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Risikoerkennung und Beratung in der Altenpflege

Probleme erkennen - Maßnahmen planen - Beratung gestalten. Beraten Sie individuell, zielgerichtet und sicher!

von Tanja Leinkenjost (Autor:in)
152 Seiten
Reihe: Pflege Praxis

Zusammenfassung

Jeder Pflege-Klient (ambulant und stationär) hat einen gesetzlich verankerten Anspruch auf einen Versorgungsvertrag mit seiner Einrichtung / seinem Dienst. Darin verpflichten sich die Einrichtungen/Dienste zur Umsetzung der Expertenstandards. Außerdem müssen alle Risiken und Probleme des Klienten erkannt und er muss über geeignete Gegenmaßnahmen beraten werden.

Dieses Buch zeigt, wie die Risikoerkennung funktioniert und wie anschließende Beratungsgespräche zielorientiert, individuell und fachlich geführt werden.

Erfolgreiche Risikoerkennung erleichtert die Arbeit der Pflegekräfte und verschafft den Leitungen einen schnellen Überblick. Auch Mitarbeiter mit etwas weniger fachlicher Sicherheit können so qualitativ sehr gute Arbeit leisten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Das Laureos-Team lebt den Gedanken, das eigene Wissen mit anderen zu teilen und somit zu vermehren, immer auf Augenhöhe und mit engem Bezug zur Praxis.

Denken – Ordnen – Gestalten ist ein Kernprozess unserer Aufgaben und Aufträge. Unsere Kunden zu den Themen zu beraten, bei denen sie selbst zunächst keine Lösung finden können, die Situation mit ihnen gemeinsam zu analysieren und den Prozess der Umsetzung zu begleiten, ist unsere Motivation.

In diesem Konsens ist auch dieses Buch entstanden, an dem unter der bereits erprobten Federführung von Tanja Leinkenjost ebenfalls Carolin Ruttmann und Thorsten Kaczinski als Pflegeexperten mitgewirkt haben.

Wir haben bewusst auf langatmige Ausführungen verzichtet, denn wir wünschen uns, dass Sie dieses Buch im Alltag rasch und effizient nutzen können: Einfach das entsprechende Stichwort suchen und sofort lesen, was Sie im konkreten Fall brauchen! Nicht mehr, aber auch nicht weniger finden Sie in diesem Buch.

Möge dieses Praxishandbuch ein weiterer Beitrag und eine fachliche Hilfestellung dazu sein.

Nicola Dreisewerd

1.1Eine Beratung ist ein Qualitätskennzeichen

Warum ist Beratung in der Pflege so wichtig? Diese Frage begegnet uns immer wieder im Alltag und vielen Pflegekräften ist nicht bewusst, dass die Beratung, auch wenn diese augenscheinlich mehr Arbeit bedeutet, eine Absicherung sein kann und soll. Denn wenn die Pflegekraft im Rahmen der Analyse des Bewohners Risiken erkennt, ist es natürlich richtig und wichtig, entsprechende Maßnahmen zu planen, um den Risiken vorzubeugen oder sie sogar zu verhindern. Doch immer wieder treffen wir auch auf Bewohner, die sich ihrer Risiken zwar bewusst sind, jedoch für sich entschieden haben, dass ihnen andere Dinge wichtiger sind. Im Sinne des personenzentrierten Ansatzes sollen und müssen Sie sicherlich das akzeptieren, aber ...

BeispielProphylaxen abgelehnt – und nun?

Bei Beginn des pflegerischen Auftrages erkennen Sie ganz richtig, dass ein Bewohner massiv sturzgefährdet ist. Aber der Bewohner lehnt alle angebotenen prophylaktischen Maßnahmen ab. Was tun Sie?

Würden Sie ihn jetzt nicht beraten, sondern seine Entscheidung einfach akzeptieren und würde der Betroffene kurz darauf stürzen, stünde nirgendwo, dass Sie das Risiko erkannt haben und der Betroffene schlicht nicht bereit war, die Prophylaxe anzunehmen. Im schlimmsten Fall werden Sie oder Ihre Einrichtung für etwaige Behandlungskosten haftbar gemacht.

Das einfache Weglassen entsprechender Maßnahmen hat also ernste Konsequenzen Sie als Pflegekraft bzw. auch für den Träger/Betreiber der Einrichtung.

Dies ist aber nur eine Seite der Medaille. Haben Sie sich schon mal die Frage gestellt, warum es oft so erscheint, dass ein Bewohner/Patient unkooperativ ist? Haben Sie diese Haltung immer hinterfragt? Ist es wirklich immer Gleichgültigkeit, die dahinter steckt?

Mit Sicherheit gibt es den einen oder anderen, der aufgrund seines fortgeschrittenen Alters einfach keine Lust mehr hat, sich selbst noch Regeln oder Grenzen aufzuerlegen. Doch es gibt auch viele Betroffene, die gar nicht genau wissen, was es bedeutet, wenn sie stürzen und dann für einige Zeit ans Bett gefesselt sind. Die Betroffenen sind nicht die Profis, die sich aller Folgen bewusst sind, sondern das sind Sie!

