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Diagnose Brustkrebs

Das ist jetzt wichtig. Wie geht es weiter? Alle Chance nutzen. Empfohlen von Brustkrebs Deutschland e.V.

von Dr. med. Heike Bueß-Kovács (Autor:in)
144 Seiten

Zusammenfassung

Diagnose Brustkrebs – alles ist plötzlich anders
Brustkrebs – wenn eine Frau mit dieser Diagnose konfrontiert wird, ist das ein Schock. Und dann kommen die bangen Fragen: Wie bösartig ist der Tumor? Werde ich meine Brust verlieren? Werde ich sterben müssen? Die Diagnose Brustkrebs stürzt jedes Jahr Tausende von Frauen in tiefe Verzweiflung. Allein in Deutschland erkranken etwa 72 000 Frauen. Das sind dramatische Zahlen, die Angst machen. Doch es gibt auch große Hoffnung, denn die Heilungschancen werden dank neuer hoch wirksamer Therapien immer besser. So liegt heute schon die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate bei über 80 Prozent. Die betroffenen Frauen können mutig ihr Schicksal in die Hand nehmen und zusammen mit einem spezialisierten Behandlungsteam den Weg durch die Krankheit gehen. Dieses Buch möchte Sie und Ihre Angehörigen auf diesem Weg begleiten, Antworten auf die zahlreichen Fragen geben und Ihnen mit vielen Informationen und Ratschlägen zur Seite stehen.

Aus dem Inhalt
- Alle wichtigen Informationen über die Behandlungen im Brustzentrum.
- Ganzheitliche Behandlung mit ergänzenden Heilverfahren.
- Seelische Begleitung und Tipps zur Selbsthilfe.
- Experteninterviews und Schilderungen von Patientinnen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT
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Liebe Leserin,

Brustkrebs – wenn eine Frau mit dieser Diagnose konfrontiert wird, ist das ein unglaublicher Schock, eine unfassbare Situation. Die Erde hört auf sich zu drehen, die Zeit bleibt stehen. Alles ist plötzlich anders. Und dann kommen die bangen Fragen: Wie bösartig ist der Tumor? Was geschieht jetzt mit mir? Werde ich meine Brust verlieren? Muss ich große Schmerzen erleiden? Werde ich sterben müssen?

Die Diagnose Brustkrebs stürzt jedes Jahr Tausende von Frauen in tiefe Verzweiflung. Allein in Deutschland erkranken etwa 72.000 Frauen, mehr als 17.000 sterben an dem Tumorleiden. Das sind dramatische Zahlen, die Angst machen. Doch es gibt auch große Hoffnung, denn die Heilungschancen werden dank neuer, hochwirksamer Therapien immer besser. So liegt heute schon die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate bei über 80 Prozent. Die betroffenen Frauen brauchen deshalb nicht das Gefühl zu haben, dem Krebs ohnmächtig ausgeliefert zu sein, sondern sie können mutig ihr Schicksal in die Hand nehmen und zusammen mit einem spezialisierten Behandlungsteam den Weg durch die Krankheit gehen.

Dieses Buch möchte Sie und Ihre Angehörigen auf diesem Weg begleiten, Antworten auf die zahlreichen Fragen geben und Ihnen mit vielen Informationen und Ratschlägen zur Seite stehen.

Ihre

Dr. med. Heike Bueß-Kovács

DIE DIAGNOSE ANNEHMEN

Nichts ist mehr so wie vorher. Wie ein Blitz schlägt die Diagnose Brustkrebs im Leben ein und löst einen Gefühlssturm aus Angst, Schmerz und Ohnmacht aus. Jetzt Entscheidungen zu treffen, ist schwierig, dennoch wichtig. Der erste Schritt: Suchen Sie sich ein zertifiziertes Brustzentrum.

 

„Keine Nacht ist lang und dunkel genug, um das Aufsteigen der Morgenröte verhindern zu können.”

Tibetische Weisheit

„,Der Knoten schaut nicht gut aus‘ – diese Worte meiner Frauenärztin sind bis heute nicht verhallt. Meine Gefühle fuhren Achterbahn, mein bisheriges Leben lief wie ein Film ab.” So beschreibt Renate Haidinger ihre Erinnerung daran, wie der Brustkrebs in ihr Leben trat. Das war im Dezember des Jahres 2000, die Krankheit traf sie in einem Alter von 42 Jahren.

Keine Frau wird den Tag, die Stunde je vergessen können, an dem ihr die niederschmetternde Diagnose übermittelt wurde: „Sie haben Brustkrebs.” Zu groß ist der Schock, die Fassungslosigkeit. Fragen über Fragen: Zu der lebensbedrohlichen Krankheit und dem, was sie mit einem selbst und den Liebsten macht. Fragen: Warum gerade ich? Warum gerade jetzt? Lebenspläne zerplatzen wie Seifenblasen, die Zukunft verschwindet hinter einem fernen Horizont, die unbeschwerte Alltagsgeschäftigkeit weicht einem seltsamen Vakuum von Tatenlosigkeit, Hilflosigkeit, Verlorensein. Dazu diese namenlose Angst: Was werde ich aushalten, was durchstehen müssen? Wie wird die Krankheit mich verändern, sowohl in meinem Äußeren als auch in meinem Inneren – in meinem Körper und in meiner Seele? Diese ersten Stunden, die ersten Tage sind gezeichnet von Schmerz, Trauer und Tränen. Der Boden scheint unter den Füßen weggezogen zu sein, alles ist ins Wanken geraten.

