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Rückerts kleine Gelenkschule

Die besten Expertentipps für gesunde Gelenke

von Uwe Rückert (Autor:in)
152 Seiten

Zusammenfassung

In diesem Buch erfahren Sie, wie Sie sich besser und schmerzfreier durch den Alltag bewegen - denn nur, wer seine Gelenke kennt, kann Abnutzung und Gelenkverschleiß vermeiden. Dazu gehören Gelenkpflege, Bewegung, vernünftige Ernährung und das richtige Gewicht. Der Autor erläutert außerdem ausführlich orthopädische Untersuchungen und Medikamente und gibt viele Tipps zur Selbsthilfe.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT


Liebe Leserin, lieber Leser,

wie oft uns die Gelenke Kummer machen, zeigt die Tatsache, dass Arthrosen zu den fünf häufigsten Diagnosen gehören, die in Arztpraxen gestellt werden. Doch was sind unsere Gelenke eigentlich und warum könnten wir uns ohne Gelenke nicht bewegen?

Natürlich brauchen wir auch Muskeln, Knochen, Sehnen und die Sinnesorgane zur Bewegung, sonst wären wir steif wie Bäume und blieben wie angewurzelt immer am selben Platz stehen. Doch wir bewegen uns – ohne Bewegung gäbe es Stillstand in der gesamten Menschheit. Die Gelenke sind also unentbehrlich. Sie helfen uns, zu laufen, zu klettern, zu schwimmen, Sport zu treiben und unseren Alltag zu bewältigen.

Jeder hatte schon mal Muskelkater – meist nach körperlicher Anstrengung im Sport oder bei der Arbeit. Die Überanstrengung der Gelenke dagegen führt zu anderen Beschwerden. Wenn sie zu stark belastet werden oder gar erkranken, schwellen sie an, schmerzen oder werden unbeweglich. Der Muskelkater ist harmlos und verschwindet von selbst, die Gelenkbeschwerden jedoch dauern an. Dann benötigen Sie ärztliche Hilfe, um sich wieder schmerzfrei bewegen zu können. Hier soll Ihnen die „Rückerts kleine Gelenkschule“ wichtige Tipps und Ratschläge geben.

Wenn Sie Ihre Gelenke besser kennen, können Sie sich auch gelenkschonender verhalten. Denn anhaltende Belastung führt neben der alterungsspezifischen Abnutzung zu Gelenkverschleiß, Gelenkarthrose genannt. Viele Gelenke können heute mit sehr gutem Erfolg durch künstliche Gelenke (Endoprothesen) ersetzt werden, insbesondere Knie- und Hüftgelenke. Aber wer gelernt hat, seine Gelenke zu pflegen, kann auch im hohen Alter noch auf solche operativen Maßnahmen verzichten.

Neben Bewegung und Sport ist auch die richtige Ernährung eine wichtige Voraussetzung zum Erhalt der Gelenke und zur Vermeidung von Schmerzen. Dazu gehört die Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Menschen. Denn jedes Pfund zu viel müssen Ihre Gelenke tagtäglich schleppen. Weniger Gewicht bedeutet Entlastung für Ihre Gelenke.

Man kann viel dafür tun, um die Beweglichkeit seiner Gelenke zu erhalten. „Mensch beweg dich!“ führt uns zu unseren Wurzeln zurück. Und Bewegung hilft nicht nur bei orthopädischen Erkrankungen: Auch hoher Blutdruck, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), ja sogar manche Tumorarten lassen sich durch mehr Bewegung verhindern oder reduzieren.

Für eine schmerzfreie Bewegung brauchen wir gesunde Gelenke. „Rückerts kleine Gelenkschule“ soll Ihnen helfen, sich besser und schmerzfreier durch den Alltag zu bewegen. Möge dieser Ratgeber viele Leser zu mehr Bewegung und sportlichen Aktivitäten anspornen.

Ihr

Uwe Rückert

Vorwort zur 2. Auflage

Liebe Leserin, lieber Leser,

hiermit können wir Ihnen die 2., aktualisierte Auflage von „Rückerts kleiner Gelenkschule“ vorstellen. Bei der Überarbeitung bedanke ich mich bei dem gesamten Team der Klinik Solequelle in Bad Westernkotten. Mein besonderer Dank gilt Frau Risse, Frau John (Diätassistentin) und dem ltd. Oberarzt Herrn Dr. med. Caspers. Auch die vielen Rückmeldungen der Leserinnen und Leser haben mir wichtige Ideen zur Überarbeitung gegeben. Die Idee möglichst viele Leser zu mehr sportlichen Aktivitäten anzuspornen gilt heute mehr denn je.

Ihr

Uwe Rückert

„Je n’enseigne pas, je raconte – Ich belehre nicht, ich erzähle.“

(Michel de Montaigne)

WAS UNSERE GELENKE LEISTEN

Vom 45. Lebensjahr an hat nahezu jeder Mensch Gelenkschäden, die zum Glück aber nicht schmerzhaft sind und so oft auch unbemerkt bleiben. Doch Nackensteife, Rückenprobleme oder Schmerzen in Ellenbogen, Schulter und Knie – Millionen Menschen in Deutschland leiden unter solchen Gelenkbeschwerden. Sie lassen sich jedoch lindern oder sogar heilen.