Neben der Beratung ist auch die Förderung des Selbstmanagements ein wichtiger Aspekt. Wie viele Situationen in der Pflege sind für alle Beteiligten mit Scham und Unbehagen behaftet, insbesondere für den Betroffenen?

Uns persönlich gefällt diese Vorstellung! Dass der Körper mit dem Älterwerden hier und da nachlässt und sich verändert, ist ein Prozess, der akzeptiert werden muss. Sich jedoch nicht mehr helfen zu können und immer auf andere angewiesen zu sein – das ist eine Vorstellung, die keinem gefällt.

Natürlich ist die Beratung auch noch ein Bestandteil der Qualitätssicherung. Hierzu sind wir laut SGB XI verpflichtet. Beratung, Information und Anleitung sind Bestandteile der Qualität.

1.2Eine gute Beratung dient der Prophylaxe

DefinitionProphylaxe

Unter dem Begriff Prophylaxe wird in der Pflege die Summe aller Maßnahmen verstanden, die dazu dienen, eine Beeinträchtigung der Gesundheit durch Erkennen und Kompensieren von Risikofaktoren, dadurch entstehende Erkrankungen oder durch Unfälle zu vermeiden. Dazu gehört auch die Vermeidung von Sekundärerkrankungen. Das heißt, dass bei einer bestehenden primären Erkrankung eine schnellstmögliche fachlich konsequente Behandlung stattfinden muss, um Folgeerkrankungen zu vermeiden (Beispiel: Diabetes mellitus – Diabetisches Fußsyndrom)

Die in der Pflege üblichen Prophylaxen lassen sich aus den Nationalen Expertenstandards des DNQPs (Deutsches Netzwerk für Qualitätssicherheit in der Pflege) ableiten. Aber auch zu weiteren Problem- und Risikosituationen in der Pflege werden Prophylaxen durchgeführt.

Vor der Prophylaxe steht das »Screenen« des Menschen. Sie müssen ihn möglichst ganzheitlich erfassen: hinsichtlich seiner Fähigkeiten, Ressourcen und Probleme. Nur so können Sie frühzeitig mögliche Risikofaktoren erkennen, prophylaktische Maßnahmen planen und durchführen.

Zur erfolgreichen Durchführung einer Prophylaxe gehören

1. eine Pflegefachkraft, die auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft ist;

2. der Betroffene, der im besten Falle zur Kooperation bereit ist, sowie

3. eine möglichst individuelle Risikoerfassung.

Ihre gute fachliche Pflegekompetenz nimmt einen hohen Stellenwert ein. Genauso wichtig sind jedoch auch Ihre kommunikativen und sozialen Eigenschaften, um einen Menschen ganzheitlich erfassen zu können. Hinzu kommt noch, dass Sie entsprechende Instrumente richtig und gezielt einsetzen können, um die Probleme und Risikofaktoren rechtzeitig erkennen zu können, zu analysieren und entsprechende Maßnahmen ableiten zu können.

Das alles klingt recht kompliziert. Es wird einfacher, wenn Sie die ganze Sache mit gesundem Menschenverstand betrachten. Letztendlich sind das alles Dinge, die Sie seit Jahren (auch schon vor Erscheinen der Expertenstandards) jeden Tag durchführen. Sie passen doch immer auf, dass kein Bewohner stürzt. Sie positionieren Ihre Bewohner regelmäßig im Bett, wenn sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Sie verabreichen Schmerzmittel, wenn jemand Schmerzen äußert (natürlich nach Rücksprache und Konsultation eines Arztes).

Die Expertenstandards sind Ihre Richtlinien. Schlaue Köpfe haben sich darüber Gedanken gemacht, was »richtig« ist. Die Expertenstandards geben Tipps und Anregungen, wie die Pflege noch professioneller ablaufen kann. Sie geben Ihnen – den Pflegekräften vor Ort, also am Bett – Handlungssicherheit.

Aber, und diese Einschränkung muss sein: Sehen Sie die Expertenstandards als Ideengeber, Ratgeber, roten Faden. Denn selbst wenn Sie alles abarbeiten, was in den Expertenstandards geraten wird, kann es passieren, dass einer Ihrer Bewohner stürzt oder dass sich ein Dekubitus entwickelt. Kein Mensch passt ganz genau in einen Standard, der ja für viele gelten soll.

Deswegen ist es so wichtig, dass Sie sich jeden Bewohner individuell anschauen – und dann die für ihn optimale Prophylaxe planen. Was nicht heißt, dass Sie nicht in drei Monaten noch einmal neu hinschauen müssen, weil sich am Zustand des Bewohners etwas geändert hat.

Dennoch müssen Sie alles bedenken und schriftlich planen, obwohl im Pflegealltag sowieso schon viel zu wenig Zeit für den originären Job ist: die Pflege, Betreuung und Begleitung des alten und/oder kranken Menschen.

