Lade Inhalt...

Soziale Betreuung richtig dokumentieren

Das Dokumentationsinstrument DI-ABBA. Qualitätsstandards einhalten – Wohlbefinden fördern

von Anna Kathrin Holtwiesche (Autor:in)
128 Seiten

Zusammenfassung

Die vom MDK geforderte Dokumentation in der sozialen Betreuung nimmt v.a. das Wohlbefinden der Kunden in den Blick. Doch: Das Wohlbefinden eines Bewohners kann oft nur aus dessen Verhalten interpretiert werden. Doch diese Dokumentation ist schwierig.
Deshalb häufen sich die Mängelrügen des MDK in Sachen „Dokumentation sozialer Betreuung“. Betreuungskräfte verwechseln Beobachtung und Interpretation, vergessen den Faktor „Wohlbefinden“ komplett und allzu oft passt eine gekaufte „Formulierungshilfe“ nicht auf den individuellen Fall (die Gruppe/den Einzelkunden). Kein Wunder, dass der MDK den Einsatz von Beobachtungsinstrumenten empfiehlt (H.I.L.D.E oder DCM) – doch die sind schwer zu lernen und häufig sehr umfangreich.
Das Dokumentationsinstrument DI-ABBA dagegen ist einfach zu erlernen, besteht aus lediglich vier Elementen:
1. Angebot,
2. Beobachtung,
3. Bewertung,
4. Aktion
und kann sofort eingesetzt werden.
Jedes Angebot in der sozialen Betreuung wird automatisch hinsichtlich seiner Qualität („wird Wohlbefinden beim Kunden erreicht?“) geprüft, bewertet und ggfs. verbessert.
Die Dokumentation selbst fällt leichter, die Dokumentationsqualität erhöht sich und die Prüfkriterien des MDK werden spielend leicht erfüllt. Und: Das Wohlbefinden der Klienten steigt!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Die Dokumentation in der Sozialen Betreuung ist keine leichte Aufgabe. Neben den Maßnahmen an sich geht es auch darum, deren Akzeptanz bei den Bewohnern zu protokollieren. Dabei treffen Sie auf die Herausforderung, häufig nur anhand von Mimik und Gestik einschätzen zu können, ob Ihr Angebot auch wirklich bei den Bewohnern ankommt.

Als Betreuungskraft sind Sie also besonders gefordert, denn die Dokumentation Ihrer Arbeit dient gleich mehreren Zwecken:

Sie ist eine Absicherung, ein Nachweis für Ihre Tätigkeit.

Sie ist eine wichtige Information für das Sie unterstützende Team (Betreuungs- und Pflegekräfte, Pflegedienst- und Bereichsleitungen, Ärzte und externe Kräfte wie z. B. Ergotherapeuten etc.).

Sie ist eine wichtige Information für Prüfgremien wie den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung).

Sie ist die Basis zur Verbesserung Ihrer Angebote in der Sozialen Betreuung.

Ihre Aufgabe als Betreuungskraft ist es u. a., mit Ihren Angeboten das Wohlbefinden der Ihnen anvertrauten Personen zu erhalten oder zu verbessern. Ihre Angebote sollten auch ständig optimiert werden – ob Ihnen das gelingt, lässt sich nur im Zusammenhang mit einer lückenlosen, vergleichbaren Dokumentation erkennen.

Nun betreuen Sie aber sehr unterschiedliche Personen mit verschiedenen Vorlieben, Bedürfnissen, seelischen, geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Sie bewegen sich außerdem zwischen den geplanten Angeboten und den überraschend notwendig werdenden Alternativen, denn Sie müssen beständig die Tagesform der Ihnen anvertrauten Menschen berücksichtigen. Und all das vor dem Hintergrund, dass viele Ihrer Bewohner durch eine Demenz eingeschränkt sind.

Menschen mit Demenz – eine wachsende Klientel

Sie können das Problem der Dokumentation unterschiedlich lösen:

mit Formulierungshilfen, die Sie einfach abschreiben;

oder in vier einfachen Schritten: mit DI-ABBA!

Ich habe das Dokumentationsinstrument DI-ABBA entwickelt, weil ich in meiner Praxis in der zusätzlichen Betreuung sehr häufig auf Dokumentationen stoße, in denen sich Beobachtetes und Vermutungen (»Bewohnerin fuchtelte ›aggressiv‹ mit den Händen«) miteinander vermischen. Oder in denen einfach (nur) sachliche Informationen stehen (»Bewohner hat am Gesprächskreis teilgenommen«).

Tatsächlich gelingt es Ihnen mit DI-ABBA, sehr schnell und einfach genau das zu dokumentieren, was Sie dokumentieren sollen: das Angebot und seine Wirkung auf das (Wohl-)Befinden eines Bewohners.

1 EINLEITUNG

Was auch immer Sie in der Sozialen Betreuung tun, Sie müssen es aufschreiben. Genau dafür ist die Dokumentation da – und damit tauchen zwei Fragen auf, die Sie beantworten müssen:

1. Was genau soll ich dokumentieren?

2. Wie soll ich dokumentieren?

Sie kennen vielleicht sogar eine gute Hilfe, die Sie bei dieser Aufgabe unterstützt – die Formulierungshilfe-Bücher für die Soziale Betreuung –, die es in unterschiedlichen Variationen auf dem Buchmarkt gibt. Schauen wir doch einmal hinein: Zwei Erkenntnisse gewinnen wir sofort:

1. Die meisten Formulierungshilfen sind vorformulierte Floskeln (»Herr B. kann seine Position im Bett selbstständig verändern.«).

2. Es gibt kein Buch, das für jede Situation und jedes individuelle Verhalten eines Klienten tatsächlich immer die passende Formulierung bietet. (Was schreiben Sie z. B., wenn Herr B. seine Position im Bett zwar selbstständig wechseln kann, dies aber nicht jeden Tag der Fall ist?)

