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Sächsische Schweiz

Eine Entdeckungsreise in faszinierenden Bildern

von Philipp Zieger (Autor:in)
160 Seiten

Zusammenfassung

Die Bastei mit der Felsenburg Neurathen, der Pfaffenstein mit der Barbarine, der Gohrisch, das Bielatal, oder die Festung Königstein – die Sächsische Schweiz strotzt vor landschaftlichen und touristischen Highlights.
Spektakuläre Aussichten, tiefe Schluchten und monolithische
Felsen reihen sich aneinander und bieten dem Besucher besondere Wander- und Ausflugsziele. Philipp Zieger setzt diese Naturkunstwerke emotional in Szene. Er folgt dabei der Richtung des bei Touristen beliebten Malerwegs und zeigt die bizarren Felslandschaften und Schluchten im Elbsandsteingebirge, die wildromantischen Landschaften zwischen Bastei und Kleiner Winterberg oder den stimmungsvollen Blick vom Großen Bärenstein. Ein Muss für jeden Naturliebhaber und Fotobegeisterten!

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


EINE ENTDECKUNGSREISE BEGINNT

Meine Füße sanken sanft auf dem mit Tannennadeln bedeckten Waldweg ein. Die kühle Morgenluft an diesem Märztag strömte in meine Lungen, und im Schein meiner Stirnlampe bewegte ich mich leise und achtsam. All meine Sinne schienen diesen Augenblick aufzunehmen. Vereinzelt ertönte etwas Vogelgezwitscher.

Ich hatte keine Vorstellung, was mich am Ende meines Weges erwarten würde. Im Herbst war ich zwar schon einmal hier entlanggegangen, doch dieses Mal wollte ich nach einer neuen Aussicht Ausschau halten. Ich hatte noch nicht einmal die Wettervorhersage überprüft, bevor ich mich kurz vor 5 Uhr morgens aus dem Bett schälte. Mein einziger Antrieb war das Einfach-Rausgehen. Da ich zuvor erst wenige Male einen Sonnenaufgang fotografiert hatte, war ich auch noch sehr unerfahren in diesem Metier.

Die Aussicht am Großen Bärenstein lag nur noch wenige Schritte vor mir. Meine Vorfreude stieg immer mehr, als mein Blick durch die ersten Baumlücken in die Weite drang. Es war, als wäre mir ein Schleier von den Augen genommen worden. Meine ganze Kindheit und Jugend lebte ich am Rande der Sächsischen Schweiz und hatte keine Vorstellung von dem Ausmaß dieser einzigartigen Landschaft. Nun dehnte sich scheinbar die gesamte Vielfalt der Sächsischen Schweiz vor meinen Augen in großer Klarheit aus. Zu meiner Linken der Rauenstein, auf dessen Gipfel, in den Felsen geschmiegt, ein kleines Gasthaus steht. Direkt vor mir das Wahrzeichen und der größte Tafelberg des Elbsandsteingebirges, der Lilienstein, und zu meiner Rechten, hinter dem Kleinen Bärenstein, die historische Festung Königstein.

Der bissige, kalte Wind des ausklingenden Winters und die Müdigkeit machten mir an diesem Tag nichts aus. Es war ein Weckruf von innen, der mich noch lange nach diesem Morgen begleitete. Was weiß ich denn schon von der Landschaft, von den Felsen und Bergen, Schluchten und Wäldern? Wie riecht es im Herbst, im Winter oder an einem lauen Sommerabend hier draußen? Wo war ich all die Jahre, und was bedeutet eigentlich Heimat?

Ich bekam riesige Lust, mit meinen eigenen Füßen dieses Schatzkästchen der deutschen Mittelgebirge zu erleben. Denn man kann nur von dem Weg wirklich erzählen, den man selber gegangen ist. Als Pädagoge ist mir dies schon sehr früh in meiner Ausbildung bewusst geworden. Also sammelte ich allerhand Karten und machte mich im Sommer 2015 auf, den Malerweg entlangzuwandern. Wahrzeichen, Wege und Aussichten bekamen dadurch für mich eine ganz neue Gestalt. Alles trat in Bezug zueinander, und die scheinbar verwundene Topografie dieser Region wurde für mich verständlich.

