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Hoch hinaus mit COPD

Frei atmen, aktiv werden und das Leben genießen

von Eberhard Jordan (Autor:in)
140 Seiten

Zusammenfassung

Im Jahr 2000 erhielt Eberhard Jordan die Diagnose COPD – und unternahm nichts. Er arbeitete unter Hochdruck, trank zu viel und rauchte noch viel mehr. 13 Jahre später folgte die Prognose seines Arztes: „Wenn Sie nicht sofort mit dem Rauchen aufhören, brauchen Sie bald Sauerstoff und stehen komplett im Abseits.“ Doch erst, als er 2014 auf der Intensivstation landete, krempelte er sein Leben um – heute ist er Initiator der „myCOPDChallenge“, die ihn sogar die 343 Stufen des Stephansdoms hinaufführte. In seinem Buch beschreibt er, wie er es geschafft hat, die Krankheit in den Griff zu bekommen und ein aktives Leben zu führen. Seine Leser erfahren, was COPD ist, wie sie behandelt wird und welche Rolle Bewegung, Ernährung, ein liebevolles Umfeld und Eigeninitiative spielen. Ein Mutmachbuch für alle, die ein aktives Leben trotz und mit COPD wagen wollen!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


DAS BIN ICH

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Mein Name ist Eberhard Jordan, ich bin 58 Jahre alt und habe COPD. Ich schreibe dieses Buch, um Menschen wie Ihnen, die unter dieser Krankheit leiden, Mut und Zuversicht zu geben.

Mir ist klar, dass COPD extrem unterschiedliche Ausprägungen haben kann und von jedem auch unterschiedlich wahrgenommen wird. Trotzdem plädiere ich ganz allgemein dafür, die Krankheit nicht einfach nur hinzunehmen und ihren Verlauf abzuwarten. Das ist meiner Meinung nach ganz sicher der verkehrte Weg. Es ist im Gegenteil wichtig, möglichst aktiv mit ihr umzugehen! Wie mir das gelungen ist und wie auch Sie das schaffen können, erfahren Sie in diesem Buch.

Meine wesentliche Motivation, dieses Buch zu schreiben, war der Australier Russell Winwood. Er begann schon früh mit dem Rauchen, erlitt mit 36 Jahren einen Schlaganfall, der ihn fast das Leben kostete, und erhielt im Jahr 2011 die Diagnose COPD. Nach diesen Schicksalsschlägen krempelte er sein Leben total um und ist heute begeisterter Marathonläufer und Triathlet – eine absolute Ausnahmeerscheinung und nicht nur für Patienten ein großartiges Vorbild!

Einen Marathon zu laufen ist nicht mein Ziel, der Typ bin ich nicht. Aber ich möchte spazieren gehen, meine alltäglichen Tätigkeiten erledigen und möglichst viel schöne Zeit mit meinen Kindern und meinen Enkeln verbringen. Daher habe ich meinen Lebensstil verändert und bin aktiv geworden. Ich fing mit Krafttraining an und legte immer weitere Strecken zu Fuß und mit dem Fahrrad zurück.

Schließlich fasste ich den Entschluss, meine Erfahrungen, Eindrücke und Gedanken während der langen Spaziergänge durch den Prater in meinem Blog „myCOPD-Blog.com“ zu beschreiben. Ich begann möglichst genau zu beobachten, welche Strecken ich wie lange gehen konnte, wie es mir mit verschiedenen Temperaturen ging – wie sich die Natur bei meinen Wanderungen durch die Jahreszeiten änderte. Und ich dachte viel über meine Erkrankung und darüber nach, wie weit sich auch meine eigene Wahrnehmung mir gegenüber in den letzten Jahren verändert hat. Einige Texte und Fotos, die dabei entstanden sind, finden Sie in diesem Buch.

Auch mir wurde erst, als ich selbst davon betroffen war, bewusst, wie wenig bekannt COPD ist. Mit der Awareness-Kampagne „myCOPD-Challenge“, zu der Sie mehr im hinteren Teil des Buches lesen werden, möchte ich der Krankheit in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit verschaffen.

Mit diesem Buch erhalten Sie einige medizinische Informationen zu COPD. Es ist aber keine Anleitung zur Behandlung dieser Erkrankung. Vielmehr schildere ich darin meine Erfahrungen mit COPD und wie ich es geschafft habe, die Krankheit in den Griff zu bekommen. Dabei kommen einige Menschen, die mir auf meinem Weg geholfen haben, zu Wort.

Ich möchte Sie dazu motivieren, sich rechtzeitig mit der Krankheit zu befassen, es mir nachzumachen und ein aktives Leben zu wagen!

Ich freue mich auf eine positive, aktive Zeit!

 

Für meine Töchter und Enkel

DAS IST MEIN EXPERTENTEAM

Martin Gütlbauer

Physiotherapeut, Therme Wien Med,

Ambulante Pneumologische

Rehabilitation

Mein Experte für: Reha, Physiotherapie, Sport und Bewegung

Matthias Harasek

Fachbereichskoordinator Pflege, Intensivstation, Otto-Wagner-Spital Wien

Mein Experte für: Krankenhaus und Intensivstation

Inka

Meine jüngste Tochter

Meine Expertin für: Was COPD für Angehörige bedeutet, wie das Umfeld helfen kann

MMag. Sophie Meingassner

Fachliche Leiterin Rauchfrei Telefon der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK)

Meine Expertin für: Rauchstopp

Dr. med. Heinrich Stolz

Facharzt für Lungenkrankheiten

Mein Experte für: der COPD-Patient

Prim. Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour

Vorstand der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie, Karl-Landsteiner-Institut für Lungenforschung und Pneumologische Onkologie

Mein Experte für: Ventilimplantation

Dr. med. Ralf Harun Zwick

Facharzt für Innere Medizin und für Lungenkrankheiten, Diplom Sportmedizin, Ärztlicher Leiter Ambulante Pneumologische Rehabilitation, Therme Wien Med

Mein Experte für: Ernährung, Sport und Bewegung

 

Wertvolle medizinische Informationen zur Erkrankung entnahm ich dem sehr empfehlenswerten Patientenratgeber „Gut leben mit COPD“ von Dr. med. Peter Hannemann, Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Chefarzt der Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin am AKH Celle.