Fazit

Formulierungshilfen für die Soziale Betreuung lassen sich schnell und einfach abschreiben. Ihre Dokumentation füllt sich fast wie von selbst. Allerdings müssen Sie solche Formulierungshilfen immer noch auf die individuelle Situation anpassen – so wird es von einigen Autoren von Formulierungshilfe-Büchern auch ehrlicherweise erwähnt. Stefanie Hellmann etwa sagt: »Formulierungshilfen sollen Ihnen Impulse für eigene, individuell an den Bewohner angepasste Formulierungen«* geben.

* Hellmann, S. (2015). Formulierungshilfen Soziale Betreuung und Alltagsgestaltung. Hannover: Schlütersche, S. 70

Sie müssen also immer selbst dafür sorgen, dass Ihre Dokumentation der Sozialen Betreuung das Verhalten der Ihnen anvertrauten Menschen beschreibt, aber auch Ihre Leistung als Betreuungskraft wiedergibt: Eine gelungene Dokumentation zeigt sich dadurch, dass Sie die Qualität Ihrer Arbeit einschätzen und erkennen, was Sie damit alles bewirken. Dann hilft Ihnen die Dokumentation auch dabei, Ihre Arbeit nachvollziehbar zu machen und sie zu verbessern.

1.1 Ziele der Sozialen Betreuung

Oberstes Ziel der Sozialen Betreuung ist es, das Wohlbefinden des Kunden zu verbessern. Und zwar in direkter Verbindung mit den Angeboten der Sozialen Betreuung.

Sie müssen also nicht nur dokumentieren, dass Sie ein Angebot gemacht haben – und welches es war –, sondern zugleich dokumentieren, wie diese Maßnahme gewirkt hat und dann noch reflektieren, wie sich das Angebot verbessern lässt.

Damit stehen Sie als Betreuungskraft vor der Aufgabe, das Wohlbefinden einzuschätzen und nach Methoden zu suchen, mit dem dieses beim einzelnen Bewohner ganz individuell verbessert werden kann.

Es existieren also vier wichtige Punkte, die Sie dokumentieren müssen:

1. Was haben Sie angeboten?

2. Wie hat sich der Bewohner verhalten?

3. Welches Befinden lässt sich aus seinem Verhalten ableiten?

4. Was machen Sie mit Ihren Erkenntnissen?

1.2 Dokumentieren Sie einfach – mit DI-ABBA

Damit sind wir bei DI-ABBA, dem Dokumentationsinstrument (DI) ABBA. DI-ABBA verbindet die eben vorgestellten vier Punkte in einem einfachen System.

1. A – Angebot

2. B – Beobachtung

3. B – Bewertung

4. A – Aktion

Mit diesen vier einfachen Schritten verbessern Sie die Qualität Ihrer Dokumentation, halten gesetzliche Anforderungen ein, geben wichtige Informationen gezielt weiter und verfügen gleichzeitig über eine Struktur für Ihre weitere Arbeit.

Wichtig

Mit DI-ABBA haben Sie einen Baukasten. Sie folgen einer einfachen Struktur, vergessen nichts und brauchen auch nicht unbedingt eine Formulierungshilfe. Die Inhalte Ihres Angebots werden überprüfbar (für Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen) und durch die Struktur hat jeder Punkt, der dokumentiert werden soll, auch schon eine bestimmte Position.

DI-ABBA ist mühelos zu nutzen und kann sehr viel für Sie leisten: Dabei ist es egal, ob Sie dokumentieren, weil es Abweichungen von der Pflegeplanung nach dem Maßnahmenplan der Strukturierten Informationssammlung (SIS®) gibt, oder Sie speziell das Wohlbefinden von demenziell veränderten Bewohnern dokumentieren möchten.

Durch den informativen und gebündelten Informationsgehalt eignet sich diese systematische Dokumentation auch hervorragend für die Evaluation der Maßnahmenplanung nach der Strukturierten Informationssammlung (SIS®). Denn Sie können mit DI-ABBA einfach den routinemäßigen und wiederkehrenden Ablauf der Sozialen Betreuung darstellen, so wie es die Handlungsanleitung fordert.1

Fazit

Nach der Lektüre dieses Buches haben Sie einen kompletten Überblick, was die Arbeit in der Sozialen Betreuung ausmacht und wie Sie mittels DI-ABBA einfach aber sicher und prüfungsrelevant dokumentieren.

So ist dieses Buch aufgebaut:

1. Das erste Kapitel leitet knapp ins Thema ein und zeigt die allgemeinen Ziele der Sozialen Betreuung und deren Dokumentation.

2. Im zweiten Kapitel stelle ich Ihnen das Tätigkeitsfeld und die Anforderungen an eine Betreuungskraft vor. Sie lernen die zwischenmenschlichen Aspekte und Ziele der Sozialen Betreuung kennen. Denn nur so können Sie auch verstehen, warum die Dokumentation der Betreuung so wichtig ist und warum das mit dem Dokumentationsinstrument DI-ABBA besonders gut geht.

3. Das dritte Kapitel vermittelt Ihnen die allgemeinen Grundlagen zur Dokumentation der Sozialen Betreuung und Aktivierung. Ich gebe Ihnen in diesem Kapitel einen Überblick über unterschiedliche Methoden, Vorgaben und die gesetzlichen Aspekte der Dokumentation.

4. Das vierte Kapitel zeigt Ihnen die Praxis mit dem Dokumentationsinstrument DI-ABBA. Ich stelle Ihnen das Dokumentationsinstrument vor und zeige Ihnen, wie es aufgebaut ist. Sie erfahren, was es mit den einzelnen Bestandteilen auf sich hat. Außerdem habe ich Ihnen Beispiele aus der und für die Praxis sowie Tipps und Probleme (natürlich mit Lösungen!) zusammengestellt. Ferner erläutere ich Ihnen, warum die Dokumentation der Sozialen Betreuung anders aufgebaut ist als eine herkömmliche Pflegedokumentation.

5. Das fünfte Kapitel beschreibt ausführlicher die Theorie, die hinter DI-ABBA steht und gibt ganz praktische Tipps zur Anwendung. Sie erfahren Grundlagen zu wichtigen Bestandteilen des Instruments. Zudem gehe ich noch auf die Probleme und Konflikte bei der Dokumentation ein.

