Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
WILLKOMMEN ZU DEINER PERSÖNLICHEN 30-TAGE-CHALLENGE!
Ich habe in meinem Schrank dicke Fotografieratgeber, Enzyklopädien und Lexika. Aber geht’s nicht kompakter? Klar! Hier habe ich für dich 30 kleine Häppchen, mit denen du täglich mehr über deine Kamera und die Fotografie lernst.
In den nächsten Tagen geht’s ums Ausprobieren. So macht das Fotografierenlernen mehr Spaß! Lass uns zusammen in den manuellen Modus wagen, verstehen, wie Blende und Belichtungszeit zusammenarbeiten und Dynamik und Abstraktion deine Bilder verzaubern.
Bist du Anfänger? Oder kennst du dich sogar schon ein bisschen aus mit deiner Kamera? Vielleicht suchst du auch nur noch mal einen Weg, dein Fotowissen zu vertiefen. Perfekt, dafür sind die täglichen Challenge-Aufgaben genau richtig. Jeden Tag wagen wir uns ein Stück tiefer ins Wasser hinein auf dem Weg in dein kreatives Fotoabenteuer.
Auf meinem Foto Blog www.ig-fotografie.de habe ich viele weitere Fototipps und kreative Ideen für dich.
Herzlichst
Lars
P.S.: Wenn du mir zeigen willst, wie du die täglichen Challenges angehst, oder selbst Fotoideen hast, dann schreib mir eine E-Mail an lars@ig-fotografie.de. Ich freue mich drauf!
Wie nutzt du dieses Buch?
30 tägliche Lerneinheiten
Jede Einheit ist als Tages-Challenge gedacht und baut Stück für Stück aufeinander auf. 30 kompakte Kapitel liefern dir kurz und knapp die nötige Fototheorie, gespickt mit vielen praktischen Bildbeispielen sowie einem Haufen Tipps, die mir geholfen haben.
Dein tägliches Zeitbudget
Die Lesezeit für jedes Kapitel beträgt maximal 15 Minuten. Zudem schließt jedes Kapitel mit einer Tages-Challenge ab. Für diese Aufgaben liegt der Zeitaufwand pro Challenge ganz bei dir.
Was passiert, wenn du nicht jeden Tag Zeit hast?
Ob du die Übungen jeden Tag oder jedes Wochenende machst, bleibt dir überlassen. Du kannst Themen, die du bereits beherrscht, auch einfach überspringen.
TAG 1
ICH BIN’S – DEINE KAMERA
Was passiert, wenn ich ein Foto mache? Mache ich mit einer teuren Kamera bessere Fotos als mit einer günstigen? Was genau macht den Prozess des Fotografierens aus? Lerne deine Kamera besser kennen. Schließlich wird dich dieses kleine Wunderwerk die nächsten Wochen – und hoffentlich noch viel länger – intensiv begleiten.
Woraus besteht deine Kamera?
Deine Kamera besteht aus drei grundlegenden Elementen: einem optischen Element (das Objektiv), einem mechanischen Element (die Kamera selbst) und dem Speichermedium (z. B. SD-Karte oder – früher – der Film). Das ist bei allen Kameras gleich.
Smartphones haben ebenfalls ein, wenn auch sehr kleines, Objektiv. Die Kameramechanik eines Smartphones wird durch eine Software zwar nur imitiert, aber die Funktionsweise will aufs Gleiche hinaus.
Damit möchte ich nicht das wundervolle Mysterium Kamera entzaubern, vielmehr macht diese Reduktion auf die wesentlichen Bestandteile es einfacher, das technische Wunderwerk besser zu verstehen.
Was sind das alles für Knöpfe?
Keine Sorge, deine Kamera mag vielleicht anders aussehen, aber alle Kameras haben einen ähnlichen Aufbau.
Was will mir das Display sagen?
Dein Display zeigt dir jede Menge Infos, die du hinzu- oder wegschalten kannst.
So macht deine Kamera dein Foto
Was geht vor sich, wenn du ein Foto machst? Der Vorgang lässt sich auf wenige Schritte reduzieren:
• Auf dein Motiv (egal ob Baum, Mensch, Insekt o. Ä.) fällt Licht. Dieses Licht wird reflektiert.
• Die Linse deines Kameraobjektivs fängt diese Reflexion der Lichtstrahlen ein, die auf dein Motiv fallen.
• Im Objektiv deiner Kamera befindet sich die Blende, eine winzige Öffnung. Stell dir die Blende wie die Pupille im Auge vor. Bei Dunkelheit ist sie weiter geöffnet, damit mehr Licht einfallen kann. Ist es sehr hell, dann werden die Pupillen kleiner, sodass weniger Licht ins Auge fällt.
• Neben der Blende regelt die Belichtungszeit, wie viel Licht durchs Objektiv in die Kamera gelangt. Das passiert durch den Verschluss. Wenn es hell ist, öffnest du den Verschluss kurz, um wenig Licht reinzulassen. Wenn es dunkler ist, etwas länger, um mehr Licht reinzulassen. Zu Blende und Belichtungszeit kommen wir später noch ausführlich.
• Früher wurde das Bild mithilfe einer chemischen Reaktion auf Film gebrannt. Heute übernehmen Kamerasensor und Speicherkarte diese Aufgaben. Das Objektiv projiziert das Bild auf den Sensor. Die einzelnen Bildpunkte (Pixel) werden vom Sensor ausgelesen und digital gespeichert.
• Die Kamera speichert die Sensordaten im vorher ausgewählten For mat, wie z. B. RAW oder JPG. Zu den Speicherformaten erzähle ich dir später noch mehr.
