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Knigge für jeden Tag

von Barbara Kleber (Autor:in)
280 Seiten

Zusammenfassung

Gutes Benehmen und souveränes Auftreten können Sie lernen! Am Arbeitsplatz, auf privaten Festen oder beim Geschäftsessen: Überall gilt es wichtige Etikette-Regeln zu beachten. Mit Knigge für jeden Tag meistern Sie alle privaten und beruflichen Situationen souverän und zeitgemäß.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Gutes Benehmen ist in! Das zwischenmenschliche Miteinander ist schon schwierig genug und muss nicht noch durch schlechte Umgangsformen weiter verkompliziert werden. Mit Freundlichkeit ist einfach mehr zu erreichen als mit Muskelspielen und Einsatz der Ellbogen. Seminare zum Thema „Gutes Benehmen“ erfreuen sich großer Beliebtheit. Mittlerweile gibt es auch spezielle Angebote für Kinder, die sich zumeist mit Tischsitten beschäftigen.

Dabei berührt dieses Thema die gesamte Verhaltensbreite: Es reicht vom täglichen Umgang miteinander im Berufs- und Privatleben über die gepflegte Konversation bis zu Tischmanieren. Bedenkt man, dass in anderen Ländern andere Gebräuche und Werte gelten, wird das Thema durch die Gepflogenheiten in diesen Kulturkreisen noch erweitert.

Gutes Benehmen ist aber auch karrierefördernd. Wer die Regeln kennt, kann souveräner mit verschiedenen Situationen umgehen und wird selbstsicherer. Wer selbstsicher auftritt, wird eher die Sprossen der Karriereleiter erklimmen als ein anderer, der kein Fettnäpfchen auslässt. Jemand, der sich wertschätzend und respektvoll gegenüber seinen Mitmenschen verhält, genießt mehr Respekt und Achtung als der skrupellose Karrierist, der über Leichen geht.

Ein Blick über den Tellerrand hinaus erlaubt dabei das letzte Kapitel „Ist kulturelles Verhalten lernbar?“. Hierzu konnte die interkulturelle Expertin Dr. Béatrice Hecht-El Minshawi gewonnen werden. An dieser Stelle möchte ich mich für dieses aussagekräftige Interview bedanken, das sich so spannend wie ein Krimi lesen lässt.

Schnell & sicher: So kommen Sie am besten durchs Buch

Mit dem Kauf dieses Ratgebers wollen Sie wahrscheinlich entweder in Ihrem Verhalten bestätigt werden oder Sie suchen Antworten für ganz bestimmte berufliche oder private Situationen. Das umfassende Inhaltsverzeichnis wird Ihnen dabei die Auswahl erleichtern. Am Ende eines jeden Kapitels finden sich „Check-ups“ – als konkrete Tipps für Dos und Don’ts zu den Inhalten der Kapitel. Sie bieten eine Kurzübersicht zu den wichtigsten Regeln. Ein Register am Schluss des Buches führt Sie ebenso rasch zu den Antworten.

Relevante Hinweise sind zudem jeweils mit einem Raster hinterlegt und weisen Sie auf gut nachvollziehbare Aussagen hin.

Viel Spaß und Erfolg
Ihre Barbara Kleber

Testen Sie Ihren aktuellen Wissensstand!

Neugierig? Dann testen Sie sich selbst. Mit den folgenden zwölf Fragen können Sie die ersten Benimmregeln prüfen. Die richtigen Antworten finden Sie im Anhang am Ende des Buches.

1. Wie lautet die korrekte mündliche Anrede für einen Herrn Dr. Graf Lambsdorff?

a) Guten Tag, Herr Graf Lambsdorff.

b) Guten Tag, Dr. Graf Lambsdorff.

c) Guten Tag, Herr Dr. Graf Lambsdorff.

2. Wie lautet die korrekte Anschrift für ein Ehepaar in einem Brief?

a) Herrn und Frau Reiner Muster.

b) An das Ehepaar Reiner Muster.

c) Herrn Reiner Muster und Frau Susanne Muster.

3. Welche Regel stimmt bei der Begrüßung im beruflichen Umfeld?

a) Frauen stehen auf wie die Herren.

b) Frauen bleiben grundsätzlich sitzen.

c) Frauen bleiben sitzen, es sei denn, eine bedeutend ältere Dame reicht ihr die Hand.

4. Welche Regel gilt für den Umgang mit SMS, wenn andere Personen dabei sind?

a) Der Absender bekommt umgehend Antwort.

b) Gleich lesen – später beantworten.

c) Weder lesen noch schreiben.

5. Wie werden Visitenkarten entgegengenommen?

a) Erst lesen, kurz kommentieren – dann einstecken.

b) Gleich einstecken.

c) Wortlos lesen – dann einstecken.

6. Welche Aussage über Business-Hemden ist richtig?

a) Im Sommer können die Herren kurzärmelige Hemden zum Anzug tragen.

b) Ein Business-Hemd ist immer langärmelig.

c) Zum Button-down trägt man eine Krawatte.

7. Welche Knöpfe werden bei einem Drei-Knopf-Sakko geschlossen?

a) Die beiden oberen oder nur der mittlere Knopf.

b) Alle Knöpfe werden geschlossen.

c) Nur der untere Knopf.

8. Welche Speisen dürfen Sie mit der Hand essen?

a) Geflügel.

b) Spareribs.

c) Spargel.

9. Wie essen Sie das Beilagenbrot?

a) Brot wird in mundgerechte Stücke gebrochen.

b) Mit Messer und Gabel.

c) Aus der Hand von der Scheibe abbeißen.

10. Wer verkostet den bestellten Wein?

a) Grundsätzlich ein Mann.

b) Der Ehrengast.

c) Wer bestellt hat.

11. Wo legen Sie nach dem Essen die Serviette ab?

a) Auf dem Teller.

b) Rechts neben dem Teller.

c) Links neben dem Teller.

12. Zwei bekannte Paare treffen sich auf der Straße. Wie begrüßen sie sich richtig mit Handschlag?

a) Erst die Herren, dann die Herren die Damen, dann die Damen.

b) Dafür gibt es keine Regel.

c) Erst die Damen, dann die Damen die Herren, dann die Herren.

Konnten Sie jede Frage auf Anhieb beantworten? Herzlichen Glückwunsch! Mussten Sie über einzelne Fragen länger nachdenken oder sind dabei zu keinem Ergebnis gekommen, dann lesen Sie einfach weiter.

Gutes Benehmen – was ist das?

Gutes Benehmen erleichtert den Umgang miteinander. Dabei geht es nicht um altmodische Regeln, die steif zur Anwendung kommen. Gutes Benehmen kann auch nicht auf die Regeln von Stil und Etikette reduziert werden. Zeitgemäße Umgangsformen sind vor allem geprägt durch einen achtsamen Umgang mit den Mitmenschen. Wer anderen Respekt und Wertschätzung zollt, hat es im beruflichen Alltag und im privaten Umfeld leichter.

Was von Knigge bleibt

„Knigge lässt grüßen!“, wer hat es nicht schon mal gehört. „Knigge“ ist zum geflügelten Wort geworden, wenn es ums gute Benehmen, um Stil und Etikette geht. Knigge ist sozusagen der Urvater unserer Benimmregeln.

Adolph Freiherr von Knigge (1752 bis 1796) hat uns ein berühmtes Buch hinterlassen. Es trägt bezeichnenderweise den Titel Über den Umgang mit Menschen und wurde bereits 1788 veröffentlicht. Knigge vermittelt darin praktische Lebensregeln, die seiner Zeit entsprachen. Geblieben davon ist die Achtung vor dem Mitmenschen, die Pflicht sich gegenüber jedermann höflich und anerkennend zu verhalten. In diesem Punkt kann Knigge gar nicht veralten, diese Empfehlung gilt heute wie 1788.

Viele seiner Empfehlungen sind aber inzwischen überholt und reichen für unsere modernen Gegebenheiten nicht mehr aus. Knigge wusste nichts von klingelnden Handys in Restaurants oder dem Gebrauch der Visitenkarte.

Viel wichtiger als die Anwendung von Regeln und Normen im Umgang miteinander ist die Haltung, die wir zu Mitmenschen haben. Sie soll Herzlichkeit, Freundlichkeit, Feingefühl und Takt vermitteln. Das sind – verbunden mit dem eigenen persönlichen Stil – die Eckwerte für gutes Benehmen, auch und gerade in unserer hektischen schnelllebigen Zeit. Leben wir diese wirklich, verzeiht man uns auch den Griff zum falschen Besteck eher.

Gutes Benehmen ist immer an Rücksichtnahme und Achtung gegenüber den Mitmenschen gebunden. Dabei spielt die eigene Persönlichkeit die entscheidende Rolle. Gutes Benehmen muss zum Wesen der Person passen, sonst wirkt es künstlich und aufgesetzt, vielleicht sogar unehrlich.

Übertrieben devote Manieren sind nicht mehr zeitgemäß. Natürlichkeit ist gefragt. Situationsgerechtes Verhalten verschafft uns Sympathien. Das heißt aber auch, dass die modernen Benimmregeln nicht dogmatisch angewandt werden können. Wenn Sie sich in einer bestimmten Situation anders verhalten wollen, als die Regeln es eigentlich vorsehen, können Sie heute Ihrer Intuition folgen.

