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Prüfung durch die Heimaufsicht

Das Praxishandbuch für die PDL: Grundlagen, Fallbeispiele & Strategien

von Tanja Leinkenjost (Autor:in)
144 Seiten
Reihe: pflege kolleg

Zusammenfassung

Auf den Punkt gebracht:
Schnell: Gut vorbereitet auf die WTG-Prüfung.
Kompetent: Das Was, Wie und Warum der WTG-Prüfung.
Praktisch: Erfahrungen, Tipps & Checklisten.

Was früher mal „Heimgesetz“ hieß, heißt seit 2006 „Wohn- und Teilhabegesetz“ und alle Bundesländer haben inzwischen adaptierte Formen davon in Kraft gesetzt. Zuletzt NRW in 2014. Die wichtigsten Grundlagen sind die Rechte der Bewohner auf
• Betreuung (qualifiziert und individuell)
• Beratung (über Hilfe, Behandlung und Pflege)
• Mitbestimmung (betrifft auch Freizeitgestaltung und Hausordnung sowie Angehörigen- und Bewohnerbeiräte)

nd all das wird jährlich geprüft: unangemeldet – die Prüfberichte werden veröffentlicht und der MDK kann gerufen werden, wenn die Prüfung der Heimaufsicht (auch: WTG-Prüfbehörde) Mängel feststellt. Schlimmstenfalls droht der Entzug der Betriebserlaubnis!

Die Heimaufsicht wird von Pflegeeinrichtungen als massiv kontrollierende Instanz mit wenig Bereitschaft zur Zusammenarbeit erlebt. Dieser praktische Ratgeber baut Ängste ab – und setzt stattdessen auf nützliche Fakten.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


VORWORT

Als ich gefragt wurde, ob ich ein Buch über die Heimaufsicht (und darüber, wie man sich auf die Besuche dieser Behörde vorbereiten kann) schreiben könnte, zögerte ich zunächst. Abgesehen davon, dass ich noch nie die Idee hatte, als Autorin tätig zu sein, stellten sich mir auch (mindestens) zwei Fragen:

1. Ist es möglich, ein Praxishandbuch für die Begehungen durch die Heimaufsicht zu schreiben?

2. Ist es möglich, ein Praxishandbuch zu schreiben, obwohl die Heimaufsichten regional sehr unterschiedlich sind?

Ich erbat mir nach der Anfrage etwas Zeit zum Nachdenken und machte mich schlau. Ich musste feststellen, dass bisher noch niemand zu diesem Thema geschrieben hat. Vielleicht genau wegen der Bedenken, die ich auch hatte? Oder wird die Heimaufsicht weniger ernst genommen als der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK)? Zum Umgang mit dem MDK sind viele Bücher zu finden.

Ein seltsames Phänomen: Die Heimaufsicht ist ein sehr wichtiges Organ für Einrichtungen in der Pflege. Für mich war während meiner aktiven Zeit als Pflegedienstleitung immer klar, dass der MDK eine der wichtigsten Instanzen für die Qualität in der Pflege ist. Doch die Heimaufsicht ist jene Instanz, die einer Einrichtung auch existenziell gefährlich werden kann!

Gefährlich im Sinne von Auflagen, Bußgeldern, Belegungsstopps bis hin zur Schließung. Vielleicht war genau das der Grund, der es meinen Fachkolleginnen so schwierig erscheinen ließ, ein adäquates Praxishandbuch zu schreiben.

Aber ich entschied: Ich mache dieses Buch! Denn ich finde, eine PDL muss wissen, was auf sie zukommen kann. Sie muss ich wissen, worauf sie sich vorbereiten muss und vor allen Dingen braucht sie Strategien, die sie kontinuierlich durch den Prozess führen.

Oder besser gesagt: Sie, liebe Leserin, lieber Leser, brauchen Wissen, Kompetenz und sichere Strategien, damit der Besuch der Heimaufsicht erfolgreich verläuft!

Vorab kurz etwas zu mir und meiner Person: Ich bin seit 1996 in der Pflege. Begonnen habe ich mit der Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin. Viele Jahre arbeitete ich »nur« an der Front, stand also am Bett. Dann arbeitete ich mich in kurzer Zeit von der Wohnbereichsleitung zur Pflegedienstleitung hoch. Die Theorie eignete ich mir in den entsprechenden Weiterbildungen an, doch ich kann und muss sagen: Die Praxis ist davon meilenweit entfernt. Ich denke mal, das kennen Sie auch!

Nach dem Abschluss der PDL-Weiterbildung hatte ich zwar den Schein in der Tasche, doch ich musste lernen, dass ich damit noch lange keine Pflegedienstleitung war. Ich wurde einfach ins kalte Wasser geschmissen und ehe ich mich versah war ich PDL einer krisengebeutelten Einrichtung, die neben schlechten Prüfungen durch den MDK auch bei der Heimaufsicht nicht besonders gut angesehen war.

Kurzum: Es kam ein großer Berg an Arbeit auf mich zu. Es waren lange Tage, viele Konflikte, auch viele Tränen und schlaflose Nächte. 2015 entschied ich mich, die Pflege zu verlassen. Nicht etwa, weil ich den Job nicht mehr mochte. Aber die vielen Jahre der Kämpfe und Konflikte haben mich aufgerieben. Heute bin ich als Qualitäts- und Interimsmanagerin in Pflegeeinrichtungen bundesweit unterwegs und doziere an Schulen und in Einrichtungen zu den verschiedensten Themen der bunten Pflegewelt. Ich habe also meine Liebe für die Pflege nie verloren.

