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Der Gesundheitskochkurs: Diabetes

Leckere Rezepte, schnell zubereitet. Mit allen wichtigen Informationen zur Senkung des Blutzuckers

von Sven Bach (Autor:in)
144 Seiten

Zusammenfassung

Diabetiker-Diät war früher – Verzicht muss nicht sein!
Gesünder essen, abnehmen und die Blutzuckerwerte in den Griff bekommen – ohne auf Genuss zu verzichten? Das geht mit dem „Gesundheitskochkurs: Diabetes“ von Sven Bach. Er informiert fundiert, wie Diabetes überhaupt entsteht und auf welche Weise er die Vorgänge im Körper beeinflusst. Der bekannte Ernährungsexperte nimmt auch ungeübte Köche an die Hand: Die schnellen, gesunden Rezepte machen Lust aufs Kochen! Sven Bachs wichtigste Zutaten sind Lebensfreude und der Spaß am Essen. In lockerem Ton, aber immer ernsthaft in der Sache, erklärt der Gesundheitscoach seinen Lesern, wie Kochen für Diabetiker heute funktioniert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Alterszucker“ hat man Diabetes mellitus Typ 2 noch in meiner Kindheit genannt – das war vor 35 Jahren. Fast alle meine Verwandten hatten Diabetes Typ 2: väterlicherseits meine Oma, mein Opa und mein Papa, mütterlicherseits mein Opa und sein Bruder. Alle hatten aber auch Übergewicht, wie die meisten Typ-2-Diabetiker. Megasportler, zumindest im Erwachsenenalter, gab es in meiner Verwandtschaft nicht – dafür hatten sie aber mehr Zeit für mich.

Bei Familienfesten war „Zucker“ das bestimmende Gesprächsthema am Esstisch. Wenig Zucker hier, weniger Zucker da … mit Süßstoff oder ohne, mit Fruchtzucker gebacken, helles oder dunkles Mehl. Meine ganze Kindheit über bestimmte das Thema Diabetes die Familienfeiern, doch was mich damals schon wunderte: Warum gab und gibt es bei einer so intensiven gemeinschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema keine Besserung bei meinen Verwandten? Warum können sie die Medikamente nicht einstellen bzw. reduzieren?

Heute, nach rund 20 Jahren Berufserfahrung, ist mir klar, dass keiner meinen Verwandten die Erkrankung genau erklärt hat. Und auch heute sehe ich noch, dass die Hälfte meiner Patienten nicht genau weiß, was Diabetes Typ 2 überhaupt ist. Die meisten meinen auch, dass mit den Medikamenten und guten Blutwerten alles im Lack ist. Leider falsch gedacht, denn wir können uns die Gesundheit nicht durch die Einnahme von Pillen erschleichen. Vielmehr sind das richtige Essen und Bewegung die wichtigsten Maßnahmen für eine dauerhafte Besserung des Diabetes mellitus Typ 2. Als ich 2001 mit Ernährungsberatungen bei Diabetes Typ 2 anfing, waren meine Patienten im Schnitt 50 Jahre alt. Im Jahr 2016 sind Jugendliche und sogar Kinder mit Diabetes Typ 2 keine Seltenheit mehr. Weniger Bewegung (= geringe Muskelmasse) und zu viel Essen (= hohe Fettmasse) lösen die Erkrankung schon in jungen Jahren aus. Wichtigste Präventionsmaßnahme ist folglich eine geringe Körperfettmasse und ein altersgerechter Muskelanteil. Ein normales Körpergewicht ist für Sie somit unabdingbar und sehr entscheidend!

Dieses Buch soll für Sie ein Ratgeber im Alltag sein. Es erklärt Ihnen Ihre Erkrankung und hilft Ihnen auf Ihrem Weg zu einem gesunden Gewicht. Ich erkläre Ihnen, worauf Sie als Typ-2-Diabetiker bei der Auswahl Ihrer Lebensmittel achten sollten. Und meine vielen leckeren Gerichte können zügig nachgekocht werden und gelingen auch den Anfängern unter Ihnen – garantiert!

Ihr
Sven Bach

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DIABETES: DAS MÜSSEN SIE WISSEN

Diabetes ist eine Erkrankung, die Patienten, Ärzte und Ernährungsexperten wie mich vor zahlreiche Herausforderungen stellt. Sind Sie von Diabetes betroffen, ist es zunächst einmal wichtig, dass Sie die Erkrankung und die Vorgänge in Ihrem Körper besser verstehen. Mit diesem Wissen können Sie dann Ihre Lebensgewohnheiten kritisch unter die Lupe nehmen und die Weichen so stellen, dass Sie Ihren Diabetes gut in den Griff bekommen und sich dabei eine hohe Lebensqualität bewahren.

Typ-2-Diabetes: Was ist das?

Übersetzt heißt Diabetes mellitus „honigsüßer Durchfluss“, da der Urin von Diabetikern durch den ausgeschiedenen Zucker süßlich schmeckt. Auf diese Weise wurde die Krankheit schon vor Hunderten von Jahren diagnostiziert.

Diabetes mellitus ist eine der wichtigsten Volkskrankheiten. Über 7 Millionen Menschen sind allein in Deutschland an Diabetes mellitus erkrankt, davon haben 95 Prozent einen Diabetes mellitus Typ 2. Die Tendenz ist steigend und die Dunkelziffer wird auf bis zu 3 Millionen geschätzt. In den nächsten Jahren werden weitere Menschen folgen, die sich derzeit in einem sogenannten Prädiabetes, also einem Vorstadium von Diabetes Typ 2, befinden. Schätzungen belaufen sich auf eine zweistellige Millionenzahl!

Ursache für den Typ-1-Diabetes ist die Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse. Beim Typ-2-Diabetes dagegen ist in erster Line das verminderte Ansprechen der Körperzellen auf Insulin der Auslöser für den erhöhten Blutzucker. Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Beim Abfall des Blutzuckerspiegels spielt es eine wesentliche Rolle. Diabetes mellitus betrifft aber den gesamten Stoffwechsel und nicht – wie viele meinen – nur den Zuckerstoffwechsel.

 

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Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselstörung, bei der die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder gar kein Insulin produziert.
Was passiert in meinem Körper?

Durch eine verminderte Empfindlichkeit Ihres Gewebes, in erster Linie das Muskel-, Leber- und Fettgewebe, gegenüber dem körpereigenen Hormon Insulin entsteht die Insulinresistenz. Das Insulin kann bei Typ-2-Diabetikern nicht mehr richtig an den Köperzellen wirken und der Zucker kommt somit nicht richtig in die Zellen rein – stellen Sie sich einen Schlüssel vor, der ein Schloss öffnet. Der Zentralschlüssel ist das Insulin und das Schloss bzw. die Schlösser sind Ihre Körperzellen, die auf den Besuch des Zuckers warten. Ihre Bauchspeicheldrüse produziert immer mehr Insulin (Zentralschlüssel) und ist irgendwann mal erschöpft bzw. versagt komplett.

