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Gute Tage trotz Krebs!

Ein humorvolles Ausfüll- und Mutmachbuch rund um eine doofe Diagnose. Empfohlen von "Nana Recover your smile e. V."

von Sabine Dinkel (Autor:in)
176 Seiten

Zusammenfassung

„Ich habe Ihr Buch nach dem ersten Schock gelesen und konnte endlich mal so richtig beherzt lachen! Herrlich!“
„Ihre Bücher sind die beste alternative Heilmethode!“
„Ihr Schreibstil ist phänomenal und genau so brillant ist die Mischung aus Ratgeber, Biografie und Unterhaltungslektüre.“
Nach dem Erfolg ihres Ratgebers „Krebs ist, wenn man trotzdem lacht“ erscheint von Sabine Dinkel nun das humorvolle Ausfüll- und Mutmachbuch – ein lebensbejahender und zuversichtlicher Ratgeber mit praktischen Übungen, hilfreichen Checklisten und tröstlichem Jux.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort von Eva Schumacher-Wulf

Chefredakteurin von Mamma Mia! – Die Krebsmagazine

Liebe Leserin, lieber Leser,

was meinen Sie – darf man über Krebs lachen? Darf man in Anwesenheit von Krebspatienten lachen? Über die Krankheit und deren Folgen? Zugegebenermaßen ist Humor eine sehr individuelle Sache. Aber Humor – welcher Couleur auch immer – ist gesund. Darüber sind sich die Gelehrten einig. Lachen hat etwas von Hochleistungssport, den jeder ausüben kann. Wussten Sie, dass beim Lachen rund 300 Muskeln arbeiten? Und nicht nur das. Lachen hebt die Stimmung, reduziert Ängste, beeinflusst das Schmerzempfinden, löst innere Blockaden und Verspannungen, versorgt den Körper durch die verstärkte Luftaufnahme mit zusätzlichem Sauerstoff, und so weiter und so fort. Eigentlich sollten wir den ganzen Tag lachen. Aber wie kann das gelingen?

Humor – und zwar die rabenschwarze Sorte – war von Anfang an der Begleiter, der mich durch meine Krebserkrankung getragen hat. Und nicht nur mich. Auch mein Mann, meine Kinder, meine Familie und Freunde lernten, dass Lachen erlaubt ist und dass es hilft, beispielsweise Sprachlosigkeit zu überwinden. Kennen Sie die Situationen, in denen sich ein unangenehmes Schweigen im Raum breitmacht, weil die zu besprechenden Themen so schwierig sind? Hier kann Humor helfen, diesen Moment zu überwinden.

Humor hatte sich also schnell zu meinem Lebenselixier in einer sehr schwierigen Phase meines Lebens entwickelt. Und dann lag es plötzlich vor mir, dieses „Krebsbuch“, über das ich Tränen lachen konnte. Mir wurde bewusst, dass es durchaus erlaubt ist, über Krebs zu lachen.

Ganz offiziell. Sabine Dinkel hatte es in ihrem Buch Krebs ist, wenn man trotzdem lacht vorgemacht. Ihr Humor kennt keine Grenzen. So kam es, dass ich Fan der ersten Stunde wurde.

Es war aber nicht nur der Humor, der mir damals half, die Diagnose Brustkrebs und alles, was sie nach sich zog, zu bewältigen. Meine Kinder waren ein und vier Jahre alt, als ich den Tumor entdeckte. Ich konnte den Gedanken „Was, wenn …“ nicht weiterdenken, ohne von einer riesigen, dunklen Welle der Panik übermannt zu werden. Plötzlich sollte ich Entscheidungen treffen, die mein (Über-)Leben betrafen. Aber wie sollte das gehen? Mein Kopf war voll, ich hatte Angst, hätte mich am liebsten verkrochen. In meiner Not begann ich, meine Gedanken zu sortieren. Die negativen auf die eine und die positiven auf die andere Seite. Ich war überrascht, tatsächlich Gedanken zu finden, die ich unter „positiv“ notieren konnte. Genauso machte ich es mit den Entscheidungen, die ich treffen musste. Ich begann zu sortieren, welche Entscheidungen ich heute treffen musste und welche ich verschieben konnte. Ein Buch wie das, das Sie jetzt in der Hand halten, hätte mir die Arbeit sicherlich erleichtert.

