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Krankenpflege-Personal finden und binden

Wie Sie ein attraktiver und begehrter Arbeitgeber werden. Die besten Strategien aus der Berater-Praxis

von Andrea Lehwald (Autor:in)
136 Seiten

Zusammenfassung

Pflegenotstand, Pflegekollaps... keine Fachkräfte mehr! Die Hilferufe aus der Branche verstummen nicht. Doch einige Kliniken schweigen – sie haben Personal, führen sogar Wartelisten. Andrea Lehwald arbeitet – gemeinsam mit ihrem Expertenteam – seit vielen Jahren in der strategischen Fachberatung für Kliniken. Mit diesem Buch legt sie ihr gebündeltes Expertenwissen vor: die erfolgreichsten Strategien, um den Personalmangel in Kliniken zu bekämpfen. Im Fokus stehen dabei realistische Konzepte, praxiserprobte Strategien und wertschätzende Führungsarbeit. Nur so kommt das Räderwerk aus Arbeitsklima, Aufgabenverteilung, Kommunikation und Budgetgrenzen wieder in Gang.
Dieses Buch bietet Betreibern und Leitungskräften das, was sie dringend benötigen: Praxiserprobte Handlungsleitlinien um Mitarbeiter zu binden, zu motivieren und zugleich den Krankenstand zu senken.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Die meisten Krankenhäuser in Deutschland leiden darunter, kaum noch Pflegepersonal zu finden und so eine gute Patientenversorgung gewährleisten zu können.

Jedoch gibt es Ausnahmen: Krankenhäuser, die ein ausgefeiltes Konzept anwenden, um Pflegekräfte zu rekrutieren, ihr Personal an sich zu binden und sogar einen Pool mit Interessenten zu haben, die gerne für sie arbeiten möchten. Doch was machen diese Krankenhäuser anders als andere?

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es Kliniken gibt, die als attraktive Arbeitgeber gelten und genau deshalb deutlich mehr geeignete Bewerbungen erhalten. Die Gründe liegen in den Rahmenbedingungen, die zu einer niedrigen Fluktuationsrate und hoher Mitarbeiterbindung führen. Das wirkt sich auch immer auf die Qualität der Arbeit aus. Erfahrene Mitarbeiter beherrschen ihre Arbeit sicherer und sind in der Regel deutlich motivierter. Sie fühlen sich als Teil des Unternehmens und übernehmen gern mehr Verantwortung. Krankenhäuser, die für ihr Personal sorgen, ihm Wertschätzung entgegen bringen und für sein Wohlergehen sorgen, haben es leichter, qualifiziertes Personal zu finden.

Für ein Krankenhaus ist es sehr wichtig, einen Pool mit qualifizierten Bewerbern aufzubauen. Damit auch Ihnen dieses Vorhaben gelingt, muss Ihr Ruf als Arbeitgeber von bestechender Brillanz sein! Denn je attraktiver ein Arbeitgeber ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich geeignete Bewerber finden. Das wichtigste Stichwort für den »guten Ruf« sind die Mitarbeiter selbst: Zufriedene Mitarbeiter, die begeistert von ihrem Arbeitsplatz erzählen, sind beste Werbung. Sie sind das Aushängeschild für Ihre Klinik!

Doch die Mitarbeiterbindung hat ihren Preis, und Ihre Investitionen für den Rekrutierungsprozess lohnen sich nur, wenn Sie im Anschluss ständig konsequent an der Mitarbeiterbindung arbeiten. Fangen Sie daher noch heute an umzudenken. Bedenken Sie: Das Pflegepersonal ist die größte und gefragteste Berufsgruppe in den Krankenhäusern. Ohne sie ist kein Krankenhaus überlebensfähig. Pflegekräfte brauchen Gehör und Wertschätzung, damit sie ihr volles Potenzial entfalten können und die Patientenversorgung auch in Zukunft gesichert ist. Finden Sie über verschiedene Kanäle kompetente Fachkräfte und zeigen Sie ihnen, dass es sich lohnt, bei Ihnen zu arbeiten und gemeinsam erfolgreich zu sein –zum Wohle der Patienten und zur Zufriedenheit der Mitarbeiter.

Als Unternehmensberaterin, Coach, Trainerin, Autorin und Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege habe ich über viele Jahre mit verschiedenen Kliniken aller Größenordnungen deutschlandweit und in der Schweiz zusammen gearbeitet. Gemeinsam mit den Mitarbeitern habe ich Stationsabläufe optimiert, Strategien für Mitarbeiterzufriedenheit und Marketingkonzepte entwickelt. Immer ging und geht es dabei um Möglichkeiten, den Personalmangel zu verringern. Es gibt sie tatsächlich, die erfolgreichen Strategien gegen den Personalmangel!

Jedoch gibt es kein Konzept, das Sie fertig aus der Schublade nehmen können. Um langfristig erfolgreich aus eigener Initiative den Pflegenotstand zu reduzieren, brauchen Sie individuelle Konzepte, die Sie immer wieder analytisch betrachten und anpassen sollten. Deshalb habe ich in diesem Buch mein Expertenwissen für Sie zusammengefasst – als die erfolgreichsten Strategien gegen den Personalmangel in Krankenhäusern, die ich kenne und deren positiven Effekte ich beweisen kann.

1.1Happy Birthday!

Vor über 50 Jahren wurde er geboren: der Pflegenotstand. Bereits 1966 kam es in Deutschland das erste Mal zu massiven Personalproblemen im Pflegesektor, und so wurden die ersten Krankenschwestern aus dem Ausland (insbesondere den Philippinen) für deutsche Kliniken angeworben. Weitere Fachkräfte aus anderen fernen Ländern folgten.

Heute ist das Thema Pflegenotstand populärer denn je und wird politisch heiß diskutiert. Zuletzt einigte sich die große Koalition in Berlin darauf, 13.000 neue Fachkräfte für die Behandlungspflege in stationären Einrichtungen einzustellen. Das ergibt bei rund 13.600 vollstationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland1 rein rechnerisch gerade einmal eine zusätzliche Pflegefachkraft pro Einrichtung – ohne dabei die ca. 2000 Krankenhäuser mit zu berücksichtigen … Zu Recht nannte der Deutsche Pflegerat diesen Plan deshalb ein »bescheidenes Sonderprogramm«2.

Das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 zwischen 150.000 und 320.000 Vollzeitstellen in der Pflege gebraucht werden. Als die Grünen die Regierungsfraktion im Bundestag fragten, wie viele Stellen in der Alten- und Krankenpflege nicht besetzt seien, antwortete diese: mindestens 36.000. Allein in der Krankenpflege wurden Ende April 2018 11.000 offene Stellen gemeldet.3

1.2Problem 1: steigende Patientenzahlen, sinkende Personalzahlen

Wenn auch alle Zahlen nur grobe Schätzungen sind, bleiben die Prognosen finster: Die Anzahl der Patienten und Menschen mit Pflegebedarf steigt stetig, während die Zahl der Pflegekräfte sinkt.

