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Arsch hoch, Baby!

Wie du bekommst, was du willst, und auch noch Spaß dabei hast

von Nina Deißler (Autor:in)
224 Seiten

Zusammenfassung

Du darfst! Weniger Selbstzweifel – mehr Lebenslust!
Mein Leben ist toll! Ich bin selbstbewusst, frei, voller Energie und einfach wunderbar! Das möchte jede Frau gerne von sich sagen. Doch die Realität sieht oft anders aus: Selbstzweifel schleichen sich ein und die heimliche Angst, nicht gut genug zu sein. Der Alltag, die Erziehung, der Perfektionswahn und der Stress verhindern, dass Frauen ihre Freiheit nutzen und das Leben führen, das sie sich wünschen. Doch wie findet frau heraus, was sie wirklich will? Und wie gelingt es ihr, ihre Träume und Wünsche zu verwirklichen, unabhängig und stark zu sein?

Der ultimative Motivationsschub von Bestseller-Autorin Nina Deißler
In ihrem neuen Ratgeber zeigt Nina Deißler ihren Leserinnen, wie sie ihren Allerwertesten endlich in Gang bekommen und die Gestalterin und Königin ihres eigenen Lebens zu werden – mit Argumenten und Anleitungen, aber auch vielen Beispielen und Tipps. Ihr Motto: „Arbeite weniger – vor allem an dir selbst. Und hab mehr Spaß.“

Aus dem Inhalt:
• Emanzipiert? Sind wir noch lange nicht
• Du bestimmst – ob du willst oder nicht
• Nutze die drei größten Kräfte im Universum
• Du darfst
• Enjoy the trip!
• Sei die Königin deines Lebens
• Männer – Auswahl, Inbetriebnahme und Wartung
• Muschi-Magie
• Weiblich stark

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Liebe Leserin,

das Erste, was ich dir sagen möchte, mag angesichts der Tatsache, dass es sich hier um ein Buch handelt, etwas kontrovers klingen. Aber es muss gesagt werden: Hör auf, Ratgeber zu lesen, und fang an, dein Leben zu genießen!

Ja, ich weiß: Das ist leichter gesagt als getan. Nicht umsonst bersten die Regale der Buchhandlungen fast vor Büchern, die uns zeigen wollen, wie wir „unser bestes Selbst“ und endlich glücklich, erfolgreich, schön, gelassen, selbstbewusst und/oder reich werden. Warum solltest du jetzt also ausgerechnet dieses Buch lesen, das dir gleich zu Beginn sagt, dass du das mit dem Lesen eigentlich lassen solltest?

Du wirst es herausfinden und froh darüber sein: Ich werde dir auf den folgenden Seiten zeigen, wie du all die Dinge, die du „theoretisch“ eigentlich schon weißt, endlich auch in die Praxis umsetzt. Ich werde dir einige neue Erkenntnisse und Zusammenhänge vermitteln, die dich nie mehr verlassen und dein bisheriges Leben möglicherweise ganz schön auf den Kopf stellen werden.

Ein Hinweis: Dieses Buch ist für Frauen geschrieben – es ist Männern jedoch nicht verboten, hineinzuschauen und mitzunehmen, was wertvoll ist für sie.

Willst du nicht auch endlich dieses „Leben deiner Träume“ führen, das dir all die Frauenzeitschriften, Bloggerinnen und Glückskongresse immer versprechen? Aber eben das Leben, das sich tatsächlich auch mit dem verträgt, was du wirklich willst und kannst? Und überhaupt: Willst du nicht endlich mal herausfinden, was du wirklich willst?

Dies ist ein Buch für Frauen, die sich vom Leben im 21. Jahrhundert manchmal auch überfordert fühlen. Natürlich nur ganz heimlich: Wir möchten ja gerne frech, selbstbewusst, wild und wunderbar sein … wenn einem nur der Alltag, die Erziehung und die Zweifel nicht immer dazwischenkämen. Wir möchten ja gerne ein tolles Leben führen … wenn wir nur nicht immer so gestresst wären. Und wir möchten auch tolle Beziehungen führen, großartigen Sex haben und in der Partnerschaft wachsen – nur mit wem? Und wann?

Kennst du das so ähnlich auch von dir? Vielleicht ist das Leben deiner Träume ja auch so gar nicht aufsehenerregend? Vielleicht ist es nicht funky, trendy und außergewöhnlich? Vielleicht ist das Leben deiner Träume ziemlich genau das, das du eigentlich gerade hast – nur mit mehr Leichtigkeit, weniger Stress, öfter mal Zeit für dich?

Bist du genervt von den Anforderungen an dich, dass du jetzt endlich dein bestes Leben leben und dein volles Potenzial nutzen sollst – inklusive Weltreise, Businessplan, eigenem Buch, Instagram-Berühmtheit und Erleuchtung unterwegs? Oder ist es genau das, was du willst? Denkst du, da steckt noch mehr in dir und da geht auch noch mehr – aber du bekommst eben deinen Allerwertesten nicht in Gang?

Das Gute ist doch: Alles ist möglich.

Du musst kein Instagram-Star werden, um ein tolles Leben zu haben – aber verboten ist es auch nicht. Du kannst in einer Partnerschaft leben oder in mehreren – oder in gar keiner. Du kannst laut sein oder leise und mit beidem auf deine Art erfolgreich sein. Und du kannst auch lernen, dich zu entscheiden – mit einem guten Gefühl.

Und vor allem, du musst nicht perfekt sein! (Denn wer dürfte überhaupt bestimmen, was das ist?)

Ganz egal, ob Reihenhäuschen oder Weltumsegelung, Liebesabenteuer oder Zölibat: Du hast ein Recht auf ein Leben, das du genießen kannst. Doch dafür muss sich in Wahrheit nicht „dein Leben“ ändern, sondern in erster Linie dein Denken. Und dann dein Handeln. Und das auf eine Art, die dir sehr viel mehr gefallen wird als alles, was du bisher ausprobiert hast:

 

Indem du weniger tust und mehr Spaß hast.
Und indem du weniger arbeitest – vor allem an dir selbst.

 

Damit könnte dieses Buch eigentlich auch schon wieder zu Ende sein. Aber ich weiß, du willst mehr: Du willst Argumente und Anleitungen, Beispiele und Tipps, wie du das machen sollst. Kein Problem, darauf war ich schon vorbereitet.

Lass uns Spaß haben!

Deine

Nina Deißler

Emanzipiert, stark, frei, selbstbestimmt, erfolgreich, glücklich … Begriffe, die verheißungsvoll und sexy klingen und nahezu jede Ausgabe fast jeder Frauenzeitschrift schmücken. Zustände, die uns Frauen heute nahezu selbstverständlich sein sollten.

Wir haben doch alles! Würden wir all das nur leben, anstatt uns mit schlechtem Gewissen danach zu sehnen oder uns selbst etwas vorzumachen!

Wir haben doch alles!
Würden wir all das nur leben!

In meiner Coachingpraxis beobachtete ich es jahrelang – und dann, im Austausch mit anderen Frauen bei Kongressen, Seminaren und Treffen, stellte ich fest, dass dieses Phänomen offenbar nicht nur typisch ist für meine Klientinnen, sondern sehr viele Frauen in unterschiedlichsten Situationen betrifft:

Die erfolgreiche Karrierefrau, die stark, selbstbestimmt und erfolgreich wirkt – aber nicht glücklich ist, weil sie ständig Angst hat, dass jemand bemerkt, dass sie gar nicht so stark ist. Und die sich ständig wie eine Hochstaplerin fühlt, während sie härter arbeitet als alle anderen. Nicht aus Freude – sondern aus Angst, nicht gut genug zu sein.

Die spirituell Inspirierte, die sich selbst verwirklicht, viel reist und Yoga, Shiatsu oder andere tolle Dinge anbietet und lehrt und so frei wirkt – aber ständig Geldsorgen hat, weil sie sich nicht traut, für ihre Dienste eine wirklich angemessene Wertschätzung zu verlangen.

Die Angestellte, die ständig das Gefühl hat, sie müsste „mehr“ aus ihrem Leben machen und sich immer latent schuldig fühlt, weil sie sich eigentlich nur ein paar mehr Urlaubstage und einen liebevollen Partner wünscht.

Die Ärztin, deren Eltern so stolz auf sie sind – und die so müde ist und so einsam, weil sie als Alleinstehende immer für die Feiertagsdienste eingeteilt wird und ständig Überstunden fahren muss, während die männlichen Arztkollegen lieber Krankenschwestern daten als Ärztinnen.

Die Mutter, die ihre beiden Schätze täglich in die Schule und die Kita bringt und nur noch Teilzeit arbeitet – aber deshalb auf eine Karriere verzichtet und immer ein schlechtes Gewissen hat, weil sie das Gefühl hat, irgendwer kommt immer zu kurz, und gar nicht bemerkt, dass sie selbst es ist, die zu kurz kommt, während sie versucht, es allen anderen recht zu machen.

Es könnte so einfach sein

Wir können und dürfen alles und bleiben am Ende doch meistens bei dem, was wir glauben, sein und tun zu müssen. Ich kenne so viele Frauen, die äußerlich selbstbewusst und stark wirken, aber in sich – ganz heimlich – voller Komplexe, Zweifel, Schuldgefühle, Unsicherheit oder Ängste stecken.

Dabei könnte alles so einfach sein: Wir leben im 21. Jahrhundert, wir sind frei, und unsere Rechte und Pflichten sind gut verhandelt und gesetzlich verankert. Doch scheinen gerade wir Frauen uns mehr um die Pflichten zu kümmern als um die Rechte und die Freiheit, die uns zur Verfügung stünden.

Und dann sind wir unzufrieden, gestresst oder unglücklich und kaufen einen Ratgeber. Manchmal lesen wir ihn sogar. Selten machen wir, was drinsteht … und dann geht das Ganze wieder von vorne los.

Es ist ja nicht so, dass es verboten wäre, das Leben zu genießen und Spaß zu haben, aber irgendwie scheint uns diese Fähigkeit verloren gegangen zu sein – falls wir sie überhaupt jemals hatten.

Vergnügen: allein das Wort schon! Oberflächlich, fast anzüglich klingt es – nicht nach etwas, nach dem man streben sollte. Allenfalls ist es etwas, dem man sich gelegentlich in seiner Freizeit widmet, aber dabei schon irgendwie ein schlechtes Gewissen hat – und nur nicht zu ausschweifend werden sollte …

Vielleicht liegt es generell an unserer Kultur? Hat es damit zu tun, dass wir in Deutschland die Werte „Fleiß“ und „Tüchtigkeit“ einfach zu ernst nehmen? Ist uns fleißig, pünktlich, tüchtig, zuverlässig und strebsam sein einfach zu wichtig? Dennoch sehe ich viel mehr Frauen, die sich kaputt machen und leiden, als Männer.

