die Zellmembranen eingelagert und reduzieren die Empfindlichkeit der Insulinrezeptoren. Nach einer Studie der Harvard Universität steigt bereits bei einem Mehrverzehr von 2 % Transfettsäuren das Risiko für Diabetes um 40 % und für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um über 50 %. Aus diesen Gründen ist für Diabetiker ein Austausch von gehärteten oder teilweise gehärteten Fetten (siehe Zutatenliste) gegen einfach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren besonders empfehlenswert (vgl. Kap. 3.5.5). Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass die Aufnahme von Transfettsäuren unter einem Prozent der Gesamtenergiezufuhr liegen sollte. Bei einem Energiebedarf von 2000 kcal wären das ca. 2,2 g. Eine Portion Pommes frites, ein Berliner oder vier Kekse liefern etwa das Doppelte. Natürlich dürfen auch Diabetiker naschen. Fällt Ihnen die Zurückhaltung schwer, ändern Sie Ihre Strategie in eine Richtung, die uns Nietzsche nahe legt. „Es ist leichter, einer Begierde ganz zu entsagen, als in ihr Maß zu halten“.

Vitalstoffe schützen vor aggressiven Molekülen

Bei Diabetes ist das Gleichgewicht im Körper verschoben: Aggressive Moleküle bzw. freie Radikale nehmen zu, körpereigene Schutzmechanismen zu deren Neutralisierung ab. Fachleute sprechen von oxidativem Stress, weil die aggressiven Moleküle durch Reaktionen mit Sauerstoff entstehen. Je höhere Blutzuckerwerte vorliegen, desto ausgeprägter sind Diabetiker oxidativem Stress und damit einem deutlich erhöhten arteriosklerotischen Risiko ausgesetzt. Die in der stoffwechselaktiven Vollwertkost vorhandene optimale Aufnahme von anti-oxidativen Schutzstoffen schützt dagegen vor Gefäßschäden (vgl. Kap. 3.5). Nach aktuellem Wissenstand sind für Diabetiker sekundäre Pflanzenstoffe wie Polyphenole, Flavonoide und Carotinoide, die Vitamine C, E, D und B sowie die Mineralien Chrom und Magnesium besonders wichtig. Zink wird für die Produktion, Speicherung und Freisetzung von Insulin benötigt. Chrom, Magnesium und Vitamin D verbessern die Aufnahme des Zuckers in die Zellen. Die B-Vitamine (v. a. B1) schützen vor den in Kap. 3.1.1 beschriebenen Nervenschäden.

Alkohol – auf die Menge kommt es an!

Für Diabetiker gelten im Umgang mit Alkohol unter Berücksichtigung der folgenden Zusammenhänge die in Kap. 3.5.12 dargestellten Empfehlungen. Wir leben in einer verführerischen Welt – hier und da ein Gläschen, dazu ein paar Häppchen Käse oder etwas zum Knabbern. Der Gürtel spannt und im Hinterkopf wissen wir längst: Abspecken und Alkohol sind einfach kein gutes Gespann. Da denkt sich der eine oder andere, wenn es schon nicht ohne Alkohol geht, dann vielleicht ohne Essen, sozusagen als Ausgleich. Für medikamentös behandelte Diabetiker ist das nicht ganz ungefährlich. Alkohol fördert Unterzuckerungen, die sich durch Zittern, Heißhunger, ein flaues Gefühl im Magen, Herzrasen, Kaltschweißigkeit, Blässe oder stark gerötete Gesichthaut bemerkbar machen.

Tabelle 9: Normwerte für die Leber [U/l = Units (Maßzahl für Enzymaktivität)/Liter]

  Männer Frauen
GOT 80 bis 110 ≤140
GPT 80 bis 144 ≤180
GGT < 6,5 ≤7,5

Fehlen die Kohlenhydrate, kann es nach abendlichem Alkoholkonsum zu Unterzuckerungen in der Nacht kommen, die nicht wahrgenommen werden. Am Morgen sind die Blutzuckerwerte sogar oft zu hoch, da der Körper als Gegenreaktion die Glukoseneubildung und Mobilisation von gespeichertem Traubenzucker anregt. Diese Reaktionen muss der zu regelmäßigem Alkoholkonsum neigende Diabetiker kennen. Vor allem sollte er seinen Arzt über seine Trinkgewohnheiten informieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass durch eine nicht indizierte Erhöhung der Medikamentendosis, Unterzuckerungen verstärkt auftreten.

Diabetes ist zudem eine häufige Ursache für die Entstehung einer Fettleber. Dabei werden vermehrt Leberzellen zerstört und die Leberenzyme Gamma GT, GOT und GPT gelangen ins Blut. In diesen Fällen ist auch ein Gläschen pro Tag fehl am Platz. Die Leber ist nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein dankbares Organ. Selbst ausgeprägte Formen einer Fettleber bilden sich durch Abstellen der Risikofaktoren, insbesondere beim Heilfasten, zurück.

Mahlzeitenrhythmus individuell festlegen

Die gesunde Bauchspeicheldrüse setzt eine über den Tag verteilte, relativ gleichbleibende Grundinsulinmenge frei (ca. eine Insulineinheit/Stunde). Nach den Mahlzeiten reagiert sie in Abhängigkeit vom Blutzuckeranstieg mit der Ausschüttung von zusätzlichen fünf bis zehn Einheiten Insulin. Eine in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkte Bauchspeicheldrüse ist mit diesem erheblichen Mehrbedarf an Insulin überfordert, insbesondere bei größeren Kohlenhydrat- und Nahrungsmengen im Rahmen von zwei oder drei Mahlzeiten. Folglich kommt es nach dem Essen häufiger zu erhöhten Blutzuckerwerten, die im Hinblick auf Gefäßschäden besonders problematisch sind.

