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Raus aus der Esslust-Falle

Den Teufelskreis aus Kontrollverlust und ungesunder Ernährung durchbrechen. Schlank werden mit der 21-Tage-Challenge

von Silke Rosenbusch (Autor:in)
160 Seiten

Zusammenfassung

Die „Esslust-Falle“ kennen fast alle von uns. Wenn wir die Chipstüte bis zum letzten Krümel verputzen, halten wir uns schlicht für undiszipliniert. Doch der Verzicht auf Leckereien ist nicht einfach und gleicht oftmals einem Entzug – schuld ist das Belohnungssystem in unserem Gehirn. Silke Rosenbusch erklärt, was es damit auf sich hat und wie die Umstellung auf eine gesunde Ernährung gelingt. Ihre „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge zeigt, wie man in 21 Tagen den Teufelskreis aus Kontrollverlust und ungesundem Essen durch-brechen kann. Mit ihren erprobten Rezepten gelingt das nachhaltig und ohne Frust: Blaubeerpfannkuchen, Mangoldröllchen mit Kicher-erbsenfüllung, Kartoffel-Blumenkohl-Curry mit roten Linsen, Reis-Penne mit Linsenbolognese, Brokkolicremesuppe mit indischem Fla-denbrot, Kartoffel-Lauch-Gratin, Erdbeerkuchen und viele mehr.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

bei einer Größe von 1,69 m wog ich mit 15 Jahren 80 kg. Noch keine Vollkatastrophe, aber so schlimm, dass ich mich unattraktiv fühlte, unsicher war und das mangelnde Interesse des anderen Geschlechts auf mein Gewicht schob.

Ich weiß, wie unangenehm es ist, das Gefühl zu haben, dass mit einem etwas „nicht stimmt“. Und wie es sich anfühlt, sich in seiner Haut nicht wohlzufühlen. Im Alter von elf Jahren begann daher meine Diätkarriere, die genauso erfolglos verlief wie die der allermeisten Übergewichtigen. Ich probierte alle möglichen Diäten aus, verfiel aber immer wieder in alte Verhaltensmuster, denn ich kompensierte die Vernachlässigung durch meine Mutter, die sich um meine kranke Schwester kümmern musste, mit hochkalorischer Nahrung: Schokolade war als Trost immer da, meine Mutter nicht.

Mit 15 stieß ich auf das Buch „Fit fürs Leben“ von Harvey und Marilyn Diamond, das lehrte, wie man mit einer vollwertigen, weitestgehend pflanzlichen Ernährung automatisch gesund abnimmt. Das kam mir sehr gelegen, da ich längst Vegetarierin geworden war – auch wenn damals noch gar nicht erwiesen war, ob eine vegane oder vegetarische Ernährung überhaupt gesund ist.

Mit 21 zog ich nach Köln, um eine Schauspielschule zu besuchen. Weil ich mich unsterblich verliebt hatte, nahm ich wie von selbst ab, und danach blieb mein Gewicht bei ca. 65 bis 68 kg konstant.

Als mir nach der Schauspielschule ein Agent riet, doch noch fünf Kilo mehr abzunehmen, fing ich wieder an zu diäten, nahm fünf Kilo ab und zehn wieder zu. Ich wandte mich der veganen Rohkosternährung zu, nur um 2010 mit Mangelerscheinungen und wieder 70 kg auf der Waage dazustehen. Meine Haare fielen aus, meine Fingernägel brachen ab und ich hatte einen Eisenmangel. War vegane Ernährung vielleicht doch nicht gesund?

Da lernte ich die Plant-Based Doctors kennen, das sind Ärzte, die eine vollwertige, pflanzliche Ernährung empfehlen, ähnlich wie auch schon in „Fit fürs Leben“, nur diesmal wissenschaftlich fundiert. Ich begann, immer mehr gekochte Nahrung in meine Ernährung zu integrieren, und es ging mir gesundheitlich besser und besser.

Nach zehn Jahren freier Schauspielerei musste ich mir eingestehen, dass ich damit nie mehr als tausend Euro pro Monat haben würde. Ich machte das Abitur mit einem Schnitt von 1,2 nach und begann 2011 ein Medizinstudium. Nicht wirklich, um Ärztin zu werden, sondern weil ich die Wahrheit über gesunde Ernährung und wie man Krankheiten wirklich verhindern kann finden wollte. Dabei stellte ich fest, dass sich die Empfehlungen der Plant-Based Doctors mit dem, was ich im Medizinstudium lernte, deckten. Ich ernährte mich entsprechend und war so guter Gesundheit wie nie.

Dieses Wissen will ich unbedingt an all jene weitergeben, die unter ihrem Übergewicht so leiden, wie ich es getan hatte. Ich sah und sehe es als meine Hauptaufgabe als Medizinerin an, Menschen zu heilen und sie vor Krankheiten zu bewahren. Doch Theorie ist das eine, Praxis das andere. Denn Menschen verzichten lieber auf ihre Gesundheit als auf lieb gewonnene Gewohnheiten – ich nenne sie lieber Süchte. Eine Begegnung im Rahmen eines Pflegepraktikums öffnete mir die Augen über die Mechanismen, die hier wirken.

Einem Patienten mit extrem hohen Blutzuckerwerten und mit einem Gewicht von 180 kg schlug ich drei Gemüsetage vor, damit sich seine Zuckerwerte verbesserten. Auf diesen Vorschlag hin brach er in Tränen aus – eine durchaus radikale Reaktion: Wieso weint jemand, nur weil er drei Tage lang Gemüse essen soll?

Dann bekam ich die Muster mit, die in dieser Familie wirkten: Die ebenfalls stark übergewichtige Ehefrau des Patienten und seine ebenso übergewichtige Tochter rieten dem Mann zwar, gewisse Dinge nicht zu essen, worauf er aber cholerisch reagierte und sie anschrie, woraufhin sie anfingen zu weinen. Das tat wiederum ihm leid, er entschuldigte sich und weinte ebenfalls … Ich fühlte mich stark an die Dynamik in einer Alkoholikerfamilie erinnert und fragte mich: „Ist denn auch Essen eine Sucht?“ Denn das könnte die extreme Reaktion auf mein Angebot der „Gemüsetage“ erklären. Ich begann zu recherchieren, und alles, was ich in der Folge herausfand, befindet sich in diesem Buch.

Übergewichtige sind nicht etwa „schuld“, disziplinlos oder schlechte Menschen. Sie haben ein Problem, der eine mehr, der andere weniger. Und die Therapien, die dafür vorgesehen sind, funktionieren nicht. Cholesterinsenker, Blutdrucksenker, Diabetesmedikamente beseitigen die Symptome, aber nicht die Ursache. Auch Magenverkleinerungen und Ähnliches funktionieren nur eingeschränkt: Oft wird die Esslust nur durch eine andere Sucht ersetzt.

Die einzige Möglichkeit, das Problem dauerhaft in den Griff zu bekommen, ist in meinen Augen daher der „Entzug“: Aufhören, schlechte Nahrung zu sich zu nehmen, und Umstellung der Ernährung.

