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Wirke, wie du willst

Wie du deine Körpersprache gezielt einsetzt. Sicheres Auftreten, wenn es darauf ankommt

von Yvonne de Bark (Autor:in)
208 Seiten

Zusammenfassung

Authentisch, sicher, überzeugend – in Beruf und Privatleben

Ob wichtiges Meeting, Präsentation vor dem Chef oder das erste Date: Es gibt viele Momente in denen wir mit unserem Auftreten punkten möchten – beruflich und auch privat. Die Körpersprache zu schulen, hat aber nicht nur den Vorteil, dass man selbst selbstbewusst und souverän wirkt, sondern auch, dass man andere Menschen besser versteht. Wie fühlt sich das Gegenüber gerade? Welche Hinweise gibt mir seine Gestik und Mimik und wie reagiert man darauf am besten?

Tipps und Übungen von der Schauspielerin und Körpersprache-Expertin

Menschen zu verstehen, wird leider nicht in der Schule gelehrt. Profi-Schauspielerin und Körpersprache-Expertin Yvonne de Bark weiß jedoch, wie es geht. Egal, ob wir tough und kompetent oder einfach nur sympathisch erscheinen wollen – sie verrät, wann wir welche Haltung einnehmen sollten und was unsere Gestik und Mimik für einen Eindruck erweckt. Mit praktischen Tipps für jede Gelegenheit führt sie den Leser zu einer 100% authentischen Wirkung und einem sicheren Auftreten. Der perfekte Ratgeber für erfolgreiche Kommunikation.

Aus dem Inhalt:
• Echt authentisch!
• Mit Emotionen berühren
• Körpersprache richtig deuten
• Hinter die Maske sehen
• Beim ersten Mal beeindrucken
• Souverän und kompetent im Gespräch
• Partynetzwerkprofi werden
• Präsentationen gekonnt meistern
• Die Stimme, dein Instrument
• Auf Fotos gut aussehen
• Vor der Kamera glänzen

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


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Wenn wir klein sind, strecken wir unseren Bauch raus, schneiden Grimassen und betrachten in Forschermanier unseren Popel. Irgendwann sagt jemand auf dem Schulhof zu uns, dass wir doof sind, uncool, Streber oder Loser. Und wir hören darauf. Wir lassen es zu, dass uns jemand bewertet. Und wir werden zu dem, was die anderen von uns erwarten. Um dazuzugehören, passen wir uns an.

Ich war als Kind zu laut für meine Umgebung, ich war zu hektisch, und man gab mir das auch zu verstehen. Mein Schauspielagent hat einmal zu mir gesagt: „Wenn ich dich Regisseuren oder Produzenten vorstelle, gibt es nur eine Möglichkeit: Entweder sie lieben dich oder sie finden dich furchtbar. Dazwischen gibt es nichts.“ Heute weiß ich, warum. Ich bin eigentlich introvertiert, aber situationsbedingt extrovertiert. Wenn es damals in wichtigen Gesprächen darauf ankam, gab ich aber leider Vollgas. Vor allem, wenn ich mich besonders unwohl fühlte, kompensierte ich meine Unsicherheit mit Aufgedrehtsein. Vor lauter „gut wirken wollen“ schoss ich regelmäßig über das Ziel hinaus, machte blöde Witze, die niemand lustig fand und trat den Leuten dadurch, dass ich mein Herz auf der Zunge trage, gerne mal metaphorisch mit dem High-Heel-Absatz auf den nackten großen Zeh. Aber ich habe dazugelernt: Ich weiß mittlerweile, mit welchem Verhalten ich Leute erschrecke und wie ich stattdessen eine wunderbare Wellenlänge schaffen kann.

Durch meine Arbeit als Körpersprachecoach habe ich die evolutionären Trigger gelernt, auf die Menschen reagieren. Heute stehe ich auf der Bühne und bringe Menschen bei, wie sie so wirken können, wie sie wirken wollen, ohne sich zu verbiegen. Das Wichtigste ist, dass sie dabei bei sich bleiben und aus dem schöpfen, was ihnen ihre Lebenserfahrung und ihre Gene mitgegeben haben. Denn jeder ist wunderbar, so wie er ist.

Ich möchte mit diesem Buch keine opportunistischen Zombies erschaffen. Ich möchte, dass du so bleibst wie du bist, aber ich möchte, dass du so wirken kannst, wie du es selber möchtest. Dein Freund, deine Freundin, dein Partner oder deine Partnerin lieben dich genau so, wie du bist. Deine Kunden, Geschäftspartner oder Mitarbeiter lieben dich noch nicht? Das müssen sie auch nicht alle. Aber ich möchte dir zeigen, was du tun kannst, damit du in der Kommunikation mit deinen Mitmenschen das erreichst, was du erreichen möchtest.

Was dich in diesem Buch erwartet

Ich bin ausgebildete Schauspielerin und stehe seit meinem 18. Lebensjahr vor der Kamera. Mittlerweile gebe ich seit vielen Jahren Seminare und halte Vorträge über Körpersprache und Auftreten. Hin und wieder mache ich auch ein Einzelcoaching. Ich habe festgestellt, dass die Wirkungsarbeit dem Wirkungswissen bei Weitem vorgezogen wird. Evolutionäre Hintergründe sind nett zu wissen, aber wie kann das auf die eigene Außenwirkung umgesetzt werden? Deswegen habe ich mich entschlossen, nicht zu schwafeln. Ich biete dir knallharten Input: ein wertvolles Wirkungsnugget nach dem anderen.

Menschen zu verstehen wird nicht in der Schule gelehrt. Leider. Die Körpersprache gibt noch vor dem Wort wichtige Hinweise, wie sich jemand fühlt. Das ist ein wertvoller Schatz, der den Umgang und die Kommunikation mit anderen großartig macht. Dann noch zu wissen, wie du auf das, was du beim anderen beobachtet hast, reagieren kannst, ist nicht nur für deinen Geldbeutel, sondern auch für dein eigenes Wohlbefinden Gold wert.

Nach der Lektüre dieses Buches wirst du erkennen, ob sich jemand unwohl oder wohlfühlt. Du wirst wissen, was du tun musst, wenn du bestimmte körpersprachliche Signale siehst, und vor allem, wie du mit deiner eigenen Wirkung das erreichen kannst, was du möchtest. Das muss nicht immer positiv sein. Manchmal wollen wir einfach nur Kontra geben und emotional sein, und auch hier solltest du wissen, was du mit deinem Verhalten bewirkst. Was du von diesem Buch erwarten kannst:

Du wirst lernen, wie du vom ersten Augenblick strahlst, wie du charismatisch wirkst und wie du Menschen für dich begeistern kannst.

Du wirst mehr Selbstbewusstsein haben, kompetent wirken und überzeugend auftreten.