Laut statistischem Bundesamt stieg die Zahl der jährlich behandelten Fälle in den Krankenhäusern zwischen 1995 und 2016 von 15,84 auf 19,55 Millionen. Die Patienten haben dabei häufig – abgesehen von der ursächlichen Beschwerde, die zur Einweisung in die Klinik führte – noch weitere behandlungsbedürftige Erkrankungen. Viele Patienten sind überdies an einer Demenz erkrankt. Das alles stellt gerade das Pflegepersonal vor große Herausforderungen. Denn bestimmte pflegerische Standards sind aufgrund der dünnen Personaldecke nicht mehr gesichert. So ergab zum Beispiel der Nachtdienst-Report 2015 der Gewerkschaft ver.di, dem Daten aus mehr als 200 Krankenhäusern unterschiedlicher Träger zugrunde liegen, dass ein hoher Anteil fachlich erforderlicher Leistungen wegen des Fachkräftemangels nicht mehr ausgeführt werden kann: »Aufgrund der gegebenen Personalausstattung sagten 55,4 Prozent der Pflegekräfte, dass sie erforderliche Leistungen bei der Versorgung der Patient/innen ‚manchmal‘ oder ›oft‹ weggelassen haben.«6

Wen wundert es, wo doch die Anzahl der Pflegekräfte von mehr als 350.000 (1995) auf aktuell 325.1007 gesunken ist – Leiharbeitskräfte bereits mit eingerechnet.

In Bayern leuchteten im Mai 2018 alle Warnlampen: Das »Pflegesystem in Bayern« stehe vor dem Zusammenbruch, warnte der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK). Der Arbeitsmarkt biete keinerlei Reserven mehr. Pflegedienste müssten fast 30 Prozent der Anfragen ablehnen. Es gäbe bis auf wenige Ausnahmen so gut wie keine arbeitslos gemeldete Fachkraft. Marliese Biederbeck, Geschäftsführerin des DBfK, sagte auf dem Verbandskongress in Nürnberg: »Die von der Politik angestrebten Maßnahmen und Kampagnen zur Fachkräftesicherung blieben leider wirkungslos … Auch das Landespflegegeld [ist] … ein reines Wahlgeschenk. Den Pflegemangel in Kliniken könne es nicht lösen.«8

Ähnlich wie in Bayern sieht es auch im restlichen Deutschland aus: In einem der bestzertifizierten Pflegesysteme aller Zeiten werden Patienten zunehmend medizinisch und pflegerisch schlecht versorgt.

Einen kleinen Lichtblick gibt es: Am 1. August 2018 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG), in dem sich auch das »Sofortprogramm Pflege« (image Kap. 1.4.1) befindet. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dazu: »Ab Januar 2019 können in stationären Pflegeeinrichtungen 13.000 Pflegekräfte neu eingestellt werden. Und: Jede zusätzliche oder aufgestockte Stelle für Pflegekräfte in Krankenhäusern wird voll von der Krankenversicherung finanziert. Auch die Tarifsteigerungen in der Krankenhauspflege werden vollständig von den Kostenträgern übernommen, und zwar rückwirkend ab dem Jahr 2018. Das Sofortprogramm Pflege ist eine erste wichtige Etappe zur Verbesserung der Pflege. Wir greifen damit der Pflege unmittelbar und spürbar unter die Arme. Es tut sich was in der Pflege – mit diesem Signal wollen wir Pflegekräfte in ihrem Berufsalltag unterstützen, neue Pflegekräfte hinzugewinnen und die pflegerische Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter verbessern. Und weitere Schritte folgen bald.«9

1.2.1 Initiative »Mehr PflegeKRAFT«

Was sagt der im April 2018 zum neuen Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung ernannte Andreas Westerfellhaus zur aktuellen Situation auf dem Pflegemarkt? Der 61-jährige Westerfellhaus, examinierter Krankenpfleger mit Fachweiterbildung für Anästhesie und Intensivpflege sowie studierter Betriebswirt, »gilt als ausgewiesener Pflegeexperte und wird insbesondere durch seinen Einsatz bei der Reform der Pflegeausbildung, für Pflegekammern sowie für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Entlohnung weithin geschätzt.«10

Andreas Westerfellhaus möchte sich in seinem neuen Amt für alle Pflegebedürftigen, ihre Angehörigen und natürlich für alle Pflegekräfte stark machen. In seiner ersten Veröffentlichung »Mehr PflegeKRAFT« machte er im Mai 2018 fünf Vorschläge für eine gute und verlässliche Pflege:

1.Prämie für Rückkehrer und Aufstocker

Berufsrückkehrer sollen eine Prämie von 5000 Euro erhalten. 3000 Euro erhalten Teilzeitkräfte, die ihre Arbeitszeit um mindestens 20 Prozent der Vollzeitarbeitskraft aufstocken. 3000 Euro sollen Ausbildungsabsolventen bei der Ersteinstellung bekommen. Außerdem sollen Einrichtungen 3000 Euro erhalten, von denen 1500 Euro als Gewinnungsprämie bei Aufstockung/Einstellung und 1500 Euro als Bindungsprämie nach einem Jahr gelten, wenn die Pflegefachkraft weiter im Betrieb tätig ist.

2.80 Prozent Arbeit bei 100 Prozent Lohn (80:20-Modell)

Ein auf drei Jahre befristetes Flächenmodell soll Pflegefachkräften die Möglichkeit geben, 80 Prozent Arbeitszeit zu leisten, aber 100 Prozent Lohn zu erhalten.

3.Bonus für gute Arbeitgeber

Wer innovative Konzepte für attraktive Arbeitsbedingungen bietet, kann sich diesen – bislang noch unbekannten – Bonus sichern.

4.Mehr Freude am Pflegeberuf – mehr Verantwortung durch Heilkundeübertragung

Pflegefachkräfte sollen gezielt heilkundliche Aufgaben übertragen bekommen, z. B. im Bereich der Versorgung chronischer Wunden, bei spezifischer Infusionstherapien usw.

5.Ausbilden! Ausbilden! Ausbilden!

Einrichtungsbetreiber sollen Ausbildungskonzepte »von der Assistenz bis zum Master« entwickeln. Dafür soll der Kostenanteil der Pflegeeinrichtungen an der neuen Pflegeausbildung entsprechend gesenkt werden.11

Der DBfK begrüßt diese Initiative grundsätzlich, doch DBfK-Präsidentin Professorin Christel Bienstein sagte auch: »Um … die Vertrauenskrise in der Pflege zu beenden, braucht es allerdings erheblich mehr. So lange Pflegekräfte nicht in ihrem Alltag eine spürbare Veränderung und Entlastung in ihrem Arbeitsalltag erleben, werden sie politischen Ankündigungen nicht vertrauen. Nur für Geld kommen sie nicht zurück an die Arbeitsplätze, aus denen sie wegen chronischer Überlastung und dem geringen Stellenwert von Pflege im Gesundheitssystem geflüchtet sind.«12

Ein Prämiensystem allein wird wohl tatsächlich keine Veränderung bewirken. Die meisten Pflegekräfte haben ihren Beruf nämlich nicht des Geldes wegen, sondern aus anderen Gründen verlassen. In erster Linie werden die folgenden Ursachen genannt:

der permanente Personalmangel

die hohe Arbeitsbelastung

Fakt ist: Tatsächlich würden nur 32 Prozent der Befragten ihren Beruf weiterempfehlen.13

1.3Problem 2: die Finanzierung

Eine gefühlte Ewigkeit verfolgen wir schon die Diskussionen um die Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern. Die Geduld der betroffenen Pflegekräfte neigt sich langsam dem Ende zu. Denn die Situation hat sich bisher nicht sichtbar verbessert. Zwar ist der Fachkräftemangel seit Jahren ein großes politisches Thema und wird öffentlich diskutiert, allerdings gestaltet sich die Aufstockung des Pflegefachpersonals schwierig, solange die Finanzierung über das DRG-System (diagnosis related groups, deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen) läuft. Seit dieses Gesundheitssystem im Jahr 2004 eingeführt wurde, hat sich vieles verändert.

