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Grundlagen Bildgestaltung

Profifotos in drei Schritten. Faszinierende Ideen und ihre Umsetzung

von Fotoschule des Sehens (Herausgeber:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Bildgestaltung – endlich verständlich: Horizont, Perspektive, Goldener Schnitt – ein gutes Foto erkennt man an einer guten Komposition. Die Bildideen, Anleitungen und Tipps in diesem Ratgeber lassen selbst Anfänger schnell professionelle Aufnahmen machen. Und das, ohne sich lange mit Theorie aufzuhalten: Schritt für Schritt lernen Sie, unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten einzusetzen.
Der perfekte Ratgeber für alle, die den Einstieg in die gelungene Bildgestaltung suchen! Mit Beispielen für alle wichtigen Gestaltungsmöglichkeiten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Der Fotografenmeister Peter Uhl gründete zusammen mit seiner Frau, der Diplom-Biologin und Fotografin Martina Walther-Uhl, 2008 die Fotoschule des Sehens.

Zunächst starteten sie mit einem kleinen Fotoseminarangebot im Raum Hannover. Doch aufgrund stark wachsender Nachfrage zu verschiedensten Fotothemen vergrößerten sie kontinuierlich ihr Fotoseminarangebot, nicht nur thematisch, sondern auch regional. Heute bieten beide als Fotoschule des Sehens europaweit etwa 100 ein- und mehrtägige Fotoseminare pro Jahr an. Das komplette Seminarangebot ist auf der Website www.fotoschule-des-sehens.de ersichtlich.


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Der Erfolg liegt nicht nur im fundierten fachlichen Wissen, das beide in den Fotoseminaren vermitteln. Eine große Rolle spielt auch die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge der Fotografie leicht verständlich und für jedermann schnell erfassbar zu beschreiben. Die Seminaratmosphäre ist so gestaltet, dass jede Frage ernst genommen und ausführlich beantwortet wird.

In allen Fotoseminaren kommt immer wieder ein Leitsatz für die Fotografie zum Ausdruck: Fotografieren soll Spaß machen und neue Sichtweisen ermöglichen, aber nicht zum Leistungsdruck werden.

VORWORT

In unseren Seminaren hören wir oftmals von Teilnehmern, dass ihnen ihre eigenen Bilder langweilig erscheinen und sie gekommen sind, weil sie sich Anregungen erhoffen, ihre Bilder interessanter zu gestalten. Andere erzählen, dass sie Bildgestaltung ganz automatisch aus dem Bauch heraus machen, können aber nicht beschreiben, warum sie den Bildausschnitt genau so gewählt haben und nicht anders. Meist wird dann gesagt: „Es gefällt mir so besser als anders.“ Das ist eine gute Ausgangsbasis, wenn man sagen kann, was einem besser gefällt. Doch noch besser wäre es, auch zu wissen, warum. Denn oftmals ist es die bewusste Bildgestaltung, die den Unterschied macht zwischen einem Foto, das einem nicht gefällt, und einem interessanten Foto, bei dem die Vorstellung davon, wie es aussehen soll, bereits vorhanden war.

Damit sich unsere Teilnehmer bewusst mit Bildgestaltungselementen auseinandersetzen, gehen wir in unseren Seminaren zum Thema Bildgestaltung den umgekehrten Weg: Wir stellen ihnen zunächst einige Elemente der Bildgestaltung vor, und die Teilnehmer sollen danach versuchen, diese auf dem gemeinsamen Fotospaziergang durch die Stadt fotografisch umzusetzen. Hier wird also das Motiv anhand des fotografisch umzusetzenden Bildgestaltungselements gesucht. Keine leichte Aufgabe, aber der Umweg lohnt sich, um sich ernsthaft mit den Bildgestaltungselementen auseinanderzusetzen und sie zu verinnerlichen.

In unserem Buch „Grundlagen der Bildgestaltung“ werden wir verschiedene Möglichkeiten, mit denen Sie Fotos gestalten können, aufführen und viele einzelne Bildgestaltungselemente vorstellen, sodass Sie eine ganze Palette von Ideen an der Hand haben, mit denen Sie Ihre Bilder bewusster und anders gestalten können.

Viel Spaß beim Ausprobieren wünschen Ihnen

Peter Uhl und Martina Walther-Uhl

von der Fotoschule des Sehens

WARUM EIGENTLICH BILDGESTALTUNG?

Beim Fotografieren macht man sich häufig gar keine Gedanken, wie die Aufnahme hinterher wirken soll, und ist beim Betrachten des Bildergebnisses vielleicht enttäuscht, hatte man die Szene doch anders wahrgenommen. Das Foto erscheint dem Fotografierenden langweilig, flach und entspricht nicht der erlebten Situation. Das kann es auch nicht, denn es ist ein Unterschied, wie wir sehen und wie die Kamera „sieht“.

Der erste große Unterschied ist, dass wir dreidimensional sehen, das Foto aber immer nur zwei Dimensionen hat, nämlich hoch und breit. Die Tiefe, also die Räumlichkeit, geht im Foto erst einmal verloren. Der zweite Unterschied ist, dass wir Dinge nicht nur mit den Augen sehen, sondern mit allen Sinnen wahrnehmen. Die Kamera erlebt die Situation nur mit ihrem „Auge“, also dem Objektiv. Und der dritte Unterschied ist, dass wir beim Erleben einer Situation oftmals ganz selektiv auf etwas schauen und den Rest einfach ausblenden. Auf dem Foto muss das Ausblenden bewusst geschehen, sonst sind die vom Motiv ablenkenden Gegenstände mit auf dem Bild drauf.

Dies sind nur ein paar Unterschiede zwischen dem, wie wir unsere Umwelt erleben und wie anders die Kamera sie „sieht“. Ihre Fotos interessanter und ausdrucksstärker zu machen gelingt, wenn Sie die Möglichkeiten der Bildgestaltung kennen und bewusst einsetzen. Mit bewusster Bildgestaltung kann man den Blick des Betrachters lenken. Somit wird die Gestaltung des Bildes zur wichtigen Tätigkeit beim Fotografieren, sei es durch Anwendung bestimmter Techniken bei der Aufnahme oder durch gezieltes Einbeziehen oder Weglassen bei der Wahl des Bildausschnitts.

