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100 Fehler bei der MDK-Prüfung

Die richtige Vorbereitung - die wichtigsten Kenntnisse - Rechte & Pflichten. Auf Augenhöhe mit dem MDK

von Jutta König (Autor:in)
149 Seiten

Zusammenfassung

Know-how für eine qualitätsvolle Pflege
Der neue Pflege-TÜV bringt große Änderungen für die Pflegelandschaft: Wie lässt sich der gesamte Prozess der Qualitätserhebnung im Alltag möglichst effektiv steuern? Sind die Daten plausibel? Wird das Ergebnis auch wirklich die Versorgungsqualität adäquat wiederspiegeln?
Die 5., aktualisierte Auflage dieses kompakten Standardwerkes hilft bei der Vorbereitung und Durchführung auf die neue qualitätsprüfung durch den MDK. Häufige Fehler werden klar benannt, kompetente Lösungen helfen schnell weiter.
Mit diesem Buch wird nicht nur der Besuch der Prüfer leichter - auch der ganz normale Alltag in der Pflege wird fehlerärmer und qualitätsvoller.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Ich freue mich, Ihnen die 5., aktualisierte Auflage dieses Buches zu präsentieren, denn all die strittigen Punkte und Diskussionen rund um das Thema MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung), die Prüfung und die Qualitätsanforderungen sind mir immer wieder ein Anliegen. Und wir sagen endlich – nach 10 Jahren: »Noten ade«.

Bereits in den vergangenen Auflagen habe ich Ihnen hoffentlich deutlich machen können, wie wichtig Kenntnisse im Bereich der Qualitätsprüfungen sind. Durch die neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) in 2019 sind weitere Neuerungen hinzugekommen.

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Info

Die Prüfer werden auch weiterhin anhand eines einheitlichen Bewertungssystems ihre Bewertung vergeben. Doch die Bewertungssystematik ist nun eine gänzlich andere ist als die der letzten 10 Jahre! Darauf sollten Sie vorbereitet sein!

Dieses kompakte Buch kann keine gute Prüfung garantieren, aber es soll Ihnen zeigen,

welche Gesamtzusammenhänge es gibt,

welche Notwendigkeiten und Erfordernisse und

welche Rechte und Pflichten die Einrichtungen als Beteiligte haben,

was in der Prüfung schiefgehen kann und

welche Besonderheiten Sie bei der Vorbereitung und Durchführung einer Qualitätsprüfung beachten müssen.

Während die Prüfungsergebnisse des MDK bis 2009 nicht direkt vergleichbar waren, danach 10 Jahre lang Noten vergeben wurden, die am Ende alle bei 1,x lagen, wird heute ein neues Prüfverfahren angewendet. Dieses hat gravierende Änderungen für alle Beteiligten zur Folge.

Dieses Buch hilft Ihnen dabei, Qualitätsprüfungen möglichst korrekt vorzubereiten und zu durchlaufen. Es gibt Ihnen mehr Sicherheit im Umgang mit den MDK- und PKV-Prüfern und kann dafür sorgen, dass Sie gute Ergebnisse sichern können.

 

Januar 2020 Jutta König

1. Fehler: Annahme, nur der MDK dürfe prüfen

Immer noch begegnet mir in meiner Praxis Unwissenheit um das Thema Qualitätsprüfung und Pflegeversicherung Das ist bei den Pflegekräften nicht verwunderlich. Leider verfügen sie oft nicht über die entsprechenden Informationen, weil sie von den Vorgesetzten nicht entsprechend ins Bild gesetzt werden. Aber bei den Leitungskräften wundert mich das mitunter schon. Ich höre von Qualitätsmitarbeitern oder Leitungskräften selbst heute noch, dass sie nicht wüssten, ob und wie man an die Prüfgrundlagen herankommt …

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Info

Alle Unterlagen rund um die Qualitätsprüfung bekommt man beim MDS direkt. Entweder unter der Homepage https://www.mds-ev.de/themen/pflegequalitaet/qualitaetspruefungen.html oder per Post beim MDS, Theodor-Althoff-Straße 47, 45133 Essen.

MDS steht übrigens für »Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen«).

Seit 2013 dürfen auch die Privatkassen Prüfungen durchführen. Jede Einrichtung kann also wie bisher vom MDK oder von Prüfern der Privaten Krankenversicherung (PKV-Prüfdienst) geprüft werden. Das ist eine Alternative, keine Doppelprüfung! Die Prüfgrundlagen sind identisch.

2. Fehler: Annahme, der MDK melde sich zur Prüfung immer an

Viele Jahre lang meldete sich der MDK bei ambulanten Einrichtungen immer einen Tag vorher zur Prüfung an. Bei stationären Einrichtungen gab es keine Vorankündigung. Seit dem 1. November 2019 wird die Prüfung stationär einen Tag vorangekündigt, ambulant zwei Tage1. Das darf aber kein Fax am Samstag oder Sonntag sein, mit der die Prüfung am Montag angekündigt wird! Es sind nur Fristen von montags bis freitags möglich (gemäß § 193 BGB).

Die Anmeldefristen haben Vor- und Nachteile. Der Vorteil: Alle Einrichtungen haben einen zeitlichen Vorteil. Man kann schauen, wer im Dienst ist und wer ggf. noch aus dem Frei gebeten werden muss. Auch die Leitungskräfte können von einer Sitzung fernbleiben, ihr Frei absagen etc., ihre Listen vorbereiten und nochmal kurz nach dem Rechten schauen.

Nachteilig ist, dass sich Einrichtungen und Mitarbeiter am Tag vor der Prüfung in einer Art Ausnahmezustand befinden, bis die Prüfer endlich anrücken.

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Die aktuell noch jährliche Regelprüfung wird immer angekündigt. Aber Anlassprüfungen erfolgen nach wie vor unangekündigt.