Live-View-Display, optischer oder elektronischer Sucher?
Es gibt den elektronischen und den optischen Sucher. Der optische Sucher ist die „alte Schule“ und zeigt nur eine begrenzte Auswahl an Fokusfeldern. Er ist stromsparend und gibt ohne Verzögerung das Bild des Spiegels wieder. Der elektronische Sucher ist wie ein kleiner Bildschirm. Er zeigt Einstellungen wie z. B. Belichtung oder Weiß abgleich. Auch zeigt er oft eine Wasserwaage oder ein Gitternetz an. Das Live-View-Display arbeitet ähnlich dem elektronischen Sucher. Das Display per Live-View nutze ich häufig für nächtliche Aufnahmen. Das braucht allerdings viel Akkuleistung.
PRAXISTIPP: SO ERREICHST DU DEIN LERNZIEL • Fang einfach an. Du musst nicht sofort perfekte Fotos machen. Wichtig ist der erste Schritt. • Fotografie ist vielseitig. Ich habe das Thema in viele kleine Häppchen zerlegt. So lässt es sich einfacher lernen. • Kein Multitasking. Konzentriere dich auf die tägliche Lerneinheit – und bleib bei der Sache. • Übe, übe und übe. Dann kommt der Fortschritt. • Es gibt viele Gründe, aufzuhören: Du machst nicht so schnell Fortschritte, verlierst die Geduld oder nimmst es nicht ernst genug. Egal, brich nicht ab – sondern zieh es durch! |
Lerne im Dunkeln
Früher habe ich Schlagzeug gespielt. Die Königsdisziplin war, im Dunkeln zu üben. Du lernst, wie sich das Instrument anfühlt. Übertrage das auf die Fotografie. Gehe in einen dunklen Raum und übe, wie du die Einstellungen deiner Kamera veränderst, ohne etwas zu sehen. Sobald du weißt, wie du alle Kameraeinstellungen schnell ändern kannst, ohne die Knöpfe zu suchen, wirst du eine enorme Verbesserung in deiner Fotografie feststellen.
Ich habe mich zu Anfang mit unendlich viel Technik eingedeckt. Als ob man Können und gute Fotos mit viel Technik erkaufen kann … Dem ist nicht so! Eigentlich braucht es nur wenig an Fotoequipment, um loszulegen – nämlich deine Kamera und ein gutes Objektiv! Als Zusatzanschaffungen empfehle ich eine gute und schnelle Speicherkarte (Schreib/Lesegeschwindigkeit z.B. 32 MB und Speichergröße ab 16 GB), einen Zusatzakku (für längere Touren), eine kompakte Kameratasche sowie ein Stativ. Zudem ist ein Fern- oder Kabelauslöser praktisch, es geht aber zu Anfang auch mit dem 2- oder 10-Sekunden-Selbstauslöser (dazu später mehr). Mehr braucht es vom Equipment her nicht, damit wir uns ins Abenteuer der kommenden Tage stürzen können. |
Lernt euch kennen
Wie auch bei der Menükarte im Restaurant kommt es beim Fotografieren nicht auf das komplette große Ganze an. Nimm deine Kamera zur Hand und mach dich mit deinem Kameramenü vertraut. Lass uns zunächst nach wichtigen Begriffen suchen, die dir weiterhelfen.
1. Prüfe Uhrzeit und Datum. Korrigiere diese bei Bedarf.
2. Finde heraus, wo du LCD-Helligkeit und möglicherweise ein Gitternetz im Display einstellen kannst. Das hilft dir in der Bildkomposition.
3. Suche nun nach Bildqualität und Größe. Wähle die größte Bildgröße und die geringste Komprimierung. Ich empfehle RAW und JPG als Kombi.
4. Findest du die Einstellung der Töne? Deaktiviere den Piepston, wenn er dich genauso nervt wie mich.
5. Ebenfalls solltest du wissen, wo du den Weißabgleich einstellst. Dadurch ändert sich die Farbe deiner Fotos. Ich empfehle, diesen auf Automatik einzustellen. Auch eine mögliche Farbvorauswahl stelle ich immer auf Standard oder Neutral. Später beschäftigen wir uns noch intensiver mit dem Thema Weißabgleich.
6. Schaue nach, wie sich die Speicherkarte formatieren lässt. Neue Karten formatiere ich zu Beginn. Aber Vorsicht: Beim Formatieren werden alle Bilder auf der Karte gelöscht. Du hast schon Fotos gemacht? Dann sichere diese vorab auf deiner Festplatte.
Sollten alle Einstellungen verstellt sein, gibt’s das magische „Auf Werkseinstellungen zurücksetzen“, und alles ist wie vorher!
TAG 2
FINDE DEIN HAUPTMOTIV
Immer werde ich gefragt, mit welcher Kamera, welchem Objektiv oder welcher Einstellung ich dieses oder jenes Foto gemacht habe. Selten fragt jemand: „Wie bist du auf diese Motividee gekommen?“ Doch mir geht’s immer ums Motiv – egal mit welcher Kamera ich es fotografiere. Daher möchte ich dich vertraut machen mit der Suche nach dem Hauptmotiv – dem, was du wirklich in Szene setzen willst.
Wer ist Hauptdarsteller auf deinem Foto?
Kurz nach dem Kauf meiner ersten Spiegelreflexkamera habe ich mir ein cooles 10–20-mm-Weitwinkelobjektiv von Sigma geleistet. Wow, was für eine Dimension. Nun konnte ich die ganze Welt auf ein einziges Foto bekommen. Doch wenn ich heute zurückblicke, hat mich dieser visuelle Überfluss überfordert. Worauf sollte ich mich fokussieren?
