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Personalgewinnung für die ambulante Pflege

Die besten Strategien und Methoden für die erfolgreiche Mitarbeiter-Rekrutierung

von Birger Schlürmann (Autor:in)
238 Seiten

Zusammenfassung

Derzeit sind 37.000 Fachkräftestellen in der ambulanten Pflege unbesetzt. 2016 erklärte ein Drittel der 1.600 befragten Leitungskräfte in einer Studie des Deutschen Instituts für Pflegeforschung, dass sie Kunden ablehnen müssten, weil ihnen das Personal fehlt. Wirtschaftlich gesehen, ist das ein Offenbarungseid!

Doch es gibt Wege, Personal zu finden und zu halten. Erfolgreiche ambulante Pflegedienste gehen neue und außergewöhnliche Wege der Personalakquise. Davon können alle anderen der rund 13.000 ambulante Pflegedienste in Deutschland profitieren.

Dieses Buch zeigt sie: die 50 ungewöhnlichen und innovativen Wege, mit denen ambulante Dienste Fachkräfte finden, sie halten, stetig fördern und so auch attraktiver für neue Bewerber werden.

Leitungskräfte und Träger ambulanter Dienste lernen, wie sie ausgetretene Pfade verlassen und sich zum Premium-Arbeitgeber entwickeln, für den das Wort „Personalnot“ ein Fremdwort ist.

Jeder einzelne Weg wird vorgestellt, seine praktische Anwendung am konkreten Beispiel erläutert, Probleme und Tücken gezeigt und – gelöst!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einleitung

In meinem beruflichen Wirken stelle ich immer wieder folgende These auf: Ja, wir haben einen massiven Pflegekräftemangel, der sich weiter verschärfen wird. Aber der Mangel an fähigen Führungskräften ist noch viel dramatischer. Daher geht es in diesem Buch nicht nur um 50 Strategien und Maßnahmen, die helfen, Markt der Fach- und Hilfskräfte »abzufischen«. Es geht genauso darum, gute Führungskräfte zu behalten, zu entwickeln und zu finden. Denn schon jetzt ist zu beobachten, dass es einen dramatischen Einbruch an fähigen Pflegedienstleitungen gibt. Neben der Berentung geburtenstarker Jahrgänge liegt das auch daran, dass viele Top-Pflegedienstleitungen nicht mehr bereit sind, für 3000,00 ? brutto ihr Examen und ihr sauberes Führungszeugnis zu riskieren: Denn die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind mittlerweile »jenseits von Gut und Böse«.

So zählt die Bindung und Findung von Führungskräften ebenso zu ihren Aufgaben im Bereich des Personalmanagement wie die schon gewohnte Suche nach Pflegekräften. Die Erfahrung zeigt dabei, dass Sie Mitarbeiter mit den nachstehenden Aspekten an sich binden können bzw. es leichter haben, weitere Kollegen zu finden. Und das genau in dieser Reihenfolge:

1. Geld

2. Dienstplan-Sicherheit

3. Weiterentwicklungsmöglichkeiten

4. anständiges Betriebsklima

Aus diesem Grunde finden Sie diese vier Aspekte in den 50 Strategien zur Personalbindung und -findung immer wieder. So habe ich dem vermeintlich verpönten Thema »Geld« auch ein eigenes Kapitel gewidmet. Hartnäckig hält sich nämlich immer noch die Behauptung, dass »Geld nicht alles sei«. Fragen Sie aber mal alleinerziehende Pflegekräfte ohne vermögende Sponsoren aus der Familie im Hintergrund, was der für sie wichtigste Faktor für einen anständigen Job ist.

Nicht umsonst aber beginnt das Buch mit dem Thema »Unternehmenskultur«. Dazu zählt unter anderem auch die Haltung, mit seinen Mitarbeitern sprechen zu wollen. Eine gute Unternehmenskultur, die durch die Führungskräfte von ganzem Herzen vorgelebt wird, bildet auch ein Fundament für gutes Personalmanagement. Denn aus einer solchen Kultur wachsen erst der Wille und die Tatkraft, sein Personal gut zu bezahlen, es weiterzuentwickeln und ihm verlässliche Arbeitszeiten zu bieten.

Anmerkungen zum Buch und zur Anwendung

Im zweiten Kapitel werden Sie Beispiele zum Thema »Dokumentierter Pflegeprozess« finden. Ich habe mir vorbehalten, diese Fallbeispiele nach dem »alten« System zu beschreiben – und nicht im Sinne der sogenannten entbürokratisierten Pflegedokumentation. Der Grund ist einfach: Die Anforderungen des MDK haben sich nicht verändert – aber vor allem die Strukturierte Informationssammlung®, die Bestandteil der Entbürokratisierten Pflegedokumentation ist, verleitet dazu, bestehende Risiken nicht hinreichend für die fachgerechte Weiterverfolgung im weiteren Pflegeprozess abzubilden. Zudem läuft das Konzept der Entbürokratisierten Pflegedokumentation Gefahr, Mindestanforderungen aus der Umsetzung der nationalen Expertenstandards zu unterlaufen. Daran ändert aus meiner Sicht auch die »Kasseler Erklärung« nichts, die gern als Persilschein für mangelhafte Dokumentation im Rahmen des Modells herhalten muss.

In der Folge hoffe ich, Ihnen die eine oder andere Anregung für Ihre Personalarbeit und vor allem für Ihre Personalfindung und -bindung zu liefern. Über Rückmeldungen, Fragen und Anregungen aller Art unter mail@schluermann.com bin ich sehr dankbar.

Herzliche Grüße

Ihr
Birger Schlürmann

 

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Wichtige Info

Alle in den Beispielen geschilderten Handlungen, Personen und Namen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig und sind nicht beabsichtigt.

Das absolute Fundament für eine erfolgreiche Personalpolitik ist eine klare, dem Menschen zugewandte Unternehmens- und damit auch Führungskultur. Das bedeutet nach meiner Überzeugung, nach humanistischen Grundsätzen, fair und verlässlich als Führungskraft und Unternehmer/in zu agieren. Das impliziert ausdrücklich auch die Ehrlichkeit, Unangenehmes zu kommunizieren und den Mitarbeitern gegenüber berechtigte, sachliche Kritik zu äußern.

Gerade Letzteres erfordert Ihren Mut, denn einige Mitarbeiter sind sich ihrer Macht sehr wohl bewusst. Dieser Mut wird aber im Stillen der Mehrzahl Ihrer Mitarbeiter imponieren, die ihrem Beruf tagtäglich mit Engagement und Hingabe nachgehen. Genau diese Menschen erreichen Sie dauerhaft mit der im ersten Absatz geschilderten Kultur.

Daher beginnt dieses Buch bewusst mit den Methoden zur Führungskultur. Diese sollen Ihnen helfen, eine Unternehmenskultur zu formulieren und zu leben, die Ihr gutes Personal hält und neues gutes Personal zu Ihnen bringt. Denn gerade in Zeiten des Personalmangels sprechen sich Top-Arbeitgeber in der Pflege herum. Führungskräfte dieser Arbeitgeber haben stets Initiativbewerbungen von Pflegekräften auf dem Tisch.

1.1 Entwickeln Sie Führungsleitlinien

Entwickeln Sie in einer Drei-Schritt-Methodik systematisch eine Führungsleitlinie für Ihren Pflegedienst.

1. Schritt: Definieren Sie Ihre Führungspositionen

Legen Sie zu Beginn Ihre Führungspositionen dar und nennen Sie die Personen, die diese ausfüllen. So legen Sie fest, an wen sich die Führungsleitlinie richten soll. Die folgende Tabelle (image Tab. 1), die Sie als Vorlage nutzen können, unterstützt Sie dabei.

Beachten Sie: In der Spalte »trifft zu« machen Sie ein Kreuz, wenn es die jeweilige Position in Ihrem Pflegedienst gibt. In der Spalte »Funktion/Aufgabe« tragen Sie in knappen Worten ein, was für eine Arbeitsbeschreibung zu der Position passt. In der Tabelle habe ich Ihnen bereits ein paar Formulierungsbeispiele vorgegeben. In der letzten Spalte tragen Sie den Namen der jeweils zuständigen Person ein.

Tab. 1: Welche Führungspersonen gibt es in Ihrem Unternehmen?

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2. Schritt: Definieren Sie Führungsstile für sich

Im zweiten Schritt stelle ich Ihnen unterschiedliche Charaktere von Führungsstilen vor. Definieren Sie für sich auf einer Skala von 0 (trifft überhaupt nicht zu – Stil ist nicht gewünscht) bis 3 (trifft voll zu – Stil ist gewünscht), inwieweit Ihnen ein Stil zusagt und von Ihnen gewünscht ist. Wichtig hierbei ist: Es gibt in Ihrer Praxis nicht den »einen« Führungsstil. Vielmehr werden Sie wahrscheinlich in unterschiedlichen Situationen auch Ihren Führungsstil variieren bzw. das von Ihren anderen Führungskräften erwarten. Verwenden Sie die folgende Tabelle (image Tab. 2) wieder als Vorlage.

Die Skala der Tabelle ist folgendermaßen hinterlegt:

3 = Stil ist gewünscht

2 = Stil ist eher gewünscht

1 = Stil ist eher nicht gewünscht

0 = Stil ist nicht gewünscht

Tab. 2: Verschiedene Führungsstile

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Nachdem Sie nun beide Tabellen für sich bearbeitet haben, können Sie durch diesen Selbsttest Ihr eigenes Führungsverständnis erkennen und haben eine Vorgabe, wie Sie sich Führung in Ihrem Pflegedienst vorstellen.

3. Schritt: Füllen Sie Ihre Führungsleitlinie mit Leben

Nachdem Sie für sich definiert haben, wie Sie sich Führung in Ihrem Pflegedienst vorstellen, können Sie Ihre Führungsleitlinie anhand von Grundsätzen, Haltungen und Maßnahmen aufbauen. Hierzu ein Beispiel, anhand dessen Sie Ihre eigene Führungsleitlinie weiter entwickeln können.

Beispiel Führungsgleitlinie für Pflegedienst XY

Einleitung

Wir verstehen Führung als wesentliches Instrument der Mitarbeitermotivation und -Weiterentwicklung im Sinne der ständigen Verbesserung der Kundenzufriedenheit und unserer Dienstleistungsqualität in den Bereichen Pflege, Betreuung, Hauswirtschaft und Verwaltung.

Führungsverständnis

Unser Führungsverständnis ist davon geprägt, den Mitarbeitern durch klare Vorgaben, »Leitplanken« und Orientierung in der täglichen Arbeit zu bieten. In diesem Rahmen sollen unsere Mitarbeiter eigenverantwortlich agieren und entscheiden. Statt einer Leistungskontrolle dominiert in unserer Führungsriege der Begriff des Mitarbeitercontrollings – also der Steuerung. Das beinhaltet klar verständliche Vorgaben, Anleitung, Förderung und Begleitung bei der ständigen Verbesserung.