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Einfach nur da sein

Ein Stück weit aufgefangen zu werden, Halt zu finden in dieser schweren Krise ist von enormer Bedeutung. Hier können der Partner, andere Angehörige oder Freunde zur Seite stehen, oft erst einmal, indem sie einfach nur da sind. Dann gilt es, sich ganz langsam aus der Verzweiflung und aus der Schocksituation zu lösen und die ersten Schritte zu gehen: das Schicksal zu akzeptieren, die Krankheit anzunehmen und sich Hilfe zu suchen. Dieses Aktivwerden ist häufig für die betroffenen Frauen zunächst nicht leicht, dennoch hat es etwas Befreiendes, denn es geht mit dem Gefühl einher, selbst etwas tun zu können und sich der neuen, veränderten Situation zu stellen. An dieser Stelle ist wichtig zu sagen: Brustkrebs ist kein Notfall. Es kommt auf ein paar Tage, vielleicht sogar auf zwei, drei Wochen nicht an. Es bleibt Zeit genug, ein bisschen zur Ruhe zu kommen, sich zu sammeln und sich zu informieren. Irgendwie müssen die Gedanken ja wieder sortiert und in die richtige Bahn gebracht werden. „Diese Zeit sollten sich die Frauen nehmen”, sagt Renate Haidinger, die im Jahr 2003 die Organisation „Brustkrebs Deutschland e. V.” ins Leben gerufen hat, „denn es ist ganz wichtig, sich in Ruhe den Arzt des Vertrauens auszusuchen sowie das Brustzentrum zu finden, in dem man sich gut aufgehoben fühlt.”

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Zu Beginn ist es wichtig, dass Sie nichts überstürzen.

Wenn die Patientin dieses Zentrum gefunden hat, ist der Anfang für den Weg durch die Krankheit gemacht. Es ist zweifellos ein langer Weg mit vielen Höhen und Tiefen, mit Phasen der Hoffnung und Phasen der Hoffnungslosigkeit, mit Kraft und Schwäche, mit viel Schmerz und vielen Ängsten und dann wiederum mit einem ungeheurem Mut und einer beispiellosen Tapferkeit. Wie ein solcher Weg zu gehen, ein solches Schicksal zu meistern ist, beschreiben vier Frauen aus der Selbsthilfegruppe Schongau.

Vier Frauen erzählen ihre Geschichte

Siegrid Heidenreich (72):

„Die Krankheit hat mich gelehrt, dankbar für die kleinen Dinge des Lebens zu sein.”

Ich erkrankte 1994 an Brustkrebs, im Alter von 53 Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt war Krebs für mich ein Fremdwort. Niemand im Bekanntenkreis hatte so etwas, niemand kannte sich aus. So stand ich plötzlich ganz alleine da. Ich hatte den Knoten in der linken Brust selbst beim Duschen getastet. Er war fast drei Zentimeter groß, und beinahe hätte man mir die Brust ganz abnehmen müssen. Ich hatte Glück, die Ärzte entschieden, doch brusterhaltend zu operieren. Zudem nahmen sie mir 16 Lymphknoten heraus, von denen elf befallen waren. Nach dem operativen Eingriff wurde ich im sogenannten Sandwich-Verfahren weiterbehandelt, das bedeutet, mit Chemotherapie und Bestrahlung im Wechsel. Ich kam insgesamt auf 16 Chemotherapie-Behandlungen und 35 Bestrahlungen.

Damals lebte ich noch im Ruhrgebiet, war geschieden und führte mit meinem neuen Partner eine Gaststätte. Ich wollte dem Krebs nicht viel Platz einräumen, deshalb war ich auch gar nicht in die Reha oder zur Kur gegangen, sondern begann gleich wieder zwischen Chemo und Bestrahlungzu arbeiten. Natürlich waren mir die Haare ausgegangen, ansonsten hatte ich Chemotherapie und Bestrahlungen eigentlich gut vertragen. Ein halbes Jahr nach der Therapie zog ich nach Bayern um. Hier wurde ich sehr gut aufgenommen, hatte einen guten Frauenarzt und einen guten Hausarzt. Ich bekam Mistelspritzen – zwölf Jahre lang jede Woche zwei Stück. Diese Spritzen gaben mir viel Kraft, bauten mich richtig auf.

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„Ich wollte dem Krebs nicht viel Platz einräumen.”

Mit der Krankheit vollzog sich ein tiefgreifender Wandel in meinem Leben. Ich habe diese Wandlung ganz bewusst mitgemacht. Vor der Krankheit hatte ich einfach so drauflos gelebt. Mit meiner selbstständigen Arbeit verdiente ich sehr gut, war recht betucht und konnte mir vieles leisten, wie beispielsweise Weltreisen. Dass es anderen Menschen nicht so gut gehen könnte, daran verschwendete ich keinen Gedanken. Als die Krankheit kam, wurde ich immer demütiger. Plötzlich hatte ich Verständnis für die anderen Kranken, ja sogar das Bedürfnis, ihnen zu helfen. Von da an sah ich die Welt mit anderen Augen und begann, dankbar für die kleinen Dinge zu sein. Außerdem hatte ich sofort gelernt zu beten. Seither bete ich jeden Tag und danke Gott dafür, dass es mir gut geht. Aus dem Glauben konnte ich sehr viel Kraft beziehen, auch die Kraft, um die Krankheit zu bewältigen und das Positive zu sehen. Ich war Gründungsmitglied der Selbsthilfegruppe Schongau und ich freue mich sehr, innerhalb der Gruppe anderen Frauen helfen zu können. Ich gehe auch in ein Hospiz und betreue dort Frauen aus unserer Gruppe. Ich lese ihnen vor, etwa Gebete und Geschichten, zeige ihnen, dass ich da bin. Das hilft ihnen, zur Ruhe zu kommen.

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19 Jahre sind vergangen, seit ich die Diagnose Brustkrebs gestellt bekam. Es ist eine lange Wegstrecke, und ich fühle mich sehr gut. Trotzdem würde ich nicht sagen: Ich habe den Krebs besiegt. Meiner Meinung nach kann man Krebs nicht besiegen, man kann nur tumorfrei sein. Krebs kann morgen wiederkommen, an der gleichen oder an einer anderen Stelle. Man kann aber lernen, mit der Krankheit zu leben und das anzunehmen, was sie einen gelehrt hat.