In den darauffolgenden Jahren sammelte ich auf sehr vielen kleineren und größeren Wandertouren unzählige Eindrücke und konnte dabei auch meine Fähigkeiten in der Landschaftsfotografie weiterentwickeln. Die Sächsische Schweiz wurde dabei zu einem wichtigen Teil meines Lebens und prägt bis heute mein Heimatgefühl nachhaltig. Gleichzeitig war ich aber immer wieder nur ein Gast in dieser uralten Naturlandschaft. Ich war stets bestrebt, mit meiner Fotografie den Zauber dieser Natur festzuhalten und mich gleichzeitig so zu verhalten, als wäre ich nie da gewesen. Was ich aus meinem Dialog mit der Natur mitnahm, sind die Fotos und sehr viele schöne Erinnerungen.

DIE SÄCHSISCHE SCHWEIZ

EINE LANDSCHAFTLICHE PERLE

Am Oberlauf der Elbe, direkt an der Grenze zu Nordböhmen, liegt die Sächsische Schweiz. Ihren Namen erhielt der deutsche Teil des Elbsandsteingebirges vermutlich von den Schweizer Malern Adrian Zingg und Anton Graff, die im 18. Jahrhundert Studienreisen hierher unternahmen und von der landschaftlichen Ästhetik überwältigt waren. Sie bemühten den Vergleich zu ihrer Schweizer Heimat, um Kollegen und Freunden von diesem Ort erzählen zu können. In der Epoche der Romantik kamen unzählige Künstler in die Sächsische Schweiz und verhalfen dieser Landschaft mit ihren Werken zu großer Bekanntheit.

Dichter, Philosophen, Komponisten, Maler, Bildhauer – sie alle versuchten mit ihrer Kunst den Menschen Einblick in diese Felsenwelt zu verschaffen. Steil aufragende Felswände, skurrile Steingebilde, wilde Schluchten, singende Flüsse und weite Wälder, ein Ort, wie geschaffen für den Zeitgeist der Romantik.

Über die Jahrhunderte hinweg wandelten sich die Moden, die Naturwissenschaften und auch das Kunstverständnis, dennoch verlor die Sächsische Schweiz ihre Bedeutung für die Menschen nie. Vielleicht liegt dies auch daran, dass die Sächsische Schweiz direkt vor den Toren der Kunst- und Kulturstadt Dresden liegt. Studenten und Kunstschaffende suchen und finden hier immer wieder Quellen der Inspiration. Die Weite und das Freiheitsgefühl, das man hoch oben auf den Gipfeln findet, befreien den Geist. Die mystischen Schluchten, Höhlen und feuchten Gründe lassen die Menschen eher in sich kehren und regen die Phantasie an. An den steilen, hohen Felswänden stärken sich in einer Seilschaft die Abenteuerlust und das Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Dieses kleine Mittelgebirge im Osten Deutschland glänzt nicht durch die höchsten Berge, die größten Wälder und die weitesten Seen. Es sind vielmehr die zahlreichen, pittoresken Felsformen im Wechsel mit den geschwungenen Hügeln und urigen Wäldern, die sich die Elbe entlang von Schmilka bis Pirna befinden.

Seit etwa 150 Jahren gab es immer wieder Maßnahmen, die zum Schutz und Erhalt der Natur im Elbsandsteingebirge dienten. Vor allem im 20. Jahrhundert wurden diese Bestrebungen konkreter. Heimatschutzvereine gründeten sich und riefen die Gebiete um das Polenztal und der Bastei zu Landschaftsschutzbzw. Naturschutzgebieten aus. Weitere Gebiete, vor allem in der Hinteren Sächsischen Schweiz, folgten. Auch für die Tierwelt versuchten die Menschen seit 1957 Schutzgebiete zu schaffen. Gerade in der DDR gewann die Sächsische Schweiz erneut an großer Beliebtheit, was unter anderem auch in den restriktiven Reisemöglichkeiten begründet lag. Zeitgleich wuchs aber auch das Engagement der Naturforscher, Naturliebhaber und Heimatvereine, den sensiblen Umgang mit dieser Naturlandschaft zu fördern, die Menschen aufzuklären und gegebenfalls Fehlverhalten zu kontrollieren. Bestrebungen, einen Nationalpark zu gründen, gab es bereits in den 50er Jahren, sie wurden jedoch von der Regierung zurüchgewiesen. Erst mit der Wende wurde per Verordnung am 12. September 1990 die Sächsische Schweiz in einen Nationalpark umgewandelt.