Gelebte Führung

image Loyalität gegenüber den Mitarbeitern

Oberstes Prinzip für unsere Führungskräfte ist die Loyalität gegenüber den Mitarbeitern. Kein Mitarbeiter darf öffentlich angeprangert oder diskriminiert werden. Mitarbeiter werden gegenüber Kunden und weiteren interessierten Parteien (z. B. andere Berufsgruppen, Lieferanten, Aufsichtsbehörden) geschützt. Dies gilt vor allem bei MDK-Prüfungen in unserem Pflegedienst oder bei Kundenbeschwerden. Mögliches Fehlverhalten Einzelner wird intern in unserem Pflegedienst besprochen und einer Lösung zugeführt – ohne Beteiligung externer Personen. Ziel ist es, dass uns der Mitarbeiter vertraut und sich geschützt fühlt.

image Konstruktiver Umgang mit Fehlern

Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Und wer viel macht, macht durchaus auch mal viele Fehler. Unsere Führungskräfte sehen in jedem Fehler eine Chance zur Weiterentwicklung. Fehler werden gemeinsam mit dem Mitarbeiter analysiert und dann zusammen eine Strategie zur Verbesserung und künftigen Fehlervermeidung festgelegt. Ziel ist es, dass die Mitarbeiter aus Fehlern lernen und sich die gleichen Fehler möglichst nicht wiederholen.

image Fördern individueller Stärken zum Nutzen des Unternehmens und der Mitarbeiter Wir haben Strukturen geschaffen, in denen sich jeder Mitarbeiter entfalten und weiter entwickeln kann, und leben diese Strukturen. Die Weiterentwicklung eines jeden Mitarbeiters – unabhängig vom Grad der Ausbildung – ist eine wesentliche Führungsleitlinie in unserem Pflegedienst. Statt einfacher Leistungskontrollen legen wir Wert darauf, Entwicklungspotenziale bei unseren Mitarbeitern zu definieren und diese entsprechend mit Fort- und Weiterbildungen zu bedienen. Ziel ist es, dass sich jeder unserer Mitarbeiter immer wieder ein Stück verbessert.

image Ehrlichkeit gegenüber allen Mitarbeitern

Jeder Mitarbeiter kann darauf vertrauen, dass die Führungskräfte ehrlich zu ihm sind. Mitarbeiter können sich auf die Aussagen unserer Führungskräfte stets verlassen. Ehrlichkeit bedeutet für unsere Führungskräfte aber auch, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Ziel ist es, dass der Mitarbeiter in jeder Situation weiß, wo er steht und dass er sich auf die Aussagen aller Führungskräfte verlassen kann.

image Empathie gegenüber Mitarbeitern

Unsere Mitarbeiter sind keine Nummern oder immer gleich funktionierende Roboter. Jedem Mitarbeiter werden auch »schlechtere« Tage zugestanden. Der Mitarbeiter kann sich darauf verlassen, dass unsere Führungskräfte ein offenes Ohr für ihn haben und für Sorgen der Mitarbeiter stets Gesprächs- und Hilfsbereitschaft signalisieren. Zudem ist jeder Mitarbeiter von seiner Persönlichkeitsstruktur her unterschiedlich. Unsere Führungskräfte sind in der Lage, für jeden Mitarbeiter eine individuell adäquate Ansprache zu finden. Unser Ziel ist es, dass jeder Mitarbeiter den Mut hat, bei Sorgen und Problemen das Gespräch mit einer Führungskraft zu suchen und auf seine Empathie zu vertrauen.

image Geradlinigkeit und Berechenbarkeit

Wir verfolgen die Idee des »Forderns und Förderns«. Wir geben als Führungskräfte den Mitarbeitern einen eigenverantwortlichen Handlungsrahmen vor. Jeder Mitarbeiter kennt seinen Handlungsrahmen und darf sich in diesem Rahmen frei bewegen. Hält ein Mitarbeiter den vorgegebenen Rahmen nicht ein, überschreitet er Kompetenzen und/oder missachtet er Inhalte seiner Stellenbeschreibung, muss er wissen, dass ein solches Verhalten nicht gewünscht ist. Zeigt ein Mitarbeiter Engagement und überzeugt durch gute und zuverlässige Arbeit, kann er darauf vertrauen, dass die Führungskräfte seine Fähigkeiten fördern und ausbauen – zu seinem und dem allgemeinen Nutzen des Pflegedienstes. Ziel ist es, dass jeder Mitarbeiter weiß, dass er die Chance hat, durch Leistung aufzusteigen. Und das unabhängig von seiner Qualifikation, von der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und nicht durch »Erbhöfe«.

image Balance zwischen Nähe und Distanz gegenüber den Mitarbeitern

Unsere Führungskräfte halten eine angemessene professionelle Distanz zu den Mitarbeitern. Sie lassen sich nicht für Einzelinteressen instrumentalisieren. Weiterhin werden nicht einzelne Mitarbeiter bevorzugt, um Eigeninteressen als Führungskraft zu wahren oder zu verfolgen. Ziel ist es, das den Mitarbeitern eine Gleichbehandlung bewusst ist – im Guten wie im weniger Guten.

image Hohe Problemlösungskompetenz

Probleme werden durch unsere Führungskräfte nicht verdrängt und ausgesessen, sondern gelöst. Für die Mitarbeiter sind alle Führungskräfte Vorbild. Hat ein Mitarbeiter ein Problem zu lösen und benötigt Hilfe, ist die Führungskraft in unserem Pflegedienst als »Fels in der Brandung« gefordert. Der Mitarbeiter muss unbedingt darauf vertrauen, dass alle Führungskräfte Schaden vom Pflegedienst abwenden und den Erhalt und den Aufbau von Arbeitsplätzen sicherstellen. Ziel für uns ist es, den Mitarbeitern ein Gefühl von Sicherheit und frei von existenziellen Sorgen zu vermitteln, um im Pflegedienst ihren täglichen Aufgaben nachkommen zu können.

Schlusswort

In unserem Pflegedienst haben sich alle Führungskräfte zu diesen Führungsleitlinien gegenüber allen Mitarbeitern verpflichtet. Sie richten ihr Handeln stets danach aus.

Unterschrift Inhaber/Geschäftsleitung

Ort, Datum

Gerade in Zeiten des Fachpersonalmangels und der immer weiter steigenden Konkurrenz brauchen Sie gute Mitarbeiter, um Ihren Pflegedienst zu sichern oder sogar auszubauen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Insofern kommt der Managementaufgabe »Führung« eine immer höhere Bedeutung zu. Denn Führung ist nicht nur Anweisen, sondern immer mehr auch ein Instrument der Personalentwicklung.

Scheuen Sie sich auch nicht, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Mittlerweile gibt es viele Seminare zum Thema »Führung«, »Führungsverhalten«, »Coaching« und »Kommunikation«. Gerade im Bereich Kommunikation und Coaching gibt es Angebote zu fundierten Fachweiterbildungen. Genauso haben Sie die Möglichkeit, sich einen persönlichen Coach zu buchen, der Sie zum allumfassenden Thema »Führung« begleiten und stetig weiterentwickeln kann.

1.2 Wenden Sie Führungsstile richtig an

Bekanntermaßen gibt es verschiedene Führungsstile von Führungskräften. Die gute Führungskraft hat nicht den einen zementierten Führungsstil, sondern zunächst einmal Grundsätze und eine Haltung dazu, wie sie Menschen führen möchte (image Kap. 1.1). Die Begriffe »Führungsstile« und »Führungsgrundsätze« lassen sich klar voneinander trennen.

Sie kennen das. Ein Unternehmens- oder auch ein Pflegeleitbild gibt einfache Grundsätze vor, wie der Umgang miteinander, der Umgang mit Kunden und das Pflegeverständnis ist. Es wird also eine grundlegende Haltung definiert, wie gearbeitet werden soll.

1.2.1 Verschiedene Führungsstile

Genau das Gleiche passiert, wenn Sie für sich klare Führungsgrundsätze haben, die für Sie wie Leitplanken sind. Haben Sie diese Grundsätze mit »Herz und Bauch« verinnerlicht und leben sie im Alltag, sind Sie mühelos in der Lage, zwischen verschiedenen Führungsstilen situativ zu wechseln – ohne dabei Ihre Grundsätze über Bord werfen zu müssen.

Die gängigsten Führungsstile sind diese (image Tab. 2):

diktatorisch

autoritär

Führen mit Zielen

konsultativ

Führen nach dem Ausnahme-Prinzip

kooperativ

Führen nach dem Kumpel-Prinzip

Führen mit Laisser-faire

Die aufgelisteten Führungsstile sollten nicht verallgemeinernd in die Kategorien »gut« und »böse« gesteckt werden. Denn es kommt immer auf die Situation an, in der Sie sich als Führungskraft gerade befinden. Das folgende Kapitel (image Kap. 1.2.2) gibt Ihnen einige Beispiele, wann welcher Stil angebracht sein kann.

1.2.2 Welcher Führungsstil passt zu welcher Situation

Die nachstehende Tabelle zeigt Ihnen die oben genannten Führungsstile auf und gibt Ihnen eine Orientierung, welchen Stil Sie wann erfolgreich anwenden können.

Tab. 3: Führungsstile und je passende Situationen

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Selbstverständlich werden Sie in der Praxis durchaus abweichende Erfahrungen gemacht haben. Oder Ihnen fallen noch weitere Situationen aus Ihrem Arbeitsalltag ein, die hier in die Übersicht passen würden.

1.2.3 Fazit

Wer als Führungskraft klare Grundsätze hat, die auch in der situativ individuellen Anwendung verschiedener Führungsstile deutlich werden, wird seine Mitarbeiter auf Dauer hinter sich haben. Mit diesem Vorgehen stellen Sie auf jeden Fall eine nachhaltige Mitarbeiterzufriedenheit sicher.

1.3 Halten Sie Ihr Personal mit guter Führung

In vielen Regionen ist der Personalmarkt für Pflegekräfte dermaßen leergefegt, dass trotz vielschichtiger Bemühungen niemand Neues zu finden ist. Umso wichtiger ist, dass Sie Ihre guten Mitarbeiter halten und sie Ihnen nicht für etwas mehr Geld zu Ihren Mitbewerbern wechseln.

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Diese Strategie liefert Ihnen sechs Führungsregeln, mit denen Sie Ihre guten Mitarbeiter behalten. Diese Regeln sind in jeder Situation anwendbar und bilden zusammen eine Führungsphilosophie, die wiederum nachhaltig zu mehr Gewinn und Personalzufriedenheit bei Ihnen führt.

Unstrittig sind Geld und verlässliche Dienstzeiten häufig das wichtigste Kriterium für Mitarbeiter in der Pflege. Aber es zählen auch andere Werte. So schaffen Sie etwa mit einer vorbildlichen Führungskultur eine dritte Säule dafür, dass gutes Personal bei Ihnen bleibt – und sich vielleicht doch die eine oder andere neue, gute Pflegekraft bei Ihnen meldet. Im Prinzip müssen Sie nur sechs einfache Regeln beachten:

1. Regel: Seien Sie berechenbar für Ihr Personal

Berechenbar zu sein heißt, immer ausgeglichen zu sein und keine Stimmungsschwankungen nach außen zu zeigen. Ihr Personal muss sich verlässlich einschätzen können, wie Sie in Situationen wie Erfolgen, Fehlern, Krisen und sonstigen Alltagsund Ausnahmesituationen reagieren.