Mit Fotos ist es wie mit einem guten Film: Es gibt einen Hauptdarsteller. Die Zuschauer erkennen ihn, und alles in deiner Komposition trägt dazu bei, um ihn perfekt in Szene zu setzen: Licht, Perspektive, Fokus, Gestaltungselemente und nicht zuletzt die Handlung.
Was siehst du, was dich als Motiv fasziniert?
Wer soll Hauptdarsteller deines Fotos sein? Wir lernen im Laufe der nächsten Tage einige Techniken, die dir helfen, den Blick auf den Hauptdarsteller zu schärfen. Doch muss der erste Impuls von dir kommen. Wen oder was willst du – wie und auf welche Weise – zeigen?
Die Herausforderung der Motivsuche
Typische Herausforderungen bei unser Motivsuche sind:
• Ist das Motiv zu klein, wird der Betrachter deiner Fotos es vielleicht nicht als Hauptmotiv erkennen.
• Sind zu viele (unwichtige) Dinge im Bild? Oje, dann ist der Sinn deines Fotos möglicherweise verfehlt.
Versuche alles, um an deinem Motiv zu arbeiten. Deine Augen und dein Gehirn machen es dir nicht leicht. Sie sind die perfekte Kombi. Siehst du ein Motiv, übernimmt dein Kopf ungefragt die Bildbearbeitung. Alles Unwichtige wird weggeschnitten.
Doch deine Kamera kann das nicht! Dein Sucher ist gnadenlos. Er zeigt alles, was du im Rahmen und in den vier Ecken deines Fotos abbildest.
Viele Wege zum perfekten Motiv
ISO 1600 | 10 mm | f3,5 | 1/100 s
ISO 1600 | 10 mm | f3,5 | 1/50 s
Die großen Meister finden ihr Motiv
Das Buch „Magnum Contact Sheets“ von Kristen Lubben zeigt eindrucksvoll, wie die großen Meister der Fotografie sich in vielen Fotos einer Fotosession ihrem Hauptmotiv nähern.
PRAXISTIPP: VERMEIDE DIE VERSCHMELZUNG Was du im Moment des Fotografierens lediglich als Hintergrund registrierst wird der Betrachter deines Fotos hingegen als Fläche wahrnehmen. Er kennt die ursprüngliche Szenerie nicht. Er sieht das, was du im Foto abbildest. Denn dein Foto ist immer flach, also zweidimensional. Alles wird zusammengefügt – ungewollt und automatisch im Kopf des Betrachters. Das klassische Beispiel ist die Straßenlaterne im Hintergrund, die der Person aus dem Kopf wächst. Dabei handelt es sich um das Phänomen der Verschmelzung im Kopf. Also hab den Hintergrund im Blick, damit nichts ungewollt mit deinem Motiv verschmelzen kann. Zudem lernen wir in den nächsten Tagen tolle Tricks, um deinem Foto Tiefe zu geben und dein Motiv vom Hintergrund abzuheben. Jeweils: ISO 100 | 125 mm | f8 | 1/320 s |
Achte in deinen Fotos immer auf Dinge, die die Aufmerksamkeit des Betrachters anziehen. Sie können deinem Motiv helfen oder es stören: 1. Bereiche mit hohen Kontrasten (dazu kommen wir später noch mal ausführlich), 2. knallige, intensive Farben (toll, damit zu spielen, aber auch wichtig, diese sehr bewusst einzusetzen), 3. der hellste Bereich im Bild (Achtung: so wichtig, dass ich hier ein Ausrufezeichen setze!), 4. der Bereich mit der höchsten Schärfe (wieder ein Ausrufezeichen, daher beschäftigen wir uns damit ebenfalls in diesem Buch!). ISO 1000 | 35 mm | f2 | 1/100 s |
Suche deinen Hauptdarsteller
Suche Motive, die du fotografieren möchtest – egal ob Küchentisch, Hund oder Blick aus dem Fenster. Aber dein Foto muss einen Hauptdarsteller haben.
1. Schnapp dir deine Kamera, wähle die Voll- oder die Programmautomatik (P). Es kommt bei dieser Übung weniger auf technischen Grundlagen als auf Inhalt an.
2. Betrachte die Szene vor dir – ohne Kamera und ohne ein Foto zu machen. Wer oder was ist dein Hauptmotiv? Nun nimm die Kamera und schau durch den Sucher. Kann man es so erkennen, wie du es dir vorgestellt hast? Wie verändert sich die Szene, wenn du etwas umherschwenkst? Fotografiere jetzt dein Foto.
3. Sei aufmerksam, was innerhalb und was außerhalb deines Rahmens – also nicht mit auf dem Foto – ist. Wohin springt dein Auge zuerst? Mache mehrere Bilder vom selben Motiv und vergleiche die Wirkung.
4. Zeige die Fotos einem Freund mit der Frage „Was siehst du?“. Prüfe, ob er dein Hauptmotiv erkennt.
TIPP: NUTZE DIE PROGRAMMAUTOMATIK (P)
Die Programmautomatik (auf deiner Kamera P = Programm) ist ideal für erste Versuche außerhalb der Vollautomatik. Die Kamera regelt Verschlusszeit und Blende anhand der ermittelten Belichtungswerte. Das geschieht durch Antippen des Auslösers. Anschließend kannst du die Werte für Blende und Verschlusszeit verschieben und so z. B. für ein Porträt eine große Blende wählen. Das üben wir noch. Verschlusszeit und Belichtung werden automatisch angepasst. Den Blitz kannst du zusätzlich manuell hinzuschalten.