Hintergrund der Umstellung auf die DRG war ursprünglich, dass Krankenhäuser effizienter und transparenter arbeiten sollten. Erfolgte die Abrechnung doch bis dato nach der Anzahl der Liegetage der Patienten, ist das DRG-System auf Effizienz ausgelegt. Unwirtschaftlichkeit und eine zu lange Liegedauer der Patienten in den Krankenhäusern sollten mit der Einführung dieses neuen Systems vermieden werden. Nicht selten wurden vor der Einführung der DRG Patienten unnötig lange im Krankenhaus belassen, um so entsprechend mehr Liegetage abrechnen zu können. Im DRG-System werden Patienten hingegen in eine diagnosebezogene Fallgruppierung zusammengefasst. Alle Leistungen des Krankenhauses sollten damit einheitlich definiert und pauschalisiert vergütet werden.

Dieses Abrechnungssystem sollte also der Ausweitung der Liegezeiten entgegenwirken. Der Plan schien zu funktionieren. Während Patienten Anfang der 1990er-Jahre noch knapp 14 Tage im Krankenhaus verbrachten, waren es 20 Jahre später durchschnittlich nur noch 7,3 Tage.14

Die Fallpauschalen geben allerdings auch Anlass zur Kritik. Höhere Fallzahlen, fehlerhafte Abrechnungen, zu früh (»blutig«) entlassene Patienten, die kurze Zeit später wieder neu stationär aufgenommen werden müssen (»Drehtür-Effekt«) sind keine Seltenheit. Experten stellten auch eine leichte Erhöhung der Anzahl an Operationen fest. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete etwa, dass seit der Einführung des DRG-Systems mehr operiert würde als notwendig.15

Für die Mitarbeiter in den Krankenhäusern hat all das Konsequenzen. Die kürzeren Liegezeiten und die höheren Fallzahlen lassen ihre Arbeitsbelastung deutlich ansteigen. Der bürokratische Aufwand für die Pflegekräfte steigt. Administrative Tätigkeiten nehmen zu – zu Lasten der eigentlichen Pflegezeit am Patienten. Parallel dazu verlassen viele Pflegekräfte ihren Beruf, wollen die zunehmende Arbeitsbelastung und die immer schlechter werdenden Bedingungen in der Krankenpflege nicht mehr hinnehmen. Die verbleibenden Kräfte müssen nun auch dies »auffangen« und die aktuelle Situation auf dem Pflegemarkt spitzt sich weiter zu.

Aber nicht nur das: Um Kosten zu sparen, drehen viele Klinikbetreiber an der Personalschraube. Die Personalkosten für das Pflegepersonal in den Krankenhäusern betragen immerhin 30–40 Prozent der Gesamtpersonalkosten. Was liegt also näher, als am Pflegepersonal zu sparen?

1.4Änderungen in Sicht!?

Die Politik reagiert zögerlich. Zwar legte der Gesetzgeber 2017 fest, dass bis zum 30. Juni 2018 eine Arbeitsgruppe einen Plan für verbindliche Mindestuntergrenzen für Pflegepersonal festgelegt haben sollte. Sollte der Plan nicht vorliegen, wollte das Bundesgesundheitsministerium regeln. Die Arbeitsgruppe aus DKG (Deutscher Krankenhausgesellschaft), GKV-Spitzenverband (Spitzenverband Bund der Krankenkassen) und dem Spitzenverband der Deutschen Krankenversicherung sollte Personaluntergrenzen für alle pflegesensitiven Bereiche festschreiben, damit diese Regelungen am 1. Januar 2019 in Kraft treten können. Während diverse Fachleute noch darüber streiten, was mit pflegesensitiven Bereichen eigentlich gemeint sei – die normale Bettenstation …, bestimmte Abteilungen …, Bereiche wie Intermediate Care … – steht aktuell (Oktober 2018) fest: Die Arbeitsgruppe hat nicht geliefert! Dafür hat Jens Spahn, der derzeitige Bundesgesundheitsminister, reagiert (image Kap. 1.2, image Kap. 1.4.1).

1.4.1 Eckpunkte Sofortprogramm Pflege

Am 23. Mai 2018 legte Bundesgesundheitsminister Spahn die Eckpunkte eines Sofortprogramms für die Kranken- und Altenpflege vor. Um Schritt für Schritt eine Verbesserung für die Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen zu erzielen, soll ab dem 1. Januar 2019 ein Sofortprogramm in Kraft treten.

Zunächst soll mit einfachen, klaren und finanziell unterlegten Sofortmaßnahmen ein Signal gesetzt werden, das lautet: »Wir haben verstanden.« – Die Situation in der Pflege muss schnell verbessert werden. So trat am 1. Oktober 2018 die Verordnung zur Festlegung von Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Krankenhausbereichen für das Jahr 2019 (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung – PpUGV) in Kraft. In den vier folgenden, sogenannten pflegesensitiven Krankenhausbereichen gelten dann ab Januar 2019 Pflegepersonaluntergrenzen: Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie, Unfallchirurgie. In weiteren Schritten soll in den Krankenhäusern für alle bettenführenden Abteilungen eine Personaluntergrenze eingeführt werden.

Weitere geplante Verbesserungen für die Pflege sind:

Jede zusätzliche Pflegekraft wird finanziert.

Um eine Entlastung in der Personalausstattung zu erreichen, soll künftig jede aufgestockte Pflegestelle von den Kostenträgern refinanziert werden. Das Pflegestellenförderprogramm wird über das Jahr 2018 hinaus weiter ausgebaut. Für zusätzliche Mittel der Krankenhäuser entfallen die Obergrenze und der Eigenanteil von zehn Prozent.

Tarifsteigerungen werden voll refinanziert.

Tarifsteigerungen sollen voll refinanziert werden, anstatt dass zu Lasten der Pflege gespart wird. Zusätzliche Finanzmittel sind für das Pflegepersonal einzusetzen, was durch Nachweise zu belegen ist.

So wurde am 1. August 2018 der Gesetzentwurf zur Stärkung des Pflegepersonals im Kabinett beschlossen. Damit sollen spürbare Verbesserungen im Alltag der Pflegekräfte durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege erreicht werden. Ab Januar 2019 können 13.000 Pflegekräfte neu eingestellt werden. Jede zusätzliche und aufgestockte Stelle für Pflegekräfte in Krankenhäusern wird voll von den Krankenversicherern finanziert. Auch die Tarifsteigerungen in der Krankenhauspflege werden vollständig von den Kostenträgern übernommen und zwar rückwirkend ab dem Jahr 2018. Mit der »Aktion Pflege« soll dafür gesorgt werden, dass die geplanten 13.000 neuen Stellen auch besetzt werden können. Deswegen setzen sich drei Bundesminister gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen und einen besseren Arbeitsalltag für Pflegekräfte ein: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Dr. Franziska Giffey und der Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil. Zusammen mit den führenden Köpfen des Sozialsystems sollen innerhalb eines Jahres konkrete Pläne vorgelegt werden, um mehr Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern.

Auch sollen die Pflegepersonalkosten künftig unabhängig von den Fallpauschalen vergütet werden. Ziel ist es, dass Pflegepersonalkosten ab dem Jahr 2020 aus einer Kombination von Fallpauschale und Pflegepersonalkostenvergütung finanziert werden.