Das beste Beispiel ist der Umgang mit Fehlern: Was nie passieren darf, ist, dass ein Mitarbeiter bei einem Fehler von Ihnen übertrieben kritisiert wird. Und am nächsten Tag passiert der gleiche Fehler einem anderen Mitarbeiter, und Sie reagieren nachsichtig. Auch wenn es schwerfällt: Geben Sie sich immer gleich. Denn nichts wird als ungerechter empfunden, als für die gleiche Arbeit oder auch Fehlleistung ohne Grund ungleich/unfair behandelt zu werden. Fairness und Gleichbehandlung sind hier die Devise.

2. Regel: Stehen Sie für einen klaren Kurs

Mit Sicherheit haben Sie für sich ein bestimmtes Führungsverständnis entwickelt, mit dem Sie seit vielen Jahren erfolgreich sind. Das ist auch gut so – somit heißt die zweite Regel: Behalten Sie Ihren Stil bei und bleiben Ihrem Kurs treu, von dem Sie überzeugt sind!

Die Mitarbeiter schätzen es vor allem, wenn Sie als Führungskraft Ihren Stil und Kurs auch dann beibehalten, wenn es von innen ordentlichen Gegenwind gibt. So spüren Ihr gutes Personal sofort, wenn Sie einem Mitarbeiter gegenüber Zugeständnisse machen und dabei »rote Linien« überschreiten – nur damit dieser sich etwa nicht vor dem Wochenende krankmeldet.

Denn wer intern schon vor Mitarbeitern oder Vorgesetzten sofort einknickt, dem wird auch nicht zugetraut, dem Mitarbeiter vor Ungemach von außen zu schützen – z. B. bei MDK-Prüfungen und durch anstrengende Angehörige.

3. Regel: Seien Sie der Fels in der Brandung

Wie wichtig emotionale Sicherheit für Ihre Mitarbeiter ist, haben Sie schon bei der Beschreibung der ersten Regel erfahren. Diese emotionale Sicherheit stärken Sie dadurch, dass Sie immer der Fels in der Brandung sind. Nach außen hin prallt alles von Ihnen ab, was so gegen Ihren Pflegedienst anläuft.

Wenn Sie zum Beispiel in Krisen immer wieder klaren Kopf bewahren und tragfähige Lösungen umsetzen, bauen Sie sich bei Ihren Mitarbeitern unglaublich viel Respekt auf. Dadurch schaffen Sie es, dass sich Ihre äußere Ruhe auch auf Ihre Mitarbeiter überträgt. Denn diese wissen: »Ich kann mich auf meine Führungskraft verlassen.« Das wiederum hat einen erheblichen Einfluss auf die Arbeitsleistung Ihrer Belegschaft.

Sie entwickeln durch so ein Verhalten einen Ruf als »Fels in der Brandung« bei Ihren Mitarbeitern. Sie leben vor, dass Entscheidungen mit Bedacht und aufgrund von Zahlen, Daten, Fakten getroffen werden. Unbezahlbar ist dieses Verhalten in akuten Krisensituationen, wo einzelne Mitarbeiter oder die gesamte Belegschaft verängstigt sind. Neben aus dem Ruder laufenden MDK-Prüfungen sind das etwa auch haltlose Diebstahlvorwürfe gegen einzelne Mitarbeiter. Für den betroffenen Mitarbeiter ist das eine Katastrophe. Umso besser ist es dann für ihn, wenn er dann das Gefühl hat unter einem Vorgesetzten zu arbeiten, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und der zu ihm steht. Zudem wird er weitertragen, was für eine gute Arbeitsatmosphäre bei Ihnen herrscht.

4. Regel: Seien Sie das Vorbild

Führungskraft zu sein, bedeutet auch, Meinungen vertreten zu müssen, zu denen Sie persönlich eigentlich nicht stehen. Dieser Kompromiss zwischen »Betriebsräson« und gesundem Menschenverstand ist aber für Sie als Vorbild unumgänglich. Natürlich sind so manche Qualitätsvorgaben durch den Gesetzgeber und durch die Vertragspartner schwer verständlich und teilweise gewöhnungsbedürftig. Dennoch müssen diese Dinge umgesetzt werden.

Aus diesem Grund klagen Sie gegenüber Ihren Mitarbeitern niemals über diese Anforderungen, sondern helfen Sie ihnen, die Dinge umzusetzen. Machen Sie klar, dass Sie alle sich zum Fortbestand des Pflegedienstes an diese Regeln halten müssen und dass es allen Pflegediensten so ergeht. Liefern Sie so Ihren Mitarbeitern also niemals Nährboden, wenn es zum Beispiel wieder Diskussionen um »beliebte« Themen wie die Pflegedokumentation geht.

5. Regel: Seien Sie der Entscheider

Wenn Sie einmal eine Entscheidung treffen, bleiben Sie auch dabei. Und zwar vollkommen unabhängig davon, ob diese Entscheidung Ihren Vorgesetzten oder Mitarbeitern in den Kram passt. Hierzu passen Beispiele in beide Richtungen:

Bezogen auf das Beispiel müssen Sie bei Ihrer Entscheidung für die Abmahnung bleiben. Dabei muss es Ihnen zunächst egal sein, welche Konsequenzen das für den Dienstplan haben könnte. Denn die Rettung naht, da Sie durch Ihre Konsequenz zwei elementare Dinge erreichen:

1. Die betreffende Mitarbeiterin ist überrascht, dass ihr Fehlverhalten tatsächlich eine unangenehme Folge nach sich zieht. Dabei geht es weniger um die Abmahnung an sich – das wird die Mitarbeiterin nicht interessieren – vielmehr die Tatsache, dass die Mitarbeiterin merkt, dass sie Sie mit ihrem Verhalten nicht manipulieren kann.

2. Die anderen Mitarbeiter merken, dass es Ihnen ernst ist mit Ihren Ankündigungen und Sie einmal getroffene Entscheidungen auch durchziehen. So stehen die engagierten Mitarbeiter nun erst recht hinter Ihnen. Sie werden Ihnen bestenfalls über den möglichen Dienstplan-Engpass hinweghelfen. Weniger gute Mitarbeiter überlegen sich zudem etwas genauer, ob sie ihren Egoismus auf Kosten des Pflegedienstes ausleben.

Andersherum wird auch ein Schuh daraus:

In diesem Falle imponieren Sie Ihren Mitarbeitern erst recht. Sie stehen zu einer unbequemen Entscheidung, die aber Ihrem Pflegedienst und Ihren Mitarbeitern zu Gute kommt.

6. Regel: Fördern Sie Ihre Mitarbeiter

Der Gedanke folgt einer Firmenphilosophie des Vertrauens und der Teilhabe. Damit ist gemeint, dass Sie nicht als Alleinherrscher auftreten, sondern einen Führungskräfte-Nachwuchs aufbauen. Ferner unterstützen Sie die Kollegen fachlich, die Ihnen unmittelbar zuarbeiten, und helfen ihnen sich weiterzuentwickeln.

Bedenken Sie: Der Betrieb muss auch laufen, wenn Sie im Urlaub sind oder anderweitig ausfallen. Ihre Mitarbeiter werden zumindest unbewusst durch Ihr Vertrauen geehrt sein, dass es eben auch mal ohne Sie geht. Zudem wachsen vor allem gute Nachwuchsführungskräfte über sich hinaus, wenn sie den Chef vertreten dürfen. Allein das in sie gesetzte Vertrauen spornt oft zusätzlich zu Höchstleistungen an. Diese Philosophie setzt sich auch in den unteren Ebenen fort und wird gefördert, wenn interessierte Mitarbeiter kleine Sonderaufgaben bekommen. Diese können sie in einem vordefinierten Rahmen – ihrer Qualifikationsstufe entsprechend – so ausfüllen, wie sie es selbst für richtig halten.

1.3.1 Gute Führung sorgt für gute Zahlen

Eine gute und motivierte Pflegefachkraft erwirtschaftet im Monat zwischen 5500,00 und 6800,00 € (abhängig von Region, Gehalts- und SGB XI-Vergütungsstrukturen). Dieser Wert kommt dann zustande, wenn diese Fachkraft nicht »krankfeiert«, keine Blindleistungen produziert und von sich aus, weiteren Grund- und Behandlungspflege-Bedarf entdeckt und meldet. Diese Pflegekraft ist Ihnen gegenüber loyal und ist gerne bei Ihnen beschäftigt. Eben weil Sie eine sehr gute Führungskraft sind.

Eine nur mäßige Kraft hingegen fehlt viel, interessiert sich nicht sonderlich für den wirtschaftlichen Erfolg Ihres Pflegedienstes und kommt vielleicht auf 4000,00 € Umsatz im Monat. Bei Kosten von 3700,00 € allein für diese Fachkraft zzgl. der umgerechneten Overheadkosten liegen Sie im Beispiel schon bei 4500,00 € – machen also mit so einer Kraft schon 500,00 € Minus im Monat. Auch hier sind die verschiedenen Gehalts- und Vergütungsniveaus (SGB XI) in den einzelnen Regionen zu bedenken.

Der Unterschied zwischen guten und weniger guten Führungsverhalten kann pro Monat und Mitarbeiter also schnell im vierstelligen Euro-Bereich liegen.

Zusammengefasst lauten Ihre sechs goldenen Führungsregeln also:

Seien Sie berechenbar für Ihr Personal

Stehen Sie für einen klaren Kurs

Seien Sie der Fels in der Brandung

Seien Sie das Vorbild

Seien Sie der Entscheider

Fördern Sie Ihre Mitarbeiter

Ganz klar ist es im Alltag oft schwer, diese Regeln einzuhalten. Aus diesem Grunde scheuen Sie sich nicht, für sich ein professionelles Führungskräfte-Coaching in Anspruch zu nehmen. Die Kosten von ca. 100,00 € pro Sitzung holen Sie doppelt und dreifach wieder rein, wenn Sie ein leistungsstarkes und loyales Team formen und führen.

1.3.2 Fazit

Vergessen Sie zudem nie, dass Ihre Mitarbeiter in der ambulanten Pflege allein vor Ort beim Kunden sind. Das heißt, sie müssen die vor Ort auftretenden Probleme und Schwierigkeiten nicht nur sofort lösen – sie müssen vor allem immer die richtigen Entscheidungen treffen. Wer das Gefühl hat, unter einem Vorgesetzten zu arbeiten, der einem den Rücken frei hält, macht weniger Fehler und ist selbstsicherer!

1.4 Leben Sie eine positive Fehlerkultur

Wer nichts macht, macht auch keine Fehler. Wer viel macht, macht auch Fehler. Welcher Mitarbeitertyp ist Ihnen lieber? Das ängstliche Mäuschen, was allenfalls Dienst nach Vorschrift macht – oder doch lieber die zupackende, mitdenkende Kraft, wo dann auch mal was daneben geht? Wahrscheinlich kommen Sie mit dem letztgenannten Mitarbeitertyp besser klar. Wo viel und gut gearbeitet wird, passieren eben Fehler.