Mit der „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge lernst du wieder, wann du satt bist und wann du Hunger hast. In diesem Drei-Wochen-Programm ist es ohne jegliche Beschränkung der Nahrungsmenge möglich, zwischen vier und zehn Kilo zu verlieren, je nachdem wie hoch das Ausgangsgewicht ist. Meine „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge liefert dir diese Skills: für diesen Moment genauso wie bei einem Rückfall.

Lass dich an die Hand nehmen und dich in eine Welt führen, die du bisher nicht kanntest. Eine Welt, in der du satt wirst, in der es dir schmeckt und in der du dich trotzdem nicht über-isst. Einer Welt, in der du den Sinn deines Lebens neu entdecken kannst und dich selbst von einer ganz anderen Seite kennenlernst. Viel Erfolg!

Deine

WIE WIR IN DIE ESSLUST-FALLE TAPPEN

Im folgenden Kapitel erfährst du, was es mit dem Belohnungssystem deines Körpers auf sich hat und wie du ihm ein Schnippchen schlagen kannst. Wenn du durchschaut hast, wie Abhängigkeit funktioniert und welche ungesunden Lebensmittel dazu beitragen, ist es leichter, dich von gewohnten Mustern zu trennen. Wie dir das am besten gelingt, zeige ich dir hier.

Wie unser Belohnungssystem funktioniert

Alle Lebewesen verfügen über ein Belohnungssystem.

Um zu verstehen, wie es überhaupt dazu kommt, dass so viele Menschen übergewichtig sind, müssen wir zunächst einen Blick ins Gehirn werfen, genauer gesagt in unser Belohnungssystem. Das Belohnungssystem ist der Bereich des Gehirns, der dafür verantwortlich ist, dass wir Genuss empfinden, uns wohlfühlen, einen „Kick“ erleben oder zufrieden sind. Es ermöglicht uns, Wohlbehagen zu erleben, und tut alles dafür, dass wir unsere Art erhalten, uns selbst erhalten und unsere Spezies als Ganzes in der Evolution nach vorne bringen. Dafür hat die Natur es entwickelt. Und das nicht nur bei uns, sondern bei allen Lebewesen, vom riesigen Elefanten bis hinunter zur kleinsten Amöbe. Sie alle verfügen über ein Belohnungssystem.

Wir werden von unserem Belohnungssystem mit guten Gefühlen belohnt, wenn wir etwas „Arterhaltendes“ unternehmen: Wenn wir essen und trinken, bekommen wir gute Gefühle. Aber auch wenn wir Sex haben, genauso wenn wir Spaß daran haben, mit anderen Menschen Gemeinschaft zu pflegen oder etwas Neues zu lernen und anzuwenden – alles, womit wir positive Gefühle generieren können, ist von der Natur eigentlich dazu gedacht, uns selbst und unsere Art zu erhalten.

Bestimmte Substanzen und Produkte können die Wirkung auf unser Belohnungssystem verstärken und zu Übergewicht führen.

Dieser Mechanismus hat uns Jahrmillionen lang einen wunderbaren Dienst erwiesen. Das Belohnungssystem ist also eine gute Erfindung, genau wie unsere Fähigkeit, Fett in unserem Unterhautfettgewebe zu speichern, damit wir in Notzeiten etwas haben, wovon wir zehren können. Problematisch ist die Sache jedoch geworden, seit wir Substanzen und Produkte entwickeln, die dazu in der Lage sind, unser Belohnungssystem künstlich zu aktivieren. Dazu gehören Drogen und Alkohol, leider aber auch veränderte, hochkalorische Nahrungsmittel. Sie verstärken die Wirkung auf unser Belohnungssystem und können dazu führen, dass wir krank und übergewichtig werden. Wie du diesem Mechanismus ein Schnippchen schlägst, lernst du in diesem Buch. Zunächst aber ein wenig Theorie!

Kann Essen süchtig machen?

Dr. Nora Volkow, Ärztin im Fachbereich Psychiatrie und Direktorin des US-amerikanischen NIDA (National Institute on Drug Abuse), beschäftigt sich unter anderem mit Aussehen und Aktivität unseres Belohnungssystems im Gehirn. Sie untersuchte das Belohnungssystem von Kokainabhängigen und Übergewichtigen im MRT, also mithilfe der Kernspintomografie. Dabei verabreichte sie den Probanden ein Kontrastmittel, das die Dopaminrezeptoren des Belohnungssystems und den Bereich, in dem sie sich befinden und ausgeschüttet werden, sichtbar machte.

Dopamin ist ein Belohnungsbotenstoff, der sowohl Motivation vermittelt als auch das Gefühl eines „Kicks“ bei uns auslöst. Wenn wir also z. B. eine Werbung für einen saftigen Burger sehen, wird – je nach unserer vorherigen Konditionierung, also Prägung – im Belohnungssystem Dopamin ausgeschüttet, damit wir motiviert sind, uns möglichst bald einen Burger zu besorgen.

Aber zurück zu Dr. Volkow. 2008 zeigte sie Kokainabhängigen Fotos von Kokain und Übergewichtigen Fotos von hochkalorischer Nahrung, während die Personen im MRT lagen. Ergebnis: Die MRT-Aufnahmen sahen nahezu gleich aus. Die Wirkung an den Dopaminrezeptoren war also gleich. Und sie war weitaus stärker als bei Personen, die weder Kokain konsumierten noch übergewichtig waren.

Das bedeutet, dass die Wirkung von Dopamin bei Suchtkranken wie auch Übergewichtigen kompromittiert ist, das heißt, die Betroffenen erleben bei der Ausschüttung einer „normalen“ Menge Dopamin nicht die volle Wirkung. Die Folge: Die Dosis muss gesteigert werden, um denselben Genuss zu erlangen. Der Übergewichtige steigert seine Menge an Nahrung bzw. Die Kaloriendichte seiner Nahrung, der Suchtkranke seine Substanzmenge.

Eine amerikanische Forschergruppe betrachtete das Thema „Essen als Sucht“ 1990 von einer anderen Seite und untersuchte, wie Menschen auf Essen reagieren, wenn eine Substanz verabreicht wird, die verhindert, dass Endorphine wirken können. In dieser Studie gab man jeweils zehn jungen Männern den Opiathemmer Nalmefen, während zehn weitere ein Placebo einnahmen. Daraufhin wurde ihnen ein Büffet vorgesetzt. Die Probanden, die Nalmefen bekommen hatten, aßen 22 % weniger als die Placebogruppe. Nach weiteren Forschungen wurde 2017 bestätigt, dass der Verzehr von Nahrung zur Ausschüttung von Endorphinen führt.

Viele weitere Studien haben sich damit beschäftigt, in welcher Hinsicht das Belohnungssystem und die auf sie wirkenden Botenstoffe zur Entstehung von Übergewicht beitragen. Doch obwohl nicht bestritten wird, dass das Belohnungssystem bei der Regulation von Hunger, Sättigung und Nahrungsaufnahme beteiligt ist, können Wissenschaftler dies nicht als einzige Ursache für die Entstehung von Übergewicht und Fehlernährung identifizieren. So gibt es neben weiteren Stoffen auch noch das Hungerhormon Ghrelin sowie das Sättigungshormon Leptin, die mit dem Belohnungssystem absolut gar nichts zu tun haben und ebenfalls in die Regulation des Appetits eingreifen.

