Maßnahmenpläne nach der SIS®
Die häufigsten Krankheitsbilder/Pflegephänomene in der (teil-)stationären und ambulanten Pflege
Zusammenfassung
Dieses Buch bietet eine kompakte Übersicht: Die häufigsten Krankheitsbilder älterer Menschen und Vorschläge für einen daraus resultierenden Maßnahmenplan: erweiterbar, individualisierbar und auf dem neuesten Stand.
Konkrete Fallbeispiele aus der Praxis erläutern den Weg, der von der SIS® zum individuellen Maßnahmenplan führt.
Die ideale Arbeitshilfe für alle Pflegekräfte, die mit der Maßnahmenplanung nach der SIS® betraut sind.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Sie arbeiten in Einrichtungen der ambulanten und (teil-) stationären Pflege und Begriffe wie SIS® bzw. Maßnahmenplan sind für Sie längst keine Fremdwörter mehr. Doch wie wir aus der Praxis hören, fällt der Umstieg von der »alten« Pflegeplanung zum neuen Maßnahmenplan immer noch vielen Pflegekräften schwer.
Das ist wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, wie lange wir alle mit der Pflegeplanung gearbeitet haben – und wie oft wir uns über die überbordende Dokumentationsarbeit beschwert haben.
Tatsächlich hat die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation vieles gebracht: ein klareres Bild vom Pflegeprozess, eine transparentere Struktur der Arbeit und sogar eine Zeitersparnis! Die allerdings nur dann, wenn man sich wirklich mit dem Strukturmodell und seinen Elementen auskennt. Eines dieser Elemente ist die Strukturierte Informationssammlung (SIS®) als Basis der Maßnahmenplanung.
Wir möchten, dass Sie schnell zu klaren Maßnahmen kommen und dass Sie diese auch transparent kommunizieren können. Für dieses Buch haben wir uns daher die häufigsten Krankheitsbilder und zwei relevante Pflegephänomene in der Altenpflege als Gliederungsmaßstab genommen. Anhand ausgewählter Fallbeispiele zeigen wir Ihnen, was Sie bei bestimmten Krankheitsbildern beachten müssen, was Sie schreiben können und wie Sie es einfach und verständlich formulieren.
Wichtig ist, dass dabei immer die Individualität, die Wünsche und Bedürfnisse jedes einzelnen Menschen beachtet werden. Mit unseren Beispielen möchten wir alle Mitarbeiter ermutigen, Veränderungen vorzunehmen und mit den Betroffenen zusammenzuarbeiten.
Wichtig Aktuelles Wissen – konkret aufbereitet
So ist das Buch aufgebaut:
1.Kurzvorstellung des Krankheitsbildes bzw. des relevanten Pflegephänomens
2.Maßnahmenplan in der Tagesstruktur
Wir sind bereits in unserem Buch »Praxisratgeber: Von der SIS® zur Maßnahmenplanung«1 sehr ausführlich auf den Zusammenhang zwischen SIS® und Maßnahmenplan eingegangen.
Daher möchten wir an dieser Stelle nur einige wenige Aspekte ansprechen: Ein Maßnahmenplan basiert immer auf der SIS®. »Die SIS® stellt den Einstieg in den Pflegeprozess dar und ist somit Kernstück des Strukturmodells. Sie wird … im Rahmen des Erstgesprächs oder bei gravierenden gesundheitlichen akuten oder schleichenden Veränderungen im Laufe der Versorgung eingesetzt. Sie … stellt im Wesentlichen die Sichtweise der pflegebedürftigen Person zu ihrer Lebens- und Pflegesituation und ihren Wünschen und Bedarfen an Hilfe und Unterstützung dar.
Des Weiteren wird … das Ergebnis des Verständigungsprozesses dokumentiert, welcher zwischen der pflegebedürftigen Person und der Pflegefachkraft erfolgt ist. Dieser bewusste Prozess des »sich Annäherns«, sorgt dafür, dass Pflegefachkräfte die Situation der pflegebedürftigen Person in ihrer Gesamtheit wahrnehmen, einordnen können und in Kooperation mit der pflegebedürftigen Person und den Angehörigen/Betreuern, die gewünschten Lösungen im Hinblick auf die Pflege und Betreuung gemeinsam festlegen.«2
Info
»Der Begriff der ‚Maßnahmenplanung‘ im Strukturmodell wurde anstelle des Begriffs ‚Pflegeplanung‘ gewählt, weil die Leistungen der Pflegeversicherung aus einem Mix von Grundpflege, psychosozialer Betreuung und hauswirtschaftlicher Versorgung besteht und im stationären Versorgungssektor auch die Leistungen der Behandlungspflege einbezieht.«*
*Die Pflegebeauftragte 2017: 21.
»Die SIS® [ist] ein wissenschaftsbasiertes Konzept zum Einstieg in den Pflegeprozess – kein Formular«3:
•Feld A: Allgemeine Daten wie Name und Geburtsdatum des Pflegebedürftigen, Datum des Gesprächs, Handzeichen der Pflegekraft
•Feld B: Originalton des Pflegebedürftigen zur Eigenwahrnehmung der Situation, zu seinen Vorstellungen zum Hilfebedarf, ggf. Ängsten, Befindlichkeiten und Wünschen – also die »Perspektiven des Pflegebedürftigen«. »Im Feld B soll die Erzählung der pflegebedürftigen Person auf keinen Fall mit Fachvokabular versehen oder (übersetzt) in der Fachsprache dokumentiert werden.«4
•Feld C1: Erfassung von Risiken, mögliche Maßnahmen, biografische Daten, bisherige Gewohnheiten, Ressourcen, Selbstkompetenz. Fachliche Perspektive (Einschätzung der Situation, des Unterstützungsbedarfs) und Aushandlungsprozess mit dem Pflegebedürftigen. Dies erfolgt in einer Gliederung mit sechs pflegebezogenen Themenfeldern in Anlehnung an das BI.