Du wirst einen bleibenden Eindruck hinterlassen und den Personen, die du triffst, in Erinnerung bleiben. Das hat nicht nur mit Körpersprache zu tun, sondern mit deinem gesamten Auftreten, das sich gegenüber Kunden, Kollegen und Freunden ändern wird.

Du wirst feststellen, dass du in Verhandlungen sicherer und souveräner wirst, dass du in deiner privaten und beruflichen Umgebung positiver wahrgenommen wirst.

Du wirst auf Netzwerkveranstaltungen keine Probleme haben, die richtigen Kontakte für dich zu begeistern.

Du wirst in deiner täglichen Kommunikation Missverständnisse reduzieren.

Du wirst deine eigene Authentizität finden und wissen, wie du im Kern bist und was davon auf dein Gegenüber wirkt.

Du wirst deine Wahrnehmung schärfen und wissen, wie du auf das, was du wahrgenommen hast, so reagieren kannst, dass du das bewirkst, was du bewirken möchtest.

Deine Körpersprache ist mit dir gewachsen. Sie zeichnet dich aus. Was ich dir hier mitgebe, sind Hacks, Tipps, Übungen und Ideen, wie du mögliche Wünsche in deinen zwischenmenschlichen Interaktionen erfüllen kannst, um das zu erreichen, was du willst, egal ob mehr Geld, Anerkennung, Liebe oder Sicherheit.

Du bist, wer du bist, und genau von dieser Position aus kannst du werden, wie du willst. Wenn du weißt, was du kannst und wo du stehst, weißt du auch, was du erreichen kannst und was nicht. Ein Fußballspieler, der auf der Position des Stürmers spielt und dort brillant ist, wird nie ein Torwart werden. Ich werde in meinem Leben nie eine gute Verkäuferin werden, weil ich einfach keinen Drang verspüre, jemandem etwas zu verkaufen. Andere wiederum brennen dafür und sind richtig gut darin.

Auf meiner Seite www.yvonnedebark.de findest du den Mikromimiktest, bei dem du herausfindest, wie gut deine Wahrnehmung bereits ist.

image    https://yvonnedebark.de/wirke-wie-du-willst/

„Hallo wach“ in jeder Situation

Der erste Input, den ich dir geben möchte, ist eine Übung, die du vor jedem wichtigen Termin und vor jeder Präsentation machen kannst, um fokussiert zu sein. Die Übung vernetzt die rechte und linke Gehirnhälfte, sie weckt dich auf und aktiviert für alles, was du danach leisten musst. Ich mache diese Übung mit meinen Teilnehmern, bevor wir ein Tagesseminar starten. Die rechte Gehirnhälfte steuert die linke Körperhälfte, und die linke Gehirnhälfte die rechte. Also werden wir eine Übung machen, bei der jede Gehirnhälfte auf seine Kosten kommt.

ÜBUNG

So, nun bist du wach und konzentriert. Es kann losgehen! Ich wünsche dir viel Erfolg!

 

Deine

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Yvonne de Bark

ECHT AUTHENTISCH!

Authentizität – ein viel zitierter Begriff. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Und ist es nun gut oder eher schlecht, authentisch zu sein? Wann es sich lohnt, sich authentisch zu zeigen, und wann du besser damit hinter dem Berg hältst, erfährst du in diesem Kapitel.

„Sich wirklich zu zeigen, erfordert Mut.“

Sei, wie du bist – oder lieber nicht?

Die Bremsleuchten der vor dir fahrenden Autos leuchten plötzlich hell auf. Du steigst in die Bremse, so wie sämtliche Autos vor und nach dir. Es kommt zum absoluten Stillstand auf vier Spuren. Die Fahrbahn nadelöhrt sich an dieser Stelle geschmeidig in eine Baustelle, und der Fahrfluss stoppt beim ungeregelten Einfädeln so vieler Autos komplett. Deine großzügig kalkulierte halbe Stunde Puffer frisst sich zweispurig vor sich hinschleichend Minute für Minute auf. Du beobachtest die Schnecken am Wegesrand, die dich im raschen Vorbeikriechen hämisch angrinsen. Dann geht es auf den zwei Baustellenspuren endlich weiter. Erstaunlicherweise hast du jetzt nahezu freie Bahn auf der linken Spur. Du drückst ein wenig auf die Tube und freust dich an der sich rasch nach rechts bewegenden Tachonadel und den vorbeifliegenden Baustellenbegrenzungspfosten, die dir eine entspannende visuelle Rückmeldung über die wenigstens minimal aufgeholte Zeit geben.

Ein plötzlicher greller, roter Blitz vom Wegesrand kündigt an, dass du dich aber bald nur mehr über überteuerte Fahrdienste oder schlecht präparierte Radwege beklagen wirst können: Geblitzt. Erwischt. Führerschein ade. Gestresst, genervt und mit adretten Schweißflecken im Hemd betrittst du wenig später den Meetingraum, in dem der wichtigste Termin des Tages schon wartet und bei deinem Erscheinen einen unmissverständlich vorwurfsvollen Blick auf die Uhr wirft.

Was wirst du tun? Wirst du authentisch sein? Wirst du so sein, wie du bist? Nicht inszeniert, ganz ehrlich an deine momentanen Gefühle angeschlossen und völlig echt? Das bedeutet: Du knallst deine Unterlagen auf den Tisch, verfluchst in unflätiger Weise „diese Abzocker von Bullen“ und brichst dann schluchzend in den Armen deines Termins zusammen, weil du nicht weißt, wie du die nächsten Monate ohne Auto bewerkstelligen sollst.

Das wäre wahrscheinlich die authentischste Variante. Aber du wirst sie nicht wählen, denn du bist dir deiner Rolle bewusst: Deinen Termin interessiert nicht, welchen Kiesel du im Schuh hast.

Der Begriff „authentisch“

Authentisch bedeutet im Wortsinn „echt“, „als Original befunden“. Authentisch ist alles, was nicht inszeniert ist. Wir fühlen instinktiv, wenn an dem anderen etwas nicht stimmt. Wir spüren, dass er uns etwas „vorspielt“. Dann sprechen wir davon, dass er nicht „authentisch“ ist. Und das schreckt uns ab. Ein wichtiges psychologisches Grundbedürfnis eines Menschen ist, zu wissen, woran er ist.

Viele behaupten, Mario Barth beispielsweise sei sehr authentisch auf der Bühne. Glaubst du wirklich, dass Mario Barth zu Hause genauso ist wie auf der Bühne? Wir spielen die Rolle, die uns in der jeweiligen Situation zugeteilt ist oder die wir freiwillig angenommen haben. Mit jeweils einem anderen Ziel. Wir spielen unterschiedliche Rollen, die jede für sich eine eigene Authentizität erfordert. Erst wenn Außen und Innen zusammenpassen, dann wirken wir echt.