Mit der Verteilung der Kohlenhydrate auf mehrere kleine Mahlzeiten (drei bis sechs) sinkt der mahlzeitenabhängige Mehrbedarf an Insulin. In der Mehrzahl der Fälle reicht die freigesetzte Insulinmenge dann aus, um zu hohe Blutzuckerwerte zu vermeiden. Eine starre Festlegung der Mahlzeitenverteilung halte ich trotz dieser Vorteile für kontraproduktiv, da einige Diabetiker auch mit drei Mahlzeiten eine sehr gute Einstellung erzielen. Überprüfen Sie unter Berücksichtigung Ihrer Lebens- und Arbeitssituation sowie der Gewichtsentwicklung, mit welchem Rhythmus Sie die besseren Ergebnisse erzielen. Keinen Gefallen tun Sie sich, wenn Sie nach getaner Arbeit am Abend ausgehungert nach Hause kommen und die schnelle Küche mit doppelten Portionen bevorzugen (vgl. Kap. 3.6).

Andererseits können beim Weglassen von Mahlzeiten oder zu starker körperlicher Belastung, vor allem bei Behandlung mit Insulin bzw. Medikamenten, die die Insulinproduktion anregen, schwere Unterzuckerungen auftreten. In diesen Fällen müssen Sie Ihre Mahlzeiten hinsichtlich Kohlenhydratmenge und -verteilung der körperlichen Belastung bzw. dem Wirkmuster der Medikamente anpassen.

3.1.4 Cholesterin – „Buhmann“ mit lebensnotwendigen Funktionen

Cholesterin wird zum Aufbau von Zellmembranen, für die Gallensäuren- und Hormonproduktion sowie zur Bildung von Vitamin D benötigt. In Bezug auf den Cholesterinspiegel sind die einzelnen Cholesterinfraktionen wichtiger als das Gesamtcholesterin. Anzustreben sind möglichst niedrige LDL- („Lass das lieber!“) und hohe HDL- („Hab dich lieb!“) Werte. Ideal ist ein HDL von über 60mg/dl.

Zirkuliert zu viel Cholesterin, vor allem in Form cholesterinreicher LDL-Fett-Eiweiß-Stoffe, in unseren Adern bzw. liegt das Verhältnis von LDL zu HDL über dem Zielwert, so ist das ein erstes messbares Anzeichen dafür, dass der Fettstoffwechsel aus dem Takt geraten ist. Bei Diabetikern steigt damit die Gefahr einer Verzuckerung und Oxidation von LDL (Oxi-LDL). Die LDL-Moleküle haften dann fast wie „Karamellbonbons“ an und in den Gefäßwänden. Dies können die „Müllmänner“ im Blut – die HDL Partikel – verhindern. Sie sammeln die überschüssigen Blutfette im Blut und Gewebe ein, bringen sie zurück zur Leber und entschärfen damit das arteriosklerotische Risiko.

Fettstoffwechselstörungen können als Folge einer genetisch bedingten Verminderung von LDL-Andockstellen an den Zellen aber auch aufgrund von Erkrankungen der Schilddrüse oder Gallenwege auftreten. In den meisten Fällen sind jedoch lebensstilbedingte Faktoren wie Stress, Bewegungsmangel und Fehlernährung verantwortlich.

Die mit der Nahrung aufgenommene Cholesterinmenge gelangt im Durchschnitt nur zu etwa 10 % vom Darm ins Blut, wobei genetische Faktoren erhebliche Unterschiede bewirken. Insbesondere ein hoher Ballaststoffgehalt vermindert die Resorption. Gleichzeitig bewirken Ballaststoffe eine vermehrte Stuhlausscheidung von Gallensäuren. Um die Verluste auszugleichen, produziert die Leber aus dem vorhandenen Blutcholesterin neue Gallensäuren. Ist der Cholesterinspiegel dennoch zu hoch, wird die körpereigene Produktion in der Leber gedrosselt. Sie ist der Chef in Sachen Cholesterinstoffwechsel, indem sie 50 bis 60 % des Cholesterinbedarfs bildet. Weitere 10 % werden in den Darmzellen produziert.

Trotz der beachtlichen körpereigenen Produktion entlastet die Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel den Cholesterinstoffwechsel. Sie spart ja nicht nur Cholesterin, sondern auch Kalorien und gesättigte Fette, die die Andockstellen für LDL an den Zellen reduzieren. Einfach und mehrfach ungesättige Fettsäuren nehmen dagegen zu. Sie machen die Zellen empfindlicher für die Aufnahme von LDL. Darüber hinaus verbessert sich die Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen, Phytosterinen und anderen sekundären Pflanzenstoffen. In ihrer Gesamtheit hemmen diese Stoffe direkt oder über Abbauprodukte auch die körpereigene Cholesterinproduktion.

Wie wichtig die Normalisierung des Fettstoffwechsels und auch des Blutdrucks für Diabetiker ist, dokumentieren die Ergebnisse der deutschen PROCAM-Studie: Lagen keine traditionellen Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck und Hypercholesterinämie vor, erlitten sechs von 1000 Personen innerhalb von vier Jahren einen Herzinfarkt. Bei Diabetes stieg die Zahl auf 15, bei Bluthochdruck und Diabetes auf 48 und bei Hypercholesterinämie und Diabetes auf 114 Personen.

Mitten im Körper können sich die „Tun-Doch-Nicht-Weh-Beschwerden“ zu einem Vulkan potenzieren, der irgendwann zum Ausbruch kommt. Beachten Sie deshalb die folgenden Zielwerte von WHO (Weltgesundheitsorganisation) und FAO (Food and Acriculture Organisation):

Tabelle 10: Richtlinien gemäß WHO und FAO

Triglyceride bis 200 mg/dl
Gesamtcholesterin bis 200 mg/dl
LDL 135 bis max. 155 mg/dl (optimal unter 130)
HDL Frauen: mindestens 40 mg/dl (optimal über 60)
  Männer: mindestens 35 mg/dl (optimal über 60)
Verhältnis LDL/HDL Zielwert: unter 3 steigendes Risiko: 3–5 hohes Risiko: über 5

3.1.5 Harnsäureflut – Stress für Diabetikernieren

Diabetiker haben häufig zu viel Harnsäure im Blut, die aus dem enzymatischen Abbau von Purinen in der Leber entsteht. Dabei handelt es sich um lebensnotwendige Bausteine und Bestandteile der Zellen aller Lebewesen. Sie sind Träger der Erbinformation und haben wichtige Funktionen bei der Steuerung des Zellstoffwechsels. Die bei der Zellerneuerung freigesetzten bzw. mit der Nahrung aufgenommenen Purine werden zu Harnsäure abgebaut und über Niere und Darm ausgeschieden.