•Feld C2: Matrix zur Risikoeinschätzung
1.1Die sechs Themenfelder der SIS®
»Die ersten fünf Themenfelder der SIS® sind wissenschaftsbasiert und für alle Versorgungsbereiche identisch. Die jeweils vier unterschiedlichen sechsten Themenfelder beruhen auf Konsensentscheidungen der Expertengruppen und den Ergebnissen aus den entsprechenden Praxistests.«5
Die fachliche Perspektive der sechs SIS®-Themenfelder entspricht der Struktur des Begutachtungsinstruments (BI) ( Tab. 1). Auf dieser Grundlage werden zu den einzelnen Krankheitsbildern und Beeinträchtigungen individuelle Maßnahmen abgebildet.
Tab. 1: Themenfelder der SIS® und ihre Inhalte im Überblick
![image](https://cdn.openpublishing.com/images/preview-file?document_id=471207&hash=a5c39127d1f46e1a2359eb5a16e97cac&file=OEBPS/images/ch01_001.jpg)
»Risikomatrix stationäre, ambulante Pflege bzw. Tagespflege
Die SIS® soll eine umfassende Darstellung und Orientierung der Gesamtsituation des Pflegebedürftigen ermöglichen. Mit einer Risikomatrix (stationär, ambulant, Tagespflege) erfolgt nun eine Risikoeinschätzung. »Bei der Risikomatrix kommt abweichend vom sonstigen Vorgehen in den Feldern der SIS®, ein systematisches Ankreuzverfahren zum Tragen. Die Spalte ‚Sonstiges’ am Ende der Risikomatrix symbolisiert, dass es sich bei dieser Risikomatrix nicht um eine abschließende Aufzählung handelt, sondern die Risikomatrix bei Bedarf um ein weiteres festgestelltes Risiko ergänzt werden kann.«6 Die praktische Anwendung der Risikomatrix in der ambulanten Pflege zeigt Abbildung 1.
![image](https://cdn.openpublishing.com/images/preview-file?document_id=471207&hash=7ae397afde950d50799f15a30652b4cd&file=OEBPS/images/ch01_004.jpg)
Abb. 1: Praktische Anwendung der Risikomatrix in der ambulanten Pflege am Beispiel »Arthrose«.
1.2Der Maßnahmenplan in der Tagesstruktur
Der Maßnahmenplan in der Tagesstruktur ist Handlungsgrundlage für alle an der Pflege und Betreuung beteiligten Personen. Alle Maßnahmen zur Pflege, Betreuung, ggf. Hauswirtschaft sind zu dokumentieren. Auf Basis der Informationen aus der SIS® und anderer Quellen sind konkrete aktuelle und individuelle Maßnahmen zu beschreiben, ohne gesondert die Probleme, Ressourcen und Ziele zu dokumentieren. Die Maßnahmen sollten immer die Erwartungen, Vorstellungen der Betroffenen widerspiegeln und Bestandteil einer personenzentrierten Pflege sein.7
Info
Der Maßnahmenplan bzw. die Tagesstruktur sind fortlaufend anzupassen.
•Das gilt individuell wie z. B. bei Veränderungen des Krankheitszustandes, nach Krankenhausaufenthalten oder bei Veränderungen vereinbarter Leistungen.
•In der ambulanten Versorgung ist die Arbeitsteilung zwischen den Angehörigen und dem Pflegedienst zu dokumentieren.
Grundsätzliche Bestandteile eines Maßnahmenplans in der Tagesstruktur:
•Darstellung der Individualität des Betroffenen (Wünsche, Vorlieben, Rituale etc.)
•Festlegung von wiederkehrenden Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen (z. B. Körperpflege, Betreuung, hauswirtschaftliche Leistungen)
•Ableitung von Maßnahmen aus dem Risikomanagement und/oder deren Beobachtung
•Hinweise zu zusätzlichen Betreuungsleistungen sowie Maßnahmen zur Behandlungspflege
_________________
1Hellmann S, Rößlein R (2017): Praxisratgeber: Von der SIS® zur Maßnahmenplanung. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover.
2Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtige für Pflege (2017): Informations- und Schulungsunterlagen zur Einführung des Strukturmodells in der ambulanten, stationären und teilstationären Langzeitpflege. Version 2.0, Berlin: 19
3Ebd.: 31.
4Ebd.: 33.
5Ebd.: 34.
6Ebd.: 49.
7Vgl. Beikirch E, Nolting HD, Wipp M (2017): Dokumentieren mit dem Strukturmodell. Grundlagen – Einführung – Management. 2. Aufl. Vincentz Network, Hannover: 139f.
Es gibt eine Reihe von Krankheitsbildern/relevanten Pflegephänomenen, die Ihnen in Ihrer Arbeit immer wieder begegnen:
•Apoplex
•Arthrose
•COPD
•Dekubitus
•Demenz
•Depression
•Herzinsuffizienz
•Morbus Parkinson
•Multiple Sklerose
•Osteoporose
•Rheuma
•Chronischer Schmerz
Wir möchten Ihnen zeigen, wie Sie die besonderen Anforderungen, die diese Krankheitsbilder stellen, in tagesstrukturierenden Maßnahmenplänen berücksichtigen können. Denn diese Krankheitsbilder und relevanten Pflegephänomene haben Auswirkungen auf die Selbstständigkeit und Fähigkeiten der Betroffenen im Alltag und ihre Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe.
Natürlich wissen auch wir, dass ein Mensch nicht nur über seine Krankheit definiert wird. Darum geht es auch in diesem Buch nicht. Vielmehr möchten wir Ihnen – wie in einer Art Checkliste – zeigen, worauf Sie achten müssen, wenn Sie tagesstrukturierende Maßnahmenpläne auf Basis der SIS® schreiben. Doch zunächst ein paar Sätze zu den Grundlagen.