6. Das sechste Kapitel vermittelt Ihnen schließlich einen Überblick über die wissenschaftlichen Methoden und Systeme, die ich für die Entwicklung von DI-ABBA genutzt habe. Sie erhalten so wertvolle, zentrale Hintergrundinformationen, warum DI-ABBA aussieht wie es ist und warum es so gut funktioniert.


1 Vgl.: Bundesministerium für Gesundheit (2015). Handlungsanleitung (Version 1.1) zur praktischen Anwendung des Strukturmodells (ambulant/stationär), der integrierten Strukturierten Informationssammlung (SIS) mit der Matrix zur Risikoeinschätzung, der Maßnahmenplanung und der Evaluation sowie mit Hinweisen zum Handlungsbedarf auf der betrieblichen Ebene. Berlin, S. 14

2 UNVERZICHTBAR FÜR DIE ALTENHILFE: SOZIALE BETREUUNG

Mit dem § 87b SGB XI erhielten 2008 alle Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen einen gesetzlich festgelegten Anspruch auf Betreuung. Eine grundsätzliche Änderung gab es durch die Pflegereform 2017: Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff wurde endlich Wirklichkeit.

Wichtig – Pflegebedürftigkeit

»Pflegebedürftig im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen.

Es muss sich um Personen handeln, die

körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder

gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen

nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können.

Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 SGB XI (siehe Grad der Pflegebedürftigkeit) festgelegten Schwere bestehen.«*

* https://sozialversicherung-kompetent.de/pflegeversicherung/leistungsrecht-ab-2017/667-pflegebeduerftigkeit-definition.html [Zugriff am 23.10.2017]

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff sagt also aus, dass körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen gleich behandelt werden: Sowohl bei der Bestimmung des Pflegegrades als auch beim Zugang zu den Pflege-und Betreuungsleistungen. Eigentlich hätte man sich da eine zusätzliche Betreuung sparen können. Doch der Gesetzgeber entschied anders. »Da … sichergestellt werden musste, dass auch über den 31.12.2016 hinaus die zusätzliche Betreuung und Aktivierung stattfindet, wurde ab dem 01.01.2017 mit § 43b SGB XI eine neue Rechtsvorschrift geschaffen. Damit wurde der Anspruch auf die zusätzliche Betreuung und Aktivierung in Form der Zahlung eines Vergütungszuschlags an die stationäre Einrichtung zu einem Individualanspruch des Versicherten geschaffen. Durch diesen Individualanspruch ändert sich am Inhalt der Leistung im Vergleich zur bisherigen § 87b-Leistung nichts.«2

2.1 Wichtig für Ihre Arbeit: § 43b SGB XI

»Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen haben nach Maßgabe von § 84 Absatz 8 und § 85 Absatz 8 Anspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung, die über die nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit notwendige Versorgung hinausgeht.«

Fest steht: Die Leistungen der Sozialen Betreuung sind bezahlte Leistungen und die Basis Ihrer Arbeit als Betreuungskraft. Sicherlich haben Sie – wie viele Ihrer Berufskollegen – eine Qualifikation durchlaufen. Alle Qualifikationen basieren auf einer Richtlinie, die der GKV-Spitzenverband 2008 beschloss und 2016 noch einmal aktualisierte:

»Grundsätze der Arbeit und Aufgaben der zusätzlichen betreuungskräfte

(1) Die zusätzlichen Betreuungskräfte sollen die Pflegebedürftigen betreuen und aktivieren. Zusätzliche Betreuungskräfte sind keine Pflegekräfte. Als Betreuungs- und Aktivierungsmaßnahmen kommen Maßnahmen und Tätigkeiten in Betracht, die das Wohlbefinden, den physischen Zustand oder die psychische Stimmung der betreuten Menschen positiv beeinflussen können.

(2) Die Aufgabe der zusätzlichen Betreuungskräfte ist es, die Pflegebedürftigen zum Beispiel zu folgenden Alltagsaktivitäten zu motivieren und sie dabei zu betreuen und zu begleiten:

Malen und basteln,

Handwerkliche Arbeiten und leichte Gartenarbeiten,

Haustiere füttern und pflegen,

Kochen und backen,

Anfertigung von Erinnerungsalben oder -ordnern,

Musik hören, musizieren, singen,

Brett- und Kartenspiele,

Spaziergänge und Ausflüge,

Bewegungsübungen und Tanzen in der Gruppe,

Besuch von kulturellen Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Gottesdiensten und Friedhöfen,

Lesen und Vorlesen,

Fotoalben anschauen.

Die Betreuungskräfte sollen den Pflegebedürftigen für Gespräche über Alltägliches und ihre Sorgen zur Verfügung stehen, ihnen durch ihre Anwesenheit Ängste nehmen sowie Sicherheit und Orientierung vermitteln. Betreuungs- und Aktivierungsangebote sollen sich an den Erwartungen, Wünschen, Fähigkeiten und Befindlichkeiten der Pflegebedürftigen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Biografie, ggf. einschließlich ihres Migrationshintergrundes, dem Geschlecht sowie dem jeweiligen situativen Kontext orientieren.

(3) Zur Prävention einer drohenden oder einer bereits eingetretenen sozialen Isolation sind Gruppenaktivitäten für die Betreuung und Aktivierung das geeignete Instrument. Die persönliche Situation des Pflegebedürftigen, z. B. Bettlägerigkeit, und seine konkrete sozial-emotionale Bedürfnislage kann aber auch eine Einzelbetreuung erfordern.