So gilt ab 2020 der sogenannte Ganzhausansatz Mit dem Ganzhausansatz entsteht ein handhabbares, transparentes und schnell wirksames Instrument, um im gesamten Krankenhaus eine gute Pflege und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Dazu wird in Zukunft das Verhältnis von eingesetztem Pflegepersonal zu individuellem Pflegeaufwand eines Krankenhauses ermittelt. Dieser »Pflegepersonalquotient« gibt Aufschluss darüber, ob eine Klinik, gemessen am Pflegeaufwand, viel oder wenig Personal einsetzt. Ein noch festzulegender Wert darf dabei dann von den Krankenhäusern nicht unterschritten werden. Andernfalls drohen sonst Sanktionen.16

Vergütungen von Auszubildenden in der (Kinder-)Krankenpflege im ersten Ausbildungsjahr werden vollständig refinanziert.

Außerdem soll es künftig mehr Ausbildungsplätze in der Pflege geben. Bislang wurden die Ausbildungsvergütungen in der Krankenpflege nur anteilig refinanziert, weil Auszubildende im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung die voll ausgebildeten Pflegekräfte entlasten. Allerdings kann ein Auszubildender im ersten Jahr nicht mit einer Vollzeit-Pflegekraft verglichen werden, daher werden die Vergütungen im ersten Ausbildungsjahr 2019 vollständig von den Kostenträgern refinanziert.

Außerdem sind die Krankenkassen künftig verpflichtet, den Krankenhäusern Auskunft über die Pflegebedürftigkeit der bei Ihnen versicherten Patienten zu geben, damit die Krankenhäuser auf einer gesicherten Basis abrechnen können. Damit soll die Datenübermittlung erleichtert werden.

Was in der Vergangenheit häufig an Investitionsmitteln fehlte, musste von den Krankenhäusern aus Eigenmitteln finanziert werden. Hier wurde oft zu Lasten des Pflegepersonals gespart. Das soll nun ein Ende haben.

Der Krankenhausstrukturfond soll wohl unverändert jährlich mit einer Milliarde Euro fortgesetzt werden. Die Finanzierung erfolgt wie bisher zur Hälfte aus der Liquiditätsreserve und zur Hälfte aus den Mitteln der Länder.

Die DRG-Vergütung in der Patientenversorgung ist künftig ohne die Pflegepauschale auszuweisen. Die zweckentsprechende Mittelverwendung ist nachzuweisen. Nicht verwendete Mittel müssen von den Krankenhäusern zurückgezahlt werden.

Personaluntergrenzen …

Der vorab genannte, wichtige Aspekt der DRG-Vergütung hat weitreichende Folgen für die Personalbemessung. Kliniken belegen ihre Stationen häufig als sogenannte Clusterbelegung, um Stationen effektiv auszulasten. Das heißt, dass Betten auch fachübergreifend vergeben werden, um eine maximale Auslastung zu gewährleisten. Man kann so aber nicht mehr genau definieren, welcher Bereich als besonders pflegesensitiv einzustufen ist.

Sollte also die Mindestvorgabe für Pflegepersonal auf bestimmte pflegeintensive Bereiche begrenzt werden, besteht die große Gefahr, dass das Pflegepersonal wie auf einem Bahnhof, je nach Arbeitsaufkommen, hin- und hergeschoben wird. Laut eines Zwischenberichts einer Arbeitsgruppe vom 30. Januar 2018 hatte man sich bislang auf sechs Bereiche geeinigt: Geriatrie, Neurologie, Herzchirurgie, Kardiologie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin. Festgeschrieben sind ja seit 1. Januar 2018 die vier Bereiche Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie (image s.o. Pflegepersonaluntergrenzen- Verordnung) (image Kap. 1.4.1).

Nun wird über eine Ausweitung der Mindestvorgaben auf alle Bereiche in Krankenhäusern nachgedacht. Dieses Vorhaben dürfte sich aber aufgrund der derzeitigen Uneinigkeiten und Komplikationen etwas schwierig gestalten und weitere Zeit in Anspruch nehmen. Ein neuer Gesetzesentwurf wird vermutlich frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2018 vorliegen.

Bis dahin soll es eine Zwischenlösung geben. Danach sollen alle Pflegevollkräfte ins Verhältnis gesetzt werden zu den erzielten Pflegeerlösen im Jahresdurchschnitt, um daraus eine definierte Untergrenze für das Pflegepersonal abzuleiten. Komplizierte Rechenmodelle sollen also Personaluntergrenzen berechnen, ohne dass je reale Alltagssituationen zugrunde liegen. Kann das in der Realität funktionieren?

Die Definition einer Untergrenze gestaltet sich damit sehr schwierig, da insgesamt viel zu wenig Datenmaterial vorliegt. Laut Berichten des Pflegepersonals selbst ist die Situation im Pflegealltag deutlich schlimmer, als sie auf der Grundlage verschiedener Zahlen erkennbar ist. Das tatsächliche Verhältnis von Pflegepersonal zum Patienten kann aufgrund fehlender Informationen kaum ermittelt werden. Zwar stehen die Jahresdurchschnittsdaten der Qualitätsberichte zur Verfügung – sie sagen aber rein gar nichts über den tatsächlichen Arbeitsaufwand auf den Stationen aus.

Vermutlich muss der erste und wichtigste Schritt zur Aufstockung des Personalschlüssels die Ausgliederung der Pflege aus dem DRG-System sein und damit einhergehend die finanzielle Lockerung für die Klinikbetreiber sein. Weitere Maßnahmen müssen aber folgen.

All diese geplanten, neuen Gesetzesvorgaben sollen ein weiteres Abwandern des Pflegepersonals verhindern. Der Aspekt der Mindestbesetzung muss dazu auch auf Bereiche übertragen werden, die zurzeit noch nicht als extrem arbeitsintensiv gelten.

Doch wie realistisch ist die geplante Ausweitung der Mindestpersonalgrenze?

Im Juli 2018 schlug Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ein neues Programm vor: Ab dem Jahr 2020 soll für jede Klinik das Verhältnis zwischen Pflegepersonal und anfallendem Pflegeaufwand errechnet und veröffentlicht werden. Schon ab 2019 sollen diese Zahlen erhoben werden. Sollten Kliniken ab 2020 dann eine bestimmte Grenze unterschreiten, drohen Sanktionen.17

Allerdings hätten die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband schon bis zum 30. Juni 2018 Pflegepersonaluntergrenzen für einige Bereiche der Krankenhäuser vorgeben müssen. »Jetzt sind deren unterschiedliche Positionen offenbar nicht konsensfähig …«18

Wie in vielen Dingen gehen hier die Meinungen sehr stark auseinander. Künftig soll es Abschläge bei der Vergütung für die Krankenhäuser geben, wenn die vorgegebenen Personaluntergrenzen nicht erreicht werden. Krankenhausträger drohen damit, lieber ganze Abteilungen zu schließen, bevor sie die angedrohten Abschläge hinnehmen.

Zusätzliches Personal im großen Stil zu rekrutieren ist momentan eher utopisch. Ohne die Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte, die Erweiterung der Ausbildungskapazitäten und die unbedingte Verbesserung der Arbeitsbedingungen bleibt die Situation weiterhin angespannt.19

1.5Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten – werden Sie aktiv!

Wichtig Auch Sie müssen den Mangel verwalten …

Als verantwortungsbewusste/r Leiterin oder Leiter einer Klinik müssen Sie eins wissen: So lange politisch keine erkennbaren Verbesserungen erfolgen, müssen Sie mit den vorhanden Ressourcen auskommen. Das heißt: Suchen Sie konsequent nach Nachwuchskräften, nach Wiedereinsteigern, nach sogenannten Aufstockern (von Teilzeit auf Vollzeit)!