Ich habe nie zu den Krebspatienten gehört, die dankbar für ihre Krankheit sind. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, sind durch meine Erkrankung auch positive Dinge entstanden. So konnte ich viele Dinge des Lebens neu bewerten, mir in vielen Bereichen mehr Leichtigkeit genehmigen, mich auf die wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren – und nicht zuletzt die Krebsmagazine Mamma Mia! schaffen, die mein Leben enorm bereichern. Es hat mir immer geholfen – auch heute noch –, mir das zu verdeutlichen. Wie es auch Ihnen gelingen kann, die Krankheit anzunehmen und sich mit ihr zu arrangieren, zeigt Ihnen Sabine Dinkel in ihren Büchern. Lassen Sie sich inspirieren, gehen Sie Ihren Weg Schritt für Schritt und seien Sie geduldig mit sich selbst.

Eva Schumacher-Wulf

Guten Tag!

„Sitze noch leicht belämmert in den Daunen und versuche zu ergründen, wie es mir geht.“

Das schrieb ich Linda, die ich bis dato nur aus dem Internet kannte, genauer gesagt über Facebook. Wir waren verabredet. Doch so richtig kompatibel für ein „Komm, wir beschnuppern uns einfach mal bei einer Tasse Kaffee“ fühlte ich mich gar nicht. Ich hatte am Tag zuvor doofe Nachrichten von meinem Onkologen bekommen. Mir war danach, mir die Decke über die Nase zu ziehen und mich vor der Welt zu verkriechen. Drei Stunden später hatte ich eine neue Buchidee im Kopf.

Linda und ich haben uns getroffen: Bei Kuchen und Kaffee pflanzte sie mir die Idee ins Hirn, ein „Arbeitsbuch“ zu Krebs ist, wenn man trotzdem lacht zu verfassen. Eines, das die Patienten nach Herzenslust selbst erobern können. Zwar war ich noch skeptisch, konnte die Idee jedoch nicht mehr aus meinem Kopf verbannen. Ich hatte Blut geleckt.

„Da müssen unbedingt all die guten Dinge rein, die du dank der Erkrankung erlebt hast!“, skandierte eine gute Freundin einige Monate später. Sie war ganz aufgeregt dabei und lieferte mir gleich ein paar Beispiele: „Wärst du nicht krank geworden, hättest du vermutlich keine vier Bücher geschrieben. Doch so hattest du ein echtes ‚Wofür‘, das deinen Mitpatienten hilft, das Gute im Schlechten zu finden. Du wirst zu Interviews eingeladen, man sieht dich im Fernsehen, du gibst Lesungen und Workshops und ständig lernst du neue Menschen kennen. Wenn das nicht ein wunderbarer Sinn in dem ganzen Schlamassel ist, weiß ich auch nicht!“

Ich komme mir immer etwas blöd vor, wenn ich behaupte, es gibt in allem etwas Gutes, auch wenn ich immer dazusage, dass es oft Zeit braucht, bis es sich zeigt. Und nicht jeder will ein Buch schreiben oder gar im TV auftreten.

Inzwischen habe ich vielen anderen von meinem Weg im Umgang mit der Krankheit erzählt. Das war für mich aufregend und befreiend. Wichtig ist es für mich, darüber zu reden: offen, ehrlich und wohlmeinend. Ich tue das nicht (nur) für mich, sondern auch für die, die das (gerade) nicht können.

Euch wünsche ich vergnügliche Lesehäppchen, viel Mut zum Ausprobieren und viele gute und frische Gedanken.

Eure

Sabine Dinkel

Voneinander lernen

„Wenn jemand die Diagnose Krebs bekommt, ist es für mich, als wäre dieser Mensch ungefragt auf einem fremden Planeten abgeworfen worden, von dem er schon viele grausige Geschichten gehört hat. Womöglich kennt er auch Leute, die schon auf diesem Planeten verloren gegangen sind. Er weiß weder, was los ist, noch, was ihn auf diesem komischen Planeten erwartet. Alles ist unheimlich, alles macht einfach nur ganz arg Angst. Kurzum: Er ist existenziell erschüttert. Doch nach und nach stellt sich heraus, dass der Planet nicht nur groß und gruselig ist, sondern dass man ihn erobern und dabei viel Schönes entdecken kann.“

Das schrieb ich damals in meinem Buch Krebs ist, wenn man trotzdem lacht und malte diese Zeichnung dazu:

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Ich hatte diesen Planeten zu diesem Zeitpunkt bereits 15 Monate erkundet und wollte unbedingt meine Erfahrungen an andere Betroffene sowie deren An- und Zugehörige weitergeben. Inzwischen bin ich schon im fünften Jahr auf diesem Planeten unterwegs. Und auch, wenn für mich kein Rückflug mehr in Sicht ist, will ich all das weitergeben, was mir Gutes passiert ist. Ich bin schon seit geraumer Zeit „Palliativ-Patientin“, d. h. meine Therapien sind nicht mehr auf Heilung ausgelegt, sondern auf ein möglichst gutes Leben. Nur eben mit dieser Erkrankung.