Gelenke wollen gut behandelt werden

Die Ursache von Gelenkschäden kann man oft an einseitiger Belastung festmachen: zu langes Sitzen oder Stehen am Arbeitsplatz, falsche Körperhaltung, Bewegungsmangel sowie häufiges Heben schwerer Lasten, aber auch ungesunde Ernährung. Mit zunehmendem Alter kommt erschwerend hinzu, dass sich vermehrt Abnutzungserscheinungen an den Gelenken bemerkbar machen. Die Betroffenen nehmen eine „Schonhaltung“ ein – ein Bewegungsmuster, bei dem die Muskel- oder Gelenkbeschwerden weniger schmerzen. Das führt in einen Teufelskreis – denn neue Verspannungen, die die Gelenke in Mitleidenschaft ziehen, sind damit vorprogrammiert.

Viele Gelenkbeschwerden sind dem „rheumatischen Formenkreis“ zuzuordnen. Diese Bezeichnung wählt man treffenderweise für den Oberbegriff „Rheuma“ – denn Rheuma hat viele Gesichter: Degenerative und entzündliche Gelenkerkrankungen gehören dazu, Wirbelsäulenleiden und Stoffwechselleiden wie Gicht und Osteoporose. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung ist wegen derartiger Beschwerden dauerhaft in ärztlicher Behandlung. Die Kosten dafür und für dadurch bedingte Arbeitsausfälle werden auf rund 40 Milliarden Euro jährlich geschätzt – das macht umgerechnet 500 Euro pro Kopf aus. Allein für einen einzigen Patienten mit rheumatoider Arthritis müssen die Krankenkassen im Schnitt rund 4 700 Euro im Jahr ausgeben. Und aus eigener Tasche zahlen die Erkrankten noch einmal rund 560 Euro jährlich dazu – zum Beispiel für freiverkäufliche Medikamente und Anwendungen, für die die Kasse nicht aufkommt. Aus volkswirtschaftlicher Sicht helfen stationäre Rehabilitationsmaßnahmen Kosten sparen: Gut versorgte, geschulte und im Rahmen ihrer Möglichkeiten bewegliche Patienten führen ein besseres, schmerzfreies Leben und können Arbeitsunfähigkeit vermeiden oder reduzieren.

Mit Hightech-Diagnostik, neuentwickelten Medikamenten und Rehabilitation lassen sich die rheumatischen Erkrankungen lindern und in Grenzen halten. So liegt es letztendlich an jedem selbst, seine Gelenkprobleme in Angriff zu nehmen und schmerzlindernde Maßnahmen zu ergreifen, um beweglich zu bleiben.

Wozu eigentlich Gelenke?

Das menschliche Skelett bezeichnet man auch als Knochengerüst. Richtiger, dabei sprachlich keineswegs schöner, aber durchaus treffender, ist der Ausdruck „Bewegungsapparat“. Denn sein gesamter Aufbau, der es uns ermöglicht, tausenderlei verschiedene Dinge zu tun – etwa zu laufen, zu tanzen, Fußball zu spielen, ein Auto zu lenken, die Tastatur am Computer zu bedienen –, besteht nicht nur aus Knochen, sondern ist eine sinnvolle Konstruktion aus Knochen und Gelenken. Erst das ausgeklügelte Zusammenspiel von rund zweihundert starren Knochen mit weit mehr als hundert gelenkigen Verbindungen macht uns beweglich.

Zweihundert Knochen und mehr als hundert gelenkige Verbindungen machen uns beweglich.

Mehr als hundert Gelenke? Zunächst denken Sie vielleicht an Schulter-, Knie- und Hüftgelenk, aber was einem da noch einfällt, lässt sich an zehn Fingern abzählen. Und doch – es gibt eine Unzahl gelenkiger Verbindungen, um ein zerstörerisches Gegeneinanderreiben der harten Knochen zu verhindern und andererseits im Zusammenspiel mit Bändern, Sehnen, Muskeln und Nerven den Körper mobil zu halten.

Echte und unechte Gelenke

Durch ihre sehr unterschiedliche Bauart und Funktion unterscheidet man deshalb echte von unechten Gelenken. Bei unechten Gelenken sind zwei Knochen mit einem Füllmaterial wie Bindegewebe (zum Beispiel die Schädelknochen), Knorpel (etwa die Bandscheiben) oder einer Verknöcherung (wie beim Kreuzbein) verbunden. Unechte Gelenke erlauben nur eine geringe Bewegungsfreiheit, sorgen aber insgesamt für die Stabilität des Bewegungsapparates.

Anders die echten Gelenke: Da gibt es mindestens ein halbes Dutzend verschiedener Formen, denen wir auch im täglichen Leben ständig begegnen: Sattelgelenke, Scharniergelenke, Radgelenke, Eigelenke, plane Gelenke/Drehgelenke und Kugelgelenke. Sie geben uns größtmögliche Bewegungsfreiheit, lassen je nach Bauart Kreiselbewegungen, Beugen und Strecken, Kippen und Aufrichten, Drehen um die eigene Achse, seitliches Pendeln und Außen- oder Innenrotation zu.

GELENKFORMEN UND WO WIR SIE FINDEN

SattelgelenkDaumen
ScharniergelenkKnie, Ellenbogen, Finger
Rad- oder ZapfengelenkEllenbogen
EigelenkHandgelenk
Planes Gelenk/Drehgelenkzwischen den Wirbelfortsätzen
KugelgelenkHüfte, Schulter

Mit mehr oder weniger geringfügigen Abweichungen haben echte Gelenke den gleichen Aufbau. Dabei sind sie so genial konstruiert, verschleißfest und leistungsfähig, dass sich selbst die teuersten und ausgefeiltesten Nachbildungen aus den modernsten Materialien immer noch dahinter verstecken müssen: Gelenkprothesen sind eben nur ein Ersatz für diese Wunderwerke der Natur.

Wie funktioniert ein Gelenk?

