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Ernährungsratgeber Arthritis und Arthrose

Genießen erlaubt

von Sven-David Müller (Autor:in) Christiane Weißenberger (Autor:in)
132 Seiten

Zusammenfassung

Richtig essen und Schmerzen lindern.
Schmerzende Gelenke bei Arthritis und Arthrose stehen in engem Zusammenhang mit der Ernährung, denn die richtige Kost kann den Gesamtverlauf der Arthrose hinauszögern sowie die Schmerzen einer
akuten Arthritis lindern – und zudem die Einnahme von Medikamenten reduzieren. Dieser Ernährungsratgeber informiert ausführlich über die Krankheit und erläutert die Behandlungsmöglichkeiten. Die leckeren Rezepte von Sven-David Müller und Christiane Weißenberger zeigen, dass man auch bei rheumatischen Entzündungen auf Herzhaftes und Süßes nicht zu verzichten braucht. Wer dieser ausgewogenen Ernährung folgt, muss sich obendrein keine Sorgen um seine Figur machen. Im Gegenteil: Sie hilft dabei, überflüssige Pfunde loszuwerden und so die Gelenke zu entlasten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

in Deutschland leiden acht bis neun Millionen Menschen an Arthritis, Arthrose und anderen rheumatischen Erkrankungen. Lange Zeit galt, dass es keine Ernährungsweise gibt, die den Betroffenen Linderung verschafft.

Neue wissenschaftliche Untersuchungen belegen nun das Gegenteil. Menschen, die unter Arthritis leiden, profitieren von einer entzündungshemmenden Ernährungstherapie, die arm an entzündungsförderlicher Arachidonsäure und reich an Omega-3-Fettsäuren ist. Diese Ernährungsform wurde in Rheumaforschungseinrichtungen entwickelt, wo Betroffene nach einer kurzen Fastenphase eine solche Ernährungstherapie durchführten. Es stellte sich heraus, dass damit der entzündungsförderliche Arachidonsäurespiegel deutlich gesenkt werden konnte. Dauerhaft konnten diese Patienten ihre Medikamentendosis, die oftmals schwerwiegende Nebenwirkungen mit sich bringt, reduzieren und waren trotzdem schmerzfreier beweglich.

Bei der Arthrose sind die Effekte noch deutlicher auf die richtige Ernährungsweise zurückzuführen. Arthrose ist durch einen vom Knorpel ausgehenden, fortschreitenden Zerstörungsprozess gekennzeichnet. In der Ernährungstherapie profitieren die Betroffenen von einer gesunden, ausgewogenen Kost, die Übergewicht abbaut oder vermeidet. In vielen Fällen stellten Arthroseforscher schon bei einer Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Kilogramm in drei Monaten eine deutliche Verminderung der Schmerzen und der Gelenkschädigung fest. Übergewicht ist der Feind der Gelenke! Im Übrigen profitieren Arthrose-Patienten von einer Kostgestaltung nach gleichen Gesichtspunkten wie bei Arthritis.

Sie werden sehen: Eine Ernährungstherapie von Arthritis und Arthrose ist weder salzarm noch trocken. Unsere Rezepte sind speziell auf Ihre Erkrankung ausgerichtet und bieten viel Genuss. Ihre ganze Familie wird diese Ernährungsumstellung gerne mitmachen. Lassen Sie sich von den kreativen, leckeren Rezepten und Ideen überraschen.

Guten Appetit, und lassen Sie es sich gut gehen!


IhrIhre
Sven-David MüllerChristiane Weißenberger

 

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Christiane Weißenberger Diätassistentin/Diabetesassistentin

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Sven-David Müller Diätassistent/Diabetesberater

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ARTHRITIS UND ARTHROSE –WICHTIG ZU WISSEN

Rheumatismus, Arthritis, Arthrose und Gicht sind Begriffe, die eine ganze Reihe verschiedener Krankheiten beschreiben, die oft schwierig zu diagnostizieren und auseinanderzuhalten sind.

Arthritis, Arthrose, Rheuma oder Gicht?

Der Bewegungsapparat des Menschen ist kompliziert und setzt sich aus Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenken zusammen. Nur wenn diese unterschiedlichen Funktionseinheiten intakt sind, kann sich der Mensch schmerzfrei und gut bewegen. Es gibt jedoch eine Vielzahl krankhafter Störungen, die den Bewegungsapparat beeinträchtigen. Diese führen dann zu Funktionseinschränkungen, die oftmals mit mehr oder weniger starken Schmerzen verbunden sind. Diese Störungen teilt der Mediziner in verschiedene Gruppen ein. Dazu gehören rheumatische Krankheiten, die entzündlichen nichtrheumatischen Gelenkerkrankungen, die chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen und die Überbelastung von Muskel- und Sehnengruppen. Häufig finden sich diese Leiden nicht als isolierte Krankheiten, sondern als Verbindung mehrerer Formen. Daher spricht der Mediziner von Krankheiten des „rheumatischen Formenkreises“. Zu den häufigsten rheumatischen Erkrankungen gehören Weichteilrheumatismus und die Arthrose.

 

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Die zahlreichen Erkrankungsformen fasst man auch unter dem Begriff „rheumatischer Formenkreis“ zusammen.
Was ist der Unterschied zwischen Arthrose und Arthritis?

Kurz gesagt: Alles was mit „itis“ aufhört, bedeutet, dass eine Entzündung vorliegt. Alles was mit „ose“ aufhört, bedeutet, dass ein Knochen betroffen ist. Eine Arthritis ist also eine Entzündung, die ohne Abnutzung der Gelenke auftreten kann. Eine Arthrose hingegen ist eine Abnutzung der Gelenksubstanz durch Fehl-und Überbelastung.

Was ist Rheumatismus?

Dieses Leiden ist gekennzeichnet durch starke Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems, die zugleich die Funktion der Glieder beeinträchtigen und die Beweglichkeit einschränken. Unter den rheumatischen Formenkreis werden auch verschiedene arthritische Erscheinungsformen gefasst. Der Arzt unterscheidet das Weichteilrheuma, bei dem die Muskulatur, die Sehnen und Bänder Schmerzen bereiten, vom Gelenkrheuma, bei dem meist die knöchernen Strukturen des Gelenkes betroffen sind. Auch die Fibromyalgie gehört zu den Erkrankungen des sogenannten rheumatischen Formenkreises.

Was ist Gicht?