Anlassprüfungen kann es geben nach Beschwerden von Kunden, Mitarbeitern, Zulieferern, Ärzten etc. Und stationär natürlich auch, wenn die Qualitätsindikatoren in einigen Bereichen unterdurchschnittliche Werte zeigen. Sieht bspw. das Ergebnis wie folgt aus, wird eine Prüfung nicht lange auf sich warten lassen:

4. Dekubitusentstehung  
a) bei Bewohnern mit geringem Risiko,
einen Dekubitus zu entwickeln
●●●
b) bei Bewohnern mit hohem Risiko,
einen Dekubitus zu entwickeln
●●
 
5. Schwerwiegende Sturzfolgen  
a) bei Bewohnern, die nicht oder nur wenig
geistig beeinträchtigt sind
●●
b) bei Bewohnern, die erheblich oder schwer
geistig beeinträchtigt sind
●●●
 
6. Unbeabsichtigter Gewichtsverlust  
a) bei Bewohnern, die nicht oder nur wenig
geistig beeinträchtigt sind
●●
b) bei Bewohnern, die erheblich oder schwer
geistig beeinträchtigt sind
●●

3. Fehler: Annahme, es gäbe keine nächtlichen Prüfungen

Nächtliche Prüfungen sind grundsätzlich statthaft, wenn das Prüfergebnis nur in der Nachtzeit festgestellt werden kann. Die QPR ist Bestandteil der Prüfgrundlage und ermöglicht dieses bisher nur von der Heimaufsicht praktizierte Vorgehen auch dem MDK: »Eine Prüfung zur Nachtzeit ist auf die Fälle zu begrenzen, in denen das Ziel der Qualitätssicherung zu anderen Tageszeiten nicht erreicht werden kann.« (QPR, S. 7)

Dies kann erforderlich sein, wenn es z. B. Hinweise darauf gibt,

dass die Versorgungssituation der Versicherten in der Nacht nicht sichergestellt ist,

wenn die Pflegebedürftigen nicht ausreichend gelagert werden,

wenn zu wenige Mitarbeiter im Dienst sind, um die Pflege sicherzustellen,

wenn vereinbarte Leistungen nicht oder unzureichend erbracht werden etc.

Was tut aber nun der Nachtdienst, wenn es um 23:00 Uhr an der Vordertür klingelt?

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Tipp

Ich rate allen Nachtdiensten: Öffnen Sie niemandem die Tür, den sie nicht selbst gerufen haben (Notarzt, Rettungsdienst etc.)! Alle unverhofften Gäste müssen warten, bis Ihr Chef kommt.

Wenn es also nachts klingelt und MDK-Mitarbeiter vor der Tür stehen, reicht der Blick auf die Ausweise nicht. Wer gibt Ihnen die Garantie, dass diese Ausweise nicht gefälscht sind? Wissen Sie, wie ein echter Ausweis aussieht?

Lassen Sie die Tür also geschlossen und informieren Sie die Gäste darüber, dass Sie nun zunächst Ihren Chef aus dem Bett klingeln müssen.

Stehen die Gäste noch vor der Tür, wenn der Vorgesetzte kommt, sind es wohl MDK-Mitarbeiter. Sind sie aber weg, waren es evtl. keine MDK-Mitarbeiter oder aber solche mit wenig Geduld.

4. Fehler: Die Prüfer wählen willkürlich einen Pflegebedürftigen aus

Sowohl aus ambulanten als auch aus stationären Einrichtungen höre ich immer wieder, dass die Prüfer sich in der Vergangenheit einfach einen Versicherten herausgesucht und dessen Pflegedokumentation überprüft hätten. In ambulanten Diensten baten die Prüfer um alle Akten der Kunden, damit sie sich entsprechende Dokumentationen heraussuchen könnten. Stationär verlief die Auswahl der Kunden oft genug nach einer Risikoliste: Die Prüfer erhielten eine Liste der Kunden mit Pflegegrad und Pflegerisiko (z. B. Katheter, Dekubitus, Untergewicht etc.) und wählten danach aus.

Es kam auch vor, dass Prüfer bei ihrem Rundgang in stationären Einrichtungen einfach einen Pflegebedürftigen begutachteten und dessen Akte prüfen wollten.

Das gilt auch für den ambulanten Bereich. Wenn Prüfer einfach vor der Tür des Versicherten stehen und ihn oder seine Angehörigen »überrumpeln« oder von Ihnen Akten haben wollen, die im Dienst aufbewahrt werden.

Natürlich sind Mitarbeiter der ambulanten Dienste nicht immer vor Ort. Aber sie können professionell beraten und ihren Kunden von der ersten Minute an auf seine Rechte hinweisen. Er hat auch Rechte gegenüber der Institution des MDK.

Schon ein einziger Pflegebedürftiger, der vorher nicht um Erlaubnis gefragt wurde, ist einer zu viel. Der Mensch, um den es geht, muss mit der Überprüfung einverstanden sein. Wenn er nicht selbst entscheiden kann, muss es der gesetzliche Vertreter oder sein Bevollmächtigter tun.

Die Auswahl der Kunden erfolgt im neuen Prüfsystem nach komplett neuem Muster:

Stationäre Einrichtungen

Sechs Bewohner werden durch die Datenauswertungsstelle (DAS) gewählt, dem aQua Institut, bei dem alle vollstationären Einrichtungen registriert sind und ihre Daten anhand des Erhebungsbogens (98 Fragen) halbjährlich melden. Der Pflegekassenverband fragt also vor einer Prüfung bei der DAS an und erbittet die Nummern der zu wählenden Bewohner. Die DAS sendet dann sechs Nummern (plus je drei Ersatznummern) von Bewohnern, in drei Gruppen aufgeteilt:

1.Gruppe A: Personen, die im Begutachtungsmodul Bereich der Mobilität und im Bereich der Kognition/Kommunikation mindestens erhebliche Beeinträchtigungen aufweisen (= BI-Modul 1 mehr als 4 Punkte und Modul 2 eben 6 und mehr Punkte)

2.Gruppe B: Personen, die im Bereich der Mobilität mindestens erhebliche Beeinträchtigungen aufweisen (Modul 1 mindestens 4 Punkte), aber keine oder eine geringe Beeinträchtigung der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten (Modul 2 eben 5 und weniger Punkte)

3.Gruppe C: Personen, die im Bereich der Mobilität keine oder eine geringe Beeinträchtigung aufweisen (Modul 1 weniger als 4 Punkte), aber mindestens erhebliche Beeinträchtigungen der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten (Modul 2 mindestens 6 Punkte).