 

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Beim Typ-2-Diabetiker sprechen die Körperzellen vermindert auf Insulin an.

Der Prozess schreitet langsam und zunächst fast unbemerkt voran. Die Bauchspeicheldrüse schüttet im frühen Stadium des Diabetes Typ 2 mehr Insulin aus, um den hohen Blutzucker auszugleichen. Das geht aber nicht lange gut, die Insulinproduktion nimmt immer mehr ab. Unweigerliche Folge: Der Blutzuckerspiegel steigt an.

Unser Körper versucht, den überschüssigen Zucker über den Urin auszuscheiden. Ein starker Harndrang verbunden mit Schwäche und starkem Durst sind daher die ersten eindeutigen Anzeichen, die Sie üblicherweise an sich feststellen können. Eine Reihe weiterer Symptome deuten ebenfalls darauf hin:

 

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Der Typ-1-Diabetes ist vergleichsweise selten, die Betroffenen sind lebenslang insulinpflichtig. Ungefähr 95 Prozent der Diabetiker in Deutschland sind Typ-2-Diabetiker.

Krankheiten und Symptome, die den Diabetes begleiten

Unbehandelt führt Diabetes mellitus nicht nur zu einer Überzuckerung. Neben dem Zuckerstoffwechsel sind auch der Fett- und der Eiweißstoffwechsel betroffen. Das heißt, dass bei Diabetikern die Umwandlung von Zucker (Kohlenhydraten), Eiweißen (Proteinen) und Fetten (Lipiden) gestört ist. Diabetiker leiden also unter Veränderungen des Gesamtstoffwechsels. Das kann zahlreiche Beschwerden und Krankheiten nach sich ziehen.

Hohe Blutzuckerwerte und ihre Folgen Erhöhte Blutzuckerwerte fördern Entzündungen und Verkalkungen der Arterien. Schlaganfall und Herzinfarkt können die Folge sein. Auch die feinen Gefäße werden durch die hohen Blutzuckerwerte geschädigt – somit entstehen Schäden an der Augennetzhaut oder Nervenschäden, was zu Kribbeln und Taubheit der Extremitäten führen kann. Über Jahre hinweg kann sich durch die Schädigung der Nerven ein sogenannter diabetischer Fuß entwickeln. Um eine Amputation zu vermeiden, sind eine gute Blutzuckereinstellung und regelmäßige Fußpflege sehr wichtig! Diabetes kann auch Nierenschäden nach sich ziehen, weil die Filterfunktion der Nieren durch die geschädigten Blutgefäße verringert wird. Häufig treten als Nebenerscheinung des Diabetes auch Depressionen auf.

 

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Typ-2-Diabetiker sind sozusagen am ganzen Körper krank. Insbesondere die Erkrankungen des sogenannten metabolischen Syndroms – Bluthochdruck, Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen und Insulinresistenz – sind häufig festzustellen.

Bluthochdruck Eine Studie konnte zeigen, dass die optimale Einstellung des Blutdrucks die Wahrscheinlichkeit, Folgekomplikationen des Diabetes zu entwickeln, mindestens genauso vermindert wie die optimale Blutzuckereinstellung. Daher sollten Sie auch den Blutdruck gut im Blick behalten. Entsprechende Tagebücher oder Tabellen können Sie im Internet downloaden – so sind Sie bestens vorbereitet auf das Gespräch mit Ihrem Arzt.

Bluthochdruck bekämpfen bedeutet in erster Linie Übergewicht abbauen. Außerdem ist es wichtig, dass Sie nicht zu viel Salz essen. Noch wichtiger als eine salzarme Ernährung ist eine reichliche Kaliumzufuhr über Gemüse und Obst. Außerdem hat Magnesium blutdrucksenkende Effekte. Dies trifft auch auf Omega-3-Fettsäuren zu, z. B. in Form von Walnüssen oder Walnussöl. Zudem senken die Omega-3-Fettsäuren den Triglyzeridspiegel und verbessern die Fließeigenschaften des Blutes und haben eine positive Wirkung auf die Nieren.

Erhöhte Cholesterinwerte Diabetes ist leider auch die häufigste Ursache einer Fettstoffwechselstörung. Um sie zu bekämpfen, muss man den Cholesterinwert im Blut senken, und zwar durch eine Veränderung der Fettzufuhr. Das heißt für Sie: Essen Sie mehr gutes pflanzliches Fett, weniger tierisches und reduzieren Sie insgesamt den Fettanteil in Ihrer Kost. Und was viele nicht wissen: Noch viel wichtiger ist die regelmäßige körperliche Aktivität. Das ist nämlich der beste Weg, das gute Cholesterin (HDL) zu erhöhen.

Fettleber Diabetiker leiden außerdem besonders häufig an einer Fettleber. Das ist vor allem auf die erhöhten Blutzuckerwerte und die eingeschränkte Blutzuckerverwertung zurückzuführen. Zudem bildet die Leber von Diabetikern insbesondere in der Nacht größere Zuckermengen, die bei schlechter Insulinwirkung zu Fett umgebaut und in den Leberzellen eingelagert werden. Wenn Sie eine Fettleber haben, gilt es, die Blutzuckerwerte zu optimieren und bestehendes Übergewicht dauerhaft zu reduzieren.

Eine genetische Veranlagung für Diabetes lässt sich noch nicht heilen, umso mehr können Sie aber gegen Bewegungsmangel und Übergewicht tun. Die gute Nachricht lautet: Durch die Kombination von Ernährungsumstellung und mehr Bewegung lässt sich bei fast allen Typ-2-Diabetikern der Blutzucker wieder ins Lot bringen. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden Kapitel.

 

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All diesen Erkrankungen können Sie mit einer guten Ernährung und viel Bewegung entgegenwirken!

Die Diagnose: einfach und schnell

Das wichtigste Symptom des Diabetes ist der erhöhte Blutzuckerspiegel. Diesen kann der Arzt leicht feststellen. Trotzdem wird die Diagnose Typ-2-Diabetes mellitus oft erst sehr spät gestellt, da die Erkrankung weniger dramatisch verläuft als der Typ-1-Diabetes. Die Symptome sind anfangs unspezifisch und werden von den Betroffenen nicht eindeutig erkannt, der Verlauf ist schleichend. Dabei kann man sich ganz leicht selbst testen, denn in vielen Apotheken werden Blutzuckermessungen angeboten. Sinnvoll ist es überdies, bei Verdacht auf Diabetes zu prüfen, ob Traubenzucker mit dem Urin ausgeschieden wird. Harnzuckerteststreifen gibt es in jeder Apotheke günstig zu kaufen.

Zusätzlich sollten Sie aber Ihren Arzt aufsuchen, denn nur er kann die Krankheit eindeutig diagnostizieren. Er nimmt Ihnen Blut ab und erhält so einen Überblick über die Zuckerkonzentration in Ihrem Blut.