Mein Motiv war das Boot. Doch war ich im ersten Bild zu weit weg. So suchte ich eine neue Perspektive und optimierte meinen Ausschnitt, bis das Boot schließlich optimal erkennbar ist.
TAG 3
FOKUS – WAS WILLST DU MIR ZEIGEN?
Die Schärfe im Foto trägt maßgeblich zur Bildwirkung bei. Umso frustrierender ist es, wenn du dir Mühe gibst und dein Motiv trotzdem unscharf ist. Woran mag es gelegen haben? Und wie verändert sich die Wirkung deines Fotos, wenn du lernst, bewusst mit scharfen und unscharfen Bereichen zu spielen?
Faszination der Fokussierung
Den Begriff „Fokussierung“ kennst du aus dem umgangssprachlichen Gebrauch – dass du dich auf etwas fokussierst, also konzentrierst. Fokussierung bedeutet im fotografischen Zusammenhang „Scharfstellung“. Mir geht es um die bewusste Wahl der Schärfeebene. Damit wird die Ebene in einem Raum bezeichnet, die wir durch das Objektiv fokussiert, also scharf gestellt haben. Das kann ein gewisser Bereich deines Fotos sein – oder das gesamte Foto. Und wie eben gelernt: Der Bereich mit der höchsten Schärfe zieht die Aufmerksamkeit auf sich.
Autofokuspunkte steuern die Schärfe
Deine Kamera verfügt über ein Messsystem – die Autofokusmessfelder/ -punkte. Du aktivierst sie über das Kameramenü. Es ist wichtig, dass du den Fokus kontrollieren kannst. Denn durch gezielte Platzierung und Steuerung ergeben sich spannende Bildaufbauten.
Die passende Fokusmethode für dich
Es gibt verschiedene Einstellmöglichkeiten und immer komplexere Messmethoden. Hier die drei wichtigsten:
Links: Alle Fokuspunkte aktiviert
Deine Kamera wählt, was du fokussierst. Das ist nicht immer passend, denn in der Regel wird das deiner Kamera nächste Objekt fokussiert.
Mitte: Zentraler Fokus
Der Fokus liegt in der Bildmitte. Gut für den Start, doch mit dem Wunsch nach mehr Bildgestaltung kommt diese Einstellung an ihre Grenzen.
Rechts: Ein Fokuspunkt aktiviert
Du bestimmst, wo dein Fokus liegen soll. Damit hast du die volle kreative Hoheit – mein Favorit!
In Bewegung oder Stillstand
Viele Kameras unterscheiden zwischen Einzelautofokus (für Objekte, die sich nicht oder kaum bewegen), kontinuierlichem Autofokus, auch Servo genannt (Kamera stellt scharf, führt dann den Fokus nach, sofern sich das Objekt bewegt – ideal bei Tieren), sowie dem manuellen Fokus (Scharfstellen von Hand). In einigen Kameras kannst du Zonen oder Bereiche auswählen. Manche Kameras erlauben die Auswahl via Touchscreen. Probiere die Fokusmethoden durch. Ich favorisiere die Kombi aus einem Fokuspunkt und Einzelautofokus. So kann ich in Ruhe mein Motiv gestalten und einstellen.
ISO 100 | 26 mm | f2,5 | 1/400 s
ISO 1250 | 23 mm | f2 | 1/60 s
Ich habe oft den Einzelautofokus sowie einen Autofokuspunkt aktiviert und variiere die Position je nach Motiv. Wichtig ist für mich, dass ich mir Zeit nehme. So bekomme ich ein Gefühl für die Fokussierung. • Drücke den Auslöser nur leicht herunter. So fokussiert deine Kamera sauber das Motiv und die Schärfeebene. • Anschließend drückst du den Auslöser ganz durch und fotografierst das Foto. • Kontrolliere nun den Fokus im Display. Zoome dazu (oft mit einer Lupe am Display gekennzeichnet) in die Fotodetails. Prüfe kritisch, ob dein Foto scharf ist. Korrigiere die Einstellungen anhand der Tipps aus diesem Kapitel bei Bedarf. ISO 250 | 24 mm | f2 | 1/1450 s |
Es gibt Situationen, in denen deine Autofokusfunktion in der Kamera ewig herumkurbelt, um scharf zu stellen – gerade bei Gegenlicht! Diese Situationen sind schwer zu fokussieren: • sehr schwaches Licht • extremes Gegenlicht oder Reflexionen • Schnee oder sehr helle Flächen • blauer, weiter Himmel Mein Tipp: Wenn die Kamera Probleme beim Fokussieren hat, kannst du entweder auf „manuell“ umschalten und den Fokus per Hand einstellen oder aber auf „One Shot“-Fokus umschalten. In diesem Modus fokussierst du auf etwas, das in ähnlicher Entfernung ist. Dann verschiebst du die Kamera auf dein Motiv. Lass deinen Auslöser beim Verschieben halb durchgedrückt und löse erst danach aus. |
Spiel mit dem Fokus
Die Kontrolle über die Autofokuspunkte ist wichtig für deine Kontrolle der Bildgestaltung. Solltest du nicht sicher sein, wie du die Fokuspunkte änderst, recherchiere das noch einmal in der Anleitung deiner Kamera.
1. Suche dir ein Motiv mit Vordergrund in Kameranähe und einen deutlich entfernten Hintergrund.
2. Ziel ist, dass du zwei Bilder vom gleichen Motiv und Standpunkt aus fotografierst, aber der Fokus sich entscheidend ändert.