Damals waren wir noch beim Sie. Bei diesem Buch gehe ich einen Schritt weiter, vom Sie zum Du. Womöglich hast du mich in meinem Ratgeber Krebs ist, wenn man trotzdem lacht schon kennengelernt, vielleicht bin ich dir schon ein bisschen vertraut. Jedenfalls schreiben mir das viele, was mich sehr freut.

Mir ist ganz wichtig, dass du dich trotz der herausfordernden Situation wieder selbstwirksam fühlst. Das braucht Zeit, das geht nicht mal so eben von jetzt auf gleich. Aber es geht!

Vieles, was du hier lesen wirst, hat schon jemand vor dir gelernt. Deshalb können dir erfahrenere Menschen in kürzester Zeit beibringen, was du sonst nur in Wochen oder Monaten lernen würdest. Ich finde das toll, denn solche Menschen brauchen wir! Wir können einzelne Fragen, die uns ohne fremde Hilfe über Gebühr beschäftigen, einfach abkürzen. Lass uns jetzt gleich damit beginnen!

Die Herausforderung: „Sie haben Schnieptröte!“

Wird man mit der Diagnose „Schnieptröte“ – das ist ab jetzt das Wort für meinen Krebs – auf diesem gefürchteten Planeten abgeworfen, kann man davon ausgehen, dass man in der Regel komplett orientierungslos und durchgeschüttelt am Boden liegt. Man ist nicht sanft gelandet, sondern fühlt sich, als sei man in luftiger Höhe aus dem Flugobjekt gekickt worden. Man weiß überhaupt nicht, was los ist, und schon gar nicht, was man zu tun hat. Man weiß nur, dass man dazu gezwungen ist, innerhalb kürzester Zeit weitreichende Entscheidungen für sein Über- und Weiterleben zu treffen. Wie so was geht, haben wir meist nicht gelernt.

Der heutige Tag möchte bitte aus dem Småland abgeholt werden. Die Eltern des 16. Januar möchten bitte ihr Gör aus dem Småland abholen. Er wusste sich einfach nicht zu benehmen und möchte bitte JETZT abgeholt werden.

Julia (@mupfelia) auf Twitter

Hach, das wäre es doch: gebrauchte Tage einfach abholen lassen. Einen Tritt in den Allerwertesten und weg damit. Geht leider nicht. Schade eigentlich. Nichtsdestotrotz gibt es jede Menge Dinge, die wir tun können, um mit dieser furchteinflößenden Situation klarzukommen. Und auf diese lege ich meinen ganzen Fokus in diesem Buch. Gruselige Erlebnisberichte, bei denen ich mir vor Angst in die Hosen pieschere, gibt es schon genug. Hier wollen wir das „Gute im Schlechten“ finden – und nach Möglichkeit so richtig fett zelebrieren.

Ich will für die herausfordernde Zeit einer „Schnieptrötenerkrankung“ einen Beitrag leisten, der anders ist. Weg von „Oh weh, ich habe Krebs, jetzt ist bald alles vorbei!“ hin zu „Wow, das ist alles trotz Schnieptröte möglich!“ Was ich mit dir vorhabe:

Ich möchte dich ermutigen, dich auf Gedankenexperimente einzulassen. Wie eine meiner Lieblingskünstlerinnen Keri Smith sagt: „Das Ergebnis deiner Experimente wird manchmal interessant sein und manchmal nicht. Das liegt in der Natur von Experimenten.“

Dann zeige ich dir, wie ich persönlich bestimmte Dinge gelöst habe. Du kannst entscheiden, ob du dir davon was abguckst.

Ich habe die Freude, dir meine Lieblingsübungen zu zeigen. Auch hier kannst du schauen, was davon dir zusagt, und einfach ausprobieren.

Und ansonsten würde ich mal sagen: Lass dich einfach inspirieren. Jedes Buch wird nach dem Ausfüllen anders aussehen. Und das macht es doch so spannend!

Damit du nicht denkst „Was will die Bine mir denn erzählen, die hat doch keine Ahnung!“, will ich hier einmal kurz erzählen, was ich bereits alles gewuppt habe, obwohl ich damals dachte: „Jetzt ist alles aus, bald kann ich die Schneeglöckchen von unten läuten.“

Das Gute im Schlechten sehen

Erst mal möchte ich dich locken, indem ich von ein paar Dingen erzähle, die ich NIE erlebt hätte, wäre ich nicht krank geworden. Das mag jetzt für den einen oder die andere an dieser Stelle völlig wumpe sein, weil er oder sie womöglich ganz woanders steht, aber es lohnt sich, doch einmal scharf hinzugucken. Gruseln können wir uns hinterher immer noch.