Weitere drei Bewohner wählen die Prüfer anhand des Erhebungsreports. Der Erhebungsreport ist die Pseudonymisierungsliste der Bewohner, die nur in der Einrichtung vorliegt. Auf dieser Liste werden auch die nicht an die DAS gemeldeten Bewohner, die sogenannten Ausschlussbewohner, nummerisch erfasst. Aus dieser Liste wählt dasMDK-/PKV-Prüfteam drei Bewohner aus. Die Auswahl dieser drei Bewohner geschieht per Zufall anhand Zufallszahlen (vgl. QPR, S. 14). Denn die Prüfer müssen hier eine Plausibilitätsprüfung machen, ob die Bewohner auch korrekt ausgeschlossen wurden.

Ambulante Dienste

Eine verabschiedete QPR lag bei Redaktionsschluss dieses Buches noch nicht vor. Aber es ist davon auszugehen, dass die Empfehlungen aus dem Abschlussbericht2 wie bei den stationären Einrichtungen auch, Eingang in die neue QPR finden werden.

Die Auswahl soll auch hier nach Gruppen geschehen:

1.Gruppe A: Personen, die im Bereich der Mobilität und im Bereich der Kognition/Kommunikation erhebliche Beeinträchtigungen aufweisen

2.Gruppe B: Personen, die im Bereich der Mobilität mindestens erhebliche Beeinträchtigungen aufweisen, aber keine oder eine geringe Beeinträchtigung der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten haben

3.Gruppe C: Personen, die im Bereich der Mobilität keine oder eine geringe Beeinträchtigung aufweisen, aber mindestens erhebliche Beeinträchtigungen der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten haben

Drei weitere Personen wählt das Prüfteam per Zufall. Wobei gezielt nach Kunden mit aufwändigen SGB V-Leistungen geschaut werden soll.

Tagespflege

Auch für die Tagespflege liegen die Entwürfe aus dem Abschlussbericht3 bereits seit längerem vor, aber eine QPR ist noch nicht verabschiedet.

In der Tagespflege soll ebenfalls die Prüfung einen Tag vorangemeldet werden und insgesamt sechs Kunden geprüft werden. Hier wird auf Gruppenbildung verzichtet und einfach nur sechs der Anwesenden Tagesgäste ausgewählt.

Da die Prüfer einen guten Blick auf die Gäste werfen können, ist klar, dass sie sich wohl Tagesgäste aussuchen, bei denen Handicaps (Fehlstellungen der Extremitäten oder Kognitionseinbußen) oder pflegerelevante Risiken (Dekubitus- Sturzgefahr o.ä.) offensichtlich sind.

5. Fehler: Den Angehörigen wird generell ein Entscheidungsrecht eingeräumt

Wenn ein Pflegebedürftiger nicht mehr selbst für sich sprechen kann, werden häufig seine Angehörigen hinzugezogen. Insbesondere in der ambulanten Versorgung ist die Zusammenarbeit mit den Angehörigen sehr eng. Sie bestimmen oft, was mit dem Pflegebedürftigen geschieht, welche Versorgung er erhalten soll etc. Aber auch in stationären Pflegeeinrichtungen erfahre ich immer wieder hautnah, wie lax mit der Vertretungsregelung umgegangen wird.

Zieht ein Bewohner ein und ist er zunächst noch rüstig, so wird über das Thema Vertretungsregelung oder Vollmacht nicht gesprochen. Der Bewohner ist schließlich noch fit. Man sieht schlichtweg keine Notwendigkeit, eine Vorsorgeregelung zu treffen.

Wird der Bewohner aber hinfälliger und hilfsbedürftiger, werden schnell die Angehörigen hinzugezogen. Mit ihnen werden Vorgehensweisen, Behandlungen und Therapien besprochen. Dass einige dieser Entscheidungen durchaus rechtlich bedenklich sind, wird dabei oft vergessen.

Nur der Mensch, den es betrifft (also der Pflegebedürftige) oder sein Bevollmächtigter oder Betreuer hat Entscheidungsmöglichkeiten. Das gilt auch für die Überprüfung durch MDK-/PKV-Prüfteams. Ohne Zustimmung einer berechtigten Person gibt es keine Überprüfung des Versicherten.

Fazit Ein Angehöriger hat kein generelles Bestimmungsrecht

Er ist »nur« ein Angehöriger, aber nicht automatisch berechtigt, Entscheidungen für den Pflegebedürftigen zu treffen. Das ist er erst, wenn er über eine Vorsorgevollmacht, eine Generalvollmacht oder eine Betreuungsvollmacht verfügt. Liegt keine dieser Regelungen schriftlich vor, kann der Angehörige nichts bestimmen.

6. Fehler: Die Prüfer rufen die Kunden selbst an

Immer wieder höre ich von meinen Kunden, dass die Prüfer bei der Prüfung selbst zum Telefon greifen möchten. Das geht aber nicht. Denn die Prüfer haben kein Recht auf Einsicht in Daten, solange der Pflegebedürftige nicht zugestimmt hat, dass er in die Prüfung einbezogen wird. Es geht doch den Prüfer nichts an, dass die Pflegebedürftige Irma König heißt und ihre Tochter Jutta die Betreuerin ist.

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Tipp

Ist ein Pflegebedürftiger vom Prüfteam ausgewählt, ruft die Leitung der Einrichtung ihren Kunden an und erklärt den Sachverhalt. Dann gibt sie das Telefon weiter an die Prüfer.

7. Fehler: Eine mündliche Zustimmung des Pflegebedürftigen wird als ausreichend betrachtet

In der Vergangenheit genügte es Prüfern häufig, dass die mündliche Zustimmung des Pflegebedürftigen oder einer berechtigten Person vorlag. Das geht aber seit mindestens 2014 nicht mehr und wird auch in der neuen QPR noch einmal verdeutlicht:

Ȥ 8. Abs. 3 Einwilligung

Die Einwilligung der versorgten Person nach § 114a Absatz 3a SGB XI kann erst nach Bekanntgabe der Einbeziehung der in Augenschein zu nehmenden Person in die Qualitätsprüfung erklärt werden und muss in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise gegenüber dem Prüfteam abgegeben werden, die Person des Erklärenden benennen und den Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar machen (Textform)…ist eine rechtzeitige Einholung der Einwilligung in Textform nicht möglich, so genügt ausnahmsweise eine mündliche Einwilligung…« (QPR vollstationär, S. 10).