Und ich hoffe, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, diese Liebe und dieses Verständnis für Ihren Beruf spüren, wenn Sie dieses Praxishandbuch lesen.

Hamm, im September 2017

Tanja Leinkenjost

EINLEITUNG

Jeder, der sich entscheidet als Pflegedienstleitung zu arbeiten, muss sich dessen bewusst sein, dass es kein Bürojob ist. Management vom Schreibtisch funktioniert in der Pflege nicht. Auch sind nicht immer acht Stunden Tage an der Tagesordnung. Manchmal haben die Tage auch zehn oder 12 Stunden und selbst an den Wochenenden werden oft noch die Tatkraft und die Anwesenheit einer Pflegedienstleitung verlangt.

Auch sind die Tage nicht immer nur von schönen Ereignissen geprägt. Es kommt zu Konflikten – mit Mitarbeitern, mit Vorgesetzten, mit Bewohnern und auch mit den Angehörigen. Auch der Umgang mit Heimaufsicht und MDK ist nicht immer frei von Störungen. Es gehört Durchhaltevermögen, Hartnäckigkeit und Nachhaltigkeit dazu, diesen Job zu 100 % machen zu können.

Ein dickes Fell gehört dazu. Als Pflegedienstleitung müssen Sie sich frei machen von dem Gedanken, von jedem gemocht zu werden. Einer meiner Kollegen sagte vor vielen Jahren mal zu mir: »Du brauchst hier keine Freunde, die hast du privat. Das hier sind deine Mitarbeiter.« Mir fiel es schwer das einzusehen, doch es ist tatsächlich so.

Mit dem Wechsel in eine Führungsposition verändert sich auch das Verhältnis zu den ehemaligen Kollegen. Sie werden Ihre Mitarbeiter. Sie müssen (oft) Entscheidungen treffen, die nicht jedem gefallen. Ihre Mitarbeiter versuchen (oft), für sich das Beste herauszuholen und sich in einem besseren Licht darzustellen als die anderen. Doch mehr zu diesem Thema in dem Kapitel »Schlüsselrolle PDL«.

Hier möchte ich zuallererst betonen, dass die Heimaufsicht bzw. die Wohn- und Betreuungsaufsicht, einen sehr hohen Stellenwert in Ihrer täglichen Arbeit einnimmt. Gefühlt wird viel für MDK und Heimaufsicht gemacht. Dokumentiert und geschrieben. Absicherung gehört zum Tagesgeschäft.

Die Heimaufsicht wird oft als »böse« und Gegner der Einrichtung empfunden. Doch es ist gar nicht so. Genau das möchte ich Ihnen in den folgenden Kapiteln vermitteln: Verständnis.

Als ich aufhörte, die Heimaufsicht als Gegner zu sehen, gelang es mir, sie sozusagen ganzheitlich in den Blick nehmen: Sie ist durchaus eine prüfende Instanz, aber sie hat auch eine beratende Funktion und das nicht nur für die Bewohner und Angehörigen, sondern auch für Ihre Einrichtung.

1 ZIELE, AUFGABEN UND GESETZLICHE
GRUNDLAGEN

1.1 Die Ziele der Heimaufsicht

In der Regel kennen Sie die Heimaufsicht als Prüfinstanz, die jährlich oder, wenn es gut läuft, alle zwei Jahre zu einer Regelbegehung zu Ihnen ins Haus kommt. Läuft es nicht so gut, gibt es gar häufige oder schwerwiegende Beschwerden, von Angehörigen, Bewohnern oder auch Mitarbeitern der Einrichtung, kommt die Heimaufsicht auch zu anlassbezogenen Überprüfungen.

Die Ziele der Heimaufsicht lassen sich z. B. so zusammenfassen:

»Die Heimaufsicht ist bestrebt, unter anderem

die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen als Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen,

die Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung sowie die Lebensqualität der Bewohner zu wahren und zu fördern,

die Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner zu sichern und zu stärken,

eine dem allgemein anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechende Qualität des Wohnens und der Betreuung zu sichern.«1

So wird es z. B. im Bundesland Sachsen formuliert – und andere Bundesländer formulieren ähnlich. Was aber heißt das praktisch? Zu Beginn meiner Zeit als Pflegedienstleitung hatte ich mehr Fragen als Antworten:

Was möchte die Heimaufsicht eigentlich?

Worauf stützt sie sich?

Wer legt fest, was sein darf und was darf nicht?

Woher haben die Mitarbeiter ihren Handlungsspielraum?

Gehen wir die Fragen der Reihe nach durch:
Die Heimaufsicht möchte für alle Beteiligten, Bewohner und Mitarbeiter, gute Lebens- und Arbeitsumstände. Basierend auf dieser Grundlage ist der Auftrag der Heimaufsicht: Überprüfung der Ordnung, und manchmal auch Strukturierung der Unordnung in Einrichtungen. Neben der reinen Pflege werden strukturelle und organisatorische Gegebenheiten überprüft und auf mutmaßliche Mängel oder Lücken überprüft. Jedoch werden auch die Bezahlung der Mitarbeiter, die Stellenbeschreibungen, Einsatzpläne usw. überprüft. Ausbeutung soll verhindert werden (und das auch zu Recht!).

