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Workshop Naturfotografie vor der eigenen Haustür

Die geheimen Profi-Tricks. Tier-, Makro- und Landschaftsfotografie in Deutschland & drumherum

von Radomir Jakubowski (Autor:in)
256 Seiten

Zusammenfassung

Grandiose Naturfotos vor der Haustür
Naturfotografie vor der eigenen Haustür, sprich in Deutschland, Österreich oder der Schweiz – das soll spannend sein? Wir können heute doch überall hinreisen, warum soll man vor der eigenen Tür Natur fotografieren? Der bekannte Naturfotograf Radomir Jakubowski zeigt, welche tollen Locations und beeindruckenden Fotomotive es vor der eigenen Haustür gibt.

Kompletter Fotoworkshop zum Nachlesen
Wie gelingen mitten in der Natur knackig scharfe Bilder und eine perfekte Belichtung? Wie finde ich beeindruckende Motive, ohne eine Fernreise unternehmen zu müssen? Wie setze ich Landschaften, Tiere und Pflanzen eindrucksvoll in Szene? Die passenden Antworten gibt es in diesem Foto-Workshop zum Nachlesen, Nachmachen und Lernen. Er verrät, welche Ausrüstung sinnvoll ist, welche Kameraeinstellungen man kennen sollte und was bei der Bildgestaltung zu beachten ist. Das Herzstück des Ratgebers bilden 70 faszinierende Mini-Workshops, in denen der Autor Schritt für Schritt zeigt, wie gelungene Naturfotos entstehen. Der perfekte Ratgeber für Hobbyfotografen und Naturliebhaber!

Ausgezeichneter Autor
Radomir Jakubowski gehört zu den besten Naturfotografen Deutschlands. Er ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Naturfotografie und erfolgreicher Fototrainer. In den letzten 10 Jahren gewann er über 100 nationale und internationale Naturfoto-Wettbewerbe. Unter anderem wurde er zum „Europäischen Naturfotograf des Jahres“ und zweimal zum „Naturfotograf des Jahres“ gewählt.

Auswahl der Fotoworkshops:
Landschaftsfotografie
• Der perfekte Himmel
• Die goldene Stunde
• Im Wald vor der Haustür
• Wunderbare Heidelandschaft
• Sonnenstrahlen im Nebel
Tierfotografie
• Im Wildpark
• Vögel im Stadtpark
• Emotionen wecken
• Tiere im Lebensraum
• Fuchs im Blizzard
Makrofotografie
• Libelle – das klassische Makro
• Spinne – durchleuchtet vom Gegenlicht
• Blüte in Low Key
• Blüte in High Key
• Ein Pilz kommt selten allein
• Makro spezial: Mehrfachbelichtung
Atelier Natur
• Eisstrukturen am Bach
• Leuchtende Bäume
• Gesicht im Fels

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Wie kam ich dazu, dieses Buch zu schreiben? Naturfotografie vor der eigenen Haustür, sprich in Deutschland, Österreich oder der Schweiz – das soll spannend sein? Wir können heute doch überall hinreisen, warum soll man vor der eigenen Tür Natur fotografieren? Ich sage: Das lohnt sich!

Dem eigenen Weg folgen

Dass das Leben dank fortschreitender Digitalisierung immer schneller wird, ist keine neue Erkenntnis. Social Media sorgen dafür, dass wir jeden Tag unzählige Bilder konsumieren. Es scheint, als müssten die Bilder immer plakativer, immer bombastischer werden, um in der Flut überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Das Netzwerk muss bedient werden, es wird immer weitwinkliger, immer bunter, die Bildbearbeitung wird bis an ihre Grenzen ausgereizt, Hauptsache, die Bilder erreichen viele Menschen und generieren ausreichend Likes. Auch ich konnte mich darin in gewisser Weise wiedererkennen, aber schließlich kam der Tag, an dem ich mich fragte: Ist es das? Jeden Tag in einem Alltag abspulen, bis ich wieder irgendwo auf Reisen bin, um dort immer die gleichen austauschbaren Bilder zu machen? Welche Bilder gefallen mir denn eigentlich persönlich? Und so fing ich damit an, meinem Gefühl zu folgen und in mich selbst hineinzuhorchen.

Diejenigen von meinen eigenen Bildern, die mich selbst bewegen, sind meistens Bilder, in denen viel von mir selbst steckt: viel Interpretation, viel eigenes Gefühl, eine Prise Licht, ein wenig Kreativität und auch Zeit. Zeit, die ich beim Reisen selten spüre, obwohl ich sie habe. Oft plante ich für eine Location einen, vielleicht zwei Tage ein und versuchte, in dieser Zeit eben genau das rauszuholen, was ich rausholen kann. Diese Überlegungen führten mich schließlich dazu, stärker darauf zu achten, was mich in der Fotografie befriedigt, und weniger darauf, wie ich andere Menschen erreiche.

Das Ergebnis ist für mich besonders interessant und hat mich verändert: Es sind nicht die Likes, nicht die Wettbewerbe, nicht die Bildverkäufe, Klicks oder was ich sonst an Kennzahlen definieren könnte. Mich befriedigt in der Fotografie die Ruhe, das Gefühl, atmen zu können, tief zu atmen. Das Gefühl, auf der Jagd zu sein, zielorientiert, aber dennoch einfach genießen zu können, dass ich draußen bin – ein Gefühl, das ich zwischenzeitlich verloren glaubte. Es ist für mich die Möglichkeit, wirklich zu entspannen, rauszukommen aus dem Alltag und den Kopf komplett zu befreien, und ich glaube, genau das suchen viele Fotografen in ihrer Arbeit, verlieren es aber durch falschen Ehrgeiz und den Wunsch nach Anerkennung immer wieder aus den Augen.