Sophie Goldbrunner (56):

„Seit der Krebskrankheit kann ich vieles gelassener sehen.”

Mich ereilte das Schicksal Brustkrebs im Jahr 2004. Ich war 48 Jahre alt, viel zu jung für eine solche Krankheit, dachte ich. Auch ich hatte unter der Dusche gemerkt, dass etwas nicht stimmt, und sagte mir: Jetzt gehst du mal zum Frauenarzt und lässt das abklären. Es war ausgerechnet Gründonnerstag. Die Frauenärztin führte eine Ultraschalluntersuchung durch und fand rechts außen einen Befund, zu dem sie sagte: „Das gefällt mir gar nicht, da muss unbedingt eine Mammografie gemacht werden.”

Dann kamen Karfreitag, Samstag, Ostersonntag, Ostermontag. Ich schluckte, ich hatte eine gewisse Vorahnung. Das ganz Osterwochenende lang konnte ich niemandem etwas erzählen. Ich muss dazu sagen: Wenn ich etwas habe, werde ich ganz ruhig, spreche fast gar nichts mehr. Am Dienstagmorgen rief ich von meiner Arbeitsstelle aus in der Radiologie an und vereinbarte kurzfristig einen Termin zur Mammografie. Als mir der Radiologe den Befund überbrachte, sagte er kurz angebunden: „Guten Tag, Frau Goldbrunner, Sie wissen, dass Sie Krebs haben?” Ich war fix und fertig, ging regelrecht in die Knie. Doch dann erholte ich mich wieder und war entschlossen zu handeln. Im Klinikum Starnberg wurde kurzfristig eine Probebiopsie entnommen und dann brusterhaltend operiert. Zudem entfernte man mir 13 Lymphknoten. Es ging alles ganz schnell, der Operation folgten sechs Chemotherapie-Zyklen. Die Ärzte legten mir keinen Port, ich bekam also Einzelinfusionen im Zyklus von drei Wochen. Leider wurden die Venen dadurch extrem in Mitleidenschaft gezogen, sie waren so entzündet, dass man mir für eine Blutuntersuchung nur noch Blut aus der Vene eines Fußes entnehmen konnte.

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Die erste Chemo ging noch gut, bei der zweiten war mir übel, ich hatte keinen Appetit mehr, und dann gingen die Haare aus. Ich bat meinen Sohn, die Haare vollständig abzurasieren, was er dann auch im Bad über der Badewanne tat. Als ich hoch in den Spiegel schaute, erschrak ich darüber, welches Bild sich mir da bot. Doch bin ich ein Mensch, der von Haus aus positiv denkt, so sagte ich mir, okay, das muss jetzt eben so sein. Den Chemotherapie-Zyklen folgten noch 35 Bestrahlungen, von denen ich Probleme mit der Haut bekam. Dann musste ich Tamoxifen einnehmen, was mir extreme Hitzewallungen bescherte. Ich lief immer mit einem Handtuch im Nacken herum, weil mir das Wasser nur so herunterlief. Im Krankenhaus sagte man mir, dass ich jetzt in Lichtgeschwindigkeit durch die Wechseljahre sausen würde.

Es war schon ein gewaltiger Leidensprozess, doch dank meiner Schulfreundin und einer Arbeitskollegin konnte ich das alles bewältigen. Die beiden waren meine engsten Bezugspersonen, die mich durch die Krankheit begleiteten und mir zur Seite standen. Oft fragte ich mich, ob die schwierige Ehe mit meinem Mann ein möglicher Auslöser für die Krankheit gewesen sein könnte. Es gab große Probleme, und schließlich kam es auch zur Trennung.

Dennoch hatte die Krankheit auch einige positive Aspekte für mich. Sie lehrte mich beispielsweise, vieles gelassener sehen zu können. Früher hatte ich viele Ängste, etwa beim Autofahren. Jetzt denke ich, es kommt, wie es kommt, und kann alles mit einer inneren Ruhe betrachten. Außerdem hatte ich früher viel mit mir machen lassen, die Leute konnten Schlitten mit mir fahren, und ich nahm alles immer sehr persönlich. Durch den Prozess der Krankheit lernte ich, Grenzen zu setzen. Das war eine wichtige Botschaft des Brustkrebses, Nein sagen zu können. Heute setze ich andere Prioritäten, vieles ist mir nicht mehr so wichtig und wird zur Nebensache. Ich gestalte mein Leben ganz bewusst nach dem, was mir gut tut. Da fälle ich auch schon einmal eine spontane Entscheidung, z. B. einfach ein paar Tage wegzufahren oder sich einen Tag Auszeit zu nehmen. Ich kann wirklich sagen: Bis auf ein paar Wehwehchen geht es mir gut.

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Brigitte Schmitt (65):

„Ich bin dankbar für die Chance, weiterleben zu dürfen.”

Meine Brustkrebsgeschichte begann im Jahr 2004, aber eigentlich war das Schicksal Krebs schon einige Jahre vorher in unsere Familie eingebrochen, als mein Mann an Darmkrebs erkrankte, den er Gott sei Dank überlebte. Krebs war ständig in unserem Bewusstsein, deshalb ging ich regelmäßig zu allen Vorsorgeuntersuchungen. Im Jahr 2002 tastete ich ein kleines Knötchen genau in der Falte am unteren Rand der rechten Brust. Der Frauenarzt, zugleich Onkologe, meinte, das sei nichts Auffälliges. Sowohl in der Mammografie als auch im Ultraschall war tatsächlich nichts zu sehen. Drei Wochen nach meiner jährlichen Vorsorgeuntersuchung im Jahr 2004 spürte ich auf der linken Seite eine Verdickung. Intuitiv wusste ich, dass es sich nur um eine Zyste handeln könnte, und machte mir deshalb keine allzu großen Sorgen.