(4) Die Betreuung der Pflegebedürftigen gehört zum Leistungsumfang der stationären Pflegeeinrichtungen. § 43b SGB XI ermöglicht es, die Betreuung und Aktivierung der Pflegebedürftigen in einem definierten Umfang quantitativ zu verbessern. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Tätigkeit der zusätzlichen Betreuungskräfte eng mit der Arbeit der Pflegekräfte und des sonstigen Personals in den stationären Pflegeeinrichtungen zu koordinieren, damit keine Versorgungsbrüche entstehen. Zu den Aufgaben der zusätzlichen Betreuungskräfte gehören auch die Hilfen, die bei der Durchführung ihrer Betreuungs- und Aktivierungstätigkeiten unaufschiebbar und unmittelbar erforderlich sind, wenn eine Pflegekraft nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Zusätzliche Betreuungskräfte dürfen weder regelmäßig noch planmäßig in körperbezogene Pflegemaßnahmen sowie hauswirtschaftliche Tätigkeiten eingebunden werden. Maßnahmen der Behandlungspflege bleiben ausschließlich dafür qualifizierten Pflegekräften vorbehalten. Die Einhaltung dieser Vorgaben obliegt der verantwortlichen Pflegefachkraft nach § 71 Abs. 3 SGB XI. Den zusätzlichen Betreuungskräften dürfen bei Hinweisen zur Einhaltung dieser Vorgaben an die Verantwortlichen keine Nachteile entstehen.«3

Die Ansprüche an Ihre Arbeit sind demnach hoch. Sie leisten eine wichtige, qualitativ hochwertige Arbeit, die den gesamten Menschen, sein Wohlbefinden, seinen physischen Zustand und seine psychische Stimmung beeinflusst. Eine Aufgabe, die immer mehr Menschen wahrnehmen. Im Oktober 2017 waren schon 60.000 soziale Betreuer in Pflegeeinrichtungen aktiv. Vier Jahre zuvor, 2013, waren es erst 28.000 gewesen.

Auch wenn es in Pressemeldungen hieß, es seien »ungelernte Betreuer«4, so entspricht das nicht der Wahrheit. Viele Betreuungskräfte haben eine Ausbildung. Soziale Betreuung ist eine komplexe Aufgabe und es gibt konkrete Anforderungen, die Sie erfüllen müssen.

2.2 Betreuungskraft: empathisch, kommunikativ und kreativ

Sicherlich haben Sie Ihre eigenen Erwartungen an Ihre Arbeit und auch einen Anspruch an sich selbst. Diese Erwartungen und Ansprüche haben aber auch andere. Die Betreuungskräfte-Richtlinie des GKV-Spitzenverbandes, der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, beschreibt konkret die Anforderungen an eine Betreuungskraft. Im § 3 sind sie zusammengestellt:

»Anforderungen an die betreuungskräfte

Grundlegende Anforderungen an die persönliche Eignung von Menschen, die beruflich eine Betreuungstätigkeit in stationären Pflegeeinrichtungen ausüben möchten, sind insbesondere

eine positive Haltung gegenüber kranken, behinderten und alten Menschen,

soziale Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten,

Beobachtungsgabe und Wahrnehmungsfähigkeit,

Empathiefähigkeit und Beziehungsfähigkeit,

die Bereitschaft und Fähigkeit zu nonverbaler Kommunikation,

Phantasie, Kreativität und Flexibilität,

Gelassenheit im Umgang mit verhaltensbedingten Besonderheiten infolge von körperlichen, demenziellen und psychischen Krankheiten oder geistigen Behinderungen,

psychische Stabilität, Fähigkeit zur Reflexion des eigenen Handelns, Fähigkeit sich abzugrenzen,

Fähigkeit zur würdevollen Begleitung und Anleitung von einzelnen oder mehreren Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, Demenz, psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen,

Teamfähigkeit,

Zuverlässigkeit.«5

Nur wer Menschen in ihrer Gesamtheit anerkennt und aus ihrem Verhalten ihre Bedürfnisse ableiten und verstehen kann, ist in der Lage, eine professionelle und an den Bedürfnissen des Bewohners orientierte Betreuung zu ermöglichen. Drei wichtige Kompetenzen liegen all dem zugrunde, die wir uns folgend im Einzelnen anschauen werden:

1. Empathie

2. Kommunikationsfähigkeit

3. Kreativität

2.2.1 Empathie: Erkennen Sie Bedürfnisse und schätzen Sie sie ein

Sie arbeiten mit Menschen und Sie müssen spüren, wie es Ihrem Gegenüber geht und wie Sie sein Wohlbefinden positiv beeinflussen können.

Spüren Sie z. B., dass Ihr Gegenüber beim Gespräch mit Ihnen aufblüht, dann erhöhen Sie sein Wohlbefinden. Jeder Mensch ist ein soziales Wesen und freut sich darüber, wenn er wahrgenommen, anerkannt und in seinem Personsein akzeptiert wird. Es ist Ihre Haltung, die zählt – und es ist Ihre Fähigkeit zur Empathie, die Sie weiterbringt. Haltung und Verhalten gehören zusammen! Es ist also von großem Interesse, dass Sie wissen, welche Grundhaltung Sie gegenüber Ihren anvertrauten Kunden einnehmen.

Erkennen Sie an. Gerade wenn jemand körperlich oder psychisch eingeschränkt ist, können Sie ihm durch Ihre Anerkennung ein positives Gefühl vermitteln.

Umgekehrt gilt: Wenn Sie ständig fordern, aber nie loben, werden Ihre Kunden nur wenig Freude an Ihrer Art der Betreuung haben.

Wenn Sie Behinderungen oder Einschränkungen nicht akzeptieren können, sondern den Menschen darauf reduzieren, wird er sich eher zurückziehen. Ihre ganze Arbeit wäre umsonst!

Hinweis

Die Arbeit in der Sozialen Betreuung hat durchaus etwas mit Gefühlen zu tun. Sie sind kein Roboter und die Bewohner sind es auch nicht. Ihre Dienstleistung der Betreuung ist nicht dann erledigt, wenn Sie Ihre Stunden abgearbeitet haben, sondern erst dann, wenn die Ihnen anvertrauten Menschen gern zu Ihren Angeboten kommen, sich währenddessen wohl fühlen und das Gefühl haben, sogar in ihren Fähigkeiten gebraucht und anerkannt zu werden.

