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Pflanzliche Antibiotika richtig anwenden

Mit natürlichen Alternativen Infektionen effektiv behandeln. Von der Halsentzündung bis zur Behandlung von Wunden.

von Anne Wanitschek (Autor:in) Sebastian Vigl (Autor:in)
144 Seiten

Zusammenfassung

Hausmittel statt Chemiekeule
Der Fluch des Wundermittels: Aufgrund der auftretenden Resistenzen und Nebenwirkungen sehen immer mehr Menschen den leichtfertigen Einsatz von Antibiotika kritisch. Viele fragen sich, ob und welche naturheilkundlichen Alternativen es gibt und wie man sie richtig einsetzt. Viele pflanzliche Antibiotika sind heute als standardisierte Präparate gut erforscht und von der Schulmedizin anerkannt. Andere pflanzliche Antibiotika lassen sich schnell und einfach selbst zubereiten. Die Heilpraktiker Anne Wanitschek und Sebastian Vigl zeigen, wie bakterielle Infektionen erkannt werden können, mit welchen pflanzlichen Antibiotika sie zu behandeln sind und wann ärztlicher Rat Sinn macht. Der Ratgeber liefert einen einfachen Einstieg für alle, die sich intensiver mit der Pflanzenheilkunde auseinandersetzen wollen. Alles, was Sie über pflanzliche Antibiotika wissen sollten,
in einem Ratgeber:
- Die wichtigsten zugelassenen pflanzlichen Arzneimittel, deren Wirksamkeit als pflanzliche Antibiotika belegt ist, sowie Anwendungsgebiete und -empfehlungen erstmalig in einem Ratgeber.
- Die Erforschung der pflanzlichen Antibiotika liefert jedes Jahr neue Erkenntnisse: Mit diesem Buch sind Sie über den aktuellen Stand der Anwendungsmöglichkeiten informiert.
- Mit Rezepten und Anleitungen zur Zubereitung von bewährten Hausmitteln und Tinkturen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT


Liebe Leserin, lieber Leser,

aufgrund der Nebenwirkungen und der auftretenden Resistenzen sehen immer mehr Menschen den leichtfertigen Einsatz von Antibiotika kritisch. Wahrscheinlich zählen auch Sie dazu, da Sie diesen Ratgeber jetzt in Ihren Händen halten. Vermutlich fragen Sie sich, ob und welche naturheilkundlichen Alternativen es bei bakteriellen Infektionen gibt. Es wird Sie interessieren, wie diese einzusetzen sind, ohne dass Sie Ihre Gesundheit gefährden.

Wir haben für Sie einen praktischen Ratgeber auf wissenschaftlicher Grundlage erstellt, in den Erkenntnisse aus unserer langjährigen Praxiserfahrung eingeflossen sind. Wir zeigen Ihnen, wie bakterielle Infektionen erkannt werden können und mit welchen pflanzlichen Antibiotika sie zu behandeln sind. Außerdem weisen wir Sie darauf hin, wann Sie einen Arzt zurate ziehen sollten. Sie finden auch Ratschläge zu einigen viralen Erkrankungen. Besonders dann, wenn Bakterien sich zu den Erkältungsviren gesellen und somit das Krankheitsgeschehen kompliziert machen.

Viele pflanzliche Antibiotika sind heute als standardisierte Präparate gut erforscht und von der Schulmedizin anerkannt. Andere pflanzliche Antibiotika lassen sich schnell und einfach selbst zubereiten. Wir haben darauf geachtet, dass Sie für die notwendigen Zutaten nicht weit laufen müssen. Zu jedem Anwendungsgebiet finden Sie eine Rubrik „Naturheilkunde aus der Küche“. Sie werden erstaunt sein, wie viele pflanzliche Antibiotika sich aus den Vorräten Ihrer Küche mit geringem Aufwand herstellen lassen!

Wir geben Ihnen in diesem Ratgeber keine Empfehlungen, die sich gegen die Ratschläge der Schulmedizin oder Ihres Arztes richten. Wir sind der Meinung: Der Arzt ist und bleibt Ihr Partner, wenn es um Ihre Gesundheit geht! Nehmen Sie diesen Ratgeber zum Arztbesuch mit und besprechen Sie mit ihm, ob der Einsatz eines herkömmlichen Antibiotikums wirklich unverzichtbar ist! Bei vielen bakteriellen Infektionen greifen auch immer mehr Ärzte zu den hier empfohlenen pflanzlichen Präparaten. Denn diese haben sich sehr oft als wirkungsvolle aber nebenwirkungsarme Alternativen erwiesen. Sollten Sie doch einmal ein herkömmliches Antibiotikum benötigen, so haben wir für Sie alles Wissenswerte zusammengetragen, damit Sie sich vor unerfreulichen Nebenwirkungen schützen können.

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Unser Ratschlag: Bitte lesen Sie vorher die „Anmerkungen“ im Kapitel „Anwendungen“.

Die Pflanzenheilkunde liegt uns sehr am Herzen. In unserer Praxis in Berlin behandeln wir akute und chronische Erkrankungen mit Heilpflanzen. Mit diesem Buch wollen wir unser Wissen mit Ihnen teilen. Wir hoffen, dass Sie von unseren Erfahrungen profitieren, und wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Gesundheit!

Anne Wanitschek und Sebastian Vigl
Heilpraktiker

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PFLANZLICHE ANTIBIOTIKA: ALLES WISSENSWERTE

Nicht nur wir leben in ständigem Kontakt mit Bakterien. Wussten Sie, dass auch Pflanzen sich vor ihnen schützen müssen? Die Schutzmechanismen der Pflanzen können wir uns zunutze machen. Antibakterielle Pflanzeninhaltsstoffe wehren effektiv krankheitserregende Bakterien ab, ohne dabei die nützlichen Bakterien der Darmflora zu beeinträchtigen.

Die fabelhafte Welt der Bakterien

Bakterien besiedelten lange vor uns diesen Planeten und werden noch lange nach uns hier sein. Als wir Menschen ihre Welt betraten, haben sie auch uns besiedelt. Zu unserem Glück, wie wir gleich erläutern werden.

Ein Bakterium ist ein Lebewesen, ein Virus nicht

Bakterien führen ein einfaches Leben: Sie vermehren und ernähren sich. Sie schützen sich gegen Feinde und widrige Einflüsse von außen. Manches, was sie nicht über die Nahrung aufnehmen können, produzieren sie einfach selbst. Bakterien sind wahre Überlebenskünstler! So wählen sich einige von ihnen lebensfeindliche Umgebungen wie Chemikalien oder Säuren zu ihrem Lebensraum. Andere Bakterienstämme kapseln sich in Erwartung besserer Zeiten jahrzehntelang ein. Versuche zeigen: Sie können verkapselt sogar auf Gesteinsbrocken unbeschadet durch das Weltall fliegen!

 

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Bakterien können sich lange Zeit einkapseln. Irgendwann werden sie dann wieder aktiv.