BILDGESTALTUNGS
ELEMENTE

Vorweg gesagt: Oftmals sind in einem einzigen Foto gleichzeitig mehrere Gestaltungsmittel enthalten, das lässt sich nicht immer trennen. Trotzdem werden wir Ihnen im Folgenden die Bildgestaltungselemente einzeln vorstellen und auch später in den Workshops immer das zugrunde liegende Hauptgestaltungsmittel benennen.

Unsere Auswahl der Bildgestaltungselemente ist nicht allumfassend und auch nicht abschließend, sondern eben eine Auswahl. Sicher gibt es noch mehr Möglichkeiten, Fotos bewusst zu gestalten, doch die Bildgestaltungselemente, die wir Ihnen vorstellen, sind am geläufigsten und bekanntesten. Zur besseren Übersicht haben wir sie in vier Gruppen zusammengefasst:

Grafische Elemente

Bildaufbau

Mit der Kamera gestalten und

Bilddesign

Mit grafischen Elementen gestalten

Die grafischen Elemente Punkte, Linien und Flächen können gut für die Gestaltung von Fotos eingesetzt werden, um den Blick des Betrachters einzufangen und zu führen. Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten grafischen Elemente und Ihre Wirkungen auf den Bildbetrachter vor.

Einer oder mehrere Punkte

Wenn wir von Punkten reden, meinen wir nicht winzig kleine Pünktchen in der Größe von Nadelspitzen, sondern Bereiche im Bild, die sich durch ihre Farbe und Form gut von ihrer Bildumgebung abheben. Ein Punkt füllt im Foto zwar nur einen kleinen Bereich aus, ist also klein im Verhältnis zum Rest des Bildes, erregt aber die Aufmerksamkeit des Betrachters, wenn er sich gut vom Rest des Bildes abhebt, z. B. durch seine Farbe oder seine Helligkeit. Ein einzelner Punkt im Bild wirkt ruhig und hält den Blick des Betrachters fest. Mehrere Punkte werden übrigens, wenn sie dicht nebeneinander liegen, als Linie wahrgenommen.

Doch Vorsicht: So wie Sie durch einen bewusst gesetzten Punkt im Foto den Blick des Betrachters lenken können, tun dies unbeabsichtigte Punkte im Bild ebenfalls, z. B. ein Stück Papier, das sich mit aufs Foto geschlichen hat, oder ein heller Lichtfleck, der, einmal wahrgenommen, den Blick des Betrachters immer wieder vom Motiv wegzieht.


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Siehe Workshop „Ein einzelner Punkt fällt auf“.

Horizontale und vertikale Linien

Linien ziehen den Blick des Betrachters nicht nur an, sondern führen ihn zusätzlich durch das Bild. Dabei können Linien auf den Fotos durch verschiedene Weise entstehen, z. B. wenn das Motiv selbst wie eine Linie wirkt (z. B. Horizont, Bäume) oder als gedachte Linien durch einzelne nahe beieinanderliegende Bildelemente, z. B. wie weiter oben erwähnt einzelne Punkte.

Je nach ihrer Ausrichtung im Bild wirken Linien sehr unterschiedlich. Horizontale Linien vermitteln den Eindruck von Ruhe. Liegen mehrere horizontale Linien im


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Siehe Workshop „Vertikale Linien verwehren Durchgang“.

Bild hintereinander, bekommt das Foto räumliche Tiefe. Bei vertikalen, also senkrechten, Linien als Motiv können Sie gut bei der Aufnahme das Hochformat wählen. Mehrere vertikale Linien nebeneinander erwecken allerdings schnell den Eindruck einer Art Barriere oder eines Zaunes, bspw. mehrere Bäume nebeneinander, die den „Eintritt“ ins Bild erschweren (siehe Workshop „Vertikale Linien verwehren den Durchgang“). Ein weiteres Bildgestaltungsmittel mittels Linienführung ist der Fluchtpunkt (siehe „Gestalten beim Bildaufbau: Fluchtpunkt“).

Diagonalen

Sie haben die stärkste Dynamik unter den Linien. Bei Hoch- und Querformat unterscheiden sich die Diagonalen im Bild stark voneinander, da eine Diagonale im Hochformat natürlich sehr viel steiler ist als eine im Querformat. Eine von links unten nach rechts oben verlaufende Diagonale wirkt harmonisch. Eine Diagonale von links oben nach rechts unten abfallend dagegen lässt unseren Blick schnell aus dem Bild herausrutschen. Je nachdem, wie Sie die Diagonalen ins Bild legen, führen sie uns entweder hinauf oder hinab. Legen Sie zwei gegenläufige Diagonalen ins Bild, heben sich die beiden Linien in ihrer Dynamik auf, und das Bild wirkt wieder neutraler.

Kurven

Kurven sind nichts anderes als geschwungene Linien. Sie erscheinen aber weicher, oftmals natürlicher und fließend. Das Auge folgt dem Verlauf der Kurve oder der Kurven im Bild. Somit eignen sich Kurven bestens zur Blickführung des Betrachters. In der Natur finden Sie öfter Kurven, z. B. bei den übereinanderliegenden Blättern des Farns (siehe Workshop „Sanfte Kurven“).

Flächen

Hierzu zählen Kreise, Ovale, Dreiecke, Rechtecke und Quadrate. Auf die Dreiecke und die Kreise möchten wir kurz eingehen: Anders als Linien, die immer in bestimmte Richtungen zeigen und somit in mehr oder weniger dynamische Beziehung mit dem Bildrand treten, weist der Kreis in keine bestimmte Richtung. Sein Durchmesser ist an allen Stellen gleich, er wirkt geschlossen und stabil. Platzieren Sie einen Kreis im oberen Bereich des Fotos, wirkt er schwebend, weiter unten im Foto dagegen erscheint er schwer und träge.

Dreiecke bringen Ordnung ins Bild. Gedachte Dreiecke lassen sich leicht finden und fotografisch umsetzen. Denn zur gedanklichen Konstruktion eines Dreiecks benötigt der Fotograf nur drei Elemente im Bildausschnitt, die der Betrachter des Bildes später dann meist unbewusst durch imaginäre Linien miteinander verbindet.