Wer die Regeln kennt, kann sie hin und wieder auch lockerer handhaben. Wer dagegen nicht weiß, wie man sich korrekt verhält, wird sich unsicher fühlen und auch auf andere so wirken.

Die drei Knigge-Grundsätze guten Benehmens behalten – unabhängig von den Veränderungen in der Gesellschaft – ihre Gültigkeit:

1. Ich denke von Dir, wie ich wünsche, dass Du von mir denkst.

2. Ich spreche von Dir, wie ich wünsche, dass Du von mir sprichst.

3. Ich handle Dir gegenüber so, wie ich wünsche, dass Du es mir gegenüber tust.

Wenn wir unser Verhalten und Handeln an diesen Grundsätzen orientieren, uns also auch in die Situation des Gegenübers versetzen, haben wir die wichtigsten Anforderungen guten Benehmen schon erfüllt. Das verlangt auch, die eigene Sensibilität zu schulen. Takt ist der Verstand des Herzens, heißt es, und das verlangt, sich auf den anderen einzustellen und seine Schwingungen wahrzunehmen.

 

Takt ist der Verstand des Herzens.

Zeitgemäße Umgangsformen

Wir leben in Zeiten schnellen Wandels. Alles ist rasanten Veränderungen unterworfen. Der eben angeschaffte moderne PC ist morgen schon veraltet. Die Produzenten überbieten sich darin, immer schneller mit neuen Produkten auf den Markt zu kommen.

Dieser umfassende Umbruch macht auch vor unserem Verhalten und Zusammenleben nicht Halt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die in der Kindheit erworbenen Umgangsregeln nun ein Leben lang Gültigkeit haben … die Sitten ändern sich. Gerade die Zusammenarbeit in Unternehmen hat sich in den letzten Jahren wesentlich gewandelt. Die Gegenüberstellung „Vorgesetzter hier und Untergebene da“ ist ein Auslaufmodell. Allenthalben ist von Teamarbeit die Rede. Aus Untergebenen wurden selbstbewusste Mitarbeiter. Die Regeln der „alten Schule“ helfen uns da nicht weiter. Was wir brauchen, sind moderne, zeitgemäße Umgangsformen, die ein reibungsloses Miteinander ermöglichen. Manchmal muss man dabei den eigenen Egoismus überwinden und sich in Rücksichtnahme und Achtung üben.

Höfliche Umgangsformen haben zu allen Zeiten ihre Daseinsberechtigung, auch oder gerade in unserer hochtechnisierten Welt. Wer glaubt, die Regeln des zwischenmenschlichen Umgangs verletzen zu können, bezahlt nicht selten mit Einsamkeit und Isolation. In fast allen Kulturen werden Verstöße dieser Art geahndet. Wer jedoch auf andere offen, mit Achtung und Wertschätzung zugehen kann, wer Herzensbildung und eine positive Grundeinstellung ausstrahlt, echtes Interesse zeigt und sich in Toleranz übt, kann auch mit einem positiven Echo rechnen.

Damit das Miteinander funktioniert, brauchen wir Verhaltensregeln, die uns auch die Wünsche, Ansprüche und Erwartungen der anderen berücksichtigen lassen. Denn wir haben jeden Tag Probleme zu bewältigen. Sie müssen nicht noch durch schlechte Umgangsformen verschärft werden. Deshalb sollten wir uns stets so verhalten, dass andere sich durch uns nicht brüskiert, gestört oder belästigt fühlen. Kurzum: Ein höflicher Mensch fällt nirgendwo unangenehm auf.

 

Höflichkeit signalisiert: Ich achte und respektiere dich!

Der eigene Stil ist wichtig

Das ganze Regelwerk bleibt farblos, wenn es nicht durch den persönlichen Stil jedes Einzelnen geprägt wird. Auch das unterscheidet uns von Knigges Zeitgenossen. Sie mussten sich noch in einer stark nach Ständen und Schichten gegliederten Gesellschaft an strenge Vorschriften halten.

Wir haben immer die Freiheit der Entscheidung – auch in Verhaltensfragen. Vorausgesetzt, Sie respektieren Knigges Rat: „Das Geheimnis des guten Benehmens besteht darin, sich geltend zu machen, ohne andere unerlaubt zurückzudrängen.“

Innerhalb dieser Grenzen haben wir viele Möglichkeiten. Natürlich gibt uns auch die jeweilige Umgebung Hinweise für unser angemessenes Verhalten und Benehmen. In einem Fast-Food-Restaurant gelten andere Regeln als in einem Fünf-Sterne-Haus. Wichtig ist, dass – egal, wo Sie auftreten – Sie Ihren Stil finden, der Ihrer Persönlichkeit entspricht. Mit übertriebenen, gekünstelten Manieren fällt man genauso auf wie durch schlechtes Betragen.

Gutes Benehmen signalisiert Achtung und Respekt vor den Mitmenschen. Dafür braucht es Taktgefühl. Es ist ein Zeichen schlechten Stils, andere „vorzuführen“ oder in Anwesenheit Dritter bloßzustellen. Höflichkeit, Freundlichkeit, Toleranz, Herzlichkeit, Interesse am Gesprächspartner und die Gabe, aktiv zuhören zu können, das sind die Eigenschaften, die gutes Benehmen ausmachen.

Gutes Benehmen erleichtert das Zusammenleben der Menschen, weil es Verhaltensgrundsätze formuliert. Die Kenntnis und Beachtung dieser Regeln und Normen lässt uns sicherer werden und auch schwierige Situationen meistern. Aber gutes Benehmen sollte sich nicht nur auf den Umgang mit Dritten beziehen. Wir müssen mit uns selbst auch achtsam, respektvoll und wertschätzend umgehen. Wer zur Harmoniesucht neigt, immer versucht, es allen recht zu machen, kann die eigenen Bedürfnisse nicht mehr in angemessener Form berücksichtigen. Das schafft Unzufriedenheit und Frust, dadurch kann ein freundlicher und taktvoller Umgang mit anderen erschwert werden. Und schließlich: Wer sich selbst nicht respektiert, wird auch von anderen nicht respektiert.

 

Mit guten Manieren lassen sich schwierige Situationen meistern.

Über Sinn und Unsinn von Benimmregeln

Normen und Regeln erleichtern das Leben, vor allem das Zusammenleben mit anderen Menschen. Sie geben uns Orientierung und die Sicherheit, mit den unterschiedlichen situationsbedingten Anforderungen umzugehen. Einen Großteil dieser Regeln erlernen wir alle schon in der Kinderstube. Durch die häufige Anwendung haben wir alle einen Trainingsprozess durchlaufen und mehr oder weniger stabile Verhaltensmuster für den Alltag ausgeprägt, die in unserem Kulturkreis gelten.

Für spezielle Situationen gibt es besondere Regeln, die man erlernen kann. Unter dem Begriff „Stil und Etikette“ werden vielfältige Bereiche bedient. Von der Begrüßung über den Small Talk bis zum Abschied sind Regeln vorhanden und zu berücksichtigen. Und noch immer gibt es eine Rangfolge, die bei der Begrüßung und dem Vorstellen bzw. Bekanntmachen berücksichtigt werden sollte.

Auch für die Anrede und den Gebrauch von Titeln sind Regeln erdacht und formuliert worden. Sie können uns helfen, nicht in die „Fettnäpfchen“ zu treten.

Ein besonderes Kapitel sind Tischsitten, auf die in der gehobenen Gastronomie auch Wert gelegt wird. Für die Bestellung bis zur Bezahlung kann man sich an solchen Regeln orientieren. Das gilt auch für den Gebrauch von Bestecken sowie Gläsern und für die Empfehlungen, wie was gegessen werden sollte.

Eine Kleiderordnung regelt die zum Anlass passende Auswahl der richtigen Garderobe und gibt uns daher die Sicherheit, auch angemessen gekleidet zu sein.

All diese Regeln und Normen sollte man kennen und anwenden können. Aber wir haben auch die Freiheit, uns situationsgerecht angemessen zu verhalten. Die Regel verlangt, dass der Azubi seiner Geschäftsführerin, die er am Eingang trifft, selbstverständlich die Tür aufhält und ihr den Vortritt lässt. Was aber, wenn der Azubi schwere Kartons trägt? Da kann es Sinn machen, die Rollen zu tauschen: Also hält die Geschäftsführerin ihrem Azubi die Tür auf und lässt ihn vorgehen. Der Rangordnung entspricht das nicht – aber: Es macht Sinn.

 

Regeln und Normen sollte man kennen. Doch es kommt immer auch auf die Situation an.

Mitunter erleben Sie Situationen, in denen die sture Anwendung von Benimmregeln einfach nicht praktikabel ist. In solchen Situationen kommt es dann darauf an, sich situationsgerecht gut zu verhalten. Das heißt, bei Wahrung von Wertschätzung und Respekt gegenüber den anderen die für die Situation beste Variante zu finden und anzuwenden.