Hier handelt es sich um eine Störung des Purinstoffwechsels, die meist durch Fehlernährung und Übergewicht verursacht wird. Sie führt zu einem Anstieg des Harnsäurespiegels im Blut, zu Kalkablagerungen sowie im chronischen Stadium zu Gelenkdeformationen und zur Bildung der typischen Gichtknötchen in Gelenknähe. Da Gicht ähnliche Erscheinungsformen hat wie Arthritis, wird sie häufig mit dieser verwechselt.

Viele ältere Menschen glauben fälschlich, dass rheumatische und Gelenkschmerzen zu den natürlichen Erscheinungen des Alterns gehören und finden sich mit diesen Beschwerden ab. Heute stehen jedoch unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, die Beschwerden zu lindern und das Fortschreiten der Bewegungseinschränkung aufzuhalten. Mit allgemeinen Maßnahmen wie Wärme, Bewegung, Krankengymnastik, Ernährungstherapie sowie Medikamenten kann zwar die einmal aufgetretene Abnutzung kaum noch rückgängig gemacht und keine Heilung im eigentlichen Sinne erzielt werden. Mit einer Linderung der Beschwerden wird aber die Lebensqualität verbessert und die Beweglichkeit erhalten.

 

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Nicht alle rheumatischen und Gelenkschmerzen gehören zu den Altersbeschwerden.

Das gesunde Gelenk – ein Wunderwerk!

Erst die gelenkigen Verbindungen der verschiedenen Knochen verleihen dem Menschen seine Beweglichkeit. Es handelt sich also um eine sinnvolle Konstruktion, die naturgemäß unterschiedlich hohen Belastungen ausgesetzt ist. In den meisten Fällen sind zwei, manchmal auch drei Knochen an der Bildung des Gelenkes beteiligt. Der Knochen mündet in eine Gelenkfläche, die mit sehr glattem Knorpel überzogen ist, damit die Gelenkflächen nicht aufeinander reiben, wenn das Gelenk bewegt wird. Außerdem nimmt der Knorpel gemeinsam mit der im Gelenk befindlichen Flüssigkeit eine Art Stoßdämpferfunktion ein. Die knöchernen Strukturen und der Knorpel sind von einer kräftigen, schützenden Gelenkkapsel umgeben, die aus festem Bindegewebe besteht und von den Gelenkbändern durchzogen und verstärkt wird. Diese Gelenkkapsel ist in besonders kräftige Muskulatur eingebettet, wodurch ein zusätzlicher Schutz gewährleistet ist. Als besonders wichtige Struktur der Gelenkkapsel gilt die Gelenkinnenhaut, die die Kapsel innen auskleidet und deren Aufgabe es auch ist, die sogenannte Gelenkflüssigkeit zu produzieren und dadurch die Gleitfähigkeit der Gelenkflächen sicherzustellen. Außerdem ist die Gelenkinnenhaut sehr gut durchblutet, wodurch der Transport der Nährstoffe und der Abtransport der schädlichen Stoffwechselendprodukte sichergestellt wird.

 

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Schema eines Gelenks

Durch den besonderen Aufbau ist jedes Gelenk für die jeweils auftretenden normalen Belastungen ausreichend konstruiert. Zug-, Druck- und Reibungskräfte können auf das Gelenk einwirken, und nur bei einem Missverhältnis zwischen immer wieder auftretender Belastung und individueller Belastbarkeit wird sich eine Abnutzung einstellen und eine Arthrose entwickeln. Wenn beispielsweise die gegenüberliegenden Gelenkflächen nicht übereinstimmen oder nicht achsengerecht zueinander stehen, kommt es zu Reibung oder Fehlbelastung. Dies kann auch durch eine zu starke Belastung wie etwa Übergewicht oder körperliche Schwerstarbeit auftreten.

 

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Jedes Gelenk ist für normale Belastungen ausreichend konstruiert.

 

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Schema des Kniegelenks

Das Gelenk ist die bewegliche Verbindung zweier Knochen und besteht aus Gelenkpfanne und Gelenkkopf. Diese beiden Teile, die maßgeschneidert aneinanderpassen, sind vom Gelenkknorpel überzogen. Die Oberfläche des Knorpels ist innerhalb des Gelenkraums spiegelglatt. Nach außen zum Weichteilgewebe hin wird das Gelenk von der Gelenkkapsel schützend abgeschlossen. Die Innenhaut der Gelenkkapsel produziert die für die reibungslose Funktion des Gelenks erforderliche Gelenkschmiere, die sich zwischen den Knorpelschichten befindet. So wird auch die Ernährung des Knorpels sichergestellt: Regelmäßige Bewegung tut demnach dem Knorpel gut. Der Knorpel besteht aus einem widerstandsfähigen Netzwerk aus sogenannten Kollagenfasern, zwischen denen sich die elastische Knorpelgrundsubstanz befindet. Der Knorpel erfüllt durch seine hohe Elastizität die Funktion eines Stoßdämpfers und schützt so die darunter liegenden Knochenstrukturen. Ein gesunder Knorpel ist so konstruiert, dass er kurzzeitige Belastungen von mehreren Tonnen pro Quadratzentimeter aushalten kann.

 

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Ein gesunder Knorpel hält Belastungen von mehreren Tonnen aus.
Schmerz – das Warnsignal des Körpers

Ein deutliches Zeichen, dass etwas nicht stimmt, ist der Schmerz. Bei Krankheiten, die mit Gelenken verbunden sind, treten typischerweise folgende Schmerzarten auf:

Ermüdungs- oder Belastungsschmerz. Bei zunehmender Zerstörung (Abrieb) der Knorpelschicht entstehen im Gelenk Schmerzen. Der Körper versucht Gewebs- und Zelltrümmer abzubauen. Dazu werden Enzyme freigesetzt, die den bereits vorgeschädigten Knorpel zusätzlich angreifen und eine entzündliche Reaktion im Gelenk hervorrufen. Je weiter die Arthrose fortschreitet, desto größer wird der Schmerz unter Belastung.

Anlauf- oder Startschmerz. Wenn ein Gelenk nur unzureichend geschmiert ist, reiben die Knochenoberflächen aneinander. Das verursacht am Anfang einer Bewegung solange Schmerzen, bis wieder durch die Bewegung ausreichend Gelenkschmiere in den Gelenkspalt gespült wird.