Die Fähigkeit, sich in den anderen einzufühlen, also empathisch zu sein, legt das Fundament für Ihre erfolgreiche Arbeit in der Sozialen Betreuung. Sie sollen, so sagt es die Richtlinie, »empathie- und beziehungsfähig« sein. Eine professionelle soziale Beziehung zwischen Betreuungskraft und Bewohner bedeutet:

Sie kennen den Bewohner.

Sie sind vertraut mit seinen Interessen, Bedürfnissen und Fähigkeiten.

Sie kennen seine Alltagsstruktur und seine Biografie.

Sie haben eine professionelle Beziehung zum Bewohner aufgebaut.

Die professionelle Beziehung zum Bewohner ist wichtig. Sie kennen das vom Verhältnis zwischen Arzt und Patient, der »Arzt-Patienten-Beziehung«. Diese Beziehung ist immens wichtig, da sich ein Patient seinem Arzt anvertrauen soll und vom Arzt erwartet, dass er ihm mit Fachwissen, Wertschätzung und Verlässlichkeit begegnet.

Auch bei Ihrer Beziehung zum Bewohner handelt es sich um ein ähnliches Gefüge, schließlich ist die Begleitung der Bewohner Ihr Beruf. Dabei sind der wertschätzende Umgang sowie Verlässlichkeit und Wissen über das Tun und Handeln wichtige Elemente. All das soll möglichst in einer Balance zwischen Nähe und Distanz geschehen. Schließlich betreuen Sie kein Familienmitglied, sondern einen fremden Menschen – auch wenn Sie diesem manchmal sehr nahe kommen (müssen), um Ihre Arbeit wirklich gut zu machen. Ohne Empathie wäre das schlicht unmöglich.

Wichtig – Ihre Aufgabe: Bedürfnisse erkennen

Nur mit Empathie können Sie eine wirkliche Beziehung gestalten. Sie kennen den Bewohner, erleben in Ihrem Berufsalltag sein Wirken und Handeln. Sie können Rückschlüsse aus den Reaktionen des Menschen und aus der Alltagssituation ziehen. Ihnen werden Unterschiede auffallen, wenn jemand von seinem gewohnten Verhalten abweicht und Sie werden Ihre Betreuungsangebote entsprechend anpassen.

Sich einzufühlen bedeutet aber auch, dass Sie sich auf Ihre eigene Gefühlswelt einlassen müssen. Eine typische Frage lautet: »Wie würde ich mich in dieser Situation fühlen?« Gefühle können unklar oder sogar gegensätzlich sein. Je mehr Verständnis Sie für Ihre eigenen Gefühle haben, desto empathischer können Sie auf andere eingehen.

Beispiel – Veränderung

Es ist keineswegs unprofessionell, wenn Sie mit Gefühlen arbeiten und Gefühle einbringen! Es ist schlicht und ergreifend notwendig. Allerdings bleiben Sie in Ihrer Arbeit nicht bei Ihren oder den Gefühlen anderer stehen, sondern müssen diese für andere übersetzen: für Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Betreuung, für die Pflegefachkräfte, die Prüfer vom MDK etc. Schließlich wird von Ihnen erwartet, dass Sie die Bedürfnisse eines Bewohners, die hinter den Gefühlen liegen, erkennen und dokumentieren können.

Wichtig – Ihre Aufgabe: Bedürfnisse einschätzen

Eine Einschätzung ist aber keine unumstößliche Wahrheit. Sie können immer nur versuchen, möglichst nahe an die tatsächliche Erlebenswelt eines Bewohners zu kommen. Das wird Ihnen mal mehr, mal weniger gelingen. Dennoch gibt Ihre Einschätzung wichtige Impulse für Ihr weiteres Handeln – und auch für das Handeln anderer an der Pflege und Betreuung beteiligter Personen.

2.2.2 Kommunikationsfähigkeit: Sagen und schreiben Sie, was Sie erleben

Neben der Empathie ist die Kommunikationsfähigkeit eine weitere, wichtige Kompetenz bei Ihrer Tätigkeit als Betreuungskraft. Sie führen mit Ihren Bewohnern unterschiedliche Gespräche oder Aktionen durch: Sie trösten, informieren, beraten, beschäftigen, erzählen, aktivieren usw. Schon deshalb sollten Sie Wert auf Ihre Kommunikationsfähigkeit legen. Ferner müssen Sie ja all das, was Sie gemacht, beobachtet und eingeschätzt haben, so dokumentieren, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen wissen, was sich ereignet hat. Daher müssen Sie über einen großen und geeigneten Wortschatz verfügen, um das Alltägliche zu beschreiben, was Sie beobachten und einschätzen. Und Sie wissen ja: Auch die Prüfer vom MDK schauen Ihnen sozusagen über die Schulter bei der Dokumentation.

Machen Sie doch mal einen einfachen Test: Lesen Sie sich durch, was Sie in der vergangenen Woche in eine Ihrer Dokumentationen geschrieben haben. Verstehen Sie heute noch, was Sie meinten? Nehmen wir einmal an, Sie schrieben vor einer Woche: »Frau P. hat beim Singkreis die ganze Zeit geweint.« Aber eigentlich war es anders. Sie wissen noch, dass Frau P. erst bei einem bestimmten Lied begann zu weinen. Genau das hätten Sie einfach schreiben müssen: »Frau P. begann bei dem Lied ›Vor meinem Vaterhaus‹ zu weinen. Ich fragte sie, warum das Lied sie traurig mache. Sie sagte, dass ihre Mutter das Lied immer gesungen habe und sie deshalb traurig werde, wenn sie es hört. Mit Frau P. besprochen, dass wir das Lied künftig seltener singen bzw. mit ihr vorab besprechen, ob wir es überhaupt singen.«

Hier haben Sie bereits DI-ABBA umgesetzt:

Angebot: Singkreis.

Beobachtung: Frau P. beginnt beim Lied »Vor meinem Vaterhaus« zu weinen.

Bewertung: Frau P. ist traurig. Auf Nachfrage erklärt sie, dass ihre Mutter dieses Lied immer gesungen habe. Die Erinnerung daran stimmt sie traurig.

Aktion: Künftig auf das Lied »Vor meinem Vaterhaus« verzichten, wenn Frau P. am Singkreis teilnimmt.