Ja, ich ahne, was du sagen wirst. Ich habe diese Argumente alle schon gehört und vor langer Zeit sogar selbst auch benutzt: Wenn du es als Frau im Berufsleben zu etwas bringen möchtest, musst du nicht genauso gut sein wie die männlichen Kollegen, du musst sogar ein ganzes Stück besser sein als sie.

Und selbst Frauen, die in – immer noch – typischen Frauenberufen arbeiten und kaum „männliche Konkurrenz“ haben, machen es ebenso. Und wir tun das nicht nur beruflich: Wir schaffen es auch, uns im Privatleben regelmäßig den Spaß zu verderben. Mir ging das jahrelang genauso. Und dann … hatte ich keine Lust mehr dazu. Doch beginnen wir unsere Geschichte etwas früher:

Es war einmal eine starke und kluge Frau, die lebte in Frankreich und hieß Olympe de Gouges. Als 1791 in Frankreich die Revolution „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ forderte, nahm sie das zum Anlass, eine „Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne“ zu veröffentlichen: eine „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“. Hier forderte sie unter anderem politische Mitbestimmung, Recht auf Bildung, Arbeit und eigenen Besitz für Frauen, „égalité totale“ quasi. Doch ganz so viel Gleichheit wollten die Franzosen dann offensichtlich doch nicht: 1793 wurden politische Frauenvereine in Frankreich verboten und Olympe de Gouges durch die Guillotine hingerichtet.

Dies ist nicht das erste, das letzte und schon gar nicht das einzige Mal, dass eine starke Frau, die gleiche Rechte für Frauen forderte, ein baldiges Ende fand. Zugegeben: Nicht jede Bemühung um Gleichberechtigung endete derart blutig, doch die Durchsetzung von gleichem Recht für Frauen war ein langwieriger und harter Weg, den viele starke, mutige – und manchmal auch starrsinnige – Frauen vor uns für uns gegangen sind.

Wir könnten die Geschichte auch noch früher beginnen, viel früher – zum Beispiel 5000 bis 6000 Jahre früher, wo es in vielen Regionen der Welt das Matriarchat gab und die Frauen nicht nur den Familien und Gesellschaften vorstanden, sondern auch das Weibliche – die Göttin, Mutter Erde und die Natur – verehrt wurde. Die Kraft der Erde und der Fruchtbarkeit wurden geschätzt und mit ihnen die Frau selbst. Die Kraft kam „von unten“, aus der Erde, und das Wichtigste war die Gemeinschaft. Die Riten dieser Verehrung waren voller Freude, Tanz, Rhythmus und zügelloser Ausgelassenheit.

Doch das ist sehr, sehr lange her und die Zeiten haben sich geändert. Heute ist unsere Gesellschaft – trotz vieler Veränderungen in den letzten 50 Jahren – nach wie vor fast ausschließlich nach männlichen Prinzipien ausgerichtet: Es gibt oben einen Chef und darunter eine Hierarchie. Unser Gott ist „oben“, die Zahlen, die Wirtschaft, die eigene Karriere sollen stets nach oben gehen. Im Grunde soll alles immer nach oben gehen – genau wie der Penis des Mannes. Das ist auch für viele Männer nicht leicht, aber das ist eine andere Geschichte.

Und wir Frauen wollen (sollen, müssen) mitspielen und gleichberechtigt sein. Wir lernen die Regeln und beißen uns durch. Viele Männer fühlen sich heute von Frauen deshalb sogar regelrecht bedroht: Es gibt Konkurrenz, Misstrauen und sogar Feindseligkeit auch im privaten Bereich auf beiden Seiten – und offen gestanden wundert mich das gar nicht:

 

Wenn Frauen ihren Mann stehen – wo steht denn dann der Mann?

 

Versteh mich nicht falsch: Wir Frauen sollten viel, viel mehr zu sagen haben und es auch tun! Wir sollten uns viel mehr einmischen. Wir sollten mehr Geld für unsere Arbeit verlangen, mehr Wertschätzung für unsere Ideen und unsere Leistung und mehr Einfluss auf unsere Gesellschaft. Warum tun wir das nicht? Vielleicht trauen wir uns nicht!?

Auch schon vor Olympe de Gouges gab es Frauen, die aufbegehrten, die stark, weise und machtvoll waren. Im Mittelalter wurden sie gejagt, verraten (oft genug auch von anderen Frauen) und ertränkt oder verbrannt: Hexenjagd – angeblich im Namen eines Gottes, aber in Wahrheit doch im Namen von Männern, die sich davon bedroht fühlten, wenn eine Frau zu viel wusste, besondere Fähigkeiten oder Weisheit besaß oder wenn sie besonders attraktiv war. Das lehrte unsere Vorfahrinnen, dass es wohl besser sei, nicht allzu klug, nicht allzu weise, besser nicht sexy und ja nicht in irgendeiner Form machtvoll zu sein. Schon gar nicht auf die weibliche Art. Hat uns das so verschreckt, dass wir uns bis heute nicht richtig trauen?

 

Stärke ist nicht ausschließlich männlich!

 

Über hundert Jahre kämpfen Frauen nun wieder offen für Gleichberechtigung – doch sie tun es in einer männlich geprägten Welt und nach den Regeln der männlichen Hackordnung. Und so laufen wir in eine Falle, die wir vorher nicht bemerkt haben und deren Wirkung uns bis heute oft nicht bewusst ist: Wir verlieren unsere weibliche Kraft, unsere Leichtigkeit, unseren Zauber und unsere Macht.

Wir haben so wenige Vorbilder wahrhaftiger, starker und weiblicher Frauen, dass wir uns das „Starksein“ von den Männern abschauen mussten. Doch wenn eine Frau sich „Stärke“ bei einem Mann abschaut, wird sie nicht stark – sie wird nur hart. Hart zu sich selbst und hart zu anderen – und ihr weicher Kern wird zu ihrer Schwäche. Oberflächlich betrachtet wirkt sie stark, weil sie tough oder unnahbar oder beruflich erfolgreich ist – aber die meisten Frauen fühlen sich nicht so, denn weibliche Stärke bezieht ihre Kraft aus anderen Quellen. Ihr weicher Kern sehnt sich nach Geborgenheit, Liebe und Sicherheit, die ihr niemand anbietet, weil sie ja „eine starke, selbstbewusste Frau“ ist. Und so lebt sie dann in der ständigen Angst, nicht gut genug zu sein, aufzufliegen, enttarnt zu werden.

Die andere Variante ist, ständig das Gefühl zu haben, nicht „mithalten“ zu können. Frauen, die eigentlich eine gute Verbindung zu ihrem wahren Wesen haben, fühlen sich oft schwach, weil sie nicht „auf den Putz hauen“ können, und das nährt beständig ihre Selbstzweifel.

 

Es wird Zeit, dass wir damit aufhören, mit den Männern zu konkurrieren, und uns auf das Wesentliche konzentrieren: die Welt zu verändern.

 

Ach so, mehr nicht? Ich stelle mir gerade vor, wie du eine Augenbraue hochziehst, während du das liest – oder noch mehr Angst bekommst, vor noch mehr Arbeit. Keine Sorge, diesmal nicht.

Meine Geschichte

Ich bin 1974 geboren – und habe meine „Freiheit“ zunächst nicht als Geschenk erkannt, das jahrzehntelang von tapferen Frauen und einigen verständigen Männern für mich erkämpft und erstritten wurde. Ich hatte keine Ahnung davon, dass in meiner Kindheit noch Gesetze galten, die es zum Beispiel dem Ehemann ermöglichten, die Arbeitsstelle seiner Frau zu kündigen, wenn er den Eindruck hatte, dass ein Beruf sie von ihren ehelichen Pflichten zur Haushaltsführung allzu sehr ablenkte.

Ich war ehrlich gesagt sogar irritiert, manchmal auch belustigt von „Frauenrechtlerinnen“ oder „Feministinnen“: sie wirkten so hart und zynisch, so unlustig und verbissen. Ich konnte das nicht verstehen – ich hatte ja auch keine Ahnung davon, wie lange sie sich schon darum hatten streiten müssen, ernst genommen zu werden, damit ich später einmal ernst genommen würde. Und ich hatte auch noch nicht verstanden, dass es eine Männerwelt ist, in der wir ernst genommen werden wollen.

Es ist eine Männerwelt, in der wir ernst genommen werden wollen.

Ich selbst bin damit aufgewachsen, dass meine Mutter eine toughe, scheinbar emanzipierte Frau war, der mein Vater die Verhandlungen mit den Kunden der gemeinsamen Druckerei sowie das Regeln der Finanzen überließ, weil sie das einfach besser konnte, wie er sagte. Für uns war klar: Mama war der Boss. Sie hatte immer das letzte Wort.

Soweit ich mich erinnere, überließ mein Vater ihr allerdings auch das meiste der Hausarbeit. Weil das eben so war: Frauen machen den Haushalt. Natürlich half er auch, aber er „half“ eben nur. Die eigentliche Arbeit – putzen, kochen, Wäsche waschen, bügeln, nähen, Socken stopfen – erledigte in den meisten Fällen meine Mutter (inzwischen ist das anders), obwohl beide voll berufstätig waren – sie obendrein als Geschäftsführerin. Und ich habe das nie infrage gestellt. Warum auch? Ich kannte ja nichts anderes. Und die beiden auch nicht.

Meine Mutter schmiss den Haushalt, arbeitete in der Druckerei, danach oft noch bis spätabends am Schreibtisch, machte die Wäsche, plante den Einkauf, traf in Wahrheit keine Entscheidung ohne meinen Vater und opferte sich auf: Sie überschritt regelmäßig ihre Grenzen, um alles zu schaffen – was eigentlich gar nicht möglich war. Und wenn es ihr zu viel wurde, gab es zwei Ventile für sie: Wutausbrüche oder Migräneanfälle.

Und auch das war für mich als Kind vollkommen normal: Mama hatte eine kurze Zündschnur und war leicht zu verärgern. Es gab viele Sonntage, an denen wir nach Möglichkeit nur flüsternd und auf Zehenspitzen im Haus unterwegs waren, weil Mama wieder mal „schlimmes Kopfweh“ hatte.

Erst sehr viel später – irgendwann als Erwachsene in meinen späten Dreißigern – wurde mir klar, dass weder das dünne Nervenkostüm noch die regelmäßigen „Ausfälle“ durch Migräne Teil des Charakters oder des eigentlichen Wesens meiner Mutter waren. Sie waren lediglich ein Ausdruck völliger Überforderung und Überanstrengung.

Ist das Emanzipation? Dann will ich auf jeden Fall was anderes … aber das bemerkte ich eben erst sehr viel später!

Wie ist deine Geschichte?