1.4.1 Leben Sie gemeinsam eine gute Fehlerkultur

Bedenken Sie: Fehler passieren immer unabsichtlich. Ansonsten wäre es Sabotage, und das dürfte keiner Ihrer Mitarbeiter wollen. Bedenken Sie weiter, dass auch Sie kein Roboter sind und Ihnen auch Fehler unterlaufen, die Ihre Mitarbeiter möglicherweise mit ausbaden müssen. Der Klassiker ist das folgende Beispiel.

Beispiel Neukunden genau prüfen!

Der Pflegedienstinhaber Eddy Schnitter fährt zum Erstgespräch in eine große Villa. Ein Ehepaar will pflegerisch versorgt werden. Schnitter wittert 3000,00 € Umsatz pro Monat und sagt die Pflege zu, ohne genau hinzuschauen. Nach 14 Tagen melden sich immer mehr verzweifelte Mitarbeiter, die von anzüglichen Bemerkungen des Ehemannes, kostenlos geforderten Sonderleistungen und dem kaum machbaren Transfer der Ehefrau vom 1. Stock in das Erdgeschoss berichten.

Eddy Schnitter ist ratlos. Mit diesen Problemen hatte er nicht gerechnet. Er erkennt, dass er zu nachlässig war. Sein Fehler ist, dass er sich über die Gegebenheiten und Anforderungen zur Pflege des Ehepaars nicht genau informiert hat.

1.4.2 Vertrauen Sie einander

Hier müssen Sie den ersten Schritt machen: Ihre Mitarbeiter müssen einerseits erfahren, dass das Zugeben eines Fehlers ihnen keine Angst machen muss. Denn Sie reagieren nicht mit Gebrüll und Abmahnung, sondern hören Ihren Mitarbeitern zu und lassen sich ganz in Ruhe erklären, wie es zu dem Fehler gekommen ist. Wenn Mitarbeiter dieses Verhalten von Ihnen kennen, schwindet ihre Angst einen Fehler zuzugeben immer mehr. Überzeugen Sie Ihr Team zudem, Vergehen oder Fehlleistungen unverzüglich zuzugeben. Denn Fehler, die schnell bekannt sind, haben geringere Folgen als Fehler, die verheimlicht werden und später ans Licht kommen.

Ihre Mitarbeiter lernen Ihnen zu vertrauen – und Sie lernen Ihren Mitarbeitern zu vertrauen, dass diese sich in Zweifel sofort an Sie wenden und Übertretungen zugeben.

Dazu gehört andererseits auch, dass Sie sich und den Mitarbeitern gegenüber eigene Fehler eingestehen. In Anlehnung an das obige Beispiel geben Sie zu, dass Sie aufgrund des verlockenden Umsatzes zu voreilig waren und jede Vorsicht außer Acht gelassen haben. Sie haben im ersten Moment an die Existenzsicherung des Pflegedienstes gedacht und deshalb nicht genau hingeschaut. Sie bieten Ihrem Team Lösungen an, wie Sie den Fehler ausbügeln. Damit gewinnen Sie Ihre Mannschaft für sich!

1.4.3 Stellen Sie niemanden an den Pranger

Wenn ein Mitarbeiter einen Fehler gemacht hat, besprechen Sie das unter vier Augen. Auf keinen Fall soll der Mitarbeiter bloßgestellt werden, indem es Zeugen dieses Erstgesprächs gibt. Auch mögliche Sanktionen müssen vorab im Vier-Augen-Gespräch besprochen und verhängt werden. Erklären Sie dem Mitarbeiter aber auch, warum Sie eine Sanktion verhängen müssen und dass Sie dennoch weiter mit ihm zusammenarbeiten möchten. Hierzu beachten Sie bitte das folgende Beispiel.

Erst nachdem der Fehler und die Sanktionen geklärt sind, kann das Thema ins Team gebracht werden, damit auch die anderen Mitarbeiter daraus lernen und ähnliche oder gleiche Fehler zukünftig vermieden werden.

Beispiel Fehler passieren ...

Die Pflegefachkraft Sabrina Weise hat einer Patientin versehentlich falsche Medikamente verabreicht. Dieser Fehler zieht leider einen Krankenhausaufenthalt der Kundin nach sich. Der Sohn der Patientin, ein bissiger Jurist, will den Pflegedienst verklagen.

Frau Weise ist vollkommen aufgelöst und sehr betroffen. Ihr Pflegedienstleiter Jochen Abel kann nachvollziehen, dass der Fehler unter Stress passiert ist. Er will Sabrina Weise aber unbedingt im Team behalten, weil sie eine Top-Kraft ist. Vor dem Hintergrund der drohenden Klage bleibt ihm aber nichts anderes übrig, als Frau Weise abzumahnen. Abel erklärt der Fachkraft, warum das so ist: Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er den betreffenden Mitarbeiter formgerecht arbeitsrechtlich sanktioniert hat, um bei einer Gerichtsverhandlung besser wegzukommen. Abel sichert Sabrina Weise alle Unterstützung zu und sichert ihr zu, dass er sie nicht verlieren möchte. Frau Weise ist nun etwas beruhigter.

1.4.4 Entwickeln Sie gemeinsam eine Problemlösungskompetenz

Es gibt den guten Satz »Fehler sind Freunde«: Denn wenn Sie mit Fehlern richtig umgehen, profitieren Sie davon. Ohne Fehler gibt es keinen Fortschritt. Nur aus Fehlern lernen alle und werden aus ihrer oft lethargischen Arbeitsroutine gerissen. Wenn Fehler bei Ihnen offen angesprochen werden, suchen Sie im Team eine Lösung. Je öfter Sie das praktizieren, desto höher wird die Problemlösungskompetenz in Ihrem gesamten Team. Zur Problemlösungskompetenz gehört auch die Regelung, wie bei Fehlern vorzugehen ist. Diese Regeln könnten für Sie und Ihr Team so aussehen:

Der Fehler passiert → der Fehler wird zugegeben → die Fehlerursachen werden benannt → es werden Lösungen gesucht → es wird sich für eine Lösung entschieden → Frist und Verantwortliche werden benannt → ein Reflexionstermin wird festgesetzt.

In Anlehnung an das Beispiel mit dem unglücklichen Erstgespräch wird das Schema so mit »Leben gefüllt«:

Pflegevertrag über 3000,00 € geschlossen ohne Beachtung der kritischen Versorgungssituation → Geschäftsführer/PDL gibt den Fehler unumwunden zu → benennt als Ursache »zu vertrauensselig gegenüber Aussagen des Ehepaares«, »unzureichende Begehung der Wohnräume«, »keine Risikoanalyse« und »Gier wegen 3000,00 € Umsatz hat verblendet« → Lösung: a) Gespräch mit Ehepaar wegen übergriffigem Verhalten und Ausbau der Versorgung im Sinne der Mitarbeiter, b) Kündigung → Verantwortlich zur Umsetzung binnen drei Tagen ist Geschäftsführer/PDL → Reflexion in einer Woche bei nächster Teamsitzung.

Wenn Sie – egal wer einen Fehler macht – dieses Schema in der Teamsitzung immer wieder praktizieren, steigt die allgemeine Problemlösungskompetenz.

1.4.5 Fazit

Wer als Führungskraft offen mit Fehlern umgeht, diese nicht dämonisiert und immer wieder an einer Unternehmenskultur der Problemlösungskompetenz arbeitet, wird neben einer exzellenten Fehlerkultur auch eine Verbesserung des Betriebsklimas und des Teamgeistes erleben. Und genau damit binden Sie Ihre Mitarbeiter emotional. Wer von den Pflegemitarbeitern anderer Dienste kann schon von sich behaupten: »Unser Chef macht uns nach Fehlern nur stärker und besser!«

1.5 Beteiligen und informieren Sie die Mitarbeiter

Offensichtlich gibt es einen Zusammenhang zwischen unzufriedenen Mitarbeitern einerseits und Führungskräften andererseits, die Informationen zurückhalten und als Herrschaftswissen ansehen.

Sie motivieren Ihr Team hingegen damit, dass Sie die Kollegen über Ihre Schritte zur Weiterentwicklung des Pflegedienstes informieren, sie über die Notwendigkeit wichtiger Entscheidungen informieren und in Entscheidungsfindungen einbinden. Noch besser sind Sie als Führungskraft, wenn Sie dabei noch die individuellen Stärken der einzelnen Mitarbeiter berücksichtigen.

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Die Methode der Mitarbeiterbeteiligung hilft Ihnen, eine Informations- und Kommunikationsstruktur aufzubauen, die zu höchstmöglicher Transparenz in Ihrem Pflegedienst führt und eine motivierende Arbeitskultur schafft. Zudem sorgen Sie mit einfachen Mitteln für eine hohe Identifikation Ihrer Mitarbeiter mit Ihrem Pflegedienst.

1.5.1 Entwickeln Sie eine gute Informationskultur

Dazu gehört auch, dass Sie sich selbst bei Ihren Mitarbeitern informieren, »wie es so läuft«. Dazu nutzen Sie zwei Methoden:

1. Sie besprechen einzeln mit jedem Mitarbeiter seine Tour, die er gerade gefahren ist. Nehmen Sie sich jede Tour 1–2 Mal binnen 14 Tagen vor.

2. Sie beteiligen sich aktiv an Dienst- und Teamsitzungen (das gilt vor allem für die Inhaber/Führungskräfte sehr großer Pflegedienste mit regionalen Teams).

Darüber hinaus können Sie einen Newsletter entwickeln, den Sie an alle Mitarbeiter per Mail versenden. Diesen Newsletter können Sie vierteljährlich versenden – inhaltlich stellen Sie pflegerisch-medizinische und rechtliche Aspekte vor. Zudem bauen Sie einen »bunten« Teil ein, um z. B. über Geburtstage, Jubiläen, Hochzeiten und erfolgreiche Fortbildungen Ihrer Mitarbeiter zu informieren. Neue Mitarbeiter können in einem solchen Newsletter porträtiert werden.

Legen Sie zudem Wert darauf, dass Sie auf den Dienstbesprechungen, die Sie selber führen, die Teilnehmer über alle relevanten Themen zur Unternehmensentwicklung informieren. Lassen Sie immer Raum für Rückfragen, erläutern Sie bei dieser Gelegenheit auch unpopuläre Entscheidungen. Diese Transparenz wird Ihnen immer zu Gute kommen.

1.5.2 Informationen sollen motivieren, nicht ängstigen

Vor allem Begriffe wie »MDK«, »Personalknappheit« und »Staatsanwalt« sind für viele Mitarbeiter angstauslösend. Sie können als guter Motivator aber den Spieß umdrehen und vermitteln so vielmehr, wie viel besser die Mitarbeiter ihren Job erledigen können, wenn sie über alle Dinge umfassend informiert sind. Hierzu lesen Sie die Beispiele in der Tabelle:

Tab. 4: Auswirkungen von positiven und negativen Informationsstilen

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In allen drei positiven Beispielen werden die Mitarbeiter sofort »mit ins Boot geholt«. Es wird ihnen vermittelt, dass alle an einem Strang ziehen und dass die Führungspersonen den Mitarbeitern vertrauen.