2.1Das Erstgespräch
Das erste Gespräch mit einem Pflegebedürftigen und/oder seinen Angehörigen war schon immer wichtig. Im Rahmen der SIS® ist es nicht etwa unwichtiger geworden, sondern die Perspektive hat sich etwas verschoben: vom rein fachlichen Blick auf die Einschätzung des Pflegebedürftigen/seiner Angehörigen. Das heißt, dem Pflegebedürftigen wird Raum für die Schilderung seiner Perspektive gegeben. Seine subjektive Sicht, Wünsche, Vorstellungen zum selbstbestimmten Leben, seine Wahrnehmung der aktuellen Lebens- und Pflegesituationen rücken dabei in den Vordergrund:
•Welche konkreten Erwartungen, Vorstellungen hat der Pflegebedürftige an die Pflege und Betreuung?
•Welcher Unterstützungs- und Hilfebedarf resultiert daraus?
Sie haben die Gelegenheit den Pflegebedürftigen kennenzulernen. Für Sie als Pflegefachkraft heißt das zugleich, dass Sie sich etwas zurücknehmen müssen. Sie fragen – aber die Antworten hat Ihr Gesprächspartner! Ihre Aufgabe ist es, diese Antworten möglichst genau (wörtlich) zu protokollieren und anschließend in eine Struktur zu stellen, aus der heraus sich Einschätzungen und schließlich Maßnahmen ergeben. Es wird aber immer wieder Situationen geben, in denen der Pflegebedürftige aufgrund von unterschiedlichsten Beeinträchtigungen Probleme hat, sich selbst zu äußern. Hier kann das stellvertretende Gespräch mit z. B. den Angehörigen/Betreuern hilfreich sein. Denken Sie aber immer auch daran, dass Sie über die Beobachtung des Betroffenen, seine Reaktionen im Zusammenhang mit pflegerischen Verrichtungen, in Betreuungssituationen und alltäglichen Begegnungen ebenso Informationen darüber erhalten, was dem Betroffenen z. B. angenehm oder unangenehm ist, was bei ihm Wohlbefinden auslöst.
Wichtig Gestalten Sie ein wirkliches Gespräch
Ob Sie gute, verwertbare Informationen für die Maßnahmenplanung erhalten, hängt nicht nur davon ab, ob der Pflegebedürftige Ihre Fragen versteht und darauf antworten kann. Es hängt auch davon ab, ob Sie es zu einem richtigen Gespräch kommen lassen:
•Schaffen Sie eine angenehme und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre. Nehmen Sie sich Zeit. Wählen Sie einen Ort, an dem Sie ungestört miteinander sprechen können. Begegnen Sie den Pflegebedürftigen/Angehörigen mit Wertschätzung und Respekt.
•Hören Sie aktiv zu.
•Sagen Sie Ihrem Gegenüber, was Sie von ihm möchten.
•Stellen Sie immer nur eine Frage.
•Fragen Sie – aber warten Sie auch die Antworten ab.
•Beziehen Sie Informationen aus der Umgebung mit ein (Einrichtung, Bilder etc.).
•Machen Sie sich Notizen.
2.2Die pflegefachliche Einschätzung
Wir können Sie nur ausdrücklich ermuntern: Trauen Sie Ihrer pflegefachlichen Kompetenz! Als Pflegefachkraft sind Sie geschult in der Beobachtung von älteren und pflegebedürftigen Menschen. Wenn Sie ein Risiko beobachten, dann brauchen Sie kein Assessment, sondern einfach den Mut, das Kreuz an der richtigen Stelle der Risikomatrix einzutragen.
Wichtig Ihre Entscheidungen zählen
Beobachten, erfragen und bewerten Sie:
•Gibt es ein Risiko?
•Ist es notwendig, dieses Risiko noch weiter (= intensiver) einzuschätzen?
•Im ambulanten Setting: Brauchen der Betroffene/seine Zugehörigen eine weitergehende Beratung?
2.3Der Handlungsbedarf aus der Risikomatrix
Bitte achten Sie darauf, dass jedes relevante Risiko, dass Sie in der Risikomatrix angekreuzt haben, zuvor auch von Ihnen im zutreffenden Themenfeld beschrieben wurde. Ein Risiko gilt nur dann als kompensiert, wenn Sie im Themenfeld nachvollziehbar dargestellt haben, wodurch das Risiko ausgeglichen wird.
Mit der SIS® wird eine umfassende Darstellung und Orientierung der Gesamtsituation des Pflegebedürftigen erreicht. Mit der Risikomatrix (stationär, ambulant, Tagespflege) erfolgt nun die Risikoeinschätzung ( Abb. 2,
Abb. 3).
![image](https://cdn.openpublishing.com/images/preview-file?document_id=471207&hash=b7ecd053c66c02ba3af21181779232fd&file=OEBPS/images/ch02_001.jpg)
Abb. 2: Pflegefachliche Einschätzung anhand der Risikomatrix – Überblick.
Wichtig Ihre Aufgabe als Pflegefachkraft
•In der Risikomatrix müssen Sie für jedes Themenfeld in Kombination aller Risikobereiche die Einschätzungs- und Entscheidungsschritte durchführen.
•Wenn Sie alle in der Matrix genannten Risikobereiche eingeschätzt haben, können Sie in der Spalte »Sonstiges« Ergänzungen vornehmen. Sie gehen bei der Einschätzung wie oben beschrieben vor. Die Spalte kann, muss aber nicht genutzt werden!
•Beachten Sie: Prophylaxen dokumentieren Sie immer im individuellen Maßnahmenplan.*
•Die Krankenbeobachtung ist grundlegender Bestandteil des pflegefachlichen Handelns.
*Vgl. Die Beauftragte 2017: 51.
Bitte denken Sie daran: Auf der Ebene der Risikomatrix erfolgt ausschließlich eine (Erst-)Einschätzung zu bestehenden Risiken. Wenn Veränderungen (akut oder schleichend) auftreten – bezogen auf die Situationseinschätzung des Pflegebedürftigen –, sind diese als Abweichungen im Berichteblatt zu dokumentieren und werden somit für das Pflege- und Betreuungsteam, Ihre »Teamkollegen«, sichtbar. Sie müssen dann die Situation des Pflegebedürftigen mittels Evaluation neu einzuschätzen. Je nach Ergebnis folgt dann die Anpassung des Maßnahmenplanes und ggf. der SIS®.