 

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Die eindeutige Diagnose kann nur der Arzt stellen.

Die Diagnose Diabetes mellitus wird gestellt, wenn ein spontan – also unabhängig von der Nahrungsaufnahme – gemessener Blutzuckerspiegel über 200 mg/dl liegt. In der Regel wird zur sicheren Diagnose ein Traubenzuckerbelastungstest (oraler Glukose-Toleranz-Test, oGTT) durchgeführt. Dieser dient zur Unterscheidung zwischen normaler Glukosetoleranz, gestörter Glukosetoleranz und bereits bestehendem Diabetes mellitus. Vor dem Test sollten Sie ca. 14 Stunden nüchtern sein. Der Nüchternzucker wird gemessen und anschließend nimmt der Patient ein Glukose-Wasser-Gemisch ein. Nach 60 bzw. 120 Minuten erfolgen weitere Blutentnahmen zur Glukosebestimmung. Liegt der Blutzuckerwert nach 2 Stunden über den Toleranzwerten (≥ 200 mg/dl), besteht ein Diabetes mellitus.

 

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mmol/l und mg/dl bezeichnen beide die Zuckerkonzentration im Blut.

Auch der HbA1c-Wert, der sogenannte Langzeitwert, gibt den Prozentanteil des mit Glukose verbundenen roten Blutfarbstoffs an, der beim Gesunden bei 4–6 Prozent liegt. Damit lässt sich der Blutzuckerverlauf der letzten 8–10 Wochen bestimmen.

Die Behandlung: Dreifach hilft besser

Mittelpunkt jeder Diabetestherapie ist eine gute Blutzuckereinstellung, die maßgeblich dazu beiträgt, Beschwerden und Spätfolgen zu vermeiden. Ein gesunder Blutzuckerwert lässt sich, wie Sie schon gelesen haben, durch die richtige Ernährung, ausreichend Bewegung und eine entsprechende medikamentöse Therapie erreichen. Die Therapie des Diabetes kann aber nur wirksam sein, wenn Sie alle vom Arzt empfohlenen Maßnahmen konsequent umsetzen. In der Behandlung von Diabetes mellitus unterscheidet man drei Therapiestufen:

Die Basistherapie: Die Basistherapie bei Diabetes besteht aus Ernährungsumstellung und Bewegung. Sie erhalten Schulungen und Beratungen, wie Sie Ihre Ernährung umstellen und mehr Bewegung in den Alltag einbauen können. Die Basistherapie können Sie optimal unterstützen, wenn Sie dieses Buch gelesen haben!

Die Behandlung mit Tabletten: Die Behandlung mit Tabletten ist nur bei Diabetes Typ 2 geeignet, da die Bauchspeicheldrüse hier, anders als bei Typ 1, noch Insulin produziert. Die Tabletten verhindern entweder die Glukose-Aufnahme im Darm oder erhöhen die Insulinabgabe aus der Bauchspeicheldrüse ins Blut.

Die Insulintherapie: Bei der Insulintherapie wird der Insulinbedarf, der bei Diabetes nicht mehr selbst vom Körper reguliert werden kann, mittels der Gabe von Insulin über Spritzen, Pens oder Pumpen ausgeglichen.

Abhängig von Alter, Begleiterkrankungen und der Form des Diabetes mellitus stehen folgende Therapieziele im Vordergrund: Die Therapie soll Ihnen ein Leben mit hoher Lebensqualität ermöglichen, Ihre Kompetenz im Umgang mit der Erkrankung steigern, Begleiterkrankungen und Spätfolgen vermeiden helfen, schwere Stoffwechselentgleisungen vermeiden, diabetesbedingten Beschwerden vorbeugen bzw. behandeln und die Nebenwirkungen der Diabetestherapie sowie die Belastung des Patienten möglichst gering halten. Dazu können Sie mit der richtigen Ernährung viel selbst beitragen. Wie Ihnen das gelingt, erfahren Sie im folgenden Kapitel.

Eine gesunde Ernährung ist der Grundpfeiler Ihrer Therapie.

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GUT ESSEN, TROTZDEM BLUTZUCKERWERTE SENKEN

Sie haben dieses Buch gekauft, weil Sie wissen möchten, welche Kost für Sie geeignet ist, um überflüssige Pfunde loszuwerden und Ihren Blutzucker in Balance zu bringen. Ich gebe Ihnen hier eine im Alltag und in Ihrer Küche durchführbare Anleitung für Ihr neues Essgefühl und nebenbei ein paar Tipps, wie Sie mehr Bewegung in den Alltag bringen. Sie werden schnell merken, dass die richtige Ernährung bei hohen Blutzuckerwerten eine leckere und unkomplizierte Sache ist und auch Diabetiker keineswegs auf Genuss verzichten müssen.

Runter mit den Pfunden – aber wie?

Sie haben eben gelesen, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes häufig Medikamente einnehmen müssen. In einigen Fällen, beispielsweise wenn das körpereigene Insulin fehlt oder nicht ausreichend vorhanden ist, lässt sich das nicht vermeiden. Stimmt die Insulinproduktion jedoch, geht es jetzt darum, das Insulin wieder zum „Arbeiten“ zu bringen. Und hier kommen Bewegung und die Ernährung ins Spiel! Für mich als Ernährungsexperten und Diätassistenten ist die Medikamentenfreiheit oberstes Therapieziel und ich zeige Ihnen nun, wie Sie das schaffen können.

 

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Mein oberstes Ziel ist, dass Sie keine Medikamente brauchen.
Wie wirkt sich eine Gewichtsabnahme aus?

Wenn Ihr Arzt bei Ihnen Diabetes festgestellt hat, heißt das ab sofort für Sie: Achten Sie auf Ihr Körpergewicht! Und das heißt in den meisten Fällen, dass Sie ein paar Kilo abnehmen müssen. Mit jedem Kilogramm Übergewicht, das Sie abbauen, verbessert sich die Insulinwirkung wieder und Ihre Blutzuckerwerte sinken. Durch Abspecken können viele Diabetiker die Behandlung mit Insulin über Jahre hinauszögern oder sogar ganz verhindern. Oft reicht es bereits, wenn Sie 4–5 Kilo abnehmen, um Ihre Blutzuckerwerte wieder zu normalisieren. Falls Sie trotzdem Arzneimittel einnehmen müssen, kommen Sie dann meistens mit einer geringeren Dosis aus.

Abnehmen, ohne zu hungern

Jeder Versuch, radikal abzunehmen, führt dazu, dass Sie auf Dauer deutlich weniger Kalorien benötigen, um Ihr Gewicht zu halten, denn Ihr Grundumsatz sinkt in den Keller. Als Grundumsatz bezeichnen Wissenschaftler die Energiemenge, die Sie ohne Bewegung für Ihre ganz normalen Körperfunktionen benötigen, wie beispielsweise Atmung, Herzschlag, Körpertemperatur. Zusammen mit dem Leistungsumsatz ergibt er den Gesamtenergiebedarf. Schon durch strenges Diäthalten über 3–4 Wochen können Sie Ihren Grundumsatz für Monate aus der Bahn werfen.