Diagnose: COPD

Wo fängt man am besten an, wenn man zum Thema COPD schreiben will? Wohl mit der eigenen Diagnose. Also: Ich war selbstständig, ziemlich viel im Einsatz, trieb wenig bis gar keinen Sport, rauchte viel – und begann Schwierigkeiten mit der Luft zu bekommen. Da sagte mir mein Lungenarzt, ich hätte COPD im Stadium GOLD 2. Das war im Jahr 2000. Meine Reaktion: „Ist halt so, wird schon nicht so schlimm sein.“ Und das, obwohl mein Vater mit einer schweren Lungenkrankheit kämpfte. Aber sollte ich dasselbe haben? Nein, ich doch nicht! Auf keinen Fall!

Was tat ich? Nichts. Selbst als ich merkte, dass ich beim Treppensteigen nicht mehr mithalten konnte – und das war ein Problem, denn als moderner Firmenchef muss man ja nicht nur fachlich top sein, sondern auch mindestens einen Marathon laufen können.

Ursprünglich bin ich übrigens Bildhauer und arbeite seit 1982 in diesem Beruf. Atemschutz war damals kein Thema und für Brillenträger wie mich gab es keine passenden Masken, also machte man seine unten auf – auch nicht so toll. Ich war daher jahrelang Holz- und Steinstaub ausgesetzt, die besten Voraussetzungen für eine Lungenkrankheit.

Einen gehörigen Knacks bekam meine Gesundheit dann mit einem großen Schicksalsschlag rund 13 Jahre nach der ersten Diagnose. Meine Firma erlitt Schiffbruch und mein Privatleben und alles, was dazugehörte, gleich mit. Plötzlich bekam ich keine Luft mehr, ich keuchte nach 100 Metern. Diagnose: COPD im 3. Grad. Mit dem ärztlichen Hinweis: „Wenn Sie nicht sofort mit dem Rauchen aufhören, brauchen Sie demnächst Sauerstoff und dann sind Sie komplett im Abseits.“

Was ist COPD?

Bevor ich erzähle, wie es bei mir weiterging, versorge ich Sie erst einmal mit ein paar Fakten über COPD.

Die Abkürzung COPD steht für „Chronic Obstructive Pulmonary Disease“. Frei übersetzt heißt das „chronische Lungenkrankheit mit verengten Atemwegen“. Obstruktion heißt Verengung, in diesem Fall ist die Verengung der Bronchien gemeint, die zu Atemnot führt.

Die COPD ist durch vier Merkmale charakterisiert: Hauptmerkmal sind die auf Dauer verengten Bronchien. Daneben ist eine chronische Entzündung der Bronchien typisch, wodurch die Bronchialwand dicker und der Innendurchmesser der Bronchien kleiner wird. Durch die Entzündung verlieren die Schleimhautzellen, die die Bronchien auskleiden, einen Teil ihrer Flimmerhärchen, die für den Schleimtransport zuständig sind. Diese Veränderung der Schleimhaut hat zur Folge, dass sie Krankheitserreger nur noch unzureichend abwehren kann.

Die vier wichtigsten Merkmale der COPD sind also:

dauerhafte Bronchialverengung

chronische Entzündung der Bronchien

Veränderung der Bronchialwand

verringerte Abwehrkraft bei der Bekämpfung von Krankheitserregern

Die COPD-Schweregrade

Um den Schwergrad einer COPD festzulegen, wird erst einmal die Atemwegsverengung anhand der Lungenfunktion festgestellt und in vier Stufen eingeteilt. Dafür dienen die Vorgaben der von der WHO gegründeten Expertenkommission GOLD – diesen Begriff haben Sie oben, wo es um meine Diagnose ging, schon einmal gehört. Seit 2017 werden zudem das Ausmaß der Symptome und die Häufigkeit akuter Verschlechterungen (Exazerbationen) bewertet. Dazu lesen Sie später noch mehr.

Als Exazerbation bezeichnet man eine deutliche Verschlechterung des Krankheitsbildes (siehe Seite 48).

Einteilung anhand der Lungenfunktion

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Ausschlaggebend für die Einteilung anhand der Lungenfunktion nach GOLD ist der Lungenfunktionswert FEV1, die sogenannte Einsekundenkapazität (siehe Seite 16). Dieser Wert gibt an, wie viel Luft ein Patient nach vollständigem Einatmen innerhalb einer Sekunde so schnell wie möglich wieder ausatmen kann. Der gemessene Wert wird dann mit dem individuellen Sollwert des Patienten verglichen. Aufgrund dieser Werte wird die Atemwegsverengung eingeteilt in:

GOLD 1 (leicht): FEV1 ≥ 80 % des Sollwertes

GOLD 2 (mittelgradig): FEV1 < 80 % und ≥ 50 % des Sollwertes

GOLD 3 (schwer): FEV1 < 50 % und ≥ 30 % des Sollwertes

GOLD 4 (sehr schwer): FEV1 < 30 % des Sollwertes

Einteilung anhand der Symptome und der Häufigkeit von Verschlechterungen

Die Lungenfunktion hängt nicht unbedingt direkt mit der Lebensqualität eines Patienten und seinen Symptomen oder mit der Häufigkeit der akuten Krankheitsverschlechterungen zusammen. Daher richtet sich die COPD-Therapie seit 2017 in erster Linie nach der „ABCD-Klassifikation“, bei der diese Faktoren berücksichtigt werden:

die Zahl der Krankheitsverschlechterungen (Exazerbationen) in den letzten zwölf Monaten

das Ausmaß der Symptome, die entweder mit dem COPD Assessment Test (CAT-Score) oder mit dem Modified British Medical Research Council Questionnaire (mMRC) bewertet werden