Nutzen Sie die nachstehende Checkliste, um zu prüfen, ob Ihre Informationspolitik Ihre Mitarbeiter tatsächlich motiviert.

Checkliste: So gelingt motivierende Informationspolitik
Sie möchten, dass Ihre Mitarbeiter an den Unternehmenserfolg glauben.
Sie sehen Informationen als Ihre Bringschuld an.
Ihre Informationen haben immer einen Bezug zu den Zielen Ihres Pflegedienstes.
Ihre Informationen transportieren auch, was für Ihre Mitarbeiter und deren Arbeit wichtig ist.
Ihre Informationen sind präzise und nachvollziehbar.
Sie fragen immer nach, ob alle Mitarbeiter Ihre Informationen und Erläuterungen nachvollziehen können.
Sie geben immer Raum für Rückfragen.
Sie geben Raum für Kritik und Anregungen Ihrer Mitarbeiter.
Sie halten Mitarbeiter bei längeren Prozessen auf dem jeweils aktuellen Stand.
Sie bitten die Mitarbeiter um Rückmeldungen zu Ihrem Auftreten und Ihrer Informationspolitik.
Sie bilden sich selbst von Zeit zu Zeit in Kommunikation und Rhetorik fort.

Wenn Sie überall einen Haken machen können, betreiben Sie bereits eine Informationspolitik, die Ihre Belegschaft motiviert.

1.5.3 Fazit

Angst kann auch gut mit Unwissenheit »übersetzt« werden. Etwas nicht zu wissen, bedeutet Unsicherheit und Abschreckung vor dem, was da wohl kommen mag. Mitarbeiter, die über die wesentlichen Vorgänge in Ihrem Pflegedienst informiert sind und an Entscheidungsfindungen und Problemlösungen beteiligt werden, haben keine Angst. Sie verrichten vielmehr ruhig und selbstbewusst ihre Arbeit.

1.6 Machen Sie eine Personalbefragung

Sie sollten als Führungskraft umfangreiche Informationen über die Mitarbeiterzufriedenheit in Ihrem Pflegedienst erhalten, damit Sie im Bedarfsfalle sofort gegensteuern können. Aus diesem Grunde bekommt jeder Mitarbeiter – egal welche Hierarchiestufe – die gleichen Fragen gestellt.

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Das Instrument der Personalbefragung hilft Ihnen, genau zuzuhören, was Ihre Mitarbeiter bewegt. Es geht nicht darum, ein »Gefälligkeitsgutachten« für Sie und Ihre Führungsebene einzuholen. Es geht vielmehr darum, Optimierungsbedarf für Ihre Einrichtung zu erfahren und in entsprechende Handlung umzusetzen.

Bekommen Sie einen Überblick darüber, wie zufrieden Ihre Mitarbeiter in den Themenbereichen Arbeitsbereich, Führung, Kollegen, Bezahlung, Arbeitszeiten und Weiterentwicklung sind. Sie können die Auswertungsergebnisse dann dazu nutzen, individuelle Maßnahmen zur Mitarbeiterzufriedenheit einzuleiten.

Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Befragung anonym oder namentlich durchführen möchten. Verteilen Sie in jedem Falle die Bögen an alle Ihre Mitarbeiter und geben Sie ihnen eine Woche Zeit zum Ausfüllen. Schreiben Sie ferner jedem Mitarbeiter 30 Minuten Mehrarbeit gut. Dies erhöht die Wertigkeit Ihrer Maßnahme.

Der Fragebogen ist in unterschiedliche Bereiche aufgebaut (image Tab. 510). Dies soll später die Auswertung erleichtern – gleichzeitig aber auch die Möglichkeit bieten, diese Auswertung differenziert darzustellen.

Anmerkungen zu den Fragebögen:

Zu jeder Frage gibt es ein Kommentarfeld, was vom Mitarbeiter freiwillig genutzt werden kann.

Auf Wunsch können Sie auch Teile aus der Befragung herausnehmen. Der Umfang Ihrer Mitarbeiter-Befragung obliegt selbstverständlich Ihnen allein.

Machen Sie die Vorgabe, dass sämtliche von Ihnen gestellte Fragen zu beantworten sind. Ansonsten ist die Befragung schwer auszuwerten, weil die Basispunktzahl, auf die sich die 100 Prozent beziehen, ständig schwankt.

Auswertung

Die Auswertung wird wie folgt vorgenommen:
Ja → 3 Punkte
Eher Ja → 2 Punkte
Eher Nein → 1 Punkt
Nein → 0 Punkte

Die Punkte können dann per Dreisatz in Prozente umgerechnet werden. Insgesamt gibt es 84 Punkte zu erreichen. Das entspricht 100 Prozent.

Wenn Sie einzelne Teilbereiche herausnehmen (z. B. »Bezahlung«), verringert sich natürlich die maximal zu erreichende Punktzahl um die Anzahl der Fragen aus dem Bereich multipliziert mit drei. Also würden ohne die sechs »Bezahlungs-Fragen« 66 Punkte 100 Prozent entsprechen.

Die Gesamtauswertung können Sie zur Darstellung unterschiedlicher Ergebnisse nutzen:

Sie können eine Gesamtprozentzahl zur Mitarbeiterzufriedenheit erheben – so haben Sie alle befragten Mitarbeiter und alle abgefragten Teilbereiche erfasst.

Sie können ferner die Zufriedenheit pro Mitarbeiter in Prozent abbilden.

Sie können die Mitarbeiterzufriedenheit pro Teilbereich abbilden.

Je höher der Gesamtprozentsatz, desto höher die Mitarbeiterzufriedenheit. Die sechs Teilbereiche können so ebenfalls mit einer Prozentzahl abgebildet werden. Auch hier gilt: je höher, desto besser. So auch bei den einzelnen Mitarbeitern. Gerade die Auswertungen der Teilbereiche sowie die Übersicht der Zufriedenheit bei den Mitarbeitern liefern Ihnen wichtige Daten für Mitarbeiterjahres- bzw. Zielvereinbarungsgespräche. Sie sehen als Führungskraft, in welchen Teilbereichen noch Unzufriedenheit und Konfliktpotenzial steckt. Ferner bekommen Sie einen Überblick, bei welchen Mitarbeitern die Zufriedenheit im Keller ist. Hier stehen Sie dann vor der Entscheidung sich zu trennen oder die Mitarbeiter zu fördern, um ihre Zufriedenheit zu erhöhen.

Die folgende Tabelle liefert Ihnen ein Auswertungsbeispiel (MA = Mitarbeiter).

1.6.1 Fazit

Mithilfe dieser umfangreichen Befragung bekommen Sie eine ehrliche Einschätzung Ihrer Mitarbeiter, wie sie über ihr Arbeitsfeld und Ihren Pflegedienst als Arbeitgeber denken. Nutzen Sie negative Rückmeldungen als Chance! Denn negative Rückmeldungen lassen auf Mitarbeiter schließen, die etwas mit Ihrer Einrichtung verbindet und die sich Veränderungen wünschen – und der Wunsch nach Veränderungen steht immer noch vor der Kündigung!

1.7 Führen Sie eine Aufwärtsbeurteilung durch

Die Aufwärtsbeurteilung sattelt auf der Personalbefragung auf. Das im Kapitel 1.6 (image Kap. 1.6) vorgestellte Instrument zur Personalbefragung geht inhaltlich schon recht tief. Noch klarer wird das Bild der Mitarbeiter hinsichtlich Ihrer Führungsarbeit, wenn Sie eine Aufwärtsbeurteilung durchführen. Damit beweisen Sie einigen Mut, was vor allem die Leistungsträger unter Ihren Mitarbeitern (im Stillen) anerkennen werden.

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Das Instrument der Aufwärtsbeurteilung hilft anhand klar definierter Indikatoren eine Beurteilung der jeweils unterstellten Mitarbeiter durchzuführen. Sie bekommen ein klares Profil, wo die Mitarbeiter Stärken aber auch Schwächen beim direkten Vorgesetzten und damit Ihren Führungskräften sehen.

Für Unternehmen rückt die Persönlichkeit ihrer Führungskräfte immer stärker in den Vordergrund. Beständig werden von den Führungskräften, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, weiche Faktoren wie Sensibilität und Offenheit gegenüber den Mitarbeitern erwartet. Die Kommunikation mit und die Einbindung der Mitarbeiter durch die Führungskräfte ist heute ein wichtiger Bestandteil von Führungsarbeit. Zudem werden gute Führungskräfte von den Mitarbeitern als Vorbilder und Fixpunkte anerkannt, auf die man sich verlassen kann und die bei Krisen zur Seite stehen. Um in dem eigenen Betrieb zu überprüfen, wie es um diese Fähigkeiten der Führungskräfte bestellt ist, ist es sinnvoll, zunächst die Mitarbeiter zu befragen.

Eine Aufwärtsbeurteilung soll die Autorität der Führungskräfte nicht untergraben. Vielmehr geht es darum, das gegenseitige Verständnis zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten zu erhöhen und darum, mehr Transparenz im Betrieb zu schaffen.

1.7.1 Instrument der Aufwärtsbeurteilung

Die Aufwärtsbeurteilung führen Sie durch, indem Sie die Fragebögen an alle Mitarbeiter verteilen. Sie setzen dann eine Frist, bis wann Sie die Bögen ausgefüllt zurück erwarten – geben Sie den Mitarbeitern beispielsweise eine Woche Zeit. Billigen Sie den Mitarbeitern 30 Minuten Arbeitszeit zu, um die Aufwärtsbeurteilung vorzunehmen. So erhöhen Sie noch einmal die Wertigkeit und die Akzeptanz dieser Maßnahme.

Die Aufwärtsbeurteilung ist so gedacht, dass die jeweils untere Hierarchieebene ihren Vorgesetzten beurteilt. Also die Teamleitungen die Pflegedienstleitung sowie die Mitarbeiter die Teamleitungen. In kleineren Pflegediensten reicht es, wenn sie als Geschäftsführer die Mitarbeiter zur Beurteilung der PDL heranziehen.

Fragebogen

Gestalten Sie den Fragebogen so, dass die Mitarbeiter je eines der Antwortfelder »Ja«, »Eher ja«, »eher nein«, »nein« ankreuzen können. Ferner ist jede Frage immer mit einer Begründung / einem Kommentar zu beantworten. Diese soll in die Leerzeile der jeweiligen Frage eingetragen werden. Die Fragen sind in vier Kategorien unterteilt. Wird die Befragung namentlich durchgeführt, fügen Sie noch ein Kästchen für den Namen ein.

Tab. 12: Fragebogen zur Aufwärtsbeurteilung

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Auswertung

Die Auswertung wird wie folgt vorgenommen:

Ja → 3 Punkte

Eher ja → 2 Punkte

Eher nein → 1 Punkt

Nein → 0 Punkte

Als Ergebnis stehen dann ein Punktwert sowie eine Auswertung im Freitext.