Bei den viel kleineren Viren handelt es sich um nichts anderes als um ein winziges Teilchen Erbgut, das in einer Eiweißhülle steckt. Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel, können sich nicht selbst vermehren und werden deshalb nicht zu den Lebewesen gezählt. Sie sind nichts anderes als eine geschickt verpackte genetische Information, die nur ein Ziel kennt: Sie will diese Information verbreiten. Dafür benötigt ein Virus eine Wirtszelle, deren Arbeitsvorschriften es fehlprogrammiert. Statt ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen, stellt die Wirtszelle nun unzählige neue Viren her.

Wie Bakterien uns krank machen

Für viele Kleinstlebewesen bietet unser Körper einen idealen Lebensraum. Sie finden darin Nahrung, Wärme und ausreichend Flüssigkeit, um sich nach Belieben zu ernähren und fortzupflanzen. Würden wir uns nicht durch natürliche Barrieren wie die Haut oder die Schleimhäute und durch unser Immunsystem schützen, die Bakterien nähmen uns einfach komplett in Besitz. Die meisten Bakterien respektieren die Grenzen, die wir ihnen setzen. Bis auf eine Anzahl besonders angriffslustiger Bakterien, die auf Schlupflöcher in unseren Schutzvorrichtungen warten, um in das Körperinnere einzudringen. Dort machen sie uns durch Zerstörung unserer Zellen oder durch ihre Ausscheidungsprodukte krank.

Jedes dieser angriffslustigen und krankheitserregenden Bakterien hat eine konkrete Angriffsstrategie entwickelt. Tuberkulose-Bakterien befallen zum Beispiel innere Organe und bevorzugen die Lungen. Borreliose-Bakterien greifen das Nervensystem und die Gelenke an. Salmonellen treiben in unserem Magen-Darm-Trakt ihr Unwesen.

 

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Bakterien sind „Türsteher“. Fremde Bakterien müssen erst an ihnen vorbei, um uns zu Leibe zu rücken.
Wie Bakterien uns nützen: Unsere Bakterienflora

Bakteriengemeinschaften, die auf oder in uns leben, werden meist als „Flora“ bezeichnet. Dieser Begriff ist nicht zutreffend. Er beruht auf der früher oft vertretenen Annahme, dass Bakterien dem Pflanzenreich angehören. Wenn wir die Bakterien zählen, die in oder auf uns leben, sehen wir, dass die Bakterien deutlich in der Überzahl sind. Auf eine menschliche Körperzelle kommen zehn Bakterien! Bemerkenswert ist, dass wir ohne diese Massen an Fremdlebewesen nicht lebensfähig wären.

Seit Beginn der Menschheitsgeschichte haben wir mit unseren winzigen Besiedlern Verträge geschlossen. Unser Ziel ist es, friedlich mit ihnen zusammenzuleben und voneinander zu profitieren. Tatsächlich ist diese Verbindung für beide Seiten vorteilhaft. Wir bieten den Bakterien Lebensraum, sorgen für angenehme Temperaturen und teilen mit ihnen unsere Nahrung. Im Gegenzug bieten sie uns in erster Linie Schutz! Sie verteidigen ihre Lebensräume auf und in unserem Körper gegen andere, uns oft feindlich gesinnte Bakterienarten. Was sie sonst noch für uns leisten? Werfen Sie mit uns einen Blick auf die vier Hauptlebensräume dieser Kleinstlebewesen. Es sind der Darm, die Haut, der Mund und die Vaginalschleimhaut. Diese vier Eintrittspforten für Krankheitserreger stehen unter dem Schutz unserer bakteriellen Freunde.

Bakterielle Besiedelungen im und auf dem Menschen

Die Darmflora: Während der menschliche Darm im Mutterleib noch keimfrei ist, beginnt schon während der Geburt die Besiedelung der Darmschleimhaut. Bakterien aus dem mütterlichen Geburtskanal strömen über den Mund in den Verdauungstrakt des Neugeborenen und sichern sich die besten Plätze. Die vom Säugling aufgenommene Muttermilch nährt dann nicht nur den menschlichen Nachwuchs. Auch die ersten bakteriellen Siedler, bei denen es sich in erster Linie um sogenannte Milchsäurebakterien handelt, werden genährt. Milchsäurebakterien schützen unseren Darm durch ihre Säureproduktion, denn diese schreckt krankmachende Bakterien und Pilze ab. Insgesamt leben ungefähr bis zu 1000 verschiedene Bakterienstämme in unserem Verdauungstrakt. Die meisten von ihnen siedeln im Dickdarm. Unsere Darmflora ist ungemein nützlich, denn sie stimuliert unser Immunsystem und produziert diverse Vitamine, die wir nicht herstellen können. Die Darmflora ernährt unsere Dickdarmschleimhaut, unterstützt die Verdauung, regt die Darmtätigkeit an und entsorgt eventuelle Giftstoffe.

Die Hautflora: Unsere Haut ist mit einem lebendigen Bakterien- Schutzanzug überzogen. Die darin lebenden Stämme sind sehr wehrhaft, um ihr Revier gegen fremde Bakterien zu verteidigen. Die Zusammensetzung der Hautflora ist von Mensch zu Mensch verschieden. Je nachdem, wie alt wir sind, in welcher Umgebung wir leben, welche Hygiene wir betreiben, fühlen sich andere Bakterien auf uns wohl. Wie viele verschiedene Bakterienarten auf uns siedeln können, zeigte eine Untersuchung der New Yorker Universität. Allein auf den Unterarmen wurden bei Testpersonen 182 verschiedenen Bakterienarten festgestellt. Außerdem ist die Hautflora wesentlich für unseren Körpergeruch verantwortlich. Erst durch die bakterielle Zersetzung von Ausscheidungsprodukten beginnen wir zu „duften“. Mit dieser Arbeit sind die Hautbakterien auch an unserer Partnerwahl beteiligt. Denn unbewusst entscheiden wir uns nicht selten „mit der Nase“ für einen Partner.

Die Mundflora: Unsere Mundhöhle bietet einen idealen Lebensraum für Bakterien und Pilze. Im Normalfall ist dieser Hohlraum mit einem Teppich aus Bakterien überzogen, die es gut mit uns meinen. Verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel eine einseitige Ernährung mit einem hohen Zuckeranteil, laden fiesere Gesellen wie das Bakterium Streptococcus mutans zum Verbleib ein. Mit der Verstoffwechselung von Zuckerstoffen zu biologischen Säuren gräbt es sich mit seinen Kumpanen durch die schützende Mineralschicht der Zähne, was zu Karies führen kann.

Dass die normale Mundflora eines Menschen „Biss“ hat, zeigen Untersuchungen aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts: Bei zehn Prozent der Patienten, die von einem anderen Menschen gebissen wurden, mussten bereits innerhalb einer Stunde Amputationen vorgenommen werden. Grund dafür ist die menschliche Mundflora, die beim Biss in der entstandenen Wunde hängen bleibt und dort ihr Unwesen treibt.