Die Heimaufsicht stützt sich auf gesetzliche Grundlagen. Da sind das Heimgesetz des Bundes auf der einen Seite und die unterschiedlichen Heimgesetzgebungen der Bundesländer auf der anderen Seite. In den bundeslandunterschiedlichen Gesetzen sind die Vorgaben und Anforderungen an Einrichtungen der Pflege niedergeschrieben. Hier sind Vorgaben zur räumlichen Gestaltung, Leitungspositionen usw. zu finden. Fast alles stützt sich auf gesetzliche Vorgaben und demzufolge gibt es bei Prüfungen wenige Variationsmöglichkeiten. Es gibt z. B. Vorgaben, welche Auflagen eine Einrichtungs- oder Pflegedienstleitung erfüllen muss.

Es wird also von Bundes- bzw. Landesseite genau festgelegt, was sein darf und was nicht sein darf – doch das gilt nicht für alles …

Es gibt nämlich auch Bereiche, die nicht gesetzlich geregelt sind und so eröffnet sich an einigen Stellen ein Handlungsspielraum. Und genau der macht die Prüfungen oft so nervenaufreibend und schwierig. Beispiel Dienstplangestaltung: Hier gibt es meistens große Probleme im Austausch mit der Heimaufsicht. Laut Gesetz ist es z. B. möglich, bis zu 19 Tage am Stück durchzuarbeiten. Was nicht heißen soll, dass diese Form der Arbeit mitarbeiterfreundlich ist! Die unterschiedlichen Heimaufsichten, die ich kennengelernt habe, lassen von sieben bis 12 Tagen Arbeit am Stück alles durchgehen. Da es hier keine Vorgabe gibt, entstehen hier aber auch immer wieder Diskussionen.

Auch im pflegerischen Bereich kann es immer wieder zu Diskussionen kommen. Denn die nationalen Expertenstandards des DNQP (Deutsches Netzwerk für Qualität in der Pflege) liefern in den meisten Fällen Tipps und Ratschläge, die zur Umsetzung angewendet werden können.

Doch der Transfer in die Praxis wird in einigen Bereichen ganz klar der Einrichtung überlassen. Das hat durchaus Vorteile, denn so können Einrichtungen selbst entscheiden, was wie angewandt wird, je nach Anzahl und Qualität der Mitarbeiter vor Ort. Es gibt jedoch auch hier Vorgaben, die sich aus den Expertenstandards ergeben, z. B. ein Sturzprotokoll nach jedem Sturz, das Führen eines Schmerzprotokolls oder einer Wunddokumentation.

Ein Fall aus der Praxis: Diskutieren Sie – aber nur, wenn Sie sich wirklich auskennen

Fazit: Die Heimaufsicht stützt sich zum einen auf Gesetze und zum andern auf Qualitätsrichtlinien, wie z. B. die Nationalen Expertenstandards. Das, was die Heimaufsicht kontrolliert, findet sich in den einzelnen Gesetzen der Bundesländer bzw. des Bundes wieder.

1.2 Die Prüfteams der Heimaufsicht

Im Idealfall setzen sich die Prüfteams der Heimaufsicht aus einer oder mehreren ehemaligen Pflegekräften und Verwaltungskräften zusammen. So entsteht ein gutes Gleichgewicht. Ich habe aber auch schon Prüfteams kennengelernt, die nur aus Verwaltungskräften bestanden, die dann jedoch mit Pflegesachverständigen zusammenarbeiten.

In seltenen Fällen treffen Sie vielleicht auch auf Prüfer, die reine Verwaltungskräfte sind. Das kann sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein. Da das praktische Pflegewissen fehlt, kann die Prüfung mit reinen Sachbearbeitern schwierig werden. Wenn diese zwar die Theorie beherrschen, aber selbst nie in der aktiven Pflege tätig waren, gibt es keine Grundlage für eine fachliche Diskussion. Der Prüfer arbeitet unter Umständen starr nach der reinen Theorie. Wenn Sie Glück haben, erkennt er Sie aber als Profi an und folgt durchaus Ihren Argumenten – so lange er sie nachvollziehen kann.

In der Regel gestalten sich jene Prüfungen am einfachsten, bei denen sowohl Pflegekräfte als auch Sachbearbeiter zugegen sind. Diese Teams teilen sich in der Regel so auf, dass einer den Teil der Organisation und Dienstplanung übernimmt und der andere die Überprüfungen der Pflege- und Ergebnisqualität übernimmt.

Dennoch kann es je nach Prüfer auch zu schwierigeren Situationen kommen und trotz guter Erklärungen und Argumentationen zu negativen Ausgängen kommen. Hier ein Fallbeispiel, in dem sich letztlich der Prüfer durchgesetzt hat.

Ein Fall aus der Praxis: Jedes Medikament braucht ein Namensschild …

Man kann sich über strenge Prüfer aufregen, doch eine Meldung aus Berlin sorgte Ende Juli 2017 für eine Aufregung ganz anderer Art: Unter der Überschrift »Rechnungshof kritisiert Berliner Heimaufsicht als viel zu lasch« stand Folgendes zu lesen: »Überraschungsbesuche von Mitarbeitern der Heimaufsicht, die dem Landesamt für Soziales und Gesundheit untersteht, müssen die Heime nicht fürchten. Denn rund 90 Prozent der Prüfungen, die im Jahr 2015 erfolgten und vom Rechnungshof unter die Lupe genommen wurden, wurden vorher angemeldet, nur zehn Prozent erfolgten demnach ohne vorherigen Hinweis.