Im Alltag ist es mitunter nicht so einfach, schnell eindeutige Formulierungen für Maßnahmen zu beschreiben. In den folgenden Kapiteln haben wir deshalb eine spezifische Auswahl von Krankheitsbildern und relevanten Pflegephänomenen sozusagen »durchdekliniert«. Es handelt sich dabei um die häufigsten (chronischen) Krankheiten im Alter. Der Ablauf ist stets der gleiche:
1.Definition des Krankheitsbildes
2.Zusammenfassung der Erkenntnisse aus der SIS®
3.Maßnahmenpläne (stationär, ambulant und teilstationär) in Form einer Tagestruktur
Vergessen Sie bitte nie die Individualität des einzelnen Menschen!
Wie gesagt: Wir wollen Ihnen einfach Hinweise darauf geben, was Sie bei den häufigsten Krankheitsbildern und relevanten Pflegephänomenen keinesfalls vergessen sollten bzw. worauf Sie achten sollten.
»Prinzipien des Maßnahmenplans
Routinemäßige und wiederkehrende Abläufe in der grundpflegerischen Versorgung sowie der psychosozialen Betreuung werden übersichtlich einmal nachvollziehbar abgebildet.
Es kann mit fixen Zeiten oder variablen Zeitkorridoren gearbeitet werden. Ausschlaggebend ist, ob aus fachlicher Sicht oder auf Wunsch des Bewohners bestimmte Leistungen zu einem fixen Zeitpunkt erbracht werden sollen oder müssen (z. B. Medikamente). Einzelheiten der Behandlungspflege werden wie bisher separat dokumentiert.
Unterstützende oder pflegerische Maßnahmen, die mehrmals am Tag in derselben Form erbracht werden (z. B. das Bereitstellen von Mahlzeiten in einer bestimmten Form), werden nur einmal individualisiert beschrieben und im Weiteren dann mit einem Kürzel in die Tagesstruktur integriert.
Auf der Ebene der Formulierung der Maßnahmen spielt die eindeutige Beschreibung der Maßnahme eine bedeutende Rolle. Die Maßnahmen werden handlungsleitend beschrieben. Das heißt, durch die Art der Beschreibung der Maßnahme wird z. B. nachvollziehbar ‚Wer, Was, Wie, Wo und Wann‘ zu tun hat.
Ziele sind immanenter Bestandteil der geplanten Maßnahmen. Maßgeblich kommt dies im Sinne der individuellen Zielsetzung durch die Aussagen und Wünsche der pflegebedürftigen Person zu ihrer Situation zum Ausdruck (personzentrierter Ansatz). In den konkreten Maßnahmen spiegeln sich die Ergebnisse dieses Prozesses wider, ohne dass die übrigen Zwischenschritte verschriftet werden.«8
3.1Apoplex
Definition Apoplex
Bei einem Apoplex kommt es zu einem plötzlichen Ausfall von Gehirnfunktionen aufgrund einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Folglich kommt es zu Schädigungen von Nervenzellen in der betroffenen Gehirnregion. Die Betroffenen leiden oft unter plötzlicher Schwäche, Lähmungen und Empfindungsstörungen einer Körperseite, starken Kopfschmerzen, Sprach- und Sehstörungen sowie Schwindel.
Generell kann zwischen zwei Arten von Schlaganfällen differenziert werden: Schlaganfälle als Folge von Durchblutungsstörungen und Schlaganfälle als Folge von Hirnblutungen.*
*Vgl. Kompetenznetz Schlaganfall (2017): Schlaganfall. Vorbeugung ist möglich. Im Internet: http://www.kompetenznetz-schlaganfall.de/292.0.html, Zugriff am 10.1.2019
3.1.1 Maßnahmenplan stationär
Situation: Frau K. ist 86 Jahre alt. Nach einem Schlaganfall musste sie vor Kurzem in ein Pflegeheim. Ihre beiden Kinder (Sohn und Tochter) kommen regelmäßig zu Besuch.
Grundbotschaft: »Ich akzeptiere Hilfe. Aber wenn es um die Körperpflege geht, möchte ich ausschließlich von Frauen betreut werden.«
Themenfeld 1 – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
»Das Plaudern fällt mir schwer und strengt mich an. Ich bin mir nicht immer sicher, welcher Tag heute ist. Früher habe ich am Morgen die Zeitung gelesen.«
•spricht von sich aus nur sehr wenig und wenn, dann verwaschen, braucht immer wieder Orientierungshilfen (Zeit, Datum, Tag)
•kann Wünsche und Bedürfnisse äußern
Verständigung:
•langsames und deutliches Sprechen, sich Zeit nehmen
Themenfeld 2 – Mobilität und Beweglichkeit
»Meine rechte Seite ist gelähmt. Ich kann nicht mehr das tun, was ich möchte. Den Rollstuhl kann ich nur wenig fortbewegen. Auf den Friedhof komme ich nur noch selten, um das Grab meines Mannes aufzusuchen. Früher war ich jeden zweiten Tag dort.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Hemiparese auf der rechten Seite, auf Lagerung des rechten Armes achten
•kann mit Hilfe stehen, benötigt Hilfe bei allen Transfers
•Positionswechsel im Liegen und Sitzen gelingen selbstständig
•versucht kleinere Wegstrecken selbstständig mit dem Rollstuhl zu bewältigen
•Bewegungsübungen bei Transfer und Körperpflege
•auf Dekubituskissen im Rollstuhl achten (Prophylaxe)
Themenfeld 3 – Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
»Der rechte, gelähmte Arm tut mir öfter weh. Wenn der Arm nach unten fällt, schaffe ich es nicht, ihn auf das Kissen zu legen. Mein Hausarzt hat mir eine Schmerzsalbe verschrieben, die hilft mir gut.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•kann Schmerzen äußern
•auf Wunsch mit Schmerzsalbe einreiben
•Medikamente nach ärztlicher Verordnung
•Bewegungsübung der Hand im warmen Wasser
•Lagerung des rechten Armes
•Bei Schmerzen meldet sie sich. Auf die korrekte Lagerung des rechten Armes wird geachtet.