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Als ich während meiner Reha auf Föhr über den Strand lief, fand ich nicht nur neun Euro in bar – sie waren vermutlich jemandem aus der Tasche geflutscht –, sondern auch jede Menge Plastikmüll, den ich zu lustigen kleinen Wesen arrangierte und verrückte Geschichten dazu erfand. Daraus wurde mein viertes Buch Strandgut-Poesie: Wenn es am Meer aus dem Plastikmüll kichert.

Als ich nach einer sehr anstrengenden Therapiezeit in einer komplementär-onkologischen Klinik in der Südpfalz eincheckte, um mich aufpäppeln zu lassen, ahnte ich noch nicht, dass meine neue Psychoonkologin ein echter Knaller war. Mit ihrer Hilfe habe ich – nach sechs Jahren wohlgemerkt, denn das Thema hatte ich ständig verdrängt – das Grab meiner Eltern in eine richtig schöne Ruhestätte verwandelt. Der Clou: Ich muss jetzt nix mehr pflegen. Mein Papa hat einen wunderschönen Raben bekommen, meine Mutter eine tanzende Prinzessin. Beides von einem tollen Steinbildhauer, der richtig Lust auf das Projekt hatte. Innerlich ist eine große Ruhe eingekehrt, auch meine Eltern scheinen sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Wenn mir mein Onkologe mal wieder eine Hiobsbotschaft präsentiert, halte ich mich nicht allzu lange mit Frust auf, sondern lebe einfach weiter. So, wie es mir in dem Moment eben geht. Meistens kommt von irgendwo eine neue Idee für eine Therapie oder Linderung um die Ecke, die ich dann ausprobiere. So habe ich seit einigen Monaten einen „Pleura-Katheter“ (ich nenne ihn „Kati“), mit dessen Hilfe ich mir Erleichterung verschaffen kann, wenn ich zu viel Wasser in der Pleura-region angesammelt habe.

Ich schiebe nix mehr auf – das, was ich gerne erleben möchte, versuche ich zu erleben, und zwar mit Leuten, die mir wirklich am Herzen liegen. Was ich nicht möchte, sage ich freundlich ab. Dabei helfen mir meine vier Filter:

1. Bringt es mir Glückspeng (mein Wort für den wunderbaren Zustand der „gehobenen Gestimmtheit“)?

2. Sichert es mir mein Weiterleben?

3. Füllt es meinen Kühlschrank?

4. Tappe ich in die Nettigkeitsfalle?

So habe ich spätestens bei Frage 4 den Schlawiner am Wickel, der mich noch vor der Krankheit dazu verführt hat, viel zu viel von dem zuzusagen, was ich lieber abgesagt hätte.

Ich habe Tanztherapie und einen kreativen Schreibkurs gemacht. Das war richtig toll! Aus der gemeinsamen Arbeit mit der Tanztherapeutin ist eine schöne Basis für eine weitere Zusammenarbeit entstanden, die mich sehr weitergebracht hat.

Eva Schumacher-Wulf (siehe Vorwort) und ich haben uns endlich in Frankfurt kennengelernt. Vorher hatten wir per E-Mail Kontakt, aber das reichte uns nicht. Allerdings haben wir uns immer verpasst, es passte nie. Doch nun war es einfach toll, mit ihr und ganz vielen Frauen einen wunderbaren Workshop-Tag zu verbringen.

Sogar in Dänemark habe ich mich mit einer Schnieptrötenpatientin und deren Familie getroffen. Sie mochte Leuchttürme sehr und war auf der Jagd nach bestimmten Objekten. So was hätte ich unter „normalen“ Umständen nie gemacht, und so war es total schön! Zum Dank bekam ich von ihr einen „Optimisten“. Das ist der dänische Begriff für Freude, Optimismus und gute Laune. Einfach mal googeln.

Eine hilfreiche Einstellung finden

Hand aufs Herz: Gehörst du zu denen, die ständig auf der Suche nach Fehlern sind? Oder häufig das Negative überbetonen? Glückwunsch! Das hast du mit vielen Mitmenschen gemeinsam. Das hat angeblich evolutionäre Gründe, weil das fürs Überleben wichtig ist und so. Es kann aber auch bloß eine dusselige Angewohnheit sein. Genauso gut kannst du aber zu denjenigen gehören, die immer etwas lernen wollen, die gestärkt aus einer Krise hervorgehen möchten oder die immer etwas Gutes in jedem Scheißhaufen (sorry) vermuten. Oder irgendwie von beidem etwas.

Sehr gerne würde ich mit dir schauen, wo du gerade in Bezug auf deine Lebenszufriedenheit stehst. Es gibt so viele Ausgangssituationen, keine ist wie die andere. Vielleicht hast du gerade eine unschöne Diagnose bekommen, die dir das Hirn lahmlegt. Oder du bist schon viele Jahre dabei, dich „durchzukämpfen“. Oder du bist ein An- und Zugehöriger mit ganz eigenen Sorgen und Nöten. Oder vielleicht hast du das Gefühl, dein Nektar ist fast abgenascht.