Die Motive liegen vor der Haustür

In meiner Region gibt es viele tolle Locations, einige inzwischen sehr bekannte, andere werden hoffentlich nie bekannt werden. Aber die meisten Fotografen fahren weit weg, weil sie das Gefühl haben, dass vor der Haustür doch nichts Interessantes zu finden sei, und genau dieses Gefühl hatte auch ich lange Jahre.

Tatsächlich haben mir erst meine Workshopteilnehmer die Augen für meine Heimat geöffnet: Viele reisen aus halb Europa an, um mit mir gemeinsam Landschaften, Pflanzen und Tiere im Saar-Lor-Lux-Raum zu fotografieren, in dem ich lebe. Sie kommen aus dem Staunen nicht heraus, wie schön es hier ist, sodass man fragen könnte: Ist das Saarland wirklich schöner als andere Regionen der Welt oder ist das Gras nur beim Nachbarn besonders grün? Eher Letzteres: Natürlich finde ich die Motive in Franken, in Hamburg oder in den Alpen spannender als die vor meiner eigenen Haustür, aber eben nur, weil ich sie seltener sehe und weil ich dort, weg vom Alltag, die Zeit habe, mich nur den Motiven zu widmen. Nehme ich mir aber dieselbe Zeit zu Hause, kann ich ebenso tolle Bilder machen oder eben noch schönere, da ich mir die Zeit dafür öfter nehmen kann.

Damit taucht die nächste Frage auf: Wie finde ich die Locations vor der eigenen Haustür? Das ist eine der häufigsten Fragen, die mir bei meinen Workshops gestellt werden. Und die Antwort lautet: indem ich Zeit mitbringe. Ich fotografiere inzwischen über 15 Jahre aktiv in meiner Region, und jedes Jahr kommen ein, zwei neue Locations dazu. Dadurch ergibt sich über die Jahre ein großes Portfolio an Orten, die ich zum Fotografieren aufsuchen kann.

Ich lese die Zeitung, rede mit Freunden und Familie und gehe regelmäßig ohne Kamera los, um zu schauen, wo es sich lohnen könnte. Oft schlagen mir Mitmenschen Orte vor, die dann entweder spannend für mich sind oder eben nicht. Viele Stellen entdecke ich beim Joggen, andere durch gezielte Online-Recherche nach bestimmten Arten oder Regionen.

Wenn man an einem Ort ist, der bereits von Bildern bekannt ist, begeht man häufig den Fehler, genau die gleichen Bilder davon zu machen, die man schon kennt. Aber wenn man einen Ort entdeckt, von dem es kaum oder keine Bilder gibt, eröffnet sich die Gelegenheit, das eigene Gefühl zu transportieren. Fällt mir etwas Besonderes auf? Warum bin ich hier? Dann probiere ich, dieses Element in meinem Bild einzufangen. Habe ich ein bestimmtes Gefühl in mir, bringt es sich oft automatisch mit in mein Bild ein. Oft nehme ich gerade an solchen Orten das Teleobjektiv – mangels klassischer Landschaften kann ich eben mit einem Makro- oder Teleobjektiv genau die Motive herausgreifen, die mich besonders begeistern.

Das kann damit enden, dass ich mich vollständig einem Herbstblatt, einer Blüte oder einer Spinne widme. Mir fällt auf, dass das Licht in einem bestimmten Winkel besonders günstig ist oder dass ich mit dem Umfeld gut spielen kann, dass sich das Motiv doppelt oder dass ich hier ein Low oder High Key aufnehmen kann. Ich fange an zu spielen und zu interpretieren, und so vergeht die Zeit wie im Flug. Ich pirsche mich langsam an mein Endergebnis heran, von dem ich zunächst nur ahne, wie es am Schluss aussehen soll, und schließlich habe ich es dann im Kasten. Es ist geschafft.

Ein ganz besonderes Bild, das so kein anderer hat, oder vielleicht auch ein eher durchschnittliches Bild, das ich nur heute gut finde, da ich gerade so viel Gefühl hineingelegt habe, und das mir in einem Jahr nicht mehr gefällt, weil die Erinnerung an den Moment vielleicht verblasst ist. Was aber bleibt, ist der Ausgleich, die Balance, die das wunderbarste aller Hobbys, die Fotografie, zum Alltagsstress bietet.

Hinzu kommt natürlich auch der Wunsch, die Umwelt so gut es geht zu schützen, der Wunsch, mit der Natur so weit wie möglich gut umzugehen und die Belastung der eigenen Umwelt zu reduzieren. Ich nutze immer mehr mein Fahrrad zum Fotografieren, aber natürlich auch das Auto. Mit etwas Stolz kann ich sagen, dass ich in diesem Jahr nicht ein einziges Mal das Flugzeug verwendet und meine gefahrenen Kilometer in den letzten zehn Jahren etwa halbiert habe. Mir ist bewusst, dass das für viele kein Argument ist, als aktiver Naturschützer ist es für mich aber eine Freude, mich so gut es geht zu engagieren und meinen eigenen ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Gleichzeitig bringt es mich einen Schritt weiter, das eigene, regionale Paradies zu entdecken und gleichzeitig etwas Gutes zu tun – da fühlt man sich doch gleich viel besser.

Und so kam es auch zu diesem Buch. Mein Ziel ist es, Sie dabei zu unterstützen, mit Ihrer eigenen Handschrift wunderbare Bilder zu machen – in Ihrer Region, vor der Haustür oder wenigstens in einer gewissen Nähe von zu Hause, wo immer das sein mag. Schnappen Sie Ihre Kamera und – nichts wie raus!

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AUSRÜSTUNG

Die Naturfotografie ist ein unglaublich weites Feld, und die benötigte Ausrüstung ist entsprechend für jeden Teilbereich sehr speziell. Selbstverständlich müssen Sie sich nicht von heute auf morgen eine Ausrüstung zusammenstellen, mit der Sie im Rundumschlag alle Sujets der Naturfotografie abdecken können. Hier bekommen Sie einige Tipps, wie Sie die Wahl der Ausrüstung am besten angehen.