8. Fehler: Die Einwilligung wird bereits vorher eingeholt

Es gibt Einrichtungen, die die Kunden/Pflegebedürftigen schon im Vorfeld von Prüfungen informieren und sich die Einwilligung oder Ablehnung einholen. Ich kenne sogar stationäre Einrichtungen, die diese Einwilligung/ Ablehnung als Vordruck zum Heimvertrag mit aushändigen. Das ist im Zweifel vergebliche Mühe. Die Einwilligung muss aktuell am Prüftag eingeholt werden, ebenso auch die Ablehnung. Das macht die neue QPR (§ 8 Absatz 3): »Die Einwilligung der versorgten Person nach § 114a Absatz 3a SGB XI kann erst nach Bekanntgabe der Einbeziehung der in Augenschein zu nehmenden Person in die Qualitätsprüfung erklärt werden.«

9. Fehler: Annahme, jeder Kunde könne in die Prüfung einbezogen werden

Zum einen werden seit einigen Jahren nicht mehr nur die gesetzlich Versicherten, sondern auch die Privatversicherten mit geprüft. Außerdem: »Es können Versicherte der sozialen und der privaten Pflegeversicherung einbezogen werden«, heißt es in den QPR unter § 8 Abs. 1.

Dennoch werden nicht alle Kunden in die Prüfung miteinbezogen:

Es handelt sich um eine Prüfung nach § 114 SGB XI. Das bedeutet, reine SGB V-Kunden können ambulant nicht nach diesem Prüfkatalog werden. Aber: In Kombination mit SGB XI-Leistungen wird auch der SGB V-Kunden geprüft.

Kunden, die nicht pflegebedürftig sind, können weder stationär noch ambulant in eine Prüfung einbezogen werden. Es ist eine Prüfung nach SGB XI und wer nicht pflegebedürftig ist, fällt nicht darunter.

10. Fehler: Bei einer Anlassprüfung wählen die Prüfer die Pflegebedürftigen selbst aus

Prüfungen können anlassbezogen sein. Solche Anlässe sind mitunter auch Beschwerden oder Hinweise von anderen Institutionen (Heimaufsicht, Krankenhaus, Ärzte etc.) oder von pflegenden Angehörigen, von den Versicherten selbst oder auch von scheidenden Mitarbeitern der Einrichtungen. Oder eben bei stationären Einrichtungen künftig auch die Ergebnisse der Qualitätsindikatoren. Das aber ändert nichts am Verfahren selbst.

»Das Stichprobenverfahren bei Anlass- bzw. Wiederholungsprüfungen wird grundsätzlich analog zum Verfahren für die Regelprüfung durchgeführt« (QPR, S. 17). Das bedeutet, die Prüfer können sich nicht einfach eine Namensliste der Pflegebedürftigen geben lassen und frei wählen. Sie haben die Auswahl entsprechend der QPR zu tätigen. Weiter heißt es in den QPR: »Da im Verfahren zur Stichprobenziehung vorgesehen ist, einen Teil der Stichprobe (drei Personen) in der Einrichtung durch das Prüfteam auszuwählen, kann bei Anlassprüfungen der Anlass oder der bemängelte Qualitätsaspekt in die Stichprobe aufgenommen werden, indem vom Prinzip der Zufallsauswahl abgewichen wird.«

Wichtig Abweichungen sind die Ausnahme

Wie in der Regelprüfung auch, werden auch in der Anlassprüfung nur drei Kunden per Zufallsauswahl von Prüfern gewählt. Gibt es Pflegefehler, wird diese Stichprobe allerdings auf bis zu neun Kunden erweitert.

Außerdem gilt: Die Akte des Pflegebedürftigen darf aber nicht einfach herausgegeben werden, auch wenn der Pflegebedürftige der Anlass einer Prüfung ist. Entweder der Pflegebedürftige, sein Bevollmächtigter oder Betreuer stimmen der Akteneinsicht zu oder die Pflegedokumentation wird nicht an die Prüfer weitergegeben. (image 5. Fehler: Den Angehörigen wird generell ein Entscheidungsrecht eingeräumt)

11. Fehler: Die Prüfer dürfen sich im Haus frei bewegen

Die Prüfer werden bei einer Prüfung immer auch die Einrichtung sehen wollen. Da ist bei ambulanten Einrichtungen außer den Büroräumen möglicherweise nicht viel zu sehen. Aber je größer ein Dienst ist, desto mehr Räume wird dieser haben, vielleicht auch Pausen-, Ruhe- und/oder Aufenthaltsräume für die Mitarbeiter.

Eine stationäre Einrichtung hat eine Vielzahl von Räumen, die zwar Bestandteil der Einrichtung, aber nicht zwangsläufig des laufenden Betriebes sind. Dazu gehören die Pausen-, Ruhe- und Aufenthaltsräume, privat genutzte Räume oder vermietete Räume auf dem Gelände.

Aber: Zur Prüfung gehört eine Sichtung der Räume, die zur Erfüllung des Versorgungsvertrages gehören und natürlich möchten sich Prüfer einen Eindruck verschaffen. Die oben genannten Räume sind nicht Bestandteil des Versorgungsvertrages und somit auch nicht Teil der Prüfung.

Auch bei Lagerräumen muss unterschieden werden: Ein Lagerraum der Küche ist nicht Bestandteil der Qualitätsprüfung, während der Aufbewahrungsort der Hilfs- und Pflegehilfsmittel durchaus dazugehört. Die gemeinschaftlich genutzten Badezimmer in einem Pflegeheim sind Bestandteil einer Prüfung. Die Dusche im Mitarbeiterumkleideraum ist dagegen tabu. Die Dienstzimmer sind wiederum Bestandteil einer Prüfung, der Pausenraum der Mitarbeiter nicht.

Natürlich stellen sich viele Einrichtungen auf den Standpunkt: »Wir haben nichts zu verbergen«, aber man sollte immer wissen, was Recht ist, um es im Bedarfsfall anwenden zu können.