Vielleicht war deine Geschichte anders – oder ganz ähnlich. Ich bin sicher, du kannst sie nachvollziehen und auch das, was daraus entstand:

Eigentlich könnte man meinen, eine Tochter, die ihre Mutter dabei beobachtet, wie sie sich aufopfert, alles für andere tut und alles selbst in die Hand nimmt, ohne dabei auf sich selbst und ihren Energiehaushalt zu achten, kann lernen, dass das keine gute Idee ist.

Tatsächlich dauerte es bis in meine späten Dreißiger, bis ich das verstanden hatte. Bis dahin hatte ich einiges davon blind nachgeahmt (denn so tun wir das nun mal) und mich darüber gewundert, wie schlecht es funktionierte und wie wenig es mir dabei half, das zu erreichen, was ich mir wünschte. Und ich wette, du tust das auch!

Oft liegt das auch daran, dass wir sehr gut darin sind, uns selbst darin zu bestärken, dass wir natürlich ganz anders sind als unsere Eltern. Oder dass wir – wenn wir etwas Ähnliches tun wie unsere Eltern (meist etwas ähnlich Selbstzerstörerisches, etwas ähnlich Dummes oder etwas ähnlich Übergriffiges) – das aus ganz anderen, sehr viel besseren Gründen tun als sie.

Und so, wie unsere Eltern oft glauben zu wissen, was gut für uns wäre und was wir tun sollten, sind wir ganz sicher, dass unsere Eltern hinter dem Mond leben, altmodisch sind und keine Ahnung von der Welt heute haben. Und wir wissen natürlich sehr viel besser, was gut und richtig für uns ist – und wir wissen genauso auch, was sie tun sollten. Doch vermutlich ist beides nicht ganz richtig.

Es kommt häufig vor, dass meine Seminarteilnehmer erzählen: Ihre Eltern gehen ihnen auf die Nerven mit ihren Ratschlägen und ihrem Weltbild – sie fühlen sich bevormundet und genervt davon. Und ihre Eltern sollten ganz dringend einige Sachen wirklich anders machen, dann wären sie viel glücklicher.

 

Meine Eltern sollten sich endlich ändern – und mich so akzeptieren, wie ich bin: Finde den Fehler.

 

Doch am Ende vergessen beide dabei etwas Wichtiges: ihre Vorbildfunktion. Ob wir nun wollen oder nicht: Wir lernen fast alles im Leben durch das „Abschauen“ von anderen. Als Kinder lernen wir durch das Abschauen „von den Großen“, wie man steht, geht, isst und spricht, und genauso auch, wie man sich in verschiedenen Situationen verhält. Ohne dass uns das bewusst ist, ahmen wir zunächst das Verhalten „der Großen“ nach, denn das ist richtig und angemessen – sonst würden die es ja kaum so machen. Die sind groß – die wissen, wie das geht.

Oft erst sehr viel später (wenn überhaupt) bemerken wir, dass dies ein Trugschluss war und unsere Eltern ebenfalls einfach nur Opfer ihrer Prägungen, Ängste und Umstände waren und häufig blindlings und ahnungslos vor sich hin agierten. Und so landen wir bei einer schlichten, dennoch schwerwiegenden Erkenntnis:

 

Wie wir heute leben, hat sehr viel damit zu tun, was uns vorgelebt wurde.

 

Deshalb heißt das „Verhaltensmuster“ – weil wir uns auf eine Art verhalten, die uns vorher als Musterverhalten an die Hand gegeben wurde. Je nachdem wie wir das Verhalten unserer „Vorbilder“ bewerteten und interpretierten, machen wir es oft entweder blind genauso oder wir bemühen uns, genau das Gegenteil davon zu tun. Was selten wirklich klappt und auch nicht hilfreich ist, weil wir uns ja auf etwas beziehen, das wir vorher als „Norm“ akzeptiert haben.

Hin und wieder habe ich Klientinnen, die mir erzählen, sie würden alles ganz, ganz anders machen als ihre Mutter. Sie seien ein vollkommen anderer Typ Mensch. Doch sie machen das, was sie tun, oft mit der gleichen Vehemenz, einer ähnlichen inneren Haltung und oft genug auch einer ähnlichen Selbstsabotage und Selbstausbeutung.

So wie Katja, die sich – ganz im Gegenteil zu ihrer Mutter – ein eigenes Business aufgebaut hatte und ihre Träume verwirklichte. Nur dass sie – genau wie ihre Mutter – sehr schlecht im Annehmen war und damit auch im Annehmen von Geld. Sie verkaufte sich weit unter Wert, tat sich schwer damit, ihre Preise zu nennen und Rechnungen zu stellen und bekam – genau wie ihre Mutter – nicht die Wertschätzung, die sie ihren Fähigkeiten und ihrem Einsatz nach eigentlich verdient hätte.

So wie Sabine, die – ganz im Gegenteil zu ihrer Mutter – studiert hatte und eine Führungsposition in einem mittelständischen Unternehmen erreicht hatte. Nur dass sie – genau wie ihre Mutter – morgens um halb sechs aufstehen musste. Nur eben nicht, um Schulbrote zu schmieren und die Kinder zur Schule zu bringen, sondern um ins Büro zu fahren, damit sie lange genug vor acht Uhr da war, um noch ein paar Dinge zu erledigen, bevor der große Stress losging. Und die – genau wie ihre Mutter – jeden Abend völlig k.o. war und zu nichts mehr Lust hatte, weil der Tag so anstrengend gewesen war … nur dass ihre Mutter das für die Familie getan hatte, die Sabine sich zwar ebenfalls wünschte, sich aber schwer damit tat, ihre „Karriere“ dafür aufgeben zu müssen und ihre „Freiheit“ zu verlieren.

So wie Heike, die bei ihren beiden Kindern regelmäßig die Beherrschung verlor – nicht weil sie böse und ungerecht war (so wie ihre Mutter damals). Nein, sie war einfach hilflos, überfordert und überreizt von dem Lärm und der ständigen Aufmerksamkeit, die ihre Kinder von ihr forderten und die sie ihnen doch eigentlich auch geben wollte. Sie alle bemerkten erst im Coaching, dass sie im Grunde genau dasselbe taten und unter denselben Dingen litten wie ihre Mütter.

Warum wir uns so schwertun

Was hat sich denn wirklich verändert? Wir müssen uns nicht mehr für eine Familie aufopfern – dafür opfern wir uns jetzt für unsere Jobs auf. Ist das so viel besser?

Wir können frei wählen, wie wir leben und wen wir lieben wollen, und tun uns so schwer damit, weil wir immer latent das Gefühl haben, etwas falsch zu machen oder etwas zu verpassen.

Die meisten Frauen sind gefangen in einem Spagat aus Dingen, die ihre Familie erwartet (eine beständige, feste Partnerschaft, ein geregeltes Einkommen und ein Lebenslauf, mit dem man bei Nachbarn und Verwandten gut dasteht), die „die Gesellschaft“ befürwortet (Flexibilität, Wachstum, Selbstvertrauen), die die Medien vorschlagen (sei kreativ, entdecke die Welt, achte auf deinen Körper, renn jedem Trend hinterher oder, noch besser, erfinde einen eigenen und werde Influencer!) und dem, was sie selbst wollen (Was war das noch mal? Und was davon bin wirklich ich?). Und alles ist mit Arbeit verbunden: streben, arbeiten, anpacken, planen, sich bemühen, machen, tun.

Kommt es dir nicht komisch vor, dass du dich beständig anstrengen sollst, damit es dir später besser geht? Was, wenn dieses „Später“ nicht kommt? Dann hast du ein anstrengendes Leben gelebt, in dem du dich beständig angestrengt hast. Wie anstrengend …

Ich habe einige Menschen kennengelernt, die „auf ihre Rente hingearbeitet“ haben, und dann kurz danach – in zwei Fällen sogar kurz davor – unerwartet und schnell verstorben sind. Ich dachte eigentlich, so etwas gäbe es bei jüngeren Menschen heute, im 21. Jahrhundert, der Zeit der beständigen Entwicklung, der bunten Lebensläufe und der sich stets verändernden Arbeitswelt, gar nicht mehr. Doch dann bemerkte ich: Ich selbst kenne einfach niemanden mehr, der so funktioniert, weil die meisten meiner Freunde ebenfalls Selbstständige und Unternehmer/innen sind. Ich war daher nicht wenig erstaunt, als mir bei einem Seminar eine junge Frau Anfang 30 das exakte Datum ihrer Berentung nennen konnte und deren mickrige 28 Tage Jahresurlaub das Highlight des Jahres zu sein schienen.

Manche Religionen behaupten ja, wenn man sich nicht an ihre Gebote halte, komme man in die Hölle. Ehrlich gesagt: Ich habe den Eindruck, viele Menschen sind schon zu Lebzeiten dort. Die Hölle ist in ihrem Kopf und besteht aus all den Gedanken, Sorgen, Zwängen und Ängsten, die sie sich beständig machen. Viele Menschen machen sich das Leben so oft so schwer, dass sie selbst ihre ärgsten Peiniger sind. Und es erscheint ihnen vollkommen normal.

Wie geht es dir damit? Quälst du dich selbst auch gerne? Die meisten Frauen, die ich frage, antworten darauf direkt mit einem Nein. Sie fühlen sich „normal“ – bis ich anfange, das „Normale“ zu hinterfragen:

Ist es nicht normal, dass man sich morgens auf die Waage stellt und direkt schlecht fühlt, wenn sich die Zahl an einer Stelle einpendelt, die man selbst vorher als „inakzeptabel“ festgelegt hat? Oder ist es nicht normal, dass man sich ein bisschen schlecht fühlt, wenn die Kollegin erzählt, dass sie am Wochenende Stand-up-Paddling war und man selbst das immer noch nicht gemacht hat?

Das schlechte Gewissen, wenn man die Wohnung immer noch nicht aufgeräumt oder die Steuer noch nicht gemacht hat, ist das nicht normal? Oft sind es solche Kleinigkeiten, die in Summe dafür sorgen, dass wir uns jeden Tag ein bisschen schlecht fühlen. Ein bisschen unfrei. Ein bisschen minderwertig. Ein bisschen fremdbestimmt. Ist doch normal, oder?

Und viele Sachen kann man halt nicht ändern. Ist halt so. Und die Dinge, die man wirklich ändern möchte … ach … vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Vielleicht nächstes Jahr, wenn ich abgenommen habe. Wenn ich die Steuer gemacht habe. Wenn ich die Wohnung endlich aufgeräumt habe. Und dann kommt sie wieder: die Angst, etwas zu verpassen. Und das schlechte Gewissen, nicht „sein bestes Leben“ gelebt zu haben. Und alles geht wieder von vorne los.

Wo ist der Ausweg?