Steigen die Werte im Blutserum in einen Bereich von über 6,5 mg/dl erhöht sich das Risiko, dass es zur Bildung von Harnsäurekristallen kommt. Bei Werten über 8–9 mg/dl ist die Gefahr besonders groß, weshalb eine medikamentöse Reduzierung (z. B. Allopurinol) anzuraten ist. Bei der Entstehung von Harnsäurekristallen werden diese bevorzugt in Nieren (Gichtniere), Ohrmuschel, Bindegewebe und Gelenken (vorzugsweise im Großzehengrundgelenk) eingelagert. Neben Nierenfunktionsstörungen, Harngrieß, Nierensteinen, Bluthochdruck und Gelenkentzündungen können sie einen von stechendem Schmerz begleiteten Gichtanfall auslösen. Männer sind etwa zehnmal so oft betroffen wie Frauen. Die früher als Krankheit der Reichen beschriebene Gicht tritt in Notzeiten extrem selten auf.

Bei der Gicht handelt es sich um eine vererbbare Stoffwechselerkrankung, die auf einer gestörten Harnsäureausscheidung über die Niere beruht. An der genetischen Belastung können Betroffene nichts ändern, an ihrem Lebensstil allemal. Hochkalorische Ernährung, Übergewicht und purinreiche Ernährung fördern einen Anstieg der Harnsäurekonzentration, während eine geringe Flüssigkeitszufuhr und die Aufnahme von Alkohol die Ausscheidung erschweren. Darüber hinaus führt Alkohol in größeren Mengen zu einer vermehrten Harnsäurebildung. Bei Werten im Risikobereich sollten Sie unbedingt die Nieren durch reichliche Flüssigkeitsaufnahme (Wasser, Tee) durchspülen und die Aufnahme von Harnsäure auf maximal 500 mg Harnsäure pro Tag begrenzen (vgl. aktuelle Harnsäuretabellen).

Purinreiche Lebensmittel sind Innereien (Leber, Niere, Zunge, Herz, Bries, Lunge), Fleisch, Wurst, Fisch (v. a. Ölsardinen, Sprotten, Sardellen, Meeresfrüchte), Fleisch- und Hefeextrakte sowie Hülsenfrüchte und einige Sojaprodukte. Die Mengen sollten entsprechend der Harnsäurekonzentration reduziert oder bis zum Abfallen in einen akzeptablen Bereich vorübergehend vollständig gemieden werden. Empfehlenswert ist zudem die Reduzierung einiger Gemüsesorten (Erbsen, Schwarzwurzeln, Rosenkohl, Broccoli, Gemüsemais, Spinat, Pilze, Sauerampfer, Blumenkohl), da Mengen von 300–500 g plus Salate zu einer beachtlichen Purinaufnahme führen können. Nüsse und Samen enthalten ebenfalls harnsäurebildende Purine, die aber in den empfohlenen Mengen keine wichtige Rolle spielen. Langfristig bieten die ovo-lakto-vegetarisch orientierten Empfehlungen in der Ernährungspyramide (siehe S. 93) ideale Möglichkeiten, die Harnsäurewerte zu verbessern. Eier, Milch und Milchprodukte sowie Kaffee haben keinen wesentlichen Einfluss auf den Harnsäurespiegel.

Tabelle 11: Normale Harnsäurewerte

für Männer: 3,5 bis 5,5 mg/dl Serum
für Frauen: 2,5 bis 4,5 mg/dl Serum

3.1.6 Diabetes und Bluthochdruck – Resultat eines ungesunden Lebensstils

Unser Lebensmotor ist das Herz. Es schlägt täglich etwa 100.000 Mal und pumpt dabei in Ruhe ca. 7000 Liter Blut durch Ihre Gefäße. Zieht sich die linke Herzkammer zusammen, wird das Blut (systolischer Blutdruck) in die Hauptschlagader (Aorta) gedrückt und weiter bis in die kleinsten Blutgefäße vom Scheitel bis zur Fußsohle. Anschließend erschlafft das Herz wieder und der Druck in den Gefäßen lässt nach (diastolischer Druck). Gemessen wird der Blutdruck in Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Er ist abhängig von der aktiven Gefäßspannung, der Elastizität der Gefäßwände und vom Herzminutenvolumen, also der Blutmenge, die ihr „Lebensmotor“ pro Minute in die Gefäße pumpt. In Ruhe sind das bei 60–70 Schlägen pro Minute (Puls) etwa fünf Liter, unter Belastung beim Joggen, Radfahren oder einem Streit kann daraus die drei- bis vierfache Menge werden.

Ständiger Stress, innere Anspannung, Überforderung, Feindseligkeit, Neid, Schuldgefühle, Ärger, Angst, etc. führen zu einer Daueraktivierung von unserem Antriebssystem, dem sympathischen Nervensystem. Daraus resultiert eine vermehrte Bildung von Stresshormonen. Sie ziehen die Blutgefäße zusammen und der Blutdruck steigt: Sie können hellwach und voller Energie der Gefahr begegnen oder ihr nach dem Motto der „Stärkere ist schneller“ davonspurten. Während der Kämpfertyp noch mit Stresshormonen überflutet wird, haben Sie Ihre schon abgebaut.

Die Gefäße entspannen sich unter dem Einfluss unseres Erholungssystems, dem parasympathischen Nervensystem. Es stellt sich eine für Ihre Lebensqualität und -dauer entscheidende Frage: Mit welchen Reaktionsmustern können Stressfallen entschärft werden (vgl. Kap. 3.1.9)? Unterstützen können Sie Ihr Erholungssystem durch geeignete Hobbys (z. B. Gartenarbeit), regelmäßige Bewegung an der frischen Luft mit leichten Ausdauersportarten (Sportarten mit hohem Krafteinsatz bzw. stark wechselnden Belastungsintensitäten dagegen meiden), Kneippsche Anwendungen und mildes Saunieren (mäßige Warm-Kalt-Reize), Tanzen, Malen, Gesellschaftsspiele, lustige Hörbücher, Filme und CDs sowie kulturelle Veranstaltungen. Ein Highlight pro Woche sollte immer drin sein. Darüber hinaus haben sich gezielte Entspannungstechniken wie Atemübungen, Meditation, Yoga (v. a. Lach-Yoga), Autogenes Training, Tai Chi, Qi Gong, Fantasiereisen sowie Progressive Muskelentspannung nach Jacobson sehr gut bewährt. Befassen Sie sich mit den einzelnen Techniken. Die Methode, die Sie am meisten anspricht, erlernen Sie unter Anleitung eines Therapeuten. Entspannung ist durch regelmäßiges Training erlernbar. Bauen Sie täglich kleine Entspannungsrituale von zwei bis drei Minuten wie zum Beispiel Dehnungs- oder Atemübungen in Ihren Tagesablauf ein.