Daraus ergeben sich wiederum folgende vier Gruppen:

Gruppe A: 0 bis 1 Exazerbation im letzten Jahr, die nicht im Krankenhaus behandelt werden musste, wenige Symptome (CAT < 10; mMRC 0 bis 1)

Gruppe B: 0 bis 1 Exazerbation im letzten Jahr, die nicht im Krankenhaus behandelt werden musste, mehr Symptome (CAT mindestens 10; mMRC mindestens 2)

Gruppe C: mindestens zwei Exazerbationen im letzten Jahr oder mindestens eine Exazerbation, die im Krankenhaus behandelt werden musste, wenige Symptome (CAT < 10; mMRC 0 bis 1)

Gruppe D: mindestens zwei Exazerbationen im letzten Jahr oder mindestens eine Exazerbation, die im Krankenhaus behandelt werden musste, mehr Symptome (CAT mindestens 10; mMRC mindestens 2)

Diese Einteilung erlaubt eine genauere Einteilung des Schweregrads der Erkrankung und in der Folge eine bessere Behandlung des Patienten. Haben beispielsweise zwei Patienten weniger als 30 Prozent der erwarteten Lungenfunktion und ähnliche Symptome, wären sie nach der alten Regelung beide als GOLD 4 klassifiziert worden. Allerdings hatte einer der beiden im vergangenen Jahr drei Verschlechterungen, während der andere gar keine hatte. Nach der neuen Gruppierung wird der Fall mit drei Exazerbationen nun als GOLD 4D, der andere als GOLD 4B klassifiziert.

Der BODE-Index

Eine weitere Klassifikation, um den Schweregrad einer COPD-Erkrankung einzuschätzen, ist der BODE-Index. Die Bezeichnung leitet sich aus den Anfangsbuchstaben seiner vier Messgrößen ab:

Body-Mass-Index (BMI): Maß für Unter-, Normal oder Übergewicht, wird errechnet aus Körpergröße und Gewicht. Dazu lesen Sie später noch mehr.

Obstruktion (Bronchialverengung): Grad der Verengung der Bronchien. Messwert ist die bereits erwähnte Einsekundenkapazität (FEV1), die bei der Lungenfunktionsprüfung ermittelt wird

Dyspnoe (Luftnot): Ausprägung der Luftnot

„Exercise Capacity“ (Belastbarkeit): wird im Sechs-Minuten-Gehtest gemessen, also der Wegstrecke, die man in sechs Minuten zurücklegen kann

Für jede der vier Messgrößen werden Punkte vergeben. Diese werden zusammengezählt, insgesamt sind maximal zehn Punkte möglich. Je mehr Punkte ein Patient erreicht, umso schwerer ist seine COPD. Oder anders ausgedrückt: Je ausgeprägter die Neigung zu Untergewicht, je schlechter die Lungenfunktion, je ausgeprägter die Luftnot, je kürzer die Sechs-Minuten-Gehstrecke, umso schwerer ist die Erkrankung.

Wie wird COPD diagnostiziert?

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Da war sie, die Diagnose: COPD GOLD 3. Ich konnte aber immer noch nicht richtig fassen, was das wirklich bedeutet. Meine Reaktion war wieder: Es wird schon nicht so schlimm sein, ich werde halt älter. Klar, ich sollte mit dem Rauchen aufhören und mehr Sport wäre auch super, aber im Moment hatte ich gerade genug Stress. Ich bekam Medikamente und machte Atemtraining, das musste reichen.

Um eine COPD zu diagnostizieren, muss der Arzt einige Punkte abklären. Im Arzt-Patienten-Gespräch fragt er Sie unter anderem nach den typischen Symptomen, wie Atemnot unter Belastung, Husten und Auswurf. Mittels der Lungenfunktionsprüfung untersucht er den Zustand der Atemwege und die Leistungsfähigkeit der Lunge.

Anhaltender Husten und Auswurf oder Atembeschwerden sollten übrigens jeden Arzt hellhörig machen, denn das sind die Hauptsymptome einer COPD. Allerdings empfinden viele Raucher ihren „Raucherhusten“ als so normal, dass sie die Frage nach Husten und Auswurf mit bestem Gewissen verneinen. Auch die Atembeschwerden bei Belastung werden anfänglich häufig nicht wahrgenommen, weil sie sich schleichend einstellen. Viele empfinden ihre Kurzatmigkeit als normale Folge von zu wenig Bewegung oder sie schieben es auf ihr Über- oder Untergewicht – ich war da keine Ausnahme.

Die Tatsache, dass jemand raucht oder mehrere Jahre geraucht hat, sollte den Arzt dazu veranlassen, sich mittels einer Lungenfunktionsprüfung zu vergewissern, dass die Bronchien nicht verengt sind. Der typische Risikopatient ist über 40 Jahre alt und hat in den meisten Fällen schon viele Jahre geraucht – so wie ich.

Anamnese

Bei der Anamnese fragt der Arzt Sie nach Ihrer Vorgeschichte und nach Ihren Symptomen, um die Beschwerden ganz genau zu erfassen. Er wird Sie zum Beispiel fragen, wie viele Treppenstufen Sie steigen können, bis Sie keine Luft mehr bekommen. Er wird Fragen nach Menge und Beschaffenheit des Auswurfs stellen und nachfragen, ob neblige Witterung, reizende Dämpfe, Stäube oder Gerüche bei Ihnen Husten oder Atemnot verursachen.

Wie Sie schon gelesen haben, ist die Belastbarkeit ist ein guter Hinweis, um die Schwere der Erkrankung und Veränderungen richtig einordnen zu können. Die meisten COPD-Patienten können ganz genau angeben, nach wie viel Etagen Treppensteigen sie Atembeschwerden bekommen.