Auch gab und gibt es immer wieder Medikamente, die beim Abnehmen helfen sollten. Diese zeigen meist gute Wirkung, leider aber auch immer wieder fatale Nebenwirkungen. So war in den 1990er Jahren ein Medikament mit dem Spitznamen „Phen-Fen“ auf dem Markt, eine Abkürzung für Fenfluramin und Phenteramin. Fenfluramin allein bewirkte in Studien schon eine große Gewichtsabnahme, aber als es in den 1990er Jahren mit Phenteramin kombiniert wurde, schien es Wunder zu wirken. Patienten, die über Jahre oder Jahrzehnte nicht abnehmen konnten, verloren plötzlich Gewicht. Leider führte Phen-Fen in der Folge bei zu vielen Patienten zu Herzklappenerkrankungen und Bluthochdruck im Lungenkreislauf, sodass es 1997 vom Markt genommen werden musste.

Dass das Belohnungssystem eine gravierende Rolle bei Hunger und Sättigung spielt, ist wissenschaftlich unbestritten. Die Medizin tut sich bisher trotzdem schwer, Esssucht als Krankheit zu definieren, denn nicht alle Nahrungsmittel können süchtig machen. Es sind vor allem die hochverarbeiteten und hochkalorischen Nahrungsmittel, die in unserer zivilisierten Welt verzehrt werden. Niemand war je süchtig nach einem Pfirsich oder nach Brokkoli. Es müsste daher eigentlich „Sucht nach stark verarbeiteten und/oder hochkalorischen Nahrungsmitteln“ heißen.

Was Essen mit Abhängigkeit zu tun hat

Essen gilt offiziell nicht als Sucht, ebenso wenig wie viele andere Substanzen, die wir durchaus als suchtartig empfinden, Kaffee zum Beispiel. Darüber hinaus gibt es Substanzen, die süchtig machen können, aber nicht jeden, der sie konsumiert, tatsächlich auch süchtig machen. So sind viele Menschen in der Lage, gelegentlich Alkohol zu trinken, ohne Alkoholiker zu werden.

Alkohol ist genauso wenig wie Rauchen eine alltagstaugliche Methode, um das Leben in den Griff zu bekommen. Dafür gibt es eine andere „Droge“, die uns scheinbar hilft, unseren Arbeitsalltag zu meistern, etwas, das alle Unannehmlichkeiten auf der Arbeit wie Mobbing, einen cholerischen Chef, Schichtdienst, Stress oder eine unbefriedigende Tätigkeit emotional aufzulösen vermag: Essen.

Unter „Essen als Krankheit“ fallen Magersucht, Bulimie und die Binge-Eating-Disorder.

Binge Eater sind im Gegensatz zu Menschen mit Magersucht und Bulimikern in der Regel übergewichtig. Sie haben ähnliche Anfälle von Kontrollverlust wie Bulimiker, aber sie greifen nicht zu gegensteuernden Maßnahmen. Binge Eater sind zudem häufig auf Diät, um dann von einem großen Verlangen nach Essen überwältigt zu werden. Von Jahr zu Jahr schleichen sich mehr Kilos auf die Hüften, die Insulinresistenz nimmt zu, Arteriosklerose und andere Krankheiten drohen.

Doch auch Übergewichtige, die keine Binge Eater sind, benötigen oft Hilfe. „Reiß dich mal am Riemen“ und „Treib mal mehr Sport“ ist hier allerdings genauso falsch, wie einem Menschen, der unter Depressionen leidet, zu sagen: „Mach doch einfach was, was dir Spaß macht!“ Viele können das aufgrund eines Ungleichgewichts in ihrem Belohnungssystem nicht.

Abhängigkeit medizinisch betrachtet

Im Jahr 2013 wurde der Oberbegriff „Sucht und zugehörige Störungen“ erstmals im DSM-5, dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen, aufgenommen, das Wort „Abhängigkeit“ wurde gestrichen. Das „Abhängigkeitssyndrom“ befindet sich jedoch weiterhin im Katalog der ICD-10, der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme.

Das Abhängigkeitssyndrom sieht wie folgt aus:

Substanzverlangen (Craving)

Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren

körperlicher Entzug

Toleranzentwicklung gegenüber der Substanz

Vernachlässigungen anderer Aktivitäten zugunsten des Konsums

anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen

Zur Diagnosestellung müssen mindestens drei Kriterien innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten gleichzeitig erfüllt worden sein.

Sehen wir uns das Abhängigkeitssyndrom in Bezug auf Essen einmal genauer an. Abhängigkeit und/oder Sucht kann bei unterschiedlichen Personen unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Der Übergang von Genuss über Missbrauch hin zur Sucht ist fließend, genauso wie die daraus entstehenden Folgen.

Substanzverlangen (Craving) Substanzverlangen hatten bezüglich bestimmter Nahrungsmittel sicher alle von uns schon einmal: Lust auf Schokolade, Eis, Chips, Pommes oder einen Burger. Das muss nicht pathologisch, sondern kann auch einfach Hunger sein. Hunger steigert das Verlangen nach Nahrung oder bestimmter Nahrung in entsprechendem Maße, genau wie die Belohnung durch den Verzehr gesteigert wird. Schokolade, Eis, Chips, Pommes oder Burger können aber mehr als nur den Hunger stillen. Hunger kann man auch mit Brokkoli, Kartoffeln, Möhren, Weißkohl oder Kidneybohnen stillen. Hat man danach aber Verlangen? Gelüste, Cravings?

Die meisten Menschen sicherlich nicht. Wenn man wirklich nur Hunger hat, kann man auch einfach diese Nahrungsmittel essen. Die Ausrede vieler Menschen ist dann aber: „Das schmeckt doch nicht.“ Dies liegt jedoch daran, dass ihr Belohnungssystem übersättigt ist.

Gelüste sind zudem häufig sehr spezifisch. Wer Schokolade „will“, ist mit einem Pfirsich meist nicht zufrieden: Bei Hunger hilft jedes Nahrungsmittel, ein Craving ist spezifisch. In der „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge solltest du dich daher, um Hunger von Appetit unterscheiden zu lernen, vor jedem Essen fragen: „Könnte ich jetzt auch Gemüse essen?“ – Wenn du es mit Hunger zu tun hast, lautet die Antwort Ja. Wenn nicht, ist es ein Verlagen nach etwas Bestimmten.

Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren „Once you pop, you can’t stop!“ ist nicht nur der Werbespruch eines bekannten Kartoffelchip-Herstellers, sondern für viele Menschen leider auch die Wahrheit: Sie können nicht mehr aufhören. Der Journalist Michael Moss schildert in seinem Buch „Das Salz-Zucker-Fett-Komplott: Wie die Lebensmittelkonzerne uns süchtig machen“, was alles unternommen wird, um genau den Punkt zu erwischen, an dem ein Lebensmittel am stärksten auf unser Belohnungssystem wirkt: Wie viel Fett mit wie viel Zucker kombiniert werden muss, um eine Schokolade unwiderstehlich zu machen, und welche Manipulationen unternommen werden müssen, damit wir nicht mehr Nein sagen können.