Als ich einmal von der Bühne herunterkam und mich unter die Leute mischte, klopfte mir jemand auf die Schulter und sagte: „Das ist so toll, wie Sie das machen. Sie wirken so total authentisch!“ Ich dachte nur: „Das ist schön, aber Sie sollten mich mal authentisch sehen, wenn mein Mann den Müll nicht rausgebracht hat …!“

Muss ich emotional sein, um authentisch zu wirken?

Ja und nein. In ausgeprägten emotionalen Zuständen sind wir unter keinen Umständen fähig, die Mimik zu kontrollieren, unsere Atmung zu steuern oder unser Verlangen nach Schutz körpersprachlich zu unterbinden. Aus evolutionärer Sicht muss das auch so sein.

Unsere Emotionen, die wir nach außen zeigen, liefern dem Gegenüber wichtige, existentielle Informationen über die aktuelle Situation. Uns ist die Angst ins Gesicht geschrieben, wenn der Säbelzahntiger im Gebüsch raschelt. Wir zeigen mimische Ausdrücke von Überraschung, wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht. Und wir zeigen Signale der Freude, wenn alles entspannt ist. Je intensiver wir fühlen, desto authentischer wirken wir nach außen. Das heißt aber nicht, dass eine Person nicht authentisch ist, wenn sie nicht emotional ist.

Eine der häufigsten Anforderungen an mich als Coach für Außenwirkung ist: „Liebe Frau de Bark, ich möchte nicht, dass die anderen meine Emotionen in der Körpersprache lesen können.“ Ich antworte: „Dann wandeln Sie die Emotion doch einfach um. Wenn Sie wütend sind und es nicht sein wollen, akzeptieren Sie es kurz, atmen Sie aus und schütteln Sie es dann ab. Lassen Sie für den Moment, in dem Sie nicht wütend sind, die Wut Wut sein und pushen sich mit guten Erinnerungen, Gefühlen und Gedanken. Wütend sein können Sie später immer noch. Und noch etwas: Es gibt Situationen, in denen es durchaus angemessen ist, wenn das Gegenüber merkt, was in Ihnen vorgeht.“

Wirke ich authentisch, wenn ich Fehler mache?

Ja! Wir alle machen Fehler. Und deswegen lieben wir es, wenn wir kleine Fehler am anderen erkennen. Es beruhigt uns. Perfektion macht uns unsicher, weil sie unnatürlich ist. Sie ist zu glatt. Und auf einer glatten Oberfläche kann man ausrutschen. Wir mögen diese Menschen nicht, bei denen alles irgendwie perfekt ist. Stell dir vor, du betrittst die Wohnung eines Bekannten zum ersten Mal. Grillfest. Die Wohnung ist toll eingerichtet, der Garten akkurat getrimmt. Dein Bekannter stellt dir seine Frau vor. Die beiden könnten in einem Möbelkatalog auf der Titelseite als „Wir haben nicht nur uns, sondern auch unser Traumhaus gefunden“-Paar abgebildet sein.

Du wirfst einen verzweifelten Seitenblick zu deinem Partner, der sagt: „Hauptsache, wir lieben uns.“ Es fehlt nur noch … und just in diesem Moment kommt ein perfekt gepflegter Golden Retriever mit glänzendem Fell um die Ecke, um dich wohlerzogen zu begrüßen. Gerade berechnest du, wie viele Bier du in welcher Zeit trinken musst, um diese Perfektion zu ertragen, da erscheint eine gepiercte, ganzkörpertätowierte junge Frau mit halb rasiertem Schädel und Ratte auf der Schulter auf der Terrasse, „Hi Paps!“, schnappt sich ein Bier und verschwindet.

Dein Bekannter blickt dich peinlich berührt an. Und das ist der Moment, in dem sich alles in dir entspannt, dein Atem ruhiger wird und du beginnst, deinen Bekannten für diese Unperfektheit zu lieben.

Warum authentisch sein nicht immer angebracht ist

Authentizität ist ein hohes Gut, aber die Welt ist eine Bühne, und wir sind ihre Schauspieler. Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und mit der richtigen inneren Haltung wirken wir echt. Und manchmal können und wollen wir es kontrollieren. Weil wir es müssen.

Ich saß mit meiner Begleitung in einem Restaurant und freute mich auf das Essen. Doch die Kellnerin war schlecht gelaunt und scherzte nicht wie sonst mit mir. Dass sie nicht die Karte auf den Tisch knallte, war ein Wunder. Sie schien völlig authentisch, denn sie ließ alles raus, was sie im Inneren fühlte. Alles stimmte an ihr, so wie sie sich gab. Allerdings fiel sie aus ihrer Rolle der Dienstleisterin, und ihre Stimmung übertrug sich auf uns, und das ist ein No-Go. Wenn ich auf der Bühne stehe oder vor der Kamera, dann gibt es keine Frage, ob ich Sorgen habe oder nicht. Dann zählt nur, die Rolle zu erfüllen.

Die Authentizität der Situation anpassen

Auf einem Kongress lernte ich einen Auftraggeber für meinen Vortrag kennen. Er war CEO in einem großen Unternehmen, das knapp 2,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr machte. Er wirkte auf mich ausgesprochen freundlich. Auch als Mitarbeiter zu unserem Gespräch hinzukamen, bemerkte ich einen sehr freundschaftlichen Umgang. Die Stimmung war wunderbar locker, und man spürte, dass sich alle mit ihrem Chef wohlfühlten. Nach dem Mittagessen erblickte ich ihn, wie er auf einen Mitarbeiter zuging. Seine Körpersprache war jetzt völlig verändert. Er wirkte zielstrebig und ernst. Der gleiche Mensch, aber mit einem anderen Ziel. Ein Mensch, der sehr genau wusste, was er wollte. Ich hörte ihn mit fester Stimme zu dem Mitarbeiter sagen: „Komm mal bitte mit, ich muss was mit dir besprechen.“ An der Körpersprache des Mitarbeiters wurde klar, dass es nicht um die Planung eines Kindergeburtstags gehen würde. Ich war zu tiefst beeindruckt, wie schnell der CEO seine Authentizität der Situation anpassen konnte, so dass er genau die Wirkung erzielte, die er wollte.

image       TIPP

Dein Fokus verändert deine Körpersprache. Wenn du weißt, was du willst, wirst du automatisch durchsetzungsfähig wirken.