Körperliche Untersuchung

Bei der körperlichen Untersuchung hört der Arzt Sie mit dem Stethoskop ab, um die Atemgeräusche zu erfassen. Pfeifende Atemgeräusche weisen auf eine Verengung der Bronchien hin. Bei der leichteren COPD, bei der die Bronchialverengung noch nicht so ausgeprägt ist, und bei der schweren COPD, bei der das Lungengewebe immer überbläht ist, sind die Atemgeräusche beim Abhorchen der Lunge oft erst hörbar, wenn man einige Male kräftig ausatmet.

Hinweis auf die Lungenüberblähung ist eine verminderte Beweglichkeit des Brustkorbs trotz tiefer Einatmung, denn es befindet sich viel mehr Luft im Brustkorb als beim Gesunden. Wenn man tief einatmet, kann somit nicht mehr so viele Luft zugeatmet werden und der Brustkorb hebt sich entsprechend weniger. Weitere Hinweise sind ein leiseres Atemgeräusch beim Abhorchen und ein „hohler“ Klang beim Abklopfen der Lunge.

Lungenfunktionsprüfung

Die wichtigste Untersuchung im Zusammenhang mit COPD ist die Lungenfunktionsprüfung, auch Spirometrie genannt. Dazu müssen Sie in ein Messgerät pusten, wobei die Nase mit einer Klammer verschlossen ist. Das Verfahren gibt Auskunft über Funktions- und Leistungsfähigkeit der Lunge und somit auch über vorliegende Einschränkungen. Außerdem ist die Spirometrie wichtig, um den Schweregrad der COPD zu bestimmen und die Krankheit von anderen Erkrankungen abzugrenzen. Sie sollte nach der COPD-Diagnose fester Teil der Verlaufsuntersuchungen sein, um die Erkrankung im Auge zu behalten.

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Bei der Lungenfunktionsprüfung wird gemessen, wie viel Luft Sie insgesamt einatmen und wie schnell Sie sie wieder ausatmen können. Damit lässt sich bereits feststellen, ob die Bronchien verengt sind. Die beiden wichtigsten Messgrößen sind die Vitalkapazität und die oben schon erwähnte Einsekundenkapazität.

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Forcierte Vitalkapazität (FVC): Dies ist die Luftmenge, die ein Mensch wieder ausatmet, wenn er zuvor maximal Luft geholt hat. Im Durchschnitt sind das bei Erwachsenen drei bis fünf Liter.

Einsekundenkapazität (FEV1): Dies ist die Luftmenge, die ein Mensch innerhalb einer Sekunde ausatmet, wenn er zuvor maximal Luft geholt hat.

Ergospirometrie

Die Ergospirometrie ähnelt der Spirometrie, wird jedoch unter körperlicher Belastung durchgeführt, beispielsweise auf dem Ergometer. Sie liefert Hinweise auf versteckte Schäden der Lunge und zeigt unter anderem, ob Husten oder Atemnot erst bei Anstrengung auftreten oder sich dabei verschlimmern. Während der Untersuchung trägt der Patient eine luftdicht abschließende Maske auf Nase und Mund, um die Atemgase zu messen.

Vor meiner ersten Ergospirometrie hatte ich echt Schiss, nicht so sehr vor der Anstrengung, nein, sondern vor der Maske. Meine Abneigung zeigte sich dann auch ganz deutlich in einem extrem hohen Blutdruck. Atemmasken sind mir seit der Intensivstation ein absoluter Gräuel, was ich der Schwester, die mich betreute, sofort sagte. Sie reagierte weniger überrascht, sondern eher anerkennend angesichts der Tatsache, dass das einfach mal jemand zugibt. Sie erklärte mir, es sei okay, wenn ich es ohne Maske machen wolle, das Ergebnis habe dann aber weniger Aussagekraft. Ich entschied mich also für die Maske und es war zwar unangenehm, aber nicht so schlimm wie befürchtet. Ich musste mich sehr bemühen, über die Angst, zu wenig Luft durch die Maske zu bekommen, drüberzuatmen, dann ging es. Und man muss für sich selbst klar sagen, wann es genug ist mit der Anstrengung und man zu wenig Luft bekommt. Das ist Ihre Verantwortung.

Großer Lungenfunktionstest

Der große Lungenfunktionstest, die „Ganzkörper-Plethysmografie“, liefert noch genauere Werte. Er zeigt, wie stark die Atemwege verengt sind, wie ausgeprägt die Lunge überbläht ist, welches Ausmaß die Schädigung der Lungenbläschen beim Lungenemphysem hat, ob die Atemmuskulatur durch das erschwerte Atmen überlastet ist und ob das Blut zu wenig Sauerstoff oder zu viel Kohlensäure enthält. Ein großer Lungenfunktionstest ist aufwendig, deshalb wird er nur in Spezialpraxen und Kliniken angeboten. Die Untersuchung ähnelt der Spirometrie, der Patient sitzt jedoch in einer Glaskabine, die einer Telefonzelle ähnelt, und pustet in ein Messgerät.

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Wie fühlt sich der große Lungenfunktionstest für mich an? Man sitzt in einer Glaskammer und bekommt Kommandos, wie man atmen soll. Ich bin mir nie sicher, ob ich alles richtig mache. Die Kommandos zum Ein- und Ausatmen gehen ja noch, aber dieses Atmen gegen den Widerstand, bei dem ich so tue, als sei dieser gar nicht da, erregt in mir immer wieder Zweifel. Auch das tiefe Ausatmen in ein leeres Rohr, also in ein Nichts, ist gewöhnungsbedürftig.

Diese Medikamente helfen

Seit meiner Diagnose COPD GOLD 3 waren ein paar Monate vergangen. In der Zwischenzeit war mein Vater verstorben. An COPD, wie nicht anders zu erwarten. Und hat das irgendetwas geändert? Nein. Ich hatte mehr Stress als je zuvor und rauchte wie ein Irrer. Dann noch Alkohol dazu – und fertig war der Treibstoff.