3. Stelle dazu den Autofokus auf Einzelpunktmessung. Solltest du schon mehr Erfahrung haben, dann experimentiere mit dem manuellen Fokus.
4. Wähle als Kameraeinstellung A/AV. Fotografiere mit offener Blende (kleinste mögliche Blendenzahl, wie z. B. f2,8).
5. Passe den Autofokusmesspunkt an und fokussiere für das erste Foto einen markanten Punkt im Vordergrund, beim zweiten Foto einen markanten Punkt im Hintergrund.
TIPP: BEIDE BILDER HABEN KAUM UNTERSCHIEDE?
Deine Distanz zwischen Vorder- und Hintergrund ist nicht groß genug. Der Vordergrund ist möglicherweise zu weit vom Objektiv entfernt. Also geh näher ran an dein Motiv!
TAG 4
WAHRNEHMUNG SCHULEN – SEHEN LERNEN
Wir nehmen das „Sehen“ als selbstverständlich wahr. Doch genau das ist es nicht: Wir müssen trainieren, genauer hinzusehen und gewisse Dinge überhaupt erst wahrzunehmen. Diese Aufmerksamkeit ist vielen von uns verloren gegangen. Wir sind bequem geworden. Lass uns starten mit dem „Abenteuer des Sehens“.
Wir trainieren das Auge
Ich musste das Sehen intensiv üben, um nicht immer das ganze Objekt zu sehen, sondern wirklich Details, Formen und Muster zu erkennen. Lass uns deinen Blick für Details schärfen. Entdecke Konturen, Farben, Licht, Muster, Linien und vieles mehr. Die Wahrnehmung von Quadraten, Kreisen oder Dreiecken hilft dir zudem in der Entwicklung deiner fotografischen Komposition.
Denn statt gleich das ganze Objekt oder die Landschaft einfangen zu wollen oder womöglich nach dem großen Clou abzusuchen, ist es sinnvoll, wenn du dich an das Motiv herantastest und das Foto so aufbaust.
Doch ist es wichtig, zu verstehen, dass das Sehen ein mentaler Prozess ist. Dieser beginnt damit, dass deine Augen einige Informationen aus deiner Umgebung erfassen, und setzt sich darüber fort, dass dein Gehirn das verarbeitet. Das erfordert dein Bewusstsein. Das Bewusstsein aber ist ein Geisteszustand, und diesen erlebt nun mal jeder anders.
Kleine Tricks schulen den Blick
Was genau siehst du? Werde zum Beobachter! Kleine Tricks zeigen dir, wie wenig es braucht, um den negativen (also leeren) Bildbereich sichtbar zu machen. Wir beschäftigen uns immer wieder mit diesem negativen Bildbereich (auch bekannt als „negative space“).
ISO 100 | 64 mm | f4,5 | 1/500 s
Wie lerne ich Sehen?
Welche Form hat dein Sichtfeld? Du siehst ein ovales Bild, das zu den Rändern unscharf wird. Oder? Deine Kamera hingegen zeigt nur einen Teil deines Sichtfeldes – in rechteckiger Form. Du wählst aus und bist verantwortlich, was du auf deinem Foto zeigst!
Wie lernst du Sehen? Du lernst es ständig! Immer wieder wirst du Dinge neu betrachten, in einem anderen Licht und mit einem anderen Gefühl im Herzen. Zu Beginn ist Übung wichtig. So wie wir lesen gelernt haben: Buchstabe für Buchstabe, von links nach rechts, Wort für Wort. Wir wurden schneller. Irgendwann haben wir Worte übersprungen, trotzdem erfassen wir Sinn und Inhalt.
Genauso sehen wir. Blitzschnell erfassen wir Dinge, sehen und erkennen Gefahren, bewerten nach uns bekannten Mustern. Doch übersehen wir kleine – für dein Foto möglicherweise wichtige – Details.
Probiere es aus – ändere die Richtung
Trainiere das Sehen mit dieser Übung: Kehre die gewohnte Blick- und Leserichtung um und versuche es – statt von links nach rechts – anders herum:
• Beginne mit einem Buchtext. Wenn du über die Zeilen mit den Augen von links nach rechts gehst, dann geht es schnell. Ändere die Richtung von rechts nach links und lies jedes Wort laut vor. Gar nicht so leicht!
• Nimm dir ein großes Foto einer Landschaft. Scanne mit den Augen bewusst von rechts nach links. Wie fühlt es sich an?
• Nun gehe nach draußen und schaue bewusst umher – mal in gewohnter Richtung und dann langsam in anderer Richtung. Beobachte deine Wahrnehmung.
• Mit zunehmender Übung wird es dir immer leichterfallen, neue Details an bekannten Orten zu entdecken.
Kennst du noch das Kinderspiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“? Eine Person sieht sich im Raum um. Dabei sucht sie einen Gegenstand, eine Farbe oder Form aus. Alle anderen Teilnehmer raten um die Wette. Nehmen wir die Idee mal als Fotospiel. Was siehst du? Zum Beispiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist rund.“ Lass andere raten. Oder bitte den anderen, die Augen zu schließen. Fotografiere ein Objekt im Raum. Dieses muss er wiederfinden. |
Noch mehr zum Sehenlernen
In der Doku „Teaching to see“ (zu finden auf YouTube) beschreibt die Künstlerin Inge Druckrey, wie sie ihren Studenten das Sehen beibringt. Wie ändern Kleinigkeiten (Striche oder geometrische Formen) bereits die Wahrnehmung? Das Ergebnis ist beeindruckend.