Das MUSS ist an dieser Stelle entscheidend: Mit Abschluss eines Versorgungsvertrages verpflichtet sich eine Einrichtung/ein Betrieb, die Expertenstandards umzusetzen. Bei Nichtumsetzung kann im schlimmsten Falle die Schließung drohen. Sie sehen also, dass das Schreiben und Dokumentieren keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist, sondern dass es hierfür Vorgaben gibt. Im § 113 a SGB XI können Sie die ganz genau nachlesen.

1.3Eine gute Beratung braucht eine Grundlage

»Eine Gruppe um die Pflegewissenschaftlerin Dr. Angelika Zegelin von der Universität Witten/Herdecke arbeitet seit mehreren Jahren an einem spezifischen Beratungsansatz für die Pflegeberufe. Dabei kristallisierten sich die sog. ›Wittener Werkzeuge‹ als Basis einer Beratung heraus. ,Der Ansatz versteht sich noch ›in Entwicklung‹ und wird stets verfeinert. Er firmiert zwar unter der Überschrift ›Beratung‹, beinhaltet aber ein umfassendes Kommunikationsprogramm mit deutlichen Anteilen zur Forderung der Selbstpflege von Pflegemitarbeiterinnen und -mitarbeitern.«

Zunächst umfasst das Konzept der Wittener Werkzeuge eine Reihe von klientenbezogenen Elementen ›(Patient Care):

Achtsamkeit

Einlassung

Mitgefühl

Ermutigung

Berührung

Allerdings bleiben diese Werkzeuge wirkungslos, wenn nicht der Berater selbst ›ganz bei sich‹ ist und die Werkzeuge lebt. Aus diesem Grund widmen sich fünf Elemente dem Befinden des Pflegenden (Self Care):

1. Selbstachtung

2. Intuition

3. Selbst-Spürung

4. Selbst-Ermutigung und

5. Selbst-Stärkung‹«1

Daraus ergibt sich, dass Pflegeberatung immer individuell ist, von allen Beteiligten verstanden werden muss und in regelmäßigen Abständen wiederholt wird. Sie können für Ihre Einrichtung ein Beratungskonzept erarbeiten, damit Sie eine Richtlinie haben, über die alle Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen. In diesem Konzept legen Sie u. a. nieder,

was das Ziel Ihrer Beratung ist (in diesem Fall die Risikoerkennung und die Prophylaxen);

welche Qualifikationen die Berater haben;

wo Sie die Schwerpunkte bei der Beratung legen;

wie Sie eine kompetente Beratung definieren;

welche Anforderungen Sie an die Beratung stellen;

wie Sie die Qualität der Beratung überprüfen;

woher das notwendige Wissen für die Beratung kommt.2

 

______________________

1 Fröse S (2018). Was Sie über Pflegeberatung wissen sollten. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover, S. 13.

2 Vgl. ebd., S. 14

Die meisten von Ihnen werden jetzt denken: »Oh nein, bitte nicht!« Wir sagen Ihnen: Doch! In unserer täglichen Arbeit mit Pflegekräften stellen wir immer wieder fest, dass der Pflegeprozess zwar dem Namen nach bekannt ist, aber es scheitert an der Umsetzung. Schauen wir uns mal ein typisches Beispiel an:

BeispielDie scheinbar vollständige Dokumentation

In der Dokumentation für Frau Meier heißt es am 15. April 2018: »Fr. Meier hat heute über den Tag sieben Mal dünnflüssig abgeführt. Sie klagt dazu über Übelkeit und Unwohlsein. Vitalwerte wurden überprüft (s. Vitalwerte). Arzt-Info hat stattgefunden. Es wurden Kohletabletten und Schonkost verordnet (s. ärztliche Verordnungen). Küche wurde informiert. Angehörige wurden benachrichtigt.

Fr. Meier liegt zu Bett, wurde erinnert, sich sofort zu melden, wenn etwas ist. Notrufknopf liegt neben ihr auf dem Kopfkissen.«

Auf den ersten Blick ist das ein guter Eintrag – die Pflegekraft hat an fast alles gedacht, sodass die Nacht- und auch die Frühschicht am nächsten Tag informiert sind und wissen, wie sie sich verhalten sollen. Frau Meier geht es am nächsten Tag tatsächlich schon besser. Es stellt sich heraus, dass sie zu viele Weintrauben gegessen hat, die ihr auf den Magen geschlagen sind.

Idealerweise wäre nun in der Dokumentation ein Eintrag zu finden,

dass es Frau Meier wieder gut geht;

dass der Arzt und die Angehörigen benachrichtigt worden sind und

dass die Küche Bescheid weiß, dass Frau Meier keine Schonkost mehr benötigt.

Dieser Eintrag aber fehlt. Sie, als aufmerksame Kollegin oder PDL, lesen nach Ihrem dreiwöchigen Urlaub diesen Eintrag. Und dann folgt lange nichts. Aufgrund des implementierten Strukturmodells müssen ja nur Abweichungen dokumentiert werden und deswegen ist nach dem Eintrag vom 15. April 2018 nichts in der Doku zu finden. Als spitzfindige Kollegin könnten Sie jetzt aber annehmen, dass Frau Meier immer noch an Durchfall erkrankt ist, oder?