Gestalten beim Bildaufbau

Ihre Möglichkeiten, den Bildaufbau interessant zu gestalten, sind vielfältig. Einige der bekanntesten Gestaltungselemente des Bildaufbaus sind sicherlich der Goldene Schnitt und der Fluchtpunkt. Doch auch mittels Kamerahöhe, Perspektive und Aufnahmestandort können Sie Ihre Fotos beeinflussen, Dinge im Foto hervorheben oder auch ausschließen. Ebenso machen wir Sie mit den Schlussfolgerungen, die sich aus den Gesetzen der Gestaltpsychologie für fotografische Bildgestaltung ergeben, vertraut. Und natürlich mit noch weiteren Aspekten, mit denen Sie Ihre Fotos bewusster gestalten und abwechslungsreicher machen können.

Perspektive und Standort

Die Wahl von Perspektive und Standort kann einen ziemlich großen Einfluss auf die Wirkung Ihrer Fotos haben. Oftmals werden Fotos vom ersten besten Standort gemacht und aus Augenhöhe des Fotografen. Häufig ist diese – abhängig vom Motiv – aber zu hoch oder zu niedrig für ein spannendes Foto. Denn spannend wird ein Foto beispielsweise immer dann, wenn wir Dinge einmal anders sehen als gewohnt. Und dies kann durch einen bewusst gewählten Standort und eine von der gewöhnlichen Sichtweise abweichende Aufnahmehöhe geschehen.

Verschiedene Standorte und Perspektiven vermitteln andere Eindrücke und auch andere Gefühle von dem, was man sieht. Für ausdrucksstarke Fotos ist es also wichtig, sich um das Motiv herumzubewegen, verschiedene Standorte auszuprobieren und die neue Sichtweise auf sich wirken zu lassen. Ebenso kann ein Schritt nach links oder rechts bewirken, dass störende Elemente von dem neuen Standort aus aufgenommen nicht mehr im Bildausschnitt auftauchen oder dass sich Überschneidungen vermeiden lassen (siehe Workshop „Maßarbeit: Es kommt auf Zentimeter an“).

Bei einer Perspektive mit Blick von oben (Vogelperspektive) auf kleine Dinge, z. B. kleine Kinder oder kleine Tiere, kann der Hintergrund – meist der Boden – viel zu dominant werden. Außerdem wird Ihr Motiv aus der Sicht von oben leicht zusammengedrückt, also nochmals verkleinert. Dagegen sind Straßenszenen – egal ob bei Tag oder bei Nacht – von oben betrachtet interessant. Eine Perspektive auf Augenhöhe wirkt bei Menschen natürlich und bei kleinen Tieren oftmals spannend und überraschend. Wenn Sie mit der Kamera nach unten gehen und eine niedrigere Perspektive wählen – die Froschperspektive –, wirkt Ihr Motiv größer, teilweise sogar bedrohlich durch die schräg nach oben gehaltene Kamera. Aber auch Straßen erscheinen durch diese sehr niedrige Aufnahmeperspektive ungewohnt und dadurch interessant (siehe Workshop „Froschperspektive auf der Straße“).


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WICHTIG: PERSPEKTIVE BEEINFLUSST HINTERGRUND!

Beachten Sie, dass die Wahl der Perspektive und des Standortes auch immer den Hintergrund mitbeeinflusst. Eine Veränderung ändert nicht nur die Wirkung des Motivs, sondern nimmt auch Einfluss auf Vorder- und Hintergrund. Ein Schritt nach rechts oder links bzw. eine veränderte Aufnahmehöhe können Wunder wirken. Denn wer kennt das nicht: das Foto, bei dem einer Person unbeabsichtigt ein Straßenschild oder ein Ast am Hinterkopf „herauswächst“.

Stürzende Linien

Sicher haben Sie schon mal von sogenannten „stürzenden Linien“ gehört. Diese entstehen immer dann, wenn die Kamera mit einem Weitwinkelobjektiv (siehe Kapitel „Objektivbrennweiten“) nicht parallel zur Aufnahmefläche – also beispielsweise nicht parallel zu einem Gebäude – gehalten wird. Und das passiert schnell, wenn das Gebäude nicht ganz aufs Bild passt und man die Kamera einfach etwas nach oben kippt, damit Dach oder Turmspitze mit aufs Bild kommen. Auf dem Foto sieht das Haus dann so aus, als würde es umfallen, und zwar deshalb, weil die senkrechten parallelen Linien des Hauses auf einen gemeinsamen Punkt zulaufen. In der Architekturfotografie möchte man diesen Effekt vermeiden. Aber man kann ihn auch ganz bewusst als Bildgestaltungselement einsetzen, nicht nur bei Gebäuden, sondern auch bei Personen oder Tieren. Der Effekt ist dynamisch, dramatisch, manchmal auch einfach nur lustig, je nach Stärke des Effektes und nach Motiv.

Symmetrien

Symmetrien werden oftmals als sehr ästhetisch und schön wahrgenommen. Man findet sie in Spiegelungen im Wasser, aber oftmals auch im Motiv selbst, z. B. in Kirchen, die spiegelsymmetrisch gebaut wurden, oder in Pflanzen. Symmetrien gliedern das Bild und bringen Ruhe und Ordnung hinein. Diese Ruhe kann aber auch schnell langweilig wirken. Beim Fotografieren von symmetrischen Motiven sollten Sie darauf achten, die Symmetrie einzuhalten oder das Motiv ganz bewusst asymmetrisch darzustellen. Denn nur ein bisschen von der Symmetrie abzuweichen wirkt schnell wie nachlässig aufgenommen.

Spiegelungen und Reflexionen

Wenn sich Ihnen die Gelegenheit bietet, beziehen Sie Spiegelungen und Reflexionen in Ihr Foto mit ein. Spiegelungen sind ein tolles Mittel der Bildgestaltung. Sie machen Fotos auf ganz eigene Art interessant. Sie finden sie im Wasser, an Fensterscheiben und auf metallischen Oberflächen. Gute Beispiele sind Fotos, in denen sich eine Landschaft, meist eine Berglandschaft, in einem ruhigen See spiegelt, und die Spiegelachse horizontal in der Mitte des Bildes liegt und das Bild symmetrisch aufbaut. Eine Variante ist, in leicht bewegten Gewässern nur die Spiegelung allein aufzunehmen, ohne das dazugehörende „Original“. Doch Spiegelungen können noch auf andere Weise Ihr Foto interessant gestalten, z. B. wenn sich Ihr Motiv in einer gebogenen Oberfläche leicht verzerrt spiegelt, wie in einem Spiegelkabinett auf der Kirmes (siehe Workshop „Spiegelung mit Wellenlinie“). Bei Regen können Sie übrigens Spiegelungen in Pfützen einfangen und bei Dunkelheit Straßen mit regennassen Fahrbahnen, in denen die Lichter der Schaufenster, Autos oder Straßenlaternen reflektiert werden.