Vieles von dem, worunter wir heute leiden – Selbstzweifel, Stress, Überforderung, Angst, nicht gut genug zu sein, Angst vor dem Urteil anderer über uns, Einsamkeit, Unausgeglichenheit –, hat damit zu tun, dass wir in einer Welt bestehen wollen, die nach männlichen Prinzipien und Werten aufgebaut ist: höher, schneller, weiter – Wachstum nach oben ins „Immer mehr für immer weniger“ – Konkurrenz, Kampf, Überlegenheit, Durchsetzungskraft …

Vieles von dem, worunter wir heute leiden, hat damit zu tun, dass wir in einer männlich geprägten Welt gleichwertig sein und bestehen wollen.

Und wir machen das so gut, dass viele von uns äußerlich dominanter, aggressiver und härter wirken als viele Männer. Bitte versteh mich nicht falsch: Ich habe nichts dagegen, dass Frauen dominant oder aggressiv sind, wenn sie das wollen – warum auch nicht? Ich selbst weiß ziemlich gut, was ich will, und mache meinen Mund auf. Aber wo ist der Spaß geblieben? Die Freude? Wo ist das gute Gefühl dabei? Die Selbstwertschätzung und die Begeisterung?

Wir sind so verbissen – selbst bei Dingen, die uns eigentlich guttun sollen: Ich sehe Frauen, die verbissen Yoga machen, akribisch Wunschlisten schreiben und bis zur völligen Erschöpfung Visualisierungscollagen ihrer Träume abarbeiten, Glücksratgeber lesen anstatt auszugehen und Spaß zu haben und sich regelmäßig zum Meditieren zwingen.

Ich sehe Frauen, die fast alles dafür tun, einen schönen (in ihren Worten: akzeptablen) Körper zu haben, der den gängigen Schönheitsidealen entspricht – und die sich dann darüber beschweren, dass sie immer Männer kennenlernen, die sie auf genau diesen Körper reduzieren.

Ich sehe Frauen, die diszipliniert und angestrengt studieren, sich in ihrem Unternehmen aufopfern und immer bereit sind, noch eine Schippe draufzulegen, um beweisen zu können, dass sie mindestens so gut sind wie ihre männlichen Kollegen, die die Wochenenden meist ausgebrannt, müde und allein zu Hause verbringen und das viele Geld, das sie verdienen (und was übrigens immer noch viel zu wenig ist, wenn du mich fragst), benötigen, um den Stress und die Leere irgendwie zu kompensieren mit „Belohnungen“, die sie nicht bräuchten, wenn sie sich nicht selbst ausbeuten würden.

Ich sehe Frauen, die todunglücklich sind, weil sie keinen Partner haben und immer noch glauben, es wäre die Erfüllung aller Träume oder zumindest ihre Bestätigung als Frau, von einem Mann als Partnerin anerkannt und damit endlich als „gut genug“ validiert zu werden. Und so verbringen sie ihre Zeit mit Dingen und an Orten, auf die sie eigentlich überhaupt keine Lust haben, und machen dabei ein Gesicht, das jeden Mann zuverlässig davon abhält, sie kennenlernen zu wollen.

Und ich sehe auch Frauen, die von einer Beziehung oder Affäre in die nächste rennen und vollkommen genervt davon sind, dass die Männer sich nicht so verhalten, wie sie es brauchen, und sich abarbeiten daran, geliebt zu werden – nur mit den völlig falschen Mitteln. Lass mich dir etwas verraten:

 

Gute Dinge passieren, wenn du dich gut fühlst.

 

Die Gesellschaft, in die wir geboren sind, konditioniert uns darauf, dem Schmerz und der Anstrengung zu huldigen: No pain, no gain. Wer schön sein will, muss leiden. Von nix kommt nix. Du musst dich schon anstrengen! Vor fünf Uhr Feierabend – das ist ja ein halber Tag Urlaub!

Doch am Ende führt das nicht zu dem Leben, das wir uns wünschen, sondern zu einem Leben, in dem wir permanent angestrengt sind. Und in dieser Anstrengung können wir nichts erschaffen, das nicht ebenfalls diese Energie des Angestrengten, Verbissenen, Ermüdenden in sich trägt: Dann haben wir vielleicht eine Beziehung – und müssen an der Beziehung arbeiten. Dann haben wir Freunde und müssen unseren Freundeskreis pflegen. Dann haben wir den „Traumjob“ und müssen uns richtig anstrengen … Aaaaaaaaaaah!

Es ist ja nicht so, dass wir nie Spaß und Vergnügen hätten – es hat nur keine Priorität. Genau das sollte es aber haben – denn genau hier liegt der große Schatz für uns Frauen begraben. Und er ist viel einfacher zu heben, als wir bisher dachten: Wir müssen uns nicht anstrengen dafür – im Gegenteil: Anstrengung ist es, die ihn überhaupt erst vergraben hat.

Die Fähigkeit einer Frau, Freude und Vergnügen zu empfinden und auszustrahlen, hat einen elektrisierenden, magischen Effekt auf sie und andere: Wenn eine Frau auch nur anfängt, darüber nachzudenken, was ihr Freude bereitet, fühlt sie es sofort und beginnt zu leuchten. Wenn sie beginnt, alleine diese Gedanken mit jemand anderem zu teilen, kann er das ebenfalls spüren.

Unsere Kraft steigt mit jedem Moment, in dem wir uns mit unserem Vergnügen, unserem Wohlbefinden und mit all dem beschäftigen, was uns Freude macht. Probiere es direkt aus:

Schreibe jetzt gleich zehn Dinge auf, die dir Freude machen. Tätigkeiten und Erlebnisse, bei denen du Spaß hast, dich wohlfühlst oder die dich glücklich machen. Das können ganz einfache Dinge sein wie Eis essen, schaukeln oder ein langer Spaziergang, der Duft von frischgebackenem Kuchen oder das wohlige Gefühl einer heißen Badewanne. Aber auch größere Dinge: Erinnerungen an besonders schöne Erlebnisse in der Vergangenheit.

Wenn du zehn Situationen hast, die dich mit Freude und Vergnügen erfüllen, geh sie alle im Geiste kurz noch mal durch: Stell sie dir bildlich vor – was kannst du sehen, hören, fühlen, riechen oder schmecken?

Danach fühl in dich selbst hinein: Wie geht es dir jetzt? Klar, wirst du sagen, geht es dir besser, wenn du an etwas Schönes denkst. Aber jetzt, wo du diese zehn Dinge auf einem Zettel stehen hast, mach ein weiteres Experiment: Wenn mal wieder Selbstzweifel in dir aufsteigen, wenn du Angst vor etwas hast oder besonders nervös bist – oder wenn du einfach einen schlechten Tag hast und an dir herummeckerst: Hol den Zettel hervor und geh die zehn Situation durch. Schau, was passiert!

Unser Selbstbewusstsein steigt in dem Moment, wo wir nicht mehr darüber nachdenken, was wir tun müssen, um gut genug zu sein und es anderen recht zu machen, sondern erkennen, dass wir wundervolle, göttliche Wesen sind und mühelos eine Welt kreieren können, in der Freude, Zufriedenheit, Respekt, Sinnlichkeit, Genuss und Frieden die Leitmotive sein können. Alleine dadurch, dass wir uns darauf fokussieren und sie als wichtig erachten.

Und einer der wichtigsten Schlüssel dafür ist Freude und Vergnügen. Der Zustand, für den es im Englischen das wundervolle Wort joy gibt: eine genussvolle Freude, die in ihrer Übersetzung auch Begriffe wie Lust, Wonne und Entzücken enthält.

Ich zeige dir auf den nächsten Seiten Schritt für Schritt, wie du nach und nach all das loswirst, was dir nicht nützt und dich nicht zufriedenstellt, und wie du dafür mehr und mehr all das in dein Leben holst, was dir Freude, Kraft und Vergnügen bringt.

Sehr gute Dinge passieren, wenn du lernst, wirklich zu wollen, anzunehmen was dir zusteht, und wann du dich gut fühlst. Lass mich dir den Weg zeigen.

„Du hast leicht reden“, kannst du dir jetzt denken: „Freude und Vergnügen – schön wär’s! Das Leben ist nicht so einfach! Ich muss nämlich …“

Keine Sorge, ich kenne alle deine Argumente. Viele davon kenne ich aus eigener Erfahrung und habe sie früher selbst benutzt. Ich kann gut verstehen, wenn du jetzt denkst, dass das, was ich beschreibe, zwar auf dich zutrifft, es aber gerade für dich wirklich nicht anders geht. Denn genau deshalb habe ich dieses Buch geschrieben: um dir zu zeigen, dass und wie es geht.

Dazu würde ich dir zunächst gerne ein paar Fakten aus der Wissenschaft präsentieren – kein esoterisches Geschwafel, sondern bewiesene, harte Fakten.

Vielleicht erinnerst du dich an das Lied von Pippi Langstrumpf, in dem es heißt „Ich mach mir die Welt, widdewiddewie sie mir gefällt“. Und ich weiß oft nicht, ob ich schmunzeln soll oder eher betroffen sein über den Ausspruch, dass die Welt „mehr Pippis und weniger Annikas“ bräuchte. Denn:

Jede von uns macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt.

1. Jede von uns macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt (auch wenn uns das nicht immer klar ist – aber genau darum geht es in diesem Kapitel).

2.Vielleicht bist du ja eine Annika – und vielleicht gefällt es dir sogar, eine Annika zu sein. Dann solltest du wenigstens kein schlechtes Gewissen haben müssen dabei. Nicht jede will eine Pippi sein. Und außerdem gibt es noch tausend andere Vorbilder.

Letztlich kannst du tatsächlich sein, wer immer du möchtest, und du bestimmst, in welcher Welt du lebst. Was die meisten von uns davon abhält, ein Leben mit Freude und Vergnügen zu führen, ist „die Welt da draußen“: die Gesellschaft, die anderen, die Anforderungen, das System – nenn es, wie du willst. Ich habe gute Nachrichten für dich:

 

„Die Welt da draußen“ existiert nicht.

 

Das ist eines der wohl wichtigsten Dinge, die ich in den letzten Jahren gelernt habe. Lass mich dafür etwas ausholen, denn wenn du das ganze Ausmaß dieser Aussage einmal verstanden und verinnerlicht hast, wird sich vermutlich auch in deinem Leben vieles verändern.

Deine Wahrnehmung bestimmt deine Welt

Die Wissenschaft vieler Bereiche wie zum Beispiel die Neurowissenschaften und Gehirnforschung kann in den letzten Jahren immer mehr feststellen, dass unsere Wahrnehmung mehr aus dem besteht, was wir erwarten, als aus dem, was tatsächlich um uns herum passiert.