Natürlich ist Ihnen und allen anderen klar, dass es Frau Meier schon lange wieder gut geht, sonst würde da ja stehen, dass sie immer noch krank ist. Doch andersherum wird ein Schuh daraus: Um den Kreis (den Pflegeprozess) zu schließen, muss der Eintrag erfolgen, dass es Frau Meier wieder gut geht. Sonst sieht es so aus, als ob die Arme seit Wochen an Durchfall und Übelkeit leiden würde.

Verstehen Sie nun, warum wir noch einmal auf den Pflegeprozess hinweisen? (image Abb. 1)

image

Abb. 1: Vierphasiger Pflegeprozess nach Yura & Walsh.

Tab. 1: Vier Phasen des Pflegeprozesses nach Yura & Walsh

Phase Inhalt
1. Assessment Sammlung aller pflegerelevanten Informationen
2. Planung Feststellung der Pflegeprobleme, Ressourcen, Fähigkeiten; (Festlegen der Pflegeziele), Planung der Maßnahmen
3.Intervention Praktische Durchführung
4. Evaluation Beurteilung der Wirkung und Qualität

Die Risikoerkennung bei einem Bewohner/Patienten sollte idealerweise innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Übernahme des pflegerischen Auftrages stattgefunden haben. Auch wenn das wegen der oft schwierigen zeitlichen Umstände »unmöglich« erscheint, können wir Ihnen nur raten: Machen Sie es! Selbst wenn es nur die Kurzanalyse im Berichteblatt ist. Machen Sie kenntlich, dass Sie »gesehen« haben, dass der Bewohner/Patient ein Sturzrisiko, ein Dekubitusrisiko usw. hat. Beweisen Sie, dass Sie Ihren fachlichen Filter angewandt haben. Warum diese Eile?

WichtigNie ohne eine erste Risikoerkennung!

Sollte dem neuen Bewohner/Patienten etwas zustoßen, was Sie durch eine durchgeführte Prophylaxe hätten vermeiden können, könnte man Ihnen einen Pflegefehler unterstellen!

Da die meisten Pflegeeinrichtungen schon auf das Strukturmodell oder andere vereinfachte Dokumentationsmodelle umgestellt haben, ist der Zeitaufwand für eine erste Risikoanalyse nicht mehr so hoch, wie er es noch vor zwei, drei Jahren war und Sie wissen ja: Sie machen das, um sich selbst zu schützen!

Doch es gilt auch der Satz: Erfinden Sie kein Risiko! Nicht jeder Bewohner, der mit dem Rollator geht, hat ein Sturzrisiko. Nicht jeder Bewohner, der unter chronischen Schmerzen leidet, hat ein Problem damit: Ist er medikamentös gut eingestellt und hat eine stabile Schmerzsituation, muss daraus kein Problem gemacht werden. Zieht jemand mit einem BMI von 19 in Ihre Einrichtung und geht aus der Biografie hervor, dass er immer sehr schlank war, gibt es im Bereich der Ernährung (erstmal) kein Problem.

Suchen Sie nicht nach Problemen, die Sie hätten, wenn Sie an der Stelle des Betroffenen sein würden. Beherzigen Sie den personenzentrierten Ansatz und versuchen Sie, durch seine Brille zu schauen. Bemühen Sie sich zu verstehen, wie der Betroffene sich fühlt, was ihn beschäftigt und bewegt. Das kann sich von Ihrer Wahrnehmung durchaus unterscheiden.

Eine Risikoerkennung besteht nicht einfach in der Ableitung aus bestimmten Grunderkrankungen und dem Erkennen von besonderen Umständen, die den Gesundheitszustand des zu Pflegenden beeinträchtigen könnten. Risikoerkennung ist viel mehr: das genaue Hinschauen, das richtige Hinhören und manchmal auch zwischen den Zeilen lesen können. Wir können Ihnen mit diesem Ratgeber nur ein paar Instrumente und Hilfsmittel an die Hand geben, Ihren eigenen Weg finden Sie direkt vor Ort, mit Ihren individuellen Bewohnern/Patienten.

Sie müssen den richtigen Blick haben. Sie müssen das richtige Wort finden, um den Betroffenen und/oder seine Angehörigen abzuholen und mit ihnen gemeinsam, den besten Weg zu finden.

Beraten Sie sich auch mit Ihren Kollegen! Tauschen Sie sich aus, führen Sie Fallgespräche. Probieren Sie Dinge aus und trauen Sie sich was! Pflege ist dynamisch und stetige Bewegung. Innovation und Kreativität sind gefragt. Manchmal ist die Lösung eines Problems auch ganz einfach und Sie kommen bloß nicht drauf, weil Sie zu fachlich, zu medizinisch oder zu problembehaftet denken.

Die Prüfungen der vergangenen Jahre zeigen, dass die Pflege einer der individuellsten Berufe ist, die es überhaupt gibt und das macht doch genau den Reiz aus. Wer saß nicht schon in einer Prüfung und diskutierte mit einer Prüferin über einen Bewohner, weil diese eine ganz andere Wahrnehmung hatte als man selbst? Das sind die Situationen, die es schwierig machen. Die Ihnen manchmal vielleicht sogar Angst machen und Sie zweifeln lassen. Das muss nicht sein! Machen Sie sich immer bewusst, dass jeder Mensch eine andere Geschichte hat, anders im Leben geprägt wurde und mit den Herausforderungen des Alltags anders umgeht.