Die Scheidenflora: In der Scheide sind es vor allem Milchsäurebakterien, die nach dem Rechten sehen. Ihre ausgeschiedene Milchsäure macht es fremden Bakterien und Pilzen schwer, sich in der Scheide niederzulassen. Die Vermehrung der Milchsäurebakterien ist an den weiblichen Östrogenhaushalt gekoppelt. In Zeiten mit niedrigem Östrogenspiegel, zum Beispiel in den Wechseljahren, während der Regelblutung oder in der Schwangerschaft, steigt deswegen das Risiko für eine bakterielle Fehlbesiedlung oder Pilzinfektion der Scheide.

Antibiotika-Resistenzen – der Fluch des Wundermittels

Der Forscher Alexander Fleming entwickelte 1928 das Penicillin, eine Entdeckung, die heute als der Beginn des Antibiotika-Zeitalters gilt. Keine 100 Jahre später warnen Experten schon vor dem nahen Ende dieser Epoche. Der leichtsinnige Einsatz von Antibiotika in der Tiermast und bei unkomplizierten Infektionen hat aus den einstigen Wundermitteln der Medizin echte Sorgenkinder gemacht. Wie konnte es so weit kommen?

Treffen Lebewesen auf Lebenshindernisse, versuchen sie diese zu umgehen oder sich anzupassen. Diese Anpassungsfähigkeit ist die Grundlage für die Evolution und das Weiterbestehen der Arten auf unserem Planeten. Ihr verdankt die Menschheit ihre rasche Weiterentwicklung. Im Zuge der Antibiotika-Forschung haben wir die erstaunliche Anpassungsfähigkeit der Bakterien kennengelernt. Statt immer aufs Neue durch ein bestimmtes chemisches Medikament abzusterben, begannen Bakterien, dieses abzuschwächen oder unschädlich zu machen. Gegen Antibiotika haben sie verschiedene Strategien entwickelt. Sie schließen ihre Zellhülle, um dem antibiotischen Feind den Zutritt zu verwehren. Sie verstecken ihre Schwachstellen, an denen Antibiotika gerne andocken würden. Sie spucken Medikamente einfach schnell wieder aus oder bilden spezielle Enzyme, die die antibiotischen Wirkstoffe zügig zerlegen. Der Gipfel der Anpassung und des bakteriellen Hohns sind Bakterienarten, die gelernt haben, sich von Antibiotika und antibakteriellen Reinigungsmitteln zu ernähren!

 

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Bakterien verteidigen sich auf verschiedenen Wegen gegen die für sie tödlichen Antibiotika. Die Klügsten ernähren sich sogar von der Arznei.

Die schnelle Verbreitung der Antibiotika-Resistenzen wird durch den Umstand gefördert, dass Bakterien sehr soziale Lebewesen sind. Findet ein Bakterium einen wirkungsvollen Resistenzmechanismus, behält es diesen nicht für sich: Mittels Vererbung und Kommunikation teilt es sein Wissen schnell mit Artgenossen, sodass in kurzer Zeit ganze Bakterienkolonien einem Antibiotikum trotzen können. Eine letzte Bastion der Schulmedizin bilden sogenannte Reserveantibiotika. Deren Einsatz ist nur unter strengen Bestimmungen vorgesehen. Zum einen können sie schwere Nebenwirkungen mit sich bringen, zum anderen sollen sie als Reserve für schwere Infektionen mit bereits resistenten Erregern bereitgehalten werden. Doch auch Reserveantibiotika garantieren bei Infektionen mit sogenannten multiresistenten Erregern keinen sicheren Therapieerfolg mehr.

Multiresistente Erreger (MRE)

Einige Bakterien haben es bereits auf den Olymp der Resistenz geschafft, denn ihnen kann kein gegenwärtiges Antibiotikum gefährlich werden! Die Gründe hierfür sind schon lange bekannt, ohne dass dagegen wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen wurden oder werden. Das Gegenteil ist der Fall! In der Tierhaltung werden Antibiotika weiterhin vorsorglich dem Futter beigemischt und banale und oft nicht-bakterielle Infekte werden nach wie vor mit ihnen behandelt. Den Rest erledigen oftmals Patienten, die ein verschriebenes Antibiotikum nicht gemäß den Anweisungen des Arztes einnehmen. All dies führte zum Auftauchen von kaum besiegbaren Supererregern, womit wir beim nächsten besorgniserregenden Thema sind.

 

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Bakterienstämme, die gegen viele Antibiotika gleichzeitig immun sind, bereiten den Medizinern große Sorgen.
Krankenhausinfektionen

Nicht jeder Mensch ist beim Verlassen eines Krankenhauses gesünder als bei seiner Ankunft an diesem Ort. Bakterielle Krankenhausinfektionen sind zu einem großen Problem geworden. Die Zahlen sind beachtlich: Die deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) schätzt, dass 900 000 Patienten sich im Jahre 2014 eine Infektion im Krankenhaus zugezogen haben. Bis zu 35 000 von ihnen verstarben daran. Jeder zwanzigste Patient, der in Deutschland stationär in einem Krankenhaus aufgenommen wird, steckt sich mit einem Krankenhauskeim an. Zwei bis drei Prozent der Betroffenen sterben jedes Jahr daran. Den größten Anteil an den Krankenhausinfektionen haben Wundinfektionen, gefolgt von Harnwegs- und Atemwegsinfektionen. Immer häufiger sind multiresistente Erreger daran beteiligt. Diese fühlen sich in Krankenhäusern pudelwohl, da die Krankenhaushygiene konkurrierende Bakterien abtötet. Etwa fünf Prozent der Infektionen gehen auf das Konto des gefürchteten multiresistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Außer ihm treiben noch weitere multiresistente Keime im Krankenhaus ihr Unwesen.

Die gute Nachricht ist, dass mehr als ein Drittel aller Krankenhausinfektionen nach Meinung der Experten vermieden werden können.

Was können Sie als Patient tun?

1. Informieren Sie sich im Vorfeld! Leider haben nicht alle Krankenhäuser die gleichen Hygienestandards. Prüfen Sie deshalb vorher, welchem Krankenhaus Sie Ihre Gesundheit anvertrauen.

2. Nehmen Sie diesen Ratgeber mit ins Krankenhaus! Sollte es zu einer Krankenhausinfektion kommen, besprechen Sie mit den behandelnden Ärzten, ob Sie zusätzlich zu den schulmedizinischen Maßnahmen mit pflanzlichen Präparaten aus diesem Ratgeber behandelt werden können. Der Vorteil ist, dass Bakterien gegen die meisten Arzneipflanzen und pflanzlichen Präparate keine Resistenzen entwickeln.

 

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Wer sich im Vorfeld informiert, kann Komplikationen während des Krankenhausaufenthaltes vorbeugen.