Gerhard Roth, Biologe und Hirnforscher, bestätigte in einer Reportage zum Thema Gehirn und Wahrnehmung im Auftrag von arte: „Für die Wahrnehmung gilt generell, dass das wichtigste Sinnesorgan unser Gedächtnis ist. Wir sehen zu 99 % das, was in unserem Gedächtnis vorhanden ist, und nur etwa 1 % kommt aktuell über die Sinnesorgane hinzu.“ Stephen Machnik, Neurowissenschaftler am Barrow Neurological Institute in Phoenix formuliert es in der Reportage so: „Doch, es gibt die Welt da draußen – aber Sie sind nie dort gewesen!“

Ja, du hast richtig gelesen. Das, was du für „die Realität“ hältst, besteht zu etwa 99 % aus dem, was du für die Realität hältst. Nicht aus dem, was die Realität möglicherweise tatsächlich ist. Die Welt „da draußen“ existiert zwar – doch bist du diejenige, die deine Gedanken denkt und deine Gefühle erlebt und damit maßgeblich beeinflusst, was für dich Realität ist: „Da draußen“ gibt es Milliarden von Informationen, die du wahrnehmen könntest. Allerdings bist du sozusagen „vorprogrammiert“, wenn es um das geht, was du tatsächlich wahrnimmst. Das meiste davon nimmst du gar nicht wahr, du „denkst es dir“ einfach dazu bzw. du nimmst wahnsinnig viel nicht wahr. Du bist mit deinen Gedanken beschäftigt und bekommst oft nur den kleinen Teil mit, der zu diesen Gedanken passt.

Ein praktisches Beispiel: Vielleicht hast du dir schon mal ein Auto gekauft? Dann ist dir möglicherweise aufgefallen, dass ab dem Moment der Entscheidung für ein bestimmtes Modell gerade dieses plötzlich überall unterwegs zu sein schien. Natürlich waren nicht auf einmal mehr Autos dieses Typs unterwegs – sie sind dir eben nur öfter aufgefallen, weil du durch deine Kaufentscheidung gerade dieses Auto besonders im Blick hattest.

Genau so geht es dir mit allem anderen auch: Du siehst nicht nur aus hunderttausenden von Autos gerade das, das du selbst neu hast oder kaufen möchtest, du siehst, hörst und fühlst auch aus unzähligen anderen Eindrücken immer genau das, was zu dem passt, womit du dich gerade beschäftigst, was du schon kennst und was dir wichtig ist.

Dabei ist es egal, ob es etwas ist, das du möchtest, oder etwas, das du fürchtest oder vermeiden willst. Du selbst programmierst dich quasi beständig darauf, was aus den Milliarden Informationen um dich herum für dich besonders relevant ist und deshalb deine Aufmerksamkeit findet und was an dir vorbeigeht, wie die hunderttausend anderen Autos, die eben nicht deiner aktuellen Wahl entsprechen.

 

Wie „die Welt“ ist, wird bestimmt von dem Teil der Welt, den du wahrnimmst, und davon, was du dir dazu denkst – und was das ist, wird von dir selbst bestimmt.

 

Natürlich hast du auf einen Teil deiner „Programmierung“ zunächst nicht so viel Einfluss gehabt: Die Prägungen, die du als Kind erfahren hast, sind nicht immer bewusst und auch nicht mit deinem Einverständnis erfolgt. Oder du hast nicht gelernt, auf die Dinge und Zeichen zu achten, die hilfreich für dich sein könnten. Und so sind momentan vermutlich auch noch Glaubenssysteme in dir wirksam, die für Wahrnehmungen sorgen, die du eigentlich nicht haben möchtest.

Ich sehe in meinem „Komm in Kontakt“-Training immer wieder, wie schwer sich Menschen damit tun können, Blickkontakt oder andere Signale von Freundlichkeit und Interesse wahrzunehmen. Und was für einen Unterschied es macht, wenn sie es dann können. Und es hat nur mit einer Sache zu tun: ob sie glauben können, dass jemand Interesse an ihnen haben kann, sie tatsächlich anschauen würde und kennenlernen möchte.

Entgegen der Meinung mancher Menschen ist es möglich – und tatsächlich auch gar nicht so schwer –, Prägungen und Glaubensmustern auf die Spur zu kommen und sie nachhaltig zu verändern. Ich werde dir das im Verlauf dieses Buchs gerne zeigen. Für den Moment jedoch folge mir dahin, wo die Welt in deinem Kopf überhaupt erst entsteht.

Die Welt ist in deinem Kopf

Ganz egal, was „da draußen“ alles so los ist – für dich ist das entscheidend, was du von all dem wahrnimmst.

Was davon findet deine Aufmerksamkeit? Was erwartest du und was verbindest du damit? Denn nur das ist in diesem Moment relevant für das, was du als „die Welt da draußen“ ansehen kannst. Es ist nur ein kleiner Bruchteil von dem, was wirklich da ist.

Jede Information ergibt in deinem Kopf das Bild der Welt, die dich augenblicklich umgibt.

Jede Information – alles, was du sehen, hören, fühlen, riechen, schmecken und möglicherweise sonst irgendwie wahrnehmen kannst und dem du deine Beachtung schenkst – ergibt in deinem Kopf das Bild der Welt, die dich augenblicklich umgibt. Ein sehr lückenhaftes Bild, da du eben nur Bruchteile dessen wahrnimmst, was da draußen tatsächlich ist.

Diese „Bruchteile“ passieren dann noch einige Filter und werden von dir bewertet:

Mag ich das oder eher nicht?

Will ich das?

Passt es zu mir?

Passt es in meine Pläne für jetzt gerade?

Kann ich damit umgehen oder bin ich überfordert?

Und als wäre das nicht schon genug, werden sie von dir bzw. deinem Gehirn durch Erinnerungen „ergänzt“:

Woher kenne ich das? Woran erinnert es mich?

Welche Erfahrungen habe ich damit?

Was bedeutet diese Wahrnehmung für mich?

Was, glaube ich, kann als Nächstes passieren bzw. was ist schon mal passiert? Wovor fürchte ich mich, was passieren könnte, oder was erhoffe ich mir?

Innerhalb von Millisekunden bewertet unser Gehirn jede Information, interpretiert sie und trifft quasi im „Autopilot-Modus“ zig Entscheidungen für uns, die immer damit zu tun haben, was wir schon kennen, was wir mögen, was wir wollen oder glauben, was wir uns zutrauen und so weiter.

Die Welt ist nicht „objektiv“ zu betrachten, denn betrachtet wird sie ja immer von uns … und jeder Mensch kann als „Subjekt“ die Welt eben nur „subjektiv“ betrachten. Und so gibt es eben gar nicht „die Welt“, sondern nur „meine Welt“ bzw. „deine Welt“.

Selbst wenn wir dieselbe Sache oder Situation betrachten würden, würden wir vermutlich etwas Unterschiedliches sehen, denn aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen, Prägungen, Wünsche und so weiter bedeutet für jeden Menschen jede noch so „sachliche“ Sache etwas anderes.

 

Deine Gedanken erschaffen deine Welt.

 

Es ist im Grunde fast egal, was „da draußen“ ist, denn deine Welt besteht einzig aus dem, was du wahrnimmst, wie du das Wahrgenommene bewertest und welche Konsequenzen du für dich daraus ableitest.

Wir nutzen das, was wir wahrnehmen, um darauf zu reagieren und mit dem zu interagieren, was wir wahrnehmen. Dafür benutzen wir unseren „Erfahrungsfundus“. Er besteht aus Erinnerungen an ähnliche Situationen und aus Regeln, die wir selbst aufgestellt haben – die aber nicht zwangsläufig „richtig“ sein müssen.

Wie dein Leben also gerade läuft, wie die anderen so sind, was „typisch“ ist, was „immer wieder“ passiert, was richtig oder falsch ist – es hat einzig mit deinen Entscheidungen zu tun. Zwar sind diese Entscheidungen größtenteils unbewusst, aber sie werden „gefüttert“ von dem, wofür du dich jeden Tag aufs Neue entscheidest:

Eigentlich könnten wir uns jederzeit entscheiden, etwas anderes gelten zu lassen, andere Aspekte dessen zu sehen, was wir zu sehen glauben, andere Dinge zu tun, etwas Neues auszuprobieren. Es wäre eigentlich nur eine Frage der Entscheidung.

Die Entscheidung liegt bei dir

Du könntest (und darfst) anders entscheiden, wie du dich selbst und die Menschen siehst, oder über deine Vorstellung davon, was „richtig“ oder „falsch“ ist, deine Wünsche, Ängste, Träume, deine Vorstellung von „normal“ und so weiter und so fort.

 

Wenn du deine Gedanken veränderst, veränderst du dich, und dann verändert sich die Welt.

 

Würdest du andere Entscheidungen treffen, würden sich daraus andere Konsequenzen ergeben. Und plötzlich wäre alles anders. Der Grund, warum wir das oft nicht tun, ist, weil wir es vermutlich nicht glauben wollen. Und weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist: „Ich kann doch jetzt nicht einfach irgendwas anderes über mich denken?“ – Warum denn eigentlich nicht?

Wenn du dir aussuchen könntest, was du denkst, glaubst und erwartest: Mal ehrlich! Was möchtest du denn gerne denken und glauben können? Was würdest du lieber für wahrscheinlich halten und erwarten als das, was du momentan denkst, glaubst, erwartest oder für wahrscheinlich hältst – über dich, über Männer, über Liebe, über deine Fähigkeiten, Möglichkeiten, dein Leben … gibt es da nicht das ein oder andere, das in deinen Augen vielleicht „unrealistisch“ ist, aber viel, viel schöner wäre?

Wenn du dir aussuchen könntest, was du denkst, glaubst und erwartest: Was möchtest du denn gerne denken und glauben können?

Seit einigen Jahren habe ich ein Online-Coaching-Programm entwickelt, das „Werde echt!“ heißt und sich mit Selbstvertrauen und Authentizität beschäftigt. Ich konnte beobachten, dass der Grad der Veränderung bei meinen Teilnehmern am Ende tatsächlich am meisten davon abhing, wie sehr sie bereit waren, ihre Gedanken über sich selbst, ihre Vergangenheit und ihre Möglichkeiten zu verändern.

Und dann wurde es besonders spannend: Denn wer begonnen hatte, seine Gedanken und seine Entscheidungen zu verändern, konnte feststellen, dass sich nach und nach auch seine Umwelt veränderte. Doch das ist noch nicht alles. Es wird noch ein wenig verrückter.

Dein Körper besteht aus vielen Milliarden Zellen, die – wie von Zauberhand zu einem Gesamtkunstwerk verwoben – miteinander interagieren. Allein das ist ja schon ein richtiges Wunder. Ursprünglich bist du aus zwei Zellen entstanden: einer Eizelle und einer Samenzelle. Sie haben sich zusammengetan, sind verschmolzen, und haben dann begonnen, sich zu teilen: Aus der einen wurden zwei, daraus vier, daraus acht, 16, 32 und so weiter. Ist es nicht verrückt, dass zum Beispiel dein linkes Ohrläppchen aus Milliarden von Zellen besteht, von der jede Einzelne derselben Zelle entsprang wie die, aus denen heute deine Augen, dein Magen oder dein Daumennagel bestehen?