Genau deswegen sind die Beratung und auch die Zusammenarbeit mit dem zu pflegenden Menschen und seinen Angehörigen so immens wichtig. Denn nur dann können Sie die bestmöglichen Maßnahmen für den Menschen finden. Je mehr Sie über den Menschen wissen, desto einfacher wird das Ganze für Sie. Je mehr Sie sich auf den Menschen und seine Sicht der Dinge einlassen, desto logischer wird es, das Bestmögliche für ihn zu machen. Und wenn Sie das dann noch verschriftlichen und genauso durchführen, dann kann nichts mehr schiefgehen!

DefinitionDekubitus

Das Wort »Dekubitus« leitet sich von dem lateinischen Begriff »decumbere« ab und bedeutet übersetzt » sich niederlegen«. Im Pflegejargon wird auch von einem »Druckgeschwür« oder »Wundliegegeschwür« gesprochen. Der medizinisch richtige Fachausdruck lautet aber »Decubitalulkus«.

Bei einem Dekubitus handelt es sich um eine lokale Hautschädigung inklusive des darunter liegenden Gewebes- bevorzugt über Knochenvorsprüngen. Verursacht wird dieser durch eine zu lange Einwirkung von Druck und/oder Schwerkräften.

4.1Entstehung eines Dekubitus

Die Hauptursachen für die Entstehung eines Dekubitus sind eine eingeschränkte, mangelnde Mobilität oder sogar Immobilität, die es dem Betroffenen nicht mehr möglich macht, den Druck, der durch die Belastung des Sitzens oder Liegens innerhalb einer gewissen Zeit entsteht, durch Verlagerung des Körpergewichtes auszugleichen. Der anhaltende Druck komprimiert die versorgenden Blutgefäße. Mangeldurchblutung ist die Folge, sodass das nährstoff- und sauerstoffreiche arterielle Blut nicht mehr zu den Zellen transportiert werden kann. Bei länger anhaltendem Druck auf das Hautareal werden die Nervenzellen irreversibel geschädigt und schließlich sterben die betroffenen Körperzellen ab.

Tab. 2: Dekubitusstadien*

Stadium Beschreibung
Grad I Nicht wegdrückbare, umschriebene Rötung bei intakter Haut, meist über einem knöchernen Vorsprung; Bereich kann schmerzempfindlich, verhärtet, weich, wärmer oder kälter als das umgebende Gewebe sein.
Grad II Teilzerstörung der Haut bis hin zur Dermis, die als ein flaches, offenes Ulkus mit einem rot- bis rosafarbenen Wundbett ohne Beläge in Erscheinung tritt; es kann sich auch als intakte oder offen/rupturierte, serumgefüllte Blase darstellen.
Grad III Zerstörung aller Hautschichten. Subkutanes Fettgewebe kann sichtbar sein. Die Wunde kann Beläge, Tunnel oder Unterminierungen aufweisen.
Grad IV Ein totaler Gewebsverlust mit freiliegenden Knochen, Sehnen oder Muskeln liegt vor. Beläge und Schorf können vorkommen. Tunnel der Unterminierungen liegen oft vor.
* In Anlehnung an Hellmann S & Rößlein R(2013):Formulierungshilfen Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover, S. 8

Weil die arterielle und die venöse Durchblutung verhindert wird, können Stoffwechselprodukte nicht mehr abtransportiert werden. Bei gesunden Menschen löst der Anstieg der sauren Substanzen im Gewebe den Reflex zur Bewegung aus. Außerdem veranlasst der entstehende Druckschmerz den Menschen im Normalfall zu einem Positionswechsel. Bei eingeschränkt mobilen bzw. immobilen Menschen ist dieser Reflex jedoch häufig nur noch in abgeschwächter Form vorhanden, sodass sie nicht mit einer notwendigen Bewegung reagieren können.

Das Gewebe übersäuert, die Gefäße weiten sich. Dies führt zu einer stärkeren Durchblutung, die an einer Hautrötung zu erkennen ist. Diese sog. Gefäßdilatation bewirkt den Flüssigkeits- und Eiweißaustritt in das Gewebe und fördert die Entstehung von Ödemen und Blasen. Zusätzlich kommt es zu einer Gefäßthrombose. Die Folge: Ein Druckgeschwür ist entstanden.

Neben Druck spielen Scherkräfte noch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung eines Dekubitus. Insbesondere bei älteren Menschen können durch Scherkräfte die Hautschichten voneinander getrennt werden. Eine weitere Ursache für einen Dekubitus ist in der Reibung zu sehen, die zu Hautschäden führt. Ein klassisches Beispiel dafür ist »das Herunterrutschen im Bett«, dessen Reibung zu Verletzungen der Haut führen kann.