Auf Intensivstationen, bei Krebspatienten und frisch operierten Patienten: Auf Hygiene achten!

Pflanzliche Antibiotika – seit Jahrtausenden bewährt

Wussten Sie, dass Sie bei der Einnahme pflanzlicher Antibiotika einen Teil des pflanzlichen Abwehrsystems in sich aufnehmen und Nutznießer sind? Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, wie dies vor sich geht und welche Vorteile es mit sich bringt.

Das pflanzliche Abwehrsystem

Die Geschichte der Pflanzen ist eine Erfolgsgeschichte, die bereits länger als eine Milliarde Jahre andauert (zum Vergleich: Die Menschheit ist nur rund 2,5 Millionen Jahre alt). Während dieser ganzen gewaltigen Zeitspanne mussten die Pflanzen sich mit den Bakterien den Lebensraum teilen. Denn diese Kleinstlebewesen bewohnen den Planeten Erde schon länger als 3,5 Milliarden Jahre. Dieser enorme Zeitraum beweist, dass die Pflanzenwelt und wir Menschen auf einem Bakterienplaneten zu Gast sind!

Als Gäste haben wir Menschen genau wie die Pflanzen gelernt, Kooperationen mit diesen Kleinstlebewesen einzugehen und uns gleichzeitig vor ihnen zu schützen.

Im Wurzelbereich der Pflanzen, in der Erde, wimmelt es von den kleinen Einzellern. Schon auf einer Messerspitze voller Erde befinden sich mehr Bakterien als Berlin Einwohner hat! Einige Bakterien können den Pflanzen nützlich sein, andere sind schädlich. Vor allem Verletzungen der Pflanzen bergen ein großes Risiko für eine bakterielle Infektion, gegen die sich Pflanzen schützen und wehren müssen.

Verglichen mit dem Wissen über unser Immunsystem, haben Biologen erst schätzungsweise zehn Prozent des pflanzlichen Abwehrsystems erforscht und verstanden. Anders als wir Menschen verfügen Pflanzen über keine spezifischen Abwehrzellen, die im Falle einer Infektion zu Hilfe eilen und den Erreger ausschalten. Darum kümmern sich im Pflanzenorganismus die sogenannten Pflanzeninhaltsstoffe. Die pflanzliche Abwehrreaktion ist bereits angeboren. Pflanzen müssen nicht – wie wir Menschen – mit Erregern in Kontakt treten, um gegen diese eine Immunität zu erlangen. Befällt ein schädlicher Mikroorganismus eine Pflanze, zum Beispiel ein Bakterium, werden gleichzeitig verschiedene Abwehrmechanismen in Gang gesetzt:

 

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Die Pflanzeninhaltsstoffe schützen die Pflanze vor Schädlingsbefall und bekämpfen bakterielle Infektionen.

Antibakterielle Pflanzeninhaltsstoffe, die bereits vor der Infektion gebildet wurden, werden freigesetzt, andere werden schnell produziert.

Natürliche Barrieren innerhalb eines Pflanzenorgans, die die Infektion begrenzen sollen, werden verstärkt.

Zellen in der Nähe der Infektion sterben automatisch ab, um dem Eindringling nicht als Futter zu dienen.

Die letzte Strategie zeigt eine Verwandtschaft zur menschlichen Darmflora: Bei einem Befall mit einem schädlichen Bakterium können viele Pflanzen nützliche Bakterien anlocken, die einerseits die schädlichen Bakterien bekämpfen, andererseits die Pflanze sogar kräftigen. Auch unsere Darmflora stärkt unser Immunsystem, wie wir später erklären werden.

Wenn wir pflanzliche Antibiotika zu uns nehmen, profitieren wir von den antibakteriellen Pflanzeninhaltsstoffen. Wurden diese sorgfältig verarbeitet, sind sie über Jahre konserviert und damit haltbar. Das betrifft pflanzliche Präparate, Tinkturen oder Teebestandteile.

Diese interessanten und spannenden Inhaltsstoffe der Flora sind es wert, näher angesehen zu werden!

Antibakterielle Pflanzeninhaltsstoffe und Wirkprinzipien

Senföle: Beim Schneiden von Knoblauch, Zwiebeln oder Lauch verbreitet sich in kurzer Zeit ein charakteristischer, etwas beißender Geruch. Grund hierfür sind die leicht flüchtigen Senföle, die sich durch den in ihnen enthaltenen Schwefel auszeichnen. Die organischen Schwefelverbindungen der Senföle wurden schon seit der Antike verwendet, um Infektionen zu behandeln. Knoblauch zum Beispiel diente in vielen Kulturen nicht nur als Gewürz, sondern auch als Heilpflanze. Unter anderem wurde Knoblauch bei infektiösen Durchfall-Erkrankungen erfolgreich eingesetzt. Die moderne Forschung lieferte die Erklärung für die Wirkung des Knoblauchs: Weder Viren noch Bakterien sind von Senfölen sonderlich begeistert. Sie werden durch diese Stoffe entweder in ihrem Wachstum gehemmt oder gleich ausgeschaltet. Senföle werden bereits im menschlichen Dünndarm aufgenommen und können somit unserer Darmflora im Dickdarm nicht schaden. Sind sie einmal in das Blut gelangt, werden sie von Transporteiweißen zum nächsten Ausscheidungsorgan transportiert. Das sind im Wesentlichen die Lunge und die Blase. Dort werden die ätherischen Öle wieder freigesetzt und entfalten ihre antibakterielle und antivirale Wirkung. Deshalb sind Senföle besonders bei Atemwegs-Erkrankungen und Harnwegs-Infektionen oft sehr hilfreich.

Schon lange ist bekannt, dass Meerrettich uns bei Infekten schützt.

 

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Essen Sie besonders während der Erkältungszeit senfölhaltige Gemüse!
TYPISCHE HEILPFLANZEN WICHTIGE PRÄPARATE
Meerrettich, Kapuzinerkresse, Brunnenkresse, Bärlauch Angocin Anti Infekt

Ätherische Öle: Was haben Thymian, Basilikum und Rosmarin gemeinsam? Wer ein Blatt dieser Kräuter zerreibt, dessen Nase wird mit einem angenehmen Geruch belohnt. Der Grund dafür sind die ätherischen Öle, die beim Reiben des Blattes frei werden und in die Nase aufsteigen. Ätherische Öle schaden Bakterien auf zweierlei Weise:

1. Randale: Wie Geister können auch ätherische Öle durch Wände gehen: Eine Zellwand stellt für sie kein Hindernis dar. Sie zischen durch die Zellwand der Bakterien und sorgen meist gleichzeitig dafür, dass diese bröckelig und instabil wird. Viele Bakterien gehen schon durch diesen Angriff zugrunde. Die restlichen erleben ihr blaues Wunder! Denn die Natur der ätherischen Öle ist es, Unruhe zu stiften. Einmal im Zellinneren eines Bakteriums angelangt, stören sie alle wichtigen Abläufe und Strukturen, die ihnen in die Quere kommen. Möchte ein Bakterium noch den verzweifelten Versuch unternehmen, die entstehenden Schäden zu reparieren, wird es schnell kapitulieren: Die ätherischen Öle haben ganze Arbeit geleistet und gleichzeitig die zelleigenen Reparaturmechanismen des Bakteriums gehemmt!