DIE ELBE

Wie kaum an einem anderen Ort in Deutschland hat ein Fluss die Landschaft über Jahrmillionen bis in die Neuzeit so sehr geformt und wirtschaftlich, gesellschaftlich und kulturell geprägt wie die Elbe die Sächsische Schweiz.

Vor 90 Millionen Jahren, zur Kreidezeit, befand sich über dem heutigen Elbsandsteingebirge ein riesiges Meer. Mehrere hundert Meter starke Sedimentschichten lagerten sich auf dem Meeresgrund ab. Nach dem Rückgang des Meeres formten nicht nur tektonische Verschiebungen das Gebirge, sondern neben der Erosion vor allem auch die Elbe und ihre Nebenflüsse, die sich durch die weicheren Sedimentschichten tief in die Landmasse hineingruben.

Als natürliche Grenze und als Handelsweg gewann die Elbe schon im frühen Mittelalter zunehmend an Bedeutung. Erste slawische Siedlungen entstanden an ihrem Oberlauf. In der Renaissance und im Barock verhalf sie Pirna und Dresden zu einer großartigen baulichen Entwicklung, denn auf ihr konnte der heimische Sandstein, der sich als ungemein vielseitiger Baustoff zeigte, hervorragend transportiert werden. Diese Verbindung zwischen Elbe und Sandstein ließ vor allem Dresden zu einer der größten Kulturstädte Europas werden. Auch im Elbsandsteingebirge entstanden durch den Aufschwung, den Handel und das Kunsthandwerk viele kleine Siedlungen und Ortschaften.

Mit dem Fluss kam aber nicht nur Glanz und Aufschwung, sondern auch die Einsicht, dass alles vergänglich und die Natur mitunter unbezwingbar ist. So wie die Elbe durch die trockenen Sommer in den vergangenen Jahren mit stetigen Tiefständen für starke Einschränkungen im Schiffsverkehr sorgte, versetzten die immer wiederkehrenden Hochwasser (zuletzt in den Jahren 2002, 2006 und 2013) die Menschen in Angst und Schrecken. Gerade von Schmilka bis Pirna ist das Elbtal so schmal, dass es nur sehr wenig Puffer bietet, damit sich das Wasser ausbreiten kann. Alle Dörfer und Städte entlang der Elbe standen teilweise mehrere Meter unter Wasser. Nur durch die große Solidarität und Hilfsbereitschaft, durch Kraft und Mut konnten diese Orte verhältnismäßig schnell wieder von all dem Schlamm befreit und die Häuser und Straßen wiederaufgebaut und erneuert werden.

Die Elbe ist fast wie eine Lebensader für Mensch und Natur in der Sächsischen Schweiz. Selbst wenn man Handel und städtischem Trubel entlang des Flusses wenig abgewinnen kann – ein Zauber, dem sich fast niemand entziehen kann, ist der Nebel, der sich hier im Elbtal regelmäßig bildet.