1. Geh es langsam an Bremse dich bewusst und nimm dir Zeit. Setze dich auf eine Bank und beginne zu sehen. Versuche nun, bewusst wahrzunehmen. Was passiert, welche Situationen beobachtest du? Wie ist das Licht? Welche Muster nimmst du wahr? Sei aufmerksam! 2. Zerlege eine Szene in ihre Einzelteile Immer wieder habe ich versucht, alles zu erfassen. Bestenfalls sogar noch zeitgleich mit dem Weitwinkel. Aber das Gegenteil hat mir beim Sehen geholfen. Ich versuche, zuerst die Einzelteile zu sehen. Das Haus sieht aus wie ein Quadrat. Der Schatten stellt ein Dreieck dar. Die Fußabdrücke bilden eine Linie. Sei aufmerksam, was dein Motiv alles beinhaltet. 3. Variiere Standpunkte und Perspektiven Versuche ein Objekt aus unterschiedlichen Richtungen zu betrachten. Gehe herum, gehe in die Knie und schau von oben rauf. Variiere und beobachte, wie es sich verändert. 4. Belass deine Kamera erst einmal in einer Brennweite Wir beschäftigen uns später noch intensiver mit der Veränderung der Kameraeinstellungen. Spannend ist es, wenn du zu Beginn mit der gleichen Einstellung, dem gleichen Objektiv und dem gleichen Set-up fotografierst. So lenkt dich die Technik weniger ab und du lernst, genauer hinzuschauen. Dafür ist auch das Smartphone super. Denn da denkst du nur über das Motiv und weniger über die Technik nach. |
In den seltensten Fällen sehen wir nur. Sonst würden wir oft mehr erkennen. Uns umgibt eine Unmenge an geometrischen Formen: Denke an Dreiecke in Straßenschildern, Fenster als Rechtecke oder Straßenmarkierungen mit Linien. Oft ertappe ich mich, dass ich viel zu schnell durch den Kamerasucher schaue und losfotografieren möchte. Die Suche nach mir vertrauten Gegebenheiten und Gesichtern beginnt. Ich übersehe in dem Moment die Details, die Formen, die Schatten und die Hintergründe, vor denen ich stehe. Dabei machen genau diese Details oft das gute Bild aus. Wir sollten lernen, in uns hineinzuhören, was uns genau an der Szene fasziniert. Was hat uns anhalten lassen? Die Sache, die ein Foto nicht zu dem Wow-Foto macht, ist in den seltensten Fällen die Kamera. Es ist unsere Unfähigkeit, zu sehen – wirklich zu sehen. Das wollen wir üben! |
Sehen lernen
Diese Übung scheint auf den ersten Blick einfach, aber du musst dich gut konzentrieren. Doch vor allem ist die Übung toll, um Sehen und Wahrnehmung zu trainieren.
1. Begib dich mit einer Kamera in einen Raum in deinem Zuhause, z. B. deine Küche, den Dachboden oder deine Garage. Es reicht eine einfache Kompaktkamera oder das Smartphone mit Kamerafunktion.
2. Nun hast du 30 Minuten Zeit, um 30 Dinge in diesem Raum zu fotografieren.
3. Aber Achtung – es gilt, dass du nur an diesem Ort bleiben sollst und nicht zwischen den Orten hin- und herwechselst.
4. Zusätzlichen Spaß macht es, wenn du einen Bekannten bittest, dir beim Betrachten der Fotos zu erzählen, was das Foto zeigt und wo dieser Gegenstand steht. Oder macht einen Rollentausch, und er fotografiert Dinge in deiner Wohnung, die du wiedererkennen musst.
TIPP: ES MUSS NICHT PERFEKT SEIN
Denke weniger an die perfekte Kamera oder die perfekte Technik. Das lenkt dich ab und verklärt den aufmerksamen Blick. Es geht ums aufmerksame Sehen und (noch) nicht ums perfekte Foto.
TAG 5
DIE MAGIE DER BLENDE
Träumst du von mystisch wirkenden und unscharfen Hintergründen? Oder hast du lieber über die ganze Bildfläche hinweg eine knackscharfe Landschaft? Mit der Faszination des Fokus haben wir uns bereits beschäftigt. Nun kommt mit der Magie der Blende eine weitere wundervolle Bildgestaltungs-Superkraft hinzu!
Die Blende für Lichtmenge und Tiefenschärfe
Ich fotografiere im manuellen Modus. Gar nicht so schwer! Dazu musste ich die Begriffe Blende, Verschlusszeit und ISO und das Zusammenspiel kapieren.
Nehmen wir uns zuerst die Blende vor. Die Blende ist die Öffnung im Objektiv und verantwortlich für zwei wichtige Dinge in deinem Foto:
• die Lichtmenge, die auf den Sensor fällt,
• die Tiefenschärfe (wie viel soll unscharf sein?).
Mit der Blende regelst du, wie viel Licht auf den Kamerasensor gelangt und wie viel in deinem Foto verschwommen und wie viel scharf abgebildet ist. Damit können wir diese faszinierenden unscharfen Hintergründe zaubern. Die verleihen unserem Foto den echten Wow-Faktor!
Zeitautomatik (AV/A) – perfekt zur Übung mit Blendengröße
Im Programm der Blendenvorwahl oder Zeitautomatik (auf deiner Kame ra als A oder Av = Aperture Value zu finden) gibst du deiner Kamera die Blende vor und regelst so die Tiefenscharfe (also die Unscharfe).