2. Schutzschild ade: Krankheitserregende Bakterien scheinen es verinnerlicht zu haben, dass sie von uns Menschen nicht toleriert werden. Sie können nur dann überleben, wenn sie sich ausreichend schützen. Manche Bakterien hüllen sich in einen Schleimmantel, den sogenannten Biofilm, ein, um sich antibakterielle Stoffe vom Leib fernzuhalten. Ätherische Öle beeindruckt das wenig: Sie durchschießen den Biofilm und zerstören dabei dessen Stützgerüst. Der bakterielle Schleimschutz fällt in sich zusammen und die Bakterien sind den nachströmenden ätherischen Ölen schutzlos ausgeliefert. Diesen Effekt kann man sich besonders bei langwierigen und chronischen Infektionen, wie zum Beispiel bei chronischen Ohren-, Zahnfleisch- oder Mandelentzündungen zunutze machen. Auch bei Infektionen mit dem gefürchteten, multiresistenten Hautkeim Staphylococcus aureus (MRSA) kann die Entfernung des bakteriellen Biofilms einen entscheidenden therapeutischen Durchbruch bedeuten.

 

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Bereichern Sie besonders im Winter Ihren Speiseplan mit Kräutern, die ätherische Öle enthalten.
TYPISCHE HEILPFLANZEN WICHTIGE PRÄPARATE
Thymian, Rosmarin, Eukalyptus, Myrrhe, Majoran, Dost, Salbei, Nelke, Ingwer, Galgant, Minze, Kamille, Kümmel, Anis, Fenchel Gelomyrtol forte, Kamillosan Extrakt, Ilon Salbe Classic, Myrrhinil Intest, Pinimenthol Nasenbalsam

Gerbsäuren: Starker schwarzer oder grüner Tee verursacht ein zusammenziehendes Gefühl im Mundraum. Grund dafür ist sein hoher Gehalt an sogenannten Gerbsäuren. Gerbsäuren mögen und schätzen Eiweiße. Sie verbinden sich mit diesen und verändern deren Eigenschaften. Treffen Gerbsäuren auf biologisch aktive Eiweiße, werden diese kurzerhand ihrer Fähigkeiten beraubt und funktionsunfähig gemacht.

Damit können sie Bakterien auf zweierlei Weise beeinträchtigen:

Gerbsäuren können Eiweißbestandteile der bakteriellen Zellwand schädigen.

Wichtige bakterielle eiweißhaltige Enzyme werden in ihrer Funktion gestört. Verschiedene Gerbsäuren hemmen zum Beispiel ein Enzym von Zahnbelag verursachenden Bakterien und beugen damit Zahnbelag vor.

Mit der Eiweißhülle von Viren kennen Gerbsäuren übrigens auch keine Gnade: Diese wird ihnen buchstäblich weg gegerbt, weshalb sich die meisten stark gerbsäurehaltigen Heilpflanzen durch eine antivirale Wirkung auszeichnen.

Einen Sonderfall innerhalb der Gerbsäuren bilden die sogenannten Labiatengerbsäuren. Diese sind vor allem in der botanischen Pflanzenfamilie der Lippenblütler anzutreffen. Dazu zählen unter anderem die mediterranen Gewürzpflanzen Salbei, Thymian oder Rosmarin. Obwohl die Labiatengerbsäuren ähnliche Eigenschaften wie andere Gerbsäuren aufweisen, zählen sie nicht zu den „echten“ Gerbsäuren. Im Wesentlichen handelt es sich bei den Labiatengerbsäuren um die sogenannte Rosmarinsäure und deren abgeleitete Stoffe. Diese zeichnen sich durch ihre starken antiviralen, antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften aus.

TYPISCHE HEILPFLANZEN WICHTIGE PRÄPARATE
Grüner oder schwarzer Tee, Eichenrinde, Zistrose, Blutwurz, Brombeere, Gänsefingerkraut, Salbei Hametum Salbe

Saponine: Saponine haben ihren Namen vom lateinischen Wort „sapo“, die Seife, da sie beim Schütteln oft einen seifenähnlichen Schaum bilden. Bei Infekten der Atemwege werden sie häufig aufgrund ihrer schleimlösenden Eigenschaften eingesetzt. Wie Gerbsäuren greifen auch die Saponine die Zellwände von Bakterien an, indem sie diese aufweichen und instabil machen.

TYPISCHE HEILPFLANZEN WICHTIGE PRÄPARATE
Süßholz, Efeu, Schlüsselblume Prospan Hustensaft, Bronchipret Filmtabletten
Weitere antibakterielle Pflanzeninhaltsstoffe

Für die therapeutische Anwendung spielen noch weitere antibakterielle Pflanzeninhaltsstoffe eine Rolle. Dazu zählen die Iridoide, Inhaltsstoffe, die zum Beispiel in den Heilpflanzen Augentrost, Spitz- oder Breitwegerich aktiv sind. Eine weitere Stoffgruppe sind die Flavonoide, die unter anderem bei der Wirkung der Ringelblume, der Birke, der Heidelbeere und der Arnika eine Rolle spielen.

Synergieeffekte der Pflanzeninhaltsstoffe

Die moderne Pflanzenforschung setzt sich gezwungenermaßen mit einem berühmten Ausspruch des griechischen Philosophen Aristoteles auseinander: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner einzelnen Teile.“ Denn bis jetzt gelang es nicht, die Wirkung einer Heilpflanze anhand der Einzelwirkung der in ihr enthaltenen Inhaltsstoffe vollständig zu erklären. Denn Untersuchungen zeigen: Wirken verschiedene Pflanzeninhaltsstoffe im Verbund, so verstärken sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Dieses Phänomen wird als Synergieeffekt beschrieben und ist einer der Hauptgründe, warum Bakterien keine Resistenzen gegen antibakteriell wirkende Heilpflanzen bilden können.

 

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Das Zusammenwirken unterschiedlicher Pflanzeninhaltsstoffe verhindert Resistenzbildung.

Nehmen wir zum Beispiel den echten Salbei (Salvia officinalis): Seine antibakteriellen Eigenschaften können zwar durch den einen oder anderen Pflanzeninhaltsstoff erklärt werden. Doch im Wesentlichen sind sie ein Resultat des Zusammenspiels über 13 verschiedener ätherischer Öle, sechs verschiedener Labiatengerbsäuren, 19 Flavonoiden und diverser harzähnlicher Stoffe. Dieser Fülle an Stoffen und deren Zusammenwirken haben Bakterien nichts entgegenzusetzen. Stellen Sie sich einen Torhüter vor, der gleichzeitig zehn Elfmeterschüsse abwehren muss. Auf einen Schützen und dessen Ball kann er sich vielleicht konzentrieren, die anderen neun Bälle werden problemlos im Tornetz versenkt.