Untersuchungen zeigen, dass gerade Frauen, die ständig auf Diät sind, ihren Grundumsatz und damit ihren Gesamtenergiebedarf erschreckend weit herunterfahren. Statt rund 2000 Kalorien verbrauchen sie dann pro Tag weniger als die Hälfte. Mit einem guten Frühstück ist der gesamte Energiebedarf dann oft schon gedeckt. Häufig ist gerade bei Menschen mit Gewichtsproblemen diese Anpassung des Grundumsatzes besonders stark ausgeprägt. Sie hungern sich durch Diäten mühsam ein paar Pfunde ab, die dann schnell wieder auf ihren Hüften zu finden sind.

 

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Mit radikalen Diäten schaukeln Sie Ihr Gewicht immer weiter hoch.

Auch nach der Diät denkt Ihr Körper nicht daran, seinen Kalorienbedarf wieder hochzufahren. Sein Ziel ist es, die verlorenen Fettreserven so schnell wie möglich wieder aufzufüllen oder besser noch ein paar zusätzliche Reserven einzulagern. Auf diese Art bereitet er sich auf die nächste Hungerszeit in Form einer Diät vor. So schaukelt sich Ihr Gewicht mit jeder Diät weiter hoch. An dieser Stelle verzweifeln viele Betroffene, da sie trotz ständiger Diätphasen immer mehr an Gewicht zulegen. Dabei macht dieser ständige Wechsel zwischen hohem und einem etwas niedrigeren Körpergewicht Sie nicht nur dick, sondern auch krank. In wissenschaftlichen Studien konnte beispielsweise gezeigt werden, dass häufige Diäten mit einer anschließenden Gewichtszunahme das Risiko für Herzkrankheiten erhöhen. Es geht also darum, das Gewicht langsam zu reduzieren, bis Sie Ihr Wunschgewicht erreicht haben. Und das sollten Sie dann halten. Beides gelingt nur mit einer Ernährungsumstellung in Verbindung mit mehr Bewegung.

Ich bin ja wirklich kein Freund davon, einzelne Lebensmittel vom Speiseplan zu verbannen. Jedoch brauchen wir bei einem diagnostizierten Diabetes eine klare Linie, an die wir uns im Prinzip halten. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Wichtig ist in einem ersten Schritt die Reduktion von zuckerreichen Nahrungsmitteln, denn damit erreichen wir eine Entlastung des Blutzuckers, und in einem zweiten Schritt eine Gewichtsreduktion durch die damit eingesparten Kalorien.

 

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Verzehren Sie weniger Zucker, dann nehmen Sie durch die so eingesparten Kalorien ab.
Essen Sie sich satt

Neben dem Verzicht auf Lieblingsspeisen ist Hunger das zweite große Problem, an dem viele Menschen beim Abnehmen scheitern. Wir brauchen einfach das Gefühl, satt zu sein. Dieser Instinkt ist fest in unseren Genen verwurzelt und funktioniert bereits bei Neugeborenen. Instinkte wie Hunger können Sie nicht kontrollieren. Sie werden von den mächtigen Signalen Ihres Körpers und Ihrer Sinnesorgane gesteuert. Dabei nutzt Ihr Körper ganz verschiedene Signale, um Ihrem Gehirn mitzuteilen, dass Sie etwas zu essen brauchen oder dass Sie satt sind. Wenn Sie diese Signale kennen und in der Lage sind, sie zu kontrollieren, haben Sie einen wichtigen Schlüssel zu Ihrem Abnehmerfolg in der Hand.

Ihr Magen reagiert als Erstes auf das Volumen der Nahrung. Ist er gut gefüllt, haben Sie zunächst einmal keinen Hunger mehr. Das funktioniert auch mit Gemüse – wenn die Portion nur groß genug ist, also ein großes Volumen hat: Damit sich ein Sättigungsgefühl einstellt, muss etwa die Menge von zwei bis drei Fäusten in Ihren Magen hinein. Wie viele Kalorien und Nährstoffe im Essen stecken, ist dabei weniger wichtig, daher stillen auch Obst, Salate, Suppen oder eine Gemüsepfanne Ihren Hunger. Umgekehrt reagiert der Magen übrigens auch bei sehr kalorienreichen Speisen erst, wenn er voll genug ist.

Die Nährstoffe in der Nahrung wirken sich indirekt aus. Der Dehnungsreiz alleine genügt nicht, denn wenn Sie nur Wasser trinken, werden Sie nicht satt. Der Magen braucht auch eine bestimmte Menge an Nährstoffen, bis er das Signal „satt“ an das Gehirn sendet. Dabei machen Kohlenhydrate und Eiweiß etwas schneller und nachhaltiger satt als Fett. Es ist also wichtig, was auf den Tisch kommt.

So verlieren Sie überflüssige Pfunde ohne strenge Diät

Drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag sind die Basis Ihrer Ernährung. Das empfiehlt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Stellen Sie Ihre Ernährung langsam um, dann geht es kontinuierlich in kleinen Schritten zum langfristigen Erfolg. Nehmen Sie dabei nicht weniger als 1200–1400 Kalorien pro Tag zu sich, denn alles darunter führt zum Jo-Jo-Effekt. Auf Seite 36 habe ich einen Warenkorb für Sie zusammengestellt. Wer sich ausschließlich mit dem Warenkorb ernährt und sich die Lebensmittel auf 6 Tage aufteilt, nimmt täglich 1450 Kalorien zu sich. Probieren Sie es aus! Steigern Sie nach der Abnehmphase Ihre tägliche Kalorienaufnahme nur langsam, und zwar etwa um 100 Kalorien pro Woche. Wenn Sie etwas zunehmen, gibt es wieder etwas weniger, bis Sie Ihr Gewicht halten.

 

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Zwei Portionen Obst sind für Sie als Typ-2-Diabetiker in Ordnung, mehr sollten es aber nicht sein.

Sparen Sie an tierischen Fetten aus Fleischwaren und fettreichen Milchprodukten. Schränken Sie Ihren Süßigkeitenkonsum so stark wie möglich ein, indem Sie sich beispielsweise nur am Wochenende Naschereien erlauben. Ersetzen Sie Weißmehlprodukte durch die Vollkornvarianten bei Brot, Nudeln und Reis. Kombinieren Sie die Beilagen mit Gemüse und Hülsenfrüchten: Wenn Sie Vegetarier sind, liegen auf Ihrem Teller ein Drittel Beilagen und zwei Drittel Gemüse. Wenn Fleisch dabei ist, sind es je ein Viertel Fleisch und Beilagen und zwei Viertel Gemüse. So sind auch die Rezepte in diesem Buch ausgelegt. Somit kommen durch weniger Kohlenhydrate und viel Ballaststoffe keine Blutzuckerspitzen zustande. Bevorzugen Sie naturbelassene Lebensmittel. Meiden Sie Fast Food und Lebensmittel, die industriell stark verarbeitet sind, wie Fertiggerichte. Trinken Sie täglich mindestens 2 Liter Mineralwasser.