Check-up: So geht’s!

image Respekt und Wertschätzung für alle Menschen in unserer Umgebung zeigen

image Freundlich miteinander umgehen

image Sich nicht auf Kosten anderer in den Vordergrund drängen

image Den eigenen Stil finden – authentisch bleiben, ohne sich zu verbiegen

image Achtsam mit sich selbst sein

image Das Regelwerk des guten Benehmens kennen lernen

Check-up: Und so bitte nie wieder!

image Sich vorlaut in den Vordergrund drängen

image Die Bedürfnisse anderer missachten

image Unfreundlich reagieren

image Die Regeln stur und buchstabengetreu anwenden

image Die eigenen Bedürfnisse verleugnen

Respekt und Wertschätzung sind die Grundlage

Respekt und Wertschätzung für die Menschen in unserer Umgebung sind die Basis für gutes Benehmen. Jeder verdient es, höflich behandelt zu werden – und zwar vollkommen unabhängig von der Stellung in der Gesellschaft, von der gefahrenen Automarke oder der Art der Arbeit, die jemand ausübt. Ohne Wertschätzung und Respekt füreinander kann es kein reibungsloses Miteinander geben.

Die Sache mit dem Selbstwertgefühl

Wir alle haben es: unser Selbstwertgefühl. Es ist eine Art Preisvorstellung darüber, was wir uns selbst wert sind. Es kann sehr unterschiedlich ausfallen. Wer immer nur negative Rückmeldungen aus der Umgebung bekommt, hat ein geringes Selbstwertgefühl. Wer dagegen viel positives Feedback bekommt, kann auch ein hohes Selbstwertgefühl entwickeln.

Unser Selbstwertgefühl entwickelt sich also vor allem durch den Austausch mit anderen, durch Kommunikation. Und die Art und Weise dieser Kommunikation nimmt eben Einfluss auf die Ausprägung des Selbstwertgefühls. Komplimente, anerkennende Worte, bewundernde Blicke, ein dickes Lob vom Chef treiben unsere individuelle Preisvorstellung in die Höhe.

Umgekehrt bleibt unser Selbstwertgefühl klein, wenn wir immer nur bekrittelt werden und wir das Gefühl bekommen, dass unsere Anstrengungen – wie sehr wir uns auch bemühen mögen – nicht den Erwartungen entsprechen. Abfällige Bemerkungen, scheele Blicke und Missachtung beschädigen das Selbstwertgefühl.

Gerade in der Erziehung sollten Eltern ihren Kindern ein hohes Selbstwertgefühl vermitteln. Kinder und Jugendliche brauchen viel Anerkennung, Aufmerksamkeit und Interesse, um ihr heranwachsendes Selbstwertgefühl zu fördern.

Weil das Selbstwertgefühl für unser Wohlbefinden so wichtig ist, sind wir auch ständig wachsam, damit es ja keinen Schaden nimmt. Wir achten sensibel darauf, dass es in uns nicht zu einem Preisverfall des eigenen Ichs kommt. Mehr noch: Wir sind offensichtlich mit Schutzmechanismen ausgestattet, die jeden Angriff auf das eigene Selbstwertgefühl abwehren. Wenn wir uns – wieder durch Kommunikation – angegriffen fühlen, schlagen wir verbal zurück. Wenn wir Wertschätzung und Respekt vermissen, macht uns das im Interesse der Erhaltung unseres Selbstwertgefühls aggressiv und die Antwort fällt entsprechend aus.

Ein Beispiel: Er sucht seinen Führerschein und fragt sie: „Wo hast Du meinen Führerschein hingelegt?“ Diese Frage unterstellt, sie hat den Führerschein verlegt, und die Antwort kann heftig ausfallen: „Pass auf Deine Sachen auf! Was geht mich Dein Führerschein an?“ Für den Familienfrieden wäre es besser gewesen, wenn er sie gefragt hätte: „Weißt Du, wo ich meinen Führerschein hingelegt habe?“ oder: „Ich suche meinen Führerschein. Kannst Du mir bitte helfen?“ Das sind Frageformulierungen, die ihr keine Schuld unterstellen, der Konflikt ist entschärft. Wahrscheinlich hilft sie ihm nun beim Suchen.

Angriffe auf unser Selbstwertgefühl parieren wir zumeist mit einem Gegenangriff. Besser ist es daher, durch eine entsprechende Kommunikation das Selbstwertgefühl der Mitmenschen nicht anzugreifen. Dabei ist es unwichtig, ob der Angriff in voller Absicht (das ist ohnehin schlechter Stil) oder unabsichtlich gestartet wurde. Viel entscheidender ist, wie das Gesagte beim Gegenüber ankommt. Sogenannte Ich-Botschaften, also das Äußern eigener Beobachtungen, Empfindungen, Erfahrungen usw., werden vom jeweiligen Gegenüber nicht als Vorwurf erlebt. Beispielsweise klingt „Ich bin verärgert über Deine Verspätung“ schonender als der Vorwurf „Du bist nie pünktlich“. Das ist der Unterschied zwischen Ich- und Du-Botschaften. Wer also das Selbstwertgefühl seines Gegenübers schützen und keinen Gegenangriff riskieren will, formuliert konsequent Ich-Botschaften.

Übung: Ich-Botschaften

Formulieren Sie die Vorgaben (= Du-Botschaften) in Ich-Botschaften um! Statt „Sie haben mir eine falsche Kontonummer gegeben“ wäre es etwa besser zu sagen: „Ich habe festgestellt, dass die angegebene Kontonummer auf der Überweisung falsch ist“. Mögliche Lösungsvorschläge finden Sie im Anhang am Ende des Buches.

a) „Schicken Sie uns erst eine Rechnung, bevor Sie mahnen!“ Ich-Botschaft:

b) „Da hätten Sie die Angaben gleich richtig machen müssen!“ Ich-Botschaft:

c) „Sie haben die Überweisung unleserlich ausgefüllt!“ Ich-Botschaft:

d) „Sie haben mich vollkommen falsch verstanden!“ Ich-Botschaft:

e) „Da haben Sie nicht richtig zugehört!“ Ich-Botschaft:

f) „Da müssen Sie sich an die Serviceabteilung wenden!“ Ich-Botschaft:

g) „Sie müssen mir den Sachverhalt schriftlich vorlegen!“ Ich-Botschaft:

Manche Mitmenschen brauchen aber auch ihre ganz spezifischen Statussymbole, um ihr Selbstwertgefühl in der öffentlichen Wahrnehmung aufzupolieren. Ein schnittiges schnelles und vor allem teures Auto bringt seinem Fahrer bestimmt Fahrspaß, es wertet aber auch sein Selbstwertgefühl auf.

 

Statussymbole können das Selbstwertgefühl fördern.

Wertschätzung und Respekt zeigen

Gutes Benehmen heißt zuallererst, allen Menschen mit Respekt, Takt, Herzensbildung und Wertschätzung zu begegnen und durch eine achtsame Kommunikation nicht das Selbstwertgefühl zu torpedieren, was üblicherweise – wie wir eben gesehen haben – den Gegenangriff auslösen kann.

Jeder Mensch verdient unsere Beachtung und Wertschätzung als Mitmensch, seine Leistungen verdienen Respekt. Dabei ist es ziemlich gleichgültig, ob es sich um die Leistungen eines Herzchirurgen handelt oder um die der Putzfrau, die uns allabendlich den Müll wegbringt. Respekt verdient meines Erachtens auch der langjährige Hartz-IV-Empfänger, der sich und seine Familie nicht aufgibt und dafür sorgt, dass seine Kinder ihre Chancen für ein erfülltes Berufsleben nutzen und der ihnen trotz Arbeitslosigkeit noch leistungsorientierte Werte vermitteln kann.

Wie aber vermitteln wir diese Wertschätzung für andere Menschen? Sagen wir ihm, dass wir ihn wertschätzen? Wohl kaum. Wir haben andere Möglichkeiten, unsere Wertschätzung für jemanden zum Ausdruck zu bringen. Das beginnt bereits bei ganz banaler Höflichkeit.

„Bitte“ und „Danke“ sind Ausdruck von Wertschätzung. Dazu gehört auch die Anrede mit dem Namen. Jeder hört seinen Namen gern und die meisten Menschen reagieren mit Korrekturen, wenn ihr Name verwechselt oder falsch ausgesprochen wird.

Es hat sich erfreulicherweise in vielen Branchen durchgesetzt, dass Mitarbeiter Namensschilder tragen. Diese vertrauensbildende Maßnahme sollten wir nutzen und die dienstbaren Geister mit ihrem Namen ansprechen.

Wertschätzung bekunden Sie auch durch Interesse am anderen. Die meisten Menschen reagieren auf Fragen positiv und geben bereitwillig Auskunft. Allerdings sollte dieses Interesse auch nonverbal zum Ausdruck kommen. Dazu gehören der Blickkontakt, die Aufmerksamkeit und die Geduld beim Zuhören. Solche Gespräche können schnell eine angenehme Atmosphäre herstellen.

Auch sich Zeit zu nehmen ist ein starkes Signal für Wertschätzung. Jemandem seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken macht glücklich. Kurzum: Es existieren vielfältige Möglichkeiten, um dem anderen unsere Wertschätzung für seine Person und unseren Respekt vor seinen Leistungen zu zeigen.