Beim Gesunden passen sich die Gefäßwände im Rahmen einer ganz normalen und ungefährlichen Reaktion immer der jeweiligen Belastungssituation an. Ist der Blutdruck aber ständig zu hoch, bewirkt die damit verbundene Dauerbelastung eine Erweiterung des Herzmuskels, die zu Herzschwäche führt. Bei körperlichen Anstrengungen ist der Herzmuskel dann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, was ein starkes Engegefühl im Brustkorb auslösen kann (Angina pectoris). Hinzu kann eine Verdickung und Verkalkung der Gefäßwände kommen: Diese verengen sich und verlieren ihre Elastizität, was mit Funktionsbeeinträchtigungen in lebenswichtigen Organen verbunden ist (vgl. Abb.11). Das Herz muss dann noch mehr leisten bzw. den Blutdruck weiter erhöhen, um eine ausreichende Durchblutung sicher zu stellen. Deshalb „bricht es einem das Herz“, wenn man sich zu oft oder einmal zuviel ärgert. Wer dagegen gut gelaunt, lachend und mit einer gesunden Dosis Gelassenheit sein Leben meistert, wird es lange genießen können.

 

Abb. 11: Bluthochdruck – bei Diabetes besonders gefährlich

Normale Blutdruckwerte liegen zwischen 120/70 mmHg bis max. 140/90 mmHg, wobei für Diabetiker ein Zielwert von unter 130/80 mmHg angestrebt werden sollte. Liegt der Blutdruck ständig über 140/90 mmHg, spricht man von Bluthochdruck, der sich in den letzten Jahrzehnten – wie auch Diabetes – zu einer Epidemie entwickelt hat. Nach der weltweit größten Studie (Hydra) der Universität Dresden mit 45.000 Patienten aus verschiedenen Arztpraxen, zeigte sich bei fast jedem Zweiten ein Bluthochdruck, jeder Fünfte war zuckerkrank. Nach den Hydra-Daten sind bundesweit 18 % der Männer und 14 % der Frauen zuckerkrank. Bluthochdruck betrifft 43 % der Männer und 38 % der Frauen. Bei den über Sechzigjährigen liegen die Zahlen nochmals deutlich höher. Das Problem der Zivilisationskrankheiten wird also nicht – wie häufig behauptet – hochgespielt, sondern unterschätzt.

75–80 % der Typ II Diabetiker haben einen zu hohen Blutdruck, wofür ein hoher Insulinspiegel mitverantwortlich gemacht wird. Umgekehrt fördert aber auch ein erhöhter Blutdruck bzw. die durch psychische Anspannung eingeleitete Gefäßverengung die Insulinresistenz sowie eine Natriumzurückhaltung im Körper. Sie ist ein weiterer Grund für den gebotenen sparsamen Umgang mit Salz. Bluthochdruck und Diabetes stehen folglich in einem ursächlichen Zusammenhang. Die amerikanische UKPDS-Studie an über 5000 Patienten dokumentiert den großen Nutzen einer besseren Blutdruckkontrolle im Rahmen der Diabetesbehandlung. Unabhängig von der Zuckereinstellung verminderte eine Blutdrucksenkung unter 140/80 mmHg das Risiko für diabetische Folgeerkrankungen im Gesamten um 24 %, für diabetische Todesfolgen um 32 % und für Schlaganfälle um 44 %.

In nur etwa 10 % der Fälle von Bluthochdruck liegen organische Ursachen vor. Der Rest ist lebensstilbedingt, wobei Übergewicht, Fehlernährung, Bewegungsmangel, hoher Alkoholkonsum, Stress und psychische Anspannung die wichtigsten Faktoren darstellen.

Ihr Herz lächelt, wenn der Druck nachlässt

Die effektivste Maßnahme zur Blutdrucksenkung ist die Umstellung der Ernährung in Richtung auf Stoffwechselaktive Vollwertkost in Verbindung mit einer Gewichtsreduktion. Schon ein paar Pfunde weniger können den systolischen Blutdruck um 5–20 mmHg senken. Im Durchschnitt entlastet 1 Kilogramm Gewichtsverlust die Blutgefäße um 2–3 mmHg. Selbst bei gleichbleibendem Gewicht und Kochsalzkonsum lohnt sich die Umstellung der Ernährung. Das zeigen die Ergebnisse der amerikanischen DASH-Studie.

Mit einer vegetarisch orientierten Ernährung mit viel Gemüse, Obst, mageren Milchprodukten und einem geringen Anteil an gesättigten Fetten sowie Gesamtfett konnte bei Personen mit Blutdruckwerten im oberen Normbereich bzw. mäßigem Bluthochdruck eine deutliche Abnahme oder Normalisierung der Blutdruckwerte erzielt werden (8–14 mgHg). Die Blutdrucksenkung entsprach den Ergebnissen einer medikamentösen Therapie. Wurde zusätzlich die Aufnahme von Kochsalz eingeschränkt, nahm die Blutdrucksenkung um weitere 5–8 mmHg zu. Regelmäßige körperliche Aktivität brachte 4–9 mmHg und die Einschränkung des Alkoholkonsums auf max. zwei Drinks pro Tag für Männer und ein Drink für Frauen 2–4 mmHg. Die DASH-Ergebnisse sind inzwischen fester Bestandteil amerikanischer Empfehlungen zur Blutdrucksenkung.