Und mehr noch: Deine Zellen regenerieren sich regelmäßig. Das heißt, sie erneuern sich weiterhin beständig durch Teilung, und alte Zellen sterben ab. Eine Zelle in deinem Körper „gebiert“ also neue Zellen und stirbt dann ab.

Dein Skelett zum Beispiel wird alle zehn Jahre komplett ersetzt. Deine Rippenmuskulatur bringt es auf ein maximales Alter von 15 Jahren, knapp geschlagen vom Dünndarm, der sich alle 16 Jahre erneuert. Die Leber erlebt sogar schon alle zwei Jahre eine solche Verjüngungskur. Und die Haut wird nicht einmal zwei Wochen alt. Das Durchschnittsalter sämtlicher Zellen eines Erwachsenen dürfte bei sieben bis zehn Jahren liegen. Nur wenige Organe bestehen nicht aus sich beständig erneuernden Zellen – neben den Zellen der Augenlinse sind die Eizellen und auch die Nervenzellen der Großhirnrinde „einmalig“.

Im Durchschnitt sind wir so gesehen insgesamt etwa achteinhalb Jahre alt. Das alleine finde ich schon faszinierend. Aber ich möchte dich gar nicht für Biologie begeistern, sondern für etwas ganz anderes: Du bestehst aus Milliarden von Zellen, und deine Zellen bestehen – wie alles auf der Welt – aus Atomen. Ein Atom wiederum besteht aus einem Atomkern (Protonen und Neutronen) und aus Elektronen, die um diesen kreisen und im Vergleich zum Kern noch um ein Tausendfaches winziger sind.

Der Abstand – das „Nichts“ – zwischen Atomkern und den darum herum rotierenden Elektronen ist so groß, dass er hochgerechnet auf für uns nachvollziehbare Größen etwa so aussähe: Der Atomkern des Wasserstoffatoms (das einfachste aller Atome) besteht aus einem Proton, und in seiner Atomhülle hält sich ein Elektron auf. Könnten wir dieses Atom 1000-billionenfach vergrößern, dann hätte der Atomkern – das Proton – einen Durchmesser von rund 1,70 m, und in etwa 50 km Entfernung würde ihn ein einzelnes, höchstens 0,2 mm großes Elektron umkreisen.

Und so – nur komplexer durch mehr Protonen und mehr Elektronen – verhält es sich mit allen Atomen aller Stoffe, die wir kennen, also auch mit denen, aus denen du bestehst: Sie alle bestehen aus einem Atomkern aus Protonen und Neutronen und Elektronen, die in einem sehr, sehr weitem Abstand um sie herum rasen. Sie bestehen damit deutlich mehr aus „nichts“ als aus „etwas“.

Die „Hülle“ eines Atoms ist keine echte Hülle, sondern sie entsteht aus der Rotation der winzigen Elektronen um die Protonen und Neutronen und ist so schnell, dass es uns vorkommt, als hätte das Atom eine feste Hülle. So wie bei einem Ventilator, der wie ein Kreis wirkt, wenn er sehr schnell rotiert.

Stell dir das mal vor: Ich bin ca. 1,70 m groß – wie schnell müsste ein Stecknadelkopf sich bewegen, wenn er im Abstand von 50 km um mich herumrast, damit es wirkt, als wäre in diesem Abstand um mich herum eine „Hülle“ – und das ja nicht nur in einer Dimension, sondern in allen Richtungen um mich herum – auch über und unter mir?

Deine Gedanken sind Energie

Alles im Universum besteht aus Atomen, daher ist alles im Universum – inklusive deiner – aus „fast nichts“ als dieser unglaublichen Energie gemacht.

Es muss eine ungeheure Energie am Werk sein, die einerseits bewirkt, dass die negativ geladenen Elektronen sich in einer so unvorstellbaren Geschwindigkeit bewegen, dass sie eine „Hülle“ erzeugen können und dabei nicht von den positiv geladenen Protonen angezogen werden, und die andererseits auch verhindert, dass die positiv geladenen Protonen selbst einander nicht abstoßen und so das Atom zerstören würden.

Diese Energie ist immer da. Seit die Quantenphysik immer erstaunlichere Entdeckungen in Bezug auf Materie und Energie macht, liegen Wissenschaft und esoterische Konzepte manchmal nicht mehr so weit auseinander. Energie ist fühlbar und sogar messbar. Auch deine Gedanken sind Energie. Man könnte sie gewissermaßen als „Energie-Schwingungen“ bezeichnen. Und du hast die Chance, diese Energie zu beeinflussen. Der „Anzeiger“ (quasi der Tachometer), wie deine Energie gerade ist, sind deine Gefühle.

Auch deine Gedanken sind Energie.

Der Psychiater, Arzt und Forscher David R. Hawkins hat eine Art „Bewusstseinshierarchie“ erstellt, die uns zeigt, welche Bewusstseinszustände eine niedrige und welche eine hohe Energie („Schwingung“) haben: die sogenannte Hawkins-Skala. Die Wissenschaftlichkeit seiner Methode mag dahingestellt sein, dennoch ist sie für unsere Zwecke nützlich:

Seiner Skala zufolge hat zum Beispiel Wut eine höhere Schwingung als Apathie. Und das ist durchaus auch praktisch nachvollziehbar: Wenn du apathisch und deprimiert bist, tust du meistens gar nichts. Und auch, wenn Wut immer noch eine „negative“ Emotion ist, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass die Wut dir die Motivation gibt, etwas an der Situation zu verändern, über die du dich ärgerst. Es ist also sehr viel einfacher, von Wut in einen besseren Zustand zu kommen als von Apathie oder auch Angst.

Die Theorie, die ich in der Praxis vielfach bestätigt sehe, besagt, dass unsere Schwingung Menschen anzieht, die auf gewisse Schwingungen reagieren, weil sie sich ähnlich fühlen bzw. weil sie von ihrer Art her zu dem passen, was du ausstrahlst. Im sogenannten „Gesetz der Anziehung“ geht man davon aus, dass Gleiches sich anzieht. Ich sehe das noch etwas differenzierter:

 

Du ziehst mit deiner Schwingung Menschen an, die sich zu dieser Schwingung hingezogen fühlen.

 

Vielleicht ging es dir auch schon mal so, dass du frisch verliebt warst und plötzlich ständig „Angebote“ bekommen hast: Dass Männer mit dir geflirtet haben und du viel öfter angesprochen und angelächelt wurdest als sonst. Das lag an deiner Ausstrahlung – denn „Ausstrahlung“ ist einfach nur ein anderes Wort für „Schwingung“: Wie du „drauf bist“, strahlt nach außen und zieht Menschen an. Es ist nicht nur deine Mimik – es ist viel mehr als das, dein verliebtes Inneres strahlt nach außen und wirkt anziehend.

Menschen, die sich selbst nicht respektieren und sich schlecht behandeln, ziehen oft wie magisch Menschen an, die sie dann ebenfalls nicht respektieren und schlecht behandeln. Sprich: Wenn du dich gerne quälst, findest du „passende“ Menschen, die sich dazu hingezogen fühlen und dich auch gerne quälen. Und dann findest du auch andere passende Menschen, die sich gerne quälen und deshalb von anderen gequält werden, mit denen du dich darüber austauschen kannst, wie schlimm das alles ist und wie schlecht du immer behandelt wirst.

Der Paarpsychologe Michael Lukas Moeller beschreibt in seinen Büchern sehr anschaulich (aber auch ein wenig verstörend), wie Anziehung zwischen zwei Menschen entstehen kann: „Unbewusstes erkennt Unbewusstes irrtumslos“ erklärt er: Mit „geistergleicher Genauigkeit“, wie Moeller es nennt, suchen wir uns einen Menschen aus, der zwei Eigenschaften für uns verkörpert: die Möglichkeit, traumatische Beziehungserlebnisse zu reinszenieren, und die Aussicht, diese Traumata mit diesem Menschen oder durch ihn auflösen zu können. Man könnte auch sagen: Ohne dass wir es bewusst steuern, verlieben wir uns in einen Menschen, der Emotionen in uns auslöst, an die wir alleine nicht herankommen, die aber irgendwie wichtig für uns sind. Etwas in der Ausstrahlung dieses Menschen zieht uns magisch an. Und das muss nicht immer etwas Positives sein. Ob wir nun wollen oder nicht:

 

Wie sich die Informationen – sprich: die Welt – um dich herum verhält, hat sehr viel damit zu tun, was du erwartest und welche Information du selbst hineingibst.

 

Du könntest nun sagen: „Klar, wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, aber so einfach ist es nicht, denn vieles von dem, was wir da „hineinrufen“, ist uns gar nicht bewusst. Unser Fokus liegt meist auf dem „Wie es herausschallt“, und wir bringen das gar nicht in Verbindung mit dem, was wir hineingerufen haben. Das aber können wir beeinflussen! Vieles von dem, was für dich heute „wahr“ und „real“ ist (auch und gerade das Unerfreuliche), ist das Ergebnis deiner unbewussten Glaubenssysteme. Und auch, wenn sie unbewusst sind, lassen sie sich aufspüren und verändern.

Du bist nicht das Opfer deiner Gene

Dazu habe ich direkt noch eine verrückte Wahrheit für dich. Der Epigenetiker Bruce Lipton konnte nachweisen, dass nicht die gengesteuerten Hormone und Neurotransmitter unseren Körper und unseren Verstand kontrollieren, sondern unser Glaube und unsere Überzeugungen. Er erkannte, dass das Leben einer Zelle auch durch ihre physische und energetische Umgebung bestimmt wird, nicht nur durch ihre Gene.

Das Leben einer Zelle wird auch durch ihre physische und energetische Umgebung bestimmt, nicht nur durch ihre Gene.

Mit anderen Worten: Er stellte die These auf, dass Vererbung und Konditionierung (also Prägung und Erziehung) in dem Moment, wo du dich für etwas anderes entscheidest, in den Hintergrund treten. Und was lernen wir daraus? Egal wie absurd oder abstrakt das im ersten Moment klingen mag:

 

Die Welt „gehorcht“ dir – du bestimmst, in welcher Welt du lebst. Ob du willst oder nicht.

 

Das Ganze hört sich im Moment vielleicht noch sehr theoretisch an – was hat dein Alltag mit Quantenphysik oder Epigenetik zu tun? Und was hat das alles mit deinem Leben, deiner Weiblichkeit und deiner Freiheit zu tun? Ich werde dir auf den nächsten Seiten sehr praktische Beispiele und Anwendungsmöglichkeiten dafür geben. Ich möchte nur sicher sein, dass du gut Bescheid weißt darüber, auf welcher Grundlage wir Spaß haben werden.