Die Belichtungszeit wird automatisch angepasst. Blende, ISO und Belichtungszeit hängen auf faszinierende Weise zusammen. Wie, das üben wir noch! Das Zeitautomatik-Programm ist super, wenn du Menschen im Porträt fotografierst und unscharfe Hintergründe magst.
Große Blende – kleine Blende
Per Blende variierst du den Schärfebereich (Tiefenschärfe) und regelst, was verschwommen und was scharf abgebildet wird. Zudem hat die Blende Einfluss auf die Lichtmenge, die durch die Öffnung gelangt. Öffnest du die Blende minimal (kleine Blende), kommt langsam wenig Licht hindurch, aber viel in deinem Bild ist scharf. Öffnest du die Blende ganz weit (offene Blende), kommt schnell viel Licht hindurch, zudem ist nur ein geringer Teil deines Fotos scharf, der Rest unscharf. Das sieht cool aus! Wie lange Licht durch die Blende kommt, regelt die Belichtungszeit. Dazu kommen wir noch.
Die Blendengröße wird in Zahlen angegeben. Aufgepasst, hier kommst du leicht durcheinander, denn ein kleiner Blendenwert (z. B. f2,8 = große Blende/viel Licht/geringe Tiefenschärfe) steht für eine große Öffnung. Folglich steht ein großer Blendenwert (z. B. f16 = kleine Blende/wenig Licht/große Tiefenschärfe) für einen kleinen Blendendurchmesser.
BLENDENREIHE MIT GANZEN BLENDEN (f)
1 | 1,4 | 2 | 2,8 | 4 | 5,6 | 8 | 11 | 16 | 22
viel Licht wenig Licht
unscharfer Hintergrund scharfer Hintergrund
WAS IST „BOKEH“?
„Bokeh“ bedeutet „unscharf“ oder „verschwommen“ und kommt vom Japanischen (boke). Bokeh verwenden wir in der Fotografie, wenn wir den Unschärfeeffekt beschreiben, der den Bokeh-Look ausmacht. Mittels geringer Tiefenschärfe trennen wir das Hauptmotiv vom Hintergrund und erzeugen so das charakteristische Bokeh. Die Wirkung ist abhängig von Blendenöffnung und Objektiv.
Je näher du mit deinem Objektiv an deinem fotografierten Hauptmotiv bist, desto stärker setzt sich das Objekt vom Hintergrund ab (das ist der sogenannte Pop-out-Effekt). Zusätzlich gilt: Je weiter dein Motiv vom Hintergrund entfernt ist, desto besser ist bei offener Blende die Wirkung der Unschärfe im Hintergrund. Sollte der Effekt trotz offener Blende nicht so intensiv wirken, variiere den Abstand zum Hintergrund (probiere es mit zweieinhalb oder 20 Metern). Wie schon beim Fokus erklärt: Jedes Objektiv hat eine Naheinstellgrenze. Darunter wird dein fokussiertes Motiv unscharf. Eine Ausnahme sind Makroobjektive – mit denen kannst du ganz nah herangehen. Probiere aus, wie nah du rangehen kannst und wie sich die Unschärfe im Hintergrund verändert. ISO 100 | 200 mm | f2,8 | 1/500 s |
Die Blende ist ein großartiges Gestaltungsmittel für dein Foto. Hier verrate ich dir einige Situationen, für welche die eine oder andere Blendeneinstellung passend ist. Offene Blende (f1,8–f4) Die offene Blende ist perfekt, um den Hintergrund zu beruhigen, oder auch bei Szenen, in denen du wenig Licht hast. 1. Lass dich ins Foto reinziehen (Beispiel A: f1,8) 2. Pop-out-Effekt für dein Motiv (Beispiel B: f2) 3. Porträtfotos – Fokus auf die Augen (Beispiel C: f3,5) Geschlossene Blende (f8–f20) Die geschlossene Blende liefert hohe Tiefenschärfe, perfekt für Architektur bis hin zum Gruppenfoto. Zudem lässt die geschlossene Blende weniger Licht durch. 1. Stadtpanorama mit Langzeitbelichtung (Beispiel D: f22) 2. Architektur bei Mittagssonne (Beispiel E: f9) 3. Alles ist wichtig? Kein Detail verpassen? (Beispiel F: f14) |
Je nach Brennweite können nicht immer alle Blendenwerte ausgewählt werden. So kann es passieren, dass du im Zoom/Telebereich an deinem Objektiv nicht mehr den niedrigsten Blendenwert einstellen kannst, der mit demselben Objektiv noch bei 18 mm möglich war. Bei dem kleinstmöglichen Wert handelt es sich um die Offenblende. Ein Objektiv mit einer sogenannten durchgehenden Offenblende ist oft wertiger und teurer. ISO 100 | 70 mm | f4,5 | 1/50 s |
Was ist die Abblendtaste?
Im Kamerasucher ist bei Spiegelreflexkameras die Blende immer offen und schließt sich erst beim Auslösen. So erscheint das Sucherbild heller, und das Fokussieren wird einfacher, auch wenn dein Foto eine größere Tiefenschärfe hat und möglicherweise dunkler ist. Je nach Modell gibt’s dafür den Abblendknopf zum Anzeigen der „Arbeitsblende“ und um den Schärfentiefenbereich zu prüfen. Lies das in deiner Bedienungsanleitung nach. Für Live-View gilt das nicht – da siehst du das Livebild!
Deine Sammlung aus drei Bildern
Suche dir ein passendes Motiv mit Vordergrund und Hintergrund und erstelle eine Sammlung aus drei Bildern.