 

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Im Prinzip können sich Diabetiker wie gesunde Normalgewichtige ernähren.
Ein Beispiel aus meiner Praxis

Unten finden Sie ein Patientenbeispiel aus meiner Praxis. Die 44 Jahre alte Patientin hatte einen Typ-2-Diabetes, eine Fettleber und eine Fettstoffwechselstörung. Sie bekam verschiedene Medikamente und war zu Beginn der Behandlung bei einer Größe von 1,67 Metern 85 kg schwer. Die Patientin konnte ihr Gewicht im Laufe der Ernährungsumstellung um 27 kg reduzieren! Nach 14 Monaten wog sie nur noch 58 kg und ihr Diabetes Typ 2 wie auch die Fettstoffwechselstörung sind Geschichte. Die Medikation konnte nach 8 Monaten eingestellt werden.

UNGÜNSTIGE TAGESBILANZ VOR DER ERNÄHRUNGSBERATUNG

Frühstück

3 Tassen Kaffee + Milch + Zucker

500 ml Orangensaft, Apfelsaft, Traubensaft oder Smoothie

image Der Blutzucker schießt in die Höhe, die flüssigen Kohlenhydrate gehen nahezu ungebremst ins Blut!

Mittagessen

Pasta und Reis mit Sauce (meist ohne Gemüse oder Salat)

image Sich mit Beilagen satt zu essen ist sehr ungünstig – zur Magenfüllung brauchen wir kohlenhydratreduzierte Zusätze in Form von Ballaststoffen, also Gemüse und Salat!

Abendessen

2 Brötchen + Butter + Belag (immer ohne Gemüse und Salat)

image 150 g Brot zum Abendessen für eine Frau, die eine sitzende Tätigkeit hat und keinen Sport treibt – das ist viel zu viel Energie, also 1 Brötchen durch Gemüse ersetzen!

Snack zum Fernsehen

½ Tafel Schokolade

image Süßigkeiten in kleinen Mengen sind auch für Typ-2-Diabetiker kein Problem – gegen 25 g Schokolade ist nichts einzuwenden, aber das ist nur eine Viertel Tafel!

GUTE TAGESBILANZ NACH DER ERNÄHRUNGSBERATUNG

Frühstück

2 Tassen Kaffee + Milch + Zucker

Wasser, Tee ohne Zucker (oder mit einer Prise Stevia)

150 g Quark oder Joghurt, 2 Esslöffel Haferflocken und 1 Stück Obst

image Gemüse (ohne Fettzugabe bzw. mit nur geringen Mengen Öl oder Butter) ist zu jeder Zeit des Tages erlaubt!

Mittagessen

Nur 50 % der Beilagen (Nudeln, Reis, Sauce)

Gemüse und/oder Hülsenfrüchte

Ca. 150 g Fleisch oder Fisch mit Bratensaft bzw. Sud

image Das Essen sollte mindestens zur Hälfte aus Gemüse und Hülsenfrüchten bestehen. Pasta, Reis bzw. alle Beilagen wurden um die Hälfte reduziert, aber nicht verboten!

Abendessen

1 Brötchen + Butter + Belag

1 große Portion Gemüse und/oder Salat

Snack zum Fernsehen

¼ Tafel Schokolade (25 g) oder 1 Schokoriegel mit bis zu 25 g

1 Stück Obst oder am besten 150 g Joghurt oder Quark

 

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Die Gerichte im Rezeptteil haben genau die richtige Kombination der Lebensmittel, um Ihren Typ-2-Diabetes zu verdrängen!
Special: Die Bewegung macht’s

Kilos zu verlieren ist auch ohne Sport möglich. Doch beim Kampf gegen den Diabetes Typ 2 sollten Sie Ihr schärfstes Schwert auf keinen Fall im Schrank lassen. Denn die Gewichtsreduktion steht auf drei Säulen:

1. Ernährung: Alles Wichtige dazu erfahren Sie in diesem Buch.

2. Sport, Ausdauertraining und Bewegung im Alltag tragen zu einer negativen Energiebilanz bei. Durch Sport verbrennen Sie mehr Zucker, können Ihren Blutzuckerspiegel glätten und nehmen dadurch besser ab.

3. Krafttraining: Durch eine Zunahme an Muskelmasse können Sie Ihren Grundumsatz steigern, denn Sie verbrennen ganz automatisch auch in Ruhe mehr Kohlenhydrate – 50–60 Kalorien am Tag. Das klingt nach relativ wenig, doch auch hier gilt: Kleinvieh macht auch Mist.

Jede Art von Bewegung macht glücklich

Lassen Sie sich vor Beginn Ihres Bewegungsprogramms von einem Physiotherapeuten, Sportlehrer oder Sportwissenschaftler unterstützen. Die Palette an sportlichen Betätigungsfeldern ist breit. Fragen Sie sich: Was hat mir früher – vielleicht schon als Kind – Spaß gemacht? Die meisten Sportarten sind auch später noch ohne Weiteres möglich. Krafttraining ist beim Diabetes Typ 2 zwar sehr effektiv, viele treiben aber lieber Sport an der frischen Luft oder im Team. Es bringt nichts, wenn Sie sich zu einer Sportart zwingen, die für Sie mehr Qual als Lust darstellt. Fest steht: Bewegung – egal in welcher Form – macht glücklich. Egal wo Sie anfangen: Jeder Meter, jeder Tropfen Schweiß, jede Sekunde an der frischen Luft ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings empfehle ich Ihnen bei längerer sportlicher Abstinenz, Ihren Gesundheitszustand durch einen Arzt prüfen zu lassen.

Bewegung im Alltag

Doch es muss nicht immer gleich Sport sein. So einfach es ist, seinen Alltag gänzlich unbewegt zu gestalten, so leicht ist es, die Bewegung in den Alltag wieder zu integrieren. Hierzu einige Anregungen: Schon 30 Minuten Bewegung an 3 Tagen pro Woche fördern die Gesundheit. Gibt es Fahrstuhlfahrten, die Sie durch Treppensteigen ersetzen können? Können Sie Ihren Einkauf nicht auch zu Fuß erledigen?

Was einigen meiner Patienten ungemein geholfen hat, war das Abstauben ihres alten Drahtesels, der vor Jahren im Keller geparkt wurde. Wenn es eine Möglichkeit gibt, den täglichen Weg zur Arbeit – zumindest in den wärmeren Monaten – mit dem Fahrrad zu bestreiten, tun Sie es! Diese Umstellung allein kann Großes bewirken.