12. Fehler: Die Prüfer gehen allein zum Pflegebedürftigen

Im Katalog der neuen vollstationären Qualitätsprüfung gibt es keine Fragen mehr, die der Prüfer allein mit dem Pflegebedürftigen klären müsste. Es gibt auch keine Zufriedenheitsbefragung mehr. Das muss zur Folge haben, dass kein Prüfer allein zum Pflegebedürftigen geht.

In der neuen Qualitätsprüfung geht es um Versorgungsergebnisse beim Pflegebedürftigen. Es geht darum, ob die Einrichtung bzw. die Mitarbeiter der Einrichtung ihren Versorgungsauftrag beim Kunden erfüllen. Dazu gehören eine individuelle und bedürfnisgerechte Versorgung. Will der Prüfer das Ergebnis am Pflegebedürftigen sehen, ist immer eine Leitungs- oder Pflegekraft dabei.

Es macht auf alle Fälle Sinn, dass es bei der Prüfung eine 1:1-Betreuung gibt, das »Kräfteverhältnis« muss ausgeglichen sein. Die Prüfer gehen, außer zur Toilette, nirgends allein hin.

Haben die Prüfer die Prüfung der Pflegebedürftigen beendet, ziehen sie zur Beratung zurück. Dieses Teamgespräch ist in den QPR vollstationär in Anlage 7 aufgenommen und hinsichtlich seiner Struktur beschrieben.

13. Fehler: Die Leitungskräfte bereiten sich nicht auf die Prüfung vor

Prüfungen bedeuten oft eine Ausnahmesituation für die Einrichtung und ihre Mitarbeiter. Stress, Angst und Unsicherheit sind nicht selten die Wegbegleiter. Ich kann niemandem die Angst nehmen, aber eine Prüfung ist nicht halb so schlimm, wie von einigen befürchtet. In der Regel bevorzugen die Prüfer ebenfalls eine gute Zusammenarbeit und erwarten Kooperation von der Einrichtung.

Die beteiligten Leitungskräfte sollten sich daher anhand des aktuellen Prüfkataloges vorbereiten. Bei der Prüfung sollte dieser Erhebungsbogen sowie die Erläuterungen zu den Qualitätsaspekten vor ihnen liegen. Das verschafft Sicherheit und der Ablauf der Prüfung lässt sich besser verfolgen. Wird eine Frage gestellt, so kann immer rückgefragt werden, wo diese Frage im Katalog steht. Das verschafft Zeit und Sicherheit und hilft, die Prüfer im vorgegebenen Rahmen zu halten. Nicht selten werden viele Fragen über den geltenden Fragenkatalog hinaus gestellt, die die Leitungskräfte aber nicht zwingend beantworten müssen.

Andererseits sollten die Leitungskräfte auch das kommentieren, was die Prüfer einfordern oder als Bewertung äußern. Wenn ein Prüfer feststellt, dass die Pflegevisiten zu selten durchgeführt werden, stellt sich die Frage, ob die Häufigkeit der Pflegevisiten überhaupt verbindlich geregelt ist, und wenn ja, wo.

Oft werden die Pflegedokumentation ausgewertet und dazu bestimmte Feststellungen getroffen, z. B. über die Häufigkeit von Berichtseinträgen oder Evaluation der SIS® oder Pflegeplanung. Hier sollte ebenfalls zur Richtigstellung beigetragen werden, indem man sich an der Grundlage der MDK-Prüfung orientiert, inkl. der Anleitung zur Prüfung.

Natürlich soll nicht jeder Satz, den man den Prüfern gegenüber äußert, beginnen mit: »Wo steht das?« Andererseits muss sich niemand den Mund verbieten lassen. Hier gilt der alte Spruch: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Unsicherheit und Angst sind schlechte Wegbegleiter.

Wer Angst vor der Prüfung hat oder unsicher ist, macht Fehler und ist mitunter ein gefundenes Opfer für spezielle Prüfer. Insofern ist es zwingend erforderlich, dass die Leitungskräfte mit einem entsprechenden Wissen und dem gültigen Prüfkatalog offen und kooperativ in die Prüfung starten.

14. Fehler: Annahme, der MDK könne Einrichtungen schließen

Es gibt eine ganze Reihe von Mythen rund um die MDK-Prüfung. Wie oft höre ich, dass der MDK dieses oder jenes gesagt habe, dass er dieses und jenes gefordert habe, dass der MDK sogar Einrichtungen geschlossen habe.

Dass sehr viel über den MDK gesprochen wird, ist klar. Dass die Mitarbeiter des MDK nicht annähernd so schlimm sind wie ihr Ruf, auch.

Kein MDK kann eine Einrichtung schließen. Das Schließen einer Einrichtung ist ein Verwaltungsakt, den weder MDK noch Pflege- oder Krankenkasse erreichen und durchsetzen können. Das kann nur die Heimaufsicht, die den Heimbetrieb ganz oder teilweise untersagen kann. Die Heimaufsicht hat somit viel weitreichendere Möglichkeiten, vom Erlass eines Bußgeldes über die Absetzung der Leitung bis hin zum Belegungsstopp und Schließung einer Einrichtung.

Der MDK hingegen prüft und gibt seinen Bericht an die Pflegekassenverbände weiter. Im ambulanten Bereich erhalten die Pflegekassen der geprüften Kunden die Berichte.

15. Fehler: Annahme, nach schlechtem Prüfungsergebnis sei der Versorgungsauftrag weg

So viele Geschichten sich um Schließungen ranken, so viele gibt es auch um das Thema «Versorgungsvertrag«. Es wird erzählt, die Pflegekassen seien nicht zimperlich. Es gäbe zu viele Pflegeeinrichtungen und manche Pflegekassen würden über eine MDK-Prüfung den Markt bereinigen wollen.

Wenn die MDK-Prüfer nun bei der Prüfung erhebliche Mängel feststellen, werden sie diese im Prüfbericht vermerken. Dieser Bericht geht den Pflegekassenverbänden zu und diese müssen schauen, was nun zu tun ist. Es ist schließlich auch Aufgabe einer Pflegekasse, die Pflege der Pflegebedürftigen sicherzustellen. Insofern hat die Pflegekasse natürlich die Aufgabe, die Dienstleister zur Ordnung zu rufen, wenn die Versorgungsverträge und die gemeinsam vereinbarten Qualitätsniveaus nicht eingehalten werden.