4.2Was Sie wissen müssen

Lokalisationen

Knochenvorsprünge

Areale, die nur wenig durch Muskel- und Fettgewebe abgepolstert sind wie Steißregion, große Rollhügel (Trochanter major), Fersen, Ohren/Hinterkopf, Schulterblätter, Zehen/Fersen

Risikofaktoren
Intrinsisch

Alter

Exsikkose

reduzierte Mobilität, Immobilität

höheres Körpergewicht

Stoffwechsel- und neurologische Erkrankungen

Neuropathien

Mangelernährung

Inkontinenz

Infektion

Extrinsisch

Druck

Dauer

Scherkräfte, die zur Trennung der Hautschichten führen

Reibungen, die Hautverletzungen verursachen

mangelnde Körperhygiene

Feuchtigkeit oder Temperaturen, die zur Trennung von Hautschichten führen

Medikamente

Lagerung

falsche Hebe- und Lagerungstechnik

Schläuche (PEG, SPDK/DK)

Hilfsmittel, z. B. Brille, Hörgerät

Folgen

chronische Wunden

chronische Schmerzen

Mobilitätseinschränkungen

Einschränkungen in den täglichen Aktivitäten

Rückzug/Isolation

Maßnahmen

sämtliche Maßnahmen, die die Mobilität betreffen: Gehen, Aufsetzen, Stehen

bei Bettlägerigkeit: Positionswechsel in individuell festgelegten Zeitabständen

bei Auftreten einer Rötung: Fingertest

Anwendung von Lagerungshilfsmitteln

auch Mikrolagerungen

auf eine ausgewogene Ernährung achten, Mangelernährung vermeiden

eine individuell adäquate Flüssigkeitszufuhr (ggf. Absprache mit dem Hausarzt, je nach Grunderkrankungen)

Medikation überprüfen

4.3Anmerkungen

Zur Erkennung des Dekubitusrisikos können Sie die Norton-oder Bradenskala nutzen. Sie messen aber nur das Konstrukt »Dekubitusrisiko«. Sie können nicht vorhersagen, ob tatsächlich ein Dekubitus entsteht. Deshalb müssen Sie sehr genau hinschauen und auf individuelle Risikofaktoren achten. Beziehen Sie insbesondere Grunderkrankungen in Ihre Einschätzung mit ein.

Das Gleiche gilt auch für die Auswahl der Hilfsmittel. Auch diese sollten Sie sowohl unter Einbezug Ihrer pflegefachlichen Kompetenz als auch unter Berücksichtigung der Individualität des Betroffenen auswählen.

Im Rahmen der Hautpflege ist immer darauf zu achten, individuell abgestimmte Pflegeprodukte zu empfehlen bzw. zu nutzen. Die Hautbeschaffenheit ist sehr unterschiedlich, nicht jede Creme oder Lotion ist für jeden Betroffenen geeignet. Bei Unsicherheiten können Sie einen Dermatologe hinzuziehen, um die idealen Hautpflegeprodukte zu finden.

Grundsätzlich gilt, dass ein Dekubitus ein Pflegefehler ist. Aber es gibt durchaus Grunderkrankungen und/oder Veränderungen des Gesundheitszustandes, die die Entstehung fördern. Daher ist eine aufmerksame Hautbeobachtung in individuell festzulegenden Abständen erforderlich.

Auf keinen Fall sollten Sie zulassen, dass auf Hautveränderungen jeglicher Art einfach eine Creme oder Salbe aufgetragen wird! Auch wenn die meisten Cremes in der Apotheke frei verkäuflich sind, muss dennoch ein Arzt eine Diagnose stellen, um das passende Präparat zu finden.

Essen und Trinken sind menschliche Grundbedürfnisse. Sie spielen eine zentrale Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden. In Alten- und Pflegeheimen gehören die Mahlzeiten nicht von ungefähr zu den Höhepunkten des Tages! Ältere, kranke und pflegebedürftige Menschen können sich allerdings oft selbst nicht mehr angemessen ernähren und benötigen daher individuelle Unterstützung.

DefinitionUnterernährung

Unter Unterernährung wird eine unzureichende Energiezufuhr verstanden. Bei einem BMI zwischen 16 und 18,5 wird von Untergewicht gesprochen. In diesem Stadium werden besonders Speicherfettdepots abgebaut.

Hauptursachen für eine Unterernährung sind die Abnahme des Geschmacks- und Geruchsinnes sowie zehrende Krankheiten.

DefinitionMangelernährung

Von einer Mangelernährung wird gesprochen, wenn die Energiezufuhr zwar ausreichend ist, jedoch ein Mangel an existenziellen Nährstoffen, wie z. B. Proteinen, Vitaminen, Mineralien, besteht. In der Regel wird eine Mangelernährung durch eine sehr einseitige Ernährung hervorgerufen.