Bei den echten Gelenken trennt ein Gelenkspalt zwei Knochen voneinander. An ihren Enden münden sie in einen Gelenkkopf und eine Gelenkpfanne, die millimetergenau aufeinanderpassen. Gegenseitige Reibung und baldige Abnutzung wird durch eine Knorpelschicht, mit der beide überzogen sind, auf ein Mindestmaß verringert. Eine feste Kapsel aus Bindegewebe umhüllt luftdicht das Gelenk und hält es zusammen. Die Innenhaut dieser Kapsel sorgt dafür, dass der Knorpel nicht austrocknet: Sie sondert zähe Flüssigkeit ab, eine Art Gelenkschmiere, die den Gelenkspalt füllt, so als Gleitmittel dient und den Knorpel, der selbst nicht über zuführende Blutgefäße verfügt, mit Nährstoffen versorgt.

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Gelenkformen

Gelenkknorpel

Als idealer Stoßdämpfer überzieht gelartiger Knorpel die Knochenenden, die im Gelenk aufeinandertreffen. Er besteht aus strapazierfähigem Gerüsteiweiß (Kollagenfasern) und enthält rund 80 Prozent Flüssigkeit. Hiervon ernähren sich auch die Knorpelzellen, denn Knorpel gehört zu den wenigen Gewebearten im menschlichen Körper, die nicht an den Kreislauf angeschlossen sind. Eine weitere Besonderheit ist, dass der Knorpel nicht von Nerven versorgt wird. Insofern kann er auch keine Schmerzen verursachen, wenn er verletzt wird. Schmerzen aus der Gelenkkapsel werden dagegen von der gereizten Gelenkinnenhaut oder vom darunterliegenden angegriffenen Knochen übertragen.

Knorpel wird nicht von Nerven versorgt und kann auch keine Schmerzen verursachen.

Je nachdem, an welchen Gelenken Knorpel vorkommt, ist die puffernde Schicht zwei bis acht Millimeter stark. Auf Druck reagiert sie wie ein Schwamm: Bis auf einen Rest wird die verbrauchte Nährflüssigkeit dabei ausgepresst. Entspannt sich die Knorpelmasse, saugt sie sich wieder voll, wobei sie Flüssigkeit aus dem Gelenkspalt zieht. Dieser Vorgang spielt sich allerdings nur bei Bewegung ab. Wird das Gelenk nicht bewegt, trocknet der Knorpel aus und wird rissig. Das bekannte Sprichwort trifft also hundertprozentig zu: Wer rastet, der rostet!

Gelenkknorpel kann einiges aushalten. Durch seine enorme Elastizität kann er rund 50 Kilo auf einem Quadratzentimeter verkraften. Doch die Belastbarkeit hat ihre Grenzen. Schon bei einer abrupten Bewegung, etwa einem Sportunfall, kann Knorpel den Druck nicht mehr kompensieren und im Mikrobereich geschädigt werden. An dieser Stelle weicht der Knorpel auf. Erholt er sich nicht, schreitet die Erweichung fort. So kann es letztendlich zu einem irreparablen Verlust von Knorpelzellen kommen. Denn anders als die meisten Zelltypen im menschlichen Körper können sich Knorpelzellen durch Selbsthilfemaßnahmen nicht regenerieren.

Knorpelzellen können sich von selbst nicht regenerieren.

Knorpel, der durch Verletzungen oder Verschleiß zugrunde geht, wird also nicht wieder ersetzt. Allerdings ist es Gentechnikern bereits gelungen, Knorpelzellen im Labor zu züchten. Vielversprechend – aber noch keineswegs Routine – sind Verfahren, bei denen diese Knorpelkulturen auf kranke Gelenke transplantiert werden können.

Trotz anderslautender Meinungen trägt sportliche Betätigung nicht zum Knorpelverschleiß bei. Das Gegenteil ist der Fall: Werden die Gelenke regelmäßig in vernünftigen Grenzen belastet, erhöht sich zwar nicht die Zahl der Knorpelzellen, aber der Knorpel wird dicker, reißfester und widerstandsfähiger. Allerdings muss man sich vor Übertreibungen beim Sport hüten. Wer beispielsweise mit akuten Gelenkschmerzen weitertrainiert, riskiert Gelenkschäden, die beim Knorpelverschleiß anfangen.

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Aufbau des Gelenks

Knorpelschädlich ist also eher Bewegungsarmut, denn dadurch verliert die Knorpelsubstanz ihren normalen Quelldruck, wodurch die Belastbarkeit verringert wird. Krafteinwirkungen führen dann zu den oben beschriebenen Einrissen auf der Knorpeloberfläche. Im schlimmsten Fall scheuert sich der gesamte Gelenkknorpel weg und es entstehen die gefürchteten Arthrosen.

Menisken

Halbmondförmige Faserknorpelscheiben, die sogenannten Menisken, vergrößern im Kniegelenk die Kontaktfläche zwischen Schienbein und Oberschenkelknochen. Sie gleichen die Unebenheiten der Gelenkflächen aus und können Drehbewegungen folgen. Man unterscheidet einen größeren, C-förmigen Innen- und einen kleineren, kreisförmigen Außenmeniskus. Beim Beugen und Strecken der Knie verformen sich die Menisken und können bis zu sechs Millimeter (Innenmeniskus) oder sogar zwölf Millimeter (Außenmeniskus) vor- und zurückgleiten.

Durch Bewegungsarmut wird die Belastbarkeit des Knorpels verringert.