 

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Ruheschmerz tritt auf, wenn im Gelenk ein entzündlicher Prozess abläuft. Man spricht dann von einer „aktivierten“ Arthrose.

Bei häufiger auftretenden Schmerzen sollte immer ein Arzt (Orthopäde) aufgesucht werden. Grundsätzlich gilt: Eine Arthrose ist nicht heilbar, aber je früher eine Arthrose festgestellt wird, desto schneller kann man auch ihre Ursachen ausschalten.

 

Die Volkskrankheit Arthrose

43 Millionen Arztbesuche jährlich werden von dieser Verschleißerkrankung verursacht, denn Arthrose zählt zu den häufigsten chronischen Krankheiten. Mit zunehmendem Alter wird die Wahrscheinlichkeit, an Arthrose zu erkranken, immer größer. Der Knorpel wird aufgrund des verlangsamten Stoffwechsels immer weniger widerstandsfähig, wird rau und porös und kann so seine Stoßdämpferfunktion nicht mehr im vollen Umfang wahrnehmen. Die natürliche Belastung wird zur Überlastung und es kommt zu arthrotischen Veränderungen des Gelenkes. Bei 75 Prozent aller Menschen, die über 50 Jahre alt sind, und bei ungefähr 90 Prozent derer über 70 Jahre bestehen Gelenksveränderungen, die sich, wenn überhaupt, mit Reibegeräuschen oder leichten Bewegungsschmerzen bemerkbar machen.

An Arthrose leiden somit allein in Deutschland schätzungsweise sechs bis sieben Millionen Menschen, davon sind nur ungefähr zwei Millionen in ärztlicher Behandlung. Dennoch ergibt dies jährlich einen Verlust von 37 Millionen Arbeitstagen, bzw. es entstehen mindestens fünf Milliarden Euro an direkten Kosten.

 

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Arthrose ist eine Verschleißkrankheit, die vorwiegend die großen, stark belasteten Gelenke, also das Hüft- und Kniegelenk, befällt. Ein dauerndes Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit führt zur Abnutzung und zum weitgehenden Verschwinden des wichtigen Gelenkknorpels. Es ist eine Erkrankung auf dem Boden entzündlicher und reiner Alterungsprozesse, statischer Fehlbelastungen sowie Störungen im Stoffwechsel bindegewebiger Gelenkanteile. Es kommt zur Abnutzung des krankhaft veränderten Gelenkknorpels und Mobilisation von Knochenpartikeln durch Druck und Reibung bei Gelenkbewegung und zu Schmerzen.

Die Vorgänge im arthrotischen Gelenk

Der Beginn einer Arthrose ist meist dadurch gekennzeichnet, dass die Oberfläche des Knorpels aufgeraut ist und die spiegelglatte Oberfläche matt wird. Jetzt können die Gelenkflächen nicht mehr reibungsfrei aufeinander gleiten, es „knirscht“ im Gelenk. Die Bewegung auf einer rauen Oberfläche führt aber zu einem vermehrten Abrieb der knorpeligen Substanz. Der veränderte Knorpel verliert seine Elastizität, und der Belastungsdruck wird direkt an den darunter liegenden Knochen weitergegeben. Mit zunehmender Dauer entstehen Vertiefungen in der Knorpeloberfläche, die sich im weiteren Verlauf auf den darunter gelegenen Knochen fortsetzen. Der Organismus versucht diese Verletzung zu reparieren, und es wuchern Blutgefäße und bindegewebiges Material in die Knorpellücken. Der Reparaturmechanismus führt zu lockerem Narbengewebe, welches zwar durch die mechanische Belastung und Bewegung eine glatte Oberfläche bildet, allerdings nicht die volle Funktion eines gesunden Knorpels wahrnehmen kann. Immer wieder werden kleine Partikel abgerieben, die dann in der Gelenkflüssigkeit schwimmen. Sie beeinträchtigen nicht nur die Schmierfunktion der Gelenkflüssigkeit, sondern reizen auch die Gelenkinnenhaut, die darauf mit einer vermehrten Flüssigkeitsproduktion reagiert. Es kommt zur Entzündung mit der Produktion einer nährstoffarmen Flüssigkeit, was sich negativ auf die Ernährungssituation des noch vorhandenen Knorpels auswirkt. Gleichzeitig wird eine Vielzahl unterschiedlicher Entzündungszellen an den Entzündungsort transportiert, die Enzyme freisetzen. Dadurch kommt ein weiterer Schädigungsmechanismus hinzu, weil die Enzyme wiederum Zellen zerstören können.

 

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Typisch für Arthrose ist das Knirschen im Gelenk.

Jede Entzündung ist aber auch mit einer erhöhten Freisetzung freier Sauerstoffradikale verbunden, die sich ebenfalls schädigend auf die gesunden Zellen der Gelenkstrukturen auswirken. Der knorpelige Abrieb kann nicht aus dem Gelenk entfernt werden. Er schwimmt in der Gelenkhöhle und setzt sich bei mangelnder Gelenkbewegung (aufgrund der Schmerzhaftigkeit) im Gelenk fest, sodass der Betreffende unter Einklemmbeschwerden leidet. Weil jeder Störfaktor im Gelenk einen weiteren schädigenden Mechanismus nach sich zieht, schreitet die Krankheit immer weiter fort. Es kommt es nicht nur zu regelmäßigen Gelenkergüssen, weil die entzündete Synovia zu viel Flüssigkeit produziert, sondern auch zu sogenannten Geröllzysten im Knochen. Diese entstehen dadurch, dass die Gelenkflüssigkeit durch den erhöhten Druck in kleine Zwischenräume des Knochens gepresst wird und hier einen Hohlraum entstehen lässt. In diesem sammeln sich bevorzugt die Abriebteilchen von Knorpel und Knochen, so-dass diese wie Geröll in dem Hohlraum liegen. All diese Vorgänge sind für die Schmerzen bei Arthrose verantwortlich.