Nach dem Urlaub suchte ich aber trotzdem den Arzt auf, um beides, das Knötchen rechts unten sowie die Verdickung links, abklären zu lassen. Der Radiologe bestätigte, dass sich links eine Zyste gebildet hatte, zum Knötchen rechts meinte er – wie damals auch der Frauenarzt –, dass es ein harmloser Befund sei. Trotzdem riet er mir, beides entfernen zu lassen, damit ich Ruhe gäbe. Der Radiologe meinte, wegen des geringen Risikos lieber nur eine Biopsie durchzuführen, der Frauenarzt hingegen fand es besser, alles gleich entfernen zu lassen. Damals gab es für mich einfach auch noch kein Brustzentrum – oder zumindest hatte ich noch nichts davon gehört bzw. hatte mich niemand darauf hingewiesen.

Am Abend nach dem operativen Eingriff erhielt ich die Botschaft, der Knoten in der rechten Brust sei ein Karzinom. Ich trug also zwei Jahre lang Krebs mit mir herum, und die Zyste auf der linken Seite führte dazu, dass dieser entdeckt wurde – als hätte die linke Brust mit der rechten kommuniziert! Eine Woche später wurde ich wieder operiert und bekam 19 Lymphknoten entfernt, von denen glücklicherweise keiner befallen war. Nach dem Eingriff verordneten die Ärzte mir eine Chemotherapie. Ich bekam deshalb einen Port, was bedeutete, wieder zwei operative Eingriffe in Kauf nehmen zu müssen. Dann ging ich in die Reha. Da ich schnell wieder zur Normalität zurückfinden wollte, entschloss ich mich, die Chemotherapie, die ich in München bereits angefangen hatte, während der Reha weiterzuführen. Nach kurzer Zeit ging es mit dem Haarausfall los, ich kaufte mir eine Perücke, trug sie aber nur einmal zur Anprobe, danach nicht mehr. Ich fühlte mich einfach nicht wohl damit, denn das war nicht ich. Ich trug dann Tücher, das entsprach mehr meinem Typ. Bis zur siebten Chemotherapie fühlte ich mich noch einigermaßen gut, dann ging es mir schlechter und schlechter. Ich magerte stark ab, die Schleimhäute entzündeten sich so sehr, dass ich mich nur noch von Milch, Eis und sogenannter Astronautennahrung ernähren konnte.

In dieser schweren Zeit war meine Zwillingsschwester Christina immer für mich da, auch mein Mann unterstützte mich sehr und koordinierte alles. Andere Familienmitglieder waren hingegen total überfordert, konnten mit dem Wort Krebs nicht umgehen. Das hatte mir sehr wehgetan. Unsere Pläne schienen völlig über den Haufen geworfen zu sein, denn wir wollten gerade umziehen. Wir lebten in einer Mietwohnung, und es war immer mein Traum und Lebensziel, ein eigenes kleines Nest zu haben. Es konnte ein noch so kleines Häuschen sein, Hauptsache, ich konnte drum herumlaufen. Trotz der immensen Belastung durch die Chemotherapie und einer schlimmen Infektion, die sich durch einen Bakterienherd im Port in meinem Körper ausgebreitet hatte und der auch nur zufällig entdeckt wurde, entwickelte ich ungeheure Kräfte und Energien, um diesen Lebenstraum zu verwirklichen – und um weiterzuleben! Ich wollte den Krebs unbedingt besiegen! Mein Strahlentherapeut wollte eine Strahlentherapie durchführen, mein Gynäkologe dachte jedoch anders und hielt diese Therapie für nicht notwendig. Ich entschied nach meinem Bauchgefühl und ließ die Bestrahlung durchführen, weil ich alle Möglichkeiten wahrnehmen wollte, den Krebs zu besiegen.

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Heute bin ich so glücklich, mithilfe der großartigen Ärzte das alles geschafft zu haben und in den eigenen vier Wänden wohnen zu können. Ich glaube, ich habe mehrere Schutzengel, die mich durch die schwere Zeit geführt haben. Und ich bin dankbar dafür, dass ich trotz der Krankheit mit all ihren Härten die Chance bekommen habe, weiterzuleben.

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Christina Bleeker (65), Zwillingsschwester von Brigitte Schmitt: „Seit der Krankheit gestalte und genieße ich jeden Tag.”

Mit meiner Schwester Brigitte hatte ich den ganzen Prozess bereits mitgemacht, dann traf es auch mich, das war im Jahr 2011. Die Diagnose war für mich ein unglaublicher Schock und löste entsetzliche Angst aus. In einer ersten Operation wurde der Tumor entfernt, in einem zweiten Eingriff entnahm man 15 Lymphknoten, drei davon waren leider befallen. Während der Therapie erkrankte ich an einer Schilddrüsenüberfunktion, der Basedowschen Erkrankung. Chemotherapie, Bestrahlung, die Schilddrüsenerkrankung – das alles nahm mich so sehr mit, ich war ganz tief gesunken. Es gab nur noch Krebs, nur noch Leiden. Erst Brigittes Mann, dann Brigitte selbst, dann ich und dann auch noch mein Mann, mit dem ich in zweiter Ehe sehr glücklich verheiratet bin. Bei ihm wurde zur gleichen Zeit ein Tumor in der Bauchspeicheldrüse entdeckt, was er mir zunächst verheimlichte, um mich nicht noch zusätzlich zu belasten. Auch wir hatten gerade ein Haus gebaut, waren am Planen und Packen, als uns diese schrecklichen Diagnosen trafen.