Es liegt also nicht nur an unserer Persönlichkeit, sondern auch daran, dass die Manipulation des Belohnungssystems vonseiten der Lebensmittelindustrie gezielt so eingesetzt wird, dass sie wirkt. Dieses Phänomen wird auch von schlanken, nicht-esssüchtigen Menschen erlebt, diese sind aber besser in der Lage, ihren Konsum zu kontrollieren.

Körperlicher Entzug Keine Sorge: In unserer Challenge tritt ein körperlicher Entzug bei den meisten gar nicht auf. Es können Kopfschmerzen beim Zucker- und Kaffeeentzug auftauchen, mehr aber nicht.

Toleranzentwicklung gegenüber der Substanz Toleranzentwicklung heißt, dass man im Laufe der Zeit immer mehr von einer Substanz braucht, um dieselbe Wirkung zu erzielen. Es kommt häufig bei „Suchtessern“ vor und zieht sich oft über viele Jahre oder Jahrzehnte hin. Vieles davon hängt mit der Anpassung des Belohnungssystems zusammen.

Im Körper herrscht immer eine Homöostase, ein Gleichgewicht, in dem Gesundheit optimal funktioniert. Wenn man eine Substanz zu sich nimmt, die dazu führt, dass mehr Belohnungsbotenstoffe ausgeschüttet werden, registrieren die Zellen des Belohnungssystems, dass sie überstimuliert werden, und schrauben die Anzahl ihrer Rezeptoren herunter, an welchen die Botenstoffe wirken. Dies führt dazu, dass mit derselben Menge Substanz nicht mehr die gleiche belohnende Wirkung in der Zelle erzielt werden kann. Die Botschaft an uns lautet dann, dass wir mehr konsumieren oder stärkere Substanzen wählen sollten. So kann ein Teufelskreis entstehen, in dem immer mehr konsumiert wird.

Vernachlässigungen anderer Aktivitäten zugunsten des Konsums Viele esssüchtige Menschen nehmen Essen als ihr Hobby wahr, treffen sich mit anderen Leuten nur zum Essen, gehen zum Kaffeeklatsch, schauen in Gesellschaft einer Chipstüte den ganzen Abend fern und machen hauptsächlich Dinge, die irgendetwas mit Essen zu tun haben. In schweren Fällen gibt es Menschen, die Essen als ihren Freund, ihren Tröster und ihre Gesellschaft empfinden. Essen enttäuscht sie nicht und ist immer für sie da, Freunde treten in den Hintergrund, oft droht sogar Vereinsamung.

Anhaltender Substanzgebrauch trotz nachweislich schädlicher Folgen Dies ist ein weiteres Kriterium, warum Essen als eine Sucht bzw. Abhängigkeit gesehen werden kann. Mehr als 50 % der Bevölkerung können ihren Konsum trotz der nachweislich schlechten Folgen nicht reduzieren.

53 % aller Deutschen sind laut statistischem Bundesamt übergewichtig. Die meisten Übergewichtigen haben, wie auch ich seinerzeit, schon alles Mögliche unternommen, um abzunehmen. Die wenigsten wollen dick sein. Viele fühlen sich unattraktiv und in ihrer Haut nicht wohl. Aber sie wissen nicht, warum sie ihr Gewicht nicht in den Griff kriegen. Sie halten sich für willensschwach, disziplinlos, faul und „schlecht“. Das Konzept, dass ihrer Unfähigkeit, das ungesunde Essen zu stoppen, ein Suchtmechanismus zugrunde liegen könnte, ist ihnen nicht bekannt. Der Unterschied zu Rauchern oder Alkoholikern ist, dass diese sehr wohl wissen, dass sie abhängig sind. Und dennoch schaffen auch sie es häufig nicht, dieses Verhalten zu überwinden.

Es scheint völlig irrational, dass jemand sich vorsätzlich eine Figur anfuttert, die ihm erstens nicht gefällt und zweitens noch krank macht. Dass die Verführung hochkalorischer industrieller Nahrung einen Menschen mehr überzeugt als das Risiko, krank zu werden oder gar zu sterben, wird dann begreiflich, wenn wir uns vor Augen führen, wie mächtig das Belohnungssystem ist, dass manches Essen übermäßig stark darauf einwirkt und dass es überzeugender sein kann als jeglicher logischer Verstand.

Süchtige möchten am liebsten nicht auf ihre Droge verzichten. Die meisten wünschen sich, sie kontrolliert konsumieren zu können. Sie verlieren jedoch immer wieder, wenn sie sie anrühren, die Kontrolle. Und genau das ist ihr Problem. Die meisten Raucher wären am liebsten Gelegenheitsraucher. Die meisten Alkoholiker würden gerne auch nur am Wochenende trinken. So ist es auch beim Essen: Wir wollen eigentlich nicht verzichten, daher stürzen wir uns auf Diäten, die uns erlauben, weiterhin unser bevorzugtes ungesundes Essen zu konsumieren.

Wie Belohnungsbotenstoffe wirken

Ich habe bisher immer recht verallgemeinernd von „Belohnungsbotenstoffen“ gesprochen, wenn es um das Belohnungssystem ging. Tatsächlich sind es nämlich mehrere Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, und sie alle haben leicht unterschiedliche Funktionen. Ich möchte sogar so weit gehen zu behaupten, dass sie nur bei „echtem“ Glück in zueinander ausgewogenem Verhältnis ausgeschüttet werden. Schauen wir sie uns einmal im Einzelnen an.

Serotonin

Serotonin ist der im Rahmen des Belohnungssystems vielleicht bekannteste Neurotransmitter. Es wird aus der Aminosäure Tryptophan synthetisiert, befindet sich aber auch in diversen Lebensmitteln. Leider hat die Aufnahme von Serotonin in Form von Lebensmitteln aber keine Wirkung auf unser Belohnungssystem, da das im Blut befindliche Serotonin nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Daher ist es notwendig, dass im Gehirn selbst ausreichend Serotonin synthetisiert wird.

Serotonin hat verschiedene Funktionen im menschlichen Körper, seine bekannteste Wirkung erfüllt es aber im Rahmen des Belohnungssystems. Hier wirkt es als Stimmungsaufheller. Es vermittelt Gelassenheit, innere Ruhe und Zufriedenheit. Gleichzeitig reduziert es aber auch aggressive Gefühle, Kummer, Hunger und Angst. Und da wird auch sofort klar, warum Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, sogenannte SSRI, als die bedeutendsten Medikamente bei der Behandlung von Depression gelten. Manchmal werden sie auch kombiniert mit Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern, SSNRI (siehe den Abschnitt „Noradrenalin“ weiter unten).

Die Serotoninproduktion ist von zwei Faktoren abhängig: erstens der Menge des in der Nahrung vorhandenen und damit aufgenommenen Tryptophans und zweitens von kohlenhydrathaltigen Mahlzeiten. Durch den Verzehr von Kohlenhydraten wird Insulin ausgeschüttet, welches das Tryptophan über die Blut-Hirn-Schranke bringt und so indirekt dazu beiträgt, dass mehr Serotonin gebildet werden kann. Dabei ist es besonders wichtig, dass vollwertige Kohlenhydrate verzehrt werden, da diese nicht zu Insulinspitzen führen, also einer massiven, schlagartigen Ausschüttung von Insulin. Wenn das passiert, fällt der Insulinspiegel sehr bald wieder sehr schnell ab, und der Fluss von Tryptophan über die Blut-Hirn-Schranke sinkt.