 

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Störfaktoren im Gelenk ziehen weitere Schädigungen nach sich.
Ursachen der Arthrose

Bereits ab dem 35. Lebensjahr beginnt bei rund 50 Prozent der Menschen eine Abnutzung der Gelenke, die bei fast allen Senioren jenseits des sechzigsten Lebensjahres regelmäßig nachgewiesen werden kann. Da meistens keine von außen schädigend einwirkende Ursache festgestellt werden kann, wird diese Form der Arthrose als eine Erkrankung des Alters angesehen. Man spricht daher auch von einer primären Arthrose, bei der mit zunehmendem Alter vermehrt Gelenkknorpel abgerieben wird. Wenn der Arzt eine sekundäre Arthrose diagnostiziert hat, ist die Erkrankung auf eine bekannte und auslösende Ursache zurückzuführen. Nicht selten sind statische Faktoren beteiligt, wie es etwa bei X-Beinen oder O-Beinen der Fall ist. Auch angeborene Hüftgelenksluxationen, unbehandelte Meniskusverletzungen oder nicht exakt ausgerichtete, verheilte Knochenbrüche verursachen sekundär eine Arthrose. Gelenke wurden früher durch einen Gipsverband oder eine Schiene lange ruhig gestellt, was häufig zu arthrotischen Veränderungen geführt hat, weil durch die mangelnde Bewegung und verminderte Durchblutung des Gelenkes eine Ernährungsstörung verursacht wurde.

 

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Überbelastung führt zu Gelenksarthrose.

Regelmäßig führt die Überbelastung bei immer wieder durchgeführten, schweren Arbeiten oder im Sport sowie auch Übergewicht – insbesondere, wenn es seit der Jugend vorliegt oder massives Übergewicht in der Jugend vorlag – zu Gelenksarthrose, bevorzugt an den Knie- oder Hüftgelenken.

Ursachen können auch Unfälle und hormonelle Einflüsse, beispielsweise die Wechseljahre der Frau sein. Der Arzt spricht von einer aktivierten Form der Arthrose, wenn es zu zusätzlich zu entzündlichen Reaktionen an der Gelenkinnenhaut kommt. In diesem Falle bietet sich eine Ernährungstherapie wie bei rheumatoider Arthritis an.

Weitere Ursachen sind:

Angeborene Belastungsschwäche des Gelenkknorpels

Vorausgegangene Entzündungen mit Zerstörung der Gelenkkapsel

Hormonstörungen der Schilddrüse oder der Keimdrüsen

Diabetes mellitus

Hyperurikämie und Gicht

Fettstoffwechselstörungen

Wie sich eine Arthrose äußert

Da sich Arthrose meist langsam und fortschreitend entwickelt, verlaufen die frühen Formen der Erkrankung oft schmerzlos und unbemerkt. Erst wenn die Gelenke schmerzen und in der Beweglichkeit eingeschränkt sind, besteht für den Patienten Handlungsbedarf.

 

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Frühe Formen der Arthrose verlaufen oft schmerzlos.

Es beginnt häufig mit einer Steifigkeit des Gelenkes nach langem Sitzen oder nach dem morgendlichen Aufstehen, die sich im weiteren Krankheitsverlauf zu Schmerzen mit dumpfem und bohrendem Charakter entwickelt. Kennzeichnend ist also der typische Schmerz einer Anfangsbewegung nach längerem Sitzen, der nach einer Zeit der Bewegung – wenn sich das Gelenk wieder eingelaufen hat – besser wird. Lange Spaziergänge oder anhaltende Gelenkbelastung verursachen eine rasche Ermüdung des arthrotischen Gelenkes und führen ebenfalls zur typischen Schmerzsymptomatik. Diese wird häufig begleitet von einem reibenden Gefühl oder auch Geräuschen bei der Gelenkbewegung. Auffallend ist, dass die Gelenkbeschwerden einer Arthrose offenbar witterungsabhängig sind und bei kaltem und feuchtem Klima verstärkt auftreten können.

Beschwerden bei Arthrose:

Anlaufschmerzen

Belastungsschmerz

Bewegungseinschränkung

Entzündung und Gelenkerguss

Muskel- und Sehnenverspannung

Gelenkknirschen

Welche Gelenke sind von Arthrose betroffen?

Besonders häufig betroffen sind Wirbelsäule, Kniegelenke sowie Hand- und Fingergelenke. Oft sind auch mehrere Gelenke gleichzeitig betroffen.

 

HÄUFIGKEIT GELENK
60 % Wirbelsäule
25 % Kniegelenk
25 % Hand- und Fingergelenke
  7 % Hüftgelenk
  4 % Fuß- und Zehengelenke
  2 % Schultergelenk
  2 % Ellenbogengelenk
Arthrose der Wirbelsäule

An der Wirbelsäule treten Abnutzungserscheinungen am häufigsten im unteren Teil des Nackens und an der unteren Lendenwirbelsäule auf. Anfangs kommt es zur Verschmälerung der Bandscheiben und zu Veränderungen an den knöchernen Deckplatten der Wirbel. Wie an großen Gelenken, können die Bewegungen an den Wirbelgelenken schmerzhaft werden und sich Entzündungszustände einstellen. Der Patient neigt anschließend zur Schonhaltung, und es kommt häufig zu Verspannungen der Rückenmuskulatur, die für sich allein sehr schmerzhaft sind. Durch die Veränderungen an Knorpel und Wirbelkörpern werden zunehmend die aus den Wirbellöchern austretenden bzw. im Wirbelkanal liegenden Nerven eingeengt. Dadurch kommt es häufig zu schmerzhaften Gehbehinderungen. Es können auch Taubheitsgefühl, Kribbeln und Muskelschwächen auftreten.

Arthrose des Kniegelenks

Im größten Gelenk des menschlichen Körpers treffen der Oberschenkelknochen und das Schienbein aufeinander. Weil die Gelenkflächen, anders als beispielsweise an der Hüfte, nicht genau wie Pfanne und Kopf zueinander passen, sondern unterschiedlich stark gewölbte Flächen darstellen, gleichen zwei halbmondförmige Knorpelscheiben (Menisken) und straffe Bänder die fehlende Knochenführung aus. In dem vorderen Kniescheibenband befindet sich die Kniescheibe, die vor allem die Mechanik dieses Gelenks verbessert. Oft sind es kleine, übergewichtige Frauen, bei denen die Veränderungen während der Wechseljahre auftreten. Es kann zu Anlaufschmerzen, Schmerzen beim Treppensteigen und Abwärtsgehen auf abschüssiger Ebene kommen. Ruheschmerzen sind selten. Mit der Kniegelenksarthrose können sich grobe Reibegeräusche einstellen, die nicht selten zu hören sind. Im fortgeschrittenen Stadium kann das Knie nicht mehr ganz gestreckt und nur noch bis zu einem gewissen Grad gebeugt werden. Trotzdem ist bei dieser Arthrose in der Regel nicht mit so schweren Folgen wie bei Befall der Hüftgelenke zu rechnen.