Check-up: So geht’s!

image Mit jedermann wertschätzend und respektvoll umgehen

image Das Selbstwertgefühl nicht verbal attackieren

image Konsequent Ich-Botschaften formulieren

image Am anderen wirklich interessiert sein

image Sich Zeit nehmen und aktiv zuhören

image Mitmenschen mit ihrem Namen ansprechen

image „Bitte“ und „Danke“ sagen

Check-up: Und so bitte nie wieder!

image Andere durch Blicke, Gesten oder Worte missachten

image Nicht grüßen und unhöflich sein

image Die eigene schlechte Laune an anderen abreagieren

image Sich selbst in den Vordergrund spielen

image Nur den eigenen Vorteil suchen

Gute Kommunikation erleichtert das Miteinander

Ohne Kommunikation geht gar nichts. Wir kommunizieren immer: mal laut, mal leise, sogar stumm. Kommunikation ist Verhalten. Unsere Art der Kommunikation beeinflusst die Qualität unserer Beziehungen zu den Mitmenschen. Gute Kommunikation berücksichtigt und respektiert immer die Gefühle des jeweiligen Gegenübers. Andersherum kann ein schlechter Kommunikationsstil auch Beziehungen zerstören und einfach als schlechtes Betragen wahrgenommen werden.

Einige Grundregeln

Der Mensch kann gar nicht anders: Er muss kommunizieren, wenn er anderen Menschen begegnet. Dabei muss nicht zwingend gesprochen werden. Wir kommunizieren auch tonlos, ohne Worte.

Gestik, Mimik und die Körperhaltung können Bände sprechen und verraten oft mehr von uns, als uns lieb ist. Mehr noch: Auch in der normalen Gesprächssituation fließen mehr Informationen „stumm“, also ohne Worte. Die aktuelle Befindlichkeit, die Stimmung, das Interesse oder Desinteresse müssen gar nicht in Worte gefasst werden. Wir signalisieren solche Informationen durch Mimik und Gestik. Daher ist es wichtig, in der direkten Kommunikation immer auch auf die körpersprachlichen Signale des Gesprächspartners zu achten.

 

Auch die körpersprachlichen Signale des Gesprächspartners sind zu beachten.

Gutes Benehmen ist untrennbar mit der Kommunikation verbunden. Wertschätzung und Respekt zeigen Sie durch die Art und Weise der Kommunikation, nicht zwingend durch das gesprochene Wort. Eine offene Körperhaltung und Blickkontakt signalisieren dem Gegenüber ein klares Interesse. Wenn Sie dabei auch noch freundlich lächeln, wird die Situation entspannt.

Jeder Mensch möchte beachtet und ernst genommen werden. Das gehört einfach zu unseren Bedürfnissen. Und wir hoffen, dass unsere Mitmenschen dieses Bedürfnis auch befriedigen.

Ein Beispiel: Meine Tochter war für einige Monate in den USA zu einem Berufspraktikum. Sie hat dort eine andere Lebensweise kennen gelernt. In ihren jeweiligen Gastfamilien wurde gut für sie gesorgt und sie wurde auch durchaus freundlich aufgenommen. Wirkliches Interesse an ihrer Person hat sie aber nicht verspürt: keine Fragen zu den aktuellen Erlebnissen des Tages, kaum Fragen nach ihrer Herkunft und ihrer Situation in Deutschland. Dieses Desinteresse hat sie als mangelnde Wertschätzung ihrer Person empfunden.

Interesse am anderen bekunden wir vor allem durch offene Fragen, also W-Fragen (wie, warum, weshalb, was …). Das ist selbst dann wichtig, wenn wir die mögliche Antwort scheinbar schon kennen. Es vermittelt dem anderen aber Interesse und hilft ihm die Tagesereignisse zu verarbeiten. Das funktioniert nach der Volksweisheit „Geteilte Freude ist doppelte Freude. Geteiltes Leid ist halbes Leid!“.

Wichtig ist dafür allerdings auch, dass der andere wirklich aufmerksam zuhört. Die Fragestellung „Wie war Dein Tag?“ verhallt völlig, wenn der andere nicht nonverbal wirkliches Interesse signalisiert, sondern weiter in seiner Zeitung blättert. Dieses Desinteresse wird als Missachtung erlebt und hat mit gutem Benehmen nichts zu tun.

Interessiertes Zuhören verlangt deutlich signalisierte Aufmerksamkeit. Dazu gehört ein freundlicher Blickkontakt, vielleicht auch ein Kopfnicken. Auch sogenannte Verstärker können eingesetzt werden: „Ach was?“, „Interessant!“, „Unglaublich!“, „Sag bloß!“ usw. Das vermittelt volle Aufmerksamkeit und verstärkt den Eindruck, ganz bei der Sache zu sein.

Wirkliches Zuhören und ein echtes Lächeln sind die wichtigsten Eigenschaften, um bei einem Gesprächspartner einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Dazu gehört natürlich ebenso der Verzicht auf alle möglichen Nebentätigkeiten … auch wenn das Titelbild der Tageszeitung noch so verlockend erscheint. Wichtig ist zudem, dass das Gespräch durch ein völlig neues Thema nicht eine ganz andere Richtung nimmt.

Ein Beispiel: Ein Paar sitzt am Tisch. Sie erzählt ihm, dass sie heute im Geschäft von einer Kundin massiv beschimpft wurde. Dieses Ereignis hat sie schwer beschäftigt und so sprudeln die Worte nur so aus ihr heraus. In einer Sprechpause fragt er: „Was machen wir eigentlich am Wochenende?“ Das damit verbundene Signal ist deutlich und der Tag gelaufen. Kein Wunder, dass sie erst mal ihre Freundin anruft. Hier gilt: „Reden ist ein Bedürfnis – Zuhören eine Kunst.“

Kurzum: Gute Kommunikation, die den anderen respektiert und wertschätzt, dient immer auch der Beziehungspflege.

Komplimente machen und erhalten

Auch das Thema „Komplimente“ wird kontrovers diskutiert. Die einen nennen es Anerkennung – andere „Schmus“ oder „Süßholzgeraspel“. Dazwischen liegt in der Kommunikation oft nur ein schmaler Grat. Es kommt darauf an, wie Komplimente gemacht werden, damit sie nicht als „Schmus“ ankommen und damit sogar das Gegenteil und Ärger auslösen.

Ein ehrlich gemeintes Kompliment, ein Lob für eine gute Leistung können helfen, die Zusammenarbeit im beruflichen Alltag und auch im Privatleben angenehmer zu gestalten. Wir stehen Komplimenten auch deswegen so skeptisch gegenüber, weil wir viel schneller bereit sind, Kritik zu äußern und zu tadeln, als Anerkennung auszusprechen. Schönes, Gutgelungenes und Erfreuliches wird oft als Selbstverständlichkeit hingenommen. Schade eigentlich! Aber es kommt natürlich darauf an, Komplimente auch nett und glaubwürdig zu formulieren. Übertrieben und fadenscheinig wirkende Äußerungen sollten dabei genauso vermieden werden wie verletzende Beleidigungen!

Genauso, wie es gut ist, das Formulieren und Aussprechen eines ehrlichen Lobes zu üben, ist es auch gut, die Annahme eines Komplimentes zu lernen. Oft wird es aus Unsicherheit und Verlegenheit abgeschwächt oder sogar negiert, wie: „Ach das war doch nicht der Rede wert.“ Da wollte Ihnen jemand etwas Nettes sagen und Ihnen damit eine Freude machen. Das ist nun gründlich misslungen, denn so vermitteln Sie das Gefühl, dass es gar nicht lohnt, Ihnen etwas Nettes zu sagen. Viel besser ist es, sich für ein Kompliment zu bedanken und damit ein Stück Freude zurückzugeben, wie: „Vielen Dank, es ist nett, dass Sie das sagen.“

 

Üben Sie sich in der Kunst, ehrliche und nette Komplimente zu machen.

Auch mal Nein sagen

Nein sagen ist nicht unhöflich, ganz im Gegenteil. Gutes Benehmen heißt ja nicht, es allen recht machen zu wollen und sich selbst ganz aufzugeben. Wenn gutes Benehmen vor allem mit Respekt und Wertschätzung für die Mitmenschen gekennzeichnet ist, so muss das auch für uns selbst gelten.

Auch Sie müssen mit sich selbst gut umgehen, sich selbst respektvoll und wertschätzend behandeln. Das heißt auch, Sie müssen die eigene Befindlichkeit in ihrem Verhalten berücksichtigen. Mal ganz abgesehen davon, dass wir es nie immer allen recht machen können, denn: „Allen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“ Allerdings kostet es mitunter Überwindung, die eigene Befindlichkeit auch klar auszusprechen.

Allerlei Ängste können uns daran hindern, ein klares Nein zu formulieren. Wir sitzen in der Harmoniefalle, fühlen uns zunächst gut und bemerken erst in der Folge den Fehler, weil wir uns Dinge aufgeladen haben, die wir eigentlich gar nicht wollen. Das kann die Stimmung trüben … für uns sowieso, aber auch für andere. Besser ist ein freundliches Nein an der richtigen Stelle, dann weiß der andere auch, woran er ist. Allerdings gilt auch in diesem Fall: „Der Ton macht die Musik.“ Das Nein ist in jedem Falle positiv zu begründen.

 

Raus aus der Harmoniefalle! Manchmal muss man auch ganz klar „Nein“ sagen.