Was auch immer es ist: Ich möchte dir gerne zeigen, dass es möglich ist, sich auf die Chancen zu konzertieren.

Wie soll denn das gehen? Gute Frage. Ich habe dafür selbst eine Weile gebraucht. Es ging ständig auf und ab, das war nicht immer einfach. Doch inzwischen weiß ich, dass sich die Mühe gelohnt hat.

Was ich auch noch spannend finde: Wenn wir in Schwierigkeiten geraten, tendieren wir häufig dazu, uns über die Ungerechtigkeit der Welt zu beklagen. Twitter ist voll davon! Wir sehen uns als Opfer. Doch wer möchte gerne Opfer sein? Ich jedenfalls nicht. Und jetzt kommt’s: Wir halten uns für den Nabel der Welt! Wir machen einfach zu gerne andere dafür verantwortlich, wenn etwas nicht so läuft, wie wir uns das vorstellen. Wenn wir uns mal den Spaß machen und uns einen Tag lang strengstens beobachten, kommen manche Menschen auf nahezu 60 Klagemomente am Tag! Das heißt, dass sie sich 60 Mal als Opfer fühlen. Du liebe Güte!

Was dagegen die gute Laune fördert: Umgib dich mit zuversichtlichen Menschen. Deren Haltung wird auf dich abfärben. Du findest auf Seite 144 außerdem die „zuversichtlichen Zehn“ von Ulrich Schnabel, ein Erste-Hilfe-Programm für Fälle akuter Hoffnungslosigkeit. Die wirken auch gegen chronische Stimmungstiefs.

Die Macht der Sprache

Ich kann nicht anders: Ich muss schreckeinflößende Dinge, die mich ungut daran erinnern, dass das Leben nicht immer lustig ist, umtaufen. Das macht sie zwar nicht weg, aber wenigstens lustiger. Und dafür lohnt es sich, sich das Thema Sprache genauer anzuschauen.

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Meine Angst nenne ich „Hildegard“. Das hat für mich und andere den Vorteil, dass wir über sie sprechen können, ohne dass sie uns zu sehr in Beschlag nimmt. Ich sage zum Beispiel zu meinem Mann: „Hildegard sitzt mir auf der Schulter und jammert mir ins Ohr. Kannst du mich bitte in den Arm nehmen? Dann ist es nicht so schlimm.“ Und dann nimmt er mich in den Arm – und es ist tatsächlich nicht so schlimm.

Gebt ihnen widersinnige Namen, um ihre Macht zu brechen!

Lorna Landvig: Immer dieses Lampenfieber. Kabel, 2001.

Oder die „Doofmannsgehilfen“ in meinem Oberstübchen, die sich nach viereinhalb Jahren dort unrechtmäßig eingenistet haben. Es klingt doch ganz anders, wenn ich von ihnen als Doofmannsgehilfen spreche, als wenn ich sage „Hilfe, ich habe acht Metastasen im Kopf!“ Jedenfalls tut mir das gut – und meinem Umfeld auch. Es bietet ganz neue Möglichkeiten, sich mit dem Thema zu befassen, ohne schamvoll in ein betretenes Schweigen zu verfallen. Klar, meine Begriffe sind nicht jedermanns Sache. Aber es geht ja auch darum, dass erst mal ich mit ihnen klarkomme.

Eine Patientin hält ihre „Leberknödel“ mit folgendem Spruch in Schach: „Wenn ihr euch nicht benehmt, wer soll denn für euch das Bier kaufen?“ Das finde ich unfassbar witzig. Es geht hier vor allem darum, herauszufinden, was wir mit unseren Worten über unsere innere Haltung verraten.

Wir alle kennen Menschen, die es schaffen, mit ihrer Sprache ungute Gefühle hervorzurufen. Man hört sofort das Vorwurfsvolle oder das Bewertende heraus. Das Gute: Du kannst mit deiner Sprache deinem Leben eine heilsame Wende geben! Was gerade bei Schnieptröte von sehr großem Vorteil ist. Wir können uns immer wieder bewusst machen, ob uns einzelne Wörter guttun. Und umgekehrt ebenso: Immer, wenn wir ein belastendes Wort in unserem Sprachschatz erkennen, können wir es Stück für Stück aus unseren Gesprächen weglassen und durch ein viel freudvolleres ersetzen. Somit können wir in nahezu jeder Lebenslage unsere Selbstwirksamkeit durch das Nutzen passenderer Wörter erhöhen. Das liegt in unserem „circle of influence“ (dazu später mehr).