 

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Arthrose des Kniegelenks tritt oft bei kleineren, übergewichtigen Frauen während der Wechseljahre auf.
Arthrose der Fingergelenke

Mehr- oder Überbelastung der Fingergelenke sind nicht die Ursachen dieser Erkrankung. Es wird angenommen, dass eine erbliche Stoffwechselstörung des Knorpels die Arthrose eines Fingergelenks hervorruft. Vor allem Frauen in den Wechseljahren werden sehr häufig von diesem Leiden betroffen. In der Regel sind mehrere Gelenke betroffen. Entzündungszeichen wie Rötung und intensiver Schmerz sind nur anfänglich vorhanden und bilden sich dann zurück. Über den Gelenken bleiben aber buckelartige Verwölbungen bestehen, die zwar anfangs bei der Arbeit etwas hinderlich sind, an die sich der Patient aber bald gewöhnt. Alle Veränderungen bewirken nie eine ernste Störung der Greiffunktion und führen deshalb nur in seltenen Fällen zur Arbeitsunfähigkeit.

 

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Arthrose der Hüftgelenke

Das Hüftgelenk ist besonders stark belastbar und weist durch seine Konstruktion eine sehr gute Beweglichkeit auf. Dennoch sind angeborene oder früh erworbene Hüftgelenksfehlstellungen nicht selten. Kommt es zu einer Hüftgelenksarthrose, ist diese nicht nur schmerzhaft, sondern beeinträchtigt auch einschneidend die Bewegungsfähigkeit. Sie kann die Lebensqualität stärker als andere Arthrosen beeinflussen.

Diagnose und Therapie bei Arthrose

Der Arzt kann mit einem Arthroskop nach Auffüllen des Gelenks mit Gas oder Flüssigkeit den Gelenkraum einsehen. Vor der Einführung des Arthroskops wird der Patient betäubt und mit einem Skalpell ein kleiner Schnitt durchgeführt. Ist der Knorpel angegriffen, aber noch nicht entzündet, kann eine Arthroskopie durchgeführt werden: Über eine Sonde können Knorpelflächen wieder geglättet und abgeschilferte Knorpel- und Knochenstückchen entfernt werden. Dieser Eingriff wird auch „Gelenktoilette“ genannt, und manche Patienten sind danach bis zu einem Jahr beschwerdefrei.

Kennt man die unterschiedlichen Mechanismen und den dadurch ausgelösten Kreislauf einer Gelenkschädigung, wird die Notwendigkeit einer richtigen Behandlung deutlich. Zu den wichtigsten Zielen einer Therapie gehören:

Schmerzbekämpfung durch Medikamente

Erhaltung und Verbesserung der Bewegungsfähigkeit durch regelmäßige Gymnastik

Beseitigung der muskulären Verspannung

Förderung der regionalen Durchblutung

Beseitigung von Achsenfehlstellungen, einseitigen Belastungen, Stoffwechselstörungen und Übergewicht

Beseitigung oder Schutz vor reaktiver Entzündung

Sinnvoll als therapeutische Maßnahmen sind die Vermeidung der Belastungsfaktoren (Nässe, Kälte und Übergewicht), Bewegungsübungen, Krankengymnastik, Massage, gegebenenfalls Wärmebehandlung, Kältebehandlung bei schweren Formen der Arthrose, Medikamente, orthopädische Hilfsmittel und Operation.

Medikamentöse Therapie der Arthrose

Auftretende Arthrosebeschwerden werden im Allgemeinen mit Schmerzmitteln und Antirheumatika behandelt, die zusätzlich zu den Schmerzen Entzündungszeichen reduzieren. Eine Alternative, die im Anfangsstadium der Arthrose von niedergelassenen Ärzten angewandt werden kann, ist die Behandlung mit Hyaloronsäure, die direkt ins Gelenk eingespritzt wird. Die Ursache für die folgende Abnahme der Beschwerden scheint die schnelle Aufnahme des Medikaments in Knorpel und Gelenkflüssigkeit zu sein. Jeder einmal bestehende Defekt bei der Arthrose ist nicht mehr heilbar. Somit gehört es zu den vorrangigsten Zielen der Arthrosetherapie, die bestehenden Schmerzen zu lindern, damit die Bewegung wieder stattfinden und eventuell eine therapeutische Gymnastik durchgeführt werden kann, die dem Training der stützenden Muskulatur und der Stärkung des Bandapparates dient.

 

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Vorrangiges Ziel der Arthrosetherapie: bestehende Schmerzen lindern.
Ernährungstherapie

Zur Therapie rheumatischer Erkrankungen und besonders der Arthrose gehört es, die auslösenden Faktoren möglichst zu vermeiden und durch Allgemeinmaßnahmen das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Hier steht die Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Personen im Vordergrund. Mit Ernährungstherapie und durch regelmäßige Bewegung wird hierzu bereits ein wesentlicher Beitrag geleistet, wobei die Bewegung auch wesentlich zur Stärkung der gelenkführenden Muskulatur und Bänder sowie zur Ernährung des Knorpels beiträgt.

 

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Arthrosen im Bereich der Knie-und Wirbelgelenke werden häufig durch Übergewicht verursacht.

Arthrosen im Bereich der Knie- und Wirbelgelenke entwickeln sich sehr häufig als Folge der permanenten mechanischen Mehrbelastung durch Übergewicht. Die Normalisierung des Körpergewichts ist die wichtigste vorbeugende und behandelnde Maßnahme bei von Arthrose betroffenen übergewichtigen Menschen. Übergewichtige sollten in jedem Fall das Körpergewicht reduzieren, um einer Arthrose wirksam vorzubeugen. Der übergewichtige Mensch mit Arthrose sollte in erster Linie langsam und stetig abnehmen. Wichtig ist, das Gewicht dann zu halten. Das kranke Gelenk wird durch ein niedriges Gewicht weniger belastet, die Arthrose schreitet weniger voran und die Schmerzen gehen zurück.

Eine Gelenkentlastung kann und muss aber auch durch gezieltes Muskelaufbautraining und Krankengymnastik erreicht werden.