Ein Beispiel: Svenja kommt nach einem harten Arbeitstag erschöpft nach Hause. Ihr Mann erwartet sie schon auf dem Flur, hat die Autoschlüssel in der Hand und lädt sie ins Kino ein. Für diese Situation gibt es zwei Verhaltensoptionen:

1. Sie stimmt zu, geht ins Kino (weil er sich das so wünscht), hat schlechte Laune und schläft ein.

2. Sie schlägt seine Einladung aus: „Kino klingt gut, nur nicht heute, ich hatte heute einen anstrengenden Tag und bin froh, dass ich jetzt zu Hause bin. Ich habe mich auf einen ruhigen und gemütlichen Abend mit Dir gefreut. Lass uns bitte den Kinobesuch verschieben.“

Ein freundliches, aber klares und bestimmt formuliertes Nein ist allemal besser, als sich in sein Schicksal zu fügen. So weiß auch der andere, woran er ist, und hat die Chance, seine Schlussfolgerungen für die Zukunft abzuleiten.

Wir können uns mit viel Empathie in die Befindlichkeit anderer Menschen versetzen, aber wir können nicht hellsehen oder zaubern. Gerade auch Vertreter der älteren Generation halten es immer noch für höflich, mit der eigenen Befindlichkeit hinter dem Berg zu halten. Sie haben es nicht gelernt, die eigenen Bedürfnisse klar zu formulieren. Das führt dann zu vielfältigen Missverständnissen und Enttäuschungen. Grundsätzlich gilt: Ich-Botschaft vor Du-Botschaft. Also statt: „Du sollst …!“ besser: „Ich wünsche mir …!“ Damit können dann alle besser umgehen, als wenn Wünsche und Erwartungen nicht klar ausgesprochen werden.

Männliche und weibliche Kommunikation

Die beiden Geschlechter sprechen ihre eigene Sprache. Solange sie unter sich sind, ist das kein Problem, denn sie verwenden gleiche Sprachmuster. Aber zwischen den Geschlechtern kann es mit der Kommunikation schon mal schwierig werden. Die Ursachen für die verschiedenartige Kommunikation sind vielfältig. Typisch männliches und typisch weibliches Verhalten scheint schon angeboren zu sein. Dann wirken sich auch noch familiäre Traditionen, insbesondere die Vorbildrolle von Vater und Mutter, und die Erziehung auf die Prägung aus.

Männer kommunizieren eher direkt sowie konkurrenzorientiert, Frauen dagegen indirekt und beziehungsorientiert. Vokabeln wie „vielleicht“, „eventuell“, „ein bisschen“, „nur“, „eigentlich“ usw. sind weibliche Ausdrucksformen; dazu kommen viele Konjunktive, u. a. „könnte“, „sollte“, „würde“.

Frau bleibt in der Geschäftswelt nichts weiter übrig, als die Männersprache zu lernen, wenn sie von den Männern verstanden werden will. Umgekehrt wird das nicht funktionieren, denn die Businessworld spricht männlich. Hier haben Männer die Regeln gemacht. Frau kommt diese direkte Sprache oft unhöflich vor, aber sie bringt klar zum Ausdruck, was zu tun ist. Und auch diese direkte Sprache verzichtet nicht auf die beiden Zauberwörter „Bitte“ und „Danke“.

 

Auch Frauen müssen klar sagen, was Sache ist.

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Ein Beispiel: Ein Pärchen ist auf der Autobahn unterwegs. Eine Raststätte wird angekündigt, da fragt sie ihn: „Möchtest Du auch einen Kaffee?“ Er antwortet: „Nein“ … und bleibt auf der linken Spur. 70 km weiter kommt die nächste Raststätte, da sagt sie: „Fahr bitte raus, ich möchte einen Kaffee trinken.“ Daraufhin drosselt er die Geschwindigkeit, wechselt auf die rechte Spur und sagt: „Gute Idee. Aber ich nehme lieber eine Cola.“

Die erste Frage hat er wörtlich genommen und die darin verborgene (indirekte) Botschaft nicht verstanden. Der zweite Versuch, zu einem Kaffee zu kommen, war sehr direkt und (trotzdem) freundlich formuliert. Das versteht Mann sofort und handelt entsprechend.

Small Talk pflegen

Der Small Talk wird oft als nur oberflächliches Geplänkel abgetan. Das kann stimmen, weil die Themen und die Art des Gedankenaustauschs nicht eben auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau geführt werden. Aber der Small Talk hat eine wichtige Funktion. Er ist der Anfang der Kommunikation zwischen Fremden. Das schließt nicht aus, dass nach der Kennenlernphase auch tiefergehende Gespräche möglich sind. Doch dazu muss man sich ja erst einmal „beschnuppern“, miteinander warm werden. Das geht schweigend natürlich nicht. Deshalb fällt der „leichten Konversation“ die Funktion des „Eisbrechers“ und „Türöffners“ zu. Dazu bieten sich reichlich Themen an: Hobby, Sport, aktuelle Ereignisse und Schlagzeilen, Kunst bzw. Kultur, Urlaubserlebnisse, Essen sowie Trinken, Literatur, Theater, Musik, der Ort oder der Anlass der Begegnung. Mit diesen Themen muss der Small Talk also kein hirnloses Geschwätz sein.

 

„Small Talk ist die Kunst des Gesprächs: alles zu berühren und nichts zu vertiefen.“

(Oscar Wilde)

Um einen Anknüpfungspunkt für einen Erstkontakt zu finden, eignen sich gemeinsame Interessensgebiete, der Geburts- oder Wohnort und Freizeitaktivitäten. Grundsätzlich sind alle Themen Small-Talk-tauglich, die als angenehm empfunden werden, die die jeweilige Situation nicht belasten und an denen sich möglichst viele beteiligen können.

Es gibt aber auch Tabu-Themen. Nicht Small-Talk-tauglich ist grundsätzlich alles, was negativ belegt oder tendenziös ist. Dazu gehören Krankheiten und Tod, Arztbesuche, politische bzw. religiöse Anschauungen, negative Äußerungen über Anwesende, persönliche Probleme, betriebliche Interna, Geldthemen, Intimes oder plumpe Witze. Und langatmige Monologe machen sehr schnell einsam. Das Ziel des Small Talks, Brücken zu schlagen und ins Gespräch zu kommen, wird damit sicherlich nicht erreicht.

Small Talk, das (wörtlich übersetzt) „kleine Gespräch“, ist eine gute Möglichkeit zur Kontaktaufnahme und hilft, Beziehungen anzubahnen oder dient als Aufwärmphase im Gespräch mit Bekannten. Beim Small Talk herrscht ein freundlicher Plauderton, es ist nicht der Zeitpunkt für tiefschürfende Gespräche oder engagierte Appelle. Der Gesprächspartner erwartet Interesse an seiner Person und einen aufmerksamen Zuhörer.

Daher wird der Small Talk von einer positiven Körperhaltung und Mimik beeinflusst, wie ein freundliches Lächeln, Blickkontakt und eine offene positive Gestik. Auch die Distanzzone ist zu wahren; das heißt, dem anderen nicht zu dicht auf die Pelle zu rücken.

So gelingt der zwanglose Gesprächseinstieg

Es wird oft als besondere Hürde empfunden, mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Wenn man davon ausgeht, dass es den anderen auch so geht, werden die dankbar sein, wenn sich einer ein Herz fasst und einen Small Talk in Gang bringt. Daher hier einige Formulierungsvorschläge für einen guten Einstieg:

„Sind Sie das erste Mal hier?“

„Entschuldigen Sie, wissen Sie wo … ist?“ „Wie gefällt Ihnen die Umgebung?“

„Wie schmeckt das, was Sie da gerade essen/trinken?“

„Haben Sie den Weg gleich gefunden?“

„Haben Sie gelesen, dass …?“

Über solche Fragestellungen des Einstiegs kann man sich im Vorfeld schon Gedanken machen, die dann zur jeweiligen Situation oder zum Anlass passen.

So beenden Sie unverfänglich ein Gespräch

Es kann auch notwendig werden, eine bestehende Gesprächsrunde wieder zu verlassen. Das ist auch nicht leicht, will man niemanden brüskieren. Formulierungen für einen unverfänglichen Ausstieg sind u. a.:

„Entschuldigen Sie mich, ich möchte noch mit … sprechen.“

„Bevor ich gehe, noch Folgendes …“

„Ich möchte mich noch ein wenig umsehen.“

„Ich will nach einem Bekannten Ausschau halten.“

Somit gelingt Ihnen ohne Weiteres, das Gespräch elegant zu beenden, und Sie stoßen keinen der anderen Gesprächspartner vor den Kopf.

So bereiten Sie sich auf Small-Talk-Situationen vor

Die Kunst des Small Talks ist erlernbar. Wer keinerlei Scheu hat, auf andere Menschen offen zuzugehen, wird immer Anschluss finden. Wer sich damit allerdings schwertut, sollte sich auf solche Small-Talk-Situationen vorbereiten. Dabei können die folgenden Fragen hilfreich sein:

Was kennzeichnet die Situation?

Wer wird anwesend sein?

Wen kenne ich möglicherweise schon?

Wen möchte ich kennen lernen?