 

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Ausdauertraining

Ausdauertraining verbrennt Energie und somit Zucker in den Körperzellen wie Feuer das Holz. Dazu zählt nicht nur Laufen, sondern auch Gymnastik, Radfahren, Schwimmen, Rudern und Skilanglauf. Zur Steuerung der Intensität ist es praktikabel, die Herzfrequenz (den Puls) als Referenz einzusetzen. Neben der Berücksichtigung des eigenen Fitness-und Gesundheitszustands kann als Faustformel 180 minus Lebensalter gelten. Hören Sie aber auch in Ihren Körper hinein und passen Sie die Belastung bzw. die Geschwindigkeit Ihrer Tagesform an.

Tipps für ein wirkungsvolles Ausdauertraining:

Feste Trainingstage einrichten: Wenn das Training als Termin in Ihrem Kalender steht, gibt es keine Ausreden.

Anfangs reicht schon zwei- bis dreimal pro Woche 20–30 Minuten laufen, Rad fahren, inlineskaten oder schwimmen. Später können Sie die Dauer nach Kondition ausweiten.

Trainieren Sie niemals bei Fieber! Trainingswiederaufnahme: x Tage Fieber = x Tage Trainingspause.

Nur regelmäßiges Training bringt Fortschritte!

Das Tempo tötet, nicht die Strecke! Wenn Sie sich während des Trainings zu schlapp fühlen, laufen Sie langsamer.

Erst öfter, dann länger, dann intensiver trainieren.

Krafttraining

Neben dem erhöhten Grundumsatz fördert Krafttraining die Gewichtsreduktion, indem Muskeln aufgebaut werden, schon beim Training Energie verbraucht wird und psychologisch gesehen ein aktiver Lebensstil unterstützt wird. Ziehen Sie aber bitte einen Experten hinzu, wenn Sie mit den Übungen beginnen möchten. Bei falscher Belastung können Sie mehr kaputt machen, als am Ende dabei rauskommt.

Nährstoffe in gesunder Balance

Wir essen von einigen Nahrungsinhaltsstoffen zu viel, von anderen zu wenig und insgesamt ernähren wir uns im Schnitt zu kalorienreich. Die Folgen dieser Fehlernährung sind Krankheiten wie Typ-2-Diabetes. Um hier gegensteuern zu können, müssen Sie erst einmal den Energiegehalt der einzelnen Nährstoffe kennen.

1 g Kohlenhydrate: 4 kcal

1 g Eiweiß: 4 kcal

1 g Fett: 9 kcal

1 g Alkohol: 7 kcal

Kohlenhydrate sind nicht tabu

Kohlenhydrate sind die einzigen Nährstoffe, die einen direkten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben. Trotzdem sollten sie keineswegs aus Ihrem Speiseplan verschwinden. Von der Gesamtenergie des Tages sollten Sie als Typ-2-Diabetiker 40–50 Prozent in Form von Kohlenhydraten aufnehmen. Für manche Diabetiker kann es sinnvoll sein, die Kohlenhydrate auf mehrere Mahlzeiten aufzuteilen, gegebenenfalls besprechen Sie das am besten mit Ihrem Arzt.

 

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Auch Diabetiker sollten Kohlenhydrate essen!

Je nach Anzahl der unterschiedlichen Zuckermoleküle werden Kohlenhydrate in Einfach-, Zweifach- oder Mehrfachzucker eingeteilt. Sie werden vom Körper unterschiedlich schnell aufgenommen und erhöhen somit in unterschiedlichem Maße die Blutzuckerwerte. Einfachzucker lassen den Blutzuckerspiegel besonders schnell ansteigen. Deshalb sollten Sie als Diabetiker zuckerreiche Lebensmittel stark reduzieren.

Dafür heißt es bei denjenigen kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln zugreifen, die den Blutzuckerspiegel langsam ansteigen lassen. Besonders empfehlenswert sind Vollkornprodukte, da sie außerdem stark sättigen und reich an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen sind.

Ballaststoffe zählen ebenfalls zu den Kohlenhydraten. Sie kommen ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Ballaststoffe bringen den Darm auf Trab, verbessern den Glukosestoffwechsel und sorgen für ein erhöhtes Sättigungsgefühl nach dem Essen – das hilft beim Abnehmen! Hinzu kommt, dass sie den Blutzucker nur langsam ansteigen lassen, Blutzuckerspitzen reduzieren und außerdem bei der Senkung des Blutcholesterinspiegels hilfreich sein können. Ballaststoffreiche Lebensmittel sind Getreideprodukte, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Ballaststoffkonzentrate wie Weizenkleie, Haferkleie oder Plantagoovata-Samenschalen (bekannt als Indische Flohsamen).

 

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Bevorzugen Sie Vollkornprodukte, denn sie sättigen gut und sind voller gesunder Nährstoffe!

Greifen Sie deshalb bei all diesen Produkten gerne zu (nur Obst sollten Sie in Maßen verzehren) – am besten in Kombination mit Milchprodukten und Fett. Pro Tag sollten Sie mit der Nahrung mindestens 30–40 Gramm Ballaststoffe aufnehmen.

Sonderfall Zucker

Zucker gehört ebenfalls zu den Kohlenhydraten. Während früher Haushaltszucker für Sie als Diabetiker tabu war, ist man heute der Meinung, dass kleine Mengen Zucker durchaus geeignet sind, aber nur unter folgenden Voraussetzungen:

Sie haben eine gute Stoffwechseleinstellung.

Sie kontrollieren Ihre Werte regelmäßig.

Sie nehmen Zucker nicht in Form von Getränken zu sich.

Sie verzehren ihn nicht in reiner Form, sondern in Lebensmittel „verpackt“.

Getränke süßen Sie bitte nicht mit Zucker, sondern am besten mit Stevia in kleinen Mengen. Spezielle Diabetiker-Diätprodukte sind überflüssig, da sie nicht nur einen meist hohen Fett- und Energiegehalt haben, sondern auch unverhältnismäßig teuer sind. Seit einiger Zeit sind sie aus den Regalen der Supermärkte verschwunden. Auch Zuckeraustauschstoffe wie Fruchtzucker und Sorbit besitzen keinen entscheidenden Mehrwert für Typ-2-Diabetiker: Fruktose beispielsweise bringt ihnen nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen keine Vorteile; dies zeigt auch die Erfahrung in meiner Ernährungspraxis. Richtig ist, dass der Fruchtzucker den Blutzucker nur mäßig erhöht, jedoch gehen die Kalorien genauso auf die Hüfte bzw. verstärken das bauchbetonte Fett. Bei zu viel Fruktose können sogar Leberprobleme und Fettstoffwechselstörungen entstehen.