Oft wurden die Prüfungen sogar schon Monate vorher angekündigt und den Heimbetreibern dazu auch noch verraten, welche konkreten Schwerpunkte untersucht werden. Einen »ungeschönten Eindruck« der Zustände im Heim könne die Heimaufsicht so schwerlich gewinnen, moniert der Rechnungshof in seinem Bericht 2017.«2

1.3 Die Aufgaben der Heimaufsicht

Die Mitarbeiter der Heimaufsicht haben einen ähnlichen Handlungsspielraum wie die Mitarbeiter des MDKs bei Qualitätsprüfungen. Auch dort gibt es einen Fragenkatalog und es kann mit »ja« oder »nein« bzw. »trifft zu« oder »trifft nicht zu« geantwortet werden. Anhand eines Auswertungsschemas ergibt sich am Schluss die Endnote. So ganz überzeugend ist das System wohl aber auch nicht, denn zumindest das Verfahren zur Qualitätsprüfung und -darstellung für die stationäre Pflege kommt neu. Allerdings wohl erst 2019.3

Die Aufgaben der Heimaufsicht teilen sich in

1. Überprüfung

2. Beratung

Jede Heimaufsicht hat einen Rahmenprüfkatalog oder Prüfleitfaden, an dem sie sich orientiert. Diese Prüfungsunterlagen variieren von Bundesland zu Bundesland. Exemplarisch zeige ich Ihnen hier den Rahmenprüfkatalog aus Nordrhein-Westfalen. Die grundlegenden Prüfkategorien darin sind:

Qualitätsmanagement (Qualitätsziele, Kernprozesse, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung

Personelle Ausstattung, Qualifikation und Fort- und Weiterbildung

Wohnqualität (Bauliche Anforderungen, Wohnen)

Hauswirtschaftliche Versorgung (Speisen- und Getränkeversorgung, Wäscheversorgung, Wäsche- und Hausreinigung)

Gemeinschaftsleben und Alltagsgestaltung

Pflege und soziale Betreuung

Kundeninformation, Beratung, Mitwirkung und Mitbestimmung

Es gibt viele reine Ja/Nein-Antwortmöglichkeiten – und vieles, was nicht unbedingt erklärt wird, zum Beispiel beim Gewaltpräventionskonzept. So wird im Rahmenprüfkatalog NRW gefragt, ob den Beschäftigten das Konzept zur Gewaltprävention bekannt sei und ob sie darin regelmäßig geschult werden. Aber was inhaltlich in einem solchen Konzept wirklich gefordert ist, ergibt sich nicht aus dem Prüfungsunterlagen.

Praxistipp

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Sie sich die Heimaufsicht durchaus zum »Freund« machen sollten. Nutzen Sie den Handlungsspielraum der Heimaufsicht. Es sind oft »nur« Anforderungen aufgelistet, doch wie genau die erfüllt werden müssen/sollen, ist nirgends niedergelegt. Und da das dann oft im Ermessen des einzelnen Heimaufsicht-Mitarbeiters liegt, kann es zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Ergebnissen kommen.

Eine weitere Aufgabe der Heimaufsicht ist die Beratung. So heißt es z. B. bei der Heimaufsicht in Niedersachsen: »Die Heimaufsicht wird nicht nur im Rahmen ihrer Prüfungspflichten und -befugnisse tätig. Das NuWG sieht auch eine Beratung und Information durch die Heimaufsichtsbehörden vor:

Beratung und Information nach § 3 NuWG

Die Heimaufsicht informiert und berät

Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen sowie deren Bewohnervertretung, Bewohnerfürsprecherinnen und Bewohnerfürsprecher über die jeweiligen Rechte und Pflichten

Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, über Heime und andere unterstützende Wohnformen und über die dort jeweils bestehenden Rechte und Pflichten der Beteiligten

Träger von Betreuungsdiensten, die Leistungen der ambulanten Versorgung für Wohngemeinschaften erbringen oder erbringen wollen, über ihre Rechte und Pflichten.

Auch werden Personen und Betreiber, die die Schaffung von Heimen anstreben oder derartige Heime betreiben, bei der Planung und dem Betrieb der Heime beraten.

Beratung nach § 10 NuWG bei festgestellten Mängeln

Diese Form der Beratung erfolgt,

wenn in einem Heim Mängel festgestellt wurden,

wenn nach Erfüllung der Anzeigepflicht gem. § 7 NuWG bereits vor der Aufnahme des Heimbetriebes Mängel festgestellt werden,

um Qualitätsverbesserungen anzuregen.«4

Nach jeder Prüfung gibt es auch einen Prüfbericht. Dieser ist öffentlich einsehbar, sofern die Einrichtung zustimmt. Im Internet lassen sich die Prüfberichte leicht auffinden, denn viele Städte und Gemeinden stellen sie einfach online. Einige Prüfberichte von Einrichtungen aus dem Münchener Stadtgebiet finden Sie z. B. unter https://www.muenchen.de/dienstleistungs-finder/muenchen/10204649/?streetaddress=&query=&wdgmark=true&load=previous.

1.4 Die Heimgesetzgebung der Bundesländer

»Das Heimgesetz umfasste früher sowohl Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Heimrecht (Betriebsanforderungen) als auch zivilrechtliche Regelungen (Rechte der Heimbewohner). Mit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. September 2006 wurde die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes im öffentlich-rechtlichen Heimrecht auf die Bundesländer übertragen. Zwischenzeitlich haben alle Länder eigene Gesetze erlassen. … Das zivilrechtliche Heimrecht ist seit dem 1. Oktober 2009 in einem eigenen Bundesgesetz, dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG), geregelt.«5

Es ist ein wenig verwirrend, wenn man sich die einzelnen Gesetze der Bundesländer anschaut. Die grundlegenden Aussagen sind in allen dieselben und liest man sich jedes einzelne durch, findet man Parallelen. Doch aus einigen sticht auch der ein oder andere Satz heraus. Allerdings brauchen Sie ja in der Regel auch nur das Heimgesetz Ihres Bundeslandes gut zu kennen.