Immerhin hatte ich inzwischen mit Atemtraining begonnen, allerdings mit mäßigem Erfolg. Und beim Belastungs-EKG erntete ich ein mildes Lächeln des Arztes, was mich nicht unbedingt in meinen Ambitionen bestärkte, etwas für meine Gesundheit zu tun. Trotzdem war klar, dass ich die Krankheit nicht mehr ignorieren konnte. Ich nahm schon seit der ersten Diagnose Medikamente, aber das genügte auf Dauer nicht.

Bronchienerweiternde Medikamente

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Um die Symptome der COPD zu lindern, werden allem voran bronchienerweiternde Medikamente eingesetzt, die inhaliert werden. Diese sogenannten Bronchodilatatoren verringern die Muskelspannung der Bronchien, dadurch können sich die Atemwege erweitern und die Lungenüberblähung nimmt ab. Der Luftstau während der Atmung wird vermindert, was die Luftnot und Belastbarkeit entscheidend verbessert.

Besonders wirksam und verträglich sind die Substanzgruppen ß-Sympathomimetika und Anticholinergika. Die Luftnot lindern beide, dabei greifen ß-Sympathomimetika sowohl an den großen als auch an den kleinen Atemwegen an, Anticholinergika vor allem an den großen.

ß-Sympathomimetika

Wir kennen Adrenalin als Stresshormon, das ausgeschüttet wird, wenn wir unter Anspannung stehen. Dann schlägt das Herz schneller, die Hände zittern – und auch die Atemwege werden erweitert. Diese bronchialerweiternde Wirkung des Adrenalins wird zur Behandlung von COPD eingesetzt. Dafür wurden Varianten des Adrenalins entwickelt, bei denen die gute Wirksamkeit auf die Bronchialmuskulatur erhalten bleibt, die Nebenwirkungen auf das Herz jedoch deutlich geringer sind.

Kurzwirksamen ß-Sympathomimetika ist gemein, dass sie schon nach wenigen Minuten wirken und die Wirkung etwa vier Stunden anhält. Sie sind heute die Notfallmedikamente bei COPD.

Um die Therapie zu vereinfachen, wurden langwirksame ß-Sympathomimetika entwickelt: Sie wirken etwa zwölf Stunden lang, mit einer morgendlichen und einer abendlichen Inhalation ist folglich der ganze Tag abgedeckt und Sie können nachts ungestört schlafen.

Bei der Behandlung der COPD erfüllen ß-Sympathomimetika drei Zwecke:

1.Sie sorgen als Dauertherapie für weite, freie Bronchien.

2.Langwirksame ß-Sympathomimetika reduzieren die Häufigkeit von Exazerbationen.

3.Kurzwirksame ß-Sympathomimetika sind Notfallmedikamente.

Das Notfallspray

Jeder COPD-Patient muss ständig sein ß-Sympathomimetikum-Dosieraerosol als Notfallspray bei sich tragen. Allerdings sollten Sie das Spray im Notfall mit Bedacht einsetzen.

Bei plötzlicher Atemnot benutzen Sie das Spray einmal.

Tritt nach fünf Minuten keine Linderung ein, inhalieren Sie ein zweites Mal.

Hilft das immer noch nicht, gelten die Anweisungen des Notfallplans: Sie müssen sofort 50 mg Kortison einnehmen und den Arzt aufsuchen bzw. den Notarzt rufen.

Kurzwirksame ß-Sympathomimetika können vier- bis sechsmal am Tag inhaliert werden, ohne dass Sie gefährliche Nebenwirkungen befürchten müssen. Manche Patienten versuchen jedoch, Verschlimmerungen der COPD durch häufigeres Inhalieren ihres Notfallsprays unter Kontrolle zu behalten. Das ist falsch und kann sogar gefährlich werden! Wenn Sie mehr als sechs Inhalationen pro Tag benötigen, um Ihre Beschwerden in den Griff zu bekommen, gehen Sie bitte unbedingt zum Arzt, damit Ihre Therapie angepasst werden kann.

Anticholinergika

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Langwirksame Anticholinergika spielen eine bedeutende Rolle bei der Behandlung der COPD. Sie erweitern für zwölf oder 24 Stunden die Bronchien, schützen vor Exazerbationen, und ihre Wirkung addiert sich zur Wirkung von ß-Sympathomimetika hinzu, sodass beide Medikamente kombiniert werden können, um eine intensivere Wirkung zu erzielen. Kurzwirksame Anticholinergika wirken hingegen schwächer und langsamer als ß-Sympathomimetika und haben für die Therapie an Bedeutung verloren.

Theophyllin – nur im Ausnahmefall

Ein weiteres bronchienerweiterndes Medikament ist Theophyllin aus der Gruppe der Xanthine. Es kann als Tablette, Tropfen, Infusion oder Injektion verabreicht und im fortgeschrittenen Stadium der COPD zusätzlich zu den ß-Sympathomimetika gegeben werden. Allerdings wird es von vielen Patienten schlecht vertragen, es treten häufig Nebenwirkungen auf, die von Kopfschmerzen über Unruhe und Schlaflosigkeit bis hin zu Herzrhythmusstörungen reichen. Deshalb sollte Theophyllin nur bedacht und möglichst selten eingesetzt werden.

Was bringt Kortison bei COPD?

Kortison kann in bestimmten Fällen als eine Ergänzung zu atemwegserweiternden Medikamenten eingesetzt werden. Das gilt für inhalatives Kortison (kurz ICS) sowie für Kortison in Form von Tabletten oder im Notfall als Spritze durch den Arzt.