Wenn ich dir sage, dass du selbst bestimmst, wie dein Leben läuft, dann kannst du dazu natürlich nicken und sagen: „Jaja, du hast gut reden!“ – aber jetzt krieg ich dich dran, denn die Wissenschaft hat gezeigt: Wie dein Leben läuft, hat damit zu tun, was du denkst, was du dir zutraust, was du dir wünschst, was du glaubst, woran du dich erinnern möchtest und was du vorhast.

Und hier geht es nicht darum, dass du etwas tun sollst, was du gar nicht kannst, oder Dinge tun musst, mit denen du deine Mitmenschen verärgerst und Gesetze brichst, oder dass du von heute auf morgen jemand sein sollst, der du gar nicht bist – nein, es geht darum, dass du erkennst, dass du selbst viel mehr Einfluss auf das hast, was du bisher vielleicht oft als unabänderlich, als harte Fakten oder notwendiges Übel angesehen hast. Allein dadurch, dass du deine Art zu denken veränderst, dass du deine Perspektive oder deinen Fokus veränderst, verändern sich Dinge, verändern sich Situationen, Menschen und letztlich natürlich auch du selbst und dein ganzes Leben.

 

Nichts ist so, wie es scheint – und doch ist alles so, wie es scheint, und zwar für dich. Und du bestimmst, wie es für dich scheint, und damit bestimmst du quasi alles.

 

Klingt kompliziert? Ist es gar nicht. Im Gegenteil – es ist sogar so einfach, dass unser Verstand sich einfach weigert zu glauben, dass es so einfach sein könnte. Schließlich kann das alles gar nicht so einfach sein. Stimmt’s?! Und deshalb gebe ich dir in diesem Buch ganz viele, ganz praktische Beispiele, wie und wo du das, was du glaubst, denkst und willst, so verändern und strukturieren kannst, dass du das bekommst, was du willst.

Die Freude, von der ich dir geschrieben habe, ist ein Schlüssel dazu: Stell dir einmal vor, dass alles in deinem Körper durchdrungen wäre von Freude: Lebensfreude, Spaß, Wonne, Lust, Verspieltheit, Neugier, Heiterkeit, Entzücken und Liebe. Jede deiner Zellen würde vor Freude vibrieren. Die meisten deiner Gedanken hätten zumindest einen Funken von Freude, Lust und Spaß in sich.

Wie würde sich das auf dein Handeln und deine Ausstrahlung auswirken? Wie würde sich das wiederum auf deine Umwelt auswirken? Wie würde sich das dann auf all das auswirken, was dir „passiert“?

„Ja, aber das ist eben nicht so einfach!“, höre ich dich sagen. – „Und was, wenn doch?“, frage ich zurück. Hast du es denn schon mal ausprobiert? Willst du überhaupt wissen, wie es geht? Klingt es nicht verlockend, dich in Zukunft nicht mehr so anstrengen zu müssen, dich selbst weniger zu quälen? Mehr Spaß zu haben, dich besser zu fühlen, dich besser leiden zu können und damit dann auch noch deine Ziele zu erreichen?

Das ist doch einen Versuch wert, oder nicht? Also: Arsch hoch, Baby, das schöne Leben kommt nicht von außen – sondern aus dir heraus. Lass es uns angehen, du wirst begeistert sein!

Ich hoffe, du hast die Nachrichten und Erkenntnisse des letzten Kapitels gut verdaut, denn jetzt geht es erst richtig los. Das zu verstehen, ist eine Sache (und eine wichtige), aber die praktische Anwendung dieser Erkenntnisse ist es, die dein Leben verändern wird.

Dieses Kapitel ist Stufe 1 auf deinem Weg zu einem wundervollen Leben, in dem du gestaltest und genießen darfst und die lustvolle Freude sich in deinem Leben zu einem beständigen Begleiter entwickelt. Jetzt kannst du deine weiblichen „Superpowers“ entwickeln. Und möglicherweise sind das ganz andere, als du bisher vermutet hast!

Es gibt drei Geisteshaltungen, die direkt in die Freude und ins Vergnügen führen. Meiner Erfahrung nach sind wir in dem Alltag, den wir kennen, nicht sehr gut darin, sie zu verwirklichen, und so ist es kein Wunder, dass die Freude so selten in unserem Leben auftaucht.

Es gibt drei Geisteshaltungen, die direkt in die Freude und ins Vergnügen führen.

Die Kraft dieser Geisteshaltungen und was sie tatsächlich sind und bewirken, wird häufig falsch verstanden und genau deshalb so selten angewendet. Wenn du sie zulässt und lebst, wirst du es sehr schnell sehr viel leichter haben und schon sehr bald dein volles Potenzial ganz mühelos entfalten und deine Kraft zurückbekommen.

Die größten Kräfte des Universums sind:

Dankbarkeit

Vergebung

Hingabe

Lass jeden einzelnen dieser Begriffe erst einmal auf dich wirken. Halte inne, bevor du weiterliest, und geh wirklich in dich. Mach dir vielleicht sogar ein paar Notizen. Es geht nicht darum, möglichst schnell weiterzukommen, sondern zu spüren. Beginne jetzt damit und frage dich selbst:

Dankbarkeit – was bedeutet das für dich? Wofür bist du dankbar? Siehst du in der Dankbarkeit vielleicht auch negative Aspekte? Wie geht es dir, wenn du wirklich dankbar für etwas bist? Gibt es Dinge in deinem Leben, die für dich einmal richtig schlimm waren und für die du heute dankbar bist?

Vergebung – was heißt das für dich? Kannst du leicht vergeben oder eher nicht? Wie fühlst du dich, wenn du jemandem vergibst? Gibt es Dinge, die du nicht vergeben kannst, oder Menschen, denen du nicht vergeben willst?

Hingabe – was verbindest du damit? Bist du überrascht, dass ich dir diesen Begriff als starke Kraft vorstelle? Wie fühlt sich Hingabe für dich an?

Es gibt zu diesen drei Zauberkräften so viele Ideen und Meinungen wie Missverständnisse. Doch wenn du ihre wahre Kraft erkannt und erlebt hast, wirst du sie nicht mehr missen wollen. Sie sind mühelos und der Schlüssel zu einem Leben voller Freude und Liebe. Sie aktivieren deine Kraft – deine weibliche Kraft – und machen dich stark auf eine ganz besondere, unwiderstehliche Art.

Dankbarkeit

Dankbarkeit ist eine der stärksten Kräfte im Universum, weil du durch Dankbarkeit quasi automatisch in die Energie des Empfangens kommst:

Du wirst deine Ziele nicht erreichen durch Bemühung, harte Arbeit, Selbstkasteiung und Schmerz, denn du wirst damit nur noch mehr von dem erschaffen, das Arbeit, Mühe, Verzicht und Schmerz bedeutet, und dein Unterbewusstsein wird seine Wege finden, dich immer wieder dahin zu bringen, wo du herkommst und wo du schon warst.

Wir erinnern uns: Alles im Universum ist Energie. So sind auch deine Gedanken – kleine elektrische Impulse in deinem Gehirn – Energie. Wenn du dir etwas wünschst und dich sehnst, strengst du dich an und bemühst dich, quälst dich vielleicht sogar … dann ist deine Energie Sehnsucht, Anstrengung, Mühe und Qual. Doch eigentlich wünschst du dir … was? Sicher etwas anderes, oder?

Wir erinnern uns: Alles im Universum ist Energie.

Meine Geschichte

1999 zog ich von der Bergstraße nach Hamburg und dort mit meinem damaligen Freund zusammen. Gleichzeitig begann ich ein berufsbegleitendes Marketingstudium und fand einen Job in einer schicken, börsennotierten Internetfirma. Doch es lief nicht ganz nach Plan: Drei Jahre später war ich erneut umgezogen, weil mein Freund sich in eine andere Frau verliebt hatte. Die schicke Internetfirma hatte mit einer Gewinnwarnung ihren Sturzflug an der Börse ausgelöst, und auch ich war irgendwann meinen Job los und fand keinen neuen. Zwar hatte ich gerade ein Studium abgeschlossen und dazu bereits zehn Jahre Berufserfahrung, doch der Arbeitsmarkt war voll mit ebenfalls hoch qualifizierten, frisch entlassenen Menschen, die „schlüssigere“ Lebensläufe hatten als ich.

Ich wollte ohnehin nicht mehr im Marketing oder in der Werbung arbeiten. Ich wollte Trainerin und Coach werden. Ich hatte auch bereits eine Ausbildung als Kommunikationstrainerin begonnen. Nur hatten die Art und die Umstände meiner Entlassung sowie ein paar nachfolgende Erfahrungen mit dem Arbeitsmarkt dafür gesorgt, dass ich nicht mehr an das glaubte, was ich mit Teamtrainings oder Vertriebstrainings hätte bewirken können. Mir war schlichtweg die Lust vergangen, Unternehmen dabei zu unterstützen, mehr Leistung aus ihren Mitarbeitern herauszupressen. Ich wollte Menschen helfen – bei wirklich wichtigen Dingen.

Das Thema Männer und Frauen – Psychologie und Kommunikation im Allgemeinen und zwischen Männern und Frauen im Besonderen – hatte mich schon immer interessiert und fasziniert. Schon in meiner Jugend hatte ich ein gutes Verhältnis zu den Jungs um mich herum und oft zwischen ihnen und ihren Freundinnen oder den Mädchen, die ihnen gefielen, vermittelt. Später hatte ich diese Dienste als „Coaching“ angeboten und Männern Feedback zu ihrer Wirkung beim ersten Date inklusive Verbesserungstipps gegeben.

Mein damaliger (neuer) Freund schlug mir vor, doch in diesem Bereich etwas zu tun. Eine Idee war geboren: Coaching, Seminare und Beratung für Männer auf Partnersuche. Sehr bald wurde daraus Coaching, Beratung und Training für Singles, die es nicht bleiben wollen.

Ich dachte, ich müsse der ganzen Sache einen Namen geben – einen anderen als meinen eigenen, denn: Wer war ich denn schon? Wer würde sich für Nina Deißler interessieren? Ich erinnere mich noch heute an den Moment, in dem mir ein Begriff einfiel, der später „meine Marke“ werden sollte: Im Bus der Linie 5 in Hamburg hatte ich plötzlich dieses Wort im Kopf: „kontaktvoll“. Ich war aufgeregt – Kontakt und taktvoll und dabei kontaktvoll – ein Begriff aus der Gestalttherapie: kontaktförderndes Sprechen und Verhalten. Ich fand es großartig.