Welche Themen kommen in Frage?

Wenn niemand da ist, der Sie mit anderen bekannt machen kann, müssen Sie selbst aktiv werden. Gehen Sie auf eine allein stehende Person zu, grüßen Sie und stellen sich vor.

Oder gesellen Sie sich zu einer Gruppe, stellen sich „stumm“ dazu und erweisen Sie sich als guter Zuhörer. Das laufende Gespräch sollte nicht durch Vorstellungs- und Begrüßungszeremonien unterbrochen werden. Wenn Sie ein Stichwort aufgreifen, können Sie sich schnell an dem Gespräch beteiligen oder Sie stellen offene Fragen und signalisieren so Ihr Interesse. Schenken Sie allen Anwesenden Ihre Aufmerksamkeit, seien Sie zu allen gleichermaßen freundlich. Eine solche Small-Talk-Runde können Sie auch wieder verlassen, aber ein einzelner Gesprächspartner sollte nicht allein gelassen werden.

Check-up: So geht’s!

image Die „stummen“ Signale beachten

image Mit der eigenen Körpersprache Wertschätzung und Respekt ausdrücken

image Echtes Interesse zeigen, W-Fragen stellen

image Namen benutzen

image Öfter Komplimente machen

image Lächelnd „Bitte“ und „Danke“ sagen

image „Verstärker“ einsetzen

image Klar, bestimmt und freundlich die eigenen Wünsche formulieren

image Small-Talk-Themen vorbereiten

Check-up: Und so bitte nie wieder!

image Nicht wirklich zuhören und ausreden lassen

image Desinteresse signalisieren

image Abrupt das Thema wechseln

image Nebentätigkeiten während eines Gespräches

image Das Selbstwertgefühl verbal durch Du-Botschaften verletzen

image Komplimente ablehnen

image „Ja“ sagen, wenn „Nein“ gemeint ist

image Weichmacher, wie „eventuell“, „nur“, „eigentlich“ usw. benutzen

image Tabu-Themen anschneiden

Die Contenance bewahren

Konflikte gehören zum Leben, sie sind allgegenwärtig. Wir können Konflikte nicht vermeiden oder ihnen aus dem Weg gehen. Aber wir können (müssen) lernen, Konflikte zu bearbeiten bzw. mit ihnen umzugehen, so dass sie keinen Flurschaden anrichten. Gerade in kritischen Situationen ist es wichtig, sich nicht in Machtkämpfe zu verstricken, sondern immer auch die Erwartungen und Bedürfnisse des jeweiligen Gegenübers zu berücksichtigen.

Konflikte konstruktiv annehmen

Konflikte erfreuen sich nicht gerade großer Beliebtheit. Dabei sind sie eine unvermeidliche Erscheinung des Alltags und des Zusammenlebens. Sie haben ihre Ursachen nicht im bösen Willen der Mitmenschen, sie resultieren viel mehr aus unterschiedlichen (subjektiven) Ansichten, Erfahrungen, Werten, Erwartungen, Interessen und Zielen.

Diese Verschiedenheiten an sich sind kein Drama – im Gegenteil, sie machen unser Leben abwechslungsreich und interessant. Dramatisch wird es erst, wenn wir die eigenen Wertvorstellungen und Erwartungen zum Nonplusultra machen, es an Verständnis sowie Toleranz fehlen lassen und versuchen, dem anderen unsere Sichtweise aufzunötigen. So ist Streit vorprogrammiert.

Im Falle eines Konfliktes ist es notwendig, das Gespräch mit dem vermeintlichen „Gegner“ zu suchen. Nicht aber, um ihm mal gründlich die Meinung zu sagen, sondern um in Ruhe seine Sichtweise kennen zu lernen. Und je eher dieses Gespräch stattfindet, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Denn je mehr sich die Fronten verhärtet haben, desto schwieriger wird die Klärung.

Ein Beispiel: Krauses und Meiers sind Nachbarn in einer gepflegten Wohnsiedlung. Sie haben sich beim Bau ihrer Anwohnerstraße für eine Doppeleinfahrt entschieden, weil Krauses Carport und Meiers Garage unmittelbar nebeneinander liegen. Krauses genießen ihren aktiven Ruhestand, kümmern sich um die Pflege ihres Grundstücks, betreuen ihren Enkel und machen hin und wieder einen Ausflug. Meiers sind beide berufstätig, fahren früh zur Arbeit und kommen selten vor 19.00 Uhr nach Hause, oft wird es bei Herrn Meier auch später. Er stellt dann sein Auto einfach auf der Doppeleinfahrt ab und blockiert damit Krauses Auto. Herr Meier denkt sich, dass Krauses so spät sicher nicht mehr wegfahren wollen, und morgen früh, noch lange bevor Krauses frühstücken, fährt er ja ohnehin wieder zur Arbeit. Krauses ärgert es allerdings, dass allabendlich ihre Zufahrt zugeparkt wird. Sie wollen tatsächlich nicht mehr wegfahren, aber sie fühlen sich eingeschränkt, übergangen und missachtet. Außerdem haben sie ihre Einfahrt ja nicht anlegen lassen und teuer bezahlt, damit der Nachbar einen bequemen Parkplatz hat. Sie trauen sich aber auch nicht, Herrn Meier daraufhin anzusprechen, und so schwelt ein handfester Konflikt heran, der Krauses sehr beschäftigt und von dem Meier nichts ahnt.

In diesem Beispiel wäre es sicherlich besser gewesen, wenn Herr Meier sich bei Krauses das Einverständnis geholt hätte; siehe hierzu auch Kapitel „Umgang mit Nachbarn“. Und für Krauses gilt, rechtzeitig das Gespräch mit ihrem Nachbarn suchen. Dann hätten sie erfahren, dass Meier nur aus Bequemlichkeit sein Auto in der Doppeleinfahrt parkt und seine Nachbarn nicht ärgern wollte. Herrn Meier wäre bewusst geworden, dass Krauses seinen Parkplatz als Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit betrachten und sich übergangen fühlen.

In Konfliktsituationen kommt es darauf an, frühzeitig das Gespräch zu suchen, um Missverständnisse aus der Welt zu schaffen. Dieses Gespräch ist gebunden an die Bereitschaft, vorwurfsfrei zu kommunizieren und der Gegenseite tatsächlich zuzuhören. Die Drei-W-Taktik hat sich dabei durchaus bewährt:

W wie Wahrnehmung: „ich sehe … “, „ich bemerke … “, ich höre …“ – konsequent als Ich-Botschaften formuliert, denn Du-Botschaften provozieren eine zusätzliche Eskalation.

W wie Wirkung: „das wirkt auf mich …“, „das ärgert mich …“ oder „das finde ich nicht gut …“

W wie Wünsche: „ich wünsche mir … “, ich fände es gut …“ oder auch „ich erwarte …“

 

Konflikte nicht aussitzen!

Krause hätte Meier also sagen können: „Hallo Herr Meier. Ich beobachte seit einigen Tagen, dass Sie Ihr Auto auf meiner Zufahrt parken. Das ärgert mich, weil mein Auto damit unbeweglich wird. Ich bitte Sie, meine Zufahrt nicht mehr als Parkplatz zu nutzen.“ Wahrscheinlich hätte sich Herr Meier entschuldigt und sein Auto anderswo geparkt.

Nicht jeder Konflikt kann tatsächlich auch gelöst werden, manchmal hilft nur noch die räumliche Trennung. Es ist durchaus hilfreich, einen neutralen Gesprächsleiter (Mediator) hinzuzuziehen. Er wird in dem Gespräch durch geeignete Fragen dafür Sorge tragen, dass die Kontrahenten sich aussprechen und ruhig zuhören können.

Wertschätzung auch für schwierige Zeitgenossen

Wir alle haben im Laufe des Lebens unsere Eigenheiten, Gewohnheiten und Marotten ausgeprägt. Dazu kommt noch die charakterliche Veranlagung, die wir nicht so ohne Weiteres ablegen können.

Alle Versuche, andere Menschen zu verändern, sind zum Scheitern verurteilt. Wir können Menschen nicht ändern, sondern uns ihnen nur anpassen und lernen, mit ihren Besonderheiten umzugehen. Manche individuelle Eigenheit hat ja durchaus ihren Charme, wenn man sie zu nehmen weiß.

Chaoten

Der sprichwörtliche Chaot wird sich nicht zum Pedanten mausern. Er ist meist unzuverlässig, kommt zu spät und pflegt seine Unordnung. Es ist zwecklos, sein Chaos ordnen zu wollen. Man kann sich nur vor der Ansteckungsgefahr, die seinem Chaos innewohnt, schützen und den eigenen Herrschaftsbereich abgrenzen.

Choleriker

Diese Menschen haben es ohnehin schon schwer genug, sie stehen auf der Liste der Schlaganfall- und Herzinfarktkandidaten ganz oben. Mit ihnen ist es nicht immer leicht, wenn ihre Eigenart sich austobt. Hier gilt: toben lassen! Auf keinen Fall solche Ausfälle persönlich nehmen.

Intriganten

Intriganten sind gefährlich, sie schießen aus der Deckung oder schleichen sich heimlich an. Damit können sie großen Flurschaden anrichten. Von solchen Zeitgenossen sollte man sich tunlichst fernhalten. Als Vertrauenspersonen kommen sie nicht in die engere Wahl.