In ihrem empfehlenswerten Buch In der Sprache liegt die Kraft: Klar reden, besser leben von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf (okay, der Name ist für eine Sprachforscherin ziemlich sperrig, aber dann auch irgendwie extrem passend) nutzt sie als Analogie eine Weinprobe: Niemand würde sich eine oder mehrere Kisten von einem Wein kaufen, der nicht schmeckt oder sogar Kopfschmerzen macht. So sollten wir es auch mit unseren Wörtern halten. Wir können im Laufe der Zeit einen wahren Wort-Schatz entwickeln, der den Namen auch wirklich verdient. Die Autorin sagt: „Wir nehmen ein Wort in den Mund und schmecken ihm nach.“ Schmeckt es irgendwie abgestanden oder sonstwie seltsam, wissen wir, dass wir hier einen super Ansatzpunkt haben. Das finde ich doch sehr vielversprechend.

Ich habe im Laufe der letzten Jahre daran gewerkelt, das gruselige Wort „müssen“ aus meinem Wortschatz zu verbannen. Es geht mir damit richtig gut, nichts mehr zu müssen. Das Einzige, was ich muss, ist irgendwann sterben. Alles andere ist für mich kein echtes Müssen.

Für mich ist Sprache einer der wichtigsten Hebel, an dem ich ansetzen kann, um mein Wohlbefinden – und auch das meiner Mitmenschen – zu beeinflussen. Ja, sogar aktiv zu steuern. Es kostet nichts und macht so vieles leichter. Ich habe mal spaßeshalber aus einigen beim Arzt gefundenen „Mutmachern für Patienten“ fünf Beispiele für dich herausgeschrieben und meine Gedanken danebengestellt. Wenn du Lust hast, kannst du folgenden Versuch machen:

 

Schreckeinflößende Sätze neu machen

In diversen „Mutmachern für Patienten“ gefunden: Meine Idee dazu:
Im Verlauf der Erkrankung sind die bisher genannten, beängstigenden Gefühle immer vorhanden. Es gibt gute Möglichkeiten, die Ängste, die „Huhu, hier bin ich wieder!“ rufen, in ihre Schranken zu weisen.
Die Behandlung wirft viele Fragen auf und verursacht neue Ängste. Bei der Behandlung entstehen viele Fragen. Schauen wir doch mal, wie wir da unbeschadet durchkommen.
Mit der Diagnose Krebs ist nichts mehr so, wie es war. Die Diagnose „Schnieptröte“ haut alles ganz schön durcheinander.
Dennoch bedeuten eine Tumorerkrankung und ihre Behandlung für die Betroffenen und ihre Angehörigen einen schweren Einschnitt in ihr bisheriges Leben. So eine Doof-Diagnose macht was mit uns. Damit sie uns nicht über kurz oder lang schwindelig spielt, gibt es jede Menge Tipps, wie man sie zähmen kann.
Operationen, Bestrahlungen und Chemotherapien, aber auch Hormon- oder Antikörpertherapien können zwar retten oder verlängern, belasten aber auch Körper und Seele. Nebenwirkungen sind die Wirkungen, die wir bei unseren Therapien nicht haben wollen. Schauen wir doch mal, wie wir ihnen beherzt begegnen können.

 

 

Sich selbst neu definieren

Meine Psychoonkologin hat mal gesagt, dass man nach so einer Schockdiagnose wie ein Puzzle sei, das komplett durcheinandergeraten ist. Da gibt es Teile, die plötzlich weg sind, einfach so. Unauffindbar. Vielleicht bei einer Operation herausgeschnippelt. Oder durch „Schwuppdizität“ (mein Wort für Bestrahlungen) weggebrezelt. Und es gibt Stücke, die nicht mehr zu den anderen passen wollen. Es hakt, es kneift, aber nix greift zusammen. Das alte Puzzle will irgendwie nicht mehr zusammenpassen.

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Das müssen wir jetzt aushalten. Unser altes Leben ist nicht mehr so, wie wir es kannten. Wir sind quasi einmal komplett umgestülpt worden. Nicht schön, doch Hand aufs Herz: nicht mehr zu ändern. Das geht vermutlich allen Schnieptrötenpatienten so.

Doch was wir ändern können ist unsere Einstellung zu unserem neuen Erscheinungsbild. Was wäre, wenn wir die Narben, die das Leben uns zugefügt hat, nicht mehr schamvoll verstecken müssten? Dazu möchte ich dir von Kintsugi erzählen:

Ein kleines Gedankenexperiment

1. Was möchtest du gerne sein?

2. Wie willst du dich sehen?

3. Wie willst du von dir wahrgenommen werden?

Als die kaputte Vase, krumm und schief, mit Pattex geklebt? Und als „noch zu schade zum Wegwerfen“ ganz nach hinten in den Schrank verstaut? Oder als ein in der Kintsugi-Technik neu erstandenes Blumengefäß, das bald mit Würde und Stolz von seinen Erlebnissen erzählt?