Das Gute ist: Sie müssen und können aktiv etwas tun! Es gibt Strategien, um dem Personalmangel in der Pflege entgegenzuwirken. Dazu gehören allerdings Mut und der Wille zur Erkenntnis, denn bevor Sie neue Mitarbeiter einstellen, sollten Sie sich Ihr vorhandenes Personal und die Strukturen Ihrer Klinik genau ansehen:

Nehmen Sie die Unzufriedenheit Ihres Personals ernst.

Suchen Sie Wege für mehr Motivation.

Machen Sie das Berufsbild der Pflege wieder attraktiv.

Entwickeln Sie Strategien für eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit.

Schaffen Sie eine optimale Arbeitsplatzkultur.

Werden Sie einer der besten Arbeitgeber.

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Tipp

Betrachten Sie dieses Buch als Schritt-für-Schritt-Anleitung, die auch Ihre Klinik aus der Not des Personalmangels führen kann. Strategisch sollten Sie vor allem in den folgenden sechs Bereichen aktiv werden:

 

1.Erheben Sie den Status quo – Wie geht es Ihrem Personal?

2.Personalakquise – Wie finden Sie die richtigen Mitarbeiter?

3.Personalmarketing – Sind Sie auf dem neuesten Stand?

4.Selbst-Check – Wie gut sind Sie als Arbeitgeber?

5.Arbeitsorganisation – Wie gut sind die Rahmenbedingungen?

6.Praxistipps – Erhalten Sie Anregungen durch Interviews zum Thema Personalnot

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1https://www.domradio.de/themen/soziales/2018-01-31/daten-und-fakten-ueber-die-pflege-deutschland [Zugriff am 25.09.2018]

2Wagner F (2018): Politik muss konsequenter handeln. Editorial des Newsletter des DPR, 03/18. Im Internet: http://www.deutscher-pflegerat.de/aktuelles/newsletter.php [Zugriff am 12. März 2018]

3»36.000 unbesetzte Pflege-Stellen. Im Internet: https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/antwort-bundesregierung-pflege-unbesetzte-stellen-100.html [Zugriff am 8. Mai 2018]

4Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2008): Demografischer Wandel in Deutschland. Heft 2: Auswirkungen auf Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige im Bund und in den Ländern. Seite 7. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden. Im Internet: https://www.statistikportal.de/de/ [Zugriff am 24. Juni 2018]

5Statistisches Bundesamt (2017): »19,5 Millionen Patienten im Jahr 2016 stationär im Krankenhaus behandelt. Pressemitteilung vom 14. August 2017. Im Internet: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2017/08/PD17_276_231.html [Zugriff am 24. Juni 2018]

6Verdi (2015): Nachtdienstreport – Krankenhäuser gefährlich unterbesetzt. Im Internet: https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/mehr-personal/++co++abc7d1a2-c16e-11e6-9424-525400ed87ba [Zugriff am 24. Juni 2018]

7»Mehr Ärzte, weniger Pflegekräfte«. Im Internet: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/81707/Mehr-Aerzte-weniger-Pflegekraefte [Zugriff am 24. Juni 2018]

8»DBfK warnt vor Pflegekollaps. Im Internet: https://www.bibliomed-pflege.de/alle-news/detailansicht/35291-dbfk-warnt-vor-pflegekollaps/?utm_source=CleverReach&utm_medium=email&utm_campaign=Bib-Pflege_NL_20180408&utm_content=Mailing_10852329 [Zugriff am 24. Juni 2018]

9»Bundeskabinett beschließt Pflegepersonal-Stärkungsgesetz«. Im Internet: http://www.altenheim.net/Infopool/Nachrichten/Politik/Bundeskabinett-beschliesst-Pflegepersonal-Staerkungsgesetz/(cpg)/A3570?cpg=A3570&utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Altenheim_Newsletter_31_KW&utm_content=Bundeskabinett-beschliesst-Pflegepersonal-Staerkungsgesetz [Zugriff am 19. August 2018]

10Der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Pflege (2018): Einladung zur Presseskonferenz am 17. April 2018 zur Amtseinführung von Staatssekretär Andreas Westerfellhaus als neuem Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung. Im Internet: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2018/2-quartal/pflegebevollmaechtigter-westerfellhaus-ernannt.html [Zugriff am 24. Juni 2018]

11Der Bevollmächtige der Bundesregierung für Pflege (2018): Mehr PflegeKraft. Im Internet: https://www.pflegebevollmaechtigter.de/ [Zugriff am 24. Juni 2018]

12»Ein wichtiger erster Schritt, dem schnell weitere folgen müssen«. Im Internet: https://www.dbfk.de/de/presse/meldungen/2018/8725519162.php [Zugriff am 24. Juni 2018]

13Vgl. Paul Hartmann AG (2018): Pflexit-Monitor. Im Internet: https://www.presseportal.de/pm/34248/3891100 [Zugriff am 25. Juni 2018]

14»Durchschnittliche Verweildauer in deutschen Krankenhäusern in den Jahren 1992 bis 2016 (in Tagen)«. Im Internet: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2604/umfrage/durchschnittliche-verweildauer-im-krankenhaus-seit-1992/ [Zugriff am 24. Juni 2018]

15Flintrop J (2014): Unnötige Operationen: Den Druck mindern. Dtsch. Ärztebl. 2014; 111: S. 29–30. Im Internet: https://www.aerzteblatt.de/archiv/161091/Unnoetige-Operationen-Den-Druck-mindern [Zugriff am 30. Juli 2018]

16Quelle: www.bundesgesundheitsministerium.de

17»Gesundheitsminister Spahn will Zahl der Pflegekräfte vorschreiben. Im Internet: https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/spahn-pflegekraefte-krankenhaeuser-zahl-vorschreiben-100.html [Zugriff am 30. Juli 2018]

18»Pflegepersonalbemessung zur Chefsachen machen!« Im Internet: https://www.dbfk.de/de/presse/meldungen/2018/6677040385.php [Zugriff am 30. Juli 2018]

19Doelfs G (2018): »Personaluntergrenzen – mit diesen 12 FAQ’s behalten Sie Durchblick«. Im Internet: https://www.pflegen-online.de/personaluntergrenzen-mit-diesen-12-faqs-behalten-sie-durchblick [Zugriff am 24. Juni 2018]

Das folgende Beispiel wird sich als »roter Faden« durch dieses und die kommenden Kapitel des Buches ziehen. Exemplarisch werde ich anhand der »großen, norddeutschen Klinik« verdeutlichen, wie einzelne, mögliche Schritte (Tippkasten image Kap. 1.5) zu mehr Personal aussehen können.

Beispiel In einer norddeutschen Klinik …

Die Stimme am Telefon hat einen alarmierenden Unterton: »Wir bekommen überhaupt keine Bewerbung auf unsere bundesweit geschalteten Stellenanzeigen.« Der Sprecher ist Personalverantwortlicher in einem großen Krankenhaus in Norddeutschland und steht massiv unter Druck: »Unsere Bettenstationen sind voll, die Intensivstation kann nur noch mit Notbesetzung betrieben werden. Das Personal, das noch vorhanden ist, muss je nach Bedarf hin- und hergeschoben werden, was weitere Ausfälle nach sich zieht. Der Krankenstand ist nicht mehr zu kompensieren und zwei weitere Kündigungen sind im Laufe der letzten Woche eingegangen. Wir müssen weitere Betten schließen und es passieren Fehler in der Patientenversorgung!«

Die bittere Wahrheit in vielen bundesdeutschen Kliniken

Das Problem des Personalverantwortlichen aus Norddeutschland ist keineswegs einzigartig. Fast alle bundesdeutschen Kliniken haben die gleichen Probleme:

Insgesamt steht zu wenig Personal zur Verfügung. Zudem sind ein hoher Krankenstand und laufende Kündigungen zu kompensieren.