Inhalatives Kortison wird für Patienten mit höheren COPD-Schweregraden empfohlen, bei denen trotz Behandlung mit langwirksamen Bronchodilatatoren gehäuft akute Exazerbationen auftreten. In diesen Fällen ist eine Kombitherapie aus atemwegserweiternden Medikamenten und Kortison oft sinnvoll. In einem früheren Stadium der Krankheit oder bei Patienten ohne Exazerbationen wird inhalatives Kortison generell nicht empfohlen. Außerdem soll es nicht als alleiniges Medikament eingesetzt werden.

Kortisontabletten oder -spritzen können bei akuten Exazerbationen, die mit viel Atemnot einhergehen und nicht mehr auf die bronchienerweiternde Therapie ansprechen, eingesetzt werden, allerdings nur kurzzeitig. Eine Langzeitbehandlung mit Kortisontabletten kann zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen haben und soll auch nach der aktuellen COPD-Leitlinie vermieden werden.

Richtig inhalieren

Die bronchienerweiternden Medikamente werden inhaliert. Dazu benutzen Sie einen Pulverinhalator oder ein Dosieraerosol mit oder ohne Spacer. Diese gehören bei jedem COPD-Patienten in die Tasche und die Anwendung sollte reibungslos klappen, was vor allem im Notfall wichtig ist.

Pulverinhalatoren

Bei Pulverinhalatoren liegt der Wirkstoff als Pulver vor, das erst durch den Atemzug des Patienten freigegeben wird. Dabei muss man kräftig einatmen. Gerade bei Auftreten von akuten Symptomen, bei denen der Atemfluss eingeschränkt ist, kann das problematisch sein.

Dosieraerosole

Dosieraerosole haben diesen Nachteil nicht: In Dosieraerosolen ist der Wirkstoff unter Druck in einem Treibgas gelöst. Die Freisetzung des Wirkstoffs erfolgt unabhängig von der Atmung des Patienten durch Herunterdrücken der Patrone. Damit der Wirkstoff wirklich in die Bronchien gelangt, müssen Sprühstoß und Einatmung optimal koordiniert sein.

So geht’s: Schutzkappe abnehmen – Dosierspray kräftig schütteln – tief ausatmen – Mundstück mit Lippen umschließen – Dosieraerosol-Stoß mit Beginn der Einatmung auslösen – tief einatmen und den Atem fünf bis zehn Sekunden anhalten.

Spacer

Zu Beginn des Einatmens muss der Sprühstoß ausgelöst werden. Das fällt nicht allen Patienten leicht. Für diese Patienten wurden Spacer entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Inhalierhilfe, die zwischen das Dosieraerosol und den Mund des Patienten geschaltet wird. Der Spacer wird daher auch oft als „Vorschaltkammer“ bezeichnet. Das Wort „Spacer“ stammt übrigens aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Abstandhalter.

Ich komme mit den Dosieraerosolen in Kombination mit einem Spacer wesentlich besser zurecht. Der Spacer ist ein Kunststoffballon, der auf das Mundstück des Dosiersprays gesteckt wird. Der Sprühstoß wird in den Spacer abgegeben und dort schwebt der Wirkstoff für drei bis fünf Sekunden, sodass Sie ohne Koordinationsprobleme inhalieren können. Verschiedene Modelle haben auch noch den Vorteil, dass sie durch ein Audiosignal eine zu schnelle Inhalation anzeigen. Meinen Spacer spüle ich nach jeder Anwendung mit sauberem Wasser ab und er muss mindestens einmal in der Woche sterilisiert werden.

Für die meisten Sprays ist der Spacer sogar ein absolutes Muss, denn die Tröpfchen des Sprays werden überwiegend an die Rachenhinterwand geschleudert – ohne Spacer erreichen nur zehn Prozent die Bronchien. Für eine Therapie mit inhalativem Kortison ist es besonders wichtig, dass sich der Wirkstoff gleichmäßig auf der Bronchialschleimhaut verteilt. Mit einem Spacer erreichen immerhin 25 bis 30 Prozent des Wirkstoffs das Bronchialsystem. ß-Sympathomimetika werden hingegen auch über die Rachenschleimhaut ins Blut aufgenommen und entfalten in ausreichendem Maß ihre Wirkung, selbst wenn die Verteilung im Bronchialsystem nicht optimal ist.

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Ich nehme in aller Früh, noch vor dem Duschen, mein lang anhaltendes, die Bronchien entspannendes Spray, danach vor dem Frühstück und am späteren Nachmittag ein lang anhaltendes Kortisonspray (hier nicht vergessen, anschließend den Mund mit warmem Wasser gründlich auszuspülen). Einige Zeit später entscheide ich, ob ich noch das Notfallspray benötige – dieses aber maximal zweimal am Tag zwei Hübe.

Bitte seien Sie, wie schon beschrieben, sehr vorsichtig bei mehrmaliger Inhalation von Notfallsprays. Der Puls geht dann doch schon mal ganz schön hoch, daher klären Sie die Verwendung vorher unbedingt mit Ihrem Lungenfacharzt ab. Generell ist die Medikation mit dem Arzt abzuklären.

Ich muss gestehen, den Spacer habe ich unterwegs nicht mit, erstens ist er recht unhandlich und zweitens erregt die Benutzung eines Dosiersprays mit Spacer in der Öffentlichkeit noch mehr Aufmerksamkeit, die ich echt nicht brauche.

Wer gehört zu den Risikogruppen?

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Die Hauptursache für die Entstehung der COPD ist das Zigarettenrauchen.

Der Hauptrisikofaktor für die Entstehung einer COPD ist das Rauchen. Zwar können Sie auch als Nichtraucher erkranken, aber neun von zehn COPD-Patienten rauchen oder haben früher geraucht. Je länger und je mehr Zigaretten Sie pro Tag geraucht haben, desto höher ist logischerweise Ihr Risiko, COPD zu bekommen.