Eine überwältigende Erfahrung war für mich auf der anderen Seite, wie viel Hilfe mir durch unsere Freunde und Verwandte zuteilwurde, wie nah sie uns waren und wie liebevoll sie sich kümmerten. Während mein Mann nach seiner OP selbst auf Reha war, erledigten sie alltägliche Dinge für mich, zu denen ich in der Zeit meiner „Chemo” nicht mehr fähig war, und schickten mir unzählige SMS. Diese waren eine große Stärkung für meine Psyche. Alle zeigten, dass sie für mich und uns da sind. Auch im Brustzentrum, das es erst seit relativ kurzer Zeit gibt, half man mir auf großartige Weise. Die Psychologin nahm sich sehr viel Zeit, redete Stunden über Stunden mit mir, denn ich hatte tagelang nur geheult. Die Leiterin der örtlichen Selbsthilfegruppe gab mir homöopathische Kügelchen gegen den Schmerz und den Kummer. Es war kaum zu glauben, plötzlich war ich wie verwandelt, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Ich fühlte mich nicht mehr am Boden, meine Kraft kehrte zurück, und ich konnte wieder aktiv werden. Später in der Reha half mir auch eine Psychologin, nicht wieder in ein tiefes dunkles Loch zurückzufallen.

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Diese Energie ist bis zum heutigen Tag erhalten geblieben. Zwar muss ich noch mit einigen Nebenwirkungen der Therapie kämpfen, Hitzewallungen, Kribbeln in den Händen, Hautreizungen an den Fußsohlen und Fingerkuppen. Dennoch verspüre ich einen großen Optimismus. Der enge Zusammenhalt mit meinem Mann, meiner Zwillingsschwester, den Verwandten und Freunden sowie das Zusammensein in der Selbsthilfegruppe geben mir Kraft. Ich fühle mich gut aufgehoben und bin glücklich, alles geschafft zu haben. Jeden Morgen, wenn ich aufstehe, freue ich mich auf den bevorstehenden Tag. Ich genieße den Platz in unserem neuen Haus und bin glücklich, nicht mehr wie früher beengt wohnen zu müssen. Wenn mir jemand erzählt, er habe einen grippalen Infekt oder eine Verstauchung, sage ich immer: Das heilt doch wieder, das ist nur eine Frage der Zeit. Im Vergleich zu solch lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall oder anderen schweren Leiden sind das viel kleinere Probleme. Da ist bei mir eine gewisse Leichtigkeit entstanden. Früher habe ich vieles als schlimm empfunden und ernster genommen. Das hat sich völlig verändert. Auch wenn sich die anderen streiten, nur weil ein Kind einmal den Ball über den Zaun geworfen oder der Partner das Marmeladenglas ins falsche Regal gestellt hat, denke ich mir immer: Habt ihr wirklich keine anderen Sorgen, keine anderen Probleme? Wie unwichtig das alles ist und von keinerlei Bedeutung – das hat mir die Krankheit verdeutlicht.

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Wie finde ich die richtige Klinik?

Die meisten Frauen wenden sich zunächst an die niedergelassene Frauenärztin, den niedergelassenen Frauenarzt ihres Vertrauens, um sich zu informieren und beraten zu lassen. Der Gynäkologe kennt Sie durch Vorsorgeuntersuchungen oder auch Behandlungen und kann Ihnen bei der Suche nach der passenden Klinik behilflich sein. Es empfiehlt sich, ein spezialisiertes Brustzentrum aufzusuchen, in dem eine kompetente Betreuung gewährleistet ist. Denn leider sind Brustkrebspatientinnen nicht in jeder Klinik gleich gut aufgehoben. So haben manche Operateure in den gynäkologischen Abteilungen der Krankenhäuser nicht genügend Erfahrung, da sie zu wenige Eingriffe durchführen. Andere sind nicht auf dem neuesten Stand von Forschung und Wissenschaft, kennen die neuesten Studien nicht. In einem Brustzentrum arbeitet ein Team aus Ärzten verschiedener Fachrichtungen (z. B. Gynäkologie, Radiologie, Onkologie), Psychologen, Therapeuten, technischen Assistenten und Pflegekräften zusammen, um den Patientinnen die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen.

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Der erste Weg führt zu Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt.

Wichtig: das Zertifikat

Allerdings ist die Bezeichnung „Brustzentrum” nicht geschützt. Im Prinzip kann sich jede Krankenhausabteilung, die Brustkrebspatientinnen behandelt, so nennen. „Deshalb ist es ganz wichtig, darauf zu achten, ob ein Zentrum zertifiziert ist”, betont Renate Haidinger. Um ein Zertifikat zu erhalten, muss ein Brustzentrum ganz bestimmten Anforderungen genügen und ganz bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, z. B. eine bestimmte Zahl an Operationen pro Jahr aufweisen. Entwickelt wurde das Zertifikat von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS). Die Zertifizierung selbst wird jedoch von OnkoZert durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein unabhängiges Institut, das im Auftrag der Deutschen Krebsgesellschaft tätig ist. Mittels eines speziellen Zertifizierungsverfahrens überprüft OnkoZert, ob ein Krebszentrum die fachlichen Anforderungen erfüllt oder nicht. Die Kriterien für die Erlangung eines Zertifikats sind sehr streng. Von OnkoZert wird regelmäßig überprüft, ob ein Zentrum noch allen Anforderungen gerecht wird. „So kann es passieren, dass ein Brustzentrum in einem Jahr noch über das Zertifikat verfügte, im nächsten Jahr aber nicht mehr, weil es ihm aberkannt wurde”, erläutert Renate Haidinger.

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Früherkennung durch Mammografie-Screening

Viele Frauen haben Angst, eine von den neun Frauen zu sein, die im Laufe ihres Lebens vom Schicksal Brustkrebs heimgesucht werden. Doch im Zeitalter der Prävention sind die Chancen um ein Vielfaches gestiegen, Brustkrebs so frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, dass eine vollständige Heilung möglich ist. Durch eine kontinuierlich verbesserte Technik in den bildgebenden Verfahren und den Einsatz modernster digitaler Technologie können heute selbst kleinste Auffälligkeiten aufgespürt werden. Untersuchungsmethoden wie die Mammografie sind daher von unschätzbarem Wert. Deshalb ist es für Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren wichtig, an dem angebotenen Mammografie-Screening teilzunehmen.

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Durch den Einsatz modernster digitaler Technologie können heute selbst kleinste Auffälligkeiten aufgespürt werden.