Fasten und Reduktionskost reduzieren ein vorhandenes Übergewicht und entlasten Knie- und Hüftgelenke, ganz abgesehen von den positiven Effekten auf das Kreislaufsystem. Fasten bedeutet hierbei den Verzicht auf feste Nahrung und kann als Beginn zu einer Änderung des Essverhaltens dienen, weil der Gewichtsverlust zwar rapide, aber nur von kurzer Dauer ist. Das Ziel ist eine Reduktionskost, und zwar eine energiereduzierte Mischkost.

 

Hohe Zucker- und Fettwerte können im Gelenk zu Knorpelschädigungen führen. Die Normalisierung dieser Parameter kann helfen. Eine spezielle Arthrose-Diät gibt es leider nicht. Zu beachten ist aber, dass laut Untersuchungen die Arthrose fast nie auf alleinigen Verschleiß zurückzuführen ist, sondern meistens von anhaltenden ernährungsbedingten Stoffwechselstörungen begünstigt wird.

 

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Zuviel Fett und Zucker kann zu Knorpelschäden führen.

Immer wieder ist vom angeblichen Effekt vieler naturheilkundlicher Präparate auf den Gelenkknorpel zu lesen. Insbesondere Gelatine wird eine Heilwirkung oder eine gelenkknorpelaufbauende Wirkung nachgesagt. Seit langer Zeit gilt in der Naturheilkunde und Volksmedizin der Verzehr von Knorpel und Knochen (als Konzentrat in Form von Gelatine, die aus Rinderoder Schweineknochen, -knorpeln und -haut hergestellt wird) als Allheilmittel bei Erkrankungen und Beschwerden der Gelenke. Bereits bei Hildegard von Bingen (um 1100) finden sich Anleitungen zur Herstellung von Suppen aus Knochen und Knorpeln zur Behandlung von Schmerzen in Gelenken und Gliedern. Einen schmerzstillenden Effekt haben diese Substanzen nicht.

Speisegelatine ist ein in der Lebensmittelindustrie oft verwendeter Rohstoff. Gelatine wird in der Regel durch Extraktion aus tierischem Bindegewebe (Kollagen) nach Säure- und Baseneinwirkung gewonnen. Das isolierte Eiweiß besitzt eine charakteristische Zusammensetzung der Eiweißbausteine. Das Interesse der Arthrosepatienten an Gelatineprodukten ergibt sich aus der weitgehenden Ähnlichkeit in der Zusammensetzung zu menschlichem Kollagen als Bestandteil des Bindegewebes. Entsprechend der ursprünglichen Hypothese sollen durch die Gabe von Gelatine oder Gelatinehydrolysaten durch Belastung ausgelöste Knorpelschäden vorgebeugt oder sogar behandelt werden. Das ist jedoch nicht möglich. Das in der Gelatine – und vielen anderen Lebensmitteln – vorkommende Hydroxyprolin ist zwar für den Knorpel wichtig, aber es wird im Verdauungsprozess wie andere Eiweiße abgebaut und kann nicht direkt in den Knorpelaufbau einfließen.

 

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Arthritis – Gelenkentzündung mit vielen Ursachen

Mit dem Wort Arthritis bezeichnet der Arzt eine Gelenkentzündung. Sie kann chronisch oder akut verlaufen. Die Arthritis geht mit Schmerzen, Schwellungen, Überwärmung, Bewegungseinschränkungen und bei bestimmten Formen auch mit Erguss und Rötung der betroffenen Gelenke einher. Es gibt akute und chronische Verlaufsformen. Bei der chronischen Arthritis steht der Funktionsverlust der Gelenke im Vordergrund der Beschwerden.

 

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Eine Arthritis äußert sich durch Schmerzen, aber auch durch eine Überwärmung des Gelenks.

Im Gegensatz zu einer verschleißbedingten Gelenkerkrankung, der Arthrose, tritt der Schmerz bei einer Gelenkentzündung typischerweise in Ruhe auf und bessert sich bei Bewegung. Bei starken Entzündungen kommt es zu nächtlichen Gelenkschmerzen, von denen man aufwacht. Ebenfalls typisch für entzündliche Gelenkerkrankungen ist eine ausgeprägte Morgensteifigkeit, die je nach Schwere und Aktivität der Erkrankung bis weit in den Tag andauert und teilweise sogar den ganzen Tag über nicht verschwindet.

Die Arthritis kann viele Ursachen haben. Dazu gehören Infektionen, Rheuma, entzündliche Bindegewebserkrankungen, Allergien nach Magen-Darm-Erkrankungen (wie beispielsweise Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Magenresektion), Stoffwechselerkrankungen (beispielsweise Gicht, Diabetes mellitus), Fettstoffwechselstörungen, Hormonstörungen (beispielsweise Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse), bei Erkrankungen der Blutbildung, Blutgerinnung, bösartigen Krankheiten wie Krebskrankheiten, Krankheiten der Gelenke selbst und Nervenkrankheiten. Die chronische Form der Arthritis ist in der Regel eine Arthritis des rheumatischen Formenkreises.

Rheumatoide Arthritis

Die chronische (dauerhafte) Polyarthritis (viele Gelenke betreffend) zählt zu den Krankheiten des rheumatischen Formenkreises und ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Sie wird auch rheumatoide Arthritis genannt. Die chronische Polyarthritis ist eine entzündliche Systemerkrankung, die überwiegend die Gelenke befällt. Der Begriff Systemerkrankung bedeutet, dass der gesamte Körper mit in die Krankheit einbezogen ist und sie sich nicht nur auf die Gelenke beschränkt. Ein wichtiges Kennzeichen ist, dass in der Regel viele Gelenke an Händen und/oder Füßen entzündet sind.

 

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Die chronische Polyarthritis zählt zu den häufigsten entzündlichen Gelenkerkrankungen.

Die Entzündung äußert sich in Schmerzen, Schwellungen und Erwärmung der betroffenen Gelenke. Eine dauerhaft anhaltende Gelenkentzündung kann zu einer fortschreitenden Zerstörung des Gelenkknorpels und Knochens in der Nähe des Gelenks führen, sofern sie nicht mit einer wirksamen Therapie behandelt wird.