Also: Weniger Serotonin wird produziert, und das führt zu Unzufriedenheit. Durch vollwertige Kohlenhydrate wird über einen längeren Zeitraum eine moderate Dosis Insulin ausgeschüttet und das Gehirn über längere Zeit mit Tryptophan und damit Serotonin versorgt. Die Zufriedenheit, die es vermittelt, und die Wohlgefühle halten damit länger und gleichmäßiger an. Das ist der Grund, warum auch in der „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge ausschließlich vollwertige Kohlenhydrate verwendet werden und warum ausreichend pflanzliches Eiweiß verzehrt werden soll, sprich Gemüse und Hülsenfrüchte. Beides stabilisiert das Belohnungssystem optimal, sodass Gelüste ausbleiben und sich Zufriedenheit einstellt.

Dopamin

Dopamin ist im Rahmen der Belohnung durch Essen noch entscheidender als Serotonin. Dopamin vermittelt einen „Kick“ wie beim Orgasmus. Dopamin vermittelt aber auch Motivation. Es wirkt in dem Moment, in dem wir uns auch nur vorstellen, wie das Leben wohl wäre, wenn wir etwas hätten, das wir gerne haben würden. Dopamin sorgt dafür, dass wir uns bemühen, einen Partner zu finden, dass wir einkaufen gehen, dass wir kochen und dass das Werbefernsehen bei uns wirkt. Dopamin erleben wir als „Spaß“, Serotonin als „Zufriedenheit“. Immer wenn dir etwas Spaß macht, wirkt Dopamin bei dir.

Auch die Nahrungsaufnahme wird zum Teil durch Dopamin reguliert. Deshalb macht uns Essen auch Spaß. Je mehr Spaß, desto höher der Kaloriengehalt und die Schmackhaftigkeit. Und genau hier liegen auch die Fallstricke. Im Januar 2019 veröffentlichten Forscher des Max-Planck-Instituts in Köln eine Studie, in der Probanden einen Milchshake verabreicht bekamen. Im Anschluss maßen die Forscher die Dopaminausschüttung im Hirn. Sobald der Milchshake die Zunge berührte, wurde im Hirn eine Welle von Dopamin ausgeschüttet. Sobald der Milchshake in den Magen gelangt war, folgte eine zweite Dopaminwelle.

Die Forscher gingen aber noch einen Schritt weiter. Sie untersuchten auch Probanden, die Gelüste, Cravings, auf einen Milchshake hatten. Hier zeigte sich, dass die Dopaminausschüttung, sobald die Zunge berührt wurde, noch größer war, als wenn zuvor keine Gelüste bestanden hatten. Wenn der Milchshake aber in den Magen gelangte, war die Dopaminausschüttung geringer.

Wie schon erwähnt, stellte Dr. Nora Volkow vom NIDA fest, dass das Belohnungssystem eines Kokainabhängigen im MRT genauso aussieht wie das eines Übergewichtigen. Wie die Forscher des Max-Planck-Instituts folgert auch Dr. Volkow, dass die physiologischen Sättigungsmechanismen im ständigen Ringen mit dem Belohnungssystem stehen. Wenn das Belohnungssystem überwiegt, werden wir übergewichtig und in der Folge krank. Daher ist es wichtig, dass wir Nahrungsmittel essen, die unser Belohnungssystem ausgewogen stimulieren, sodass unser physiologischer Sättigungsmechanismus nicht aus seinem Gleichgewicht geworfen wird.

In der Folge passt sich das Belohnungssystem an und reguliert seine Rezeptorenanzahl wieder hoch. So kommt es dann auch bei gesundem Essen zu Spaß am Essen, wenn Dopamin wieder ausreichend an seinem Rezeptor funktioniert.

GABA

GABA steht für Gamma-Aminobuttersäure. Sie wird häufig sofort nach Dopamin ausgeschüttet und vermittelt Beruhigung. Über die Wirkung von GABA wissen wir deshalb besonders viel, weil es potente Medikamente gibt, die ebenfalls am GABA-Rezeptor wirken: Benzodiazepine. Benzodiazepine werden quasi routinemäßig im Krankenhaus als Schlaftabletten verteilt. Das bekannte Schlafmittel Valium ist ein Benzodiazepin.

GABA fühlt sich an wie wohlige Beruhigung. Es lindert Ängste und Unruhe. Gebildet wird GABA aus Glutamat. Die Wirkung von GABA an den Rezeptoren wird durch Dopamin verstärkt. So kommt es z. B. nach dem Orgasmus beim Sex zu Gelassenheit und Entspannung. GABA wirkt nicht im Belohnungssystem selbst, sondern über eine Verschaltung des Belohnungssystems mit der Amygdala, dem Angstzentrum des Hirns.

Dr. Ingo Schymanski äußert in seinem Buch „Im Teufelskreis der Lust“ die These, dass die Überstimulation durch Dopamin und die nachgeschaltete GABA-Wirkung vor allem dafür verantwortlich zu machen sei, dass so viel Menschen heutzutage an Angststörungen leiden, obwohl objektiv das Gefahrenpotenzial in unserer heutigen Zeit so gering ist wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Und ja, möglicherweise spielt auch hier mit hinein, dass der Vorläufer des GABA, das Glutamat, in so wahnsinnig vielen Fertigprodukten zugesetzt wird. Der Körper, bzw. das Nervensystem passt sich auch hier an und reguliert Rezeptoren hoch oder runter. Zudem kann die produzierende Nervenzelle auch ausbrennen und weitestgehend aufhören, Botenstoffe zu synthetisieren. So kann es zu den vielfältigsten nervlichen Störungen kommen.

Noradrenalin

Noradrenalin ist ebenfalls ein Stresshormon und ein Vorläufer des bekannteren Adrenalins. Seine Wirkung im zentralen Nervensystem ist die Steigerung des Sympathikotonus und damit des Antriebs. Der Sympathikus macht uns entweder angriffsbereit oder bereitet uns auf die Flucht vor: Wir werden aktiv. Noradrenalin habe ich bereits weiter oben im Zusammenhang mit dem Serotonin erwähnt, weil es ebenfalls bei Depressionen eingesetzt wird, nämlich in den SSNRI, den selektiven Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern. Es kann bei Depression den Antrieb steigern, während Serotonin auf die Zufriedenheit wirken soll.

Noradrenalin wird als einziger hier genannter Botenstoff aus dem Dopamin synthetisiert. Die Synthese des Adrenalins läuft wie folgt ab: Die Aminosäure Tyrosin wird in L-DOPA umgewandelt und überwindet in dieser Form oder auch als Tyrosin die Blut-Hirn-Schranke. Im Hirn wird es zu Dopamin umgewandelt und dient der Motivationssteigerung und dem „Kick“. Ungenutztes Dopamin kann in der Folge zu Noradrenalin verwandelt werden. Und Noradrenalin ist wiederum der Vorläufer des Adrenalins.