Wie die Evolution uns prägt

Wenn man bedenkt, dass wir uns über Jahrtausende unserer Evolutionsgeschichte durch Körpersprache verständigt haben und die Sprache, so wie wir sie kennen, eine relativ junge Entwicklung ist, ist es keine Überraschung, dass unser Gehirn immer noch auf evolutionäre Trigger reagiert. In der Steinzeit mussten wir schnell erkennen, ob wir wegrennen mussten oder bleiben konnten. Die Fähigkeit, Körpersprache lesen zu können, hat sich für unser Überleben als überaus nützlich erwiesen. Zeigte ein Gruppenmitglied Signale der Angst, wussten wir unbewusst, dass wir uns zum Rennen bereit machen mussten. Zeigte ein Gruppenmitglied Kooperationsbereitschaft oder vielleicht sogar die Bereitschaft zur Reproduktion, konnten wir bleiben und genießen. Unser Gehirn erkannte schnell, ob wir Freund oder Feind vor uns hatten oder Gefahr drohte, wenn z. B. ein Jagdkollege neben uns erstarrte, wenn er ein Raubtier im Gebüsch entdeckt hatte.

Heutzutage ist es in unserer Kultur nicht mehr nötig, solche existenzbedrohenden Gefahren zu erkennen: Es laufen einfach viel weniger Menschen mit Speeren oder Knüppeln durch die Gegend, die ihren Stamm verteidigen wollen. Dennoch reagiert unser Gehirn stark auf Signale, die vermitteln, dass wir jemanden vom gleichen Stamm vor uns haben. Denn in der Gruppe sind wir sicher. Die Gruppe gibt uns Schutz vor Feinden tierischer Art oder auch vor feindlichen Stämmen.

Teil des „Stammes“ werden

Wie wichtig das ist, habe ich am eigenen Leib erfahren. Ich war in einer Eventarena vom Geschäftsführer zu einem Konzert eingeladen worden. Ich freute mich sehr. Als ich die Loge betrat, waren dort schon einige andere Gäste. Ein paar davon drehten sich zu mir um. Ich nickte ihnen freundlich zu und sagte: „Hallo.“ Die Gäste aber blickten mich ausdruckslos an und grüßten nicht zurück. „Okay“, dachte ich, „das kann ja heiter werden.“ Ich stellte mich an einen freien Stehtisch und hielt mich befremdet an meinem Glas Weißwein fest. Es war noch Zeit, bis das Konzert begann, also ging ich noch auf die Toilette, und als ich den Türgriff berührte, hatte ich das Gefühl, dass sich irgendetwas in meinem Rücken tat. Ich blickte mich um und sah, dass ein Mann aus der Gruppe mich mit seinem Smartphone fotografierte. Irritiert ging ich auf die Toilette und stellte mich wenige Minuten später wieder an meinen Tisch. Kurz vor Beginn des Konzerts öffnete sich die Tür zur Loge, und der Geschäftsführer trat ein. Er kam zu mir an den Tisch: „Hallo, Frau de Bark, wie schön, dass Sie es geschafft haben. Wie gefällt es Ihnen?“ Ich versuchte nicht allzu gequält zu lächeln: „Gut, gut.“ In diesem Moment trat der Mann, der das Foto gemacht hatte, zwischen uns, ignorierte mich vollständig und sagte zu dem Geschäftsführer: „Was macht die denn hier?“ Ich konnte jedes Wort hören, das er sagte. Der Geschäftsführer antwortete: „Das ist mein Gast.“ Der Silberrücken beugte sich noch weiter zu ihm und raunte grimmig: „Sie müssen schon verstehen, wir haben unsere Wertgegenstände und Jacken hier.“ Dann wandte er sich um und ging. Ich blickte den Geschäftsführer fragend an. Der winkte nur ab, dann klingelte sein Handy. Ich verließ fünf Minuten später die Loge. Auf das Konzert hatte ich keine Lust mehr, und auf der Fahrt nach Hause rannen mir Tränen die Wangen herunter: Noch nie hatte ich mich so gedemütigt gefühlt.

Als mich zu Hause meine damals 12-jährige Tochter empfing und mein aufgelöstes Gesicht sah, erzählte ich ihr, was vorgefallen war. Sie nahm mich in den Arm und sagte ruhig: „Mama, das ist, weil du nicht Teil der Gruppe warst. Und weil du alleine warst, warst du wie ein angeschossenes Tier, auf das sie losgehen konnten. Sie hatten Angst vor dir.“ So wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, ein Teil des Stammes zu sein.

Das Distanzbedürfnis einschätzen

Unser Körper sendet Signale durch Körperhaltung, Gesten, Mimik, Stimme und Geruch. Im weiteren Verlauf des Buches wirst du noch viele Tipps zu den einzelnen Signalen bekommen, ich möchte hier auf ein Signal eingehen, das häufig vernachlässigt wird, meiner Erfahrung nach aber zu einem der einfachsten und wichtigsten Signale gehört, die unser Körper senden kann: das Distanzverhalten.

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Lass die Person auf dich zugehen und die Distanz verringern. Bitte sie, stehen zu bleiben, sobald du laut „Stopp!“ sagst.

Jeder hat ein individuelles Distanzbedürfnis. Manche können Nähe besser ertragen, andere fühlen sich unwohl, wenn sie näher als auf Armlänge bei jemandem stehen müssen. Dabei kommt es natürlich auf kulturelle Unterschiede an sowie darauf, wie gut wir die Personen kennen. Um dein ganz persönliches Distanzbedürfnis zu bestimmten Personengruppen herauszufinden, kannst du folgende Übung machen.

Nun kennst du dein Distanzbedürfnis bei dieser Person. Spannend wird es, wenn du auf fremde Personen triffst. Das kannst du in Wartebereichen, am Bahnhof oder im Supermarkt testen. Im Winter ist das Distanzbedürfnis übrigens geringer, weil wir alle dicke Kleidung tragen. Da ist es nicht so schlimm, wenn sich in der S-Bahn mal eine Daunenjacke spürbar an uns vorbeischiebt. Die Kleidung wirkt in diesem Fall wie ein Schutz. Im Sommer dagegen würden wir erschrocken zusammenzucken, wenn uns plötzlich nackte Haut auf nackter Haut streift.

Es ist erstaunlich, wie unbewusst Menschen darauf reagieren, wenn ihr Territorium von Fremden betreten wird. Ich teste das manchmal an der Ampel oder im Aufzug, indem ich mich nur wenige Zentimeter in das Territorium einer anderen Person hineinbegebe. Sie weicht aus, indem sie ihr Gewicht auf das andere Bein verlagert, oder schützt ihre „Wohlfühlblase“, indem sie ihre Tasche höher nimmt.

Es gibt noch eine Besonderheit bei den unterschiedlichen Distanzbedürfnissen. Die Körpergröße spielt eine nicht ganz unwichtige Rolle. Besonders große oder besonders kleine Menschen haben das Bedürfnis, ein wenig weiter weg zu stehen, wenn sie sich unterhalten. Das liegt daran, dass sie dann mehr von dem anderen sehen.