Das Pflegepersonal ist durch das Kompensieren der Arbeit von fehlenden Kollegen dermaßen frustriert und gestresst, dass weitere Ausfälle drohen.

Oft genug wird Leiharbeitspersonal eingesetzt, was eine zusätzliche Belastung ist, denn die notwendige Einarbeitung kostet Zeit.

Offene Stellen können nicht besetzt werden, weil keine oder nur wenige Bewerbungen vorliegen.

Das Personal wird zwischen den Stationen hin- und hergeschoben, was die Unzufriedenheit der Pflegekräfte verstärkt.

Junge Pflegekräfte können kaum richtig eingearbeitet werden, wodurch sich langfristig Fehler einschleichen.

Die Versorgung der Patienten ist oft nur noch mangelhaft, an ihre psychische Betreuung ist gar nicht mehr zu denken.

Durch den Einsatz von Fremdpersonal geht häufig die komplette Struktur der Stationen verloren. Jeder arbeitet so, wie er es für richtig hält. Allgemein verbindliche Standards werden ignoriert.

Medikamente werden verwechselt oder vergessen.

Zeitarbeitsfirmen schicken unqualifiziertes Personal, das nur notdürftig die Arbeitsbelastung auffangen kann.

Die Dokumentation ist mangelhaft. Dadurch geht dem Krankenhaus Geld verloren.

Niemand fühlt sich mehr verantwortlich. Arbeit bleibt liegen.

Das Bestellwesen funktioniert nicht mehr. Es kommt zu Doppelbestellungen oder wichtige Ware ist nicht verfügbar.

Dienstpläne sind fehlerhaft. Personal wird doppelt geplant oder erscheint gar nicht zum Dienst.

Meine Aufgabe als Beraterin beginnt direkt nach einem solchen Anruf: Ich muss schnell nachhaltige Lösungen finden, um die Arbeitsabläufe neu und nachhaltig zu strukturieren, damit eine gute Patientenversorgung (wieder) gewährleistet ist. Der erste Schritt dazu ist, das Personal am Prozess zu beteiligen: Hören Sie nicht weg – hören Sie auf Ihr Personal!

2.1Sagen Sie frühzeitig, dass Sie etwas ändern wollen!

Es nutzt gar nichts, wenn Sie als Leitung die Probleme erkennen und im kleinsten Kreis in internen Meetings nach einer Lösung suchen. Sie müssen Ihre Mitarbeitenden mitnehmen, sie also informieren, befragen – und ihnen zuhören! Auf eins können Sie vertrauen: Sobald Mitarbeiter wissen, dass Hilfe naht, bessert sich bereits die Stimmung. Denn schon mit der Ankündigung »Wir arbeiten dran!« beginnt eine positive Welle der Veränderung und die schlechte Stimmung, der Nebel der Negativität, beginnt sich aufzulösen.

Ein weiterer Vorteil: Wenn Sie sich als Arbeitgeber direkt an Ihre Mitarbeiter wenden, werden Sie erfahren, was diese wirklich für ihr Wohlbefinden und ihre persönliche Zufriedenheit am Arbeitsplatz brauchen.

Bei all meinen Beratungen und Coachings liegen mir sieben Dinge ganz besonders am Herzen, die ich meinen Kunden gleich zu Beginn mitteile:

1.Wir müssen allen Mitarbeitern gegenüber offen und ehrlich sein.

2.Wir beziehen jeden Einzelnen in den Prozess mit ein.

3.Wir sprechen die gleiche Sprache.

4.Wir erarbeiten gemeinsam Lösungen.

5.Jeder Einzelne ist wichtig.

6.Wir übernehmen gemeinsam Verantwortung.

7.Wir feiern gemeinsam Erfolge.

Bei allen Informationen für das Personal geht es darum, einfach und klar zu kommunizieren. Vergessen Sie Worthülsen wie »Herausforderung« und den verwirrenden Satz von der »Krise«, dem man den »Beigeschmack von der Katastrophe« beimisst. Sagen Sie stattdessen, dass Sie ab sofort alles tun werden, um schnell und nachhaltig mehr Pflegepersonal einzustellen. Legen Sie Wert auf offene Kommunikation und die Nähe zum einzelnen Mitarbeiter. Wenn jeder Einzelne über das Vorhaben informiert wird, entsteht die Bereitschaft, etwas zu verändern. Jeder wird in die neuen Entwicklungen mit einbezogen, kann Verantwortung übernehmen und seinen persönlichen Beitrag auf dem Weg zum Erfolg leisten. Das gibt Kraft und schafft neue Motivation.

2.2Berater-Checkliste

Das Vorgehen in meinem Berater-Alltag besteht aus vier großen Schritten, die ich Ihnen hier vorstelle:

1.Analyse

Am Anfang einer jeden Beratung steht eine Kurzanalyse. Alle relevanten Daten des Ist-Zustands der verschiedenen Abteilungen werden gesammelt und ausgewertet. Die drei wichtigsten und notwendigsten Veränderungsprozesse werden ermittelt. Gespräche mit den Führungskräften und der Geschäftsleitung unterstützen den Prozess und fließen in diese qualifizierte Kurzanalyse ein, die auf verschiedene Punkte wie Stärken und Schwächen des Unternehmens über alle Bereiche hinweg eingeht. Die Mitarbeiterbefragung wird durchgeführt. Ziele werden definiert.

2.Konzepterstellung

Auf der Basis der Analyse wird das Konzept der Veränderung vorbereitet – gemeinsam mit der Geschäftsführung und einem erweiterten Führungskreis. Unerlässlich dabei sind eine klare Strategie und eine klar definierte Zielsetzung. Die Führungskräfte der verschiedenen Abteilungen stellen einen Maßnahmenplan auf, bestimmen die Verantwortlichen für die Umsetzung und legen verbindliche Termine fest.

3.Umsetzung

Gemeinsam mit den Führungskräften, den Mitarbeitern der Abteilungen und der Pflegedirektion werden die geplanten Maßnahmen direkt umgesetzt und auf ihre Wirkung hin überprüft.

Weil durch die Umsetzungsphase häufig Überstunden anfallen, begleite ich den Prozess mit, um einen langfristigem Erfolg zu sichern. (Den Mitarbeitern fehlt manchmal die Motivation, zusätzlich zu ihren normalen Dienstzeiten auch noch Überstunden machen zu müssen, um etwas Neues zu erarbeiten. Sie können sich aber aufgrund der Personalknappheit nicht vom Regeldienst freistellen lassen, um an Arbeitsgruppen teilzunehmen. Deswegen begleite ich diese Prozesse und versuche durch meine Anwesenheit eine zügige Umsetzung zu erzielen. Ich lenke die Umsetzungsphase und moderiere sie, damit die Mitarbeiter motiviert bleiben und gezielt und zügig an der Umsetzung arbeiten können.)

4.Nachhaltigkeitsphase

Nachdem die laufende Betreuung und Umsetzung der Maßnahmen gestartet ist, besuche ich in die Krankenhäuser zu regelmäßigen Beratungsgesprächen und Stationsüberprüfungen. Nur so führen die gemeinsam umgesetzten Maßnahmen zu Erreichung der Ziele und langfristig zum Erfolg.