Die Lunge von Frauen ist für die Schadstoffe im Zigarettenrauch noch empfindlicher als die von Männern. Eine Frau, die 20 Jahre lang jeden Tag eine Packung Zigaretten raucht, hat das gleiche Krankheitsrisiko wie ein Mann nach 30 Jahren. Zwar rauchen immer noch mehr Männer als Frauen, doch die Anteile von Rauchern und Raucherinnen nähern sich seit Jahren aneinander an. Männer führen die COPD-Statistik zwar immer noch an, der Anteil an Frauen steigt aber stetig.

Ein weiterer Risikofaktor ist die ständige Reizung der Lunge mit Luftschadstoffen oder anderen gefährlichen Schadstoffen am Arbeitsplatz. Berufsbedingte Belastungen durch Dämpfe, Chemikalien, Staub und andere Schadstoffe sind in 15 bis 20 Prozent der Erkrankungen die Ursache für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Ob Lackierer oder Bauer, Tischler, Bäcker oder – wie ich – Bildhauer: Wenn beim Arbeitsprozess Feinstaub vorhanden ist, müssen Sie Atemschutzmasken tragen.

Schließlich gibt es Fälle, bei denen eine genetische Veranlagung für die Erkrankung vorliegt. Doch in den allermeisten Fällen ist der Mensch selbst das größte Risiko.

Wie sieht er aus, der typische COPD-Patient?

Ich hatte ein ganz lustiges Erlebnis mit einem Mitarbeiter der Rettung. Zu Hause bekam ich plötzlich ganz heftige Nasenblutattacken, sodass ich die Rettung rufen musste. Der Sanitäter fragte mich natürlich nach meinen Krankheiten. Ich kauerte mit meinen gefrorenen Früchten im Nacken und einer Küchenrolle voll Blut in der Ecke und sagte: „Osteoporose und COPD.“ Und völlig unverwandt kam: „Sie haben keine COPD, so schaut kein COPD-Patient aus. Sie sind ja trainiert.“ Da kann ich nur sagen: Er hätte mich mal sehen sollen, bevor ich mit dem Training begonnen hatte.

Kann man einem Menschen überhaupt ansehen, ob er COPD hat? Wenn jemand Sauerstoff benötigt, ist es klar ersichtlich, dass er COPD-Patient ist. Dann stellt sich für ihn die schwierige Frage: Bleibt er zu Hause und bewegt sich nur in dem Radius, der ihm durch den Schlauch vorgeschrieben wird, oder traut er sich mit dem mobilen Sauerstoffgerät in die Öffentlichkeit? Und wie oft? Und beginnt hier nicht automatisch eine Spirale? Wenig Luft, wenig Bewegung, körperlicher Abbau, wenig Luft, wenig Bewegung … und damit einhergehend wenig soziale Kontakte. Auf all meinen Touren und Spaziergängen bin ich, glaube ich, nur drei Personen begegnet, die mit mobilem Sauerstoffgerät unterwegs waren. Und da habe ich mich nicht getraut, der Person zu gratulieren.

Doch wie ist das mit denen, die keinen Sauerstoff benötigen? Sieht man denen die Krankheit an oder bemerkt man nur, dass sie lieber den Aufzug nehmen oder bei der kleinsten Steigung außer Atem kommen? Ich habe dazu mal meinen Lungenfacharzt Dr. med. Heinrich Stolz befragt und daraufhin folgende Zeichnung angefertigt:

Beim Blue Bloater („blauer Huster“) steht die chronische Bronchitis im Vordergrund der Erkrankung. Die Patienten sind oft übergewichtig und leiden unter starkem Husten, Auswurf und Sauerstoffmangel im Blut. Sie heißen Blue Bloater, weil im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung der Sauerstoffmangel oft dazu führt, dass ihre Haut – insbesondere die Lippen – bläulich anläuft. Hingegen sind die Pink Puffer („rosa Keucher“) meist untergewichtig und haben viel mehr Probleme mit Atemnot als Blue Bloater. Bei ihnen steht das Lungenemphysem im Vordergrund, das die Sauerstoffaufnahme erschwert und Luftnot verursacht. Und falls Sie sich in der Beschreibung nicht wiederfinden: Einige Patienten können weder dem einen noch dem anderen klassischen Bild zugeordnet werden.

Eine COPD kommt selten allein

Die COPD ist eine sogenannte Systemerkrankung. Das heißt, die chronische Entzündung der Bronchien wirkt sich auf den gesamten Organismus aus. Daher leiden viele Patienten unter Begleiterkrankungen, die nicht nur unangenehm sind, sondern vor allem für die Prognose des Krankheitsverlaufes eine Rolle spielen.

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Über 50 Prozent der COPD-Patienten leiden in höherem Alter an mindestens drei zusätzlichen behandlungsbedürftigen Krankheiten.

Die häufigsten Erkrankungen, die mit einer COPD einhergehen, sind:

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Störungen des Bewegungsapparates

Infekte der Atmungsorgane

Störungen des Stoffwechsels und des Verdauungstraktes

Harninkontinenz

Osteoporose

psychische Störungen

Schlafstörungen

Lungenkarzinome

Der Zusammenhang zwischen der COPD und den verschiedenen Begleiterkrankungen ist ziemlich komplex. Offenbar spielt unter anderem zu wenig Bewegung eine wichtige Rolle – dafür bin ich ein gutes Beispiel: Ich habe Osteoporose, der ich einen Rundrücken und mehrere Knochenbrüche verdanke. Seitdem ich regelmäßig trainiere, hat sich mein Rundrücken deutlich verbessert.

Wegen Ihrer COPD gehören regelmäßige Arztbesuche zu Ihrem Alltag. Aber auch die verschiedenen Begleiterkrankungen müssen behandelt werden. Hier möchte ich gerne meine Erfahrungen mit meiner Osteoporose und den damit verbundenen Besuchen beim Orthopäden weitergeben, um Ihnen aufzuzeigen, wie wichtig es ist, ein gutes Verhältnis zu seinen Ärzten zu haben.