Unser Lebensmotor: mit mehr Kalium und weniger Natrium läuft er rund

In Deutschland liegt die durchschnittliche Salzaufnahme (Natrium) zwischen 10 und 20 Gramm. Eine hohe Salzaufnahme führt durch Wasseransammlung im Körper bzw. ein vermehrtes Blutvolumen fast immer zu einem Blutdruckanstieg, der allerdings in Abhängigkeit von der Nierenfunktion sehr unterschiedlich ausfällt. Dieser Tatsache versucht man durch eine Einteilung in salzempfindliche bzw. salzunempfindliche Personen gerecht zu werden. Sie sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass salzunempfindliche Personen ebenfalls von einer Einschränkung der Salzzufuhr profitieren. Vor allem, wenn diese mit einer gleichzeitigen Optimierung der Aufnahme von Kalium, Magnesium, Selen, Kalzium, Vitamin C und E gekoppelt ist. Mehrere Studien zeigen, dass salzarm, aber kaliumreich lebende Bevölkerungen sowie Vegetarier sehr selten an Bluthochdruck erkranken.

Kalium fördert die Wasser- und Natriumausscheidung über den Urin. In der in vielen pflanzlichen Lebensmitteln vorliegenden natürlichen Kombination mit Magnesium, das zusätzlich die Blutgefäße entspannt, führte Kalium zu einer effektiven Reduzierung von Blutdruck- und Herzrhythmusstörungen. Viel Kalium steckt in Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse, Kartoffeln, Obst, Nüssen und Samen. Bananen haben über 400-mal, Kartoffeln 110mal, Äpfel 100-mal sowie Hafer und Weizen 45-mal soviel Kalium wie Natrium. Selbst Fleisch und Fisch enthalten etwa die dreifache Kaliummenge. Erst durch industrielle Verarbeitungsprozesse werden aus primär salzarmen Lebensmitteln salzreiche. Brot enthält 3-mal, Salami 5-mal, Käse 10-mal, Salzheringe 25mal und eingemachte Gurken über 30-mal soviel Natrium wie Kalium. So wird mit Fleisch-und Wurstwaren sowie Brot- und Backwaren jeweils ca. 30 % und mit Käse ca. 10 % der gesamten Salzmenge aufgenommen. Knabbereien, Konserven und Junk Food wie Pommes frites, Chips und Salzstangen vervollkommnen unser salzreiches Leben, das sich nach Dr. Petra Thorbrietz seit der Steinzeit von einem Kalium-Natrium-Verhältnis von 16:1 auf ein heutiges durchschnittliches Verhältnis von 1:48 gedreht hat.

Tabelle 12: Beispiel für einen salzreichen Speiseplan

Tabelle 13: Beispiel für einen salzarmen Speiseplan

Bitte beachten Sie: 1000 mg Natrium entsprechen 2,5 g Salz (NaCl). Demnach beträgt die Tagesdosis Salz dieses Plans gegenüber des salzreichen Speiseplans (Tab. 12) weniger als ein Zehntel!

Nur durch Verzicht auf besonders salzreiche Lebensmittel sowie zusätzliches bzw. sehr sparsames Würzen mit Salz kann die bei Bluthochdruck von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Menge von 5 g Salz pro Tag umgesetzt werden (vgl. Tabellen 12 und 13).

Tipps

Bereiten Sie die Mahlzeiten bevorzugt aus frischen Lebensmitteln selbst zu, und würzen Sie diese mit max. 1–2 g Kräutersalz (5 g Salz entsprechen einem gestrichenen Teelöffel).

Begrenzen Sie die Salzaufnahme aus verarbeiteten Lebensmitteln auf max. 2–3 g pro Tag (vgl. Natriumtabellen; 2000–2400 mg Natrium entsprechen 5–6 g Salz).

Die Kaliumaufnahme sollte im Durchschnitt zwei- bis dreimal so hoch liegen wie die Natriumaufnahme.

Reformhäuser bieten Lebensmittel mit der Bezeichnung „streng natriumarm“ (unter 40 mg Natrium pro 100 g), „natriumarm“ (unter 120 mg Natrium pro 100 g) sowie kaliumhaltiges Diätsalz an.

Machen Sie eine Heilfastenwoche mit salzfreien Gemüsebrühen und darauf aufbauend 3–4 Entlastungstage, an denen Sie Lebensmittel wie Naturreis, Pellkartoffeln, Gemüse, Salate und Obst nährstoffschonend zubereiten, beliebig kombinieren und völlig salzfrei würzen. So können Sie sehr effektiv Natriumüberschüsse und in Körpergewebe und Gefäßen gebundenes Wasser ausscheiden. Prüfen Sie, wie Ihr Blutdruck auf salzfreie bzw. kaliumreiche Pflanzenkost in Verbindung mit einer Gewichtsabnahme reagiert (vgl. Seite 207 u. 208).

Trinken Sie möglichst täglich ein bis zwei Gläschen frisch gepressten Gemüsesaft. Gemüsesäfte aus dem Handel sind oft sehr salzreich (1–1,5 g Kochsalz pro 200 ml). Achten Sie bei gekauften Säften daher auf Hinweise wie „ohne Salzzusatz“.

Flavonoide – Schutzschirm für Herz und Gefäße

Die in vielen Pflanzen enthaltenen Flavonoide (z. B. grüner Tee, Kakao, Obst und Gemüse) wirken wie blutdrucksenkende ACE-Hemmer, senken das LDL, schützen es vor Oxidation und fördern den Abbau der Insulinresistenz. Zusammen mit anderen Antioxidanzien reduzieren sie den oxidativen Stress (vgl. 3.1.3), der ähnlich wie zu hohe Cholesterin- und Blutdruckwerte sowie Zigarettenrauch die Bildung bzw. die biologische Aktivität von Stickstoffmonoxid (NO) in den Gefäßen hemmt. Gleichzeitig regen Flavonoide die Bildung von Stickstoffmonoxid in der Gefäßwand an, das äußerst positive Effekte auf das Gefäßsystem vermittelt. So bewirkt Stickstoffmonoxid neben antiarteriosklerotischen Eigenschaften eine Abnahme des Blutdrucks, indem es die Elastizität der Gefäßwände verbessert und durch Entspannung der Gefäßmuskulatur die Gefäße erweitert.