Deine Geschichte,

Deine Erlebnisse,

Deine Entwicklungen – in Gold sichtbar gemacht

und als das hervorgehoben, was sie sind:

etwas Bemerkenswertes und Besonderes

Du kannst daran werkeln, demnächst voller Stolz vorne im Schrank zu stehen. Du bist für neue, bis dato in deinem Leben noch nicht da gewesene Abenteuer bereit.

Sich den Kopf leerschreiben

Da sich nach einer Doof-Diagnose so viele Schreckensnachrichten in unserem Oberstübchen knubbeln, tun wir gut daran, dieses Gedankenchaos so gut es geht zu bändigen. Das geht am besten, wenn wir uns ganz banal etwas zu schreiben nehmen: Ein – bitte möglichst hübsches – Notizbuch und einen gut schreibenden Lieblingsstift.

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Beim Schreiben erlangen wir ziemlich schnell das Gefühl, einen Verbündeten zu haben. Ob es der fiktive Leser aus der neuen Zukunft ist oder jemand, dem wir uns anvertrauen – Schreiben hat absolut positive Auswirkungen auf unser Immunsystem. Das ist in rund hundertfünfzig Studien untermauert worden – unfassbar, aber wahr. Es wirkt sehr wohltuend bei Erkrankungen und kann depressive Symptome lindern. Diese Chance sollten wir unbedingt nutzen!

„So viel geht mir durch das Oberstübchen. Mir platzt der Kopf. Überall lose Enden … Wo fange ich bloß an?“

Ich habe mir angewöhnt, mir in regelmäßigen Abständen den Kopf leerzuschreiben. Alles, wirklich alles, was mir durch den Kopf schwirrt, schreibe ich auf. Ich wiederhole: wirklich ALLES. Ohne nachzudenken. So, wie es mir durch meine Gedanken purzelt: Kaffee kochen, Testament machen, Krankenkasse anrufen, Medis einnehmen, Müll runterbringen, Desinfektionsmittel besorgen, Putzfrau absagen, Schwiegermutter anrufen, Klo putzen, Hunde füttern, Onkologen anrufen wegen CT-Termin, Blumen gießen, Rasen mähen, Hausratsversicherung bezahlen, Socken und Schlüpfer in die Schubladen, Staubsaugen, Was essen wir am Wochenende?, Einkaufen, Leergut wegbringen, Geschenk für Nele, KK-Unterlagen wegheften, Hometrainer aktivieren, Gassi gehen, Kaffee kaufen (oder war das der Tee?), Kontoauszüge sortieren, Käse? Käse!, Geburtstagskarte schreiben und abschicken, Treppenhaus wischen …

Ich schreibe alles einzeln untereinander, Punkt für Punkt, ohne Ordnung. Das mache ich so lange, bis mir nichts Neues mehr einfällt. Das kann zehn Minuten dauern oder eine halbe Stunde – das ist egal. Es geht so lange, wie es braucht. Wenn mir später noch was einfällt, schreibe ich es einfach dazu. Und wenn im Eifer etwas doppelt oder dreifach auftaucht, macht das auch nix. Es ist eher ein Hinweis, dass es sich wohl nach vorne drängeln möchte – wahrscheinlich aus gutem Grund.

Manchmal, aber auch nur, wenn es mich wirklich zwickt, wenn ich echt noch Lust habe, mache ich mich daran, das Ganze in ein paar Unterlisten zusammenzuführen. Das ist aber für mich oft ein Schritt zu viel. (Aber manch einem hilft das. Mögliche Themen wären erfahrungsgemäß: Einkaufen, Haushalt, Familie, Arzt, Geld …)

Es sind deine Notizen, mache dir einfach die Liste/n, die für dich pas-send ist/sind. Oder belasse es bei der „Universal-Liste“. Oder mal so, mal so. Das darfst du entscheiden.

Wenn alles niedergeschrieben ist, stellt sich bei mir immer ein Gefühl der Befreiung und Erleichterung ein: Ich muss nicht mehr an alles den-ken. Ich weiß, nichts geht verloren, ich habe es ja notiert. Alles ist zu überblicken. Und es ist bearbeitbar. Nebenbei habe ich sogar eine Liste mit den Themen erstellt, die mich zurzeit umtreiben. In die kann ich alles, was nun zukünftig anfällt, nachtragen und habe eine prima Übersicht.