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Die Pflegekasse gibt der Einrichtung zunächst immer eine Chance, sich zur Prüfung zu äußern und klarzustellen, was, wie und warum schiefgelaufen ist oder ob möglicherweise Dinge anders interpretiert werden müssen.

Ich selbst erlebte eine Prüfung, in der eine Prüferin einen falschen Schluss zog. Sie hatte die fest geschlossene, weil kontrahierte Hand (Krallenhand) einer Bewohnerin leicht geöffnet und festgestellt, dass die Finger fest in die Handfläche gedrückt waren und einen Dekubitus »bis auf das rohe Fleisch« diagnostiziert. Das schilderte sie allerdings erst beim Abschlussgespräch, sodass den Beteiligten keine Gelegenheit blieb, mit der Prüferin zusammen bei der Bewohnerin nachzuschauen. Bei der sofort nach der Prüfung durchgeführten Kontrolle der Hand fand sich eine völlig intakte Haut. Man kann der Prüferin keinen Vorwurf machen. Sie wollte der Bewohnerin keine Schmerzen zufügen und öffnete deshalb die Hand wohl nicht weit genug. Die Hand war verschwitzt und die Haut faltig. Deshalb kam die Gutachterin zu einem falschen Resultat.

Diese Sache, die natürlich als grober Pflegefehler im MDK-Bericht auftauchte, konnte bei der Kasse klargestellt werden, auch weil der Hausarzt direkt am Abend nach der Prüfung zur Visite kam und seinerseits die intakte Haut bestätigen konnte. Dies ist ein Fall, der nicht alltäglich ist. Er zeigt aber: Menschen können sich irren.

16. Fehler: Annahme, die Prüfer wüssten es besser

Prüfer gehen immer mit der Erfahrung an die Arbeit, die sie bis dato gesammelt haben. Es gibt auch Prüfer, die niemals selbst ambulant tätig waren und die Abläufe nur aus Prüfsituationen kennen. Sie fordern deshalb mitunter Dinge, die es nicht geben muss. Umgekehrt wird einem Prüfer mit langjähriger Erfahrung im ambulanten Dienst die entsprechende Grundhaltung zur stationären Altenhilfeeinrichtung fehlen.

Zudem sind die Prüfer trotz Schulung nicht unfehlbar. Das zeigten die Testprüfungen im Jahr 20184 zeigten:

Bei 11 der 23 Bewertungen kamen die Prüfer zu einer unterschiedlichen Bewertung.

Bei 37 der 115 unterschiedlichen Bewertungen der Qualitätsaspekte wurde von den beiden Prüfern in Bezug auf die gleiche Situation ein unterschiedlicher Sachverhalt dokumentiert.

13 von 34 Prüfern hielten sich nicht an die Verfahrensbeschreibung (vielleicht weil die Informationen nicht immer verstanden wurden).

Bei 13 von 50 Doppelprüfungen beschrieben die Prüfer in Bezug auf die gleiche Situation unterschiedliche Sachverhalte, die sie zudem unterschiedlich bewerteten.

Die Autoren dieser Art der Qualitätsprüfung stellen fest, dass die Prüfer den Sinn und Zweck oder aber auch nur das Vorgehen und die neue Prüfsystematik in den Testprüfungen nicht verstanden haben. So ist bspw. zu lesen5: »zeigen die Prüfbögen zahlreiche Abweichungen von den methodischen Vorgaben« und weiter: »Wichtig für die Implementierung des Prüfverfahrens ist allerdings der Hinweis, dass die Anwendung der Bewertungskategorien trainiert werden muss.«

Fazit Prüfer sind Pflegekräfte wie Sie und ich

Sie haben ihre Stärken und Schwächen in einzelnen Fachthemen und zudem oft eine sehr unterschiedliche Ausbildung. Bevor die Prüfer lernen, üben sie erst einmal. Der Erwerb der nötigen Kompetenz erfolgt dann in einem Training on the job. Vergessen Sie die wichtigste Frage daher nie: »Wo steht das?«

Ein Schulungskonzept (image Abb. 1) für MDK-Prüfer macht deutlich, wie die Ausbildung verläuft:

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1Büscher A, Wingenfeld K et al. (2018): Entwicklung der Instrumente und Verfahren für Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI und die Qualitätsdarstellung nach § 115 Abs. 1a SGB XI in der ambulanten Pflege. Abschlussbericht vom 20. 8. 2018, S. 67. Im Internet: www.pflege-prozess-beratung.de/wp-content/uploads/2019/01/Abschlussbericht-Qualit%C3%A4tspr%C3%BCfung-ambulant.pdf

2Ebd.

3Wingenfeld K et al. (2018): Entwicklung der Instrumente und Verfahren für Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI und die Qualitätsdarstellung nach § 115 Abs. 1a SGB XI in der stationären Pflege. Abschlussbericht: Darstellung der Konzeptionen für das neue Prüfverfahren und die Qualitätsdarstellung vom 3. September 2018, S. 251ff.

4Wingenfeld et al. 2018, S. 136 ff.

5Büscher 2018, S. 128 ff.

17. Fehler: Unterlagen werden kopiert und mitgegeben

Die MDK-Prüfungen dauern unterschiedlich lange. Es werden stationär neun Bewohner, ambulant neun Kunden und jeweils der individuelle Pflegezustand sowie die Dokumentationen überprüft. Da die Struktur komplett zusammengeschrumpft ist, sollte ein Tag Prüfung genügen. Sind die Defizite jedoch umfassend, dauert es etwas länger.

Können die Prüfer vor Ort aus Zeitgründen nicht alles einsehen, möchten sie häufig Unterlagen mitnehmen. Viele Einrichtungen versuchen zu kooperieren und wollen den Prüfern nichts abschlagen. Oft beherrscht auch die Angst vor Repressalien in der Prüfsituation. Die Mitarbeiter der Einrichtungen tun alles, was von ihnen verlangt wird. Immer wieder höre ich auch von großen Trägern, dass man ein friedliches Miteinander möchte, man wisse um seine Probleme und möchte durch Verweigerung von Unterlagen keine schlafenden Hunde wecken.