Themenfeld 4 – Selbstversorgung
»Ich konnte mich früher selbst versorgen. Es ist nicht leicht, von anderen versorgt zu werden. Mir ist es unangenehm, von einem Mann gepflegt zu werden. Die Frisur muss bei mir gut sitzen und ein bisschen Schmuck muss sein.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•legt Wert auf gepflegtes Äußeres (trägt Schmuck)
•ist überwiegend unselbstständig bei der Körperpflege, dem An- und Auskleiden
•meldet sich zum Toilettengang. Ist unselbstständig bei der Intimpflege und beim Einlagenwechsel
•Essen mundgerecht servieren
•hat Schluckbeschwerden, Nahrungsreste sammeln sich immer wieder in den Wangentaschen an, kaut wenig
•Getränke in Tasse mit Henkel einschenken
Verständigung:
•wenn möglich weibliche Pflegekräfte zur Pflege einteilen, Schmuck zusammen aussuchen und anlegen, auf die Frisur achten
Themenfeld 5 – Leben in sozialen Beziehungen
»An sich bin ich ein geselliger Mensch. Ich war vor meinen Schlaganfall jede Woche mit meinen Seniorenkreis in der Stadt unterwegs. Das geht jetzt nicht mehr und darüber bin ich traurig. Zu meinen Kindern habe ich einen guten Kontakt.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Kontakt zu Seniorenkreis fehlt ihr – war immer sehr gesellig
Verständigung:
•Angebot zur Unterstützung, Kontakt zu Seniorenkreis herstellen – Besuche anregen
•zu Aktivitäten im Haus bringen (Gymnastik, Gedächtnistraining usw.)
•Kinder kommen mehrfach die Woche zu Besuch, telefonieren mit ihr
Themenfeld 6 – Wohnen/Häuslichkeit
»Ich hatte eine schöne Wohnung, bin immer noch traurig, dass ich diese auflösen musste. Lege sehr viel Wert auf Sauberkeit und Gemütlichkeit.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•hat Möbel und Bilder mitgebracht
•legt sehr viel Wert auf Sauberkeit
Verständigung:
•Reinigungsdame achtet verstärkt darauf, dass das Zimmer sauber und aufgeräumt ist
Tab. 2: Tagesstrukturierender Maßnahmenplan (stationär)
![image](https://cdn.openpublishing.com/images/preview-file?document_id=471207&hash=e55eab2a887e6f255f093cd25abccf09&file=OEBPS/images/ch03_002.jpg)
3.1.2 Maßnahmenplan ambulant
Situation: Frau I. ist 80 Jahre alt, sie hat eine eigene Wohnung im Haus der Tochter. Sie sagt: »Ich komme allein nicht mehr zurecht, benötige Hilfe, will aber zu Hause bleiben.«
Tochter: »Meine Mutter hatte vor zwei Jahren einen Schlaganfall. Ich helfe, wo ich kann, aber manchmal wird mir das auch zu viel. Da ich noch arbeite und auch meine Familie versorgen muss, kann ich jetzt die Pflege nicht mehr übernehmen. Solange ich auf der Arbeit bin, kommt eine gute Bekannte und schaut nach Mutter, sie gibt ihr auch das Mittagessen.«
Grundbotschaft: »Bewegung war mein Leben – jetzt bin ich auf andere angewiesen. Das macht mir zu schaffen.«
Themenfeld 1 – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
»Tagsüber höre ich Radio oder schaue Fernsehen. Wenn Roswitha kommt, die Bekannte meiner Tochter, unterhalten wir uns oder gehen in den Garten zur Sitzbank.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•spricht etwas verwaschen
•selbst langsam sprechen und ihr Zeit beim Sprechen lassen
•versteht alles und ist orientiert
Verständigung:
•zum Sprechen motivieren, evtl. Übungen zur Mundmotorik durchführen, mit ihr laut vorlesen
Themenfeld 2 – Mobilität und Beweglichkeit
»Ich möchte mich mehr bewegen, aber es geht nicht mehr. Früher, bei der Arbeit im Blumenladen, musste ich viel laufen. Außerdem war ich immer samstags im Schwimmbad, um meine Bahnen zu schwimmen. Jetzt muss ich aufpassen, dass ich nicht stürze.«
•Mit Frau I. gesprochen, dass sie möglichst nicht allein aufstehen und gehen soll, sondern nur in Begleitung. Über die Folgen eines Sturzes informiert.
Pflegefachliche Einschätzung:
•hat Angst zu stürzen, geht allein unsicher mit dem Gehstock
•benötigt Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen
•Bewegungsübungen bei der Pflege, zur Eigenbewegung anregen
•versucht allein zu gehen, hat die Möbel so gestellt, dass sie sich festhalten kann
Verständigung:
•Frau I. versucht daran zu denken, sich zum Aufstehen/Gehen Hilfe zu holen. Sie trägt zudem die Hausnotrufuhr.
Themenfeld 3 – Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
»Ich kenne meine Schwächen und Einschränkungen und komm meist damit zurecht. Ich bin manchmal unzufrieden mit mir und anderen, habe Schmerzen in den Knien und im Rücken.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•kann Schmerzen äußern
•Hemiparese rechts
Verständigung:
•Tochter cremt sie bei Bedarf mit Schmerzgel ein.
•Medikamente werden von Tochter gerichtet und gegeben.
•Begleitungen zu Arztbesuchen werden von Tochter übernommen.
Themenfeld 4 – Selbstversorgung
»Am Anfang wollte ich nicht von anderen gepflegt werden, aber jetzt geht es nicht mehr anders. Früher musste mir keiner helfen, da habe ich alles selbst gemacht. Meine Tochter übernimmt die Zahnpflege, bereitet das Essen vor, stellt die Getränke bereit.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•überwiegend unselbstständig bei der Körperpflege, dem An- und Ausziehen, Wechsel der Inkontinenzeinlage (teilweise harninkontinent)
•Kaffee eingießen und Telefon bereitlegen
Themenfeld 5 – Leben in sozialen Beziehungen
»Früher war ich im Gesangsverein, aber jetzt kann ich nicht mehr singen. Meine Freundinnen vom Gesangsverein kommen einmal im Monat am Nachmittag zu Besuch oder holen mich ab. Meine Tochter ist immer für mich da und auch meine Enkel kommen oft vorbei. Roswitha kommt an den Tagen vorbei, an denen meine Tochter arbeitet.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Die Tochter kümmert sich um ihre Mutter, die Enkel kommen zu Besuch – Frau I. ist eingebunden in der Familie.