Jetzt können auch Ihre Kollegen entsprechend reagieren, statt vielleicht auf die Idee zu kommen, dass Frau P. prinzipiell nicht gern singt und nicht gerne am Singkreis teilnimmt!

Wichtig – Ihre Aufgabe: Beobachtetes dokumentieren

2.2.3 Kreativität: Setzen Sie immer wieder neue Impulse

Kreativität ist eine weitere wichtige Kompetenz für Sie als Betreuungskraft. Schließlich müssen Sie immer wieder neue Angebote planen, sich an den (wechselnden) Bedürfnissen und Fähigkeiten Ihrer Klienten orientieren. Sie müssen individuell fördern und ein wenig fordern. Sie sollen nicht langweilen, sondern flexibel auf unterschiedliche Tagesformen und Stimmungen reagieren.

Hinzu kommt natürlich, dass Ihnen die Einrichtung, in der Sie arbeiten, Möglichkeiten und Grenzen setzt. Das sind etwa räumliche Gegebenheiten oder Materialausstattungen. Und manchmal geht der schönste Plan nicht auf, weil das Wetter bei einem geplanten Ausflug nicht mitspielt oder ein Ehrenamtlicher zu einem fest vereinbarten Termin überraschend nicht erscheint.

Kurz gesagt, kreativ in der Betreuung zu sein, heißt, dass Sie in ungeplanten Situationen oder bei überraschenden Reaktionen Ihrer Kunden entsprechend flexibel reagieren. Schließlich müssen Sie gerade bei Gruppenangeboten vielen unterschiedlichen Bewohnern mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten gerecht werden.

Beispiel – Bettlaken statt Schwungtuch

Wichtig – Ihre Aufgabe: Stets flexibel reagieren


2 GKV-Spitzenverband (2016). Richtlinien nach § 53 c SGB XI zur Qualifikation und zu den Aufgaben von zusätzlichen Betreuungskräften in stationären Pflegeeinrichtungen (Betreuungskräfte-RL) vom 19. August 2008 in der Fassung vom 23. November 2016

3 Ebd.

4 »Zahl der ungelernten Betreuer in Pflegeheimen verdoppelt« Im Internet: https://www.wr.de/poli-tik/zahl-der-ungelernten-betreuer-in-pflegeheimen-verdoppelt-id212355261.html [Zugriff am 26.10.2017]

5 https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/beratung_und_betreuung/betreuungskraefte/2016_11_23_Pflege_Betreuungskraefte-RL__53c_SGB_XI.pdf [Zugriff am 16.11.2017]

3 DOKUMENTATION – DIE GRUNDLAGEN

Unter Dokumentation wird z. B. eine strukturierte Sammlung von Belegen verstanden, die die Entwicklung eines Prozesses darstellt. Eine Dokumentation …

kann in Bild, Ton und Schrift erfolgen,

dient als Nachweis, Beweis und als Beispiel,

besitzt einen informativen und aufklärenden Charakter,

ist ein Instrument zur Qualitätssicherung. Dabei werden Inhalte genutzt und ausgewertet, um den Prozess darzustellen.

Am bekanntesten ist Ihnen sicherlich die Pflegedokumentation, die u. a. als Leistungsnachweis abbildet, wie sich der gesamte Pflegeprozess eines Pflegebedürftigen darstellt. Doch auch Ihr Tätigkeitsfeld, die Soziale Betreuung, muss in einer Dokumentation belegbar und nachvollziehbar dargestellt werden.

3.1 Anforderungen an die Dokumentation

Eine Dokumentation ist ein rechtlich wichtiges Dokument und folgt bestimmten Grundsätzen: »Neben der Wahrheit muss das Dokument auch Klarheit schaffen. Das bedeutet zum einen, die Eintragung muss eindeutig und nachvollziehbar sein, wobei sich ›nachvollziehbar‹ mit ›logisch‹ übersetzen lässt. Zum anderen muss das Handzeichen eindeutig einer bestimmten Person zuzuordnen zu sein.

Echtheit heißt, dass jeder für sich selbst einträgt und man nichts für andere abzeichnet. Dabei bedeutet Echtheit auch, dass Eintragungen weder mit Bleistift noch mit Füller vorgenommen werden dürfen. Auch die Benutzung von Tipp-Ex ist verboten.

Keine Streichung heißt zum einen keine Striche, z. B. für erbrachte Leistungen. Diese Strichlisten sind sehr verbreitet, aber unzulässig. (…) Wenn Sie einen Rechtschreibfehler korrigieren wollen, so können Sie das entsprechende Wort mit einem sauberen Strich als ungültig deklarieren. Sofern das darunter Geschriebene noch lesbar ist, ist diese Streichung zulässig.

Lesbar bedeutet, dass das Geschriebene immer lesbar bleiben muss. Sie müssen Ihre Handschrift also soweit bessern, dass es stets sauber und lesbar ist.«6

Sie dokumentieren nicht nur für Ihre Kollegen, sondern auch für den MDK, denn der prüft nicht nur die Leistungen der Pflege, sondern auch die der Betreuung – also Ihre Arbeit. Und das tut er regelmäßig: »Die Regelprüfung bezieht sich insbesondere auf wesentliche Aspekte des Pflegezustandes und die Wirksamkeit der Pflege- und Betreuungsmaßnahmen.«7

Fazit

Auch an die Soziale Betreuung werden gesetzliche Ansprüche gestellt: Sie müssen nicht nur eine Leistung erbringen, sondern auch deren Wirksamkeit nachweisen – und das nachvollziehbar mittels der Dokumentation.

3.2 Dokumentation der Sozialen Betreuung

In den Qualitätsprüfungs-Richtlinien8 wird genau nachgefragt, wenn es um die Betreuung geht. Sie sollten sich gelegentlich einmal durchlesen, was dort gefordert wird. Sie sind zwar nicht dafür verantwortlich, dass alle Anforderungen erfüllt werden – das ist Aufgabe Ihrer Einrichtung –, aber Sie tragen als Betreuungskraft auch eine gewisse Verantwortung dafür, dass Ihre Angebote mit den gesetzlichen Vorgaben konform gehen, denn gerade die ersten Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR 8.1–8.3) sind sehr wichtig für Ihre tägliche Arbeit.