Interview mit Prof. Dr. Sylvia Heywang-Köbrunner: „Die Mammografie kann Leben retten!”

Prof. Dr. Sylvia Heywang-Köbrunner ist Leiterin des Referenzzentrums Mammografie München.

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Es gibt in Deutschland ein Mammografie-Screening, was heißt das?

Mammografie-Screening bedeutet, dass jede Frau zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre zu einer Brustkrebs-Früherkennungsuntersuchung eingeladen wird. Diese Untersuchung findet unter strenger Qualitätssicherung statt.

Bekommt die Frau eine Einladung, diese Untersuchung vornehmen zu lassen?

Ja. Das Mammografie-Screening darf nur an zertifizierten Zentren durchgeführt werden. Denn dort werden alle Mammografie-Geräte sehr oft überprüft. Die technischen Assistentinnen haben Spezialausbildungen, und die Ärzte sind hoch qualifiziert. Die Mammografie-Bilder werden von Ärzten beurteilt, die mehr als 5.000 Mammografien pro Jahr lesen und speziell für die Erkennung von kleinem Brustkrebs ausgebildet sind. Sie müssen jährliche Prüfungen absolvieren und regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen. Die Befunde jeder Ärztin und jedes Arztes werden kontinuierlich überprüft. Diese Qualitätssicherung ist wirklich notwendig, um die ganz kleinen Veränderungen nicht zu übersehen.

Im Zusammenhang mit dem Mammografie-Screening hört man immer von dem Wort „Doppelbefundung”. Was bedeutet das?

Die Doppelbefundung bedeutet, dass jede Mammografie von zwei verschiedenen Ärzten unabhängig voneinander gelesen wird. Wenn einer der beiden Ärzte eine Auffälligkeit sieht, werden die Aufnahmen nochmals mit dem programmverantwortlichen Arzt analysiert. Dadurch entstehen sogar Drittbefundungen. In dieser Gruppe, die dann aus drei Ärzten besteht, muss entschieden werden, ob die Frau noch einmal einbestellt wird oder nicht. Durch diese Mehrfachbefundung werden ca. zehn bis 15 Prozent mehr Brustkrebse entdeckt als ohne diesen Prozess.

Man liest immer wieder in der Presse, dass das Screening gar nichts brächte und zu viele Frauen operiert würden. Was sagen Sie dazu?

Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Es gibt umfangreiche Daten, die die Wirksamkeit der Mammografie belegen. Dies ist bei keiner anderen medizinischen Maßnahme der Fall. Durch Mammografie können Leben gerettet werden. Dies ist unwiderlegt. Die Daten, die von Screening-Gegnern bezüglich Mastektomien, also Brustentfernungen, angeführt werden, beziehen sich zum Teil auf 20 bis 30 Jahre alte Veröffentlichungen. Diese Publikationen stammen aus dem britischen Screening, zu einer Zeit, als die brusterhaltende Operationsmethode noch nicht eingeführt war. Tatsächlich ist die Behandlung, wenn Brustkrebs frühzeitig gefunden wird, deutlich schonender: Man kann auf Achselhöhlenoperationen verzichten oder stattdessen die schonende Wächterlymphknoten-Operation durchführen. Die meisten beim Screening entdeckten Tumoren können brusterhaltend operiert werden. Auch muss deutlich seltener eine Chemotherapie verordnet werden, als wenn man Brustkrebs später entdeckt.

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Was hat man unter dem Wort Übertherapie zu verstehen?

Eine Aussage von Screening-Gegnern ist teilweise richtig: Wenn man eine Bevölkerung screent und eine andere nicht, wird man in der gescreenten Bevölkerung mehr Brustkrebs finden als in der ungescreenten Bevölkerung. Das kommt daher, dass man auch den Brustkrebs finden kann, der erst in fünf bis 15 Jahren das Leben gefährden würde. Bei älteren Frauen ist es auch möglich, dass sie an etwas anderem sterben als am Brustkrebs. Die Zahl der häufiger gefundenen Brusttumoren werden „Überdiagnosen” genannt, die Behandlung dieser Tumoren als „Übertherapie” bezeichnet. Naturgemäß kann eine solche „Überdiagnose” – dass also ein Brustkrebs gefunden und behandelt wird, der die Frau eventuell nicht gefährdet hätte und der ohne Screening nicht gefunden worden wäre – eher bei älteren Frauen vorkommen und bei (noch) sehr kleinem und langsam wachsenden Brustkrebs.

Das bedeutet aber nicht, dass man kleinen oder frühen Brustkrebs nicht behandeln sollte. Man muss ihn behandeln, da auch kleine Brustkrebse tödlich sein können. Man behandelt, um Leben retten zu können – und bei kleinen Tumoren sind die Erfolgschancen besonders hoch. Erfreulicherweise können zudem kleine und frühe Brustkrebse meist wesentlich schonender behandelt werden. Sprich: „Übertherapien” sind ein statistischer, mit großen Unsicherheiten behafteter Schätzwert, dessen Größe weltweit sehr umstritten ist. Die Behandlung eines Brustkrebses ist immer indiziert, da man hierdurch Leben retten kann. In der Regel lässt sich diese Behandlung inzwischen gut an das Risiko anpassen. Gerade die Qualitätssicherung im Screening achtet darauf, dass alle Folgeschritte nach einem Verdacht und auch die Folgebehandlung an das Risiko angemessen erfolgt. Dass manche Erkrankungen sicherheitshalber behandelt werden müssen, um Leben zu retten, ist in der Medizin unvermeidbar. Tatsächlich gibt es mehr Übertherapien bei spät entdecktem Brustkrebs als bei früh entdecktem Brustkrebs im Screening.

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Die Mammografie wurde gemacht, und alles ist in Ordnung. Wartet die Frau zwei Jahre bis zur nächsten Untersuchung oder sollte sie trotzdem zwischendurch zur Frauenärztin oder zum Frauenarzt gehen?