Buchtipp:
Angelika von Aufseß: Schreib an dich! 26 Arten, ein Tagebuch zu führen. Pattloch Geschenkbuch, 2015.

Worauf habe ich eigentlich Einfluss?

„Hilfe, ich habe einen Tumor in der Brust. Ich will den so schnell wie möglich weghaben!“

Es gibt im Leben immer Dinge, die uns Sorgen machen, über die wir uns lautstark aufregen, die uns unbändig nerven, die uns, so meinen wir, fertigzumachen versuchen. Dazu gehört leider auch die Schnieptröte. Und auch das Wetter. Diese Dinge liegen im „circle of concern“ oder „Betroffenheitsbereich“ (nach Stephen R. Covey). Das ist ein Bereich, auf den wir im Grunde keinerlei Einfluss haben. Ich kann mich schwarzärgern, dass sich da ein wütender Griesgram in mir eingenistet hat, kann mich fragen, wer Schuld daran hat oder jemanden beschimpfen. Aber ich kann selbst keinen Einfluss darauf nehmen, dass er da nun mal hockt.

Genauso gut kann ich stundenlang über das Wetter schimpfen – ändern wird sich nix. Höchstens meine Laune, die immer schlechter wird. So weit, so ungünstig.

Zum Glück gibt es auch einen „circle of influence“ oder „Einflussbereich“. Das ist der Bereich, auf den ich sehr wohl Einfluss nehmen kann. Hier bin ich „selbstwirksam“. Zu ihm gehört alles, was ich aktiv verändern kann. Anstatt mich darüber aufzuregen, dass es heute den ganzen Tag regnet, kann ich es einfach hinnehmen (ich kann ja eh nix daran ändern) und es mir drinnen gemütlich machen. Soll es doch draußen regnen, egal. Das wird es auch tun, wenn ich mich aufrege. Dann kaufe ich mir heute eben ein paar schöne Blümchen, stelle sie mitten auf den Esstisch und freue mich jedes Mal, wenn ich zum Tisch schaue. Und dass da ein Tumor in mir hockt, wird sich mithilfe meines Ärzteteams ebenfalls ganz bald verändern. Das Coole daran ist: Je mehr wir unseren Einflussbereich nutzen, desto größer wird er.

Bevor es hier weitergeht, lohnt es sich, kurz innezuhalten und sich zu fragen:

1. Kann ich die Situation beeinflussen?

2. Und wenn ja, zu einem Aufwand, der es mir wert ist?

Viele schimpfen stundenlang über Dinge, die sie nicht ändern können. Für mich ist das Energieverschwendung. In der Zeit, die andere mit Schimpfen verbringen, gehe ich lieber ein Eis essen oder lese in einem schönen Roman.

Hier habe ich eine wunderbare Übersicht, was wir für uns selbst tun können: Das „Centering-Modell“ aus dem Jahr 1991 hat sieben Lebensbereiche, die um einen gemeinsamen Mittelpunkt angeordnet sind. In der Mitte wird die Person selbst dargestellt. Ringsherum sehen wir all die wunderbaren Möglichkeiten, die wir zur Verfügung haben.

Nach: Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V.,
www.biokrebs.de/therapien/seele-und-koerper/was-kann-ich-selbst-tun

In welcher Phase befinde ich mich?

Durch die Erkrankung wird ganz automatisch eine neue Lebenssituation in unser Leben geholt – ob wir es wollen oder nicht. Nun haben wir folgende Aufgabe zu lernen: Wie kann ich es gut schaffen, mit dieser neuen und delikaten Situation umzugehen?

1. Ich möchte meinen persönlichen Weg in der Krankheit finden.

2. Ich trage meinen Teil zur Krankheitsbewältigung bei!

3. Ich lerne, mit den krankheitsbedingten Belastungen so umzugehen, dass sie so günstig wie möglich für mich sind.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842629615
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (September)
Schlagworte
Aufmuntern bei Krebs Chemotherapie Mutmachen bei Krebs Diagnose Krebs Selbsthilfe bei Krebs Patienten-Ratgeber

Autor

  • Sabine Dinkel (Autor:in)

Sabine Dinkel war selbstständiger Business Coach, Existenzgründerberaterin und frisch gebackene Buchautorin, als sie die Diagnose „Krebs“ erhielt. Da sie in ihrem Leben bisher immer mit pragmatischen, spielerischen und humorvollen Strategien durch Krisen gegangen war, sagte sie sich nach der eigenen Schockdiagnose: „Meinen Humor kriegt der Arsch nicht. Dem zeig ich’s!“ Sabine Dinkel hat über vier Jahre mit der Erkrankung gewuppt und ihre Erfahrungen an andere weitergeben. Sie verstarb im Juli 2020.
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Titel: Gute Tage trotz Krebs!