1. Wähle die Funktion Zeitautomatik „A“/„AV“ (auch Blendenvorwahl).
2. Fotografiere zu Beginn mit geschlossener Blende (z. B. f22). Wechsele in die Blende f8 und fotografiere schließlich mit offener Blende (z. B. f2,8) das gleiche Motiv vom gleichen Standpunkt.
3. Bei jeder Aufnahme bleibt der Fokus auf der Motivmitte. Möglicherweise ist es besser, den Autofokus abzuschalten.
4. Nun solltest du drei Bilder mit unterschiedlicher Schärfe bekommen.
Aufgepasst: Da die Schärfentiefe nicht allein von der Blende abhängig ist, sondern von Brennweite und Aufnahmeabstand, erreicht man oft mit längeren Brennweiten (z. B. 85 mm statt 30 mm) deutlichere Unterschiede, wenn du etwas Kleines fotografierst.
TIPP: IST DAS BILD VERWACKELT?
Da bei der kleinsten Blende möglicherweise eine lange Belichtungszeit notwendig ist und allein durch das Auslösen verwackelt werden kann, solltest du einen Fern- oder Selbstauslöser verwenden.
TAG 6
DIE FRAGE DER BELICHTUNGSZEIT
Das Prinzip der Belichtung hat sich seit Erfindung der Fotografie kaum verändert. Drücke ich den Auslöser, öffnet sich der Verschluss, und dann wird durch die Öffnung im Objektiv – genannt Blende – das Licht für einen bestimmten Zeitraum hindurch auf den Sensor gelassen. So arbeiten alte analoge sowie moderne digitale Fotoapparate. Nur das Medium Film wurde durch den Sensor ersetzt. Lass uns schauen, wie wir die Belichtungszeit kreativ nutzen.
Die Verschlusszeit komponiert dein Foto
Du weißt, dass die Blende festlegt, wie groß die Öffnung ist, durch die Licht auf deinen Sensor fällt, und zudem die Tiefenschärfe bestimmt. Die Belichtungszeit (auch Verschlusszeit genannt) regelt, wie lange das Licht auf deinen Kamerasensor fällt. Dazu wird der Verschluss geöffnet und geschlossen. Mit dieser Verschlusszeit kannst du Wasser in tausend kleine Teile zerspringen lassen oder als milchige mystische Oberfläche darstellen. Du kannst den vorbeibrausenden Radfahrer in voller Dynamik fotografieren oder die Nacht zum Leuchten bringen. Zeit und Licht sind wundervolle Partner, die deine Fotografie zum echten Wunderwerk werden lassen.
Blendenautomatik (TV/S) – perfekt zur Übung mit Belichtungszeit
Mit der Blendenautomatik (TV = Time Value oder S = Shutter Priority) – gibst du deiner Kamera die Verschlusszeit vor. Das ist insbesondere beim Sport (der schnelle Läufer bei 1/500 s), bei Naturaufnahmen mit seidi- . gem Wasser (1/10 s) oder in ähnlich lichtkritischen Situationen super. In der Regel gibst du der Kamera eine Zeit (z. B. 1/150 s) vor, in der du die Kamera gut halten kannst, ohne zu verwackeln. Dann tippst du den Auslöser an. Deine Kamera passt die Blende und den ISO-Wert an. Ich nutze das oft bei Street-Fotografie.
Wie lange belichtest du so?
Durch Wahl der Verschlusszeit komponierst du dein Foto. Dabei geht’s oft um hundertstel Sekunden, die du sonst nur vom 100-Meter-Olympia-Sprint kennst. Verschlusszeiten variieren um Sekundenbruchteile von 1/15 s, 1/60 s bis hin zu 1/250, 1/500 oder 1/1000 s. Die Unterschiede einer 1/15 s und einer 1/1000 s für die Belichtung deines Fotos sind gigantisch – ganz zu schweigen von Langzeitbelichtungen von 5, 10 oder 30 s.
ISO 200 | 30 mm | f5,6 | 1/1600 s
Merkhilfe: Jede Halbierung der Belichtungszeit (1/500 s auf 1/250 s) führt zur Verdopplung der Lichtmenge (= eine Stufe). So kannst du den ISO-Wert oder die Blende entsprechend variieren.
Fotos, ohne zu verwackeln
Für die Wahl der Belichtungszeit ist es wichtig, einzuschätzen, wie lange du die Kamera ohne Stativ ruhig halten kannst. Je nach Brennweite wird’s ab Belichtungszeiten von 1/50 s oder länger kritisch mit der ruhigen Hand.
PRAXISTIPP: BELICHTUNGSZEIT RICHTIG WÄHLEN Die Belichtungszeit ist für drei Dinge wichtig: 1. Die Belichtungszeit regelt, wie lange Licht auf deinen Bildsensor fällt und somit, ob ausreichend, zu viel oder zu wenig Licht für eine korrekt belichtete Aufnahme vorhanden ist. 2. Je nach Belichtungszeit kann eine Aufnahme aus der Hand scharf oder verwackelt sein. Je länger die Belichtungszeit, umso größer die Gefahr dafür. 3. Die Belichtungszeit ist je nach Motiv für die Aussage notwendig (will ich bewegtes Wasser eingefroren oder fließend zeigen?). |
Details
- Seiten
- ISBN (ePUB)
- 9783869103778
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2022 (August)
- Schlagworte
- Fotografie Ratgeber Fotografie-Grundlagen Spiegelreflex-Kamera Einsteiger Fotografieren für Einsteiger Bildidee Fotokurs Hobby-Fotografen Workshop Fotografie Porträtfotografie System-Kamera Digitalkamera Fotoschule