Gelenkschmiere

Ähnlich wie Schmieröle und Fette ein Kugellager gleitfähig halten, sorgt eine zähe, fadenziehende Flüssigkeit aus dem Gelenkspalt für ein Minimum an Reibung zwischen den Knorpelschichten der Gelenkflächen. Diese als Synovialflüssigkeit bezeichnete Gelenkschmiere wird von der Gelenkinnenhaut, Synovia genannt, produziert. Übrigens gibt es für dieses merkwürdig klingende Wort keine sprachliche Grundlage, sondern es wurde von dem mittelalterlichen Heilkundigen Paracelsus, der sich intensiv mit Gelenkkunde befasste, erfunden.

Zu wenig Gelenkschmiere infolge einer Verletzung oder Erkrankung ist also gleichbedeutend mit mangelhafter Ernährung des Knorpels. Mitunter kommt es dadurch zu knirschenden Geräuschen im Gelenk und rasch zu schmerzhaften Zuständen. Wird in der Gelenkkapsel dagegen zuviel Synovialflüssigkeit produziert, entsteht leicht ein Erguss. Dies ist beispielsweise bei Entzündungen der Fall – die typischen Anzeichen dafür kann auch der medizinische Laie klar erkennen: Rötung, druckempfindliche Schwellung, Schmerz, die Haut fühlt sich warm an. Durch Abtasten (Palpation) kann der Arzt klären, ob eine Schwellung der Gelenkkapsel oder ein Erguss vorliegt. Zur Abheilung wird die überschießende Flüssigkeit in der Regel unter sterilen Bedingungen abpunktiert.

Bei Entzündungen wird in der Gelenkkapsel zu viel Synovialflüssigkeit produziert.

Bänder und Sehnen

Das Wort Kreuzbandriss haben die meisten schon einmal gehört – für Fußballer bedeutet diese fatale Knieverletzung oft eine wochenlange Spiel- und Trainingszwangspause. Gelenkbänder bestehen aus besonders reißfestem und dehnbarem Bindegewebe. Zum einen stabilisieren sie unsere Gelenke, indem sie die beteiligten Knochenteile zusammenhalten, zum anderen schränken sie Gelenke in ihrer Funktion ein. Ohne Bänder würden die Gelenkflächen schon bei geringer Fehlbewegung verrutschen oder das Gelenk würde gar auskugeln. Bewegungsarmut und Ruhigstellung, zum Beispiel nach einer Verletzung, können die Bänder schrumpfen lassen. Die Beweglichkeit des Gelenks wird dadurch eingeschränkt. Während Bänder zwei Knochenteile an oder in der Gelenkkapsel miteinander verbinden, halten Sehnen Knochen und Muskulatur zusammen. Sehnen bestehen aus dem stärksten Material, das im Körper zu finden ist. Vergleicht man etwa die Reißfestigkeit der Gelenkbänder mit der eines dicken Schiffstaus, käme die Stabilität der Sehne vergleichsweise sogar der eines Stahlseils nahe.

Ohne Bänder würden die Gelenkflächen schon bei geringer Fehlbewegung verrutschen.

Schleimbeutel

An Stellen, wo Muskeln und Sehnen unmittelbar auf den Knochen aufliegen und besonders großen Belastungen ausgesetzt sind, bilden Schleimbeutel einen zusätzl ichen Schutz. Diese mit Flüssigkeit gefüllten spaltförmigen Hohlräume fangen wie Wasserkissen Belastungsdruck auf und verteilen ihn gleichmäßig auf das Gelenk. Schleimbeutelentzündungen, zum Beispiel im Ellenbogengelenk, entstehen vielfach durch Überbeanspruchung. Sie sind besonders lästig und heilen nur langsam aus.

Die anfälligsten Gelenke

Die Gelenke, die am anfälligsten für Beschwerden sind, gehören gleichzeitig auch zu den größten im Körper, denn sie müssen die größte Last tragen.

Schultergelenk

Eine besonders kräftige Muskulatur finden wir an den Schultergelenken. Sie macht es möglich, dass sich die Arme in nahezu jeder Richtung frei bewegen lassen. So kann der gesunde Arm mühelos nach innen und außen gedreht oder in eine waagrechte und senkrechte Position gebracht werden. Diese Rotationsmöglichkeiten sind natürlich von großem Vorteil. Andererseits geht die Muskelführung zu Lasten der Stabilität und die Verletzungsanfälligkeit wird größer. So kommt es vor allem durch Sportunfälle (etwa beim Basketball oder Handball) besonders häufig zu Verrenkungen oder zum Auskugeln eines Schultergelenks (Schulterluxation) – eine schmerzhafte Angelegenheit, die Betroffene oft wochenlang zum Aussetzen der geliebten Sportart zwingt. Ursache der Verletzung ist eine an- oder gar abgerissene Knorpellippe, die den kugelförmigen Oberarmkopf vor dem Verrutschen schützen soll.

WAS TUN, WENN DAS SCHULTERGELENK WEHTUT?

Im Sitzen oder Stehen die Arme seitlich hochführen und langsam über den Kopf heben, so weit es geht. Auf keinen Fall weiter anheben, wenn Sie Schmerzen verspüren! Können Sie die Arme nicht über den Kopf heben, reicht es auch, sie gestreckt vor dem Gesicht zusammenzuführen. Wichtig: Dabei die Schultern nicht hochziehen! In die Ausgangsposition zurückkehren und zehnmal wiederholen.