Kamera

In den letzten zehn Jahren haben beinahe alle Kamerahersteller sehr gute Produkte geliefert, und die Auswahl an hochwertigem Equipment ist groß. Auch wenn ich selbst als Canon Ambassador auf die Produkte der Firma Canon zurückgreife, können Sie auch mit anderen Herstellern hervorragende Ergebnisse erzielen.

Die Kamera ist der Grundstock. Sollten Sie überlegen, sich ein neues Modell zuzulegen, rate ich, zwei Dinge zu beachten:

Machen Sie Ihre Systemwahl nicht von einer einzelnen Kamera abhängig.

Investieren Sie mehr Geld in Objektive als in die Kamera.

Bei der Investition in Ihre Fotoausrüstung sollten Sie immer das System beachten. Canon und Nikon haben hier die größte Auswahl an Objektiven und Zubehör und bieten auch sehr spezielle Lösungen. Hersteller wie Sony, Fuji, Olympus, Panasonic oder Leica bieten ebenfalls sehr interessante Systeme an, haben jedoch eine kleinere Objektiv- und Zubehörauswahl.

Kameratyp

Bei der Kamera empfehle ich Ihnen grundsätzlich eine Kamera mit Wechselobjektiven, da Sie Ihre Palette nach und nach durch den Zukauf von Objektiven sehr gut erweitern können. Oft wissen Sie vielleicht noch nicht genau, wo die Reise hingeht, daher ist es sinnvoll, auf ein solches System zu setzen. Hier haben Sie die Wahl zwischen zwei Systemen:

spiegellose Kameras

Spiegelreflexkameras

Der Unterschied liegt im Wesentlichen darin, dass bei einer Spiegelreflexkamera das Licht durch das Objektiv über einen Spiegel in den Sucher reflektiert wird. Sie haben also ein reales Sucherbild. Bei der spiegellosen Kamera fällt das Licht direkt auf den Sensor, das heißt, es wird ein rein digitales Bild auf einem Display im Sucher erzeugt.

Auch wenn die Spiegelreflexkamera professioneller wirkt und auch seit vielen Jahrzehnten die Spiegelreflexkamera das Arbeitsgerät in der Profi-Fotografie ist, überlegen Sie, was Sie für Ihre Zwecke wirklich brauchen.

Die spiegellosen Kameras bringen riesige Vorteile mit sich: Sie sehen immer das, was tatsächlich fotografiert wird, in der Helligkeit, wie es fotografiert wird, da die spiegellosen Modelle über einen digitalen Sucher verfügen. Dadurch können Sie auch während dem Fotografieren auf 100 % zoomen, um Schärfe/Fokus sowie die Schärfentiefe zu kontrollieren. Zudem gibt es regelmäßig neue Funktionen und großzügige Software-Updates mit weiteren Funktionen.

Die Spiegelreflexkameras bringen nach wie vor Vorteile gerade bei der Autofokus-Geschwindigkeit, der Serienbildrate, dem großen Zubehörsystem und bei den hohen Akkulaufzeiten mit. Der Nachteil der Spiegelreflexkameras ist das Gewicht und die Spiegelmechanik, die ein mechanisches Element ist, das kaputt gehen kann.

An dieser Stelle lässt sich festhalten: Wenn Sie kein Interesse an der Fotografie von Säugetieren und Vögeln haben, sind Sie mit einem spiegellosen System besser aufgestellt. Liegt Ihr Fokus hingegen auf der Tierfotografie, greifen Sie zu einer Spiegelreflexkamera. Näheres zu den für die verschiedenen Themenbereiche geeigneten Kameratypen erfahren Sie im Workshopteil.

Der Unterschied des Bildausschnitts zwischen dem klassischen Vollformat, dem APS-C-Format und dem MFT-Format

Sensorgröße

Es gibt verschiedene Sensorgrößen, die beide zu tollen Bildergebnissen führen, zum einen Vollformat-Sensoren und sogenannte APS-C-Sensoren, also Sensoren mit Verlängerungsfaktor. Ganz einfach ausgedrückt, das heutige Vollformat hat eine Sensorgröße, die dem analogen Film entspricht, also 36 × 24 mm. APS-C-Sensoren sind deutlich kleiner, etwa 23,6 × 15,8 mm (Verlängerungsfaktor 1,5 bis 1,6) und 17,3 × 13 mm (Verlängerungsfaktor 2), MFT genannt. Die Sensorgröße hängt vom Kamerahersteller und dem Kameramodell ab.

Ich empfehle immer lieber eine Kamera mit Vollformat-Sensor, da die mögliche Schärfe, Details, Auflösung und Freistellung einfach besser sind. Das kostet aber auch, da die Kameras teurer sind und das gesamte System durch schwerere Objektive unhandlicher wird. Wenn für Sie das Gewicht und der Preis eine wichtige Rolle spielen, würde ich immer zu einem System mit einer kleineren Sensorgröße greifen, da Sie hier an beidem sparen können.

Objektive

Grundsätzlich gibt es sehr viele verschiedene Objektive. Diese werden nach der Brennweite eingeteilt. Die Brennweite gibt an, wie groß der Ausschnitt der Umgebung sein soll, der im Bild festgehalten wird, das heißt, mit welchem Bildwinkel die Kamera das Bild einfängt. Je länger die Brennweite, umso kleiner der Bildausschnitt.

Superweitwinkel: Brennweite < 24 mm

Weitwinkel: Brennweite ca. 24–35 mm

Normalbrennweite: ca. 35–50 mm

Telebrennweite: über 70 mm

Daneben gibt es viele Spezialobjektive wie z. B. Fisheye, Lupenobjektive, Tilt-Shift-Objektive etc., die wir für unser Thema nicht benötigen und dementsprechend in diesem Buch vernachlässigen können.