5.1Was Sie wissen müssen

Ziele

frühzeitiges Erkennen einer Mangelernährung

Verhinderung einer Mangelernährung

Wiederherstellung eines Ernährungszustandes nach den Wünschen und Bedürfnissen des zu Pflegenden

Vermeidung von Folgeerkrankungen

Vermeidung künstlicher Ernährung (z. B. PEG)

das Körpergewicht des Betroffenen wird in einem gesunden Bereich stabilisiert (Untergewicht/Kachexie werden verhindert)

die Ernährung ist den Wünschen und Bedürfnissen und den Ressourcen des Patienten/Bewohners unter Berücksichtigung seiner Grunderkrankungen angepasst

Wichtig

Berechnung des Body-Maß-Index: Gewicht : Größe2

Tab. 3: Einschätzung des Ernährungszustandes anhand des Body-Maß-Indexes

Ernährungszustand BMI-Wert
starkes Untergewicht/Kachexie ≤16
mäßiges Untergewicht 16-17
leichtes Untergewicht 17-19
Normalgewicht 19-25
Präadipositas 25-30
Adipositas I 30-35
Adipositas II 35-40
Adipositas III ≥40

Der Body-Maß-Index berücksichtigt allerdings nicht die individuelle Zusammensetzung von Fett- und Muskelgewebe. Er ist also nur bedingt aussagekräftig, aber er kann – und nur darauf kommt es in diesem Zusammenhang an – Hinweise auf ein Ernährungsdefizit geben.

Allgemeine Ursachen

akute und chronische Erkrankungen

Schmerzzustände

Erkrankungen, die mit dem Verlust kognitiver Fähigkeiten einhergehen (Demenz)

Nebenwirkungen durch Medikamente (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Geruchs- und Geschmacksveränderungen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit)

körperliche Einschränkungen (Apoplex, Arthrose)

Erkrankungen, die zu einem erhöhten Energie-, Nährstoff- und Flüssigkeitsbedarf führen (Infektionen, Fieber, Dekubitus, Tumorerkrankungen, demenzielle Veränderungen – wegen erhöhter Bewegung)

Schluckstörungen

schlechter Mund- und Zahnstatus

Depressionen

Mangel an sozialen Kontakten, Isolation

ungünstig gelerntes und gelebtes Ernährungsverhalten (etwa durch Armut)

Ängste vor Allergien oder Unverträglichkeiten

Wahnvorstellungen, das Essen oder die Getränke können vergiftet sein

religiöse oder weltanschauliche Ernährungsgewohnheiten (Veganer/Vegetarier).

Trauer

Angst vor Gewichtszunahme

Angst vor Toilettengängen oder Obstipation

Ekel vor unangenehmen (Essens-)gerüchen

Umgebungsbezogene Ursachen

Lärm

Unterbrechung der Mahlzeiten

zu geringes Zeitfenster für die Einnahme der Mahlzeiten

unangenehme Gerüche

Ablehnung von Tischnachbarn

mangelnde/fehlende Unterstützung durch das Personal

wenige ansprechende Zubereitung der Speisen

fehlende Hilfsmittel

Zurückhaltung/Scham beim Essen

Symptome

Verringerung der Kleidergröße

geringes oder fehlendes Fettgewebe

Abbau der Muskulatur

dünne, feingliedrige Extremitäten

schlaffe Hautfalten

stehende Hautfalten

schuppige, trockene Haut

starkes Kältegefühl

tiefliegende, eingefallene Augen

»sichtbare Magerkeit«: eingefallene Wangen, sich abzeichnende Rippenund Beckenknochen

borkige, belegte Zunge

matte Hautfarbe und Haarausfall

erhöhte Infektanfälligkeit

Frieren

Schwäche und Müdigkeit

Antriebslosigkeit

mangeldurchblutete Extremitäten

Folgen

erhöhtes Dekubitusrisiko (image Kap. 4.1.2)

Abnahme der Muskelkraft

erhöhtes Sturzrisiko

beeinträchtigte Immunfunktion, Infektanfälligkeit

Haut- und Schleimhautdefekte

Wundheilungsstörungen

neurologische und kognitive Einschränkungen

Beeinträchtigung der Herzleistung und der Atemfunktion

Tachykardie

konzentrierter Urin/Obstipation

Orientierungsstörungen

Tachykardie

Unruhe

Apathie

Maßnahmen

das Ess- und Trinkverhalten beobachten, ggf. mittels eines Ernährungsund Flüssigkeitsprotokolls

Vorerkrankungen berücksichtigen (können Einfluss auf den Ernährungszustand haben)

ggf. einen Ernährungsberater hinzuziehen

Beobachten des Gewichts:

5 Prozent des Gesamtkörpergewichts in drei Monaten

10 Prozent des Gesamtkörpergewichts in sechs Monaten

Speisen appetitlich anrichten

geschmacklich ansprechende Speisen anbieten

anregende Dekoration des Essplatzes

individuell angepasste Größe der Portionen

bevorzugte Temperatur der Speisen

angepasste Konsistenz der Speisen (z. B. bei Schluckstörungen) (imageKap. 26)

Geschirr, Gläser, Besteck

Farbe

anregende Gestaltung der Umgebung

immer die Biografie des Betroffenen berücksichtigen

5.2Anmerkungen

Der Wille des Menschen ist maßgeblich entscheidend und das gilt auch bei Ernährung. Im besten Falle gibt es eine Patientenverfügung, in der genau geregelt ist, ob z. B. eine PEG zur parenteralen Ernährung gelegt werden darf.