Hier ein Auszug aus den Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR):

»8. Betreuung

8.1 Werden Leistungen der Betreuung angeboten?

a. Werden im Rahmen der Betreuung Gruppenangebote gemacht?

b. Werden im Rahmen der Betreuung Angebote für Bewohner gemacht, die nicht an Gruppenangeboten teilnehmen können?

c. Gibt es Aktivitäten zur Kontaktaufnahme/Kontaktpflege mit dem örtlichen Gemeinwesen?

d. Gibt es Maßnahmen zur Förderung der Kontaktpflege zu den Angehörigen?

8.2 Werden diese Angebote den Bewohnern in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht?

8.3 Sind die Angebote der Betreuung auf die Bewohnergruppen und deren Bedürfnisse ausgerichtet?«

Die weiteren Anforderungen des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) befassen sich mit den strukturellen Voraussetzungen in den Einrichtungen der Altenhilfe:

»8.4 Wird die Betreuung durch festangestellte Mitarbeiter koordiniert?

8.5 Besitzt der für die Betreuung der gerontopsychiatrisch beeinträchtigten Bewohner zuständige Mitarbeiter spezielle Kenntnisse (Fort- und/oder Weiterbildung)?

8.6 In welchem Stellenumfang sind in der stationären Pflegeeinrichtung Mitarbeiter für die Betreuung beschäftigt (ohne zusätzliche Betreuungskräfte nach § 85 Abs. 8 SGB XI)

8.7 Hat die stationäre Pflegeeinrichtung auf der Grundlage des § 84 Abs. 8 i.V.m. § 85 Abs. 8 SGB XI Vergütungszuschläge für zusätzliche Betreuungskräfte vereinbart?

8.8 Sind die gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen an zusätzliche Betreuungskräfte nach § 85 Abs. 8 SGB XI im Hinblick auf die Beschäftigung, Qualifikation und Aufgabenwahrnehmung erfüllt?

a. Sind die Stellen der zusätzlichen Betreuungskräfte im vereinbarten Umfang besetzt?

b. Verfügen die eingesetzten zusätzlichen Betreuungskräfte über die erforderliche Qualifikation gemäß § 4 der Betreuungskräfte-RL?

c. Haben alle eingesetzten zusätzlichen Betreuungskräfte im vergangenen Jahr nach § 4 Abs. 4 der Betreuungskräfte-RL an Fortbildungsmaßnahmen im Umfang von insgesamt mindestens 16 Unterrichtsstunden teilgenommen?

d. Ist gewährleistet, dass zusätzliche Betreuungskräfte gemäß § 2 der Betreuungskräfte-RL nicht regelmäßig körperbezogene Maßnahmen, Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege oder hauswirtschaftliche Tätigkeiten durchführen?«

Wichtig sind also Tages-, Wochen und Veranstaltungspläne sowie Teilnehmerlisten und auch die Maßnahmen zur Einzelbetreuung für jene Menschen, die nicht an Gruppenangeboten teilnehmen (vgl. QPR 8.1. b). Diese stets routinemäßigen und wiederkehrenden Abläufe müssen Sie nur einmal nachvollziehbar darstellen. Ansonsten konzentrieren Sie sich auf Abweichungen vom Plan und auf außergewöhnliche Ereignisse.

Außergewöhnliche Ereignisse sollten Sie immer dokumentieren, da diese wichtig sind, um bei der Evaluation entsprechende Maßnahmen zu besprechen und gegebenenfalls zu ändern.

Beispiel – Frau M. schlägt

Würden Sie DI-ABBA verwenden, so stünde in der Dokumentation:

Angebot: Kreativangebot »Malen mit Buntstiften«

Beobachtung: Frau M. hat nach einer anderen Bewohnerin geschlagen.

Bewertung: Frau M. hat sich von der anderen Bewohnerin schlecht behandelt gefühlt und reagierte darauf, indem sie nach ihr schlug.

Aktion: Beim nächsten Angebot wird Frau M. direkt neben einer Betreuungskraft und mit einem Abstand zu anderen Bewohnern sitzen, damit die Betreuungskraft direkt auf die Bedürfnisse von Frau M. reagieren und ggf. deeskalieren kann. Das Verhalten von Frau M wird beobachtet.

Bitte achten Sie darauf, dass Sie in Ihrer Dokumentation keine Begriffe wie z. B. »böse«, »lieb«, »gut/schlecht« verwenden. Das Motto lautet: Beschreibung von Tatsachen statt einer Umschreibung von Begebenheiten und persönlichen Wertungen.

Beispiele unangemessener Zuschreibungen:
»›Boshaft
als Umschreibung einer Begebenheit

Wie verhält sich ein Mensch, wenn er böse ist? Finden Sie selbst diesen Begriff eindeutig? Statt der Umschreibung ›Herr M. war heute sehr böse sollte der genaue Hergang beschrieben werden. Also z. B.: ›Herr M. schlug mit dem Stock nach mir‹, ›Herr M. hat mich angespuckt‹ oder ›Herr M. schrie mich an‹. Diese Sätze stellen objektiv die Tatsachen dar.

›Verwirrt‹ als Umschreibung einer Begebenheit

Wie ist ein Mensch, wenn er verwirrt ist? Macht er Unfug, läuft in die falsche Richtung oder belästigt andere? Urteilen Sie selbst anhand des unten stehenden Beispiels: ›Frau M. ist heute sehr verwirrt‹ lässt keine Rückschlüsse auf den Aufwand oder den Gehalt der Aussage zu. ›Frau M. steckte ihre Zahnprothese in den Blumentopf‹ oder ›Frau M. fragte mich innerhalb weniger Minuten zehnmal, wie ich heiße‹. Diese Eintragungen sind im Gegensatz zu der oben genannten Bemerkung sehr aussagekräftig.