NEBEL

Nebel gehört genauso zur Sächsischen Schweiz wie die aufregende Felslandschaft. Das relativ schmale Elbtal dient dabei als willkommener Feuchtigkeitslieferant. Aber auch das Polenztal, das Kirnitzschtal und die Edmundsklamm sorgen regelmäßig für die notwendige Luftfeuchtigkeit. Gerade Landschaftsfotografen sind immer wieder darauf aus, eine dieser besonderen Nebelstimmungen auf ein Foto zu bannen. Mit ausgefeilten Analysen mehrerer Wetterdaten wird versucht, den richtigen Zeitpunkt abzupassen und den richtigen Ort zu wählen. Nebel ist nämlich nie gleich Nebel. Das weite, geschlossene Nebelmeer, bei dem man sich wie über Wolken und frei wie ein Vogel fühlt, ist gar nicht so leicht anzutreffen. Ein paar Meter Höhenunterschied können darüber entscheiden, ob man im oder über dem Nebel steht.

Doch bei aller Planung und Erfahrung, das Erlebnis, einen Sonnenaufgang mit Nebel zu betrachten, rührt mich immer wieder tief im Innersten und kann immer wieder anders sein. Dynamisch verwandelt sich die Natur, und mit der fortschreitenden Zeit verändert sich die Nebeldecke. Züngelnde Schleier steigen aus den tiefen Wäldern empor, Dunst zeichnet die Farben in der Natur milchig, und zu der beeindruckenden Sandsteinkulisse gesellt sich noch ein Lichtstreif dazu. Diese Momente wirken, als seien sie aus einem Märchenbuch gefallen.

Ein Teil dieses Zaubers erwächst aus dem Umstand, dass plötzlich Fels- und Landschaftsstrukturen auf die Bühne treten, die vorher fast unsichtbar schienen. Manche Formen der Felsen erwachen scheinbar zum Leben, gesellen sich zu den Baumkonturen dazu und erzählen ihre eigenen Geschichten.

So frei, wie man sich fühlen kann, wenn man oben auf dem Felsen steht und im Tal der Nebel liegt, so beklemmend und geheimnisvoll kann es sein, steht man im selbigen und kann vielleicht nur zehn Meter weit blicken. Nahestehende Felssäulen sind dann nur noch schemenhaft zu erkennen, die Tiefe verliert sich in einem einzigen Grau, Tautröpfchen reihen sich auf dem Heidekraut aneinander, und die nasskalte Luft dringt durch jede Ritze. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit erscheint die Sonne irgendwo im Nichts als silbrige oder goldene Scheibe. Es wirkt, als hätte die Natur eine dumpfe Müdigkeit befallen, und gleichzeitig klingt das Singen der Vögel heller als an anderen Tagen. Mit dem Lauf der Sonne hebt sich schließlich irgendwann der Vorhang aus grauem Nebel, und man hat den Eindruck, als hätte man noch nie klarer und weiter gesehen.

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STIEGENTOUR

Eines sei vorweggenommen: In der Sächsischen Schweiz gibt es einige Aussichten, die fast barrierefrei zu erreichen sind, zum Beispiel die Bastei oder der Brand. Nimmt man sich jedoch vor, andernorts wandern zu gehen, muss man sich darauf einstellen, einige, wenn nicht sogar sehr viele Stufen, Treppen, Leitern und Stiegen zu überwinden. Fast alle von ihnen tragen interessant klingende Namen: Himmelsleiter, Wolfsschlucht, Rübezahlstiege, Nadelöhr oder Wilde Hölle sind nur ein paar der Namen, die schon vor der Wanderung Respekt einflößen. Schmalste Treppen, steilste Leitern oder ausgesetzte Eisenbeschläge führen meist mit viel Felskontakt den Berg hinauf. Berührt man den Fels bewusst, fühlt es sich immer wieder anders an. Es lohnt sich, mal ganz bewusst darauf zu achten.

Egal wie kalt es draußen ist, auf den vielen Stufen wird einem schnell warm, und man muss teilweise mit viel Körpereinsatz, Verrenkungsübungen und gegenseitiger Hilfe die Herausforderung meistern. Wenn man für diese Art von Wandern eine gewisse Affinität pflegt, kann man gerade zwischen den Schramm- und Affensteinen von früh bis spät die unterschiedlichsten Stiegen munter auf und ab gehen. Dies ist jedoch nur denjenigen zu empfehlen, die frei von Höhenangst sind – oder aber es ist der harte Weg, Höhenangst abzubauen.