Auch bei der Ermittlung des Wunschgewichtes ist der Wille des Betroffenen ausschlaggebend, solange es sich nicht um pathologisch veränderte Essgewohnheiten handelt. War ein zu Pflegender schon immer sehr schlank und zierlich, muss er im Alter (Stichwort: Biografiearbeit) nicht korpulent werden. Zumal Sie bei Gewichtszunahmen immer die Grunderkrankungen berücksichtigen müssen.

image

Tipp

Bewohner mit einem BMI unter 18 können von ihrem Hausarzt Zusatzkost verschrieben bekommen, die Krankenkasse übernimmt die Kosten dafür. Viele Ärzte wissen das allerdings nicht, deshalb sollten Sie sie darauf hinweisen.

Die Harninkontinenz ist ein weitverbreitetes Problem, das in allen Altersstufen auftreten kann. Das Risiko, inkontinent zu werden, steigt mit zunehmendem Alter.

DefinitionHarnkontinenz

Unter Harnkontinenz wird die Fähigkeit verstanden, willkürlich und zur passenden Zeit an einem geeigneten Ort die Harnblase zu entleeren. Kontinenz beinhaltet auch die Fähigkeit, die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, um Hilfestellungen zu erhalten, wenn Einschränkungen beim selbstständigen Toilettengang bestehen. Infolgedessen bedeutet Harninkontinenz, dass die Harnblase unwillkürlich entleert wird. Das heißt, dass die Kontrolle über die Miktion verloren geht.

6.1Was Sie wissen müssen

Ziele

Jeder Patient/Bewohner erhält eine Prophylaxe, die die Entstehung einer Inkontinenz oder die Verschlechterung seines bisherigen Kontinenzprofils verhindert.

Jede identifizierte Harninkontinenz wird so gut es geht beseitigt, reduziert oder wenigstens kompensiert, sodass der Betroffene das höchstmögliche Maß an Lebensqualität erhält.

Erste Anzeichen für eine Harninkontinenz

häufige Toilettengänge

Verstecken unreiner Wäsche

unruhiges Verhalten

Uringeruch

Hautveränderungen im Intimbereich

eventuelle Stürze (beim Gang zur Toilette)

Symptome

unwillkürlicher Harnverlust bei körperlicher Betätigung

unwillkürlicher Harnverlust mit Harndrang

verzögerter Beginn der Miktion

ständiger Harnabgang

Harntröpfeln

Gefühl einer nicht vollständig entleerten Blase

Brennen beim Wasserlassen

Ursachen

Tab. 4: Ursachen von Harnkontinenz

Art der Inkontinenz Ursachen
Inkontinenz

Beckenbodensenkung

Harnwegsinfekte

Verletzungen der Harnblase oder Harnröhre

Harnblasenüberdrehung durch ein Abflussbehinderung

Blasen-, Scheidenfistel

Schädigung des Rückenmarks

Belastungsinkontinenz oder Stressinkontinenz Harndrang bei körperlicher Belastung, ausgelöst durch z. B.:

Geschwächte Beckenbodenmuskulatur, z. B. nach mehreren Geburten

Östrogenmangel in den Wechseljahren

Beckenoperationen

Prostataoperationen

Blasenvorfall

Gebärmuttersenkung

Dranginkontinenz plötzlicher Harndrang mit unmittelbar folgendem Harndrang, ausgelöst durch z. B.:

Störung in der Steuerung der Blasenmuskulatur

Blasenentzündung

Blasensteine

Prostatahyperplasie

psychische Ursachen

Nervenschäden

Neurologische Erkrankungen, z. B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Alzheimer

Hirntumor

Apoplex

schlecht eingestellter Diabetes

Überlaufinkontinenz ständiges Harntröpfeln bei gefüllter Blase, ausgelöst durch z. B.:

Verengung des Blasenausgangs

rezidivierende Harnwegsinfekte

Harnröhrenverengung

Prostatahyperplasie

Reflexinkontinenz

Verlust der Blasen-Schließmuskel-Koordination

Verletzungen des Rückenmarks, z. B. bei Querschnittslähmung

Multiple Sklerose, Apoplex, Morbus Parkinson, Alzheimer und andere Demenzerkrankungen

extraurethrale Inkontinenz Meist angeboren, kann aber auch ausgelöst werden durch Medikamente (z. B. Diuretika, Antidepressiva oder Neuroleptika)

Personenbezogene Risikofaktoren

Übergewicht

chronischer Husten

kognitive Einschränkungen

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842689541
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (November)
Schlagworte
Altenpflege Pflegemanagement & -planung Pflege Medizin

Autor

  • Tanja Leinkenjost (Autor:in)

Die Autoren gehören zum Expertenteam der Laureos GmbH. Dieses Unternehmen arbeitet in der Fortbildung und Beratung von Fach- und Führungskräfte in der Pflege.
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Titel: Risikoerkennung und Beratung in der Altenpflege