Es gibt Menschen, die überhaupt kein Distanzgefühl haben. Sie reden mit dir auf einer Party und rücken immer mehr nach, je mehr du versuchst, deine Wohlfühldistanzzone zu bewahren. Das geht manchmal so weit, dass sie dich buchstäblich an die Wand reden. In diesem Fall kannst du einen Fuß nach vorne stellen, so dass der andere nicht noch näher herankommen kann. Eine Möglichkeit, die eine große Portion Mut erfordert ist, die Körperhaltung zu straffen und in sein Territorium einzudringen, sprich auf ihn zuzugehen.

MIT EMOTIONEN BERÜHREN

Empathie bedeutet zu fühlen, was der andere fühlt. Es bedeutet, aus deinen eigenen Schuhen heraus und in die Schuhe des andern zu schlüpfen. Wenn wir das tun, wirkt unsere Körpersprache automatisch anziehend auf den anderen, denn er fühlt sich verstanden. Aber Empathie ist nicht nur zu versuchen, die Gefühle des anderen zu verstehen, sondern in seine Welt einzutauchen und seine Gefühle mitzufühlen. Wie das geht, erfährst du in diesem Kapitel.

„Gefühle sind die Fundamente der Erinnerungen.“

Ohne Empathie geht es nicht

Die schlimmste körpersprachliche Folter in der zwischenmenschlichen Kommunikation ist es, keine Empathie zu zeigen. Dazu gibt es ein spannendes Experiment mit Müttern und ihren Babys. Es heißt Still Face Experiment. Dabei wurden Mütter gefilmt, während sie sich mit ihren Babys beschäftigten, lachten und deren Mimik spiegelten. Dann wurden die Mütter gebeten, keine Mimik mehr zu zeigen, die Kinder aber weiterhin anzublicken. Die Babys reagierten unterschiedlich, aber alle irritiert. Das eine versuchte, die Aufmerksamkeit seiner Mutter zurückzubekommen, in dem es laut quietschte. Das andere blickte verwirrt im Raum umher, und ein anderes begann zu weinen.

Das zeigt: Wir brauchen das emotionale Feedback eines Menschen, um zu wissen, woran wir sind, um sicher sein zu können, dass der andere uns versteht. In vielen Experimenten hat man herausgefunden, wie schnell schon die Kleinsten in der Lage sind, Emotionen zu erkennen. Sie teilen ein Spielzeug, wenn sie sehen, dass der andere traurig ist. Sie halten inne, wenn sie sehen, dass die Mutter Angst zeigt. Sie freuen sich, wenn ein geliebter Mensch lacht.

Hast du schon einmal bei einem Film mit dem Protagonisten mitgeweint? Wenn die Situation nachvollziehbar ist, der Komponist auch noch eine herzzerreißende Musik unter die Szene legt und dann auch noch Tränen kullern, ist man oft verloren. Als Schauspielerin ist es ja auch meine Aufgabe, das Mitfühlen der Zuschauer anzuregen. Ein Regisseur sagte einmal vor einer traurigen Szene zu mir: „Es müssen nicht unbedingt Tränen fließen. Wenn du es fühlst, wird es auch der Zuschauer fühlen.“ Und so ist es auch.

Um diesen gewaltigen Einfluss der anderen auf unser Wohlbefinden zu demonstrieren, bitte ich in meinen Seminaren einen Teilnehmer, zu mir nach vorne zu kommen und mir eine kurze Geschichte zu erzählen, über irgendetwas, das er kürzlich erlebt hat, etwa den letzten Urlaub. Beim ersten Mal höre ich zwar zu, zeige aber keinerlei Regung in der Mimik. Ich nicke nicht einmal leicht, sondern blicke den Erzählenden durchgehend aufmerksam an. Meistens brechen die Erzählenden schon nach ein paar Sätzen frustriert ab: Sie haben plötzlich keine Lust mehr zu erzählen. Als Antwort, warum sie nicht weitererzählen, geben alle an, dass sie das Gefühl haben, ihre Geschichte interessiere mich sowieso nicht.

Wir brauchen das emotionale Feedback des Gegenübers, um sicher zu sein, dass es uns versteht. Bei der zweiten Variante gehe ich emphatisch mit. Ich lächle, wenn etwas Schönes erzählt wird, ich staune, wenn etwas Großartiges erzählt wird, und ich fühle mit, wenn ich höre, dass der Teilnehmer drei Stunden gebraucht hat, um die Ferienwohnung zu finden. Auch bei der Kakerlake unter dem Bett bin ich ganz bei seinem Ekel dabei. Wenn ich danach frage, wie er sich jetzt gefühlt hat, kommt ein Lächeln und: „Guuut!“

Wie du Empathie übst

Es gibt Menschen, die von Natur aus nicht in der Lage sind, Gefühle in der Mimik zu lesen oder zu zeigen. Rund zehn Prozent der Deutschen haben dieses Persönlichkeitsmerkmal in unterschiedlich starken Ausprägungen. Es nennt sich Alexithymie und wird auch als Gefühlslegasthenie oder Gefühlsblindheit bezeichnet. Die Ursachen sind noch nicht ganz erforscht. Sicher ist nur, dass die betroffene Person nichts dafür kann und ihr extra viel Empathie und Verständnis entgegengebracht werden sollte. Und dann gibt es andere, denen man jede Stimmungsveränderung sofort ansieht und die selber eine besondere Gabe haben, Gefühle und Stimmungen anderer zu erkennen.

Die erste Voraussetzung, um sich gedanklich und gefühlsmäßig in die Schuhe des anderen zu begeben, ist, ihm zuzuhören. Versuche nicht, schon vorauszudenken, was du als Nächstes sagen könntest, sondern sei ganz bei deinem Gegenüber. Empathie zu zeigen, bedeutet nicht, auf der kognitiven Ebene zu sagen: „Ich verstehe dich.“ Das ist zwar ein gutes Mittel, um dem anderen ein gutes Gefühl zu geben, aber es bleibt an der Oberfläche. Da das mittlerweile jeder Kommunikationstrainer schult und fast jeder schon einmal gehört hat, wird es oft auch schon als manipulative Floskel interpretiert, die eher das Gegenteil erreicht.

Es gibt aber eine Möglichkeit, wie du emphatisch wirken kannst und „Ich verstehe dich“ sagen kannst: Such dir ein Detail aus dem, was dein Gegenüber gesagt hat, und paraphrasiere, also wiederhole mit deinen eigenen Worten, was du gehört und verstanden hast. So kann dein Gegenüber sicher sein, dass du inhaltlich völlig bei ihm bist. Da er in seiner eigenen Welt eine Emotion mit seinem Gesagten verknüpft hat, geht er davon aus, dass du das Gleiche empfindest, wenn du das Gleiche sagst.