Neben der Brennweite ist die Lichtstärke von entscheidender Bedeutung. Die Lichtstärke verrät, wie viel Licht auf den Sensor fällt. Je lichtstärker das Objektiv, umso mehr Licht kann man einfangen, umso kürzere Verschlusszeiten sind realisierbar und umso besser kann man ein Objekt freistellen. Praktisch heißt das, ein Objektiv mit einer Offenblende (die größtmögliche offene Blende) von f/2.8 kann ungefähr doppelt so viel Licht einfangen wie ein Objektiv mit Blende f/4.0. Mit zunehmender Lichtstärke werden die Objektive teurer, größer und schwerer, da der Aufbau und die Linsen aufwendiger und größer werden.

Welche Objektive benötigen Sie nun für den Start?

Landschaft: ein Weitwinkelobjektiv und ein leichtes Teleobjektiv

Wildtiere: ein Telezoomobjektiv oder eine Telefestbrennweite – je länger die Brennweite und je lichtstärker, desto besser.

Makro: ein Makroobjektiv, z. B. ein 100-mm-Makroobjektiv

Filter

Gerade in der Landschaftsfotografie werden Sie früher oder später nicht an Filtern für Ihre Objektive vorbeikommen. Generell benötigen Sie drei Filtertypen:

Graufilter, auch ND-Filter genannt (für engl. „neutral density“, also Neutraldichte)

Grauverlaufsfilter, auch ND-Grad genannt (für engl. „graduated“, also Verlauf)

Polarisations- oder Polfilter

Achten Sie bei der Auswahl Ihres Filtersystems darauf, dass Sie die Verlaufsfilter verschieben können, setzen Sie also auf ein sogenanntes Stecksystem. Nur so können Sie die Filter Ihrem Bildaufbau und Horizont anpassen. Ich setze besonders gerne die Filter der Marke Nisi ein.

Graufilter/ND-Filter: Der Graufilter ist neutral grau. Seine Aufgabe besteht einzig und allein darin, die Verschlusszeit zu verlängern. Dies hilft dabei, Wasser weicher darzustellen oder das Ziehen der Wolken bei Wind zu verdeutlichen.

Graufilter

Dichte (ND, Angabe des Herstellers) Lichtreduktion in Blendenstufen Verlängerung der Verschlusszeit
0.6 2 × 4
0.9 3 × 8
1.8 6 × 64
3.0 10 × 1000

Grauverlaufsfilter: Der Grauverlaufsfilter dient dazu, bestimmte Bildbereiche, meist den Himmel, abzudunkeln, damit der Dynamikumfang der Kamera den Himmel und die Erde gleichmäßig belichten kann.

Grauverlaufsfilter gibt es mit verschiedenen Verlaufskanten. Diese werden auch als GND-Filter bezeichnet („graduated neutral density filter“). Klassischerweise gibt es diese in soft und hard, also mit einem weichen oder einem harten Übergang. Der weiche Übergang ist vor allem für bergige Landschaften geeignet, wohingegen der harte Übergang eher am Meer Anwendung findet, also dort, wo es eine gerade Horizontlinie gibt. In den letzten Jahren sind zwei weitere Verlaufsarten hinzugekommen: reverse und medium. Medium ist dabei eine Verlaufsart, deren Härte zwischen soft und hard liegt. Reverse bezeichnet einen Filter, der eine harte Verlaufskante hat, nach oben hin aber nochmals heller wird und sich besonders gut für Sonnenaufund -untergänge eignet.

Polarisationsfilter: Der Polarisationsfilter, auch Polfilter genannt, dient dazu, Reflexionen von spiegelnden Oberflächen zu entfernen oder zu reduzieren. Dabei verlängert der Polfilter die Verschlusszeit je nach Filtereinstellung um ein bis zwei Blendenstufen (zu den Blendenstufen kommen wir später noch).

Stativ

Ein gutes Stativ ist wichtig für die Naturfotografie. Ein qualitativ hochwertiges Stativ macht im Einsatz wirklich Spaß. Ein gutes Stativ zeichnet sich dadurch aus, dass es Schwingungen absorbiert und lange Verschlusszeiten ohne Verwacklungen im Bild ermöglicht. Ich persönlich schenke mein Vertrauen der Firma Novoflex aus Memmingen. Grundsätzlich gibt es drei Materialien, aus denen Stative gefertigt werden: Aluminium, Karbon und Holz.

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Besonders schön ist, wenn das Stativ flexibel und variabel ist. Beim Novoflex Triopod Pro75 können Sie beispielsweise die Stativbeine tauschen und bekommen dadurch ein kleines oder ein großes Stativ.

Aluminiumstative sind verhältnismäßig schwer und haben die schlechtesten Schwingungseigenschaften. Dafür sind es in der Regel im Vergleich die günstigsten Stative.

Holzstative bringen hervorragende Schwingungseigenschaften mit, sind verhältnismäßig günstig, dafür aber sperrig und recht schwer.

Karbonstative bringen ähnliche Schwingungseigenschaften mit wie Holz und sind gleichzeitig leichter als Holz- und Aluminiumstative, dafür allerdings auch am teuersten.

Stativkopf

Im Wesentlichen gibt es vier Typen von Stativköpfen. Alle anderen Stativköpfe sind Abwandlungen dieser vier Grundkonzepte.

Kugelkopf: Der Kugelkopf ist der mit Abstand variabelste Stativkopf. Ein guter Kugelkopf beherrscht alle Disziplinen in der Fotografie gut, ist allerdings in keinem Bereich der beste. Doch gerade wenn Sie sich noch nicht auf ein Sujet festgelegt haben, ist er die beste Wahl.

Getriebeneiger: Der Getriebeneiger, auch als Drei-Wege-Neiger bekannt, lässt sich getrennt auf allen drei Achsen bewegen. Dies ermöglicht besonders präzises Arbeiten, ist aber auch langsam. Klassischerweise können Sie ihn in der Landschafts- und Makrofotografie einsetzen.