Im Rahmen der Steigerung des Sympathikotonus durch Adrenalin und Noradrenalin wird auch wieder die Ausschüttung von weiteren Belohnungsbotenstoffen, auch Dopamin, angekurbelt, und so kann es zu einem fatalen Teufelskreis kommen. Denn wenn keine Ausgangssubstanz mehr da ist, weil alle Vorläufer aufgebraucht sind und der Belohnungsbotenstoff für die Synthese von Stresshormonen verwendet wird, ist das Belohnungssystem irgendwann ausgebrannt. Und dann kann auch die Steigerung des Sympathikotonus keine Belohnungsbotenstoffausschüttung mehr bewirken. Für Betroffene heißt das, wir sind ausgebrannt und haben keine Lust und Motivation mehr. Hier hilft dann nur noch Ruhe und Regeneration.

Noradrenalin wird aber auch, sonst würde ich nicht darüber schreiben, beim Essen ausgeschüttet. Wir haben dann das Gefühl, dass etwas zu essen uns Kraft gibt. Hier wirkt die Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin der Bereitstellung von Kalorien weit vor. Die Ausschüttung von Noradrenalin steigt 30 bis 60 Minuten nach der Mahlzeit erstmalig an und dann noch mal nach 180 Minuten. Das heißt, es sind nicht die Kalorien aus der Nahrung, die uns hier Energie geben, sondern die Ausschüttung von Noradrenalin.

Endorphine

Endorphine sind wunderbar. Sie werden beim Ausdauersport ausgeschüttet und schützen uns in Katastrophensituationen vor zu starkem Schmerzempfinden. Sie sind auch der Grund, warum wir überhaupt einen Rezeptor haben, an dem Morphin wirken kann, das stärkste Schmerzmittel, das wir kennen (und eine der schlimmsten Drogen).

Endorphine sind unser körpereigenes Korrelat zum Morphin. Der Name ist eine Zusammensetzung aus den Worten „endogen“ für „selbst hergestellt“ und „Morphin“. Endorphine vermindern körperliche und psychische Schmerzen und machen uns selbstbewusst. Und ja, auch sie werden nach der Nahrungsaufnahme ausgeschüttet. Und das sogar unabhängig davon, ob wir das Nahrungsmittel als schmackhaft empfinden oder nicht. Endorphine sind beteiligt an der Regulation von Hunger, können aber auch zur Euphorie führen.

Zucker ist besonders geeignet, Endorphine auszuschütten. Deshalb möbelt er uns so gut auf und hilft uns, stressige Arbeitstage zu überstehen und Herausforderungen zu meistern.

Neuropeptid Y

Das Neuropeptid Y ist physiologisch an der Steuerung von Hunger und Sättigung beteiligt, aber auch an der Steuerung der Angst. Berühmtheit erlangte es, als Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts in Heidelberg feststellten, dass Rattenbabys, die gestillt worden waren, im Erwachsenenalter besser in der Lage waren, mit Stress und Angst umzugehen. Das Stillen hatte bei den Rattenbabys die Entwicklung und Ausprägung des Neuropeptid-Y-Rezeptors gefördert.

Um eine bessere Umgangsweise mit der in dem Moment entstehenden Angst und dem Stress zu bewirken, kann fatalerweise aber auch Bauchfett dieses Neuropeptid produzieren, und zwar unter Wirkung von Cortisol, dem Stresshormon. Wenn wir bei Angst und Anspannung reichlich zucker- und fetthaltiges Essen zu uns nehmen, produziert unser Bauchfett das Neuropeptid Y und lässt uns dadurch ähnlich gut mit Stress umgehen wie jemanden, dem viel mütterliche Zuwendung zuteilwurde. So reguliert das Neuropeptid aber leider nicht nur die Angst, sondern es hat auch die Fähigkeit, die Nahrungsaufnahme zu stimulieren sowie die Anzahl und Größe von Fettzellen zu steigern. Ein Teufelskreis kommt in Gang.

Suchtessen überwinden mit der „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge

In der Psychotherapie wird eine Sucht zuallererst mit einem Entzug behandelt. Suchtesser sind da keine Ausnahme. Erst nachdem der Entzug vollbracht ist, kann der Patient mit der Psychotherapie beginnen, weil er erst dann in der Lage ist, die hochkommenden negativen Gefühle zu verarbeiten, statt sie mit Drogen zu betäuben.

Auch im Rahmen der Esssuchttherapie halte ich es für erforderlich, eine gewisse Zeit der Abstinenz einzuhalten. Einfach nur, um zu schauen, wo die Probleme sind, in welchen Situationen man essen will und um gezwungen zu sein, andere Wege der Problembewältigung zu finden. Daher startet mein Programm mit einer Drei-Wochen-Challenge.

Die Challenge bietet dir eine Möglichkeit, dein Leben zu verändern, weil du hier mit der Ernährung das Belohnungssystem steuerst, und nicht mit dem Belohnungssystem die Ernährung. Diese Ernährung zwingt das Belohnungssystem regelrecht, optimal zu funktionieren. Und so kommst du mit dem Werkzeug dieses Ernährungsplans auch viel leichter wieder aus einem Rückfall raus.

Während der Challenge steuerst du mit der Ernährung das Belohnungssystem – und nicht umgekehrt.

Die drei Säulen der Challenge

Eine Therapie der Esssucht beruht auf mehreren Schritten – ich nenne sie hier Säulen –, die teilweise hintereinander, teilweise nebeneinander ablaufen, je nachdem wo man sich im Rahmen seiner Entwicklung gerade befindet.

Säule A: Entzug

Der allererste Schritt zur Bekämpfung einer Sucht ist immer der Entzug. So auch hier. In der „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge verzichtest du drei Wochen komplett auf alle Nahrungsmittel, die das Belohnungssystem zu stark stimulieren und dich süchtig machen können. Du erfährst, vielleicht zum ersten Mal seit Jahren oder Jahrzehnten, dass nicht du es bist, der oder die willensschwach ist, der oder die „schuld“ ist, dass du zu viel isst, sondern, dass deine Nahrungsauswahl dein Gehirn derartig manipuliert, dass du nicht aufhören kannst zu essen und dabei übergewichtig wirst.

Bereits nach vier Tagen wirst du frei sein von Gelüsten. Dann ist der anfängliche Entzug überstanden. Ich sage das so explizit, weil ich das bei 99 % aller Challenge-Teilnehmenden beobachtet habe und weil vier Tage wirklich kein langer Zeitraum ist. Du musst also quasi nur vier Tage durchhalten, dann wird alles leichter.

Durch den Verzicht wirst du damit konfrontiert, dass du, wenn ein Problem auftaucht, es nicht mit Essen bekämpfen kannst. Du wirst es vielleicht versuchen, indem du bei Süßgelüsten zu Obst greifst, und das ist auch okay, denn Obst wirkt aber nicht so stark auf dein Belohnungssystem wie Schokolade. Und dann tritt die Magie ein: Du machst dir Gedanken, wie du das Problem statt mit Essen mit Nachdenken lösen kannst.

Säule B: Verhaltensänderung

In der Challenge, aber vor allem auch danach, erfährst du, welche Situationen es sind, die dich triggern, also zum Essen verführen – ob du aus Stress, Einsamkeit, Frust, Langeweile oder Überforderung isst. Du lernst die Situationen zu erkennen, die dich zum Essen verleiten, und übst dich darin, ihnen aus dem Weg zu gehen und bessere Lösungen – vor allem nachhaltigere Lösungen – zu finden.