Pflanzliche Antibiotika: Traditionelle Anwendungen und moderne Medizin

Es bestehen mehrere Ideen und Gedanken darüber, wie der Mensch die Heilkraft der Flora entdeckte. Durch genaue Beobachtung der Tierwelt, Selbstversuche aber auch schamanische Eingebungen, erschloss sich der Mensch die pflanzlichen Heilkräfte. So sammelten die Menschen in frühen Kulturen Erkenntnisse über die Heilwirkungen der Pflanzen. Besonders gute Lehrmeister waren wahrscheinlich unsere nächsten Verwandten, die Tiere. Wussten Sie, dass Schimpansen Durchfall, Infektionen und Parasiten mit heilenden Blättern selbst erfolgreich behandeln? Erkranken Schimpansen, so suchen sie gezielt nach hilfreichen Pflanzen. Diese werden dann im Affenmund hin und her gerollt wie ein Bonbon. Offenbar, weil die Mundschleimhaut so die Inhaltsstoffe besser aufnehmen kann. Dieses Wissen gibt eine Schimpansengeneration an die nächste weiter.

Die ersten von Menschenhand gesammelten Heilkräuter wurden in einem über 50 000 Jahre alten Grab im heutigen Irak entdeckt. Das erste schriftliche Zeugnis über den Einsatz von Pflanzen bei Krankheiten, ein Schriftstück mit dem Namen Papyrus Eber, ist rund 3600 Jahre alt.

Es ist erstaunlich, wie präzise diese frühen Erkenntnisse auch in der heutigen Zeit noch sind. Das Wissen über gängige Heilkräuter, wie Brennnessel, Löwenzahn, Beifuß oder Rosmarin hat sich seit der Antike nicht wesentlich verändert. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein bisschen beschämend, wie wenig uns von diesem hilfreichen Wissen heute noch bewusst ist. Viele der erprobten und traditionellen Einsatzmöglichkeiten wurden als unwirksam angesehen, bis sich ihre Wirksamkeit schließlich durch die moderne Forschung bestätigte.

Infektionen mit Bakterien stellten schon immer eine ganz große Gefahr für die Menschen dar. Denn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts haben schwere bakterielle Erkrankungen wie Cholera, Tripper, Tuberkulose oder die Pest unzählige Tote gefordert. Eine weitere Gefährdung ging von bakteriellen Wundinfektionen aus. Diese drohten nicht nur im Alltag, sondern auch in den unzähligen Schlachten der Menschheitsgeschichte. Vom antiken Griechenland bis in die Neuzeit zählten Heilpflanzen zu den wichtigsten Heilmitteln gegen Wundinfektionen. Die Spezialisten, die sich mit den arzneilichen Wirkungen der Pflanzen sehr gut auskannten, nannte man Wundärzte. Interessant ist die Tatsache, dass Wundärzte und andere Heiler kein Wissen von den schädlichen Bakterien und den schweren Krankheiten hatten, die sie auslösen können. Dennoch verwendeten sie intuitiv Pflanzen, deren spezifische antibakterielle Wirkung erst im 20. Jahrhundert durch Forschungen erkannt, belegt und bewiesen wurde.

 

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Behandlung von bakteriellen Infektionen war von Beginn an ein Spezialgebiet der Pflanzenheilkunde.
Die Rückbesinnung in der modernen Medizin

Mit der Entdeckung des Penicillins in der Mitte des 20. Jahrhunderts verschwanden antibakteriell wirkende Pflanzen aus dem Blickfeld der modernen Medizin. Jede bakterielle Infektion schien nun behandelbar. Schwere Infektionskrankheiten wie Cholera oder Tuberkulose verloren mit der Zeit ihre Schrecken. Auch die Viehwirtschaft machte sich das neue Wundermittel zunutze und mischte es großzügig als Wachstumsförderer in das Futter der Masttiere. Im ausgehenden 20. Jahrhundert begann es Experten zu dämmern, dass der Siegeszug der Antibiotika ein Ende haben könnte. Verschiedene Bakterienstämme entwickelten immer schneller Widerstandsfähigkeit und Schutz – Resistenz – gegen die abtötenden Antibiotika. Für die herstellenden Pharmafirmen wurde es unwirtschaftlich, ständig neue Antibiotika auf den Markt zu bringen. Durch die Resistenzen der Bakterien verloren manche Antibiotika schnell ihre Wirksamkeit und mussten vom Markt genommen werden. Medikamente, die vielleicht nur wenige Jahre oder kürzer wirksam sind, decken kaum die hohen Entwicklungskosten der Pharmaindustrie. Nun, da uns von vielen Seiten das Ende des Antibiotika-Zeitalters prophezeit wird, tauchen die antibakteriell wirkenden Heilpflanzen aus der Vergessenheit auf. Angesehene pharmazeutische Hersteller fertigen aus diesen Pflanzen standardisierte Präparate an, welche in klinischen Studien ihre Wirksamkeit unter Beweis stellen. Die moderne Medizin besinnt sich alter Traditionen, die vor Kurzem noch belächelt wurden. Wenn Sie heute mit einer Infektion zu Ihrem Arzt gehen, dann verschreibt er Ihnen vielleicht ein Meerrettichwurzel-Präparat. Vor über 2000 Jahren hätte Ihnen ein griechischer Heilkundiger wahrscheinlich dasselbe geraten. Mit der Rückkehr zu pflanzlichen Medikamenten schließt sich ein Kreis.

 

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In der Antibiotika-Krise spielen pflanzliche Antibiotika eine wichtige Rolle.
Pflanzliche Antibiotika und herkömmliche Antibiotika im Vergleich

Keine Resistenzen: Bakterien ist es unmöglich, gegen einen Cocktail aus verschiedenen Pflanzeninhaltsstoffen immun zu werden. Diesen Umstand machen sich Pflanzen zunutze. Pflanzliche Antibiotika imitieren die Strategien der Pflanzen. Denn sie sind meist aus mehreren Inhaltsstoffen zusammengesetzt.

Gegen Viren oder Pilze: Die Wirkung pflanzlicher Antibiotika beschränkt sich in der Regel nicht nur auf ihre antibakteriellen Eigenschaften. Viele sind auch gegen andere Erreger wirksam. Dies ist bei Infektionen der Atemwege hilfreich. Vor allem, wenn nicht geklärt werden kann, ob Viren oder Bakterien oder sogar beide am Krankheitsgeschehen beteiligt sind.

Freundlich zur Darmflora: Viele antibakteriell wirkende Pflanzeninhaltsstoffe werden bereits vor dem Dickdarm, dem Hauptwohnsitz unserer Darmflora, in das Blut aufgenommen und können sie somit nicht schädigen.