Es muss aber nicht immer gefährlich zugehen. Auch schon einfache Gipfel wie der Gamrig oder die Kaiserkrone verlangen ein bisschen Kondition. Hier kommt man um Treppen nicht herum, und es ist für mich immer wieder erstaunlich zu sehen, wie sich auch trainierte Menschen in der Sächsischen Schweiz an die ganzen Stufen gewöhnen müssen.

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FREIHEIT

Unter den zahlreichen Stiegen in der Sächsischen Schweiz gibt es eine Stiege, die wohl am ehesten an die Klettersteige im Hochgebirge erinnert. Hier erklimmt man den Felsen in der Vertikalen, über Felsvorsprünge, Eisenbeschläge und durch enge Kamine hindurch. Ist man einmal oben angelangt, lässt die Belohnung nicht lange auf sich warten. Hier erfasst mich das Gefühl von Freiheit schlagartig, wenn ich meinen sichernden Blick vom Felsen löse und über die zerklüfteten Sandsteine hinweg in die Ferne schaue. Dieses Gefühl der Freiheit, wenn das Herz vom Aufstieg noch bis zum Hals schlägt, der Schweiß kühl den Rücken hinunterläuft und die Schultern plötzlich Flügel bekommen, wenn man den schweren Rucksack abgesetzt hat, ist einfach unbezahlbar. Ob auf der Häntzschelstiege, dem Carolafelsen, dem Kleinen Winterberg oder dem Lilienstein – die Liste könnte noch deutlich weitergeführt werden –, kann man dieses Gefühl von Freiheit spüren.

Diese Freiheit zeigt sich in stets verschiedenen Facetten. Mit jeder Aussicht wandelt sich der Bezug zur Umgebung. Manchmal zeigen sich die markanten Felsen in der Ferne, wenn man an einen neuen Ort gelangt, immer wieder in der vertrauten Form. Bei sehr vielen ändert sich die Gestalt aber von den unterschiedlichen Wegpunkten aus. Die Lust wird geweckt, weiterzugehen und zu neuen Perspektiven zu gelangen. So kann man auf herrliche Weise einen ganzen Tag durch die Natur der Sächsischen Schweiz streifen. Mit all den tollen Eindrücken und Erlebnissen im Gepäck lassen sich Träume verwirklichen und neue spinnen, Sorgen abstreifen und Lösungen für Probleme finden.

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UNTERWEGS

Ist man einmal unterwegs, früh zur Morgendämmerung, wenn sich zarter Dunst über die Wiesen im Tal legt und die Nacht noch gar nicht so fern scheint, trägt der Weg auch immer etwas Ungeahntes in sich. Im Dämmerlicht rücken die Felsen und Bäume noch dichter zusammen, und die Luft ist erfüllt von verschiedensten Gerüchen. Nach und nach lichtet sich die Dunkelheit, die Farben nehmen behutsam zu, und mit viel größerer Kraft die Stimme des Waldes. Irgendwann blinzelt dann der erste Sonnenstrahl durch die Zweige und verkündet einen neuen Tag.

Entlang des Weges erwacht die Natur in frischen Farben, und der Blick wandert über die vielfältige Flora. In den feuchten und kühlen Schluchten entdeckt man zahlreiche Moose, die man sonst nur in höheren Gebirgslagen vorfindet, zahlreiche Flechten ziehen sich über das Gestein, allen voran die bekannte Schwefelflechte mit ihrem kräftigen Neongelb.

Buchen, Fichten, Tannen und Bergahorne wachsen an den Hängen und auf den großzügigeren Felsplateaus. Kiefern und Birken finden Halt in den kleinsten Rissen im Gestein und an den äußersten Felsriffen.

Springkraut, Hahnenfuß, Waldveilchen, Löwenmäulchen und Glockenblume zieren das üppige Grün am Wegesrand und in den Wäldern. Auf den trockenen Böden in den höheren Lagen drängt sich das Heidekraut. Heidelbeeren, Walderdbeeren und Himbeeren sind ebenfalls zu finden. Diese Fülle an Eindrücken bei einer Wanderung ist immer wieder ein Genuss.