Fluidneiger: Der Fluidneiger oder auch Videoneiger lässt sich nur über zwei Achsen bewegen und ist fluidgedämpft. Er eignet sich gut zum Filmen und zur Tierfotografie. Er ermöglicht besonders weiche Kameraschwenks und ist besonders stabil, dafür aber auch sehr teuer.

Gimbalhead: Der Gimbalhead, auch Affenschaukel genannt, basiert auf dem Konzept der kardanischen Aufhängung. Er eignet sich nur zur Tierfotografie mit Teleobjektiven und ermöglicht schnelle Kameraschwenks. Er ist deutlich günstiger als der Fluidneiger, erreicht allerdings dessen Stabilität nicht.

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WER BILLIG KAUFT ...

Wer billig kauft, kauft zweimal. In keinem Bereich der Naturfotografie gilt dies so sehr wie bei Stativen. Billige Stative machen keinen Spaß in der Benutzung. Ein ordentliches Stativ dagegen wird Sie bei sachgemäßer Benutzung zehn Jahre oder länger begleiten. Es stellt damit auch eines der langlebigsten Teile Ihrer Ausrüstung dar.

Spiegelvorauslösung und Kabelauslöser

Wer wirklich fotografieren und Bilder komponieren will, sollte das Stativ stets einsetzen, denn nur so haben Sie volle Kontrolle über Ihr Bild. Sobald Sie die Kamera auf dem Stativ montiert haben, sollten Sie an zwei Dinge denken, die Spiegelvorauslösung und den Kabelauslöser.

Die Spiegelvorauslösung klappt beim ersten Auslösen vor der Aufnahme den Spiegel Ihrer Spiegelreflexkamera hoch. Erst beim zweiten Drücken auf den Auslöser wird ein Bild gemacht. Diese Technik vermeidet unscharfe Aufnahmen durch den Spiegelschlag und stammt aus der Analogfotografie.

Bei einer spiegellosen Kamera benötigen Sie die Spiegelvorauslösung nicht, da kein Spiegel vorhanden ist. Die meisten spiegellosen Modelle verfügen über einen lautlosen elektrischen Verschluss, der keine Vibrationen erzeugt.

Arbeiten Sie zudem immer mit dem Kabelauslöser. Die Spiegelvorauslösung bringt Ihnen nichts, wenn Sie beim Auslösen mit Ihrer Hand Vibrationen erzeugen. Aus diesem Grund gehört der Kabelauslöser samt Stativ immer in den Fotorucksack! Sollten Sie ihn einmal zu Hause vergessen haben, aktivieren Sie als Ersatz den Zwei-Sekunden-Timer Ihrer Kamera. Vergessen Sie Appsteuerungen und Funkauslöser, diese Spielereien funktionieren erfahrungsgemäß nie, wenn sie gebraucht werden. Gleichzeitig benötigt ein Kabelauslöser keinen Strom und funktioniert somit immer und bei jedem Wetter.

Bildstabilisator

Der Bildstabilisator korrigiert Bewegungen und Vibrationen der Kamera-Objektiv-Einheit, doch die Frage nach seinem Nutzen auf dem Stativ sorgt seit Jahrzehnten für Diskussionen unter Fotografen: Bildstabilisator auf dem Stativ – ja oder nein? Ich empfehle:

Steht Ihre Kamera auf dem Stativ und wird per Kabelauslöser/ Timer ausgelöst, entstehen keine Vibrationen oder Bewegungen, Sie sollten den Bildstabilisator also ausschalten.

Steht Ihre Kamera auf dem Stativ und lösen Sie normal mit der Hand an der Kamera aus und bewegen damit die Kamera-Objektiv-Einheit, dann entstehen Vibrationen und Bewegungen trotz des Stativeinsatzes. Hier sollten Sie den Bildstabilisator aktivieren.

Bei Langzeitbelichtungen sollten Sie den Bildstabilisator generell deaktivieren.

Wasserwaage

Zu guter Letzt gehört zum sauberen Arbeiten immer auch die Wasserwaage. Diese gibt es sowohl als Zehn-Euro-Plastikvariante für den Blitzschuh als auch je nach Modell kameraintern. Nutzen Sie die Wasserwaage am besten vor jeder Aufnahme und richten Sie Ihre Kamera immer so aus, dass sie sich im Lot befindet.

Bohnensack

Der Bohnensack ermöglicht bodennahes Arbeiten und ist somit ein essenzieller Bestandteil der Makrofotografie. Für ihn müssen Sie jedoch kein Geld ausgeben, sondern können ihn ganz leicht selber bauen:

das Hosenbein einer alten Jeans gerade zwischen Schritt und Knie auf 20–30 cm Länge abschneiden

das entstandene Stück auf einer Seite zunähen und auf der anderen Seite einen Reisverschluss einnähen

den Sack mit trockenen Bohnen, Erbsen oder Kunststoffgranulat füllen

Einen Bohnensack in dieser Form setze ich seit über 15 Jahren ein.

Fotorucksack

Das ganze Equipment sollte auch transportiert werden können, entsprechend ist ein Fotorucksack absolut empfehlenswert. Kaufen Sie ihn eventuell ein oder zwei Nummern zu groß, denn ein wenig Platz im Rucksack schadet nicht (dazu mehr im folgenden Abschnitt „What’s in my bag?“).

Achten Sie bei Ihrem Fotorucksack auch darauf, dass die Ausrüstung geschützt transportiert wird und das Tragesystem für Sie bequem ist. Zudem sollten auch Dinge wie Regenkleider, Wasserflasche und Kopflampe Platz finden.

What’s in my bag?