Du übst dich in Eigennähe, und dazu brauchst du nicht etwa irgendwelche Übungen oder Affirmationen, sondern du gehst einfach in dich, reflektierst, denkst über dein Leben nach. Die Abstinenz führt dich hier, wie gesagt, automatisch zu Verhaltensänderungen. Und das Experimentieren mit Nahrungsmitteln ebenso. Du lernst, welche Situationen du versuchen solltest zu meiden und welche Nahrungsmittel dich zum größten Kontrollverlust führen.

Ein Beispiel: Wenn ich Cashewmus im Haus habe, werde ich verrückt. Ich erlaube mir zwei Teelöffel, die ich pur esse, und setze mich dann wieder an meine Arbeit oder was auch immer ich gerade tue, und das in dem festen Vorsatz, dass zwei Teelöffel ausreichen und mehr ja auch ungesund wäre. Aber eine Minute später habe ich meinen Vorsatz bereits gebrochen, weil das Teufelchen auf meiner Schulter mir minutenlang einflüstert, dass ein weiterer Löffel doch nicht sooo schlimm sein kann. Und in kürzester Zeit ist das Glas leer.

Die Konsequenz daraus ist, dass ich kein Cashewmus im Haus habe. Schokolade und Eis gehen, wenn ich emotional ausgeglichen bin, und so hält sich dann auch mal eine Packung Ben & Jerry’s erfolgreich in meinem Eisfach. Wenn ich Stress habe und übermüdet bin, hingegen nicht. Um mich frei in der Welt der Nahrungsmittel bewegen zu können, muss ich versuchen, emotionale Situationen, die mich überfordern, zu vermeiden und gleichzeitig Triggernahrungsmittel möglichst aus meiner Wohnung verbannen.

Säule C: Lebensgestaltung

In den 1970er Jahren untersuchte eine Studie das Suchtverhalten von Ratten in unterschiedlichen Haltungsformen. Ratten, die völlig alleine im Käfig sitzen und kein Spielzeug oder keine Artgenossen um sich haben, werden im Gegensatz zu Ratten, die mit Spielzeug und anderen Ratten eingesperrt sind, viel leichter von ebenfalls im Käfig vorhandenem Kokain verführt. Klar: Wenn Dinge vorhanden sind, die auf natürliche Weise unser Belohnungssystem aktivieren, brauchen wir – bzw. die Ratten – keine „Drogen“ mehr, um uns selbst gute Gefühle zu machen.

In dieser dritten Phase musst du also wieder lernen, andere Dinge zu tun, die dein Belohnungssystem aktivieren, also Dinge, auf die es ebenfalls reagiert: sinnvolle Beschäftigung, Zeit mit Gleichgesinnten, Lernen, Lehren, Familie, Sport oder das Erleben neuer Dinge. In dieser Phase könnte dir z. B. klar werden, dass deine Beziehung, so wie sie ist, dir nicht mehr gefällt oder dass dein Job nicht mehr zu dir passt. Du fängst an, dein Leben nach und nach in kleinen Stücken zu verändern und vor allem auch zu verbessern.

Je angenehmer dein Leben ist und je besser es dir gefällt, desto weniger brauchst du deine „Drogennahrung“, denn du hast dir ein Leben geschaffen, das du nach deinen Vorstellungen und Wünschen lebst. Je zufriedener du mit deinem Leben bist, desto weniger neigst du zum Konsum ungesunder Dinge.

Sinn der „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge ist es, das Belohnungssystem wieder an normale Mengen Belohnung aus Nahrung zu gewöhnen und gleichzeitig seine ursprüngliche Funktion wieder zu stärken. Echtes Lebensglück verschafft, so meine Theorie, ein optimal ausgeglichenes Verhältnis der Belohnungsbotenstoffe zueinander. Echtes Glück fühlt sich besser und intensiver an als der Konsum von „Drogennahrung“. Um das zu realisieren, musst du aber die Erfahrung machen, wie sich echtes Glück anfühlt, während du Abstinenz übst. Nur durch Erfahrung lernt man und kann seine Psyche umpolen.

Deshalb funktionieren Diäten auch nicht. Ernährungsumstellung hingegen funktioniert. Sofort und dauerhaft. Genau aus dem Grund, weil du deine gewohnte Ernährung weitestgehend meidest. Ziel der Challenge ist es, wieder da hinzukommen, deine bisherige Nahrung nicht täglich zu konsumieren, und vor allem nicht, wenn es dir schlecht geht. So gelingt auf die Dauer nicht nur das Abnehmen, sondern auch die Wiederherstellung des Lebensglücks.

Den Geschmack umprägen

Vielleicht hast du dich bereits gefragt, wie du es schaffen sollst, komplett auf deine Lieblingsnahrungsmittel zu verzichten, und dir vorgestellt, wie es wäre, wenn du dich nur von Obst, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchten ernähren würdest. Vielleicht war dieser Gedanke sogar unvorstellbar für dich. Vielleicht bist du momentan kein großer Gemüseesser, und Hülsenfrüchte stehen auch nicht auf deinem Speiseplan. Vielleicht denkst du auch, es sei ein Charakterzug von dir, dass du kein Gemüse magst. Oder du denkst: „Aber gesundes Essen schmeckt doch nicht!“

Ich weiß nicht, wie oft ich diese Aussage schon gehört habe. Aber „Schmecken“ ist eine höchst subjektive Sache. Auf physiologischer Ebene handelt es sich um ein kompliziertes Zusammenspiel verschiedener Bereiche des Körpers. Am Beginn dieser Kette sitzen die Geschmacksknospen auf der Zunge. Sie können verschiedene Geschmacksrichtungen wahrnehmen: süß, sauer, bitter, salzig und „umami“, das etwa so viel wie „herzhaft-intensiv“, „fleischig“ bedeutet.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn wir können mit der Zunge auch wahrnehmen, ob ein Nahrungsmittel eine hohe Kaloriendichte hat oder nicht. Deshalb können wir mit der Zunge nicht nur Geschmack, sondern auch Belohnung wahrnehmen. Die Zunge übersetzt den Kaloriengehalt der Nahrung sozusagen in Belohnungsbotenstoffe, um uns zu sagen: „Yeah, in diesem Nahrungsmittel sind eine Menge Kalorien, mit denen ich dich jetzt belohne!“

Unsere Zunge ist in der Lage, den Kaloriengehalt der Nahrung sozusagen in Belohnungsbotenstoffe umzuwandeln.

Das ist ein Mechanismus, der in Zeiten von Nahrungsmangel ausgesprochen effektiv ist. Und Nahrungsmangel herrschte für fast alle Lebewesen die meiste Zeit unseres Daseins auf diesem Planeten – mit Ausnahme der letzten Jahrzehnte (und je nachdem, in welchem Teil der Erde wir uns befinden). Unser Belohnungssystem hat es daher so eingerichtet, dass wir bei hochkalorischer Nahrung eine stärkere Belohnung empfinden als bei niedrigkalorischer wie Obst, Gemüse, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten. Und das ist es auch, was viele meinen, wenn man „gesundes“ Essen anbietet, wenn sie ausrufen: „Aber das schmeckt doch gar nicht!“

Mit Geschmack hat das, was sie meinen, jedoch überhaupt nichts zu tun. Was sie wirklich meinen, ist: „Aber das belohnt mich doch gar nicht!“ Es ist das Gefühl von Befriedigung, das sie suchen, nicht Geschmack. Geschmack hingegen kann man sehr schnell ändern – Geschmacksknospen werden nämlich nur zwölf Tage alt.