Ursachen der rheumatoiden Arthritis

Die Ursachen der rheumatoiden Arthritis sind bis heute unbekannt. Man geht davon aus, dass es sich um eine sogenannte Autoimmunerkrankung handelt, bei der es zu einer Fehlsteuerung des körpereigenen Abwehrsystems (des Immunsystems) kommt und dieses Zellen des eigenen Körpers angreift. Angriffsziel des außer Kontrolle geratenen Immunsystems ist zunächst die Gelenkinnenhaut (Synovialis), aber auch andere Körpergewebe können betroffen sein. Dadurch werden in Gelenken und in den anderen betroffenen Körpergeweben Entzündungsreaktionen ausgelöst. Da der Entzündungsauslöser, nämlich die Fehlsteuerung des Immunsystems, bestehen bleibt, wird die Entzündung immer wieder angeheizt. Was die anfängliche Fehlsteuerung des Immunsystems auslöst, ist bis heute noch ein Rätsel. Man geht davon aus, dass mehrere Faktoren am Ausbruch der Krankheit beteiligt sind. Möglicherweise spielen Infektionen mit Bakterien oder Viren eine Rolle. Als (Mit-)Auslöser diskutiert werden aber auch andere Faktoren wie Stress, Ernährung, Umweltverschmutzung, etc. Ein Faktor ist eine von Geburt an festgelegte Neigung zu dieser Erkrankung. Durch diese genetische Veranlagung kann es zu einer Krankheitshäufung bei Blutsverwandten kommen, jedoch sind zum Beispiel bei eineiigen Zwillingen nur in 15 Prozent beide Geschwister erkrankt.

 

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Da die Ursache der Erkrankung nicht eindeutig geklärt ist, kann man für eine Vorbeugung keine Empfehlung geben. Eine rechtzeitige Behandlung im frühen Stadium kann das Fortschreiten der chronischen Polyarthritis jedoch verlangsamen.

Wie verläuft die rheumatoide Arthritis?

Der Verlauf der Erkrankung ist individuell. Jedoch haben sich einige typische Verlaufsformen der Erkrankung herauskristallisiert. Die häufigste Form ist ein langsames Fortschreiten der Gelenkzerstörung mit zunehmendem Funktionsverlust der betroffenen Gelenke über die Jahre. Circa 60 bis 70 Prozent der Patienten leiden an diesem Fortschreiten, weitere zehn Prozent sind von einer sehr aggressiven Verlaufsform mit ausgeprägten Gelenkentzündungen und rasch zunehmender Zerstörung betroffen. Zehn bis 20 Prozent der Patienten haben das Glück, eine milde Verlaufsform mit leichten Schüben und langen Zeitintervallen mit weitgehender Beschwerdefreiheit zu haben. Die Gelenkzerstörung schreitet oft in den ersten Jahren besonders rasch voran; nach drei Jahren sind bei etwa 70 Prozent der Patienten im Röntgenbild bereits sichtbare Veränderungen festzustellen.

 

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Bei Vorhandensein bestimmter Krankheitsmerkmale ist die Wahrscheinlichkeit für einen schwereren Krankheitsverlauf höher. Das bedeutet nicht, dass die Erkrankung unbedingt ungünstig verlaufen muss, ist aber ein Zeichen dafür, dass eine intensiv wirksame Therapie angewendet werden sollte. Zu den ungünstigen Krankheitsfaktoren gehören:

Ein positiver Rheumafaktor

Das frühe Auftreten von Rheumaknoten

Hohe Entzündungswerte im Blut

Eine große Anzahl geschwollener und schmerzhafter Gelenke

Bereits zu Krankheitsbeginn sichtbare Knochenveränderungen im Röntgenbild

Eine lang anhaltende Morgensteifigkeit

Frühe Funktionsverluste der Gelenke

Die Erkrankung kann über mehrere Jahre in vier Stadien verlaufen. Mit den fortschreitenden Gelenkveränderungen gehen zunehmende Einschränkungen der Beweglichkeit und der Gelenkfunktion einher. Allerdings: Wird von Anfang an konsequent behandelt, so lassen sich Spätschäden verzögern oder sogar verhindern.

Diagnose der rheumatoiden Arthritis

Morgensteifigkeit der Gelenke, Rheumaknoten (häufig am Ellenbogen), Rheumafaktoren im Blut und typische Röntgenbilder von den betroffenen Gelenken sprechen für die Diagnose „chronische Polyarthritis“. Die Entzündungen in den Gelenken treten immer paarweise auf, d. h., immer ist das linke und das entsprechende rechte Gelenk beteiligt. Nach der Amerikanischen Rheuma-Gesellschaft (American College of Rheumatology) kann eine chronische Polyarthritis diagnostiziert werden, wenn vier der folgenden sieben Kriterien erfüllt sind:

Morgensteifigkeit der Gelenke von wenigstens einer Stunde; seit mindestens sechs Wochen

Gelenkschwellung an mindestens drei von 14 möglichen Gelenkregionen (rechte und linke Fingermittel-, Fingergrund-und Handgelenke, Ellenbogen, Knie, obere Sprunggelenke, Zehengrundgelenke); seit mindestens sechs Wochen

Wenigstens eine Schwellung im Bereich der genannten Handregionen; seit mindestens sechs Wochen

Symmetrischer Befall von Gelenkregionen – also rechtes und linkes Handgelenk oder ähnlich an den Füßen oder Knien; seit mindestens sechs Wochen

Rheumaknoten

Rheumafaktoren im Serum

Typische radiologische Veränderungen im Bereich der Hände

Die wichtigsten Untersuchungsmethoden:

Patientenbefragung und körperliche Untersuchung

Laboruntersuchungen

Gelenkultraschall

Gelenkpunktion

Röntgendiagnostik

Skelettszintigraphie

Computertomographie und Kernspintomographie (NMR)

 

Therapie der rheumatischen Polyarthritis

Man unterscheidet die medikamentöse Therapie, die entzündungshemmend, abschwellend und schmerzlindernd wirkt, und die physikalische Therapie zum Erhalt der Beweglichkeit. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen verläuft die chronische Polyarthritis leicht, wenn die Therapie konsequent nach den Anweisungen des Arztes durchgeführt wird. Falls Nebenwirkungen bei den Rheumamedikamenten auftreten, kann der Mediziner in den meisten Fällen die Therapie auf eine besser verträgliche Dosis oder Substanz umstellen.

Regeln bei chronischer Polyarthritis:

Regelmäßige Medikamenteneinnahme

Evtl. Kältebehandlung

Evtl. Bewegung (mit dem Arzt absprechen!)