Um Ihnen ein wenig zu verdeutlichen, was ich unterwegs alles benötige, habe ich zum Spaß einmal meinen Fotorucksack ausgepackt. Grundsätzlich setze ich auf Rucksäcke von f-stop. Ich arbeite inzwischen seit langen Jahren mit diesen Rucksäcken, denn es ist aus meiner Sicht der einzige Rucksackhersteller für Fotografen, der ein ordentliches Tragesystem bietet. Gerade wenn Sie mehrere Tage hintereinander lange Wanderungen machen, ist es essenziell, dass der Rucksack gut sitzt. Mein meist benutzter Rucksack ist der f-stop Sukha. Natürlich weiß ich immer, welche Kameras und Objektive ich dabeihabe, aber beim Thema Zubehör verlasse ich mich darauf, dass mein Rucksack an mich denkt und alles für mich Nützliche beinhaltet. Was findet sich also tatsächlich in meinem Rucksack?

Zunächst das reine Fotoequipment, meine Standardausrüstung für die Naturfotografie:

2 Canon EOS-Vollformatbodys

Canon f/2.8 400 mm L IS III (angesetzt am Kamerabody)

Canon 4.0 16–35 mm L IS

Canon 4.0 24–70 mm L IS

Canon f/2.8 70–200 mm L IS III oder Canon 4.5–5.6 100–400 mm L IS II oder Sigma 2.8 180 mm Makro

Canon f/2.8 100 mm Makro L IS

Canon Extender 1,4 × III und 2 × III

Filtersystem 100 mm

Sobald der Fokus auf Landschaft liegt, ersetze ich das Canon f/2.8 400 mm L IS III durch das Canon 4.0 11–24 mm L und das große 180 mm Filtersystem durch das 11–24 mm L.

Sobald es mir um den Nahbereich geht, nehme ich folgende Objektive mit: Canon 100 mm L IS Makro, Sigma 2.8 150 mm Makro, Sigma 2.8 180 mm OS Makro und Canon f/2.8 400 mm L IS III.

Zubehör: Was ist an Zubehör dabei? Hier muss ich tatsächlich selbst einmal genauer nachschauen und es auflisten:

Regenhose + Regenjacke

Halstuch, Handschuhe, Mütze

Kopflampe

Novoflex Multifunktionstool

Taschenmesser

Rolle Isolierband

elastische Bandage + Pflaster

Schmerzmittel

Proteinriegel

ein bis zwei 1,5-l-Wasserflaschen

Speicherkarten

acht Kamera-Akkus

Duschhauben

halbe Rolle Mülltüten

Filterreiniger

ein paar Mikrofasertücher

zwei Canon RS-80N3 Kabelauslöser

Zwischenring 12 + 36 mm

Taschentücher

Adapterringe in unterschiedlichen Größen

zwei Polfilter

5 in 1 Diffusor/Reflektor

Canon Regencoat für 2.8 400 mm L IS

Das ist das Zubehör, das zu 95 % der Zeit immer dabei ist. Mein Rucksack ist tatsächlich immer bis zum Anschlag gefüllt. Wozu brauche ich das alles?

Die Kleider habe ich immer dabei, da ich nie weiß, was passieren kann oder ob es nicht doch kälter wird als gedacht. Multifunktionstool, Taschenmesser, Isolierband brauche ich manchmal zum Basteln. Elastische Bandage, Pflaster und Schmerzmittel dienen dazu, sich so gut es geht mobil zu machen, falls wirklich mal ein kleiner Unfall passiert. Mülltüten und Duschhauben dienen dazu, einen Regenschutz fürs Equipment konstruieren zu können. Zwischenringe, Fernauslöser, Akkus, Speicherkarten, Diffusor/Reflektor und Polfilter erklären sich von alleine. Unglaublich, was alles in so einen Rucksack passt.

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AUFNAHMETECHNIK

Nachdem Sie einen Überblick über die nötige Ausrüstung gewonnen haben, geht es jetzt um die Anwendung: Datenformate, technische Einstellungen, Kameramodi, Fokusarten, die richtige Belichtung und praktische Apps: Wenn Sie all das beherrschen, steht guten Bildern nichts mehr im Wege.

JPEG oder RAW?

Nutzen Sie immer das RAW-Format Ihrer Kamera. Das JPEG-Format komprimiert Ihre Bilder, wohingegen das RAW die unkomprimierten Daten Ihres Kamerasensors speichert. Das JPEG-Format kann lediglich eine 8-Bit-Farbtiefe pro Farbkanal (RGB – Rot, Grün, Blau) aufnehmen, wohingegen das RAW-Format je nach Kameramodell eine 12- bis 14-Bit-Farbtiefe aufnimmt. Das klingt im ersten Moment marginal, bedeutet jedoch, dass das JPEG 256 Farbabstufungen darstellen kann, wohingegen ein 12- bzw. 14-Bit-RAW 4096 bzw. 16384 Farbabstufungen je Farbe wiedergeben kann. Entsprechend lassen sich RAW-Dateien deutlich besser und verlustfreier bearbeiten.

Der einzige Nachteil des RAW-Formats ist, dass seine Dateigröße deutlich größer ist und RAW-Dateien einer Entwicklung am PC bedürfen.

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PROFITIPP

In der Zeit, die Sie für die Umstellung von JPG nach RAW brauchen, speichern Sie doch einfach parallel beide Formate. Dann haben Sie später von Ihren heutigen Lieblingsbildern bereits ein RAW und können dies ggf. verwenden.

Blende, Verschlusszeit und ISO

Die Beschäftigung mit Blende, Verschlusszeit und ISO wirkt auf den ersten Blick langweilig und kompliziert, stellt jedoch die Grundlage der Fotografie dar und ist gar nicht so schwer zu durchschauen, wenn man den Zusammenhang verstanden hat.