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DER MALERWEG

Ein Netz aus etwa 1200 km markierten Wanderwegen hält diese Naturlandschaft zusammen und ermöglicht allen, diese Vielfalt zu erleben. In der Zeit der Romantik ließen sich die größten Maler von dieser wilden, schönen Natur ebenfalls immer wieder beeindrucken. Es entwickelte sich eine richtige Route, die die Künstler zu den tollsten Orten führte, wo sie ihre Werke erschufen oder sich zu ihnen inspirieren ließen.

Nach langer Recherche und in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern entwickelte der Tourismusverband Sächsische Schweiz schließlich den Malerweg, der sich zum großen Teil an dem historischen Vorbild orientiert. Auf 112 km gelangen Wanderer zu den imposanten Aussichten, den märchenhaften Tälern und den stillen Winkeln dieser großartigen Landschaft. Die gut ausgeschilderte Route ist sehr gut zu bewältigen und durch eine gute Infrastruktur an Herbergen und Gasthäusern für Jung und Alt geeignet. All diese Zutaten begeistern die Menschen seit der Eröffnung 2006 so sehr, dass der Malerweg bis heute mehrere Auszeichnung erhielt. Unter anderem wurde er von den Lesern des Globetrotter-Magazins bei den besten Trips der Welt auf den dritten Platz nach Patagonien und Island gewählt.

In diesem Buch möchte ich Sie dazu einladen, mir entlang der Route des Malerwegs zu folgen. Mal direkt entlang der Strecke, mal auf einen Abstecher zu einigen der weiteren Höhepunkte der Sächsischen Schweiz. Seit etwa fünf Jahren mache ich mich immer wieder auf, in den Dialog mit dieser Landschaft zu treten. Unzählige Wanderungen habe ich allein oder in Gesellschaft meiner Familie und guter Freunde unternommen. Immer wieder hatte ich die Möglichkeit, etwas Neues zu entdecken und dieses kleine Fleckchen Erde besser kennenzulernen. Dieser Weg hält viele Geschichten bereit. Ein paar davon möchte ich mit Ihnen auf den folgenden Seiten teilen. Vielleicht wird auch Ihre Lust geweckt? Sie brauchen nur Ihre Schuhe zu schnüren und sich aufmachen, ein Stückchen Heimat zu entdecken – es ist gar nicht weit weg.

VOM LIEBETHALER GRUND BIS NACH ALTENDORF

FASZINATION AUS MYSTISCHEN TÄLERN, BIZARREN FELSFORMATIONEN UND MALERISCHEN AUSBLICKEN

Der Rucksack ist geschultert, ein kühler Luftzug strömt in die Lungen, und der Klang von strömendem Wasser erfüllt die Ohren. Innehalten. Schließen Sie für einen kleinen Moment die Augen und kommen Sie zur Ruhe.

Auf geruhsamen Pfaden beginnt der Malerweg, ganz im Westen der Sächsischen Schweiz, im lieblichen Liebethaler Grund. Das kleine Dorf am Rande Pirnas ist hier der Namensgeber. Der Flusslauf, dem man hier folgt, gehört zur Wesenitz. Es gehört zum Wesen dieses Weges, dass sich die Landschaft fast wie in einer Sinfonie aufbaut, erweitert, spiegelt und zu großen Höhen hinaufschwingt. So lieblich, wie es an der Wesenitz beginnt und von Wagners Melodie zur Oper „Lohengrin“ begleitet wird, so geheimnisvoll wird es im Uttewalder Grund. So verwandelt sich dieser Weg immer und immer wieder durch dieses kleine Mittelgebirge hindurch und hält solch ergreifende Höhepunkte wie das Basteigebiet bereit.