Schatten

Durch Einbeziehen von Schatten, die Ihr Motiv wirft, haben Sie die Möglichkeit, mehr Räumlichkeit in Ihr zweidimensionales Foto hineinzugeben. Schatten doppeln in gewisser Weise Ihr abgebildetes Motiv. Und dies im Tagesverlauf je nach Lichtrichtung anders: Wenn Sie bei starker Mittagssonne fotografieren, fällt der Schatten fast senkrecht auf den Boden. Das kann bei bestimmten Motiven interessant wirken, z. B. bei einem nahe über den Boden fliegenden Vogel, dessen unter ihm liegender Schatten nun deutlich werden lässt, wie hoch oder besser wie niedrig der Vogel in Bezug zum Boden fliegt. Der Schatten gibt somit eine zusätzliche inhaltliche Information. Am Abend werden die Schatten, die das Sonnenlicht wirft, länger und verzerrter. Das kann zu lustigen Bildern führen, z. B. wenn Sie Ihren eigenen überdimensionalen Schatten kurz vor Sonnenuntergang aufnehmen. Achten Sie darauf, den Schatten nach Möglichkeit nicht anzuschneiden.

Goldener Schnitt

Der Goldene Schnitt ist eine mathematische Proportion, die seit der Antike bekannt ist. Bilder, bei denen das Hauptmotiv im Goldenen Schnitt liegt, werden als harmonisch wahrgenommen. Vielleicht, weil diese Proportion häufig auch in der Natur vorkommt.


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Schematische Darstellung des Goldenen Schnitts (grün) und der vereinfachten Drittelregel (rot).


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Schematische Darstellung der vier Schnittpunkte bei der Drittelregel.

Der Goldene Schnitt teilt bei Fotos die Bildfläche in bestimmte Größenverhältnisse auf. Dabei sind die entstandenen Flächen nicht gleich groß. Der Einfachheit halber kann man beim täglichen Fotografieren auf die etwas vereinfachte und fotografisch gut handhabbare Variante des Goldenen Schnitts zurückgreifen, auf die Drittelregel: Hier werden beide Seitenlängen, die lange Seite und auch die kurze Seite, jeweils in Drittel geteilt. Würde man hier Linien ziehen, also zwei senkrechte Linien und zwei waagerechte Linien, sollte das bildwichtige Motiv auf einem der Schnittpunkte der Linien liegen. Oder alter nativ entlang einer der gedachten Linien. Ein derart aufgebautes Foto wirkt ausgeglichen und harmonisch. Viele Kameras und Bildbearbeitungsprogramme bieten ein Raster, das Ihnen hilft, Ihre Motive gemäß der Drittelregel zu platzieren.

Motiv mal mittig

Häufig setzt man, selbst wenn man noch so viel Erfahrung hat, sein Motiv in die Mitte des Bildes. Klar, ist es doch meist das Wichtige, was man zeigen will! Aber ein mittig ins Foto gesetztes Motiv wirkt manchmal etwas langweilig. Meist, aber nicht immer, sollte man das Motiv etwas anders platzieren, z. B. gemäß der Drittelregel (siehe oben). Doch es gibt auch Motive, die gut in die Mitte des Bildausschnittes passen, z. B. symmetrische Motive. Denn die mittlere Bildposition betont stark die Symmetrie. Runde Motive, die in einem quadratischen Endformat mittig gesetzt sind, wirken in sich ruhend und stabil.

In Blickrichtung etwas mehr Platz lassen

Dieses Bildgestaltungselement ist eines der am einfachsten anzuwendenden Elemente. Lassen Sie Ihrem Motiv Platz in die Richtung, in die es schaut oder läuft. Achten Sie darauf, dass der Blick nicht durch den Bildrand eingeschränkt wird oder dass Ihr Motiv gleich gegen den Bildrand läuft. Denn der Blick des Betrachters folgt dem Blick des Motivs oder möchte sehen, wohin sich das Auto, das laufende Kind oder der Hund bewegt. Lassen Sie also Ihren Motiven nach „vorne“ genügend Platz. Hinter dem Motiv können Sie den Raum meist etwas enger fassen.

Fluchtpunkt

Gerade Linien, die in der Realität parallel zueinander laufen, treffen sich in der Ferne in einem gemeinsamen Punkt, dem Fluchtpunkt. Der Fluchtpunkt kann dabei innerhalb oder außerhalb des Fotos liegen. Mithilfe eines Fluchtpunkts oder mehrerer Fluchtpunkte vergrößert man die perspektivische Wirkung und somit die Dreidimensionalität des Fotos. Eines Fotos, das ja eigentlich – als Papierausdruck oder auch auf dem Bildschirm – nur zwei Dimensionen aufweist, nämlich Höhe und Breite.


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Siehe Workshop „Fluchtpunkt im Zentrum des Bildes“.

Anschnitt

Ein wichtiger Teil der Bildgestaltung beginnt bei der Aufnahme durch die Wahl des Bildausschnitts bzw. des Bildanschnitts. Die Frage dahinter: Soll das Motiv ganz abgelichtet oder beherzt angeschnitten werden? Angeschnittene Motive können beim Betrachter ein Gefühl der Nähe erzeugen. Sie können ihn aber auch zum Nachdenken anregen, wie das Bild der kräftig angeschnittenen Möwe (siehe Workshop „Beherzt anschneiden“). Hier hätten viele zunächst auf eine Taube getippt, nur die Schwimmhäute zwischen den Zehen geben dem aufmerksamen Betrachter Aufschluss über die wahre Identität des Motivs. Allgemein sollte der Anschnitt bei der Aufnahme aber immer so erfolgen, dass es gewollt aussieht und nicht, als hätte man es nicht geschafft, das Motiv ganz aufs Bild zu bringen. Das ist bei statischen Motiven noch recht einfach, kann bei sich bewegenden Motiven allerdings schwieriger sein.