Generell sollte eine Frau auch bei einem normalen Befund weiterhin jährlich zum Frauenarzt gehen und die vorgesehene oder ergänzende Vorsorge wahrnehmen, vor allem das Abtasten der Brust. Der Frauenarzt soll außerdem entscheiden, ob bei einer möglichen familiären Belastung ergänzend zur Screening-Mammografie im Zwischenjahr weitere Maßnahmen benötigt werden. Hier wird er immer mit einem Radiologen oder mit einem Arzt zusammenarbeiten, der auf Mammografien spezialisiert ist. Das Ärzteteam wird sich beraten, welche Untersuchungen je nach familiärem Risiko notwendig sind. Wenn eine Frau zu irgendeinem Zeitpunkt irgendetwas selbst tastet, soll sie bitte immer zum Frauenarzt gehen. Die Mammografie erkennt einen hohen Prozentsatz an Veränderungen, aber nicht alle. Wenn eine Auffälligkeit entdeckt wird, muss man diese weiter abklären, eventuell mit zusätzlichen Methoden.

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Nun zu einem anderen Thema: Ungefähr ein Viertel der Brustkrebspatientinnen sind jünger als 50 Jahre. Was können Sie diesen Frauen bezüglich der Früherkennung empfehlen?

Die Frauen sollten generell zum Frauenarzt gehen, weil es ja nicht nur Brustkrebs, sondern auch andere Krebsarten und auch andere Erkrankungen gibt. Der Frauenarzt sollte die Frau beraten, damit sie die Selbstabtastung erlernt. Ab einem Alter von 30 Jahren sollte regelmäßig die Brust auch vom Frauenarzt abgetastet werden.

Der Frauenarzt muss erfragen, ob ein familiäres Risiko vorliegt. Ist dies der Fall, wird in der Regel empfohlen, dass man ab 40 Jahren jährliche Mammografien, oft ergänzt mit Ultraschall, durchführt. Diese Ergänzung ist wichtig wegen des dichteren Drüsengewebes, das die Frauen zwischen 40 und 50 Jahren haben. Wann immer etwas getastet wird, sollte ergänzend auch eine Mammografie, gegebenenfalls eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden.

Über Früherkennungsuntersuchungen bei Frauen zwischen 40 und 50 Jahren kann man diskutieren. Die weltweiten Daten sind so, dass die Frauen durchaus einen Vorteil zu haben scheinen. Die Daten sind zum Teil statistisch signifikant, zum Teil nicht. Dies liegt auch daran, dass noch zu wenige Daten für dieses Alter existieren. Man muss sagen, dass circa 25 Prozent der Brustkrebserkrankungen vor dem 50. Lebensjahr, etwa 20 Prozent vor dem 40. Lebensjahr und ungefähr 25 Prozent nach dem 70. Lebensjahr auftreten.

Es ist ja leider so, dass auch Frauen unter 40 Jahren an Brustkrebs erkranken. Was kann man einer Frau raten, damit die Diagnose nicht verzögert wird, falls sie eine Veränderung spürt?

Zum einen muss man sagen, dass die Diagnostik bei der jungen Frau schwierig ist, da deren Drüsengewebe ganz anders strukturiert ist. Zum anderen haben die Bildgebungsmethoden ihre Grenzen, gerade in der Diagnostik bei jungen Frauen. Wenn man beispielsweise nur eine Ultraschalluntersuchungdurchführt, kann es sein, dass die Bilder nichts zeigen. Wenn eine Veränderung nicht weggeht, ist es am günstigsten, in der ersten Woche nach der Regelblutung zu tasten. Dann sollte die Frau den Frauenarzt konsultieren und gegebenenfalls noch einen weiteren Spezialisten hinzuziehen, um nichts zu übersehen. Der Frauenarzt und der weitere Spezialist – in den meisten Fällen ein Radiologe – sollten dann zusammenarbeiten. Brustkrebs in frühen Jahren, also vor dem 40. Lebensjahr, ist zwar seltener, aber er kommt leider vor. Eine möglichst frühe Erkennung ist hier sehr sinnvoll und wichtig.

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Wie sicher ist die Mammografie?

Mit dieser Röntgendarstellung der Brust lassen sich schon Tumoren von weniger als einigen Millimetern Durchmesser entdecken. Solche Knoten könnten niemals mit den Händen getastet werden, weil sie viel zu klein sind. Von daher ist die Methode der Mammografie zur Brustkrebsfrüherkennung als ein nützliches Verfahren anerkannt worden. Trotzdem ist die Mammografie aber in hohem Maße abhängig von der guten Qualität der Geräte und noch viel mehr von der Erfahrung und Genauigkeit der Ärzte, welche die Bilder bewerten. Immer wieder kommt es vor, dass Tumoren von den Ärzten fehlinterpretiert oder einfach übersehen werden, obwohl sie auf der Röntgenaufnahme erkennbar sind. Deshalb sollten sich Frauen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung nur an ausgewiesene Zentren mit einem hohen Qualitätsstandard wenden. Auch kann und darf die Mammografie keinesfalls die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung bei der Frauenärztin oder beim Frauenarzt sowie die Selbstabtastung der Brust ersetzen.

Die Mammografie ist ein Verfahren, das nachgewiesenermaßen die Sterblichkeit an Brustkrebs deutlich reduzieren kann.

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DIE THERAPIE IM BRUSTZENTRUM

Im Brustzentrum erwartet Sie ein Team interdisziplinär arbeitender Spezialisten, das Sie durch die gesamte Diagnostik und Therapie begleiten wird und Ihnen eine individuelle, auf Ihre persönliche Krankheitssituation zugeschnittene Behandlung gewährleistet.

 

„Niemand kann den Morgen erreichen, ohne den Weg der Nacht zu durchschreiten.”