Wenig unerwünschte Nebenwirkungen: Pflanzliche Antibiotika sind in der Regel gut verträglich und weisen nur geringe unerwünschte Nebenwirkungen auf. Diese sind der jeweiligen Packungsbeilage zu entnehmen.

Erwünschte Nebenwirkungen: Die meisten pflanzlichen Antibiotika zeichnen sich nicht ausschließlich durch ihre antibakteriellen Eigenschaften aus. Ein Thymianextrakt, der bei einer Entzündung der Atemwege eingesetzt wird, wirkt nicht nur antibakteriell, sondern erleichtert auch das Abhusten aufgrund seiner schleimlösenden Wirkung.

Etabliert durch klinische Untersuchungen: Für die bekanntesten pflanzlichen Präparate wurden bereits aussagekräftige Studien durchgeführt. Sie weisen deren Wirksamkeit und Verträglichkeit nach. Die positiven Ergebnisse finden heute eine breite Akzeptanz in der Ärzteschaft.

Pflanzliche Probiotika – erfolgreiche Kooperationen

Mit seinen nützlichen Darmbakterien hat der Mensch seit seinen ersten Schritten auf der Erde Verträge abgeschlossen. Er bietet ihnen Lebensraum und Nahrung, sie helfen ihm zu verdauen und sich gegen Eindringlinge zu verteidigen. Wir zeigen Ihnen, was passiert, wenn diese produktive Freundschaft gestört ist, und wie sie wieder gestärkt werden kann. Wussten Sie zum Beispiel, wie Sie ein Probiotikum einfach und günstig selbst herstellen können?

Darmfreundschaften: Die Darmflora und wir

Die Verdauung ist einer der kompliziertesten Abläufe im menschlichen Körper: Die verschiedenen Lebensmittel müssen in ihre Einzelteile zerlegt und so verändert werden, dass sie uns bei ihrer Aufnahme in die Blutbahn nicht schaden können. Viele der dabei anfallenden Aufgaben werden von Bakterien übernommen. Sie sitzen mitten im Speisebrei und verändern dessen Bestandteile, zerkleinern und entgiften ihn. Dabei versorgen sie die Darmschleimhaut mit Nährstoffen und regen den Darm an sich zu bewegen. Auf diese Art bilden sie eine Reihe nützlicher Vitalstoffe für uns Menschen. Vor allem sind es die wertvollen B-Vitamine, das Vitamin K, Folsäure und Biotin. Als Gegenleistung bieten wir unseren freundlichen Helfern einen angenehmen Lebensraum und lassen sie an unseren Mahlzeiten teilhaben. Dieses Angebot würden auch gerne viele andere Bakterienstämme annehmen. Eine gesunde Darmflora besteht jedoch vorwiegend aus für uns nützlichen Bakterien und sorgt dafür, dass weniger freundlich gesinnte keinen Platz finden. Die richtige Zusammensetzung fördert nicht nur unsere Gesundheit, sondern macht auch gute Laune. Moderne Forschungen zeigen einen Zusammenhang zwischen Stimmungslage und Darmflora auf: Je gesünder die Bakterienzusammensetzung im Darm, desto ausgeglichener ist unsere Stimmung! Wie wir heute wissen, trägt eine gesunde Darmflora auch zum Schutz vor schwer therapierbaren Erkrankungen bei. Dazu gehören die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder Darmkrebserkrankungen. Eine intakte Darmflora hat demnach einen wesentlichen Einfluss auf die Effektivität unseres Immunsystems.

 

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Eine gesunde Darmflora besteht vorwiegend aus uns nützlichen Bakterien.
Die gesunde Darmflora als Taktgeber für das Immunsystem

Wenn man sich die folgenden Fakten vor Augen hält, scheint es so, als hätten nicht wir, sondern die Darmbakterien das Kommando über unser Immunsystem:

Die bakterielle Besiedelung des Darms wird vom Körper ständig überwacht: Siebzig Prozent aller menschlichen Abwehrzellen sitzen in der Darmschleimhaut und beobachten das Treiben der Darmflora. Sie bilden das sogenannte „darmeigene Immunsystem“. Die Abwehrzellen lernen hier, gutgesinnte von bösartigen Bakterien zu unterscheiden und wie sie Letztere unschädlich machen können. Dabei kommt das darmeigene Immunsystem an einem Tag mit mehr potentiellen Verdächtigen in Kontakt, als das restliche Immunsystem in einem ganzen Leben!

Einer der wichtigsten körpereigenen Stoffe, die Krankheitserregern das Eindringen in Schleimhäute verwehren, ist das sogenannte Immunglobulin A (IgA). Es handelt sich um einen Antikörper, der von Abwehrzellen gebildet wird. Kommt er in Kontakt mit Viren oder Bakterien, so macht er diese unschädlich. Das sich auf den Schleimhäuten befindliche IgA trägt auch den Namen „sekretorisches“ IgA oder sIgA. Ein Großteil des im ganzen Körper benötigten sIgA wird von dem darmeigenen Immunsystem in Wechselwirkung mit einer gesunden Darmflora hergestellt. Dieses sIgA wird mit dem Blut vom Darm auch zu anderen Schleimhäuten im Körper transportiert. Dazu gehören die Schleimhäute des Atemtraktes und der Blase. Ein gesunder Darm trägt also wesentlich zur Gesundheit von Atem- und Harnwegen bei, indem er diese mit einem wichtigen Schutzstoff versorgt.

 

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Eine gesunde Darmflora trainiert das Immunsystem und veranlasst die Bildung schützender Antikörper.
Antibiotika und andere schädliche Einflüsse

Das Gleichgewicht einer gesunden Darmflora kann durch verschiedene Faktoren gestört werden.

Medikamente: Antibiotika richten sich nicht nur gegen krankheitserregende Bakterien, sondern stören meist auch die Zusammensetzung der Darmflora. Solche schädigenden Einflüsse können auch von hormonell wirksamen Medikamenten ausgehen. Dazu zählen vor allem das Kortison und die Anti-Baby-Pille. Auch Therapien wie die Strahlentherapie oder die Einnahme von Immunsystem unterdrückenden Medikamenten, wie z. B. Chemotherapeutika, können die gesunde Zusammensetzung der Darmflora stören.

Ernährung: Ein Übermaß an Fetten und Zucker fördert die Verbreitung sogenannter „Moppelbakterien“ im Darm. Diese stehen unter anderem mit der Entstehung von Fettleibigkeit in Verbindung. Auch Rückstände von Schadstoffen wie Chemikalien, Pilzsporen, Medikamente oder Antibiotika im Essen belasten die Darmflora. Ein Grund, weshalb viele Menschen heute Obst und Gemüse aus Bioanbau bevorzugen.