Gesetze der Gestaltpsychologie

Die Gestaltpsychologie widmete sich in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts der menschlichen Wahrnehmung. Man ging der Frage nach, warum etwas als Einheit (Gestalt) wahrgenommen wird und anderes nicht. Anders ausgedrückt: Warum wird das eine als Figur wahrgenommen und das andere als Hintergrund, und wovon hängt es ab, wie schnell man eine Figur erkennt? Die von den Gestaltpsychologen formulierten Gesetze finden auch heute noch Beachtung in der Werbung. Und sie eignen sich bestens zur Gestaltung Ihrer Fotos. So besagt z. B. das Gesetz der Prägnanz, dass wir Gebilde in ihrer einfachsten Form wahrnehmen. Diese Tendenz zeigt sich darin, dass wir ein Objekt als rund, rechteckig oder dreieckig auffassen, auch wenn das Gebilde diesen Formen nur grob entspricht. Eine unvollständige Gestalt wird entsprechend gedanklich ergänzt (siehe Workshop „Kreis oder gebogene Linien im Sand“).

Das Gesetz von Figur und Grund besagt, dass die menschliche Wahrnehmung optische Sinneseindrücke in Figur und Hintergrund ordnet. Stellen Sie sich einfach eine Person vor, die in einem roten Overall vor einer grünen Hecke steht. Die Hecke wird zum Hintergrund, und die Figur hebt sich gut von ihr ab. Kritisch wird es für die Wahrnehmung, wenn die Unterscheidung von Figur und Hintergrund nicht eindeutig ist. Das wäre der Fall, wenn die Person einen grünen Overall tragen würde anstelle des roten. Wenn Sie also die Betrachter Ihrer Fotos nicht verwirren wollen, achten Sie darauf, dass sich Ihr Motiv gut von seiner Umgebung abhebt.

Das Gesetz der Nähe und das Gesetz der Ähnlichkeit besagen, dass Dinge, die nahe beieinanderstehen, als zusammengehörend wahrgenommen werden. Und dass Dinge, die in ihrer Form, Farbe, Größe oder Bewegungsrichtung ähnlich sind, ebenfalls als zusammengehörend aufgefasst werde. Je größer die Nähe oder die Ähnlichkeit, desto stärker die Gruppierungstendenz. Ein schönes Beispiel dazu finden Sie im Motiv der zwei balzenden Möwen im Workshop „Was zusammengehört“.

Mit der Kamera gestalten

Mit den Möglichkeiten, die die Kamera selbst bietet, kann man direkt bei der Aufnahme bildgestalterisch tätig werden. Einige der vielen Tricks, die Ihre Kamera in Sachen Bildgestaltung auf Lager hat, möchten wir Ihnen im Folgenden vorstellen. Diese und noch weitere Möglichkeiten, mit der Kamera zu gestalten, zeigen wir Ihnen natürlich auch mit Bildbeispielen im Workshop.

Bildformate

Der Löwenanteil aller Fotos wird sicher im Querformat gemacht. Die Frage, ob sich das gewählte Motiv nicht besser für das Hochformat eignet, wird oftmals nicht gestellt. Die Anwendung des Querformats geschieht meist ohne vorherige Überlegung, einfach aus der Gewohnheit heraus. Und natürlich auch, da es bequemer ist, die Kamera bei der Aufnahme im Querformat zu halten als im Hochformat, bei dem man erst mal wieder überlegen muss, wo sich eigentlich in dieser Position jetzt Auslöser und andere Bedienelemente befinden. Doch mit der Wahl des Formats – ob quer oder hoch – können Sie die Bildwirkung verstärken. Es ist somit eines der einfachsten Mittel der Bildgestaltung.

Querformat

Das Querformat entspricht unserer natürlichen Sehweise. Auch deshalb wird die Kamera meist ganz automatisch so in die Hand genommen, dass sie die Bilder im Querformat aufnimmt. Es vermittelt Ruhe und Stille und eignet sich für viele Aufnahmen. Häufig wird es für Landschaftsaufnahmen genommen, da das Querformat waagerechte Linien wie den Horizont betont.

Hochformat

Dieses Format ist bildgestalterisch schon deshalb interessant, weil es nicht unseren normalen und natürlichen Seheindrücken entspricht. Das Hochformat wirkt beim Betrachten des Fotos zunächst einmal anders und ungewohnt, gleichzeitig aber auch dynamisch. Es eignet sich gut für viele vertikal ausgerichtete Motive wie Blumen, Menschen, aufgerichtete Tiere, Bäume und Ähnliches.

Quadrat

Bei den wenigsten Kameras können Sie das quadratische Bildformat von vornherein einstellen. In der Regel müssen Sie es im Nachhinein mit einem Bildbearbeitungsprogramm am Computer zuschneiden. Trotzdem wollen wir es Ihnen als Formatmöglichkeit nicht vorenthalten.

Das quadratische Format wirkt ausgeglichen und stabil. Ins Quadrat passen sehr gut kompakte oder auch runde Motive.

Extreme Bildformate

Mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen oder durch Beschneiden des Papierabzugs lassen sich praktisch alle beliebigen Formate herausarbeiten, z. B. ein extrem schmales Hochformat oder ein extrem schmales Querformat. Denken Sie daran, dass das Format immer die Bildaussage unterstützen soll. Im Workshop stellen wir Ihnen ein lustiges schmales Querformat vor, bei dem ein Junge, der durch eine Spielröhre krabbelt, an den Enden der Röhre mit dem Kopf und den Füßen herausschaut (siehe Workshop „Ist der aber lang …“).


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Siehe Workshop „Ist der aber lang

Belichtungszeiten

Die Belichtungszeit Ihrer Kamera ist ein wunderbares Mittel, um bildgestalterisch mit dem Thema Bewegung umzugehen. Je nachdem, ob Sie Bewegung so abbilden möchten, dass Ihr Motiv quasi „eingefroren“ und in der Bewegung erstarrt wirkt, oder ob Sie die Bewegung des Motivs als leichten Wischer, z. B. des Fußes, ablichten möchten: Der Schlüssel liegt in der Länge der Belichtungszeit.