Khalil Gibran (1883–1931)

Es ist ein langer Weg, auf dem viele Hürden zu nehmen sind und viel Schweres zu tragen ist. Die Behandlung mit Operation, Chemotherapie und Bestrahlung kann sich über einen Zeitraum von sechs bis neun Monaten erstrecken – manchmal sogar noch länger. In dieser Zeit sind die betroffenen Frauen aus der Normalität des Alltags herauskatapultiert, die Leichtigkeit des Lebens scheint verloren zu sein. Dann kann es Rückschläge geben – beispielsweise, wenn eine Therapie nicht anschlägt oder wegen heftiger Nebenwirkungen abgebrochen oder unterbrochen werden muss. Und auf manchen Etappen dieses schweren Weges möchte die Patientin am liebsten aufgeben und dem Schicksal seinen Lauf lassen.

Aber auch wenn es diese Phasen gibt, in denen man sich fühlt wie gefangen in einem schwarzen Loch, aus dem es kein Entrinnen gibt, auch wenn sich Verzweiflung, Trauer, Schmerz und Angst wie ein dunkler Vorhang über die Seele legen: Sie dürfen und Sie können zuversichtlich sein und voller Hoffnung weiter den Weg gehen. Die modernen Therapiemöglichkeiten sind so ausgezeichnet, die Operationstechniken ausgefeilt, die medikamentöse Behandlung sowie die Bestrahlung hoch wirksam. Die Chancen, wohlbehalten aus der Krankheit herauszugehen und geheilt zu sein, sind sehr groß. Wie im Vorwort dieses Buches schon erwähnt, liegt die Zahl der Frauen, die vom Brustkrebs vollständig genesen, bei über 80 Prozent. Seien Sie also guten Mutes und lassen Sie sich auf dem Weg begleiten. Die Betreuung in einem kompetenten und hoch qualifizierten Brustzentrum ist so umfassend, dass Sie mit keiner Sorge, keinem Schmerz und keiner Angst alleine gelassen werden. Sie dürfen jede Frage stellen und sicher sein, dass sie beantwortet wird. Sie dürfen Ihre Unsicherheit, Ihre Traurigkeit und Ihre Schwäche zum Ausdruck bringen, und Sie können die Gewissheit haben, dass man Sie versteht und Sie in der Situation nicht im Stich lässt. Es sind Menschen für Sie da, die ihren Beruf als Berufung erleben und Ihnen alle Hilfe zuteilwerden lassen, die Sie brauchen: für Ihren Körper, für Ihre Seele und für Ihr Umfeld – in der Familie, im Beruf und im Freundeskreis.

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Der Weg aus der Krankheit

Die Phase, in die Sie nun eintreten, ist von sehr viel Aktivität geprägt, und es wird eine Fülle von Informationen auf Sie einströmen. Für das erste Gespräch mit dem Arzt ist es hilfreich, sich ein wenig vorzubereiten und beispielsweise wichtige Fragen, die Ihnen auf dem Herzen liegen, zu notieren. Erfahrungsgemäß vergessen viele Patientinnen nämlich während des Gesprächs manches von dem, was sie vom Arzt wissen wollten. Zu groß ist die Flut an Daten, zu viele Gedanken kreisen im Kopf. Dann ist es gut, auf seinen Notizzettel schauen zu können und sich wichtige Aspekte wieder in Erinnerung zu rufen.

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Gehen Sie gut vorbereitet zum Gespräch mit Ihrem Arzt.

Nehmen Sie auch Unterlagen und Befunde bereits durchgeführter Untersuchungen, z. B. Mammografie- oder Ultraschallbefunde zum Erstgespräch mit. Fragen Sie jemanden, beispielsweise Ihren Partner oder eine gute Freundin, ob er oder sie Sie begleiten und beim Gespräch mit anwesend sein kann. Vier Ohren hören besser als zwei, und Sie haben die Möglichkeit, nach dem Gespräch noch einmal gemeinsam zu erörtern und zu reflektieren, was der Arzt Ihnen gesagt hat.

Schreiben Sie am besten vorher auf, was Sie den Arzt fragen möchten.

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Dr. Ingo Bauerfeind:

„Am Anfang steht die ausführliche Anamnese”

Dr. Ingo Bauerfeind, Chefarzt der Frauenklinik Landshut und zweiter Vorsitzender von Brustkrebs Deutschland e. V., schildert, wie die einzelnen Schritte von Diagnostik und Therapie aussehen und was Sie in der Klinik erwartet.

Zu uns ins Brustzentrum kommen die Frauen entweder, weil sie selbst einen Knoten getastet haben und diesen gerne abklären würden, weil bei der Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt etwas getastet worden ist oder weil der Befund beim Mammografie-Screening auffällig war. Wir Ärzte führen ein Erstgespräch, in dem wir zahlreiche Fragen stellen und eine ausführliche Anamnese erheben. Wichtig ist, von der Patientin zu erfahren, ob sie selber etwas spürt, Schmerzen oder andere Beschwerden hat und ob in der Familie Krebs aufgetreten ist. Von weiterer Bedeutung ist unter anderem, ob die Frau Kinder geboren hat, ob gynäkologische Eingriffe erfolgt sind und ob sie Hormone oder andere Medikamente einnimmt.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842687233
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (November)
Schlagworte
Alternative Therapie Alternativ-Medizin Chemotherapie Gesundheits-Ratgeber Patienten-Ratgeber Rehabilitation Selbsthilfe

Autor

  • Dr. med. Heike Bueß-Kovács (Autor:in)

Dr. med. Heike Bueß-Kovács ist Ärztin und Medizinjournalistin. Sie studierte Humanmedizin an der Universität München und war einige Jahre stellvertretende Chefredakteurin zweier Zeitschriften rund um das Thema Baby. Neben ihrer Tätigkeit als Sprecherin und TV-Moderatorin im bayrischen Fernsehen, hat sie bereits zahlreiche Zeitschriftenartikel und Ratgeber zum Thema Gesundheit veröffentlicht.
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Titel: Diagnose Brustkrebs