2.2.1 Der Kunde mit dem Personalproblem

Zurück zu meinem Kunden in Norddeutschland: Nachdem mir alle wichtigen Informationen vorliegen, vereinbare ich mit der Geschäftsführung einen Termin, bei dem die Abteilungsleitungen der betroffenen Stationen dabei sind. Es ist der ausdrückliche Wunsch der Klinikleitung, Gespräche und Coachings mit dem Personal durchzuführen. Sie wollen

herausfinden, wie sie Prozesse optimieren können, wieder starke Teams gewinnen und Mitarbeiter halten und motivieren.

neue Mitarbeiter gewinnen, um endlich eine Entlastung der verbleibenden Mitarbeiter zu erreichen. Denn diese sollen auf keinen Fall auch noch kündigen.

eine Struktur für das Pflegepersonal schaffen, die Arbeitsabläufe besser strukturiert, damit Fehler vermieden werden.

In der Zwischenzeit erstellen alle Abteilungsleitungen Listen zu der grundlegenden Frage: Was muss sich Ihrer Meinung nach dringend verändern, um wieder einen guten Arbeitsablauf mit motivierten Mitarbeitern herzustellen?

Diese Informationen variieren von Station zu Station, sind aber die Grundlage, um die notwendigen Veränderungen umzusetzen.

Außerdem wird jeder Mitarbeiter jetzt darüber informiert, dass die Krankenhausleitung externe Hilfe in Anspruch nimmt und alles tut, um wieder eine gute Arbeitsplatzkultur herzustellen.

2.2.2 Der Fragebogen

Sich gemeinsam auf den Weg zum Erfolg zu machen erzeugt ein starkes Wir-Gefühl. Der Fragebogen, den alle Mitarbeiter erhalten, ist ein erstes wichtiges Zeichen. Die 20, teilweise offenen, Fragen beziehen sich auf verschiedene Themen, etwa:

nach dem Warum der Berufswahl und der eigenen Motivation

nach den allgemeinen Vorzügen des Arbeitsplatzes

nach Vorgesetzten, dem Team und dem Zusammenhalt

nach einem Selbstcheck

nach der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen

nach Verbesserungsvorschlägen und -wünschen

Eine Mitarbeiterbefragung ergibt nur dann einen Sinn, wenn die Mitarbeiter

über das Ergebnis informiert werden und

danach konsequent an bestehenden Defiziten gearbeitet wird.

Herkömmliche Fragebögen zeigen fast immer das gleiche Bild. Die Mitarbeiter beklagen sich über

fehlende Wertschätzung,

zu viel Stress,

zu viele Überstunden,

mangelnde Rückendeckung von »oben«,

mangelhafte Patientenversorgung,

die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten,

unzureichende Einarbeitung neuer Mitarbeiter.

Wenn Sie wirklich herausfinden wollen, was Ihre Mitarbeitenden bewegt, brauchen Sie einen validen Fragebogen. Die von mir konzipierten Mitarbeiterbefragungen sind anders. Sie beziehen sich nicht nur auf Probleme. Sie stellen offene statt geschlossener Fragen. Geschlossene Fragen lassen sich zwar leichter auswerten, aber die Antwortmöglichkeiten sind sehr beschränkt. Bei offenen Fragen macht sich in der Regel jeder Befragte Gedanken über seine Position im Krankenhaus. Niemand ist an ein starres Antwortschema gebunden. Der Hintergrund: Ich möchte, dass die Mitarbeiter auch ihre Wünsche äußern. Sie sollen beschreiben, wie sie sich ihren Arbeitsplatz wünschen. So werden im Fragebogen auch Vorschläge gemacht, welche Sonderleistungen ein Krankenhaus anbieten könnte oder welche internen Veränderungen sinnvoll wären. Zudem sind auch freie Wunschäußerungen möglich.

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Fragebogen für die norddeutsche Klinik

1.Warum haben Sie Ihren Beruf gewählt?

2.Was gefällt Ihnen an Ihrem Arbeitsplatz besonders gut?

3.Was könnten Ihre Vorgesetzten besser machen?

4.Welche Gründe hatten Sie für die Arbeitgeberwahl?

5.Was schätzen Sie an Ihrem Team ganz besonders?

6.Würde es Sie motivieren, wenn Sie mehr Verantwortung im Team tragen könnten?

7.Was motiviert Sie an Ihrer Arbeit am meisten? Nennen Sie bitte konkrete Beispiele wie z. B. Geld, Wertschätzung, Arbeit am Patienten etc.

8.Fühlen Sie sich mit anderen Berufsgruppen (z. B. Ärzten) auf Augenhöhe oder eher untergeordnet? Nennen Sie bitte zwei Beispiele aus dem Alltag, die Ihnen aufgefallen sind.

9.Welcher der folgenden Punkte scheint Ihnen am wichtigsten? Nummerieren Sie nach Priorität von 1–7 und/oder ergänzen Sie einen eigenen Vorschlag:

familienfreundlichere Arbeitszeiten

Möglichkeit der Teilzeitarbeit

weniger Überstunden

weniger Wochenenddienste

flexible Arbeitszeitmodelle

Möglichkeit der Rufbereitschaft

weniger Einspringen für Kollegen

10.Was könnte Ihr Arbeitgeber Gutes für Sie tun? Nummerieren Sie nach Priorität von 1–7 und/oder ergänzen Sie eine eigene Idee:

regelmäßige Supervisionen

Mediatoren bei Gesprächen zwischen Ärzten, Therapeuten und Pflegepersonal

regelmäßige Motivationstrainings für Mitarbeiter

Kommunikationstrainings für Mitarbeiter

Prozessoptimierung am Arbeitsplatz

kostenlose Seminare im Haus

kostenlose Sportkurse im Haus

11.Machen Sie drei Vorschläge für Sonderleistungen, die Ihnen zusagen würden, z. B. Dienst-Fahrrad, Mobilitätsförderung, Rabatte im Einzelhandel, Vergünstigungen bei Sportkursen etc.

12.Welche Verbesserung könnten Sie bei sich selbst vornehmen, um einen guten Beitrag für Ihre Kollegen zu leisten?

13.Wie motivieren Ihre Vorgesetzten das Team?

14.Fühlen Sie sich Ihrem Arbeitgeber sehr verbunden und wenn ja, warum?

15.Werden Ihre Verbesserungsvorschläge angenommen und ggf. honoriert?

16.Wenn Ihr Arbeitgeber der beste Arbeitgeber Deutschlands werden soll, was wären Ihre drei wichtigsten Änderungsvorschläge an ihn?

17.Würden Sie Ihren Dienstplan gern mitgestalten?

18.Was ist Ihnen in Ihrem Beruf am Wichtigsten? Nummerieren Sie nach Priorität von 1–8 und/oder machen Sie eigene Vorschläge:

mehr Geld

Prämien für besondere Leistungen

Wertschätzung

Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen

gutes Betriebsklima

gute Teamarbeit

mehr Zeit für Patienten haben

mehr Fortbildungen

mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung

19.Schreiben Sie einen eigenen Text zur Verbesserung der Arbeitsplatzkultur oder vielleicht Dinge, die hier noch nicht genannt wurden.

20.Finden Sie diesen Fragebogen hilfreich zur Optimierung Ihres Arbeitsplatzes?

Nach Auswertung der Fragebögen erstelle ich im Team einen ausführlichen und übersichtlichen Bericht, der die Ergebnisse für alle Beteiligten (Geschäftsführung, Betriebsrat, Führungskräfte und Mitarbeiter) verständlich wiedergibt. Daraus wird ein Profil erstellt, das Defizite aufzeigt, aber auch klar zeigt, was besonders gut läuft.