Dieses Ergebnis wird zwischen dem Beurteilten und seinem Vorgesetzen besprochen. In der Regel dürfte es so sein, dass Ihre Pflegedienstleitung beurteilt wird und Sie als Geschäftsführer mit ihr das Ergebnis diskutieren. Hieraus sollte dann eine Zielvereinbarung folgen. Sinnvoller Weise führen Sie dieses Gespräch im Rahmen des turnusmäßigen Mitarbeiterjahresgesprächs.

Die Auswertung können Sie folgendermaßen vornehmen (auf einzelne Mitarbeiter und auf die gesamte Mitarbeiterschaft bezogen):

43 bis 63 Punkte:

Der Mitarbeiter scheint insgesamt zufrieden zu sein. Nehmen Sie im Gespräch gezielt die Punkte heraus, bei denen der Mitarbeiter 1 oder 0 Punkte vergeben hat. Sollte der Mitarbeiter generell immer mit 2 oder 3 Punkten gewertet haben, lenken Sie das Gespräch mehr auf die Ebene, wie die hohe Zufriedenheit gehalten werden kann. Zeigen Sie Perspektiven für die weitere Entwicklung des Mitarbeiters in Ihrem Pflegedienst auf.

Bezogen auf alle Mitarbeiter scheint Ihr Führungsverhalten in Ordnung zu sein. Sie werden als Führungskraft in den Bereichen »Fachlichkeit« und »Umgang miteinander« wohl recht gut angenommen.

22 bis 42 Punkte:

Der Mitarbeiter scheint nur teilweise zufrieden zu sein. Greifen Sie unbedingt die Fragen auf, wo der Mitarbeiter mit 0 oder 1 Punkt gewertet hat. Wenn Sie den betreffenden Mitarbeiter halten möchten, treffen Sie so bestmöglich (was etwa Strukturen und Prozesse des Betriebes hergeben) Vereinbarungen mit ihm, wie seine Zufriedenheit in den betreffenden Bereichen wieder gesteigert werden kann. Zeigen Sie auch hier Perspektiven für Ihren Mitarbeiter auf.

Bezogen auf alle Mitarbeiter sollten Sie vor allem in den Bereichen, die im Schnitt von allen Mitarbeitern mit 1 und 0 gewertet wurden, Ihr eigenes Verhalten deutlich reflektieren.

0 bis 21 Punkte:

Bei diesem Ergebnis sollten Sie mit dem betreffenden Mitarbeiter über die Sinnhaftigkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sprechen.

Liegt allerdings das Ergebnis aller Mitarbeiter unter 22 Punkten, sollten Sie insgesamt Ihr Führungsverhalten reflektieren und ganz ehrlich Maßnahmen einleiten, dieses nachhaltig zu verbessern.

Anmerkung zur Auswertung: Natürlich ist es schwer, so starre Grenzen zu ziehen. Meist sind Übergänge fließend. Der Auswertungstext soll Ihnen lediglich eine kleine Hilfestellung sein.

Die erfolgreiche Personalakquise erschöpft sich nicht nur in originellen Anzeigen und aufsehenerregenden Aktionen in den sozialen Netzwerken. Vielmehr zeigt sich eine substanzielle Personalakquise darin, dass Sie nicht nur Interesse an Ihren Stellenangeboten wecken, sondern den gesamten Prozess bedacht haben und fundiert bis zur endgültigen Entscheidung für einen Bewerber durchziehen.

Bei der derzeitigen Bewerberlage mag Ihnen so ein Vorgehen zunächst seltsam erscheinen – »nimmt man doch, was man gerade kriegen kann«. Genau das aber kostet Geld, wenn sich der vorschnell eingestellte Mitarbeiter als eher leistungsschwach entpuppt. Hierzu ein einfaches Beispiel:

Beispiel Rechnet sich die Neueinstellung?

Der Pflegedienst Schnitter hat Vollkosten für eine Pflegefachkraft von 5000,00 € im Monat. Spontan ergibt sich die Gelegenheit, eine Fachkraft einzustellen. Ohne lange zu fackeln, schlägt der Inhaber Eddy Schnitter zu. Doch in den ersten vier Monaten ist die neue Fachkraft bereits sieben Wochen krank, hat in der Zeit ihrer Anwesenheit die Pflegedokumentationen stark vernachlässigt und zudem etliche Handzeichen vergessen. Der Umsatz der Mitarbeiterin betrug in diesen vier Monaten gerade einmal 12.000,00 €. Die Kosten hingegen beliefen sich auf 20.000,00 €.

Ein solches Fiasko ist meistens zu verhindern, wenn man sich die auch raren Bewerber genauer anschaut. Dazu gehören neben den Bewerbungsunterlagen auch das Auftreten im Vorstellungsgespräch sowie ein handfester Kompetenztest.

2.1 Analysieren Sie die Bewerbungsunterlagen

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Das genaue Prüfen der Bewerbungsunterlagen hilft Ihnen, das Wesentliche in einer Bewerbung auf einen Blick zu erkennen. Darüber hinaus können Sie mithilfe dieser Methode Bewerbungen wesentlich effizienter bearbeiten – Sie kommen schneller zu einer fundierten Entscheidung. Ferner bekommen Sie durch die genaue Analyse der Bewerbungsunterlagen gute Anregungen für Fragen in einem möglichen Vorstellungsgespräch.

Der erste Maßstab für die Grobauslese von Bewerbungsunterlagen sollte das individuelle Anforderungsprofil für die Stelle bzw. Funktion sein. Bewerber, die nicht Ihrem Anforderungsprofil entsprechen, sollten als erstes herausgefiltert werden. Im zweiten Schritt ist bei Bewerbern, die das Profil nur zum Teil erfüllen, genau hinzuschauen, welche Teilbereiche sie nicht oder nur unzureichend erfüllen. Werden hier sogenannte K.-o.-Kriterien berührt, sind auch diese herauszufiltern. Bedenken Sie ferner, wie Sie mit überqualifizierten Bewerbern umgehen möchten.

Die Prüfung der Unterlagen nehmen Sie folgendermaßen vor.

Sind die Unterlagen vollständig?

Eingehende Bewerbungsunterlagen prüfen Sie als erstes auf Vollständigkeit. Dabei ist zu beachten, ob der Bewerber die in Ihrer Ausschreibung angeforderten Unterlagen komplett angefügt wurden. Hierzu zählen mindestens:

Anschreiben

Lebenslauf

Berufsurkunde oder vergleichbare Dokumente

Zeugnisse

Sind die Unterlagen formal in Ordnung?

Bei der formalen Prüfung achten Sie zunächst auf Ordnung und Sauberkeit der Unterlagen. Ferner achten Sie auf eine klare Gliederung. Die Bewerbung sollte formal der Stelle angemessen sein. Die formalen Anforderungen dürften an einen Grafikdesigner andere sein als an einen Bankkaufmann. Bezogen auf unseren ambulanten Pflegebereich dürften für PDL- oder Teamleiter-Bewerbungen andere Maßstäbe angelegt werden als für Pflegeassistenten oder Hilfskräfte in der Betreuung oder Hauswirtschaft. Was den Lebenslauf angeht, sollte in der Bewerbung jede wichtige Entwicklungsstation mit einem Zeugnis belegt sein. Zum Lebenslauf sind anbei noch die zugehörigen Inhalte:

persönliche Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum/Ort, Familienstand, Nationalität)

Schulausbildung

Ausbildungsdaten (Praktika, Ausbildung, Studium, Fortbildung)

beruflicher Werdegang

berufliche Tätigkeiten

berufliche Fähigkeiten

EDV-Kenntnisse

Fahrerlaubnis

soziales Engagement

ggf. Hobbys / persönliche Interessen

Aus der formalen Prüfung aber lassen sich noch keine endgültigen Rückschlüsse ziehen. Eine ansprechende, formvollendet gestaltete Bewerbung kann einerseits darauf hindeuten, dass sich der Bewerber große Mühe gemacht hat (und damit ein ernsthaftes Interesse an der Stelle signalisiert), andererseits aber kann man es auch mit unsicheren Menschen, Pedanten oder Blendern zu tun haben.

Ist der Inhalt ansprechend?

1. Bewertung des Bewerbungsschreibens

Bei der inhaltlichen Überprüfung des Bewerbungsschreibens nutzen Sie diese Checkliste:

 

Checkliste: Kriterien, die das Anschreiben erfüllen sollte
Ist der Grund der Bewerbung genannt?
Befindet sich der Bewerber in einem Arbeitsverhältnis?
Ist der Bewerber in ungekündigter Stellung?
Bei welchem Unternehmen hat er seine aktuelle Tätigkeit bzw. seine letzte Tätigkeit gehabt?
Welche besonderen Fähigkeiten hat der Bewerber?
Hat der Bewerber bisher ähnliche Positionen/Aufgaben wahrgenommen?
Hat der Bewerber seine Einkommenserwartungen angegeben?
Wann steht der Bewerber frühestens zur Verfügung?

Bei dieser inhaltlichen Überprüfung achten Sie auf eventuelle Unterschiede zwischen der letzten und der angestrebten Position (z. B. mögliche Fehleinschätzung des Bewerbers, Beispiel: vorherige Position Pflegefachkraft → angestrebte Position PDL; oder aber eventuelles Scheitern auf alter Position, Beispiel: vorherige Position PDL → angestrebte Position Pflegefachkraft). Sollten Unklarheiten und Auffälligkeiten bestehen, können Sie diese später im Gespräch klären.

2. Bewertung des Lebenslaufes

Mittlerweile ist der Lebenslauf das wichtigste Dokument in Bewerbungen geworden. Prüfen Sie deshalb den Lebenslauf besonders genau. Bezogen auf den Lebenslauf können Sie Prüfungen auf Lücken, häufige Arbeitsplatzwechsel, bekleidete Positionen und die Branchen/Zweige vornehmen. Beispiele zur Bewertung finden Sie hier (image Tab. 13).

Tab. 13: Positive und negative Bewertungsmöglichkeiten im Lebenslauf

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3. Bewertung von Hochschul- und/oder Ausbildungszeugnissen

Bezogen auf Hochschul- oder Ausbildungszeugnisse bestehen folgende Gegenstände, die eine Bewertung / einen Rückschluss zulassen:

Gegenstand Bewertung
gute Noten Zeigen möglicherweise bestimmte Interessengebiete, Fleiß, Wille auf.
schlechte Noten Können auf Faulheit, Desinteresse, mangelnden Willen hindeuten.

Bei der Bewertung von Hochschulabsolventen sollten Sie auf die Fächerkombination, Fächer-/Studienschwerpunkte, Arten der Projektarbeiten, Thema und Benotung der Diplomarbeit sowie auf das Verhältnis der Regel- zu der Ist-Studienzeit achten.

4. Bewertung von Arbeitszeugnissen

Unterscheiden Sie zwischen zwei Arten von Arbeitszeugnissen:

a) einfaches Zeugnis

Ein einfaches Zeugnis beinhaltet Angaben über die Art und Dauer der Beschäftigung, nicht aber über die qualifizierte Ausführung der Beschäftigung. Das einfache Zeugnis dient eher der reinen Information über das Tätigkeitsfeld des Bewerbers. Wenn Sie solche Zeugnisse in der Bewerbungsmappe vorfinden, sollten Sie hellhörig werden: Reine Tätigkeitsbeschreibungen in Zeugnissen deuten auf eine schlechte Bewertung hin.

b) qualifiziertes Zeugnis

Das qualifizierte Zeugnis hingegen beurteilt die Leistungen des Mitarbeiters. In der Regel liefert es Informationen über die fachliche Qualität des Bewerbers hinaus, es finden sich auch Angaben über das Sozialverhalten.