•Der Kontakt zum Gesangsverein ist ihr wichtig und wird aufrechterhalten.
Themenfeld 6 – Wohnen/Häuslichkeit
»Ich gehe hier nicht weg, möchte zuhause bleiben, wohne hier schon über 30 Jahre. Mein verstorbener Mann und ich haben es uns hier schön gemacht. Ich fühle mich auch allein sehr wohl. Den Haushalt führt meine Tochter und es kommt auch jemand vorbei, der putzt.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Die hauswirtschaftliche Versorgung übernimmt die Tochter.
3.1.3 Maßnahmenplan teilstationär
Situation: Frau S. ist 76 Jahre alt. Seit ihrem Schlaganfall benötigt sie Hilfe. Ihr Mann ist damit teilweise überfordert, die Tochter arbeitet von montags bis donnerstags. An den restlichen Tagen kümmert sie sich zusammen mit ihrem Vater um ihre Mutter. Bevor Frau S. in die Tagespflege geht, kommt die Sozialstation zur grundpflegerischen Versorgung ins Haus.
Grundbotschaft: »Ich verstehe meinen Mann, dass ich in die Tagespflege soll. Früher habe ich alles gemacht und jetzt muss er sich um alles kümmern. Gott sei Dank wohnt unsere Tochter im Haus und unterstützt uns. Ich bin oft frustriert, weil ich nicht mehr helfen kann und vieles vergesse.«
Themenfeld 1 – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
»Ich habe mich früher gern unterhalten, aber seit dem Schlaganfall leide ich unter Wortfindungsstörungen und vergesslich bin ich auch; das beeinträchtigt mich beim Sprechen.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•zu ihrer Person orientiert
•erkennt vertraute Personen wie Tochter und Ehemann
•kommt in ihrer vertrauten Umgebung gut zurecht
•kann Wünsche und Bedürfnisse äußern
•zeitlich teilweise orientiert, fragt öfter nach der Uhrzeit oder dem Wochentag
•Frau S. wird zum Sprechen anregt bzw. in Gespräche einbezogen.
Themenfeld 2 – Mobilität und Beweglichkeit
»Früher bin ich gern mit meinem Mann in den Bergen gewandert und habe meinen Garten selbst gepflegt. Das geht jetzt alles nicht mehr.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•kann etwas stehen und mit Hilfe einige Schritte gehen
•steht allein nicht auf – holt Hilfe
•sitzt im Rollstuhl, kann Positionswechsel selbst vornehmen und sich etwas mit Rollstuhl fortbewegen
•lässt sich zu Bewegungsübungen motivieren
Themenfeld 3 – Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
»Seit dem Schlaganfall habe ich Schluckbeschwerden und suche oft nach den richtigen Wörtern. Ich möchte endlich wieder laufen können. Meine Tochter und mein Ehemann gehen mit mir täglich einige Schritte, aber ich werde schnell müde und muss mich dann hinsetzen.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Seit sie in logopädischer Behandlung ist, die sie freitags besucht, ist eine Verbesserung beim Sprechen und Schlucken eingetreten.
Verständigung:
•Gehübungen und Übungen zur Mundmotorik sollen auch in der Tagespflege mit einbezogen werden.
Themenfeld 4 – Selbstversorgung
»Morgens kommt die Sozialstation, um mich zu pflegen. Das ist mir peinlich, aber es muss ja sein. Ich will keinem zur Last fallen. Das Essen fällt mir schwer, ich mag nur weiche Kost, trinken tue ich viel – meist eine große Flasche Wasser am Tag, Kaffee am Morgen und am Nachmittag und abends auch mal einen halbe Flasche Radler.«
•zur Körperpflege kommen Mitarbeiter der Sozialstation
•benötigt Hilfe beim Toilettengang (Intimpflege, Einlagenwechsel, Kleidung richten)
•bestehende Teilharninkontinenz, verspürt aber Stuhldrang
•erhält vier Mal die Woche in der Tagespflege Frühstück, Mittagessen und Kaffee mit Kuchen
•beim Essen beachten, dass Frau S. gut kaut: Sie soll bewusst langsam essen und trinken
Themenfeld 5 – Leben in sozialen Beziehungen
»Früher bin ich gern zum Seniorennachmittag gegangen, aber jetzt geht das nicht mehr. Auch habe ich mich einmal die Woche mit meinen Freundinnen in der Stadt zum Frühstück getroffen. Das alles ist nur noch sehr selten möglich. Ich bin froh, dass ich meinen Mann und meine Tochter habe.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•zu Veranstaltungen in den großen Saal bringen
•über Angebote informieren, entscheidet selbst über die Teilnahme
Verständigung:
•Angebot an Frau S., die Freundinnen einzuladen, um z. B. den Kaffee am Nachmittag zusammen mit ihr in der Tagespflege einzunehmen
Themenfeld 6 – Wohnen/Häuslichkeit
»Ich habe ein schönes Haus und fühle mich dort sehr wohl. Mein Mann und meine Tochter helfen mir viel und zusätzlich haben wir eine Reinigungskraft.«
Verständigung:
•zur Mittagsruhe im Ruhezimmer hinlegen lassen
Tab. 4: Tagesstrukturierender Maßnahmenplan (teilstationär)
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3.2Arthrose
Definition Arthrose
Die Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung. Infolge langjähriger Überbelastung kommt es oft zu einer Schädigung des Gelenkknorpels. Am häufigsten von Arthrose betroffen sind die großen Gelenke wie Hüfte und Knie, aber auch Hände, Füße und die Wirbelsäule. Es können aber auch Schultern, die Wirbelsäule, die Finger- und Zehengelenke, die Sprunggelenke betroffen sein. Menschen, die an Arthrose erkrankt sind leiden meist unter Schmerzen bei Belastung, Anlaufschmerzen, verringerter Beweglichkeit, Gelenkverdickung sowie – bei aktivierter Arthrose – unter Überwärmung, Rötung, Dauerschmerz.*
*Vgl. Luttosch F, Baerwald C (2012): Medikamentöse Therapie der Arthrose. In: Akt Rheumatol 37: 366–370.