Tourismus trifft Natur

Sucht man sich nach den schönen Gründen eine kleine Stärkung am schönen Markt in Wehlen und begibt sich wieder in den Wald, oberhalb der Weißen Brüche, wartet der größte Besuchermagnet der Sächsischen Schweiz. Bereits zum Wechsel vom 18. zum 19. Jahrhundert versuchten die ersten touristischen Besucher die Landschaft im Basteigebiet in Worte zu fassen. In den 1820er Jahren bereits verband eine hölzerne Brücke das vorgelagerte Felsenriff mit dem Neurathener Felsentor, bevor sie schließlich 1851 durch die noch heute existierende Sandsteinbrücke ersetzt wurde.

Die Besucherströme aus aller Welt ließen nicht nach: Die Bastei zählt heutzutage mit jährlich 1,5 Millionen Besuchern zu dem am meisten frequentierten Ort innerhalb der deutschen Nationalparks. Doch neben Parkplätzen, Souvenirgeschäften, einem Hotel und Restaurant findet man hier vor allem eines: zahlreiche faszinierende Aussichten. Egal ob der Blick etwa 200 Meter hinab in das Elbtal, über den Wehlgrund zur Kleinen Gans, vom Ferdinandstein zur Brücke selbst oder die Perspektiven von der Neurathener Felsenburg entlangwandert, schnell wird klar, weshalb dieser Ort auf so viele Menschen aus aller Welt einen solchen Reiz ausübt. Trotz oder gerade wegen der riesigen Anziehungskraft auf viele Menschen ist das gesamte Basteigebiet Bestandteil des Nationalparks Sächsische Schweiz.

Es bleibt abwechslungsreich

Löst man sich von der großen Anziehungskraft des Basteigebiets, findet man auch auf dem weiteren Weg ein Naturparadies. Man durchschreitet das wunderschöne Polenztal und gelangt an die Burg Hohnstein mit ihrer jahrhundertealten Geschichte. Etwas weiter gestaltet sich die Gegend ruhiger und lieblicher. Zwischen Heidelbeersträuchern, üppigen Farnen und dem dahinplätschernden Kohlichtgraben wähnt man sich weitab von großen Besucherströmen. Schritt für Schritt fügt sich die Landschaft zu einem Gebilde, und man erlangt eine Vorstellung davon, wie all die bekannten Plätze durch Pfade, Täler und Stiegen miteinander verbunden sind.

Ouvertüre

Nimmt man sich einen Moment der Ruhe auf einer kleinen Bank am Rande von Altendorf und lässt das Erlebte vor dem inneren Auge Revue passieren, fällt alle Anstrengung von einem ab. Steile Wege, Blasen an den Füßen und schmerzende Schultern treten in den Hintergrund. Stattdessen lebt die durch alle Sinne wahrgenommene Natur wieder auf. Der Atem kommt zur Ruhe, und das Singen der Vögel und das Säuseln des Windes in den Baumkronen fügen sich zu allem hinzu. Wie die Ouvertüre einer großen Sinfonie reihen sich diese Eindrücke in den großen Kanon an Naturschätzen ein, die man hier entlang des Malerwegs finden kann. Der Blick in die Welt erwacht. Freude und Lust regen sich im Herzen, und der Weg ist nur einen weiteren Schritt entfernt.

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842655232
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (Oktober)
Schlagworte
Landschaftsfotografie Bildband Elbsandsteingebirge Festung Königstein Malerweg Bastei

Autor

  • Philipp Zieger (Autor:in)

Philipp Zieger gehört zu den jungen bemerkenswerten Landschaftsfotografen Deutschlands. Der Naturliebhaber und Fotograf hat seinen regionalen Schwerpunkt vor seiner Haustür gefunden: Auf seinen zahlreichen Fototouren hält er die malerische Landschaft der Sächsischen Schweiz in faszinierenden Bildern fest. Seine Fotos wurden mehrfach ausgezeichnet und in Magazinen, Büchern sowie Kalendern veröffentlicht. Sein Talent, Landschaften emotional in Szene zu setzen und damit die Stimmung eines Moments zu vermitteln, haben Philipp Zieger innerhalb kurzer Zeit bekannt gemacht.
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Titel: Sächsische Schweiz