Wichtig: der gute Kontakt zum Arzt

Ich hatte starke Rückenschmerzen und konnte einfach nicht mehr lange stehen oder gehen. Meine erste Erfahrung war eine Ärztin, die mich angeschaute und meinte: „Na, Sie schaun aus, i bin Arzt und ka Wunderheiler.“ Dann verpasste sie mir eine Spritze. Damit war ich das erste und letzte Mal bei ihr in Behandlung. Meine nächste Ärztin war extrem genau und auch fachlich sehr gut, aber durch weitere Rippenbrüche – ich brach mir bei der kleinsten Kleinigkeit die Rippen, einmal sogar beim Atemtraining – derartig verunsichert, dass sie irgendwann zu mir sagte: „Sie zerbröseln mir einfach.“ Auf die Frage, ob ich beim Krafttraining aufpassen sollte, wusste sie definitiv keine Antwort. Und auch meine Frage, ob es irgendetwas gegen meinen Rundrücken gibt, konnte sie leider nicht beantworten. Aber sie verordnete mir eine Injektionskur, die durchaus Erfolge in der Knochendichte hatte.

Irgendwann versuchte ich es dann noch bei einem anderen Orthopäden. Auf meine Frage, ob spezielle Übungen gegen meinen Rundrücken helfen könnten oder ob ich es mal mit Faszienrollen versuchen sollte, bekam ich zur Antwort: „Um ehrlich zu sein – das ist halt so, da kann man nichts mehr machen. Ob Übungen mit der Faszienrolle helfen, ist medizinisch nicht bewiesen, es ist zurzeit halt modern.“ Das war es dann mit meinen Orthopäden.

Erst in der Reha bekam ich dann Übungen gegen meinen Rundrücken, die äußerst fordernd waren, aber sehr wirksam, und ja, ich habe noch immer einen Rundrücken, aber wie eine Therapeutin meinte: „Wenn ich daran denke, wie Ihr Rücken bei der ersten Reha war, dann haben Sie jetzt keinen mehr.“

Nicht immer ist die Meinung eines einzelnen Arztes richtig – holen Sie sich Fremdmeinungen ein und suchen Sie nach Alternativen. Probieren Sie aus, versuchen Sie zu spüren, was Ihnen guttun könnte, und lassen Sie sich davon leiten. Denn auch der kleinste Schritt ist ein Schritt.

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Den Arzt zu wechseln ist übrigens keine Straftat! Irgendwie hat man Skrupel, muss wieder neu Vertrauen aufbauen, wieder alles (Unangenehme) sagen, sich überlegen, ob „der Neue“ wirklich besser zu einem passt. Und was tun, wenn nicht? Dazu möglicherweise das unangenehme Gespräch mit dem Chefarzt, in dem man begründen muss, warum man überhaupt wechseln will. Da ist so viel Persönliches und auch Obrigkeitsdenken vorhanden, dass ein derartiger Schritt oft ganz schön schwierig wird. Und oft zu lange hinausgezögert wird.

Ich kann nur jedem raten: Wenn Sie das Gefühl haben, das passt nicht so, und sich sicher sind, Ihre Pflichten als Patient erfüllt zu haben, dann sollten Sie diese Zusammenarbeit beenden. Denn bei allem Persönlichen, was durchaus mitspielt, es ist schon ganz klar auch eine Geschäftsbeziehung.

Sie sollten jedoch nicht nur Ihrem Arzt gegenüber kritisch sein, sondern sich auch fragen, welche Pflichten Sie als Patient haben. Zu einer guten Partnerschaft zwischen Ihnen und Ihrem Arzt gehört, dass Sie sich gut vorbereiten, denn in der Aufregung bei der Untersuchung kann schon mal was vergessen werden. Daher schreiben Sie sich die Fragen und Problemstellungen bereits im Vorfeld auf. Und bitten Sie den Arzt gegebenenfalls um genaue Aufklärung in einer für Sie verständlichen Sprache. Es ist wichtig, dass Sie, wenn Sie etwas nicht ganz verstanden haben, so lange nachfragen, bis Klarheit gegeben ist. Sie können auch gerne eine Person Ihres Vertrauens zum Arztgespräch und zur Untersuchung mitnehmen. Dies kann sogar sehr hilfreich sein, da diese Person wahrscheinlich nicht so aufgeregt oder nervös ist wie Sie. Nach der Untersuchung sollten Sie sich alles aufschreiben und bei Unklarheiten ruhig nochmals einen Termin machen oder sich eine zweite Meinung einholen – und damit meine ich nicht das Internet.

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Das möchte ich Ihnen mitgeben

Sollten Sie Raucher sein, gehen Sie regelmäßig (vierteljährlich) zum Lungenfacharzt. Nehmen Sie die Diagnose COPD wirklich ernst, COPD kann tödlich sein! Und wenn sie diagnostiziert wird, ist ein sofortiger Rauchstopp notwendig!

Suchen Sie sich in Ruhe einen für Sie geeigneten Arzt, gegebenenfalls auch mehrere, und scheuen Sie sich nicht davor, Zweitmeinungen einzuholen.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842629288
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (September)
Schlagworte
Passivrauchen Rauchen Raucherhusten Zigaretten Cortison Diagnose COPD Kortison Gesundheits-Ratgeber

Autor

  • Eberhard Jordan (Autor:in)

Im Jahr 2000 wurde bei dem Bildhauer Eberhard Jordan COPD diagnostiziert. Vier Jahre später lag er wegen seiner Krankheit zum ersten Mal auf der Intensivstation. Seither hat er sein Leben auf den Kopf gestellt: 2017 begann er auf „myCOPD-Blog“über die chronische Krankheit und die Möglichkeit, wie man ihr aktiv begegnen kann, zu bloggen. 2018 initiierte er die Awareness Kampagne „myCOPDChallenge“, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes von der Intensivstation über 343 Stufen auf den Stephansdom führte.
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Titel: Hoch hinaus mit COPD