Grundsätzlich finden sich in allen Gesetzen Regeln zur Betriebserlaubnis. Es wird also klar dargelegt, welche Anforderungen ein Betrieb erfüllen muss, um überhaupt öffnen zu dürfen.

Außerdem wird deutlich dargestellt, wie die Dokumentation abzulaufen hat und auch, wie der Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen (FEM) stattzufinden hat.

Alle Landesheimgesetze erläutern auch, wie Prüfungen ablaufen, was passiert, wenn Mängel vorgefunden werden und wann Anordnungen ausgesprochen werden. Das sind Parameter, die in jedem Heimgesetz zu finden sind.

Alle Gesetze enthalten Aussagen über die Heimpersonalverordnung. Es wird bestimmt wie viel Fachpersonal vorzuhalten ist (sog. »Fachkraftquote«).

In jedem Bundesland gibt es die Heimmitwirkungsverordnung, die klar besagt, dass ein Heimbeirat gebildet werden muss (aus den Reihen der Bewohner und deren Angehörigen).

Ebenfalls existiert in jedem Bundesland eine Heimmindestbauverordnung, die Vorgaben zu der Zimmergröße, zu Aufzügen und weiteren baulichen Auflagen macht.

Regelungen über den Heimvertrag wurden mit aufgenommen. Seit Mai 2010 unterliegen alle Heimverträge dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz des Bundes. Das regelt z. B., wie der Träger seine Leistungen gegenüber dem Bewohner erbringt. Aber es geht auch um die Pflichten eines Bewohners.

In den Bundesländern haben die einzelnen Heimgesetze unterschiedliche Namen. Was früher mal »Heimgesetz« hieß, ist seit 2006 ein »Wohn- und Teilhabegesetz« in Nordrhein-Westfalen oder ein »Selbstbestimmungsstärkungsgesetz (in Schleswig-Holstein). Manchmal heißt es auch »Einrichtungsqualitätsgesetz « (in Mecklenburg-Vorpommern). Tabelle 1 gibt eine Übersicht.

Tabelle 1: Titel der Heimgesetze in den Bundesländern

BundeslandName des Heimgesetzes
Baden-WürttembergGesetz für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege Pflegegesetz (WTPG)
BayernGesetz zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG)
BerlinGesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen (Wohnteilhabegesetz – WTG)
BrandenburgGesetz über das Wohnen mit Pflege- und Betreuung des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Pflege- und Betreuungswohngesetz– BbgPBWoG)
BremenGesetz zur Sicherstellung der Rechte von Menschen mit Unterstützungs-, Pflege- und Betreuungsbedarf in unterstützenden Wohnformen (Bremisches Wohn- und Betreuungsgesetz (Brem-WoBeG)
HamburgHamburgisches Gesetz zur Förderung der Wohn- und Betreuungsqualität älterer, behinderter und auf Betreuung angewiesener Menschen (HmbWBG)
HessenHessisches Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP)
Mecklenburg-VorpommernGesetz zur Förderung der Qualität in Einrichtungen für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung sowie zur Stärkung ihrer Selbstbestimmung und Teilhabe (Einrichtungenqualitätsgesetz – EQG M-V)
NiedersachsenNiedersächsisches Gesetz über unterstützende Wohnformen (NuWG)
Nordrhein-WestfalenGesetz zur Weiterentwicklung des Landespflegerechtes und Sicherung einer unterstützenden Infrastruktur für ältere Menschen und deren Angehörige (Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen – APG NR W)
Rheinland-PfalzLandesgesetz zur Weiterentwicklung der Wohnformen und Teilhabe (LWTG)
SaarlandSaarländisches Gesetz zur Sicherung der Wohn-, Betreuungsund Pflegequalität volljähriger Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf und volljähriger Menschen mit Behinderung (Saarländisches Wohn-, Betreuungs- und Pflegequalitätsgesetz – SWBPQG)
SachsenGesetz zur Regelung der Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Freistaat Sachsen (Sächsisches Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz –SächsBeWoG)
Sachsen-AnhaltGesetz über Wohnformen und Teilhabe des Landes Sachsen Anhalt (Wohn- und Teilhabegesetz – WTG LSA)
Schleswig- HolsteinGesetz zur Stärkung von Selbstbestimmung und Schutz von Menschen mit Pflegebedarf oder Behinderung Selbstbestimmungsstärkungsgesetz – SbStG)
ThüringenThüringer Gesetz über betreute Wohnformen und Teilhabe (Thüringer Wohn- und Teilhabgesetz – ThürWTG)

Alle Bundesländer haben inzwischen eine adaptierte Form des Heimgesetzes. Die wichtigsten Inhalte sind die Rechte der Bewohner auf

1. Betreuung (qualifiziert und individuell)

2. Beratung (über Hilfe, Behandlung und Pflege)

3. Mitbestimmung

Seit 2007 müssen die Bundesländer den öffentlich-rechtlichen Teil der Heimgesetzgebung selbst regeln. Dazu gehören:

Fragen zur Genehmigung des Betriebs von Heimen oder anderen Wohnformen für ältere, pflegebedürftige und behinderte Menschen

Fragen zur personellen und baulichen Ausstattung der Einrichtung

Sanktionen bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorschriften

Da nun jedes Bundesland selbst Regelungen erlassen hat, hat sich auch fast jedes Bundesland einen eigenen Namen für diesen ordnungsrechtlichen Teil des Heimgesetzes überlegt, je nach angestrebtem Ziel und der Art der Umsetzung. In Mecklenburg-Vorpommern spricht man etwa vom »Einrichtungenqualitätsgesetz«, in Schleswig-Holstein dagegen vom »Selbstbestimmungsstärkungsgesetz«, Berlin formuliert schlicht »Wohn- und Teilhabegesetz. Tabelle 2 gibt Ihnen einen Überblick:

Tabelle 2: Die Heimgesetze der Bundesländer

Der zweite Teil des Heimgesetzes ist der zivilrechtliche, in dem es um die Rechte der Heimbewohner geht. Dieser Teil ist bundeseinheitlich im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz geregelt (seit 1. Oktober 2009). Die Aufgaben dieses Gesetzes hat der Gesetzgeber so formuliert:

»Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist ein Verbraucherschutzgesetz.