Die Fotografie hat eine Währung, diese nennt sich Blendenstufe. Das meiste, was in der Fotografie passiert, wird in Blendenstufen errechnet und angegeben. Die klassische Blendenreihe lautet:

Blendenreihe

1.0 1.4 2.0 2.8 4.0 5.6 8.0 11 16 22 32 45

Wer zum Merken eine mathematische Definition der Blendenreihe benötigt: Die Blendenreihe beginnt mit 1,0 und errechnet sich immer durch die Multiplikation des Wertes mit der Wurzel aus 2. Alle anderen sollten einfach die Blendenreihe auswendig lernen.

Zwischen jedem Wert dieser Blendenreihe liegt genau eine Blendenstufe.

Blende

Die Blende im Objektiv bestimmt, wie viel Licht auf den Kamerasensor fällt. Hier gilt:

Je geschlossener die Blende im Objektiv, also je größer die Blendenzahl, umso weniger Licht fällt auf den Sensor. Man spricht von Abblenden oder Blende schließen. Durch das Abblenden vergrößert sich die Schärfentiefe.

Je offener die Blende, also je kleiner die Blendenzahl, umso mehr Licht fällt den Sensor. Man spricht von Blende öffnen. Wird der kleinstmögliche Wert des Objektivs gewählt, nennt man das Offenblende. Durch das Öffnen der Blende verringert sich die Schärfentiefe, und die Freistellung wird besser.

Verschlusszeit

Die Verschlusszeit, auch Belichtungszeit genannt, definiert den Zeitraum, in dem Licht auf den Kamerasensor fällt:

Je länger die Verschlusszeit, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass ein bewegtes Motiv unscharf dargestellt wird oder es zu Verwacklungen kommt.

Je kürzer die Verschlusszeit, umso besser können Sie schnelle Bewegungen einfrieren.

Die Verschlusszeit lässt sich in Blendenstufen beschreiben: Zwischen der Verdoppelung und der Halbierung der Verschlusszeit liegt jeweils genau eine Blendenstufe. Wenn Sie also beispielsweise mit einer Verschlusszeit von 1/500 sek bei einer Blende von f/8 ein Bild machen, ergäbe sich für das Öffnen der Blende um eine Blendenstufe auf f/5.6 eine halbierte Verschlusszeit von 1/1000 sek, damit genauso viel Licht auf den Sensor fallen kann.

Außerdem gilt, um Verwacklungen zu vermeiden: Wählen Sie mindestens eine Verschlusszeit von 1/Brennweite, also z. B. bei einer Brennweite von 100 mm mindestens 1/100 sek für die Aufnahme.

ISO

Der ISO-Wert gibt die eingestellte Lichtempfindlichkeit des Kamerasensors an. Je höher der ISO-Wert, umso lichtsensibler ist Ihr Sensor eingestellt. Der ISO-Wert lässt sich ebenfalls in Blendenstufen beschreiben: Zwischen der Verdoppelung und der Halbierung des ISO-Wertes liegt immer genau eine Blendenstufe. Das heißt: Wenn Sie z. B. die Blende f/5.6 gewählt und dazu eine ISO von 200 eingestellt haben, müssten Sie, sobald Sie die Blende um eine Blendenstufe weiter auf f/4.0 öffnen, die ISO auf 100 senken, damit das Bild gleich hell bleibt, weil auf den Sensor nun mehr Licht fällt und die Empfindlichkeit erhöht ist.

Für die bestmögliche Bildqualität ist es wichtig, dass Sie die ISO immer so gering wie möglich und so hoch wie nötig einstellen. Denn mit steigendem ISO-Wert steigt auch das Bildrauschen (die Körnung im Bild) an und der Dynamikumfang nimmt ab. Solange keine Verwacklung droht, sollten Sie also wann immer möglich die ISO verringern und somit die Verschlusszeit verlängern.

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NATIVE ISO

Die native ISO ist diejenige ISO, bei der der Dynamikumfang und die Bildqualität Ihrer Kamera am besten sind. Alle davon abweichenden ISO-Werte werden während der Auslesung des Sensors errechnet und liefern eine schlechtere Bildqualität. Der native ISO-Wert ist in der Regel der kleinste ISO-Wert, den Sie ohne erweiterte Einstellungen einstellen können. Je nach Kameramarke und Modell liegt er bei 64, 100 oder 200.

Die Wirkung von Blende, Verschlusszeit und ISO

Blende, Verschlusszeit und ISO kombiniert

Grundsätzlich gilt:

Wenn möglichst viel scharf sein soll, stellen Sie einen großen Blendenwert ein (z. B. für Landschaftsfotos).

Wenn möglichst wenig scharf sein soll, Sie also etwas freistellen wollen, stellen Sie einen möglichst kleinen Blendenwert ein (z. B. für Porträts, Tiere, Pflanzen).

Um den Zusammenhang zwischen diesen drei Parametern noch einmal zu veranschaulichen, folgen hier weitere Beispiele. Nehmen Sie am besten Ihre Kamera zur Hand und probieren Sie das Spiel mit Blende, Verschlusszeit und ISO gleich selbst aus:

Stellen Sie sich vor, Sie haben die Blende f/5.6, eine Verschlusszeit von 1/1000 sek und ISO 200 eingestellt und möchten nun stärker freistellen, also weniger Schärfentiefe im Bild haben. Dazu verändern Sie die Blende auf f/4.0, öffnen also die Blende um eine Blendenstufe. Dadurch fällt mehr Licht auf den Sensor, Sie müssen also, damit Ihr Bild nicht heller wird, über die Verschlusszeit oder die ISO dieses zusätzliche Licht wieder herunterregeln. Dazu können Sie entweder die Verschlusszeit auf 1/2000 sek verdoppeln oder den ISO-Wert auf 100 halbieren.