Ein trainiertes Herz ist leistungsfähiger

Sportliche Aktivitäten beugen arteriosklerotischen Gefäßveränderungen und einer Herzschwäche vor. Eine Herzschwäche bedeutet Stress für den Körper, denn auch die Zehenspitze möchte nähr- und sauerstoffreiches Blut, um leben zu können. Also werden Adrenalin, Noradrenalin, Angiotensin II und andere Hormone ausgeschüttet: Das Herz schlägt schneller, die Blutgefäße ziehen sich zusammen und der Blutdruck steigt, damit noch ein bisschen unten ankommt. Die Arbeit im roten Drehzahlbereich macht unseren Lebensmotor allerdings noch schwächer – der Körper treibt einerseits, andererseits hemmen Medikamente. Denn ACE-Hemmer, Betablocker, Aspirin, Diuretika etc. sollen den Blutdruck senken.

Soweit sollten Sie es nicht kommen lassen! Starten Sie noch heute ein individuell abgestimmtes Bewegungstraining! Das Prinzip ist ganz einfach: Muskelarbeit schont Herzarbeit. Bewegung wirkt über den Abbau von Stresshormonen und eine vermehrte Bildung von Stickstoffmonoxid gefäßentspannend. Plaque-Ablagerungen werden im Anfangsstadium abgebaut und der Rückfluss des venösen Blutes zum Herzen erleichtert.

3.1.7 Laufen Sie dem Diabetes davon

Im Volksmund heißt es: „Es ginge vieles besser, wenn man mehr ginge.“ Ausdauersport ist ein hervorragendes Medikament gegen die Veranlagung zum Diabetes. Selbst während der Therapie sinken damit zuverlässig die Blutzuckerwerte. So schließt Maria Fiatarone, ärztliche Mitarbeiterin der Universität von Sydney, aus ihren Forschungen: „Es ist jedoch zumindest teilweise eine Flucht möglich vor der genetischen Veranlagung für Typ-2-Diabetes, Schlaganfall, koronare Herzerkrankung, Bluthochdruck, Fettsucht und anderen Plagen der modernen Zivilisation, und zwar durch die Verabreichung realistischer Dosen von körperlicher Aktivität. Vieles vom typischen Erscheinungsbild eines älteren Menschen – eine ausgedünnte, verkrümmte Wirbelsäule, verkümmerte Muskeln, wulstiges Fettgewebe am Unterleib – hängt stärker von der Zeit ab, die man in der Turnhalle verbracht hat, als vom Vergehen der Jahre“.

Die Universität von Leicester (Großbritannien) hat zu der Frage, inwieweit Verhaltensänderungen einen beginnenden Diabetes beeinflussen, 17 klinische Studien mit über 8000 Personen ausgewertet. Im Ergebnis war körperliche Ertüchtigung mindestens so effektiv wie eine medikamentöse Therapie, allerdings ohne Nebenwirkungen. Was wäre Ihnen lieber? Ein müdes Leben mit Medikamenten oder Muskelarbeit? Schon 30 Minuten pro Tag mit Fahrrad, Inlinern oder zu Fuß verbessern die Diabetes-Einstellung erheblich. Ein minimaler Aufwand im Verhältnis zum Nutzen. Noch effizienter sind gezielte Bewegungseinheiten. Und zwar zu Tageszeiten, in denen gehäuft Blutzuckerspitzen auftauchen (z. B. nach dem Frühstück). Mit jeder Trainingswoche wird man gelassener, dynamischer und schlanker. Mit dem verbesserten Trainingszustand werden immer weniger Medikamente gebraucht. Selbst nach jahrelanger medikamentöser Therapie besteht langfristig die Chance auf ein Leben ohne Medikamente.

Eine bewegte Muskulatur fordert ständig Nachschub an Zucker. Sie lässt ihn viel leichter und vor allem mit einem geringeren Bedarf an Insulin in die Zelle einströmen. Alle lebenswichtigen Organe funktionieren besser, wenn ein Körper trainiert ist. Im Gegensatz zur medikamentösen Therapie fällt es mit den Veränderungen im Stoffwechsel viel leichter, die Diabeteseinstellung zu optimieren (vgl. Kap. 4).

3.1.8 Klinisches Fasten ist Medizin für Diabetiker

Ich spreche bewusst von klinischem Fasten, da Diabetiker eine qualifizierte Betreuung benötigen. Beim Fasten gehen die Blutzucker- und die eventuell erhöhten Insulinwerte schnell nach unten. Die Zellen werden insulinempfindlicher und die Bauchspeicheldrüse leistungsfähiger. Gleichzeitig führt Fasten, begünstigt durch den niedrigen Insulinspiegel, am schnellsten zu einer Gewichtsabnahme (300–500 g/Tag). Jedes Pfund weniger beschleunigt den Abbau der Insulinresistenz. Deshalb muss während des Fastens mit größter Aufmerksamkeit – um Unterzuckerungen vorzubeugen – die Gabe von Antidiabetika oder Insulin fortlaufend angepasst bzw. stark reduziert oder ausgelassen werden.

Eine weitere Wohltat für unseren Körper sind die normalisierenden Effekte des Fastens auf die bei Diabetikern oft erhöhten Leber-, Blutdruck- und Blutfettwerte. Sie bedeuten neben der Regeneration der Leber eine deutliche Abnahme des arteriosklerotischen Risikos. Durch diese Erfolge sind die meisten hoch motiviert, die Veränderung ihres Lebensstils fortzuführen bzw. durch regelmäßige Fastenzeiten weiter zu unterstützen (vgl. Kap. 5). Die Fastenzeit selbst bietet eine gute Möglichkeit zur intensiven Diabetes- und Ernährungsschulung einschließlich praktischer Demonstrationslehrküchen. In 60–70 % der Fälle lässt sich so mit einer individuell abgestimmten Ernährung in Kombination mit Bewegung auch in der Nachfastenzeit eine zufriedenstellende Diabeteseinstellung erzielen.