Die Einrichtungsform ist für die Anwendbarkeit des WBVG – im Gegensatz zum Heimgesetz – nicht entscheidend.

Nicht erfasst wird das reine »Service-Wohnen«.

Zu den wichtigsten Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes gehören:

Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf vorvertragliche Informationen in leicht verständlicher Sprache über Leistungen und Entgelte

Schriftlicher Abschluss des Vertrages auf unbestimmte Zeit; Möglichkeit der Befristung, wenn sie den Interessen der Verbraucherin oder des Verbrauchers nicht widerspricht

Hohe Anforderungen an den Umfang des Vertragsinhaltes

Angemessene Entgeltzahlung; Zulässigkeit einer Erhöhung nur unter bestimmten Voraussetzungen

Pflicht zur Vertragsanpassung durch den Unternehmer bei Änderung des Pflege- oder Betreuungsbedarfs; Zulässigkeit von Ausnahmen nur bei gesonderter Vereinbarung

Ordentliches und außerordentliches Kündigungsrecht des Verbrauchers, hingegen eingeschränktes Kündigungsrecht des Unternehmers

Unwirksamkeit von Vereinbarungen, die zum Nachteil der Verbraucherin oder des Verbrauchers von den Regelungen des WBVG abweichen«38

Was ist also beim Bund geblieben? Das zivilrechtliche Heimgesetz.

1.5 Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG)

Das Heimrecht hat zivilrechtliche und ordnungsrechtliche Anteile. Der ordnungsrechtliche Teil liegt – wie eben beschrieben – bei den Bundesländern. Der zivilrechtliche Teil wurde weiterentwickelt und liegt nun im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG). In Kraft trat das Gesetz am

1.Oktober 2009. Seine Ziele:

Verwirklichung des Anspruchs auf Selbstbestimmung

Hilfe zur Selbsthilfe

»Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist ein Verbraucherschutzgesetz. Es findet auf Verträge Anwendung, bei denen die Überlassung von Wohnraum mit der Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen verbunden wird. Vertragspartner sind der Unternehmer, zum Beispiel eine Pflegeeinrichtung, und der Verbraucher, zum Beispiel ein älterer Mensch mit Pflegebedarf. Im Mittelpunkt des Gesetzes stehen Vorschriften über den Abschluss und die Umsetzung eines Wohn- und Betreuungsvertrages (ehemals »Heimvertrag«) mit einem Unternehmer, die die Verbraucher besonders schützen sollen.

Die Einrichtungsform ist für die Anwendbarkeit des WBVG – im Gegensatz zum Heimgesetz – nicht entscheidend. Die Wohn- und Betreuungsverträge können sich sowohl auf Bewohnerinnen und Bewohner herkömmlicher Pflegeeinrichtungen als auch auf neue Wohnformen, etwa dem »Betreuten Wohnen«, beziehen. Es genügt, wenn sich der Unternehmer zum Vorhalten der Pflege- oder Betreuungsleistungen verpflichtet.

Nicht erfasst wird das reine »Service-Wohnen«. Hier geht es ausschließlich um die Erbringung von allgemeinen Unterstützungsleistungen durch den Unternehmer, wie beispielsweise die Vermittlung von Pflege- oder Betreuungsleistungen oder Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung.

Aufgrund einer Übergangsvorschrift findet das WBVG seit dem 1. April 2010 auch auf Verträge Anwendung, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen worden sind.«39

1.6 Prüfungen durch die Heimaufsicht

Es gibt zwei grundsätzliche Prüfungsmöglichkeiten:

1. die anlassbezogene und

2. die Regelbegehung.

Bei anlassbezogenen Prüfungen schaut die Heimaufsicht in der Regel gezielt nach dem Sachverhalt der vorliegenden Beschwerde. Dieses kann zu einer mehrstündigen Überprüfung führen, es kann sich jedoch auch lediglich um eine kleine Stippvisite oder sogar nur einen Anruf handeln. Je nachdem, welcher Anlass vorliegt, wie das Verhältnis zwischen Heimaufsicht und Einrichtung ist und welche Vertrauensbasis herrscht.

In der Regel finden anlassbezogene Prüfungen aufgrund von Beschwerden bei der Heimaufsicht statt. Je nach Schweregrad der Beschwerde entscheiden die Mitarbeiter individuell, in welcher Form die Prüfung ablaufen wird.

Ein Fall aus der Praxis: Mitarbeiterbeschwerde

Ein Mitarbeiter unserer Einrichtung beschwerte sich bei der Heimaufsicht darüber, dass zum einen der Dienstplan unzumutbar wäre und dass zum anderen nicht ausreichend Waschlappen und Handtücher zur Versorgung der Bewohner in der Einrichtung vorhanden wären.