Die Folge ist, dass – oftmals ohne Bedenken – Unterlagen aus der Einrichtung, zusammen mit Pflegedokumentationen auf Kosten der Einrichtung kopiert und ausgehändigt werden. Dabei sollte bedacht werden, dass alle Dokumente, die das Haus einmal verlassen haben, nicht mehr »kontrolliert« geprüft werden und die Einrichtungsverantwortlichen nicht mehr direkt, sondern nur noch im Nachhinein, Stellung beziehen können.

Die Handlungsweise mancher Prüfer, Dokumentationen und Dienstpläne zu kopieren, ist nicht statthaft. Es gibt weder in der Prüfanleitung noch in den Grundsätzen zur Qualität einen Hinweis darauf, dass die Prüfer ein Recht auf Kopien hätten. Die Prüfung muss in der Einrichtung stattfinden. In den QPR unter § 5 Abs. 2 ist zu lesen: »Für Nachweiszwecke sind – soweit erforderlich – Kopien anzufertigen.« Was heißt »soweit erforderlich«? Und für welche Nachweise? Die Prüfer argumentieren oft damit, dass sie keine Zeit mehr hätten und die Unterlagen später im Büro prüfen oder dass es schneller ginge, wenn sie die Unterlagen mitnehmen würden. Hier sollten die Leitungskräfte keinesfalls nachgeben. Der Grundsatz muss lauten: Kein Dokument verlässt das Haus.

18. Fehler: Der Strukturteil gilt als anstrengend

All die Jahre war die Prüfung für die Leitungskräfte eine Herausforderung. Während mindestens ein Prüfer bei der Leitung saß und den Strukturteil prüfte, befanden sich andere Prüfer mit Mitarbeitern bei Pflegebedürftigen und prüften dort die Ergebnisqualität. Die Leitung muss die Prüfer bedienen, die stets die gleichen Anforderungen hatten: »Zeigen Sie mir mal…«. Das war teils purer Stress für die Leitung, die permanent zeigen und bedienen musste, und im Hinterkopf wusste, welcher Pflegebedürftige in der Stichprobe war und welcher Mitarbeiter die Prüfung begleitete.

Mit der neuen QPR hat das ein Ende. Bereits in den Abschlussberichten (ambulant und stationär) wurde deutlich, dass die Prüfung der Struktur keinen Hinweis auf Ergebnisse bei Pflegebedürftigen ableiten lässt. So gab es Einrichtungen, die ordnerweise Hygieneverordnungen vorweisen konnten und diverse Schulungen für Mitarbeiter. Aber vor Ort sah man dann, dass Mitarbeiter die immer gleichen Handschuhe trugen und lieber diese desinfizierten als ihre Hände.

In der neuen Prüfung rückt der Strukturteil gänzlich in den Hintergrund. Erst wenn bei Pflegebedürftigen Defizite festgestellt werden, wird dieser Teil der Struktur geprüft. Sehen die Prüfer bei den Pflegebedürftigen und dem Umgang der Mitarbeiter mit dem Thema Hygiene keine Schwächen, muss der Prüfer nicht fragen, ob die Mitarbeiter geschult werden. Wurden bei den Pflegebedürftigen keine Defizite in der Umsetzung der biografischen Belange festgestellt, so muss nicht nach dem Konzept oder Schulungen zu Biografie gefragt werden.

19. Fehler: Prüfer können sich alle Unterlagen ansehen

Wie im vorangegangenen Fehler beschrieben, rückt der Strukturteil in den Hintergrund. Das bedeutet auch, dass Prüfer nicht mit im alten Stil »Zeigen Sie mir mal die Fortbildungsnachweise« etc. weitermachen können. Möchten Prüfer Unterlagen sehen, gilt für Sie: Verweisen Sie auf den Qualitätsaspekt »Bedarfsübergreifende fachliche Anforderungen« (stationär Bereich 5, ambulant Bereich 4). Dort ist zum Strukturteil zu lesen: »Grundlage der Beurteilung sind hier die Feststellungen, die die Prüferinnen und Prüfer bereits bei anderen Qualitätsaspekten getroffen haben. Weitergehende Feststellungen sind nicht vorgesehen.«

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Die Prüfer müssen den Strukturteil allein aus Ableitungen aus der Prüfung der Pflegebedürftigen ableiten. Sie können keinesfalls »ihr altes Programm« abspulen.

20. Fehler: Die Prüfer prüfen den Dienstplan

Vorbei die Zeit der stundenlangen Strukturprüfung. Insbesondere das »Auseinandernehmen« des Dienstplans war immer sehr beliebt. Dienstpläne waren teils nicht dokumentenecht, weil Dienste überschrieben wurden, oder sie entsprachen ggf. anderen Formalien nicht. In der Vergangenheit führte das zu Mängeln im Bericht.

In der neuen QPR ist die Strukturprüfung sowieso zusammengeschrumpft (siehe vorangegangene Fehler) und der Dienstplan hat keine Relevanz für das Prüfergebnis mehr. Selbst wenn Prüfern am Dienstplan etwas auffällt – das Prüfergebnis wird dadurch nicht beeinflusst.

21. Fehler: Keine Handzeichenliste wegen PC-Dokumentation

Einrichtungen, die ihre Daten in der Pflege bereits elektronisch erfassen, haben ihren Mitarbeitern Zugriffsrechte auf dem PC erteilt. Jeder Mitarbeiter muss sich vor Beginn der Arbeit, spätestens aber zum Zeitpunkt einer Eintragung, ins System einloggen. Dies geschieht meist mittels Code oder Passwort. Die Software erkennt den eingeloggten Nutzer und kennzeichnet alle Einträge mit dem Namen des entsprechenden Mitarbeiters. Da jeder Mitarbeiter auf diese Art und Weise vom System erfasst wird, werden die Handzeichenlisten nicht mehr gepflegt, sie scheinen entbehrlich.

Das ist aber nicht richtig. Denn es gibt, neben der PC-Dokumentation, noch immer handschriftliche Listen und Vordrucke, die unterzeichnet werden müssen. Das kann eine Getränkeliste beim Kunden sein oder ein Lagerungs-/Bewegungsprotokoll, das neben dem Bett des Pflegebedürftigen liegt und dort geführt wird.