Hüftgelenk

Wie die Schultergelenke können sich auch die kugelförmigen Hüftgelenke dreidimensional bewegen. Um dem umfangreichen Bewegungsspielraum gerecht werden zu können, sind sie mit den kräftigsten Bändern des Körpers ausgerüstet. Immerhin müssen sie (und die Knie- und Sprunggelenke) auch die Hauptlast des Körpergewichts tragen. So wird Übergewicht zur gefährlichen Ursache für eine Hüftgelenkarthrose, die besonders älteren Menschen zu schaffen macht und ihre Lebensqualität mindert. Der Teufelskreis: Infolge weniger Bewegung wird das Leiden immer schlimmer. Deshalb zählt der Hüftgelenksersatz durch eine Endoprothese zu den häufigsten Gelenkoperationen überhaupt. Brüche unterhalb des Hüftgelenkkopfes, sogenannte hüftgelenksnahe Frakturen, ziehen sich insbesondere Frauen zu, bei denen es infolge nachlassender Hormonproduktion durch die Wechseljahre zu Knochenschwund (Osteoporose) kommt.

Übergewicht ist ein Hauptgrund für Hüftgelenkarthrose.

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Rechtes Kniegelenk gebeugt von vorn und seitlich

WAS TUN, WENN DIE HÜFTGELENKE WEHTUN?

Legen Sie sich auf den Rücken und heben Sie die Beine an. Machen Sie nun Tretbewegungen wie beim Fahrradfahren – zehnmal vorwärts und zehnmal rückwärts. Stellen Sie die Beine ab, bevor Sie die Übung einige Male wiederholen.

Kniegelenk

Das Knie ist mit einem Drehscharniergelenk ausgestattet – damit kann es nicht nur gebeugt, sondern bis zu einem gewissen Grad auch gedreht werden. Das Kniegelenk setzt sich aus Oberschenkelknochen, Schienbein und Kniescheibe zusammen. Diese Einheit bildet nicht nur das größte von allen Gelenken im menschlichen Körper, sie wird auch am stärksten beansprucht. Infolgedessen kommt es hier zu den meisten Verletzungen, häufig in Form von Kreuzbandrissen und Meniskusverletzungen. Kreuzbänder sollen das Knie stabilisieren, während die Menisken für eine höhere Gleitfähigkeit an den Knorpelflächen sorgen. Beides ist nach Verletzungen nicht mehr gewährleistet.

WAS TUN, WENN DIE KNIEGELENKE WEHTUN?

Um den Gelenkknorpel zu schonen, müssen vor allem die Oberschenkelmuskeln gekräftigt werden. Legen Sie sich dazu auf den Boden und schieben Sie eine Rolle (zum Beispiel eine zusammengerollte Decke) unter die Kniekehlen. Die Füße werden mit einer Manschette (oder ähnlichem Gewicht) von einem halben Kilo beschwert. Heben Sie die Beine an, halten Sie sie kurz in der geraden Position, und senken Sie sie wieder ab. Bei regelmäßigem Üben ergibt sich ein ausgezeichneter Trainingseffekt, aber bitte nicht übertreiben. Strecken Sie die Knie auf keinen Fall ganz durch!

Gelenkersatz

Schmerzen bei jedem Schritt, oft unerträgliche Qualen – Gelenkschäden, die das Leben selbst in Ruhe zur Hölle machen, das sind Gründe, um die Implantation einer Gelenkprothese in Erwägung zu ziehen. Denn ein verschlissenes Gelenk lässt sich nicht mehr reparieren. Immer häufiger werden deshalb Patienten in Deutschland künstliche Knie- und Hüftgelenke eingesetzt. Rund 400 000 Bundesbürger bekommen jährlich künstliche Gelenke. Die vier häufigsten sind Hüft- und Kniegelenke sowie Schulter- und Sprunggelenke. Jedes Jahr werden etwa 210 000 Hüftendoprothesen, 165 000 Knieendoprothesen, mittlerweile auch etwa 25 000 Schulterendoprothesen und 1 500 Sprunggelenksendoprothesen implantiert. Die früher sehr aufwendigen Implantationen werden immer unkomplizierter und risikoärmer. Für die Operation etwa eines Hüftgelenks benötigen die Spezialisten oft nur noch eine Stunde.

Prothesen-Implantationen werden immer unkomplizierter und risikoärmer.

Die Prothesen bestehen aus einem Schaft, der im Oberschenkel verankert wird und einen runden Hüftkopf trägt. Er bewegt sich in einer passgenauen Pfanne, die in das Becken implantiert wird. Waren die künstlichen Gelenke früher aus zwei Teilen gefertigt, können sie heute je nach Anforderung aus mehreren Einzelteilen zusammengefügt werden. Orthopäden und Unfallchirurgen sind heute in der Lage, für jeden Patienten aus sehr vielen verschiedenen Typen die optimale Prothese auszuwählen. Entscheidend sind dabei das Alter des Patienten, die Beschaffenheit seiner Knochen sowie die zu erwartende Belastung. Ein junger Sportler etwa braucht natürlich ein anderes Modell als ein Senior.

Ein großes Problem war bisher, dass sich die künstlichen Gelenke nach etwa zehn bis zwölf Jahren lockerten. Das lag an der Reibung zwischen der Prothese im Oberschenkel und der Pfanne im Becken. Durch die jahrelange Belastung im Bein können sich kleinste Partikel des Gelenks abreiben und unter der Prothese festsetzen. Mit der Zeit beginnt sie sich dann zu lockern. Dann muss der Eingriff wiederholt werden, was gerade für ältere Patienten, die häufig noch unter anderen Erkrankungen leiden, eine ziemliche Tortur ist. Für die Herstellung der Prothesen werden deshalb jetzt neuartige Metalle, Kunststoffe oder Keramikarten verwendet. Die Hüftgelenke aus den neuen Werkstoffen haben einen so geringen Abrieb, dass sie bis zum Lebensende im Knochen verbleiben können, wenn sie im Durchschnittsalter zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr eingepflanzt werden.