 

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Getränke mit Zucker jeglicher Art, auch Säfte, sollten Sie höchstens mal am Wochenende in kleinen Mengen trinken.
Eiweiß – aber bitte biologisch hochwertiges

Eiweiß sättigt gut und nachhaltig, das ist wichtig, wenn Sie abnehmen möchten. Außerdem ist Eiweiß wichtig für die Produktion von Hormonen, Botenstoffen, Enzymen und den Aufbau von Körpergewebe. 20–25 Prozent Ihrer Gesamtenergie sollten Sie täglich aus Eiweiß beziehen, wenn bei Ihnen keine Anzeichen auf eine Schädigung der Nieren vorliegen. Patienten mit Nierenerkrankungen sollten die für sie geeignete Eiweißmenge mit ihrem Arzt besprechen.

Wenn Sie Fleisch und Fisch in vernünftigen Mengen essen, erreichen Sie eine hohe biologische Wertigkeit des Proteins. Mit Fisch nehmen Sie gleichzeitig die wichtigen Omega-3-Fettsäuren sowie gesundheitsfördernde Vitamine und Mineralstoffe auf.

Die biologische Wertigkeit gibt an, wie viel Gramm körpereigenes Eiweiß aus 100 Gramm Nahrungseiweiß gebildet werden können. Ausgangswert ist das Hühnerei mit einer biologischen Wertigkeit von 100. Rindfleisch und Thunfisch etwa haben eine Wertigkeit von 92, Weizen von 57. Wichtig zu wissen: Lebensmittel lassen sich so kombinieren, dass die biologische Wertigkeit steigt und sogar einen Wert von über 100 erreichen kann. Beispiel: Kartoffeln (98) plus Ei (100) = biologische Wertigkeit von 137. Das heißt, Ihr Körper kann die Proteine von Kartoffeln und Ei zusammen besser verwerten, als wenn Sie sie einzeln essen.

 

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Die biologische Wertigkeit gibt an, wie gut sich Nahrungseiweiß in körpereigenes umwandeln lässt.
Fett – pflanzlich ist besser

Wenn Sie übergewichtig sind, sollten Sie versuchen, weniger Fett zu sich zu nehmen. Denn ein Gramm Fett enthält doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate und Eiweiß. Grundsätzlich sollte Fett 25 bis maximal 35 Prozent der Gesamtkalorien ausmachen, und Sie sollten Fette überwiegend pflanzlichen Ursprungs bevorzugen. Die allgemeine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für die Zusammensetzung der Gesamtfettmenge lautet:

10 Prozent aus gesättigten Fettsäuren (hauptsächlich in tierischen Fetten wie Fleisch, Milch und Milchprodukten, aber auch in pflanzlichen Fetten wie Kokosfett)

7–10 Prozent aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren (z. B. in Walnuss- und Kürbiskernöl)

10–13 Prozent aus einfach ungesättigten Fettsäuren (z. B. in Oliven- oder Rapsöl)

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Pflanzliche Fette wirken sich positiv auf Ihre Blutzuckereinstellung aus.

Während gesättigte Fettsäuren die Insulinresistenz fördern, wirken sich einfach ungesättigte Fettsäuren sowie Omega-3-Fettsäuren positiv auf die Insulinwirkung sowie die Blutzuckereinstellung aus. Auf diese sollten Sie als Diabetiker setzen, gesättigte Fettsäuren dagegen weitgehend meiden.

Alkohol – weniger ist mehr

Wenn Sie dreimal in der Woche ein wenig Alkohol trinken – ca. 125 ml Wein oder 300 ml Bier –, ist dies sicher unbedenklich. Bei regelmäßigem hohem Konsum nehmen Sie durch den Alkohol jedoch viele flüssige Kalorien auf, was wiederum zu Übergewicht führen kann. Außerdem kann es im Zusammenspiel mit den Diabetes-Medikamenten zu Unterzuckerungen kommen.

Vitamine und Mineralstoffe

Vitamin A, C und E sowie einige sekundäre Pflanzenstoffe sind in der Lage, schädliche freie Radikale zu neutralisieren. Sie tragen somit zur Vorbeugung der typischen diabetischen Folgeschäden, wie z. B. Durchblutungsstörungen, bei. Diese Inhaltsstoffe sind vor allem in frischem Obst und Gemüse enthalten. Deshalb sollten diese Lebensmittel täglich auf Ihrem Speiseplan stehen.

Was gehört in einen gesunden Einkaufskorb?

Gemüse in Hülle und Fülle Optimal sind mindestens drei Portionen Gemüse am Tag; essen Sie nach Saison und reichlich. Gemüse enthält nur eine geringe Menge an Kohlenhydraten, die den Blutzuckerspiegel steigern. Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe dominieren. Kartoffeln, Mais und Süßkartoffeln sind stärkehaltige Gemüsesorten – deshalb hier etwas reduzieren. Ein guter Ersatz ist z. B. Topinambur.

Hülsenfrüchte Sie enthalten zwar Stärke, diese wird jedoch durch den Anteil an Eiweiß und Ballaststoffen gut gebremst. Der Blutzuckerspiegel steigt nicht so stark – bringen Sie deshalb öfter mal wieder Linsen oder auch Kichererbsen auf den Tisch. Obst Genießen Sie Obst nach Saison, aber bleiben Sie bei maximal zwei Stück bzw. ca. 250 Gramm pro Tag. Vermeiden Sie Obstkonserven und Trockenobst – hier steckt konzentriert Zucker drin.

Milch und Milchprodukte Setzen Sie auf Naturmilchprodukte wie Naturjoghurt, Buttermilch und Kefir. Vermeiden Sie Fruchtjoghurt, denn in einem Fruchtjoghurt mit 150 Gramm stecken rund sieben Zuckerwürfel, das sind ungefähr 20 Gramm Zucker! Auch die Diät- und Lightvarianten sind oft voller Zusatzstoffe und deshalb nicht empfehlenswert. In den Einkaufskorb sollte Käse aller Art bis 45 % Fett i.d.Tr., auch Frischkäse, Feta, Mozzarella. Milch ist kein Getränk, sondern als Lebensmittel zu sehen – fürs Müsli oder den Kaffee sind geringe Mengen täglich kein Problem. Verwenden Sie ruhig die volle Fettstufe, aber behalten Sie die Gesamtmenge im Blick.

 

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Fruchtjoghurt hört sich gesund an, hat aber 20 Gramm Zucker pro Becher.

Fleisch, Fisch, Geflügel und Eier Essen Sie Fleisch und Geflügel zwei- bis dreimal pro Woche, aber bitte aus vernünftiger Tierhaltung. Beim Fisch darf es auch gern mal was Regionales, z. B. Forelle oder Karpfen, sein. Fette Seefische wie Hering, Lachs oder Sardine enthalten wichtige Omega-3-Fettsäuren für gesunde Arterien und sollten deshalb zweimal pro Woche auf den Tisch. Jeden zweiten Tag ein oder zwei Eier sind in Ordnung, da sie hochwertiges Eiweiß enthalten. Gleichzeitig ist aber Maß halten angesagt! Wurst schmeckt zwar lecker, ist aber ein Genussmittel und kein essenzielles Lebensmittel.