Die meisten versuchen so zu fotografieren, dass das Motiv auf dem Foto scharf abgebildet ist und keine Bewegungsunschärfen zu sehen sind. Sei es, dass sich Personen für ein Foto still hinstellen oder dass der Hund für ein Porträt zum Sitzen aufgefordert wird. Doch haben Sie schon einmal versucht, Motive, die sich bewegen, so aufzunehmen, dass die Bewegung sichtbar wird? Wenn Sie ein sich bewegendes Objekt „einfrieren“, also so ablichten möchten, dass es in seiner Bewegung erstarrt auf dem Foto erscheint, benötigen Sie eine kurze Belichtungszeit. Wollen Sie die Bewegung auf dem Foto als Bewegung sichtbar werden lassen, benötigen Sie eine etwas längere Belichtungszeit. Die verwischte Bewegung eines Fußes, der vielleicht auch etwas Sand aufwirbelt, genügt, um zu zeigen, dass Ihr Motiv eigentlich in Bewegung ist.

Eine andere Variante, die Belichtungszeit als Bildgestaltungselement zu nutzen, ist, die Belichtungszeit so zu wählen, dass Sie bei einem sich bewegenden Motiv die Kamera in die Bewegungsrichtung des Motivs mitziehen können.

Oder Sie können einfach während der Belichtungszeit die Brennweite Ihres Zoomobjektivs verändern. Mehr zum Thema Belichtungszeit finden Sie im Kapitel „Mit der Kamera per Du: Belichtungszeit“ und natürlich im Workshop, der Ihnen Anregungen zum unterschiedlichen Einsetzen der Belichtungszeit als Bildgestaltungselement gibt (siehe Workshop „Länger belichten zeigt Bewegung“ sowie „Belichtungszeit ganz kurz“).

Unterbelichten

Nutzen Sie eine Gegenlichtsituation, in der sich Ihr Motiv im Gegenlicht befindet und daher ohne gezieltes Überbelichten oder ohne Aufhellblitz zu dunkel abgebildet werden würde, um bewusst das Gegenteil zu erreichen – nämlich das Motiv noch etwas mehr unterzubelichten, sodass es auf dem Foto als fast schon schwarzer „Scherenschnitt“ erscheint. Bei Motiven, die eine interessante Form haben, kann dies zu reizvollen Ergebnissen führen.

Selektive Schärfentiefe

Scharf fokussierte Bilder sind der Standard der Fotografie. Unscharfe Bilder werden in der Regel weggeworfen oder gleich an der Kamera gelöscht. Arbeitet man aber bewusst mit selektiver Schärfentiefe als Gestaltungsmittel, so hat man die Wahl, worauf man die Schärfe präzise legen möchte. Der Effekt bei Aufnahmen mit unterschiedlichen Fokussierungen ist, dass der Blick des Betrachters gezielt auf bestimmte Bildteile gelenkt wird. Ziemlich bekannt hierfür sind Fotos von Tiergruppen, in denen die Schärfe gezielt (selektiv) auf ein einzelnes Tier in der Gruppe gelegt wird. Eine geringe Schärfentiefe wird beispielsweise begünstigt durch einen kleinen Blendenwert (z. B. ƒ2,8 oder ƒ4), eine große Objektiv-Brennweite (z. B. 300 mm) und durch einen geringen Abstand zum Motiv. Weitere Infos zur „Schärfentiefe“ finden Sie im Kapitel „Mit der Kamera per Du: Schärfentiefe im Bild“.

Unschärfe

Unschärfe gezielt einzusetzen hört sich für viele sicher erst einmal etwas ungewohnt an, und nicht jedem gefallen Aufnahmen, in denen Unschärfe das Bild beherrscht. Aber probieren Sie es ruhig einmal aus, Sie werden überrascht sein! Wenn Sie während der Aufnahme die Kamera leicht nach oben kippen, zur Seite schwenken oder drehen, lösen sich die Formen Ihres Fotomotivs weitestgehend auf, und es dominieren die Farben und die durch die Bewegung der Kamera entstehenden Bewegungsstreifen. Derart gestaltete Fotos erinnern eher an ein mit nassen Farben verwischtes Gemäldes als an ein Foto.


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Siehe Workshop „Vorsicht, schräg!“.

Gestalten mit Elementen des Bilddesigns

Das Bilddesign folgt allgemeinen Regeln, das heißt, die Wirkung, die Sie durch den Einsatz einzelner Farben, verschiedener Lichtrichtungen, der Lichtart oder durch Kontraste beim Betrachter erzielen, ist weitestgehend unabhängig von Ihrem eigenen persönlichen Geschmack oder dem des Betrachters. Wenn Sie die Elemente des Bilddesigns – also Licht, Farbe, Kontrast – kennen, haben Sie einen weiteren Zugang zur interessanten Gestaltung Ihrer Fotos gefunden.

Farben

Farben und ihre Mengenanteile im Foto sind ein wichtiges Bildgestaltungsmittel. Verschiedene Farben wirken auf unterschiedliche Weise auf den Betrachter. Sie rufen Assoziationen und Gefühle hervor. Doch ganz so eindeutig ist es nicht. Die Aussagen, was welche Farben beim Betrachter bewirken, sind nur Tendenzen. Denn die Wirkung von Farben ist nicht bei allen Menschen gleich. Sie hängt im hohen Maße vom Kulturkreis, Lebensalter, Geschlecht und auch von persönlichen Erfahrungen ab. Somit kann die gleiche Farbe unterschiedliche Gefühle oder Gedanken erzeugen. Beispielsweise sind in unterschiedlichen Kulturen Farbassoziationen verschieden, da unterschiedliche traditionelle und kulturelle Erfahrungen vorliegen. So ist Grün für Europäer eng verbunden mit „Natur“ und „Landschaft“, für Wüstenvölker jedoch nicht. Hier ist sie die Farbe des Paradieses. Spricht man in Deutschland von jemandem, der „blau“ ist, so denkt man sofort an einen, der zu viel Alkohol getrunken hat. Ein „blauer“ Engländer dagegen ist in einer melancholischen Stimmung.