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Für die Herstellung der Hüft-Endoprothese werden neuartige Metalle,
Kunststoffe oder Keramikarten verwendet
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In der Regel wachsen die Prothesen heute ohne Zement felsenfest in den Knochen ein. Das erleichtert vor allem bei jüngeren Patienten einen eventuellen späteren Austausch, denn der Zement muss dann nicht wieder mühsam aus dem Knochen entfernt werden.

Risiken für künstliche Gelenke

Die Luxation – ein akutes Ereignis

Eine Luxation kann bei allen Gelenken – auch bei nicht operierten – auftreten, bekannt ist hier das Schultergelenk. Bei operierten Gelenken ist häufig das Hüftgelenk betroffen. Oft sind es alltägliche Bewegungen, die eine Hüfte „herausspringen“ lassen. Ursachen in den ersten Monaten können z. B. eine unzureichende Muskelspannung oder eine fehlerhafte Positionierung der einzelnen Komponenten sein. Allerdings kann ein künstliches Gelenk das ganze Leben lang herausspringen.

Der Begriff „Herausspringen“ wird für Hüftluxation verwendet, weil dabei meistens ein lautes Klacken zu hören ist. Das Bein fühlt sich dann ganz locker an, kann nicht mehr bewegt werden und die Schmerzen sind unerträglich. Unter Narkose kann es wieder reponiert, d. h. eingerenkt werden. Sollte es jedoch ein weiteres Mal zu einer Luxation kommen, ist oftmals eine weitere Operation notwendig. Darum ist es wichtig, in den ersten Wochen und Monaten auf prothesengerechtes Verhalten zu achten. Diese Verhaltensregeln lernt man in der Anschlussheilbehandlung in Rehabilitationskliniken.

ENDOPROTHESENREGISTER DEUTSCHLAND (EPRD)

Seit 2012 erfasst das EPRD auf freiwilliger Basis Klinikdaten zu Hüft- und Kniegelenksoperationen. Für 2016 meldeten 673 Krankenhäuser ihre Dokumentation über ca. 245 000 Operationen. Das entspricht einer Erfassungsrate von etwa 56 % aller in Deutschland durchgeführten endoprothetischen Eingriffe an Hüfte und Knie.

Die Lockerung – ein schleichender Prozess

Alle Endoprothesen können sich lockern, allerdings nicht von jetzt auf gleich; es ist ein schleichender Prozess. Daher ist es wichtig, ungefähr alle zwei Jahre eine Nachuntersuchung mit Röntgenbild durchführen zu lassen, um frühzeitig Veränderung zu erkennen und handeln zu können. Sind Zeichen einer Lockerung zu erkennen, prüft der behandelnde Arzt die Möglichkeit eines Teilaustausches.

Im Durchschnitt werden jedes Jahr ca. 42 000 Wechseloperationen an Hüfte und Knie durchgeführt, bei steigender Tendenz.

Protheseninfektion

Alle künstlichen Gelenke können sich infizieren, d. h. entzünden. Es gibt Früh- und Spätinfektionen; letztere können auch noch viele Jahre nach einer Operationen auftreten. Daher ist es für die Patienten wichtig, die möglichen Risiken genau zu kennen.

Bei kleineren zahnärztlichen oder endoskopischen Eingriffen an Darm, Prostata oder Blase können Bakterien in die Blutbahn geraten, sich an den Gelenkprothesen festsetzen und zu einem Protheseninfekt führen. Darum empfiehlt es sich, den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik zu folgen: Nehmen Sie in den ersten zwei Jahren nach Primärimplantation eine Stunde vor invasiven (blutigen) Eingriffen 1 x 1 g Amoxicillin oder ein anderes geeignetes Antibiotikum ein. Optimal auf die Operation vorbereitet sind Sie, wenn Sie vor einer geplanten prothetischen Versorgung Ihren Zahnstatus überprüfen und ggf. sanieren lassen.

Reisen mit Endoprothesen

Jeder Patient mit einer Endoprothese sollte immer einen Endoprothesenpass mit sich führen. Dieser ist in der Regel in mehreren Sprachen verfasst. Sollten Sie keinen Endoprothesenpass erhalten haben, wenden Sie sich bitte an die operierende Klinik, nur diese kann ihn ausstellen.

Auf Reisen ist es sinnvoll, ein Foto des Röntgenbildes sowie ein Antibiotikum mitzunehmen, letzteres bietet einen Schutz bei eventuell auftretenden Krankheiten oder Verletzungen. Wenn ein Arzt- oder Zahnarzttermin ansteht, sollten Sie immer auf die Endoprothese hinweisen. Vor anstehenden Behandlungen können Ärzte im Vorfeld ein Antibiotikum verordnen. Des Weiteren ist das Mitführen eines Desinfektionsmittels sinnvoll, um auch kleine Wunden, die z. B. bei der Gartenarbeit entstehen können, direkt zu versorgen.