Doch leider nicht großartig genug: Ich glaubte nicht so sehr an mich selbst wie mein damaliger Freund – ich hatte ja nicht mal Psychologie studiert. All mein Wissen hatte ich „nur“ aus der Praxis und aus Büchern, die ich gelesen und dann angewendet hatte. Ich hatte Menschenkenntnis nur aus meinem Umgang mit Menschen. Außerdem war ich viel zu jung, um ein ernst zu nehmender Coach zu sein: Wer will schon hören, was eine 28-Jährige zu sagen hat? Und nach meiner Entlassung, meinen liebesbedingten Umzügen, dem Studium und der Trainerausbildung hatte ich kaum noch Ersparnisse. Ich arbeitete hart und immer härter – heute frage ich mich, woran eigentlich –, und es kam immer weniger dabei heraus.

An meinem 31. Geburtstag war ich erneut Single und vollkommen pleite: Direkt an diesem Tag blieb meine EC-Karte im Bankautomaten, weil der Dispo mehr als ausgereizt war. Zwei Tage später wurde mir der Strom abgestellt. Ich wusste nicht mehr weiter. Doch als ich mich selbst da sitzen sah, ohne Geld und ohne Strom, fiel mir etwas ein, das ich kurz zuvor bei einem Vortrag gehört hatte: Wenn du ein eigenes Konto hast (egal, ob mit Geld oder ohne), wenn du ein eigenes Bett besitzt, wenn du sauberes, fließendes Wasser in deinem Haus hast, wenn du eigene Schuhe, ein Telefon und eine sichere und trockene Behausung hast – dann geht es dir besser und du bist reicher als über 90 % aller Menschen auf der Welt. Und ich musste unwillkürlich lächeln – denn ich hatte all das. Ich war pleite und dennoch reich.

Und ich bemerkte, ich hatte noch viel mehr als das – ich hatte Reichtümer, die viele der angeblich reichsten Menschen der Welt nicht haben: Ich hatte Freunde. Ich hatte eine Familie, die mich liebte und zu der ich jederzeit gehen konnte. Ich hatte Talente. Ich hatte Humor, Pragmatismus und Optimismus. Ich hatte die Freiheit, tun und lassen zu können, was immer mir in den Sinn kam. Und egal was jetzt passierte – ich würde niemals unter der Brücke landen. Es würde weitergehen. Alles war gut.

Ich spürte eine tiefe, ergreifende und heitere Dankbarkeit. Ich war glücklich und fühlte mich reich und beschenkt. Ich war froh und erleichtert – einfach so in diesem Moment, nur durch diese Erkenntnis.

Von da an veränderte sich mein Leben tatsächlich und nachhaltig. Es dauerte zwar noch etwas, bis der endgültige Erfolg sich einstellte und ich all die anderen Dinge herausfand und verstand, die mir helfen sollten – aber es ging von da an beständig voran, und ich war nie wieder pleite: Weniger als drei Jahre nach diesem Tag war mein erstes Buch geschrieben und erschienen, meine Kurse waren regelmäßig ausgebucht, und ich war mit meinem Traummann verheiratet, den ich damals noch nicht einmal gekannt hatte.

Aber stopp, bevor das alles zu schön klingt, um wahr zu sein: Es reicht nicht, dass du dir etwas wünschst und dann die Hände in den Schoß legst und denkst: „Mach mal, Universum!“. Natürlich musst du schon auch etwas tun: Wenn du dir einen Partner wünschst, kannst du noch so viele Listen angelegt und noch so viele „Manifestationsübungen“ gemacht haben: Wenn du das Haus nicht verlässt und nie flirtest und auch sonst nichts tust, womit du einen Mann kennenlernen könntest, wird es wohl nicht funktionieren. Andererseits: Du kannst jeden Tag rausgehen und auf sieben verschiedenen Datingportalen unterwegs sein – wenn du bedürftig, misstrauisch, ängstlich, verzagt, gestresst, genervt und/oder verzweifelt bist, wird dir das auch nichts nützen.

Um Dankbarkeit zu entwickeln, ist die beste Methode der Welt, all diese Dinge loszulassen und umzuwandeln: Bedürftigkeit, Misstrauen, Angst, Verzagtheit, Stress und Verzweiflung.

Die Kraft der Dankbarkeit

Dankbarkeit versetzt dich in einen Zustand des Empfangens. Als du das letzte Mal ein tolles Geschenk bekommen und es auch wirklich gern angenommen hast; als dir das letzte Mal etwas passiert ist, worüber du unglaublich froh warst – sprich: als du wahrhaft dankbar warst –, wie hast du dich gefühlt?

Wahrscheinlich warst du glücklich, hast dich wertgeschätzt und gesehen oder einfach sehr glücklich gefühlt. Ein offenes, warmes Gefühl in deiner Brust vielleicht? Warst du gerührt? Hattest du das Gefühl, dass du von tollen Menschen umgeben bist und dass du selbst auch ein toller Mensch sein musst, wenn du so ein Geschenk bekommst?

 

Du bekommst jeden Tag zig Geschenke, es fällt dir nur möglicherweise nicht auf.

 

Dabei sind es ganz wundervolle Geschenke: Du wachst morgens auf und bist am Leben! Du kannst jetzt sofort tun und lassen, was immer dir gefällt – ohne dass dir irgendetwas Schlimmes zustoßen würde. Auch hast du vermutlich Trinkwasser direkt aus dem Wasserhahn in deiner Nähe und Stromversorgung in jedem Zimmer. Du hast Kleidung und Schuhe, Freunde, Familie, ein Dach über dem Kopf, ein eigenes Konto, ein Telefon, einen Computer. Du kannst auf die Straße treten, ohne dich fürchten zu müssen. Du kannst deine Meinung sagen, wem du willst, ohne dabei um deine Gesundheit, deine Freiheit oder gar dein Leben fürchten zu müssen. Du kannst reisen, wohin du willst – wenn du einen deutschen Pass besitzt, ist das Stand 2019 die Eintrittskarte in 167 Länder dieser Erde (davon zurzeit 127 komplett visumsfrei). Kaum eine andere Staatsbürgerschaft auf der Welt ermöglicht mehr freies Reisen als die deutsche bzw. österreichische und schweizerische.

Du wachst morgens auf und bist am Leben! Du kannst jetzt sofort tun und lassen, was immer dir gefällt!

Dies ist nur eine kleine Auswahl – ich bin sicher, du findest eine Menge Dinge, wenn du nur hinschaust. Und es lohnt sich:

 

Je mehr Wertschätzung und Freude du an allem findest, was du bereits hast, und an allem, was dir möglich und erlaubt ist, umso mehr schaffst du die Basis für die Dinge, die noch kommen dürfen.

 

Du brauchst dafür weder zu meditieren noch Zettelchen mit Selbstliebe- und Dankbarkeitsbotschaften aufzuhängen – lass es in dir sein, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, indem du es tust und genießt:

Nimm es wahr – du bist reich!

Geh in die Küche und hol dir ein Glas Wasser aus dem Wasserhahn – du bist reich!

Ruf einen Freund an – du bist reich!

Leg dich auf dein Bett oder auf dein Sofa – du bist reich!

Zieh dir ein paar schöne Schuhe an – du bist reich!

Fahr irgendwo hin – du bist reich!

Und du darfst es auch sein. Es geht nämlich niemandem besser, wenn du dich schlecht, klein, arm oder gestresst fühlst. Verwechsle Dankbarkeit nicht damit, ein schlechtes Gewissen zu haben, weil es dir gut geht und anderen vielleicht nicht. (Das hilft diesen anderen übrigens am allerwenigsten.) Dankbarkeit bedeutet auch, zu genießen, was du hast und bist und darfst. Es kann auch bedeuten, regelrecht in dem zu schwelgen, was dir lieb ist.

In der Energie der Dankbarkeit bist du genau der Mensch, der du sein musst, um alles zu bekommen, was du dir jetzt noch wünschst. Es ist die Energie des Empfangens, und sie wird eine fast schon magische Wirkung entfalten, wenn du sie lässt.

Ich weiß, dass das für manche Leserin eine schwere Aufgabe sein kann: Hör auf, hart zu arbeiten und zu wünschen, zu streben, zu bangen und zu hoffen, und verwende genau diese Zeit dafür, um zu genießen und wertzuschätzen und dich zu freuen über alles, was schon da ist.

Feiere, was du bereits hast

Ganz egal, was dir – deiner Meinung nach – noch fehlt oder wie wenig du auf den ersten Blick hast oder wie schlecht oder unbefriedigend es dir momentan vorkommen mag, was du hast oder wo du bist: Schau auf das, was bereits da ist, und feiere es!

Wir sind so gut darin, immer das zu sehen, was wir nicht haben, und genau diese Aufmerksamkeit für den Mangel vergrößert ihn beständig.

Du kannst dir eine Liste oder ein Buch anlegen, wenn du möchtest. Gerade für den Anfang kann es sehr hilfreich sein, sich an die Dinge zu erinnern, die gut sind und die dir im Laufe des Tages passiert sind. Verschieb es nicht, um dir erst ein besonders schönes Buch zu kaufen, das ist gar nicht notwendig – fang direkt jetzt damit an: Dein Handy hat bestimmt eine Notizfunktion oder du hast einen Stift und einen Fetzen Papier in deiner Nähe liegen.

Hör auf, zu streben, zu bangen und zu hoffen, und verwende diese Zeit dafür, um zu genießen und dich zu freuen über alles, was schon da ist!

Schreib jetzt und direkt zwanzig Dinge, Menschen, Umstände oder Ereignisse auf, für die du dankbar bist – egal wie groß oder klein sie sind! Schau dich im Raum um – das kann dein geliebter alter Füller sein, der auf deinem Schreibtisch liegt, oder die Lippenstifte, die du besitzt. Die Tatsache, dass du mehr als ein paar Socken besitzt und deine Wohnung Heizung und Fenster hat. Es kann das Lächeln der Verkäuferin im Supermarkt gestern Abend sein, dein guter Gesundheitszustand und, und, und …

Du kannst sie direkt hier aufschreiben:

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842642027
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Februar)
Schlagworte
Selbstbewusstsein Selbstvertrauen Perfektionswahn Eigenmotivation Emanzipation

Autor

  • Nina Deißler (Autor:in)

Nina Deißler, u. a. bekannt aus „MeinNachmittag“ (NDR), ist zertifizierter Coach für systemische Arbeit, NLP und Hypnose. Sie berät seit fast 20 Jahren Menschen, die sich eine Partnerschaft wünschen oder ihre Schüchternheit überwinden möchten. Die erfolgreiche Autorin hat inzwischen elf Bücher zum Thema Liebe, Flirt und Partnersuche bei namhaften Verlagen veröffentlicht und damit über 150.000 Leser begeistert. Ihr Buch „Flirten“ ist inzwischen das Standardwerk der Flirtratgeber und ein Bestseller in seinem Bereich.
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Titel: Arsch hoch, Baby!