Das qualifizierte Zeugnis ist wie folgt aufgebaut:

– persönliche Angaben

– Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses

– Beurteilung der Arbeitsleistung

– Beurteilung des Sozialverhaltens

– Beendigung des Arbeitsverhältnisses

– Schlussfloskel

– Ausstellungsdatum und Unterschrift

Die Beurteilung von Arbeitszeugnissen ist nicht immer einfach. Zum einen beinhalten oberflächlich positive Formulierungen in Wahrheit negative Aussagen. Zum anderen fällt es schwer zu erkennen, ob nicht auf Wunsch / Drängen / Prozessieren des Beurteilten Formulierungen nachträglich ins Zeugnis aufgenommen wurden, um aus einem schlechten/durchschnittlichem Zeugnis ein gutes Zeugnis zu machen.

5. Beurteilung von Referenzen

Bei Bewerbern für hohe Positionen im Unternehmen (PDL, stv. PDL, Teamleitung) sollten die Referenzen folgende Angaben enthalten:

Referenzperson

berufliche Leistungen

soziale Kompetenzen

andere für das eigene Unternehmen wichtige Angaben

Grundsätzlich zu bedenken ist, dass ein Bewerber in der Regel nur Referenzen eines ihm wohl gesonnenen ehemaligen Arbeitgebers beifügen wird.

2.1.1 Fazit

Es lohnt sich also, Bewerbungsunterlagen genau zu prüfen. Es wird nicht ausbleiben, dass Ihnen Teile der Unterlagen gefallen ... und andere weniger. Insgesamt gilt aber: Je genauer und systematischer Sie hinschauen desto höher wird Ihre Trefferquote bei der Einstellung neuer Mitarbeiter. Dabei ist es egal, ob es sich um Führungs-, Fachoder Hilfskräfte handelt.

2.2 Führen Sie strukturierte Vorstellungsgespräche

Die Zeiten sind wohl vorbei, zu denen Bewerbern ein Plätzchen auf einem Hocker vor dem zugemüllten Schreibtisch angeboten und lauwarmer Kaffee im abgewetzten Becher kredenzt wurde. Der Pflegekräftemangel hat dafür gesorgt, dass sich Arbeitgeber in der Pflege möglichst professionell und kundenorientiert präsentieren sollten.

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Diese Strategie hilft Ihnen, ein für Ihren Pflegedienst zugeschnittenes Konzept zu entwickeln: Sie planen, wie bei Ihnen Vorstellungsgespräche ablaufen sollen und welche Ziele Sie damit verfolgen. Kommen Sie so dem Gedanken nahe, dass auch der potenzielle neue Mitarbeiter unter den Begriff »Kunde« fällt.

Damit Ihre Bewerber von Ihnen und Ihrem Pflegedienst begeistert sind, gehen Sie bei den Vorstellungsgesprächen nach den folgenden Grundsätzen vor.

2.2.1 Definieren Sie Ziele

Dazu fragen Sie sich ganz ehrlich, was Sie mit einem gut strukturierten und atmosphärisch überzeugenden Vorstellungsgespräch erreichen möchten. Folgende Fragen stehen zur Auswahl:

Soll der Bewerber so überzeugt von uns sein, dass er morgen sofort anfangen kann, um die akuten Dienstplan-Löcher zu stopfen?

Akzeptiert der Bewerber unser Lohnangebot von 2200,00 € brutto für eine Vollzeitstelle?

Ist der Bewerber zu allen Zeiten allseits einsatzbereit?

Ist der Bewerber von uns als Arbeitgeber angetan, obwohl er woanders unterschreibt?

Natürlich sind positive Antworten auf die ersten drei Fragen verlockend. Aber diese Denkweise dürfte gegen Ihr Leitbild und Ihr Selbstverständnis eines ordentlichen Arbeitgebers verstoßen. Deshalb ist der letzte Punkt genau die richtige Zielsetzung: Der Bewerber findet Ihren Pflegedienst im Vorstellungsgespräch vollkommen überzeugend – egal, ob er bei Ihnen beginnt oder nicht. Wenn er woanders die Arbeit aufnimmt, wird der Bewerber Ihren Pflegedienst dennoch in guter Erinnerung haben – und wer weiß, ob sich das nicht noch einmal bezahlt machen könnte. Denn das höchste Gehalt hat manchmal seinen Preis – das wird sich so ein Bewerber möglicherweise auch denken und trotz weniger Geld wieder bei Ihnen anklopfen. Deshalb sollte Ihr Vorstellungsgespräch immer darauf abzielen, dass Sie als toller Arbeitgeber wahrgenommen werden.

2.2.2 Stellen Sie sich Spielregeln auf

Das Vorstellungsgespräch soll also so positiv gelingen, dass Sie als guter Arbeitgeber wahrgenommen werden. Dafür sollten Sie ein paar Rahmenbedingungen definieren, die so aussehen können:

Sie sind pünktlich und termintreu.

Der Raum, in dem das Gespräch stattfindet, ist ruhig und optisch ansprechend.

Störungen während des Gesprächs sind ausgeschlossen.

Der Bewerber bekommt nicht nur verschiedene Getränke angeboten – diese werden auch in ansprechenden Trinkgefäßen gereicht.

Sie sind höchstens zu zweit (z. B. Sie und Ihre PDL), damit der Bewerber nicht allein wie »vor einer Wand« sitzt.

Sie, ggf. Ihre PDL und der Bewerber sind nicht durch einen wuchtigen Tisch voneinander getrennt – vielmehr ist die Sitzordnung gegenüber bzw. im Dreieck angeordnet, nur durch einen Beistell- oder flachen Wohnzimmertisch getrennt.

Die Sitzmöbel sind nicht zu tief.

Das eigentliche Gespräch hat kein Zeitlimit – niemals erwecken Sie den Eindruck, unter Zeitdruck zu stehen.

Egal wie dringend Sie Entlastung brauchen – Sie sind ruhig und souverän.

Sie bieten dem Bewerber im Anschluss an das Gespräch eine Führung an und stellen ihm Verwaltungs- und bei Gelegenheit Pflegemitarbeiter vor.

Der Vorstellungstermin endet immer mit einer konkreten Verabredung.

Sie halten Ihren Teil der getroffenen Verabredung immer fristgerecht ein.

2.2.3 Strukturieren Sie das Vorstellungsgespräch

Der Ablauf eines gut vorbereiteten Vorstellungsgesprächs bedarf einiger Struktur. Die daraus folgenden Schritte und die passenden Anmerkungen sind in der Tabelle (image Tab. 14) dargestellt.

Tab. 14: Ablauf/Struktur eines Vorstellungsgesprächs

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2.2.4 Fazit

Nutzen Sie diese Strategie quasi als Leitfaden oder Vorlage, um Ihren eigenen Prozess für ein gelungenes Vorstellungsgespräch zu erstellen. Die Anwendung wird sich bezahlt machen – egal, ob der Bewerber dann unterschreibt oder nicht: Er wird ein gutes Bild von Ihnen und Ihrem Pflegedienst haben.

2.3 Fragebogen Bewerbungsgespräch Pflegefachkraft

Dieses Kapitel bietet Ihnen einen Musterfragebogen, der quasi einen Kompetenztest für einen Bewerber als Pflegefachkraft enthält. Scheuen Sie sich nicht, ihn auch anzuwenden.

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Info – Wobei Ihnen dieses Vorgehen konkret hilft

Dieser Test hilft Ihnen, die Kompetenz und damit die Stärken und Schwächen eines Bewerbers realistisch einzuschätzen. Zudem hilft er Ihnen dabei, sogenannte Blender und Schwätzer schnell zu entlarven.

Gesprächsleitfaden Pflegefachkraft – Dokumentationshilfe

Name der Pflegefachkraft:____________________________

1. Eingehen auf Lebenslauf (z. B. Berufserfahrung, häufige/seltene Wechsel, Weiterbildungen, Brüche, Lücken)

2. Welche Tätigkeiten bereiten Ihnen in der täglichen Arbeit am meisten Freude (z. B. Wundversorgung, Mobilisierung, Ernährungsmanagement, Hygiene, QM usw.)?

3. In welche Richtung möchten Sie sich beruflich weiter entwickeln (z. B. Wundversorgung, Mobilisierung, Ernährungsmanagement, Hygiene, QM usw. – oder aber in Richtung Führung/Management)?

4. Beschreiben Sie, wie Sie bei Ihrem letzten Arbeitgeber die Aufgaben der Bezugspflegekraft wahrgenommen haben (z. B. Verantwortung für eine Tour in Bezug auf Pflegedokumentation, Rezept- und Verordnungsmanagement«).

5. (Vertiefend zur obigen Frage): Beschreiben Sie, wie Sie bei Ihren letzten Arbeitgebern für Ihre Patienten Ihre Aufgaben hinsichtlich der Pflegeprozessdokumentation bewältigt haben?

(Hier sind Antworten, die auf Selbstorganisation und Inhalte der Pflegedokumentation abzielen, positiv zu werten.)

6. Schildern Sie, wie bei Ihren letzten Arbeitgebern die nationalen Expertenstandards umgesetzt wurden.

7. Wurden Sie bei Ihren vorherigen Arbeitgebern an der Weiterentwicklung des QM-Systems beteiligt? Wenn ja, wie konnten Sie sich einbringen? (Positiv zu werten sind Antworten wie »Beteiligung an Qualitätszirkeln«, »Bearbeiten kleinerer Projekte« usw.)

Kompetenztest Pflegefachkraft – mündlich

Stellen Sie den Regelkreis des Pflegeprozesses grafisch dar.

(Bewerber bekommt hierzu einen Blanko-Bogen, der von Ihnen mit Namen des Bewerbers und Datum versehen wird)

Nennen Sie die für die ambulante Pflege maßgeblichen nationalen Expertenstandards

Welche Inhalte gehören in das Berichteblatt?

Welche Anforderungen bestehen an die Führung von Leistungsnachweisen?

Was verstehen Sie unter pflegerischem Risikomanagement?

Kompetenztest Pflegefachkraft – schriftlich

Händigen Sie dem Bewerber den unten stehenden Bogen mit den Fallbeispielen aus und lassen Sie ihn zu zwei ausgewählten Fallbeispielen eine Pflegeplanung erstellen. Die Bearbeitungszeit beträgt 20 Minuten.

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Fallbeispiele für die Erstellung einer Pflegeplanung

Wählen Sie ein Fallbeispiel der unterschiedlichen Lebensaktivitäten (LA) aus und erstellen Sie aus vorliegenden Informationen eine Pflegeplanung. Beachten Sie auch mögliche Risikopotenziale.