Bessere Wundheilung mit Eiweiß

Mit der richtigen Ernährung können Sie die Wundheilungsphase nach einer Operation günstig beeinflussen. Eine besondere Rolle kommt in diesem Zusammenhang dem Nährstoff Eiweiß zu, da er das notwendige „Baumaterial“ für den Wundverschluss sowie für Zell- und Muskelaufbau liefert: Wundsekret ist sehr eiweißhaltig, verliert der Körper dieses, verliert er automatisch auch Eiweiß. Bei vielen Menschen ist die Muskelmasse außerdem bereits vor der Operation reduziert – eine häufige Folge der Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) benötigt unser Körper täglich 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht – und während der Wundheilungsphase steigt der Bedarf. Eiweiß ist unter anderem Grundsubstanz unseres Gewebes, der Haut und der Organe. Unser Körper benötigt Eiweiß zum Zellaufbau sowie zur Zellregeneration, aber auch zur Stärkung und zum Aufbau der Muskeln. Außerdem spielt es eine wichtige Rolle bei der Blutneubildung sowie der Blutgerinnung und ist ein Bestandteil der Antikörper für die Immunabwehr.

Eiweiß, auch Protein genannt, ist neben Kohlenhydraten und Fetten ein Hauptbestandteil unserer täglichen Nahrung. Es macht 15 bis 17 Prozent unserer Körpermasse aus! Wenn wir zu wenig Eiweiß über die Nahrung aufnehmen, besteht die Gefahr, dass unser Körper auf körpereigene Reserven zurückgreift und dadurch proteinreiche Muskelmasse abgebaut wird. Diese benötigt der Körper allerdings, um dem neuen Gelenk Stabilität zu geben. Durch den Mangel im Körper kann es zu einem gesteigerten Luxations-Risiko sowie zu einer verschlechterten Wundheilung kommen, was den Heilungsprozess deutlich verzögert und das Risiko einer Wundinfektion erhöht.

Mit einer geschickten Kombination eiweißreicher tierischer und pflanzlicher Lebensmittel können Sie einem Mangel wirkungsvoll entgegenwirken.

Da sich der Körper ständig erneuert und regeneriert, ist er auf eine regelmäßige Eiweißzufuhr angewiesen.

Gute tierische Eiweißquellen sind Fisch, Milchprodukte, Ei und Fleisch. Da tierische Eiweiße dem körpereigenen Eiweiß am ähnlichsten sind, können diese gut verwertet werden. Aber Vorsicht, tierische Nahrungsmittel bringen auch Fette, Purine (siehe Seite 66) und Cholesterin mit sich! Diese sind für unseren Körper weniger wertvoll. Beachten Sie auch, dass fettarme Lebensmittel einen höheren Eiweißgehalt aufweisen als fettreiche. Bevorzugen Sie folglich fettarme Produkte wie Buttermilch, Käse bis 45 % Fett in Tr. oder Hühnerbrustfilet. Pflanzliche Eiweiße wie Hülsenfrüchte, Getreide und Kartoffeln bieten ein weiteres Spektrum, um den erhöhten Eiweißbedarf zu decken.

Wer tierische und pflanzliche Eiweiße gut kombiniert, erhöht ihre Verfügbarkeit. Hier einige Beispiele:

Hühnerei und Kartoffeln: Rührei mit Kartoffeln und Spinat, Gemüseeintopf mit Eierstich, Kartoffelwaffel mit Kräuterdip

Milchprodukte und Getreide: Haferflocken-Müsli, belegtes Brot, dazu 1 Glas Buttermilch

Hühnerei und Getreide: Vollkornbrot mit Eier-Senf-Brotaufstrich, Wrap mit Gemüse-Ei-Füllung

Rindfleisch und Kartoffeln: Tafelspitz mit Salzkartoffeln und Rote-Bete-Salat, Rumpsteak mit Dampfkartoffeln und einem bunten Salat an Joghurtdressing, Rindergulasch mit Kartoffelpüree und Möhrengemüse Sehen Sie die Ernährung als Teil der gesamten Therapie an. Nur so kann Ihre Genesung – in Kombination mit der medizinischen Betreuung und dem Bewegungsaufbau – bestmöglich unterstützt werden.

EIGELB ENTHÄLT MEHR EIWEISS ALS EIWEISS!

Auch wenn es unlogisch klingt: Eigelb hat mehr Eiweiß als Eiklar, nämlich 16 Prozent! Eiklar hingegen besteht nur zu 10 Prozent aus Eiweiß und zu 85 Prozent aus Wasser, der Rest sind Mineralstoffe und Vitamine. Eigelb ist kalorienreicher, damit ist es eine Energiequelle für Küken, die es zum Heranwachsen benötigen.

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Mit einer eiweißreichen Ernährung können Sie die Wundheilungsphase nach einer Operation günstig beeinflussen.

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Tagesplan unter Berücksichtigung des individuellen Grundumsatzes

ÜBERGEWICHT – RISIKOFAKTOR FÜR DIE GELENKE

Wer zu viel auf den Rippen hat, muss sich nicht wundern, wenn die Gelenke eines Tages zu schmerzen anfangen. Denn jedes Pfund Übergewicht lastet auf der Gelenkkapsel und macht sie anfälliger. Innerhalb der EU sind die Deutschen bei diesem Thema inzwischen zweifelhafte Vorreiter: Die Bundesrepublik hat Tschechien, Zypern und Großbritannien, die EU-Spitzenreiter in den vergangenen Jahren waren, in der Rangliste der Dicken abgelöst.

Abnehmen schont nicht nur die Gelenke

Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes sind 51 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland übergewichtig. Fettleibigkeit ist bereits bei jungen Erwachsenen weit verbreitet und steigt mit zunehmendem Alter. Schon bei den 20- bis 24-Jährigen bringen 29 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen zu viel auf die Waage. Bei den 70- bis 74-Jährigen erreichen die Fälle von Übergewicht jeweils ihre Spitzenwerte (Männer: 74, Frauen: 63 Prozent). Senioren sind deshalb im Hinblick auf Gelenkschmerzen besonders gefährdet, denn zum Risikofaktor Übergewicht gesellen sich Abnutzungserscheinungen in jeder Form. Doch nicht allein die Gelenke werden dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Ernährungsbedingte Krankheiten wie Bluthochdruck, Verstopfung, Diabetes, Herz-, Kreislauf- und Nierenleiden verschlingen jährlich rund zehn bis 20 Milliarden Euro des Volksvermögens.