2.2.3 Der Bericht für den Kunden

Beispiel Fragebogenauswertung der norddeutschen Klinik

Nach der Auswertung der Befragung im norddeutschen Krankenhaus, konnte ich auch dem Personalverantwortlichen dort meinen Bericht zukommen lassen. Darin stand:

»Da unsere Fragebögen größtenteils aus offenen Fragen bestehen, erhalten Sie die Auswertung in Form eines Berichts als Übersicht für die Geschäftsleitung. Die Ergebnisse sind in den einzelnen Abteilungen unterschiedlich ausgefallen. Einzelne Punkte aus den verschiedenen Abteilungen werden mit den Führungskräften der jeweiligen Abteilung ausgewertet, teamintern bearbeitet und umgesetzt.

1.Etwa 60 Prozent Ihrer befragten Mitarbeiter gaben an, ihren Beruf aus sozialem Interesse bzw. dem Wunsch Menschen zu helfen gewählt zu haben. Ein kleinerer Prozentsatz gab familiäre oder persönliche Gründe für die Berufswahl an; wieder andere wollten nach eigenen Angaben medizinisch-pflegerisch tätig sein. Vereinzelt wurden auch finanzielle Aspekte wie Schichtzulagen angegeben.

2.Besonders gut gefällt Ihren Mitarbeitern die Kollegialität und Teamfähigkeit der einzelnen Kollegen. Sie schätzen es, Patienten auf dem Weg der Genesung begleiten zu können und einen sozialen Beruf als solchen auszuüben.

3.Vorrangig herrscht die Meinung, dass die Vorgesetzten besser in der Mitarbeiterführung geschult sein müssten und sich mehr für die einzelnen Mitarbeiter einsetzen sollten. Sie sollten mehr Motivation zeigen und sich gegen die starke Lobby der Ärzteschaft und der Geschäftsführung durchsetzen können. Die Interessen eines jeden einzelnen Mitarbeiters sollten stärker an die Geschäftsleitung herangetragen und auch umgesetzt werden.

4.Auf die Frage, aufgrund welcher Kriterien die Mitarbeiter sich für Ihr Haus als Arbeitgeber entschieden haben, konnten wir folgende Antworten ermitteln:

sicherer Arbeitsplatz in einem großen Krankenhaus

Interesse an den verschiedenen Fachrichtungen

Lage des Krankenhauses (wohnortnah)

gute Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten

5.Im Team schätzen die Kollegen besonders die langjährige Zusammenarbeit, das Hand-in-Hand-Arbeiten mit den Kollegen und das nette Miteinander.

6.72 Prozent der befragten Mitarbeiter würden gern mehr Verantwortung übernehmen. Sie möchten in Entscheidungen mit einbezogen werden.

7.Am meisten würden sich Ihre Mitarbeiter durch die Anerkennung für gute Arbeit motiviert fühlen. Weitere wichtige Kriterien sind:

Wertschätzung

Transparenz

regelmäßige Bewertungen ihrer Arbeit

Anerkennung bei den Ärzten

interessante Tätigkeiten

gute Arbeitsbedingungen

Höflichkeit der Führungskräfte

8.Die meisten Mitarbeiter peripherer Stationen fühlen sich nicht auf Augenhöhe mit den Ärzten, sondern ihnen deutlich untergeordnet. Auf den Intensivstationen finden allerdings 60 Prozent, dass sie in bestimmten Situationen mit den Ärzten auf einer Ebene arbeiten.

9.Die Prioritäten bei der Befragung nach Dienstzeiten:

1.familienfreundliche Arbeitszeiten

2.weniger Einspringen für Kollegen

3.weniger Wochenenddienste

4.weniger Überstunden

5.Möglichkeit der Teilzeitarbeit

6.Möglichkeit der Rufbereitschaft

7.flexible Arbeitszeitmodelle

Eigenständig hinzugefügt wurden noch Jobsharing und die Möglichkeit, unbezahlten Urlaub zu nehmen.

10.Was können Sie Gutes für Ihre Mitarbeiter tun? Oberste Priorität haben:

1.Prozessoptimierung am Arbeitsplatz

2.Supervision

3.Mediatoren zwischen Ärzten und Pflegepersonal

4.regelmäßige Motivations- und Kommunikationstrainings

5.kostenlose Sportkurse

6.Seminare

11.Ergänzend hinzugefügt wurden:

Prämiensysteme für Verbesserungsvorschläge,

regelmäßige Mitarbeiterbewertungen

bessere Vergütung als Sonderleistung

Mit etwas geringer Priorität angegeben:

Mobilitätsförderung wie zum Beispiel Fahrgeld, Dienstrad,

Vergünstigungen im Einzelhandel

Sonderzulagen fürs Einspringen oder für Überstunden

12.Als Anforderung an sich selbst, gaben die meisten Mitarbeiter an, dass sie selbst etwas motivierter an die Arbeit gehen könnten. Weitere wichtige Punkte waren Freundlichkeit, Pünktlichkeit und Höflichkeit.

13.Auf die Frage, wie Vorgesetzte das Team motivieren könnten, war die häufigste Antwort: »Leider gar nicht.«

Auf der Intensivstation mit dem Schwerpunkt Innere Medizin wurde der Führungsstil als gut eingestuft. Die Mitarbeiter fühlen sich größtenteils von ihren Vorgesetzten verstanden und gut vertreten.

14.57 Prozent der befragten Mitarbeiter fühlen sich Ihnen als ihrem Arbeitgeber nicht (mehr) verbunden, da sie sich nicht mehr verstanden fühlen. Eine zu hohe Arbeitsbelastung, eine zu schlechte Bezahlung und die mangelnde Wertschätzung waren weitere Kritikpunkte.

Neun Prozent gaben hier keine Antwort. 34 Prozent fühlen sich Ihnen als ihrem Arbeitgeber verbunden, weil sie schon lange in dem Haus arbeiten oder Freunde und Familienmitglieder ebenfalls dort arbeiten.

15.Die Frage, ob Verbesserungsvorschläge angenommen bzw. honoriert werden, wurde durchgängig mit Nein beantwortet.

16.Auf die Frage, wie Ihr Krankenhaus der beste Arbeitgeber Deutschlands werden könne, antworteten zwölf Prozent der Befragten gar nicht. Die anderen Mitarbeiter schlugen Folgendes vor:

Mehr Personal einzustellen, um dadurch eine Arbeitsentlastung und eine bessere Pflegequalität zu schaffen.

Keine Übernahme von pflegefremden Tätigkeiten durchs Pflegepersonal mehr zuzulassen.

Bessere Fort und Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten.

Eine größere Mitarbeiterzufriedenheit zu schaffen.

Den Pflegekräften mehr Wertschätzung entgegenzubringen.

Eine bessere Arbeitsplatzorganisation zu schaffen.

Neue, verbesserte Pflegestandards zu erstellen.

Führungskräfte besser auszubilden.

Neue Leitlinien zu erstellen und umzusetzen.

Flexible Arbeitszeiten zu schaffen.

Personal-Pools zu schaffen.

17.Fast alle befragten Mitarbeiter würden den Dienstplan gern mitgestalten oder sogar selbst schreiben.

18.Die höchste Priorität in Ihrem Beruf haben bei den Pflegekräften die folgenden Punkte:

1.Wertschätzung

2.gute Teamarbeit

3.gutes Betriebsklima

4.mehr Zeit für Patienten

5.Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen

6.mehr Geld

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842689862
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Mai)
Schlagworte
Krankenpflege Medizin Personal-Entwicklung Pflege Business & Karriere Job & Karriere

Autor

  • Andrea Lehwald (Autor:in)

Andrea Lehwald ist examinierte Krankenschwester, Fachtrainerin für soziales Coaching, Mentorin & Unternehmensberaterin.
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Titel: Krankenpflege-Personal finden und binden