Aufgrund der schriftlich vorliegenden Beschwerde kam eine Mitarbeiterin der Heimaufsicht in unsere Einrichtung. Den Sachverhalt mit der Wäsche konnten wir schnell klären, da wir unsere (ausreichenden) Bestände zeigten und auch unsere wöchentlichen Wäschebestellungen nachweisen konnten.

Die Beschwerde hinsichtlich der Dienstplanung war schwieriger zu behandeln. Nicht weil der Dienstplan unpassend war, sondern weil es hier Auslegungssache war, was »gut besetzt« bedeutete.

Fakt war, dass zu dieser Zeit »Dienstplanchaos« herrschte. Urlaubszeit, Feiertage und dazu die Krankmeldungen – da war etwas Akrobatik angesagt. Dennoch wurden die Dienste immer so abgedeckt, dass die Bewohner eine adäquate, sichere und gute Versorgung erhielten. Was aber nicht hieß, dass dieses auch im Sinne der Heimaufsicht war.

Unabhängig von der Größe des Wohnbereichs forderte die Heimaufsicht damals, dass während des gesamten Dienstes immer eine Pflegefachkraft und ein Pflegehelfer vor Ort zu sein hatte. Grundsätzlich war das nie ein Thema gewesen und wir hatten uns auch daran gehalten. Auf jedem Wohnbereich war immer eine Fachkraft im Dienst. In Ausnahmefällen arbeiteten wir mit einer bereichsübergreifenden Fachaufsicht (was aber mit der Heimaufsicht abgesprochen war).

In dieser Zeit hatten wir allerdings das Problem, das die Dienstplangestaltung aufgrund der massiven Personalausfälle flexibler gehandhabt wurde. Wir arbeiteten bedarfsorientiert.

So gab es zum Beispiel einen Wohnbereich mit nur 14 Bewohnern (Vollbelegung). Zur Zeit der Beschwerde waren auf diesem Wohnbereich jedoch nur elf Betten belegt und es waren sehr »einfache« Bewohner. Von den elf Bewohnern versorgten sich sieben selbst, d. h. sie brauchten zwar Unterstützung im Bereich der Behandlungspflege, konnten jedoch sämtliche pflegerische Verrichtungen selbstständig durchführen, zumindest am Abend.

Ich hatte also entschieden, dass die Besetzung des Wohnbereichs mit einer Pflegefachkraft im Spätdienst ausreichend war. Der Pflegehelfer wurde in einem anderen Bereich eingesetzt, um dort die Pflege zu unterstützen. Das aber missfiel der Heimaufsicht. Sie bemängelte es und bestätigte damit die Beschwerde des Mitarbeiters.

Die Konsequenz dieser anlassbezogenen Prüfung: Wir mussten über einen gewissen Zeitraum unsere Dienstpläne im SOLL und IST zur Heimaufsicht schicken, wo diese kontrolliert wurden.

Je nach Beschwerdegrad und Häufung der Beschwerden können anlassbezogene Prüfungen auch einen ganzen Tag lang dauern. Es steht den Heimaufsicht-Mitarbeitern frei, ob sie sich auf ein bestimmtes Thema beziehen (Grund der Beschwerde) und dieses bei jedem Bewohner überprüfen oder ob sie eine Regelbegehung machen, wobei sie Ihr Augenmerk besonders auf die Beschwerde legen.

Im schlimmsten Fall kann ein negativer Bericht der Heimaufsicht wegen erheblicher Mängel zu einer Schließung der Einrichtung führen. In der Regel werden jedoch zunächst Auflagen gestellt oder es wird ein Belegungsstopp ausgesprochen, sodass die Mängel aufgearbeitet werden können.

Ca. ein bis zwei Wochen nach der Prüfung kommt der Prüfbericht mit den entsprechenden Maßnahmen und dem Hinweis, bis wann diese abzuarbeiten sind.

Die Regelbegehung findet alle ein bis zwei Jahre statt. Je nach Größe der Einrichtung kommt die Heimaufsicht für ein bis zwei Tage. Mal angemeldet, mal unangemeldet. Man munkelt, dass sich die Heimaufsicht jedes Jahr etwas Neues auf die Fahne schreibt, was besonders intensiv geprüft wird. Zum Beispiel ein neuer Expertenstandard oder das Wund- oder Medikamentenmanagement.

Nach meiner Erfahrung ist es jedoch so, dass in der Regel die Versorgung der Risikobewohner und der Menschen mit Demenz geprüft werden. Neben den strukturellen und organisatorischen Prüfungsinhalten (Konzepte, Personal etc.) wird eine frei festgelegte Anzahl an Bewohnern eingehend unter die Lupe genommen.

Das heißt, es wird eine Befragung des Bewohners durchgeführt (sofern das möglich ist) und der gesamte Pflegeprozess inklusive der Dokumentation wird überprüft. Bei den Prüfungen, die ich bisher begleitet habe, war es so, dass mehr Bewohner überprüft wurden, wenn bei einem oder zwei Bewohnern etwas nicht in Ordnung war. Die Heimaufsicht wollte schlicht sicher gehen, ob es sich um einen einzelnen Fehler handelte oder ob es in diesem Prozess ein grundsätzliches Problem in der Einrichtung gibt.

Ich habe Regelprüfungen begleitet, die sich über zehn Stunden hinzogen (ohne Abschlussgespräch) und auch welche, die inklusive des Abschlussgespräches nur fünf Stunden dauerten.

Sie sehen also, dass auch hier alles kann und nichts muss. Sicher ist nur: Je besser die Kooperation mit der Heimaufsicht, je größer das Vertrauen, desto kürzer und angenehmer werden die Prüfungen.