3.2.1 Maßnahmenplan stationär
Situation: Herr W. ist 88 Jahre alt. Er lebt schon seit drei Jahren im Pflegeheim. Seit seine Frau gestorben war, hatte er sich etwas gehen lassen und war mit seiner Situation, den Schmerzen, nicht mehr so zurechtgekommen.
Grundbotschaft: »Ich fühle mich hier sehr wohl, daheim wäre es schöner. Mit meinen Schmerzen komme ich jetzt besser zurecht und die Pflegekräfte sind immer für mich da.«
Themenfeld 1 – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
»Am Morgen ist mir meine Ruhe sehr wichtig. Auf meine Tageszeitung lege ich großen Wert. Ich bin geistig fit und möchte dies auch bleiben.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•vollumfänglich orientiert
•kann Wünsche und Bedürfnisse äußern
•Holt seine Zeitung selbst in der Verwaltung ab.
Themenfeld 2 – Mobilität und Beweglichkeit
»Ich habe früher viel Sport wie z. B. Fußball oder Joggen gemacht. Aber mit zunehmendem Alter hatte ich immer mehr Schmerzen, bis die Ärzte Arthrose feststellten. Danach habe ich alles reduziert. Jetzt geh ich am Rollator und bin froh, wenn ich in die Sportgruppe komme.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•geht sicher mit Rollator und benutzt diesen immer
•benötigt Hilfe beim Aufstehen aus dem Bett
•kann Positionswechsel selbstständig durchführen
Verständigung:
•zwei Mal die Woche Krankengymnastik
•Teilnahme an Sportgruppe
Themenfeld 3 – Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
»Besonders am Morgen beim Aufstehen habe ich Schmerzen in meinen Gelenken. Deshalb benötige ich Hilfe beim Aufstehen. Auch meine Medikamente müssen gerichtet werden.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•mit Schmerzsalbe einreiben (Knie und Hüfte)
•Anziehen der Kniebandagen beidseits
•Fingerübungen im warmen Wasser durchführen (meist am Morgen)
•Bewegungsübungen durchführen
Themenfeld 4 – Selbstversorgung
»Zuhause habe ich immer mit meiner Frau gefrühstückt und dabei meine Zeitung gelesen. Meine Frau hat viel übernommen und ich musste mich um nichts kümmern. Ich benötige am Morgen meine Ruhe, möchte mich nicht mit anderen unterhalten. Die restlichen Mahlzeiten nehme ich dann in Gemeinschaft ein. Zum Mittagessen habe ich schon immer eine Flasche Radler getrunken. Trinke über den Tag sehr viel, mindestens 1,5–2 Liter.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•unterstützen beim Aufstehen
•überwiegende Unterstützung bei der Körperpflege und beim An- und Ausziehen
•Kniebandagen beidseits anlegen
•Pants anziehen (Teilharninkontinenz, kommt mit Einlagen nicht zurecht)
•Essen und Trinken servieren und Spezialbesteck sowie Tasse mit großem Henkel breitstellen (Beeinträchtigung der Feinmotorik der Hände)
Themenfeld 5 – Leben in sozialen Beziehungen
»Vor einigen Jahren habe ich mich immer mit meinen Freunden im Gasthaus »Zu den drei Linden« einmal die Woche zum Kartenspielen getroffen. Aber seit die Wirtschaft geschlossen wurde und zwei meiner Freunde gestorben sind, mache ich das nicht mehr. Seit ich hier bin, treffe ich mich mit einigen Bewohnern zum Kartenspielen im Wohnzimmer. Mein Sohn holt mich auch öfter ab und wir fahren meist zum Essen außer Haus.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•über Angebote und Aktivitäten im Haus informieren
Themenfeld 6 – Wohnen/Häuslichkeit
»In meinem Einzelzimmer habe ich es mir gemütlich gemacht. Zuhause war es natürlich schöner, aber das Leben ist nicht immer so, wie man es sich vorstellt.«
Verständigung:
•kann seinen Fernseher selbst bedienen
•hat viele Bilder und einige Möbel mitgebracht
3.2.2 Maßnahmenplan ambulant
Situation: Herr U. ist 81 Jahre alt. Er wohnt in einer 3-Zimmer-Wohnung. Seine Pflegeperson unterstützt ihn tagsüber bei allen anfallenden Arbeiten bzw. wenn er Hilfe benötigt. Er hat keine Kinder und war auch nicht verheiratet.