Beispiel: „Dieser Idiot, ich habe ihm gestern gesagt, dass ich mit den Unterlagen für unser gemeinsames Projekt nicht so schnell fertig werde, und was macht er? Er schwärzt mich beim Chef an, dass ich wieder mal zu langsam bin. Vollidiot!“ „Oje, das kann ich gut verstehen, dass du sauer bist, weil es der Chef ja gar nicht hätte erfahren müssen, dass du es nicht so schnell schaffst.“

Mit Empathie Sprachbarrieren überwinden

Beim Abendessen einer Bekannten war ich begeistert von dem Mann neben mir, wie empathisch er auf mich einging. Bei allem, was ich erzählte, ging er emotional mit. Ich fühlte mich sehr wohl, eines aber irritierte mich: Er schien teilweise schon vorher zu wissen, was ich erzählen würde, denn er zeigte schon vor meinem Satz das passende Gefühl. Später erzählte ich meiner Bekannten meine Beobachtung. Sie lachte und sagte, der Mann höre sehr schlecht und lese stattdessen sehr genau in Gesichtern – und weil er darin so gut war, konnte er die Emotionen spiegeln, noch bevor sie mir bewusst waren.

Umgekehrt kann man das ebenfalls für sich nutzen: Ich sprach in einem Reisebus auf der Fahrt zurück ins Tagungshotel mit einem Franzosen, der nur gebrochen Englisch konnte. Er sprach mit einem Enthusiasmus, der mich vermuten ließ, dass er tolle Geschichten erzählte. Ich wollte nicht unhöflich sein, und in meiner Hilflosigkeit spiegelte ich seine Gesichtsausdrücke, nickte ab und zu begeistert oder hob die Augenbrauen, wenn seine Erzählung anscheinend eine Wendung annahm. Ich hatte keine Ahnung, was er erzählte, aber sein Kommentar beim Aussteigen: „Das war ein sehr schönes und interessantes Gespräch.“

Wenn du die Empathie völlig außen vor lässt, etwa weil du sehr nervös bist, dann kann es dir gehen wie mir in einem der peinlichsten Momente meines Lebens. Ich hatte die weibliche Hauptrolle in einem Italowestern mit den Filmsöhnen von Bud Spencer und Terence Hill ergattert, und zum Kennenlernen der Crew waren wir bei Bud Spencer, im wirklichen Leben Carlo Pedersoli, zum Spaghettiessen eingeladen. Bud saß am Kopfende, mich setzte man direkt an seine rechte Seite. Ich war so nervös – Bud Spencer war der Held meiner Kindheit! Vor lauter Nervosität plapperte ich wie ein Wasserfall, Englisch und Deutsch, wie es eben gerade kam. Carlo lachte ab und zu und hob sein Glas zum Anstoßen. Mein Tischnachbar wollte mir etwas sagen, aber die Gelegenheit, mit „meinem“ Bud Spencer zu plaudern, ließ ich mir durch nichts und niemanden nehmen. Ich erzählte ihm, wie toll ich Italien fand, wie sehr ich mich auf die Dreharbeiten freute und wie sehr ich seine Filme mochte. Er nickte immer sehr freundlich und lächelte. Endlich fasste ich Mut: „Carlo, darf ich mal etwas fragen? Das wollte ich schon immer wissen: Terence und Sie, sind Sie auch im echten Leben Freunde?“ Stille. Carlo blickte mich an und lächelte wieder. Da stupste mich mein Tischnachbar an: „Carlo spricht kaum Deutsch, und Englisch kann er auch nicht.“

Steuere deine Emotionen

Wann ist es gut, Emotionen zu zeigen und wann nicht? Wer Gefühle zeigt, ist leidenschaftlich, wirkt authentisch und lebendig. Wir lieben es, Emotionen zu sehen. Das gibt uns das Gefühl zu wissen, woran wir sind. Zeigt jemand keine Emotion, glauben wir, er will etwas verbergen. Erschreckenderweise gilt das auch für negative Emotionen. Das beste Beispiel ist Donald Trump. Er polterte während des Wahlkampfs durch Amerika und wurde dadurch, dass er so offen seine Emotionen zeigte, als ehrlicher wahrgenommen als seine Kontrahentin Hillary Clinton.

Möchtest du in manchen Situationen deine Emotionen kontrollieren, weißt aber nicht, wie? Dein Körper hilft dir dabei. Er sendet durch körpersprachliche Signale an das Gehirn, in welcher Emotion er sich befindet. Und das Gehirn schickt die erforderlichen Hormone los, um die Emotion zu unterstützen.

Grundemotionen aktiv hervorrufen

Wut und Ärger: Wut zu zeigen war lange im Business verpönt. Das hat sich gewandelt. Führungskräfte beispielsweise gehen dazu über, ihre Emotionen offener zu zeigen. Ob das immer gut ist, sei dahingestellt, Fakt ist aber: Emotionen verbinden, wenn auch manchmal auf die harte Tour.

Du kannst Wut in dir hervorrufen, wenn du die Stirn runzelst und die Zähne und Lippen aufeinanderpresst.

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Sobald wir die Emotionen des anderen in unserem Gesicht spiegeln, beginnen wir sie ebenfalls zu fühlen. Es gibt aber eine Emotion, von deren Nachahmung ich abrate, die Wut. Spiegelst du jemanden, der wütend ist, kann sich das leicht aufschaukeln. Ist jemand wütend, spiegle nicht wütend, reagiere nicht verächtlich und nicht ängstlich. Reagiere traurig. Damit rechnet niemand, und es sorgt für eine solche Verwirrung, dass die Wut sich etwas legen kann.

Ekel: Die Urgrimasse des Ekels ist ein geöffneter Mund und eine herausgesteckte Zunge. Das Überbleibsel des Würgereflexes, der unsere Vorfahren vor giftigen Pflanzen und verdorbenen Speisen geschützt hat. Forscher haben herausgefunden, dass die gleichen Hirnareale wie für Ekel aktiv werden, wenn wir unfair behandelt werden.

Du kannst Ekel in dir hervorrufen, wenn du die Nasenflügel rümpfst und die Stirn nach unten ziehst.

Verachtung: Verachtung kann positive oder negative Hintergründe haben. Es kann bedeuten, dass derjenige stolz ist und sich über die andere Person hinweghebt. Oder sie missbilligt ein Verhalten oder eine Information.

Du kannst Verachtung in dir hervorrufen, indem du einen Mundwinkel nach oben ziehst.

Trauer: Wenn wir traurig sind, sind unsere Sinne geschärft. Wir können Lügen besser entlarven und Botschaften hinter der Sprache besser erkennen. Das liegt daran, dass wir in negativer Stimmung mit Gefahr rechnen.