1.7 Fazit

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Heimaufsicht grundsätzlich »nur« gucken will, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Sowohl bei und am Bewohner als auch bei den Mitarbeitern und in der gesamten Einrichtung. Grundlage für die Arbeit der Heimaufsicht sind die Landesvorgaben/-gesetze. Auszug aus dem NRW WTG §1 Absatz 4:

»Die Menschen, die Angebote nach diesem Gesetz nutzen, sollen insbesondere

1. Ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können,

2. In der Wahrnehmung ihrer Selbstverantwortung unterstützt werden,

3. Vor Gefahren für Leib und Seele geschützt werden,

4. In ihrer Privat – und Intimsphäre geschützt sowie in ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität geachtet werden

5. Eine am persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Betreuung erhalten,

6. Umfassend über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe, der Pflege und der Behandlung informiert werden,

7. Wertschätzung erfahren, sich mit anderen Menschen austauschen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben,

8. Ihrer Kultur und Weltanschauung entsprechend leben und ihre Religion ausüben können und

9. In jeder Lebensphase in ihrer unverletzlichen Würde geachtet und am Ende ihres Lebens auch im Sterben respektvoll begleitet werden.

So und so ähnlich finden Sie es auch in den Gesetzen der anderen Bundesländer, ich habe das NRW WTG gewählt, weil es mir am vertrautesten ist.

Wie oben bereits beschrieben, dienen diese Gesetze quasi als Rahmen für eine Prüfung, in dem sich die Mitarbeiter der Heimaufsicht bewegen. Leider fehlt an vielen Stellen ein klares Kriterium und die persönliche Einstellung des Prüfers (gegenüber dem begleitenden Mitarbeiter, der Einrichtung oder sogar gegenüber dem Träger) spielt oftmals eine entscheidende Rolle.

So sind etwa die Vorgaben für die Dienstplangestaltung häufig schwammig formuliert, da es nicht »die« Besetzung geben kann. Eine gute Abdeckung des Dienstplans ist von vielen Faktoren abhängig, u. a. eben auch der aktuellen Klientel auf dem Bereich und der Kompetenz der Mitarbeiter. Denn auch hier gibt es durchaus Unterschiede.

Grundsätzlich zu sagen: »Pro zehn Bewohner muss es eine Pflegekraft geben«, halte ich so pauschal für schwierig. Habe ich eine kleine Hausgemeinschaft mit zwölf Bewohnern, in der noch alle verhältnismäßig körperlich fit sind und die Pflege weitestgehend selbst durchführen, reicht durchaus eine Fachkraft aus. Vielleicht muss der Anteil an Betreuung anders aufgestellt werden. Andersherum halte ich zwei Mitarbeiter bei 18 Bewohnern, von denen die meisten schwer pflegebedürftig sind, für zu wenig.

Leider wird oft nur auf die nackten Zahlen geschaut und den Einrichtungen, insbesondere den Pflegedienstleitungen, zu wenig individueller Handlungsspielraum erlaubt. Auch das reine Bewerten der Pflegegrade gibt nicht immer zwingend Aufschluss über den Bedarf an Pflegekräften. Eine individuelle Abdeckung der Dienste, im Sinne der Bewohner und der Mitarbeiter, sollte der Pflegedienstleitung obliegen.

Wie bereits gesagt, entsteht der Handlungsspielraum der Heimaufsicht zum größten Teil dadurch, dass einen Rahmen gibt, in dem sie sich bewegen darf. Dieser lässt eben auch viel Spielraum, um Sachverhalte auszulegen.

Außerdem erschwert es die Sache sehr, dass nicht alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind. Von den Mitarbeitern in den Pflegeeinrichtungen wird erwartet, dass sie immer aktuell geschult sind – und ich wage die These, dass das nicht für alle Mitarbeiter der Heimaufsicht gleichermaßen gilt.

Tipp

Glauben Sie bitte nicht, dass Ihre Einrichtung mängelfrei ist. Das ist fast unmöglich. Schauen wir einmal in die Statistik (die folgende stammt zwar aus dem Jahr 2003, kann Ihnen aber durchaus noch Impulse geben, in dem einen oder anderen Bereich genauer hinzusehen):

Bei 5.348 Einrichtungen wurden in insgesamt 2.558 Fällen Mängel festgestellt.

Besonders selten wurden Wirtschafts- und Finanzpläne kontrolliert (16 %), besonders häufig dagegen Pflegeplanungen und -dokumentationen (fast 100 %)

Bei anlassbezogenen Prüfungen ging es am häufigsten um Pflegemängel (39 %) und Personalmängel (32 %).

Die häufigsten festgestellten Mängel waren

Mängel an der Pflegedokumentation (74 %)

Personaldefizite (54 %)

Dienstplangestaltung (54 %)40

Zugegeben, die Untersuchung ist alt – aber Hand aufs Herz: Sind Sie sicher, dass Sie in den o.g. Bereichen gut, also mängelfrei, abschneiden würden?


1 Kommunaler Sozialverband (2016). Sachsen Kriterienkatalog zur Prüfung von stationären einrichtungen der eingliederungshilfe nach § 9 des Sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetzes, S. II. Im Internet: https://www.ksv-sachsen.de/altenhilfe/heimaufsicht-s[Zugriff am 17. Juli 2017]

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842689053
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (November)
Schlagworte
Beratung Betreuung Checklisten Management MDK Pflege Pflegemanagement Altenpflege Pflegemanagement & -planung Pflegeplanung

Autor

  • Tanja Leinkenjost (Autor:in)

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Titel: Prüfung durch die Heimaufsicht