Hier einige allgemeine Zuschreibungen zu den Farben Rot, Grün, Blau und Gelb: Rot ist eine warme, sehr intensive und auffällige Farbe. Symbolisch werden ihr Feuer, Liebe und Leidenschaft, aber auch Gefahr zugeordnet. Nicht umsonst sind viele Verkehrszeichen mit Rot umrandet. Grün ist natürlich und frisch, aber auch unreif. Die Farbe Grün steht symbolisch für Natur, Leben und Hoffnung, aber auch für Unreife. Blau ist tendenziell kühl und tritt etwas in den Hintergrund im Vergleich zu Rot und Gelb. Es symbolisiert Sehnsucht, Wasser und Weite. Gelb dagegen ist hell, leicht und freundlich und steht für Licht und Sonne, symbolisiert aber auch Neid.

Kräftige Farben und gedeckte Farben

Kräftige, grelle Farben ziehen den Blick des Betrachters an. Wenn Sie also in einem ansonsten aus eher ruhigen und gedeckten Farben aufgebauten Bild ein Motivelement mit kräftiger Farbe einbauen, wird dieses die Aufmerksamkeit des Betrachters magisch anziehen. Bilder, die ausschließlich aus sehr ähnlichen Farbtönen aufgebaut sind, wirken ruhig und harmonisch, besonders bei dunklen, gedeckten Farbtönen oder bei pastellartigen Farben. Allerdings kann es dadurch passieren, dass sich durch die farbliche Ähnlichkeit Motiv und Hintergrund nicht mehr so gut voneinander trennen. Dies kann Fotos aber auch wieder interessant machen, z. B. bei einer auf steinigem Hintergrund kaum erkennbaren Heuschrecke oder wie das im Workshop „Gut getarnt in gedeckten Farben“ in der Suhle liegende Wildschwein.


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Siehe Workshop „Sehnsucht in Blau“.

Schwarz-Weiß (S/W)

Da in der Schwarz-Weiß-Fotografie das Bildgestaltungselement Farbe fehlt, lebt das S/W-Foto vor allem durch die Umsetzung verschiedener Farben in ihre einzelnen Graustufen. Die Farben Rot und Grün sowie Blau und Gelb, die in der Farbfotografie von ihrem farblichen Kontrast leben, ergeben ohne den Einsatz richtiger Filter oftmals den nahezu gleichen Grauwert. Der Spannung erzeugende Kontrast ist gemindert oder geht völlig verloren. Dies kann so weit gehen, dass sich das eigentliche Motiv bei gleichem Grauwert nicht von seiner Umgebung abhebt und vom Betrachter des Fotos nicht erkannt wird. Das Arbeiten mit Farbfiltern ist hier unerlässlich.

In der analogen Fotografie wurden Filter während der Aufnahme verwendet. Dabei war zu beachten, dass immer die Farbanteile der Aufnahme heller wurden, deren Farbe der Filter hatte. Die komplementäre Farbe wurde dunkler. Ein gelb-oranger Filter machte beispielsweise bei einer Landschaftsaufnahme das Gelb eines Rapsfeldes sehr hell und das Blau des Himmels sehr dunkel. In der digitalen Fotografie wird in der Regel erst nach der Aufnahme mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms am Computer gefiltert, und Kontraste werden dadurch verstärkt. Hierzu müssen die Fotos aber unbedingt in Farbe aufgenommen werden, da das Bildbearbeitungsprogramm sonst keine Information hat, an welchen Stellen des Bildes es den Kontrast verändern soll. Interessant für alle, die sich nicht so sehr für Bildbearbeitung am Computer begeistern können: Einige digitale Kameras besitzen Filterfunktionen direkt in der Kamera, sodass man – ähnlich wie früher – direkt bei der Aufnahme filtern kann.

Muster und Strukturen

Muster basieren auf Wiederholungen, also auf wiederkehrenden Elementen im Bild, die regelmäßig angeordnet sind. Sie füllen das gesamte Foto aus. Dadurch erscheint es dem Betrachter, als würde sich das Muster noch über den Bildrand hinaus fortsetzen, das Bild also eigentlich einen Ausschnitt eines viel größeren Ganzen darstellen. Muster werden im Allgemeinen als schön empfunden, da sie das Foto ordnen und dadurch beruhigen. Von Struktur kann man sprechen, wenn die Oberfläche des Motivs nicht glatt ist. Beim Betrachten von Bildern, die Strukturen zeigen, wird der Tastsinn des Betrachters angesprochen, und er kann fast schon spüren, wie sich das Objekt anfühlen würde, wenn er es mit den Fingern berührte, z. B. die rauen Seile im Workshop „Fast fühlbar“.

Indirektes Licht, direktes Licht und Lichtrichtung

Der bewusste Einsatz von Licht ist ein wichtiges Mittel zur Bildgestaltung und beeinflusst die Wirkung Ihrer Fotos in hohem Maße. Je nachdem, ob es sich um indirektes oder direktes Licht handelt und von welcher Seite Ihr Motiv von einer Lichtquelle angeleuchtet wird, erscheint es im sprichwörtlichen Sinne „in einem anderen Licht“. Bei direktem Licht trifft das Licht der Lichtquelle direkt auf das Motiv. Bei indirektem Licht trifft das Licht zunächst auf ein anderes Objekt (z. B. eine weiße Wand oder auf den bewölkten Himmel) und wird von da aus auf das Motiv reflektiert oder gestreut. Indirektes Licht ist in der Regel weicher als direktes Licht, wodurch das Fotomotiv gleichmäßiger ausgeleuchtet wird und Schatten minimiert werden.

Fällt direktes Licht frontal auf Ihr Motiv, wird dieses praktisch schattenlos ausgeleuchtet. Das Motiv verliert weitestgehend seine Dreidimensionalität und wirkt flach.

Fällt das Licht direkt von oben auf das Objekt, spricht man gerne von „Mittagslicht“. Dieses ist oftmals ungeeignet für stimmungsvolle Aufnahmen. Licht von unten wirkt häufig dramatisch und unheimlich. Es ist auf jeden Fall ungewohnt, da wir durch die Sonne gewohnt sind, dass das Licht von oben oder von der Seite auf das Motiv fällt.