Du kannst Trauer in dir hervorrufen, indem du die Mundwinkel nach unten ziehst, deine Stirn in Falten legst und die Augenbrauen zusammen und nach oben ziehst. Schiebe zusätzlich deine Unterlippe nach vorne. Halte das ein paar Sekunden, und die Tränen kommen.

Angst: Angst ist die Emotion, die am schnellsten erkannt wird. Sie steht uns sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben.

Du kannst Angst in dir hervorrufen, indem du die Augen aufreißt, die Augenbrauen hoch- und die Mundwinkel nach außen ziehst.

Überraschung: Überraschung kommt vor Angst oder Freude. Alle Informationsaufnahmekanäle gehen auf, Augen, Mund, Ohren.

Du kannst Überraschung in dir hervorrufen, indem du die Augen aufreißt, die Augenbrauen nach oben ziehst und deinen Mund öffnest.

Freude: Echtes Lächeln erkennst du, wenn sich kleine Fältchen um die Augen bilden.

Du kannst das Gefühl von Freude in dir hervorrufen, indem du die Mimik des Lächelns nachahmst. Verziehe die Mundwinkel zu einem breiten Grinsen, und nach wenigen Sekunden verspürst du gute Laune.

 

 

Lösungen: 1 Angst, 2 Ekel, 3 Freude, 4 Trauer, 5 Überraschung, 6 Verachtung, 7 Wut

 

 

Wenn du weißt, wie du diese Emotionen hervorrufen kannst, weißt du auch, wie du sie kontrollieren kannst. Nämlich indem du körpersprachliche Signale benutzt, die etwas anderes als die gerade empfundene Emotion ausdrücken.

Dein Körper hat einen machtvollen Einfluss auf deine Emotionen. Probiere es aus:

Halte den Kopf hoch, und es fällt dir schwer, traurig zu sein. Es gibt sogar die Vermutung, dass ein Computerbildschirm auf Augenhöhe bessere Laune macht und so zu produktiverer Arbeit führt.

Strecke die Brust raus und stemme die Hände in die Hüfte. Damit fällt es dir schwer, unsicher zu sein.

Zieh die Augenbrauen gerade nach oben und versuche jetzt, wütend zu sein. Und? Es geht nicht, denn das ist die Mimik der Überraschung, und die ist völlig auf Informationsaufnahme gepolt und auf keine anderen Gefühle.

KÖRPERSPRACHE RICHTIG DEUTEN

Als ich begann, mich intensiv mit Körpersprache zu beschäftigen, veränderte sich die Welt um mich herum. Ich sah plötzlich Menschen, die das eine sagten, mit dem Körper aber etwas anderes ausdrückten: eine gebeugte Haltung, nervöse Hände, rote Flecken am Hals, abwehrend verschränkte Hände. Körpersprache zu richtig deuten, bedarf der Übung. Ich zeige dir in diesem Kapitel, worauf du achten musst, wenn du Signale siehst, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Und auch, was du machen kannst, um herauszufinden, ob du richtig liegst.

„Manche Menschen sprechen mit ihrem Körper so laut, dass einem die Augen weh tun.“

Signale erkennen

Die Körpersprache ist die universellste Sprache. Distanzverringerung zusammen mit einem verliebten Blick versteht jeder irgendwie. Auch ein wütendes Gesicht zu erkennen, ist uns in die Wiege gelegt. Das hat unserer Spezies schon in der Steinzeit das Leben gerettet. Stell dir vor, dein Chef begegnet dir auf dem Flur. Wenn sich sein Gesicht verdunkelt, weißt du ganz genau, dass du dich beim nächsten Feedback-Gespräch warm anziehen musst.

Beim Deuten von Körpersprache ist es wichtig, den Kontext zu betrachten. Um mir schnell einen Überblick zu schaffen, stelle ich mir immer drei Fragen:

In welchem Umfeld befindet sich die Person, die ich „lesen“ will?

Welche Zeit ist es?

Wer ist anwesend und wer kommt dazu?

Schauen wir uns die drei Themen genauer an.

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Es gibt oft kulturell bedingte Unterschiede, die du auf jeden Fall mit in deine Deutung einbeziehen musst. So gibt es zum Beispiel bei der Länge des Augenkontakts große Unterschiede. Das Distanzbedürfnis ist ebenfalls kulturell abhängig.

Beachte beim Lesen von Körpersprache immer den kulturellen Hintergrund des anderen. Die Körpersprache in diesem Buch behandelt unseren deutschsprachigen Kulturkreis. Interkulturelle Kommunikation ist ein gesondertes Feld. Wenn du mit fremden Kulturen, z. B. aus Asien, Kontakt hast, informiere dich vorher gut, was sie als Fauxpas betrachten und was es z. B. bei der Begrüßung zu beachten gilt, damit keine Missverständnisse entstehen.

In welchem Umfeld agiere ich?

Der Ort, an dem sich die Person befindet, ist eines der wichtigsten Faktoren bei der Interpretation. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob die Person sich in einem geschützten, ihm bekannten Territorium befindet, beispielsweise in seinem eigenen Büro, oder in einem fremden Umfeld.

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Um Sicherheit ausstrahlen zu können, mach dir den Ort, an dem du agieren wirst, so schnell wie möglich zu einem für dich als sicher empfundenen Ort. Gib deinem Gehirn die Gelegenheit, die Informationen zu verarbeiten, die neu auf es einwirken (visuell: Wie sieht der Raum aus?, olfaktorisch: Wie riecht es hier?, haptisch: Wie ist der Boden, die Stühle?, auditiv: Welche Geräusche hört man?).

Je besser wir den Ort kennen, je vertrauter wir damit sind und je klarer unser Unterbewusstsein geprüft hat, dass hier keine Gefahr droht, desto besser kann unser Gehirn alle anderen Informationen verarbeiten.

Die Tageszeit berücksichtigen

Es kann für die Körperhaltung mancher Menschen einen erheblichen Unterschied machen, ob es morgens oder abends ist. Ich erinnere mich an meine Zeit, als ich jeden Tag bei der Soap „Unter uns“ gedreht habe. Morgens war ich frisch und ausgeruht. Das strahlte auch meine Körperhaltung aus. Aber nach zehn Stunden im Studio sank mein Körper in sich zusammen. Ich schlurfte mehr oder weniger aus dem Studio. Die körperliche tägliche Akkuleistung kann also Einfluss auf Haltung oder Bewegung haben. Genauso kann ein zu üppiges Mittagessen in einer Sitzung oder Verhandlung zu Fehlinterpretationen der Körpersignale führen. Lehnt sich jemand im Schnitzelkoma in seinem Stuhl zurück, um seinem Bauch Raum zu geben, wird das eher ein Zeichen für ein ausgiebiges Mittagessen und nicht für Ablehnung sein.

Wer ist anwesend, wer kommt dazu?