Stress: Bei Dauerstress funktioniert unsere Verdauung nicht. Bevor der Nahrungsbrei unsere Darmflora erreicht, bleibt er einfach in den oberen Darmabschnitten liegen. Dort wird er von schädlichen Gärungs- und Fäulniskeimen zerlegt, die sich dann ungehemmt vermehren und damit das gesunde Verhältnis der Darmflora gefährden.

Mögliche Hinweise auf eine gestörte Darmflora sind Verdauungsbeschwerden wie Durchfall, Verstopfung oder Blähungen, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen und Leistungsabfall.

Darmsanierung selbst gemacht

In zwei Schritten können Sie eine effektive Darmsanierung durchführen. Im ersten Schritt wird das Darmmilieu vorbereitet, damit im zweiten Schritt die Besiedlung mit nützlichen Bakterien gelingt.

1.Darmreinigung und -entgiftung: Mit Arzneipflanzen können körpereigene Entgiftungsorgane angeregt, die Darmschleimhaut gepflegt und schädliche Bakterienstämme in ihrer Anzahl reduziert werden. Wir empfehlen hierfür folgende Teemischung:

 

TEE DOSIERUNGSEMPFEHLUNG

Unser Teerezept:

1 Teil Bärlauchkraut

1 Teil Löwenzahnkraut und -wurzel

1 Teil Leinsamen

½ Teil Eibischwurzel

½ Teil Klettenwurzel

2 bis 3 x tgl. 1 EL dieser Mischung mit ¼ Liter siedendem Wasser überbrühen,15 Minuten zugedeckt ziehen lassen und 6 Wochen lang trinken

Bauen Sie begleitend folgende Lebensmittel in Ihre Ernährung ein:

Stark schleimhaltige Lebensmittel wie Leinsamen oder Getreideschleim, zum Beispiel aus Hafer. Der Schleim schützt die Darmschleimhaut und dient nützlichen Bakterien als Nahrung.

Bittere Lebensmittel wie Artischocken, Rucola, Radicchio, Chicorée, Grapefruit, Löwenzahn oder Endivie. Bitterstoffe helfen über eine Anregung der Verdauungssäfte, die Balance in der Darmflora wiederherzustellen.

Ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkorngetreide (zunächst wenig, dann steigern), Gemüse und Obst. Auch Studien belegen inzwischen, dass Ballaststoffe eine gesunde Vielfalt der Darmflora begünstigen.

 

2.Darmsanierung: Nach zwei Wochen Darmreinigung erfolgt die Darmsanierung. Das Milieu im Darm ist nun ausreichend darauf vorbereitet, dass nützliche Darmbakterien sich darin sofort wohlfühlen. Zu den oben genannten Ratschlägen kommen nun folgende Maßnahmen hinzu:

 

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Vermeiden Sie während einer Darmsanierung nach Möglichkeit Zucker und Alkohol.
Neue Bakterien ansiedeln

Die Erstbesiedlung sollte mit Milchsäurebakterien erfolgen. Sie wirken regulierend auf die Zusammensetzung der restlichen Darmflora. Milchsäurebakterien können über probiotische Präparate und probiotische Lebensmittel wie Naturjoghurt oder milchsauer vergorenes Gemüse (siehe unten) aufgenommen werden.

 

PRÄPARAT DOSIERUNGSEMPFEHLUNG
Nutrimmun probiotik pur 1 x tgl. 1 Beutel
Nützliche Bakterien füttern

Milchsäurehaltige Lebensmittel wie Brottrunk, Sauerkraut oder milchsauer vergorenes Gemüse. Die Milchsäure säuert den Darm an und schlägt so ungeliebte Bakterien und Pilze in die Flucht.

Inulinhaltige Gemüse wie Topinambur, Schwarzwurzel oder Pastinake. Der Mehrfachzucker Inulin dient nützlichen Darmbakterien als willkommene Nahrung.

Ballaststoffreiche Lebensmittel mit Vollkorngetreide, Gemüse und Obst.

Knackfrisches Gemüse: Die Grundlage für ein natürliches Probiotikum.

Naturheilkunde aus der Küche

Ein natürliches Probiotikum selbst hergestellt: Milchsaures Gemüse

Eine der günstigsten und gesündesten Methoden, um Gemüse haltbar zu machen, ist heute leider in Vergessenheit geraten - das Fermentieren durch Milchsäurebakterien. Während des Fermentationsprozesses werden wertvolle Vitalstoffe schonend konserviert und neue, wie Vitamin C und B-Vitamine, werden gebildet. Zeitgleich wird das Gemüse mit den für die Darmgesundheit so wichtigen Milchsäurebakterien angereichert.

Das Beste daran ist: Die Herstellung kostet Sie wenig Mühe!

Schneiden Sie festes Biogemüse wie Karotten, Rettich, Kohlrabi oder Blumenkohl in Stücke. Diese füllen Sie zusammen mit Gewürzen wie Senfkörnern, Lorbeer oder Rosmarin in Einmachgläser bis vier Zentimeter unter den Rand. Kochen Sie nun Salzwasser (15 Gramm Meersalz auf 1 Liter Wasser), lassen es auf Handwärme abkühlen und bedecken damit das Gemüse. Die Einmachgläser sollen nun bis zu 2 Wochen an einem warmen Ort (ca. 20 °C), weitere 6 Wochen an einem kühleren Ort, zum Beispiel im Keller, ruhen. Dann ist das Gemüse zum Verzehr fertig und voller nützlicher Milchsäurebakterien. Doch wie sind diese eigentlich in das Einmachglas gekommen?

Die Milchsäurebakterien waren schon auf dem Gemüse! Deshalb sollte das Gemüse vor dem Fermentationsprozess nicht geschält oder gewaschen, am besten nur mit einer Gemüsebürste gesäubert werden. Kaum wird das Gemüse in den Einmachgläsern mit Wasser bedeckt, beginnen die Milchsäurebakterien, sich von den Zuckerverbindungen der Gemüsesorten zu ernähren. Dabei vermehren sie sich rasant und bilden die typische Milchsäure, die andere Bakterien und Pilze absterben lässt und das Gemüse konserviert.

Noch ein Tipp: Reste des Gärsaftes in den Gläsern eignen sich hervorragend als Grundlage für Salatsoßen.

Autoren

  • Anne Wanitschek (Autor:in)

  • Sebastian Vigl (Autor:in)

Sebastian Vigl ist Heilpraktiker und aktives Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für angewandte Phytotherapie sowie Mitglied beim Fachverband deutscher Heilpraktiker. Er bietet Kräuterwanderungen und botanische Spaziergängen im Großraum Berlin an. Anne Wanitschek ist Heilpraktikerin mit den Therapieschwerpunkten Phytotherapie, Mykotherapie und Augendiagnose. Sie gibt Seminare in den Bereichen Phytotherapie und Mykotherapie. Die beiden führen eine eigene Praxis in Berlin.
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Titel: Pflanzliche Antibiotika richtig anwenden