Noch ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie wollen bei 1/1000 sek und ISO 200 die Schärfentiefe vergrößern und entsprechend von f/5.6 auf f/11 abblenden. Damit schließen Sie die Blende um zwei Blendenstufen, es kommt also weniger Licht auf den Sensor. Damit das Bild identisch hell bleibt, müssen Sie nun mehr Licht aufsammeln, entweder über die Verschlusszeit oder die ISO. Das bedeutet: Sie halbieren die Verschlusszeit zweimal, stellen also entweder 1/250 sek ein oder verdoppeln den ISO-Wert zweimal, vervierfachen diesen also auf ISO 800. Sie können aber auch mit allen drei Komponenten jonglieren und die Verschlusszeit halbieren und den ISO-Wert verdoppeln, also entsprechend 1/500 sek und ISO 400 einstellen. Alle drei Einstellungen würden ein identisch belichtetes Bild erzeugen.

Freistellung und Bokeh

Unter Freistellung versteht man die Möglichkeit, ein Objekt vom Hintergrund freizustellen, das Hauptmotiv also scharf und den Hintergrund unscharf erscheinen zu lassen. Vereinfacht lässt sich sagen:

Je kleiner die Blendenzahl, also je größer die Blendenöffnung, umso geringer die Schärfentiefe und umso besser die Freistellung.

Außerdem gilt: Je länger die Brennweite und je größer die Blendenöffnung (= kleine Blendenzahl), umso besser die Freistellung.

Mit Bokeh (von jap. boke „unscharf, verschwommen“) ist in der Fotografie die Qualität des Unschärfebereichs gemeint. Das Bokeh ist bei jedem Objektiv unterschiedlich.

Kameramodus

Je nach Kameramodell gibt es unterschiedliche Kameramodi. Dies sind meist voreingestellte Modi. Für Sie als angehenden, ambitionierten Fotografen gibt es eigentlich nur vier Kameramodi: Av (A); Tv (S); M und BULB. Ich selbst nutze zu 95 % nur den Av-Modus.

Av-Modus/Blendenvorwahl: Im Av-Modus können Sie die Blende und den ISO-Wert vorwählen. Die Verschlusszeit wird über die Belichtungsmessung der Kamera ergänzt.

Tv-Modus/Zeitvorwahl: Im Tv-Modus können Sie die Verschlusszeit und den ISO-Wert vorwählen. Die Blende wird über die Belichtungsmessung der Kamera ergänzt.

M-Modus/manueller Modus: Im M-Modus können Sie die Blende, die Verschlusszeit und den ISO-Wert vorwählen.

BULB-Modus: Der BULB-Modus ist wie der manuelle Modus, belichtet jedoch so lange, wie Sie den Auslöser gedrückt halten. Mit dem Kabelauslöser können Sie so beliebig lange Verschlusszeiten realisieren, da die anderen Kameramodi maximal 30 sek Verschlusszeit zulassen.

Av/Tv/M – alles das Gleiche

Unter Fotografen erlebe ich regelmäßig beinahe einen Glaubenskrieg, ob man besser im Av-/Tv- oder M-Modus fotografiert.

Wichtig ist, dass Sie begreifen, dass es hier kaum einen Unterschied gibt. Wir haben gelernt, dass ISO/Blende/Verschlusszeit in einem festen Verhältnis zueinander stehen. Das verändert sich auch in den verschiedenen Kameramodi nicht. Der wirkliche Unterschied besteht nur darin, dass Sie im Av-/Tv-Modus die Belichtungsmessung aktiv nutzen und im M-Modus alles manuell einstellen dürfen. Interessanterweise ist das nur eine zusätzliche Fehlerquelle, da Sie Ihr erstes Bild im M-Modus nie direkt richtig belichten werden.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass Sie verstehen, dass Sie durch das Unter-/Überbelichten auch im Av-/Tv-Modus manuell arbeiten.

Beispiel Av-Modus: Sie stellen die Offenblende f/2.8 und eine ISO von 200 ein. Ihre Kamera errechnet daraus eine Verschlusszeit von 1/500 sek. Wenn Sie nun um eine Blende unterbelichten, darf Ihre Kamera nur die Verschlusszeit anpassen, da Sie die Blende und die ISO festgelegt haben. Durch die Belichtungskorrektur ins Negative wird also das Bild um eine Blendenstufe dunkler. Das erreicht die Kamera durch die Halbierung der Verschlusszeit, sie stellt also 1/1000 sek ein. Alternativ könnten Sie auch den ISO-Wert halbieren oder die Blende um eine Blendenstufe schließen.

Hätten Sie im M-Modus Blende f/2.8 und eine ISO von 200 sowie 1/500 sek Verschlusszeit und wollen um eine Blende unterbelichten, so können Sie entweder die Verschlusszeit verdoppeln, den ISO-Wert halbieren oder um eine Blendenstufe abblenden. Das Ergebnis M und Av/Tv ist immer identisch.

Ich selbst arbeite fast immer im Av-Modus. Wenn ich davon ausgehe, dass ich die Blende bewusst wähle, dann ist diese im Av- und M-Modus die gleiche. Das heißt, die daraus resultierenden Einstellungen für Verschlusszeit und ISO-Wert werden auch identisch sein. Der Unterschied ist nur, dass mein erster Schuss im Av-Modus direkt sitzen wird und im M-Modus vermutlich nicht.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783869101019
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (April)
Schlagworte
Pflanzen Natur scheue Tiere Tier-Fotografie Perspektive

Autor

  • Radomir Jakubowski (Autor:in)

Radomir Jakubowski gehört zu den beliebtesten Naturfotografen Deutschlands. Seine Fotos wurden mehrfach mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, seine Artikel erscheinen in renommierten Foto-Magazinen und Fachbüchern. In seinen Workshops profitieren Teilnehmer in ganz Europa von seinem umfassenden Foto-Wissen, seiner Liebe zur Natur und der Freude daran, Dinge verständlich zu erklären. So entstehen selbst bei Einsteigern schnell faszinierende Landschafts-, Tier- und Makroaufnahmen. Radomir Jakubowski ist Vorstandsmitglied in der Gesellschaft Deutscher Tierfotografen.
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Titel: Workshop Naturfotografie vor der eigenen Haustür