Mitläufer

Weit verbreitet ist auch die Spezies der Mitläufer, die sich schnell wandeln können und ihr Fähnchen in jeden Windstoß hängen, der gerade vorbeiweht. Daher ist ihren Aussagen gegenüber ein gesundes Misstrauen angebracht.

Diven

Männliche und weibliche Diven gelten als egozentrisch und nachtragend. Nichts ist ihnen gut genug, denn sie halten sich für den Nabel der Welt. Dem liegt eine Überschätzung der eigenen Möglichkeiten zugrunde. Hier ist äußerste Vorsicht geboten. Man muss sie ja nicht zwangsläufig in den engsten Freundeskreis aufnehmen.

All diese Eigenheiten unserer Mitmenschen können wir nicht beeinflussen. Wir können uns damit nur arrangieren und immer versuchen, die Vorzüge und Vorteile, die sie auch alle haben, in den Fokus zu nehmen. Mitunter ist es aber leichter, schwierigen Menschen einfach aus dem Weg zu gehen.

Wenn es peinlich wird …

Peinlichkeit kann vielfältige Ursachen haben und wird zumeist ganz unterschiedlich wahrgenommen. Was für den möglichen Verursacher hochnotpeinlich ist, kann von seiner Umgebung ganz anders wahrgenommen werden.

Ein Beispiel: Da ist der Redner hinter seinem Pult, der vor lauter Begeisterung für seinen Redestoff die Kontrolle über seine Gestik verliert und das Wasserglas umreißt. Ihm selbst ist das vielleicht peinlich, seine Zuhörer wird es möglicherweise belustigen – peinlich wird es ihnen nicht vorkommen. Es könnte aber peinlich werden, wenn die Zuhörerschaft das Missgeschick stürmisch beklatscht.

Dieses einfache Beispiel macht zweierlei deutlich: Erstens werden Peinlichkeiten ganz unterschiedlich wahrgenommen, und zweitens kommt es eher darauf an, wie alle Beteiligte mit solchen Missgeschicken umgehen.

Vermeintliche Peinlichkeiten können im Wesentlichen durch zwei Umstände hervorgerufen werden: durch „körperliche Defekte“ von der Laufmasche bis zum plötzlichen Niesanfall und durch das Verhalten von Menschen.

Für die Kategorie „körperliche Defekte“ gilt: einfach ignorieren, wenn es keine Chance zur Abhilfe gibt. Es ist nicht wirklich hilfreich, eine ansonsten korrekt gekleidete Dame in einer Gesellschaft auf eine Laufmasche hinzuweisen. Das zeugt zwar von einer guten Beobachtungsgabe des Informanten, wird aber auf der anderen Seite nur Unsicherheit auslösen. Auf kleine Fehler, die behoben werden können, sollten wir diskret und taktvoll aufmerksam machen.

Auch der Niesanfall sollte nicht von allen Seiten mit einem lautstarken „Gesundheit!“ begrüßt werden. Allerdings sollte sich der Niesende bei der Gesellschaft entschuldigen. Wobei sich diese Regel im Alltag nie ganz durchsetzen konnte und heute auch wieder lockerer gehandhabt wird.

Schwieriger ist der Umgang mit Peinlichkeiten, die durch menschliches Verhalten hervorgerufen werden. Es ist durchaus peinlich, wenn die eigene Tomatensauce auf dem Oberhemd des Tischnachbarn landet. In diesem Falle ist Ignorieren nicht wirklich angebracht. Jeder in der Runde wird das als Missgeschick registrieren, das jedem anderen vielleicht auch hätte passieren können. Hier reicht aber eine einfache Entschuldigung nicht aus. Und schon gar nicht selbst eingreifen und an dem „Opfer“ herumreiben. Je nach Schwere des Falls kann zur vorgebrachten Entschuldigung gewissermaßen eine Wiedergutmachung, z. B. die Übernahme der Reinigungskosten, angeboten werden.

Schlimmer sind solche Situationen, in die man aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit gerät. Da fachsimpeln Kollegen über die Vor- und Nachteile eines neuen Autotyps. Schnell wird klar, dass dieser Wagen nur Nachteile hat und man vom Kauf dringend abraten muss. Was alle nicht wissen, ist, dass derjenige, der eigentlich nur Vorteile benannt hat, eben dieses Auto gestern beim Händler abgeholt hat. Peinlich! Hier kann man eigentlich nur zur Tagesordnung übergehen.

Die Möglichkeiten, in irgendein Fettnäpfchen zu treten, sind sehr vielfältig. Dann brauchen wir Taktgefühl, Rücksichtnahme und/oder eine ehrlich gemeinte Entschuldigung. In besonders schweren Fällen kann auch eine nette Geste in Form einer kleinen Aufmerksamkeit angebracht sein. Die Hoffnung jedenfalls, dass sich in peinlichen Situationen der Boden unter einem öffnen möge, wird sich auch künftig nicht erfüllen.

Check-up: So geht’s!

image Konflikte erkennen und rechtzeitig ansprechen

image Mit Ich-Botschaften die Wahrnehmung und Wünsche benennen

image Ist ein Konflikt eskaliert, kann ein neutraler Mediator schlichten

image Nach einem Missgeschick sich entschuldigen, Hilfe und Schadenersatz anbieten

Check-up: Und so bitte nie wieder!

image Andere zu den eigenen Erfahrungen und Werten bekehren

image Still auf Rache sinnen

image Konflikte eskalieren lassen

image Andere Menschen ändern wollen

image Laut „Gesundheit“ beim Niesen wünschen

image Eigene Fehler vertuschen

Outfit und erster Eindruck entscheiden

Viele wollen es zwar nicht wahrhaben, trotzdem ist es so: Der erste Eindruck entsteht „stumm“ und entscheidet über den Fortgang der Begegnung! In einer Erstbegegnung ist noch kein Wort gesprochen, schon haben wir uns ein erstes Bild vom Gegenüber gemacht. Und dieser erste Eindruck prägt unser Verhalten und unsere Befindlichkeit – ob wir wollen oder nicht. Es ist also wichtig, immer dafür zu sorgen, dass der erste Eindruck möglichst positiv ausfällt.

Wie der erste Eindruck entsteht

Wenn Menschen sich erstmalig begegnen, entscheiden sie in Sekundenschnelle, welche Note der andere auf der Sympathieskala bekommt. Wir können gar nicht anders, weil wir nach Orientierung sowie Sicherheit für unser eigenes Verhalten suchen, und dazu bedienen wir uns zunächst auch der Signale, die der andere aussendet.

Wir nehmen unsere Umwelt mit fünf Sinnen wahr – sehen, hören, riechen, schmecken und tasten. Das erste, was wir von einem Menschen wahrnehmen, der auf uns zukommt, ist seine äußere Erscheinung, seine Optik. Erst dann hören wir seine Stimme, erst dann geben wir ihm (vielleicht) die Hand. Da haben wir ihn aber schon in unser internes Schubladensystem eingeordnet. Daher ist es wichtig, den ersten Eindruck auch sinnvoll zu planen, wenn es sich um eine wichtige Begegnung handelt. Die Kernfrage lautet: Wie will ich wahrgenommen werden? Und das auf alle Fälle ist planbar.

Dass eine schöne Verpackung die Kauflaune fördert, weiß jeder Marketingexperte. Ähnliche Wirkung hat unser Outfit, ob uns das passt oder nicht – unsere jeweilige „Verpackung“ ist die Eintrittskarte. Das angemessene Outfit kann Türen aufstoßen, doch umgekehrt kann das falsche Outfit in bestimmten Situationen Türen auch fest verschließen.

 

„Kleider machen Leute!“, sagt der Volksmund.

In dieser Frage muss man zwischen Berufskleidung für den betrieblichen Alltag, besondere Situationen und dem Freizeitbereich unterscheiden. Diese Aussage trifft auf Herren und Damen gleichermaßen zu. Hier gelten allgemeine Regeln und in manchen Unternehmen existiert auch ein Dresscode, der den Kleiderrahmen vorgibt und für die Belegschaft bindend ist. Im privaten Bereich haben wir andere Möglichkeiten, die sich aber auch immer am jeweiligen Anlass orientieren sollten. Ein Shoppingbummel in der City braucht ein anderes Outfit als die abendliche Grillparty im Freundeskreis. Im Privatleben können wir es uns auch eher erlauben, Modetrends zu folgen.

Wie schon Giorgio Armani sagte: „Eleganz bedeutet nicht aufzufallen, sondern in Erinnerung zu bleiben.“ Deshalb gilt für den beruflichen Alltag eine klassische Eleganz in blau, grau oder anthrazit. Kleidung sollte zudem immer den Bewegungstest bestehen: Sie muss im Gehen, Stehen, Sitzen, Laufen, Bücken, Strecken usw. stets gut aussehen.

Wichtig ist, dass die Kleidung der Situation angepasst ist – seien Sie weder over- noch underdressed. Die Garderobe sollte also immer zur Rolle, zum Anlass und zur Person passen. Sonst fühlt sich auch der Träger oder die Trägerin schnell unwohl inmitten vieler anders gekleideter Menschen. Beruflich getragene Kleidung sollte deshalb nie von der Kompetenz ablenken, sondern sie wirkungsvoll unterstützen. Wichtig ist auch ein tadelloser Zustand der Kleidung.