Getreideprodukte und Backwaren Am besten für unsere Gesundheit sind niedrig ausgemahlene Dinkelbackwaren, denn sie enthalten alle wichtigen Nährstoffe. Vollkornprodukte aller Art sollten Sie dabei bevorzugen. Versuchen Sie auch mal Brot aus Emmer, Einkorn und Kamut. Sie enthalten vor allem Ballaststoffe und energiespendende komplexe Kohlenhydrate. Getreideflocken aus Hafer und Dinkel sind zusammen mit Milchprodukten eine ideale Kombination. Fragen Sie beim Bäcker nach, ob auch mindestens 70–80 Prozent volles Korn im Brotteig enthalten sind. Oft werden Brote mit Malzextrakt dunkel gefärbt, aber das sind keine Vollkornprodukte und Ihr Blutzuckerspiegel steigt nach dem Essen stärker an. Kuchen, süßes Gebäck, Kekse und Weißbrot sollten Sie sich fürs Wochenende oder für Feste reservieren. Cornflakes und Honig- bzw. Schokoflocken sind kein Müsli, sondern Süßigkeiten und erhöhen schon beim Frühstück massiv den Blutzuckerspiegel.

Auch als Diabetiker dürfen Sie zwei Portionen Obst am Tag genießen.

 

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Speisefett Verwenden Sie als Streichbelag Butter oder Frischkäse, und das sparsam. Die angeblich so gesunde Margarine ist ein aufgeblasenes Werbemärchen. Versuchen Sie bei Pflanzenöl abzuwechseln, z. B. zwischen Raps-, Oliven-, Walnuss- und Sonnenblumenöl. Besonders native, also kalt gepresste Sorten bieten eine sehr gute Prophylaxe bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Flüssigkeit Die oft geforderte Trinkmenge von 3–4 Litern pro Tag ist für viele Menschen schlicht nicht machbar auch nicht notwendig. 1,5–2 Liter sind völlig ausreichend. Vorwiegend sollten es Wasser und ungesüßter Tee sein. Wasser und Heilwasser mit einem hohen Anteil an Hydrogencarbonat (über 1000 mg pro Liter) tragen zu einer besseren Verdauung bei. Gegen ca. 350 ml Kaffee pro Tag ist auch nichts einzuwenden. Bitte auf 100 % Arabica-Kaffee achten, der ist magenfreundlicher. Vorsicht bei Alkohol, Saft, Softdrinks und Milch. Diese energiereichen Flüssigkeiten enthalten pro 100 ml ungefähr 50 Kalorien. Zwei Viertel Wein oder zwei Flaschen Bier am Tag steuern schon rund 25 Prozent zur Tagesenergie bei. Reduzieren Sie auch Milch und Saft stark, sie enthalten viel Energie in Form von Milchzucker und Fruchtzucker. Als Diabetiker sollten Sie z. B. den vermeintlich gesundheitsfördernden Frühstückssaft vermeiden.

Bei Gemüsen dürfen und sollen Sie reichlich zugreifen!

Special: Der 8800-Kalorien-Warenkorb

Als Ernährungsexperte der SWR-Sendung „Kaffee oder Tee?“ stelle ich für meine Zuschauer regelmäßig einen gesunden Warenkorb zusammen. Er enthält 8800 Kalorien – dazu gibt es Rezeptvorschläge, die Sie beim kreativen Kochen unterstützen. Wer sich ausschließlich mit dem Warenkorb ernährt und sich die Lebensmittel auf 6 Tage aufteilt, nimmt täglich 1450 Kalorien zu sich und lernt ganz nebenbei, wie gesunde Ernährung praktisch funktioniert.

 

GEMÜSE
250 g Süßkartoffeln200 kcal
250 g Kartoffeln200 kcal
1 Stange Lauch110 kcal
1 Knolle Steckrübe150 kcal
500 g Karotten190 kcal
1 Kopf Weißkohl200 kcal
250 g TK-Spinat50 kcal
1 Hokkaido-Kürbis400 kcal
150 g Feldsalat30 kcal
OBST
5 Äpfel320 kcal
3 Birnen200 kcal
2 Bananen220 kcal
3 Orangen180 kcal
4 Mandarinen200 kcal
HÜLSENFRÜCHTE UND NÜSSE
100 g rote Linsen320 kcal
200 g Tofu310 kcal
25 g Walnüsse175 kcal
TEIGWAREN, BROT UND GETREIDE
300 g Vollkornbrot660 kcal
150 g Risottoreis520 kcal
100 g Penne360 kcal
75 g Maisgrieß250 kcal
100 g Haferflocken370 kcal
MILCHPRODUKTE
50 g Parmesan175 kcal
50 g Emmentaler175 kcal
200 g Frischkäse450 kcal
500 g Magerquark250 kcal
1 Mozzarella (125 g)325 kcal
1 l Milch, 1,5 % Fett500 kcal
500 g Joghurt, 1,5 % Fett230 kcal
SONSTIGES
4 Eier340 kcal
60 ml Öl530 kcal
15 ml Olivenöl130 kcal
10 g Butter80 kcal
KALORISCH ZU VERNACHLÄSSIGEN KOMMEN HINZU:

Schalotten, Zwiebeln

Tomatenmark

Currypaste

Currypulver

Knoblauch

Muskat, Lorbeerblatt, Nelke

Petersilie, Thymian, Schnittlauch, Basilikum, Majoran

Salz, Pfeffer

Die Rezepte zum Warenkorb

Süßkartoffel-Cremesuppe

mit Tofu-Curry-Topping (image S. 74)

Gemüseragout mit roten Linsen (image S. 105)

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842687561
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (September)
Schlagworte
diabetesfreundliches Kochen erfolgreich Abnehmen bei Diabetes Koch-Kurs Ernährungs-Beratung Rezepte für Anfänger Volkskrankheit Diabetes Typ 2 Gesundheits-Ratgeber

Autor

  • Sven Bach (Autor:in)

Bis zu seinem 19. Lebensjahr hatte der Autor Sven Bach selbst mit starkem Übergewicht zu kämpfen. Seit 1998 ist er als Ernährungstherapeut und Diätassistent tätig und hat langjährige Erfahrung in den Bereichen Gesundheitstage, Motivationsvorträge und Seminare für die Betriebliche Gesundheitsförderung. Seit 2007 therapiert er Patienten mit ernährungsabhängigen Erkrankungen in seiner eigenen Praxis und ist regelmäßig im Fernsehen als Ernährungsexperte zu erleben. Neben zahlreichen Einzelernährungsberatungen sowie Vorträgen und Seminaren in Betrieben, konnte er sein Spektrum um die unabhängige Beratung für die Medien, insbesondere für TV und Radio, erweitern.
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Titel: Der Gesundheitskochkurs: Diabetes