Folgende Angaben finden Sie in der Informationssammlung:

LA Essen + Trinken

»Patient XY. hat einen BMI von 17. Er lebt immer noch in der eigenen Häuslichkeit und hat zuletzt nur wenig zu sich genommen. Die Kinder schildern, dass er die Mahlzeiten von »Essen auf Rädern« oft nicht angerührt hat, noch abends standen die Mahlzeiten in Originalverpackung in der Küche oder gar vor der Haustür. Der Patient hat eine leichte Schluckstörung und beginnende Arthritis in den Fingern (lt. ärztlicher Diagnose). Früher hat er gern gut bürgerliche Kost zu sich genommen. Bis vor etwa zwei Jahren war der Patient – nach Aussage seiner Kinder – noch relativ normalgewichtig. Er hat früher gern gegessen. Der Patient selbst kann sich selbst während der Informationssammlung nicht mehr äußern.

LA Sich Bewegen

Bis zu seinem Oberschenkelhalsbruch (nach Sturz im hauseigenen Bad) war der Patient voll mobil, hat seine Wohnung verlassen und brauchte keinerlei Gehhilfen. Nach einem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt mit anschließend vierwöchiger Kurzzeitpflege der eigenen Wohnung. Er liegt überwiegend im Bett, kann nur kurz – aufgrund der starken Schmerzen – auf der Bettkante sitzen. Er wiegt 85 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,72 Meter. Der Patient ist voll orientiert und kann seine Wünsche hinsichtlich der Pflege und Versorgung mitteilen. Der Patient ist hochmotiviert, wieder ganz auf die Beine zu kommen und seine Mobilität zurück zu erlangen. Besorgt ist er aber über die aus seiner Sicht zu langsamen Fortschritte.

LA Ausscheiden

Die Patientin hat laut Hausarzt eine funktionale Inkontinenz. Sie schildert, dass sie den Harndrang verspürt, es aber nicht rechtzeitig zur Toilette schafft. Die Patientin hat einen BMI von 31, sitzt viel in einem tiefen Sessel (altes Erbstück von ihrem Opa) und benötigt einen Rollator. Eine Stuhlinkontinenz liegt nicht vor.

LA für Sicherheit sorgen / sich bewegen

Die Patientin hat einen schlurfenden, schleppenden Gang und bewegt sich mit einem Gehstock in ihrer Drei-Zimmer-Wohnung. Die Räume sind mit Möbeln, Accessoires und Teppichen überfrachtet. Die Toilette geht von einem dunklen Flur ab. Um die Küche zu erreichen, ist eine Stufe zu überwinden. Die Patientin hat recht dünne Beine, aber einen massigen Oberkörper. Sie trägt auch in der Wohnung – vor allem, wenn Besuch da ist – gerne Schuhe mit Absätzen. Beim Erstgespräch fällt auf, dass die Patientin recht aktiv ist – sie steht ständig auf, um etwas zu holen usw. Beim Aufstehen muss sie sich abstützen, beim Hinsetzen lässt sie sich fallen.

Händigen Sie dem Bewerber das unten stehende Arbeitsblatt zu Assessments und Screenings aus. Bitten Sie ihn, passende Assessments/Screening in die rechte Spalte einzutragen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten.

Arbeitsblatt »pflegerische Risiken und Assessments«

Datum, Name Bewerber:_______________________________

Pflegerische/s Risiko/Besonderheit Mögliche Assessments/Screenings
Dekubitus
Sturz
Kontrakturen
Ernährung/Flüssigkeit
Inkontinenz
Schmerz
Demenz

Die richtigen Lösungen sind z. B.:

Gesprächsabschluss

Zum Abschluss gilt es noch ein paar Dinge zu klären.

Gehaltsvorstellungen

Möglicher Eintrittstermin

Weiteres Vorgehen

(Gespräch endet zwingend mit einer festen Vereinbarung wie z. B. Probearbeitstermin, Telefontermin, E-Mail-Kontakt)

2.4 Fragebogen Bewerbungsgespräch Pflegedienstleitung

Dieses Kapitel bietet Ihnen einen Musterfragebogen, der quasi einen Kompetenztest für einen Bewerber als Pflegedienstleitung enthält. Scheuen Sie sich nicht, ihn auch anzuwenden.

Die Pflegedienstleitung füllt die Schlüsselposition im Pflegedienst aus. Sie hat mit ihrer Arbeit den entscheidenden Einfluss auf die Prozess- und Ergebnisqualität, auf die Kundenzufriedenheit sowie auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung in einem ambulanten Pflegdienst. Eine Fehlbesetzung dieser verantwortungsvollen Position kann Ihrem Pflegedienst erheblichen Schaden zufügen. Aus diesem Grunde sollte hier bei einer Vakanz das Auswahlverfahren mit äußerster Sorgfalt durchgeführt werden. Es empfiehlt sich übrigens auch, die vorliegende Methode für die Suche von stellvertretenden Pflegedienstleitungen anzuwenden.

Der nachfolgende Bogen ist so aufgebaut, dass im ersten Teil ein Gesprächsleitfaden in einen Dialog mit dem Bewerber führen soll. Während dieses Dialogs sollten seitens des Fragestellers schon Fakten wie persönliche Präferenzen, Perspektiven und Visionen herausgearbeitet werden. Der Schluss des Gesprächsleitfadens leitet anschließend über in den Bereich der Fallbeispiele und Kompetenzabfragen. Am Ende stehen dann zwei Aufgaben, die vom Bewerber innerhalb einer festen Zeitvorgabe schriftlich gelöst werden müssen.

Der allgemeine Aufbau des Bewerbungsgesprächs mit einer zukünftigen PDL ist folgendermaßen:

1. Gesprächsleitfaden

Allgemein: Eingehen auf Lebenslauf

Wie definieren Sie Ihre Rolle als PDL?

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Stelle?

Was sind Ihre persönlichen Perspektiven / Visionen?

Was sind Ihre persönlichen »Steckenpferde«?

Welche Projekte haben Sie erfolgreich umgesetzt?

Welcher Methoden haben Sie sich dabei bedient?

Welchen Mitarbeitertypen schätzen Sie und warum?

2. Kompetenztest mündlich (Personal, Führung, Einsatzkalkulation, Organisation, Kundenorientierung, externe Anforderungen)

3. Kompetenztest schriftlich (Pflegecontrolling)

Gesprächsleitfaden PDL – Dokumentationshilfe

Name der Pflegedienstleitung:______________________

1. Eingehen auf Lebenslauf (z. B. Berufserfahrung, häufige/seltene Wechsel, Weiterbildungen, Brüche, Lücken)

2. Wie definieren Sie Ihre Rolle als PDL? (Bewerber antwortet z. B.: »Führungsfigur«, »Vorbildfunktion«, »Gestalter«, »Möglichkeit, etwas zu verändern«; »Steuerung der Pflegequalität.)

3. Welche Ziele verfolgen Sie mit der Stelle (z. B. Verbesserung der Qualität, Voranbringen des Pflegedienstes, »fachliche Innovation«, Weiterentwicklung der Mitarbeiter)?

4. Was sind Ihre persönlichen Perspektiven/Visionen (z. B. Führungserfahrung sammeln, perspektivisch weiter Karriere machen, neue Geschäftszweige mit aufbauen, pflegerische Schwerpunkte vertiefen/ausbauen)?

5. Was sind Ihre persönlichen »Steckenpferde« (z. B. Demenz, Palliative Care, Wundversorgung)?

6. Welche Projekte haben Sie erfolgreich umgesetzt (z. B. Einführung nationaler Expertenstandards, Einführung EDV-Dokumentation, Umstellung der Abrechnung)?

7. Welcher Methoden haben Sie sich dabei bedient (z. B. Literaturstudie, Online-Recherche, Workshops, Begleitung, Praxisanleitung)?

8. Welchen Mitarbeitertypen schätzen Sie und warum (ehrliche MA, fleißige MA, ruhige MA, streitbare MA, kritische MA usw. Der Bewerber soll dazu auch eine Begründung formulieren – gern auch in Form eines Beispiels aus seiner Praxis)?

Kompetenztest PDL – mündlich

1. Personaleinsatz

Fallbeispiel:

Morgens um 6:00 Uhr erscheinen Sie im Büro. Von 6:30 bis 9:30 Uhr fahren Sie Tour 1. Die Touren 2 und 3 müssen mit Pflegefachkräften besetzt werden, weil Patienten mit LG 4 versorgt werden. Die Touren 4 und 5 können von Altenpflegehelfern mit LG 1 + 2-Zulassung bedient werden. Die Touren 2–5 gehen ca. von 6:30 bis 11:00 Uhr.

Um 6:05 Uhr meldet sich eine Pflegefachkraft krank, um 6:10 Uhr eine der Hilfskräfte. Wie organisieren Sie nun den Frühdienst?

Fachfragen

Wie berechnen Sie Personalkapazität?

Was verstehen Sie unter Bruttopersonalbedarf?

2. Führung

Sie treten gerade Ihre Stelle als PDL in einem Pflegedienst mit 90 Patienten (ohne 37.3-Patienten) an. Welchen Führungsstil würden Sie in welcher Situation anwenden? Warum? Und auf welche Methoden greifen Sie zurück?

Situation für Bewerber Notizen für Fragesteller
Der Pflegedienst hat gerade eine MDK-Prüfung hinter sich und dabei sehr gut abgeschnitten (keine Maßnahmen zur Qualitätsverbesserungen seitens der Pflegekassen).

(Positiv zu wertende Antworten wären z. B.: »eher kooperativer, partizipativer Führungsstil«, »Dinge, die gut laufen, belassen«, »bestehende Stärken ausbauen«. Wichtig ist hier, dass der Bewerber eine klare Stellung bezieht, wie er warum in der geschilderten Situation führen würde.)

 
Der Pflegedienst steckt in der Krise. Das Team ist in sich zerstritten, die Ergebnis- und Prozessqualität ist unangemessen.

(Positiv zu wertende Antworten wären z. B.: »klarer, berechenbarer Führungsstil«, »Konsequenz«, »Einzelgespräche« »Erarbeitung von Inhalten in Arbeitsgruppen mit klar definierten Zielen«, »Fordern und Fördern.« Wichtig ist hier wie oben, dass der Bewerber eine klare Stellung bezieht, wie er warum in der geschilderten Situation führen würde«)

 

3. Einsatzkalkulation

Fallbeispiel:

Sie fahren zu einem Erstgespräch. Der Kunde hat Pflegegrad 4, sitzt im Rollstuhl und hat große Probleme bei Körperpflege und Ausscheidungen. Vor Ort stellen Sie fest, dass das Bad uneben ist und der Türrahmen nur 70 cm. breit ist. Auf Wunsch des Interessenten und seiner Tochter soll die Versorgung so schnell wie möglich starten. Von Ihrer Geschäftsführung haben Sie den Auftrag, mindestens 60 Prozent des Sachleistungspotenzials herauszuholen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842689480
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (November)
Schlagworte
Ambulante Pflege Führung & Personalmanagement Personalentwicklung Pflege Pflegemanagement & -planung

Autor

  • Birger Schlürmann (Autor:in)

Birger Schlürmann arbeitet seit 25 Jahren im Management und in der Beratung in der ambulanten und stationären Pflege.
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Titel: Personalgewinnung für die ambulante Pflege