Grundbotschaft: »Ich war immer ein Einzelgänger, aber ich akzeptiere Hilfe. Aber wenn es um die Körperpflege geht, möchte ich ausschließlich von Frauen betreut werden. Auch habe ich genug Geld, um mir eine Pflegeperson zu leisten.«
Themenfeld 1 – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
»Ich habe früher gern Bücher gelesen, die ich mir in der Bücherei um die Ecke bestellte. Aber jetzt, wo ich schlecht höre und nicht mehr so gut sehe, bin ich froh, wenn Jochen (seine Pflegeperson) mir die Bild–Zeitung täglich vom Kiosk holt oder mir aus einem Buch vorliest.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•ist in allen Bereichen orientiert
•kann Wünsche und Bedürfnisse äußern
•hat keinen Bedarf
Themenfeld 2 – Mobilität und Beweglichkeit
»Ich war in der ganzen Welt unterwegs. Die letzten Jahre habe ich nur noch Städtereisen unternommen. Jetzt geht es nicht mehr. Ich kann keine langen Strecken mehr gehen.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Unterstützung beim Aufstehen
•zur Eigenbewegung motivieren
•geht sicher mit seinem Rollator in der Wohnung
•außerhalb der Wohnung mit Begleitung
•hat keinen Bedarf
Themenfeld 3 – Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
»Meine Medikamente werden durch die Apotheke geblistert. Ich habe eine Schmerzsalbe, die trage ich selbst auf die Beine auf, wenn die Schmerzen zunehmen. Meine Arthrose hat sich seit dem letzten Jahr sehr verschlechtert. Ich bin froh, dass ich Jochen gefunden habe.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•auf Schmerzzustände achten, bei Verschlechterung ggf. Arzt informieren
•Medikamentengabe durch Pflegeperson
•Weitere Anwendungen werden von Herrn U. oder der Pflegeperson Jochen übernommen
Themenfeld 4 – Selbstversorgung
»Ich habe mich immer selbst versorgt, hatte meinen geregelten Tagesablauf. Mit zunehmendem Alter und Verschlechterung meiner Krankheit fällt es mir schwer, mein tägliches Leben selbst zu gestalten. Ich freue mich jeden Tag auf mein Frühstück. Ich trinke morgens gern zwei Tassen Kaffee und über den Tag verteilt Wasser oder Apfelschorle. Am Abend trink ich meist zwei Flaschen Bier – jetzt alkoholfrei.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Unterstützen beim Aufstehen
•überwiegende Unterstützung bei der Körperpflege und beim An- und Ausziehen
•Hörgeräte einsetzen
•Pants anziehen (leichte Harninkontinenz, akzeptiert keine Einlagen)
•Essen und Trinken wird durch Pflegeperson Jochen bereitgestellt
Themenfeld 5 – Leben in sozialen Beziehungen
»Früher bin ich jeden Sonntag in die Kirche gegangen und danach ins Wirtshaus zum Essen und zum Frühschoppen. Aber viele meiner Bekannten sind schon gestorben und ich geh nur noch selten außer Haus.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•über Angebote in der Gemeinde informieren – evtl. Angebot für den Transport organisieren
Themenfeld 6 – Wohnen/Häuslichkeit
Herr U. ist sehr stolz auf seine Wohnung, diese ist sehr gemütlich eingerichtet. »Ich habe viele gemalte Bilder von meinen Reisen mitgebracht.«
Verständigung:
•benötigt keine Hilfen von unserer Seite
Tab. 6: Tagesstrukturierender Maßnahmenplan (ambulant)
![image](https://cdn.openpublishing.com/images/preview-file?document_id=471207&hash=29fec2a3f89c603fd4112fef0a73b9e8&file=OEBPS/images/ch03_018.jpg)
3.2.3 Maßnahmenplan teilstationär
Situation: Herr Z. ist 79 Jahre alt. Er lebt bei seinem Sohn im Haus. Seit der Scheidung von seiner Frau vor 20 Jahren lebt er allein. Das Haus hat er seinem Sohn überschrieben und ist in die kleine Wohnung gezogen.
Grundbotschaft: »Ach, ich werde immer älter und benötige immer mehr Hilfe. Mein Sohn hilft mir, wo er kann, aber er braucht auch mal seine Ruhe und ist ja noch berufstätig. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, dass ich unter der Woche in die Tagespflege gehe. Man muss halt Kompromisse eingehen.«
Themenfeld 1 – Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
»Ich bringe meine Tageszeitung von zuhause mit in die Tagespflege. Ich möchte über alles informiert sein. Zuhause sehe ich gerne die Nachrichten. Natürlich vergesse ich was, aber das hält sich bis jetzt in Grenzen.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•ist in allen Bereichen orientiert
•unterhält sich gern über aktuelle Geschehnisse
•kann Wünsche und Bedürfnisse äußern
•Tageszeitung zum Frühstück bereitlegen
Themenfeld 2 – Mobilität und Beweglichkeit
»Mein Sohn hilft mir am Morgen beim Aufstehen. Ich brauche etwas länger, bis ich aus dem Bett komme. Er hat für mich extra ein Pflegebett aufgestellt, damit ich mich leichter tue. Danach gehe ich mit dem Rollator ins Bad. Wenn ich da an früher denke, da war ich Ski fahren und war viel unterwegs und jetzt kann ich nur noch kurze Strecken gehen.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•Unterstützung beim Aufstehen
•zur Eigenbewegung motivieren
•geht sicher mit seinem Rollator in der Einrichtung oder im Garten
•über Aktivitäten informieren
•zu Fingerübungen mit dem Knetball anregen
Themenfeld 3 – Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
»Meine Tabletten kann ich noch selbst stellen. Wenn ich Schmerzen habe, kann ich zusätzlich eine Schmerztablette nehmen. Auch hat mir mein Hausarzt eine Schmerzsalbe verordnet, die ich bei starken Schmerzen auftrage. Manchmal übernimmt es auch mein Sohn, wenn ich zu steife Finger habe. Die Schmerzsalbe lege ich meist ohne Verschluss neben meinem Bett, da ich sie nicht mehr aufdrehen kann.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•kann verordnete Medikamente selbst einnehmen
•kann seine Schmerzen äußern
•auf Schmerzzustände achten, bei Verschlechterung Sohn ggf. Arzt informieren
Themenfeld 4 – Selbstversorgung
»In meinem Arbeitsleben musste ich immer Anzug, ich war Bankangestellter, tragen und bin jetzt froh, etwas lockere Kleidung anziehen zu können. Beim Waschen und Anziehen brauche ich etwas Hilfe, mein Sohn unterstützt mich dabei.«
Pflegefachliche Einschätzung:
•unterstützen beim Aufstehen
•Unterstützung bei der Körperpflege und beim An- und Ausziehen übernimmt Sohn
•Pants anziehen, wenn nötig (leichte Harninkontinenz, ist stuhlkontinent, kommt mit Einlagen nicht zurecht)
•kann sich Hilfe holen
•Essen und Trinken wird gerichtet (spezielles Besteck und Tasse)
Details
- Seiten
- ISBN (ePUB)
- 9783842689947
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2019 (Mai)
- Schlagworte
- Altenpflege Lernmaterialien Pflege Pflegemanagement & -planung