Fühlen wir uns wohl und sicher, sind wir in vertrauter Runde mit Freunden oder Kollegen, mit denen wir uns sehr gut verstehen, dann entspannt sich unser Körper. Es gibt evolutionäre Gründe, warum wir unserer Körpersprache im Beisein oder Hinzukommen anderer Personen ändern.

Jeder hat das schon einmal erlebt. Ein Beispiel: Zwei Kollegen unterhalten sich über das Fußballspiel am Tag zuvor. Plötzlich kommt ihr Chef um die Ecke. Je nachdem, wie die Kollegen zum Chef stehen, werden sie ihre Körpersprache ändern. Der eine, der nicht gut klarkommt und schon eine Abmahnung bekommen hat, wird vielleicht zittrig in der Stimme werden, während der andere, der in der Firma noch viel vorhat, die Brust reckt und „Haltung annimmt“. Was übrigens auch immer zu beobachten ist, ist das vermehrte Lachen oder Lächeln, wenn hierarchisch höher gestellte Personen hinzutreten. Das ist eine Unterwerfungsgeste: Die Person möchte unbedingt gefallen.

Ein weiteres Beispiel: Zwei Männer unterhalten sich, und eine hübsche Frau tritt hinzu. Sollten die Herren nun nicht ganz testosteronfrei sein, wird sich ihre Körpersprache unbewusst ändern: Der Brustkorb bläst sich ein wenig auf, so dass der Oberkörper breiter und stärker wirkt, und vielleicht verschwindet beim ein oder anderen sogar das Bäuchlein für einen Moment. Das ist völlig normal, und ich kann die Männer beruhigen: Auch Frauen ändern ihre Körpersprache, wenn Männer erscheinen.

Fehlinterpretationen sind erlaubt

Es kommt immer wieder vor, dass wir ganz schnell ein Urteil über jemanden fällen, den wir zum ersten Mal sehen. Wir entscheiden dann, ob er uns sympathisch oder unsympathisch ist oder sogar unheimlich, denn wenn wir unser Gegenüber nicht kennen, müssen wir mit dem vorliebnehmen, was wir wahrnehmen. Fehlinterpretationen gehören einfach dazu. Ich selbst mache ständig die Erfahrung, dass man nicht in den Rucksack des anderen hineinschauen kann, außer wenn er ihn für uns öffnet. So wie bei dem Mann, den ich am Bahnsteig beobachtete. Er tippelte nervös von einem Bein auf das andere, dabei nestelte er an seiner Aktentasche herum. Ich war sicher, er hatte einen ungemein wichtigen Termin vor sich. Oder er musste nach Hause zu seinem Hochzeitstag. Dann endlich kam der Zug, der Mann sprang fast hinein und verschwand sofort in der Toilette.

Das ist nur eines von vielen Beispielen, die ich im Laufe der Jahre erlebt habe. Ein anderes Mal hatte ich das Gefühl, dass mich mein Gegenüber mit großen Augen angestrengt anstarrte. Ich empfand das als unhöflich, aber dann nahm er seine Brille heraus und setzte sie auf. Sein Gesicht entspannte sich augenblicklich.

Stress erkennen

Gestresste Personen sind ein Fest für jeden Körperspracheleser. Denn unter Stress ist der Mensch so konzentriert auf das, was er sagt, dass er keine Gehirnkapazität mehr für die Kontrolle seiner Körpersprache frei hat. Deswegen arbeite ich so gerne bei Gericht. Ich setze mich in öffentliche Verhandlungen und beobachte Menschen, denn ich werde auch von Anwälten engagiert, ihnen zu ihrem Auftreten Feedback zu geben. Es ist gerade beim Plädoyer wichtig, souverän und überzeugend zu wirken, weil hier die letzte Möglichkeit besteht, das Ruder noch einmal herumzureißen. Aber auch die Beobachtung der Zeugen ist für mich überaus interessant.

Wenn du also jemanden siehst, der schon allein wegen der äußeren Umstände wahrscheinlich unter Stress steht, achte besonders auf die Körpersprache. Sie wird dir viel Aufschluss über die wahren Gedanken oder Gefühle des Gegenübers geben.

Angewohnheiten entlarven

Die Nase hochziehen, an den eigenen Haaren spielen oder Fingergelenke knacken lassen – das sind Angewohnheiten, die manchem lieb geworden sind. Angewohnheiten können dann entstehen, wenn sich jemand mit der Verhaltensweise wohlfühlt. Unbewusst behält er sie bei. Beim Deuten von Körpersprache ist nun genau der Moment interessant, in dem die Angewohnheit unterbrochen wird. Ich beobachtete einmal eine Zeugin bei Gericht, die vor jeder Antwort die Lippen einmal leicht aufeinanderpresste. Als die vierte Frage des Richters kam, erstarrte sie plötzlich und antwortete, ohne die Lippen vorher zu pressen. In diesem Moment hakte der von mir geschulte Richter nach. Die Zeugin wurde immer unruhiger und verstrickte sich in wirre Aussagen.

Das Unterbrechen einer Angewohnheit kann ein Signal sein, um nachzufragen. Betrachten wir Bill Clinton in seinem berühmtesten Interview. Sein Statement vor der Presse: „I did not have sexual relations with this woman, Mrs. Lewinsky […] And I need to go back to work for the American people.“ Körperspracheexperten wollen an der erhöhten Blinzelrate festgestellt haben, dass er log. Ich habe mir die Blinzelrate mal genauer angesehen und gezählt: In vielen Reden oder Interviews hatte Clinton eine höhere Blinzelrate als in diesem Statement. Er hat es also geschafft, in genau dem wichtigsten Statement seiner Karriere weniger zu blinzeln als sonst.

Beobachte dich im Alltag. Welche Bewegungen machst du und warum machst du sie? Wenn du erkennst, welche Emotionen dich zu Bewegungen motivieren, kannst du diese Erkenntnis auf andere transferieren. Im Grunde ticken wir nämlich alle ähnlich.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842642089
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2019 (August)
Schlagworte
Körpersprache Mensch Mimik Kommunikation Gestik Selbstcoaching Nonverbale Kommunikation

Autor

  • Yvonne de Bark (Autor:in)

Yvonne de Bark gehört zu den Top-Experten zum Thema Körpersprache und Wirkung. Die studierte Schauspielerin und Hochschuldozentin ist eine der gefragtesten Spezialistinnen für nonverbale Kommunikation in Deutschland. Sie unterstützt Vorstände in DAX-Unternehmen, schult Politiker und hält Seminare für alle, die sicher auftreten und ihre Wirkung zielgerichtet einsetzen wollen. Sie ist internationale Top-Speakerin, erfolgreiche Autorin und leidenschaftliche Trainerin. Autorenwebsite: https://yvonnedebark.de/
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Titel: Wirke, wie du willst