3.1.9 Vom Stressgeplagten zum Antistressmanager

Allgemein ist unter Stress eine übermäßige Anspannung vor allem als Folge von zu viel Arbeit oder Arbeitslosigkeit, Zeitdruck, Hektik, beruflicher Über- und Unterforderung, familiären und finanziellen Problemen, Krankheiten sowie Einsamkeit, Ängsten und Ärger zu verstehen. Stressoren bewirken die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol, Noradrenalin und Adrenalin. Als Gegenspieler von Insulin treiben sie dessen Bedarf in die Höhe, sodass sich bei seelischen Belastungen oder einem Leben nach dem Formel-Eins-Prinzip der Blutzuckerspiegel erheblich verschlechtern kann. Wagen Sie einen Sprung aus dem Hamsterrad, indem Sie Ihr tägliches Leben entschleunigen. Nehmen Sie sich Zeit zum Nachdenken. Dadurch können Sie blinden Aktionismus durch effizientes Handeln ersetzen. Eine gute Hilfe ist eine To-Do-Liste, die Sie nach Priorität ordnen und dann Punkt für Punkt bearbeiten.

Bringen Sie Ihr Leben in Balance

Sie sind nicht Opfer der Wünsche, Aussagen oder Handlungen anderer, sondern Gestalter Ihres eigenen Lebens. Gestalten Sie Ihr Leben als Komponist, der selbst bestimmt, mit welcher Intensität die Instrumente Arbeit, Familie, Beziehung, Freunde, Gesundheit, Bewegung, Ernährung und Sinnfragen in seiner Musik zur Geltung kommen. Geben Sie den wichtigen Instrumenten in der Melodie Ihres Lebens genug Raum zur Entfaltung. Vielleicht ist es notwendig, auf dem Weg zu einem zufriedenen, sinnerfüllten und harmonischen Leben, einzelne Instrumente neu abzustimmen! Holen Sie Ihren Lebenskompass aus der Tasche, um im Termindschungel die Orientierung wiederzufinden. Fragen Sie: Wo stehe ich? Wohin möchte ich? Was ist mir in meinem Leben wichtig? Lebe ich nach meinen Prioritäten? Worin sehe ich meinen Lebenssinn, meine Lebensaufgabe? Führe ich ein selbst- oder fremdbestimmtes Leben? Wie setze ich in Zukunft meine Ziele konkret um? Formulieren Sie Ihre Gedanken schriftlich.

Auf die Einstellung kommt es an

Wiliam James, der als Vater der amerikanischen Psychologie bezeichnet wird, zieht aus seiner Lebenserfahrung folgendes Resümee: „Die wichtigste Entdeckung meiner Generation ist, dass der Mensch sein Leben ändern kann, indem er seine Geisteshaltung ändert.“ Ihre Einstellungen und Gedanken entscheiden also darüber, wie Sie sich im täglichen Leben und Miteinander fühlen. Ihre Gefühle wiederum bestimmen zu einem ganz wesentlichen Teil Ihr Verhalten bzw. Ihre Handlungen und diese die Ergebnisse, mit denen Sie zufrieden sind oder unter denen Sie leiden.

Sich selbst ein Freund sein

Sich selbst ein Freund zu sein beinhaltet, die persönlichen Bedürfnisse wichtig zu nehmen. Entwickeln Sie zu sich selbst – und gerade dadurch zu ihren Mitmenschen – eine positive Beziehung. Denn brodelnde Konflikte, Frust, Neid, Ärger, Wut, Ängste, ständige Zweifel und Hetze sind Energieräuber ersten Ranges. Unsere Gefäße ziehen sich dabei wie bei einem Autocrash zusammen. Der Kopf läuft rot an, unser Herz rast wie ein Düsentriebwerk.

Im Gleitflug steuern Sie entspannter durch Ihr Leben. Ab und zu sollten Sie prüfen, ob Geschwindigkeit, Kraftstoff, Wartung und Kurs stimmen. Denken Sie nicht nur von Tag zu Tag, von Woche zu Woche oder von Monat zu Monat. Eine gute Planung in diesen Bereichen ist für ein erfolgreiches Leben unverzichtbar. Sie sollten aber nicht wie ein flüchtender Hase mit wilden Haken im täglichen Geschäft rotieren, sondern mit Adleraugen den Blick für Ihre Lebensziele bewahren. Eine bewusste Reflektion über die eigenen Lebensziele ist ein Investment mit besten Renditechancen, d. h. Zeit, die Ihre Gesundheit und Ihren Lebenserfolg verbessern.

3.1.10 Diabetiker sind so gesund wie ihre Gefäße

Jeder Mensch hat ein über 100.000 Kilometer langes Gefäßlabyrinth, das sich im Elektronenmikroskop als filigranes Kunstwerk präsentiert. Wenn Sie Ihres gut behandeln, wird es Ihre hungrigen Zellen auch noch im Alter von 80 oder 90 Jahren mit „Vollwertkost“ versorgen. Die folgende Zusammenfassung gibt Ihrem Kunstwerk den dazu notwendigen Rahmen.

Beachten Sie die bedarfsgerechte Energiezufuhr und/oder eine Gewichtsnormalisierung (vgl. Pyramide S. 93)!

Eine bedarfsgerechte Energiezufuhr entlastet das Herz-Kreislauf-System, beugt durch die Reduzierung von Blutzucker-, Triglycerid-, Blutdruck- und Harnsäurewerten einer Schädigung von Blutgefäßen vor. Zudem wird der erhöhte Insulinspiegel gesenkt, Insulinresistenz, LDL- und HDL-Werte sowie Glukosetoleranz verbessern sich.

15–30 Prozent Ihrer täglichen Energie sollten aus vorwiegend pflanzlichen Fetten bestehen. Das entspricht 32–64 g/Tag.1

Folgende Verteilung ist dabei sinnvoll:

7–10 Energieprozent aus gesättigten Fettsäuren (15–20 g/Tag, vgl. Tab. 30). Ein zu hoher Anteil gesättigter Fettsäuren wirkt in Abhängigkeit von der Kettenlänge Arteriosklerose fördernd und erhöht LDL und Triglyceride. Daher sollten Sie besonders versteckte Fette reduzieren (vgl. Kap. 3.5.5).

Bis zu 15 Energieprozent aus einfach ungesättigten Fettsäuren (bis 32 g/Tag, vgl. Tab. 30). Einfach ungesättigte Fettsäuren senken das LDL, das HDL bleibt gleich oder steigt leicht an. Sie sind zudem wenig oxidationsempfindlich und besitzen antidiabetische, antiarteriosklerotische und blutdrucksenkende Eigenschaften.