In der alten QPR ambulant (voraussichtlich bis Mitte 2020) hieß es unter Frage 5.3 (S. 101): »Sowohl bei handschriftlicher als auch bei EDV-gestützter Pflegedokumentation ist eine Handzeichenliste erforderlich. Bei der Erstellung der Handzeichenliste ist darauf zu achten, dass jedes Handzeichen eindeutig einem Mitarbeiter zugeordnet werden kann.«

Die neue vollstationäre QPR enthält keinerlei Hinweise mehr auf die Handzeichenliste, das Wort taucht nicht einmal mehr auf.

22. Fehler: Der MDK-Prüfer schaut in die Personalakten

Zu jeder Prüfung gehört auch die Überprüfung der beruflichen Eignung der Pflegedienstleitung und der Pflegekräfte, also die Einsicht in die Berufsurkunden. Auch Beschäftigungsumfang sowie Weiterbildungen sind Thema bei Qualitätsprüfungen.

Es muss hinterfragt und überprüft werden, ob die Pflege von geeigneten Kräften sichergestellt wird. Die Einrichtung hat schließlich einen Versorgungsvertrag, der dies regelt. Ebenso wird danach geschaut, wie viele geringfügig Beschäftigte es im Haus gibt, denn ihre Anzahl sollte 20 Prozent nicht überschreiten. Dies ist auch in einigen Rahmen- sowie Versorgungsverträgen geregelt.

Die Informationen finden sich in der Regel auf einer separaten Liste, aus der erkennbar ist, welche Mitarbeiter mit welcher Qualifikation und welchem Beschäftigungsumfang vertraglich gebunden sind. Überprüft wird vom Prüfer stichprobenartig, ob die auf der Liste aufgeführten Mitarbeiter auch tatsächlich die Qualifikation nachweisen und ob sie tatsächlich im benannten Umfang beschäftigt sind. Was liegt also näher, als die nötigen Informationen in der Personalakte zu suchen? Genau das geschieht in einigen Prüfungen: Die Prüfer erhalten uneingeschränkt Zugang zu den Personalunterlagen. Diese Vorgehensweise ist verboten und widerspricht allen datenschutzrechtlichen Vorgaben.

23. Fehler: Die Dokumentation im ambulanten Dienst wird nicht beim Kunden geführt

In ambulanten Diensten liegt die Pflegedokumentation normalerweise beim Kunden vor Ort. Das bedeutet natürlich auch, dass der Kunde – im Gegensatz zu einem Heimbewohner – lesen kann, was über ihn geschrieben wurde.

Ich habe in einer Prüfung erlebt, dass eine Kundin sich dagegen verwahrte, dass ihre Stuhlgang- und Ausscheidungsfrequenz in der Pflegedokumentation festgehalten wurde. Sie wehrte sich gegen diese – ihrer Meinung nach – intimen Aufzeichnungen. Als ihre Akte bei der MDK-Prüfung zufällig ausgewählt wurde, erklärte sie sich mit einer Überprüfung der Akte und einer Befragung einverstanden. Nun wurde gefragt, warum der ambulante Dienst die Ausfuhr nicht notierte, obwohl die Dame einen Katheter hat, und warum die Stuhlgänge nicht ebenfalls protokolliert würden, schließlich erhalte sie ja Medikamente, die auf den Stuhlgang Einfluss hätten. Die Frau machte klar, dass sie der schriftlichen Erhebung ihrer Ausscheidung nicht zugestimmt habe. Beim Abschlussgespräch im Pflegedienst bat der Mitarbeiter des MDK darum, diese Pflegedokumentation künftig im Dienst zu führen, sodass man die Ausfuhr aufschreiben könne.

Dieses Vorgehen ist nicht rechtens, weder gefordert noch für die Pflege erforderlich. Zulässig ist es, die Dokumentation in Ausnahmefällen nicht vor Ort, sondern im Dienst aufzubewahren. Diese Ausnahmen sind »begründete Ausnahmen« (der Pflegebedürftige ist desorientiert und »versteckt« oder vernichtet die Dokumentation oder der Pflegebedürftige reagiert auf Aussagen zu seinem Zustand in der Dokumentation mit aggressivem Verhalten).6 Um einen ausreichenden Überblick über die Situation des Pflegebedürftigen zu erhalten, sollten die beim Pflegebedürftigen aufbewahrten Dokumentationselemente den Zeitraum der vergangenen drei Monate widerspiegeln.

Gerade der Grund, der Pflegebedürftige könne aggressiv reagieren, lässt natürlich wieder eine breite Interpretation zu. Welcher Pflegebedürftige reagiert nicht ungehalten, wenn er im Bericht liest, dass er unangenehm riecht, dass er Verwahrlosungstendenzen zeigt oder dass er Alkohol getrunken hat?

Fazit Die Dokumentation gehört zum Kunden

Meines Erachtens kann es nur eine Ausnahme geben, nämlich dann, wenn die Pflegedokumentation vor Ort nicht sicher aufzubewahren ist. Man sollte allerdings immer erst versuchen, einen Ort in der Wohnung zu finden, z. B. auf dem Küchenschrank oder in einer Nische im Badezimmerschrank etc. Wenn Angehörige dabei sind, wird sich sicher innerhalb der Wohnung ein guter Aufbewahrungsort für die Pflegedokumentation finden lassen.

24. Fehler: Die Pflegedokumentation wird aus Datenschutzgründen nicht mitgenommen

Die sichere und für Unbefugte unzugängliche Aufbewahrung der Pflegedokumentation ist in der Tat Sache der Einrichtung. Das gilt ambulant wie stationär. Ambulant liegt die Akte vor Ort (siehe vorangegangenen Fehler). Wird sie vom Kunden selbst zugänglich gemacht, so ist das nicht Sache des Pflegedienstes.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842690363
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (März)
Schlagworte
Qualität Pflegekraft Anforderungen MDK MDK Altenpflege

Autor

  • Jutta König (Autor:in)

Jutta König ist Wirtschaftsdiplom-Betriebswirtin Gesundheit (VWA) und Sachverständige bei verschiedenen Sozialgerichten im Bundesgebiet. Sie unterrichtet Pflegesachverständige und Pflegeberater, arbeitet als Unternehmensberaterin und Dozentin in den Bereichen SGB XI, SGB V, Heim- und Betreuungsrecht.
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Titel: 100 Fehler bei der MDK-Prüfung