Todsünden für das berufliche Outfit

Die folgenden kurzen Auflistungen zeigen anschaulich, was Frau und Mann definitiv im Berufsleben vermeiden sollten. Bei den Frauen sind es u. a.:

zu enge und aufreizende Kleidung

weite Ausschnitte und Spaghettiträger

superkurze Miniröcke, Shorts und Leggins

zu verspielte Kleidung

zu laute Farben

zu grelles Make-up

zu intensives Parfüm

zu viel nackte Beine und nackter Bauch

zu viel Schmuck

T-Shirts ohne Blazer bzw. Jacke

Bei seinem beruflichen Outfit sollte ein Mann folgende Todsünden nicht begehen:

Garderobe, die von oben nach unten heller wird

Manschetten, die im Ärmel verschwinden

geöffneter Hemdkragen und gelockerte Krawatte

weiße Socken

schmale Lederkrawatten

helle Krawatten auf dunklem Hemd

der falsche Schuh zum Anzug: Slipper mit Bommel, graue Schuhe, zweifarbige Schuhe (nach 18.00 Uhr keine braunen Schuhe)

Ketten, Armbänder und eine Gelenktasche

Tempotaschentücher

Mantelgürtel, der auf dem Rücken zusammengebunden ist

So gelingt ein wirkungsvoller Auftritt

Der Herr trägt zum Anzug ein dezent gemustertes oder weißes Hemd mit langen Ärmeln. Die Ärmel des Oberhemdes sind immer länger als die Jackettärmel. Der optische Grund dafür ist: Die herausblitzenden Hemdmanschetten ergänzen den ebenfalls sichtbaren Hemdkragen. Zusätzlich gibt es auch Hygienegründe: Das Jackett kann nicht einfach gewaschen werden. Daher sollte es nicht direkt am Körper anliegen, sondern durch das langärmelige Hemd geschützt werden.

Nur in Ausnahmefällen wird das Jackett abgelegt. Erst wenn die jeweils ranghöhere Person dazu das Zeichen gibt, indem sie ihr Jackett auszieht, dürfen die anderen Herren folgen. Wenn also in einem Meeting sich der Chef seines Jacketts entledigt, können die Mitarbeiter seinem Beispiel folgen. Sitzen Sie mit einem Gast im Auto, behalten Sie aber das Jackett immer an.

Die Krawatte ist eher unauffällig, ihre Breite orientiert sich an der Halsbreite ihres Trägers. Die Socken passen zur Farbe der Hosen. Mit Schmuck sollten Herren sparsam umgehen. Lediglich ein Ring und die Uhr sind erlaubt. Der Gürtel sollte zu den Schuhen passen, die natürlich eine Ledersohle haben.

Auch Damen orientieren sich im beruflichen Kontext am vorherrschenden Dresscode. Die Klassiker sind und bleiben Kostüm und Hosenanzug in gedeckten, eher dunklen Farben. Dazu eine helle, idealerweise eine weiße Bluse. Zwar können Accessoires das uniformmäßige Einerlei auflockern, allerdings ist hier schon wieder Vorsicht geboten. Es gilt der Grundsatz: Weniger ist mehr. Das gilt auch für das Parfüm!

Schmuck sollte ebenso nur sparsam eingesetzt werden. Mehr als fünf sichtbare Teile können schon überladen wirken. Abends darf der Schmuck größer sein als tagsüber im Büro, aber auch hier gilt die Fünf-Teile-Regel.

Gemusterte Strümpfe oder gar Netzstrümpfe mögen gerade topaktuell sein, im Business haben sie nichts verloren. Sie können schnell den positiven Gesamteindruck ruinieren.

Aufmerksamkeit ist auch der Tasche zu widmen. Ob sie „leben muss“, wie Bruce Darnell empfiehlt, spielt hier keine Rolle. Besser ist es, auf klassische Formen und edle Materialien zu achten. Hilfreich ist auch die Formel: Je größer die Trägerin, desto größer sollte auch die Tasche sein. Zumindest gilt das für den Alltag. Für die Abendgarderobe gilt: Je später der Abend, desto kleiner ist die Handtasche.

All diese Grundregeln schränken die gestalterischen Möglichkeiten für die modebewusste Frau ein. Das ist bedauerlich, aber so sind nun mal die Business-Regeln, und die haben eben Männer gemacht. Männer signalisieren ihre Bedeutung und ihren Platz innerhalb der Hierarchie vor allem auch mit ihrer „Verpackung“. Wenn Frau in diesen hierarchischen Strukturen etwas gelten möchte, bleibt ihr nichts weiter übrig, als die geltenden Regeln zu akzeptieren. Und wenn Frau in dieser Liga mitspielen will, darf sie auf Statussymbole nicht leichtfertig verzichten.

Ein Beispiel: Frau Super ist Abteilungsleiterin in einer Versicherungsgesellschaft. Als Dienstwagen fährt sie einen A3. Ihre fachliche Kompetenz steht außer Frage und so wird sie (dank einer Quotenregelung) in den Vorstand berufen. Sie ist eine von sechs (ansonsten männlichen) Vorstandsmitgliedern. Damit steht ihr ein A6 zu, den ihre männlichen Vorstandskollegen auch alle fahren. Frau Super entscheidet sich (typisch Frau) bescheiden, lehnt das größere Auto ab und bleibt bei ihrem A3. Das ist für sie vielleicht praktisch und vernünftig, entspricht aber nicht den Spielregeln der männlichen Kollegen. Die werden Frau Super für ungefährlich halten und nicht ernst nehmen.

Allerdings bleibt die sorgfältig ausgewählte Garderobe wirkungslos, wenn die Trägerin oder der Träger einen ungepflegten Eindruck macht. Da vor allem Kopf und Hände sichtbar sind, gilt ihnen besondere Aufmerksamkeit. Gepflegte Haare sind ein Muss, ein unrasierter Männernacken ist ein „no go“. Das gilt auch für die Hände. Die natürlichen Fingernägel sind sauber und sorgfältig geformt. Die Schuhe sind zu jeder Zeit geputzt und an keiner Stelle sind Gebrauchsspuren sichtbar. Immer kommt es darauf an, durch die geeignete „Verpackung“ die Kompetenzen bestmöglich zu unterstreichen. Dabei gilt aber auch, seinen eigenen Stil zu finden und sich nicht zu verkleiden. Vorsicht aber mit Piercings und Tattoos: Diese mögen cool sein, können aber die berufliche Kompetenz unterlaufen.

 

Eine sorgfältig ausgewählte Garderobe und ein gepflegtes Äußeres sind entscheidend.

Allerdings ist das von Branche zu Branche sehr verschieden. Michelle Hunziker trägt am rechten Arm ein Tattoo, daran wird sich niemand stören. Wären wir aber auch bereit, bei einem Finanzberater unser Erspartes anzulegen, wenn der uns mit einem Piercing in der Augenbraue berät? Auch hier gilt es, den Zusammenhang zwischen äußerer Darstellung und vermuteter Kompetenz zu beachten. Wohlgemerkt: Das sind Regeln, die im Geschäftsleben gelten. Privat hat jeder die Freiheit, sich so zu schmücken, wie es dem eigenen Gusto entspricht.

Noch ein Wort zum Thema Taschentücher. Bei einer Erkältung sind Papiertaschentücher ein Muss. Sie sollten in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Die benutzten Taschentücher werden nicht im nächsten Papierkorb entsorgt, der damit zur Brutstätte der ansteckenden Erreger werden kann. Ansonsten sind Stofftaschentücher zu verwenden. Sie sind eleganter und bei festlichen Anlässen obligatorisch. Damen tragen sie in der Handtasche, Herren tragen sie leicht zusammengeschlagen in der inneren Jackettasche. Natürlich sind sie täglich zu wechseln.

Kurzum: Mit der situationsgerechten Kleidung signalisieren wir auch Respekt und Wertschätzung für unsere Umgebung. Ihre Kollegen und Mitarbeiter können erwarten, dass Sie gepflegt ins Büro kommen. Näheres zum Dresscode im Berufsleben erfahren Sie im Kapitel „Wenn Geschäftspartner kommen“.

Check-up: So geht’s!

image Den „ersten Eindruck“ bewusst positiv gestalten

image Das Outfit nicht dem Zufall überlassen

image Den gültigen Dresscode beachten

image Den eigenen Stil finden

image Die Fachkompetenz durch die äußere Erscheinung fördern

Check-up: Und so bitte nie wieder!

image Die Wirkung der Erscheinung unterschätzen

image Sich verkleiden

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783869101231
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Februar)
Schlagworte
angemessenes Verhalten Benehmen im Alltag Benimm-Ratgeber Benimm-Regeln Etikette-Regeln Knigge Umgangsformen

Autor

  • Barbara Kleber (Autor:in)

Dr. Barbara Kleber ist seit fast 20 Jahren Trainerin für Verhalten und Kommunikation. Sie gibt Seminare und Workshops zu Themen wie Stil und Manieren, Business-Etikette, Zeit- und Selbstmanagement.
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Titel: Knigge für jeden Tag