›Desorientiert‹ als Umschreibung einer Begebenheit

Wie und auf welche Art wirkt ein Mensch desorientiert? Wenn eine Begebenheit schlicht mit ›desorientiert‹ abgetan wird, wo ist der Sinn einer solchen Eintragung? Was soll hier transparent gemacht werden? Ist eine solche Eintragung überhaupt relevant? Wenn ja, für wen? Deutlich zum Ausdruck der Situation und der Handlung dienen Eintragungen wie z. B.: ›Herr L. sprach mich als Mutter an‹, ›Herr L. dachte, es sei mitten in der Nacht‹ oder ›Herr L. sagt, er müsse jetzt zur Schule‹.

Wer nun glaubt, Eintragungen solcher Art benötigen mehr Zeit, die natürlich niemandem zur Verfügung steht, hat nur sehr bedingt Recht. Zählen Sie die Worte ›Herr L. ist heute wieder sehr desorientiert‹ und vergleichen Sie diese mit der Anzahl der Worte in den Beispielsätzen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass es kaum einen Unterschied gibt.«9

3.2.1 Dokumentation der Betreuung von demenziell veränderten Menschen

Bei diesem Personenkreis sind Sie – je nach Krankheitsverlauf – auf Ihre eigene Einschätzung angewiesen, da die Betroffenen sich häufig nicht mehr verbal äußern können. Schauen wir jedoch auch hier einmal in die Qualitätsprüfungs-Richtlinie. Denn sie liefert uns wichtige Anhaltspunkte, auf die zu achten sind:

»14.6 Wird das Wohlbefinden von Bewohnern mit Demenz im Pflegealltag beobachtet und dokumentiert und werden daraus ggf. Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet?

Ausfüllanleitung zu 14.6: Bei Bewohnern mit Demenz sind Äußerungen des Wohlbefindens zu beobachten, auch wenn diese nicht verbal erfolgen, z. B. anhand der Mimik, Körperhaltung oder sonstigem Verhalten. Diese Frage ist mit ›ja‹ zu beantworten, wenn aus der Pflegedokumentation erkennbar ist, dass das Wohlbefinden im Zusammenhang mit der Pflege und Betreuung beobachtet wird. Bei beobachteten Äußerungen des Unwohlseins werden im Rahmen der Einwirkungsmöglichkeiten der stationären Pflegeeinrichtung Maßnahmen eingeleitet. Sofern möglich, können die Bewohner dazu befragt werden. Sofern in der Pflegedokumentation keine aussagekräftigen Informationen enthalten sind, kann die Erfüllung des Kriteriums durch eine schlüssige Darlegung der Mitarbeiter nachgewiesen werden. Eine schlüssige Darlegung erfordert den konkreten Bezug zu der jeweiligen Person. Für die Einschätzung des Wohlbefindens können auch systematische Beobachtungsinstrumente wie z. B. Heidelberger Instrument zur Lebensqualität Demenzkranker (H.I.L.DE.) oder Dementia Care Mapping (DCM) genutzt werden.«10

Die beiden oben genannten Beobachtungsinstrumente haben sich in der Praxis bewährt. Sie sind aber recht vielschichtig, zeitintensiv und müssten zunächst erlernt werden. DI-ABBA dagegen können Sie sofort umsetzen.

Tipp

Das Dokumentationsinstrument DI-ABBA hilft Ihnen gerade hier weiter. Es nimmt auf demenziell veränderte Menschen besondere Rücksicht, weil es nicht rein auf die verbalen Rückmeldungen der Betroffenen fokussiert ist. Vielmehr spielen Ihre Beobachtungen als Betreuungskraft und Ihre Deutung dieser mindestens eine ebenso große Rolle. Gerade demenziell veränderte Bewohner, die sich nicht mehr sprachlich eindeutig äußern können, profitieren davon.

3.3 Dokumentation – mehr als ein Beweismittel

Wenn Sie die Dokumentation lediglich als Nachweis Ihrer Tätigkeit nutzen, zeigen Sie damit zwar Ihre Leistung als Betreuungskraft, aber die Ergebnisqualität wird so nicht berücksichtigt. Vielleicht können MDK-Prüfer noch die Qualität Ihres Angebots erfassen, aber sie werden nicht erkennen können, ob Ihr Angebot die Lebensqualität der Bewohner tatsächlich verbessert hat.

Wenn jedoch die Lebensqualität nicht im Fokus Ihrer Dokumentation steht, verfehlen Sie das eigentliche Ziel Ihrer Betreuung: Sie planen zwar Angebote, die möglichst reibungslos in den Pflegealltag passen, aber von Lebensqualität, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner ist nichts zu merken.

Fazit

Die Dokumentation wird allerdings auch nie den Status eines Beweismittels verlieren. Durch die Änderungen in der Gesetzgebung im Jahr 2017 (Einführung des Strukturmodells und der entbürokratisierten Pflegedokumentation) gibt es sogar neue Prinzipien im Umgang mit der Dokumentation. Zum einen wird jetzt vom »Immer-So-Prinzip« gesprochen und zum anderen von der »Beweislastumkehr«.

Beim »Immer-So-Prinzip« gilt die Maßnahmenplanung als Dokument zum Nachweis für die erbrachte Leistung. Anhand des Maßnahmenplans wird gearbeitet und man geht davon aus, dass immer so gearbeitet wird, sofern nicht eine Änderung dokumentiert wird.

Dies führt dann zur Vorgabe, dass nur noch dokumentiert werden muss, welche Abweichungen es bei der Umsetzung des Maßnahmenplans gegeben hat. Diese Erkenntnisse sollen dann wieder in die Evaluation einfließen, um die Pflege- und Betreuungsqualität zu verbessern.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842689268
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Mai)
Schlagworte
Altenpflege Medizin Pflege Wörterbücher & Nachschlagewerke

Autor

  • Anna Kathrin Holtwiesche (Autor:in)

Anna Kathrin Holtwiesche ist Sozialarbeiterin (B.A.). Sie ist seit vielen Jahren in der Altenarbeit tätig.
Zurück

Titel: Soziale Betreuung richtig dokumentieren