Anti-entzündliche Ernährungsweise mit Omega-3-Fettsäuren und individuelle Diätberatung

 

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Zu den bekanntesten Rheumamitteln gehören die nichtsteroidalen Antirheumatika, die einerseits den Schmerz und die Entzündung beseitigen können, indem sie das Prostaglandin hemmen. Andererseits gehört das Prostaglandin im Verdauungstrakt zu den Schutzfaktoren, dessen Hemmung zu einer Schädigung der Magenschleimhaut führen kann. Unerwünschte Nebenwirkungen wie Gastritis oder Magengeschwür sind deshalb regelmäßige Begleiter einer Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika. Weil viele rheumatische Beschwerden bei älteren Menschen verstärkt auftreten, die häufig einen empfindlichen Magen haben und bereits verschiedene Medikamente gegen unterschiedliche Erkrankungen einnehmen, sollte immer eine Substanz bevorzugt werden, die bei vergleichbarer Wirksamkeit möglichst geringe Nebenwirkungen hat. Die Therapie der chronischen Polyarthritis ist individuell unterschiedlich. Sie besteht in Physiotherapie (Bewegungstherapie), physikalischen Anwendungen (beispielsweise Kälte-/Wärmetherapie), Ernährungstherapie, Medikamenten und eventuell Operationen.

Arthritis urica

Eine Gelenkentzündung infolge einer Hyperurikämie oder Gicht nennt man Arthritis urica. Der erste Gichtanfall mit Gelenkentzündung tritt meist erst nach dem 30. Lebensjahr auf. Aus voller Gesundheit überfällt den Betroffenen eine massive Schmerzattacke an einem Gelenk. In der Regel ist das Großzehengrundgelenk betroffen. Es ist gerötet, geschwollen, warm bis heiß und schmerzt stark. Ohne Behandlung hält der Anfall einige Tage bis Wochen an. Mit Behandlung lassen der Schmerz rasch und die anderen Beschwerden nach kurzer Zeit nach. Mit und ohne Behandlung wird das Gelenk wieder voll funktionstüchtig. Solche Anfälle können ohne Behandlung immer wieder auftreten und später ist das Gelenk auch außerhalb des Anfalls nicht mehr schmerzfrei, sondern aufgetrieben, deformiert und in der Beweglichkeit eingeschränkt.

 

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Gicht ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der die Harnsäurewerte im Blut erhöht sind. Harnsäure entstammt den Purinkörpern, die im menschlichen Körper und in vielen tierischen Lebensmitteln vorkommen. Die erhöhten Harnsäurewerte bezeichnet der Mediziner als Hyperurikämie. Die Harnsäure kann nur über die Nieren ausgeschieden werden. Liegt eine Stoffwechselstörung vor, ist die Ausscheidung gestört oder fallen bei einer Fehlernährung zu viele Purinkörper, die zu Harnsäure abgebaut werden, an, kommt es zu einer Anhäufung von Harnsäure im Blut. Überschreitet die Harnsäurekonzentration hier den Grenzwert, kommt es zur Ausbildung von Harnsäurekristallen, die sich vor allem in den Nieren und den Gelenken niederschlagen können. Die Kristalle in den Gelenken führen zum oben beschriebenen, äußerst schmerzhaften Gichtanfall. Auslöser eines Gichtanfalls sind oftmals üppige Fleischmahlzeiten und übermäßiger Alkoholkonsum sowie zu wenig trinken. Zwischen den einzelnen Gichtanfällen können lange, beschwerdefreie Zeiten liegen.

Bei dieser Arthritisform zeigen sich in der Regel Gichtknoten in den betroffenen Gelenken. Besonders auffällig sind diese Knoten an den Händen. Ab einer Harnsäurekonzentration im Serum von 9,3 mg/dl haben mehr als 90 Prozent einen Gichtanfall mit den Zeichen einer Arthritis urica. Wenn bereits Arthritis diagnostiziert wurde – insbesondere bei Männern und bei dem Befall der unteren Extremitäten – und ein erhöhter Harnsäurewert im Serum vorliegt, handelt es sich meistens um eine Arthritis urica.

Therapie bei Arthritis urica

Die Therapie besteht in der Behandlung der Grunderkrankung, der Gicht oder Hyperurikämie. In der Regel bedeutet dies Medikamenteneinnahme und eine gezielte Ernährungsumstellung.

 

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Die beste Therapie: eine gezielte Ernährungsumstellung.

In der Ernährung ist darauf zu achten, dass wenig Fleisch, Fisch, Geflügel und Wurst sowie keine Innereien, Fleischextrakt oder -brühe, Kleinfische, Sojaprodukte, Fisch- oder Geflügelhaut verzehrt werden. Empfehlenswert ist der langsame Abbau von bestehendem Übergewicht. Täglich sollten zwei bis 2,5 Liter getrunken werden. Alkoholische Getränke hemmen die Harnsäureausscheidung und sind daher nicht geeignet. Bier hat diese Wirkung und enthält zusätzlich Purinkörper. Die Ernährungsumstellung sollten Betroffene mit einem Diätassistenten besprechen, sie ersetzt jedoch keine Medikamente und umgekehrt.

Regeln bei Gicht und Hyperurikämie:

Keine Innereien, Fleischbrühe, Haut von Fisch und Geflügel

Maximal 100 g Fleisch, Fisch, Geflügel oder Wurst am Tag

Keine alkoholischen Getränke

Viel trinken (2–2,5 Liter)

Übergewicht langsam reduzieren

Regelmäßige Medikamenteneinnahme

Diätberatung

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842687813
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (August)
Schlagworte
Alternativ-Medizin Gesunde Ernährung Omega-3-Fettsäuren Schmerzen Rezepte für Anfänger Selbsthilfe Patienten-Ratgeber Gesundheits-Ratgeber

Autoren

  • Sven-David Müller (Autor:in)

  • Christiane Weißenberger (Autor:in)

Diätassistent Sven-David Müller, Bestseller-Autor zahlreicher Ernährungsratgeber, ist Träger des Bundesverdienstkreuzes. Er erhielt diese Auszeichnung für seine besonderen Verdienste um die Volksgesundheit, insbesondere im Bereich Ernährungsaufklärung. Seine Ernährungsratgeber sind in dreizehn Sprachen erschienen und haben eine Gesamtauflage von rund 5 Millionen Exemplaren. Christiane Weißenberger arbeitet als Diät- und Diabetesassistentin in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Würzburg. Zusammen mit Sven-David Müller hat die Rezept-Expertin bereits zahlreiche Ernährungsratgeber veröffentlicht.
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Titel: Ernährungsratgeber Arthritis und Arthrose