6–10 Energieprozent aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Dabei sollten Sie maximal fünfmal so viel Omega-6- wie Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen. Diesem Verhältnis entspricht eine Aufnahme von 5–8 Energieprozent aus Omega-6-Fettsäuren (10–17 g/Tag) und 1–2 Energieprozent (2,2–4,4 g/Tag) aus Omega-3-Fettsäuren (vgl. Tab. 30). Omega-6-Fettsäuren senken das LDL, das HDL bleibt gleich oder fällt leicht; ein zu hoher Anteil kann den Blutdruck erhöhen und Entzündungsprozesse fördern. Omega-3-Fettsäuren senken das LDL, die Triglyceride und den Blutdruck. Das HDL bleibt meist gleich. Zudem reduzieren sie Herzrhythmusstörungen und besitzen antiarteriosklerotische sowie entzündungshemmende Eigenschaften. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind sehr oxidationsempfindlich und benötigen reichlich Antioxidanzien.

Unter 1 Energieprozent aus Transfettsäuren (unter 2,2 g, vgl. Tab. 30), denn sie erhöhen das LDL, senken das HDL und wirken stark fördernd für Arteriosklerose und Diabetes.

Im Durchschnitt maximal 300 mg Cholesterin/Tag aufnehmen (vgl. Kap. 3.1.4).

Die cholesterinreiche Ernährung begünstigt eine einseitige Fettzufuhr. Nur tierische Lebensmittel enthalten Cholesterin.

Cholesterinreich sind: Innereien, Eier, Backwaren, Mayonnaise, Fleisch- und Wurstwaren, Fisch sowie Milch und Milchprodukte.

Natürliche Cholesterinsenker sind: Knoblauch, Nüsse und Samen, Hülsenfrüchte, Gemüse und Salate, Hafer und andere Vollkornprodukte, Äpfel, Leinsamen, Walnüsse, Haselnüsse, Avocado, Oliven-, Raps-, Hanf- und Perillaöl, der Genuss von Wildlachs, Makrele oder Hering (1–2 Mal pro Woche)

In Untersuchungen konnte mit Pektin, Flohsamen und Guarmehl (unter andere Mehle mischen) der Cholesterinspiegel wirkungsvoll gesenkt werden.

Bevorzugen Sie Filterkaffee gegenüber Espresso und gebrühtem Kaffee (vgl. Kap. 3.5.12).

Im ungefilterten Kaffee vorhandene Terpene erhöhen Gesamtcholesterin, Triglyceride und LDL. Im Hinblick auf den Blutdruck spielt die Zubereitungsart keine Rolle. Bei gelegentlichem Kaffeekonsum kann sich der Blutdruck leicht erhöhen. Regelmäßige Kaffeetrinker gewöhnen sich an Koffein, sodass der Blutdruck in der Regel konstant bleibt.

Nehmen Sie 50–70 Prozent Ihrer täglichen Energie aus Kohlenhydraten, d. h. aus stärke- und ballaststoffreichen Lebensmitteln zu sich (vgl. Pyramide S. 93).

Lebensmittel mit niedrigem Glykämischen Index senken das LDL, das HDL bleibt gleich. Lebensmittel mit hohem Glykämischen Index hingegen senken das HDL (vgl. Kap. 3.5.11). Meiden Sie isolierte Zucker, sie erhöhen die Triglyceride (vgl. 3.5.11).

Nehmen Sie mindestens 40 g Ballaststoffe pro Tag zu sich.

Insbesondere lösliche Ballaststoffe aus Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Obst und Gemüse reduzieren die Blutzucker- und LDL-werte.

Nehmen Sie 15–20 Energieprozent Ihrer täglichen Energie aus Eiweiß zu sich.

Bevorzugen Sie mit Ausnahme von Omega-3-fettsäurereichem Fisch pflanzliches Eiweiß; vor allem Hülsenfrüchte.

Antioxidanzienreiche Ernährung schützt Ihre Gefäße (vgl. Kap. 3.1.3; 3.5.1).

Sie reduziert die Oxidation von LDL und die Insulinresistenz und bietet so einen aktiven Gefäßschutz.

Trinken Sie polyphenolreichen Rotwein in Maßen (vgl. Kap. 3.1.3; 3.5.12).

Polyphenole aus den Schalen der Trauben, die beim Trestern in relativ hohen Konzentrationen in den Wein gelangen, senken die Oxidation von LDL und erhöhen das HDL. Bei erhöhten Triglyceriden sollten Sie Alkohol meiden. Ein regelmäßiger Alkoholkonsum von bis zu zwei Gläschen Wein pro Tag (ca. 30 g Alkohol) senkt den Blutdruck, ein deutlich höherer Konsum erhöht ihn jedoch. Vermehrte Kalium- und Magnesiumverluste über den Urin sind hierfür hauptverantwortlich.

Regelmäßige Bewegung hält jung (vgl. Kap. 3.1.7 und 4).

Regelmäßige Bewegung senkt das LDL, die Triglyceride und den Blutdruck; es erhöht das HDL, fördert den Fettabbau, die Insulinempfindlichkeit, die Glukosetoleranz und die antiarteriosklerotischen Eigenschaften.

Heilfasten ist gut für Körper und Seele (vgl. Kap. 3.1.8 und 5).

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842687301
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (November)
Schlagworte
Diabetes mellitus Diät erfolgreich abnehmen Ernährungs-Ratgeber Gesundheits-Ratgeber Vollwert-Rezepte

Autor

  • Dipl. oec. troph. Peter Faulstich (Autor:in)

Diplom-Ökotrophologe und Gesundheitstrainer Peter Faulstich leitet den ernährungswissenschaftlichen Bereich der Malteser Klinik von Weckbecker, einer Fachklinik für Naturheilverfahren. Dort vermittelt er jährlich über 2500 Patienten in Seminaren, Beratungen und auch ganz praktisch in der Lehrküche die Kunst der ausgewogenen und gesunden Ernährung.
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Titel: Mein Weg zum Wohlfühlgewicht