Durch vernünftige Ernährung und Gewichtsreduktion ließen sich nicht nur spürbare Kosteneinsparungen erzielen. Viele Gelenkpatienten könnten beispielsweise auch auf einen Großteil der verordneten Medikamente verzichten, wenn sie eine bestimmte Diät einhielten. Kaum zu glauben: Männer nehmen durchschnittlich statt der empfohlenen 2500 Kilokalorien täglich 3800 zu sich. Frauen essen dagegen „nur“ 800 Kilokalorien zu viel am Tag.

Wie sinnvoll sind Diäten?

Abnehmen, das weiß jeder, der es einmal versucht hat, ist ein schwieriges Unterfangen. Meist gelingt es zwar, mit einer Modediät viele Pfunde in kurzer Zeit zu verlieren. Aber fast alle dieser Patentrezepte basieren auf einer einseitigen Ernährung oder Ausgrenzung einiger Nahrungsmittel. Wer solche Diäten einhält, kann sich zwar eines Gewichtsverlusts erfreuen, doch in der Regel hält der nicht lange an. Nach Rückkehr zu alten Essgewohnheiten steigt auch der Zeiger auf der Waage wieder nach oben. Werden solche einseitigen Reduktionsdiäten öfter durchgeführt, können sich durch die Mangelversorgung mit einzelnen Nährstoffen und Vitaminen sogar gesundheitliche Schäden einstellen.

Wer eine Diät macht, hat oft nur kurzfristigen

Ein Beispiel für eine weitverbreitete Schlankheitskur, von der man nur abraten kann, ist die Diät mit reichlich Fleisch, Fisch, Speck, Eier, Käse, Mayonnaise und Sahne. Davon soll man dann so viel essen dürfen, wie man will, und trotzdem abnehmen. Erfahrungsgemäß entwickelt sich schon nach einigen Tagen ein Widerwille gegenüber der fett- und eiweißreichen Diät, man isst automatisch immer weniger und wird schlanker. Es ist aber sicher, dass eine solche Ernährung für Herz und Kreislauf eine starke Belastung darstellt und der Blutfettgehalt in die Höhe schnellt.

Ein hoher Fett- und Cholesteringehalt im Blut führt auf die Dauer aber zur vorzeitigen Verkalkung der Gefäße. Überdies kann der immense Anfall an Eiweißabbauprodukten die Gichtanfälligkeit und damit Gelenkschäden erhöhen. Da kaum Kohlehydrate gegessen werden, kommt es zu einer Übersäuerung des Stoffwechsels. Die insgesamt ballaststoffarme Kost kann darüber hinaus zu Verstopfung führen.

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Einseitige Modediäten lassen zunächst die Pfunde purzeln; mit den alten Essgewohnheiten ist das Gewicht aber schnell wieder auf den Hüften. Ihr Traumgewicht erreichen und halten – das gelingt Ihnen am besten mit einer ausgewogenen, gesunden Ernährung.

Effektiv, aber auch nicht sehr gesund, ist die sogenannte Nulldiät. Dabei wird auf jegliche Nahrungszufuhr mit Ausnahme kalorienfreier Getränke verzichtet. Klar, dass bei totalem Fasten die Pfunde purzeln – Übergewichtige verlieren bis zu 450 Gramm pro Tag. Aber auf eigene Faust sollte man die Nulldiät auf keinen Fall durchführen. Zu den erheblichen Risiken gehören schwere Stoffwechselentgleisungen, ein Anstieg der Harnsäure im Blut, die wiederum zu Gichtanfällen führen kann, auch Nierenfunktionsstörungen und starke Mineralstoffverluste, die Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen provozieren können. Eine Nulldiät sollte also ausschließlich unter ärztlicher Kontrolle in einem Sanatorium durchgeführt werden.

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Nulldiäten sollten Sie nur unter ärztlicher Kontrolle durchführen!

Effektiv, aber auch nicht sehr gesund, ist die sogenannte Nulldiät.

Abführmittel und Appetitzügler

Im Kampf um Schlankheit und Krankheit sind Abführmittel und Appetitzügler schlechte Weggefährten. Denn bei längerem Konsum können sie ebenfalls zu gesundheitlichen Schäden führen.

Abführmittel, biologischer oder chemischer Natur, haben drei Nachteile:

Man kann sich rasch an sie gewöhnen,

sie machen den Darm träge und

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783869106984
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (Mai)
Schlagworte
Alternativ-Medizin Arthritis Arthrose Fitness Gesundheits-Ratgeber Nacken-Schmerzen Rücken-Schule

Autor

  • Uwe Rückert (Autor:in)

Uwe Rückert, Jahrgang 1963, ist Facharzt für Orthopädie und Sozialmediziner. Der gebürtige Rheinländer arbeitet als Ärztlicher Direktor der Klinik Solequelle, Orthopädische Fachklinik für Rehabilitation in Bad Westernkotten (NRW). Neben zahlreichen Fachveröffentlichungen ist der Ratgeber „Rückerts kleine Rückenschule“ bei humboldt erschienen. Uwe Rückert lebt in Hamburg, ist verheiratet und Vater von fünf Kindern.
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Titel: Rückerts kleine Gelenkschule