Fällt das Licht von hinten auf Ihr Motiv, handelt es sich vom Fotografen aus gesehen um Gegenlicht. In dieser Lichtsituation kann es schnell zur Unterbelichtung Ihres Motivs kommen. Das Fotomotiv muss also von vorne aufgehellt werden. Bei Gegenlicht ergeben sich aber oftmals schöne Effekte, z. B. Lichtsäume am Motiv. Und bei lichtdurchlässigen Objekten, z. B. Blättern, werden deren Strukturen durchleuchtet und hervorgehoben.

Bei Licht von der Seite, sogenanntem Streiflicht, kann durch den Schattenwurf des Motivs eine räumliche Tiefe im Foto erzeugt werden. Zudem werden so Oberflächenstrukturen des Motivs hervorgehoben, da durch den Schatten die vorhandenen Strukturen betont werden und im Bild plastischer erscheinen.

Mischlicht

Wenn Sie auf einem Foto gleichzeitig Tageslicht und Kunstlicht einfangen, ergibt sich eine ganz besondere Stimmung, in der zuerst das Tageslicht und später dann bei stärkerer Dunkelheit das Kunstlicht im Foto dominieren. Am einfachsten kommen Sie zu Mischlichtstimmungen, wenn Sie bei Dämmerung mit Kunstlicht beleuchtete Objekte oder Straßenlaternen fotografieren (siehe Workshop „Mischlicht zur blauen Stunde“).


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Siehe Workshop „Auflicht kann auch spannend sein“.

Kontraste

Mit Kontrasten können Sie Spannungen in Ihren Fotos erzeugen. Je größer der Kontrast, desto stärker wird die erzeugte Spannung wahrgenommen. Kontraste können vielgestaltig sein: Farbkontraste, wenn Sie z. B. komplementäre Farben wie Gelb/Blau oder Rot/Grün im Bild nebeneinander haben. Helligkeitskontraste, wenn sich Motiv und Hintergrund in der Helligkeit unterscheiden und sich das Motiv dadurch gut vom Hintergrund abhebt. Schärfekontrast, wenn Sie durch gezieltes Fokussieren und bewusste Blendenwahl nur einen kleinen Bereich im Bild scharf erscheinen lassen und der Rest in einem Unschärfenebel verschwindet. Daneben gibt es noch Materialkontraste, Strukturkontraste, Größenkontraste und natürlich auch inhaltliche Kontraste, z. B. Alt/Neu, die Fotos mehr Spannung geben können.

LOS GEHT’S: VORBEREITUNGEN

Bevor Sie auf Fototour gehen, sollten Sie auf jeden Fall Ihre Kameraausrüstung überprüfen, ob Sie alles dabei haben, was Sie vielleicht brauchen werden, und natürlich auch, ob alles funktioniert. Und wenn Sie gezielt einige Bildgestaltungselemente auf Ihrer Fototour ausprobieren möchten, machen Sie sich einen kleinen Spickzettel, der Ihnen in Kurzform einen Überblick darüber gibt, was Sie gerne umsetzen möchten.

Alles dabei? Kameraausrüstung und Ausrüstungs-Check

Die nachfolgende Checkliste zur Kameraausrüstung zeigt, was Sie auf Ihren Fotoausflug mitnehmen könnten, wenn Sie einfach mal einige Bildgestaltungselemente ausprobieren möchten. Keine Angst, Sie müssen nicht alles davon besitzen. Das Thema Bildgestaltung ist in vielen Bereichen unabhängig von Ihrer Fotoausrüstung. Deshalb: Verstehen Sie die in der Checkliste aufgeführten Ausrüstungs-gegenstände als eine Übersicht von Equipment, das Ihnen ermöglicht, alle im Buch genannten Bildgestaltungsmöglichkeiten auszuprobieren, aber nicht als notwendige Voraussetzung, um sich dem Thema Bildgestaltung zu nähern.

CHECKLISTE: KAMERAAUSRÜSTUNG

Fotoapparat

Objektive (zwei bis drei Objektive, z. B. Zoomobjektiv 70–200 mm und Normalobjektiv)

voll geladener Akku (plus Ersatzakku)

Ladegerät für die Akkus (vielleicht haben Sie unterwegs die Möglichkeit, den Akku wieder aufzuladen)

evtl. Stativ (Schnellspannkupplung nicht vergessen)

Rucksack (groß genug für Fotozubehör sowie Essen und Trinken)

UV-Schutzfilter

Streulichtblende

Regenschutzhülle für die Kamera

Speicherkarten (unbedingt vorher ausprobieren!)

Bedienungsanleitung für Ihre Kamera

Ausrüstungs-Check: Bevor Sie jetzt voller Energie und Vorfreude losgehen, denken Sie bitte an den Ausrüstungs-Check, also daran, Ihre Kameraausrüstung noch einmal genau auf ihre Funktionsfähigkeit zu testen. Nichts ist ärgerlicher, als wenn man erst beim Fotografieren feststellt, dass etwas nicht funktioniert. Ob eine kaputte Speicherkarte oder ein leerer Akku (wenn’s schlimm kommt vielleicht der einzige, den man mitgenommen hat) – schon ein einziges defektes Teil kann die ganze Fototour lahmlegen. Also besser vorher noch einmal testen, ob Kamera, Objektive und die restliche Kameraausrüstung einwandfrei funktionieren.

Spickzettel zur Bildgestaltung: So wie im nachfolgenden Kasten dargestellt, könnte Ihr persönlicher Spickzettel der Bildgestaltungselemente, die Sie in Zukunft fotografisch umsetzen möchten, aussehen. Überlegen Sie, welche der im vorherigen Kapitel vorgestellten Bildgestaltungselemente Sie am meisten interessieren, und notieren Sie sich diese auf einem kleinen Spickzettel. Am besten, Sie machen sich auch einige Stichpunkte zu jedem Bildgestaltungselement, die Sie daran erinnern, worum es jeweils genau geht. Doch gehen Sie nicht mit dem Anspruch auf Fototour, alles auf einmal auszuprobieren. Überlegen Sie sich besser vorher, welche zwei oder drei Elemente Sie von Ihrer Liste umsetzen möchten. Nehmen Sie lieber weniger Themen und bearbeiten Sie diese dafür intensiver.

Autor

  • Fotoschule des Sehens (Herausgeber:in)

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Titel: Grundlagen Bildgestaltung