Ich weiß, die Vorstellung kommt dir vielleicht furchtbar vor: jeden Morgen mit Gemüse zu beginnen, kein Öl zu verwenden oder keinen Zucker zu essen. Die Vorstellung ist aber tatsächlich viel schlimmer als die Realität.

Denn für jede Geschmacksknospe, die zugrunde geht und abstirbt, kommt eine neue, die noch nie in ihrem Leben so etwas wie Gemüse zum Frühstück gekostet hat. Für diese Geschmacksknospe aber ist dieses Essen Normalität, und als „normal“ leitet sie das auch an das Gehirn weiter. Genau wie jede neugeborene Geschmacksknospe nach ihr. Und schon nach kurzer Zeit schmeckt das ursprünglich „unleckere“ Essen genauso gut oder sogar noch besser als das, was du vorher gegessen hast. Zwischen vier und zehn Tagen dauert es, bis man sich nachhaltig umgewöhnt hat, abhängig vom Ausgangszustand.

Das solltest du im Hinterkopf behalten, wenn du die ersten Schritte mit der Challenge-Ernährung machst. Dein Geschmack wird sich schnell ändern, und dein Verhältnis zu dir und deinem Essverhalten auch. Mach selbst die Erfahrung: Ich verspreche dir, nach zehn Tagen „Raus aus der Esslust-Falle“-Challenge wirst du frei von Gelüsten sein und nur dann essen, wenn du Hunger hast. Das Essen wird dir schmecken, du hast bereits mehrere Kilos abgenommen – und das, obwohl du dich die ganze Zeit satt gegessen hast.

Nahrungsmittel, die auf das Belohnungssystem wirken

Zunächst einmal macht gar nichts per se süchtig, es sei denn, unsere Psyche hat irgendwann mal gelernt, dass eine Substanz in der Lage ist, interne Spannungszustände und negative Gefühle zu beseitigen und das Belohnungssystem zu aktivieren. Das nennt man Konditionierung. Dieser Mechanismus greift bei Essen, aber auch bei allen anderen Substanzen oder Genussmitteln.

Was bedeutet das für dich? Wenn du in deiner Kindheit gelernt hast, dass Schokolade Zuwendung ersetzen kann, dass Butterkekse beim Zahnen Linderung verschaffen oder dass Eiscreme gegen Liebeskummer hilft, dann wirst du auch später im Leben versuchen, Situationen, in denen du negative Gefühle hast, mit Nahrungsmitteln zu bekämpfen. Wobei eine derartige Prägung natürlich auch noch später im Leben erfolgen kann, z. B. als Teenager, wo zusätzlich Zigaretten und Alkohol ins Spiel kommen können, oder nach dem Verlust einer geliebten Person im Erwachsenenalter.

Aber zurück zu den Nahrungsmitteln, die süchtig machen können. Ich habe in den vorherigen Kapiteln dargelegt, dass es vor allem hochkalorische, verarbeitete Nahrungsmittel sind, die diese Wirkung haben. Das stimmt aber nicht ausschließlich. Auch hochkalorische „natürliche“ Nahrungsmittel haben eine Wirkung auf das Belohnungssystem, weil der Belohnungsmechanismus grundlegend in der Nahrungsaufnahme verschaltet ist. Viele Kalorien signalisieren, dass wir einen weiteren Tag überleben werden. Daher die Ausschüttung von Belohnungsbotenstoffen.

Viele Kalorien signalisieren, dass wir einen weiteren Tag überleben werden. Daher die Ausschüttung von Belohnungsbotenstoffen.

Aber industrielle Nahrungsmittel haben das größte Potenzial, uns süchtig zu machen. In ihnen vereinen wir Kombinationen, wie sie in der Natur nicht vorkommen. Fett und Zucker in einer Einheit beispielsweise. So etwas kennt die Natur nicht. Normalerweise enthalten natürliche Nahrungsmittel entweder Fett oder Zucker. Die einzige Frucht, die mir bekannt ist, die beides enthält, ist die exotische Stinkfrucht Durian. Und die enthält wenigstens noch Ballaststoffe. Torte nicht!

Besonders stark auf das Belohnungssystem wirken daher Nahrungsmittel, die sowohl Fett als auch raffinierte Kohlenhydrate enthalten, und das sind meist unsere Lieblingsessen: Eis, Schokolade, Chips, Burger, Pizza, Torte oder Kekse. Die Nahrungsmittel, von denen du dir vornimmst, nur ein kleines bisschen zu essen, und dann ist plötzlich die ganze Packung weg. Daher geht die stärkste, süchtig machende, das Belohnungssystem aktivierende Wirkung von folgenden „Lebens-“Mitteln aus:

Zucker

Fett

Fleisch

Käse

Gluten

Zucker und Fett

Der Konsum von Zucker und Fett, am besten in Kombination, sorgt dafür, dass im Belohnungssystem Serotonin, Dopamin und in der Folge GABA ausgeschüttet werden. Serotonin gilt als der Zufriedenheitsbotenstoff, Dopamin vermittelt „Kick“ und Motivation, GABA verschafft Beruhigung. Nebenbei sorgt der Verzehr von Zucker auch für die Ausschüttung körpereigener Endorphine, Substanzen, die in der Lage sind, körperliche und psychische Schmerzen zu beseitigen. Raffinierter Zucker wird in der Medizin z. B. bei der Blutabnahme bei Kindern angewandt, um ihre Schmerzen zu regulieren.

Und so lernt das Kind dann auch, dass Zucker und fettreiche Nahrungsmittel in der Lage sind, auch emotionale Schmerzen durch Vernachlässigung, Liebesentzug, Bestrafung, Streit und Ähnliches zu lindern. Gleichzeitig lernt es nicht, negativen Emotionen konstruktiv zu begegnen und sie anders zu lösen. Und so greifen wir auch als Erwachsene bei Konflikten immer wieder zu zucker- und fetthaltigen Lebensmitteln. Einige Menschen häufiger als andere, manche jeden Tag.

Details

Seiten
ISBN (eBook)
9783842642249
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2021 (März)
Schlagworte
Ernährung Essverhalten Ratgeber

Autor

  • Silke Rosenbusch (Autor:in)

Die Ärztin Silke Rosenbusch bloggt seit 2009 zum Thema Ernährung. Im Rahmen ihres Studiums traf sie immer wieder auf Patienten, die es nicht schafften, ihre Ernährung umzustellen. Sie fand heraus, dass durch das Essen hochkalorischer Nahrung dieselben Strukturen im Hirn aktiviert werden wie bei Süchten. In der Folge entwickelte sie eine Challenge, die bereits hunderten Menschen geholfen hat, ihr Essverhalten zu ändern.
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Titel: Raus aus der Esslust-Falle