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Qualitätsmanagement

Ein praktischer Leitfaden für die ambulante, teil- und vollstationäre Altenpflege

von Johann Weigert (Autor:in)
320 Seiten

Zusammenfassung

Alle reden von Qualität und v. a. von den neuen Ergebnisindikatoren ab 1. Oktober 2019 und von den neuen Qualitätsprüfungen, die verpflichtend werden.
Doch Qualitätsmanagement ist mehr – und es braucht eine solide Basis, z.B. die neutrale ISO 9001:2015. Die Umsetzung der aktuellen Normanforderungen können eine große Hilfe sein.
In der 3. Auflage dieses QM-Klassikers gibt es jetzt das aktuelle Update – zur ISO-Norm und den Qualitätsprüfungen. So können QM-Verantwortliche das System weiter entwickeln und Prozesse nachhaltig steuern.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Vorwort zur 3., vollständig überarbeiteten Auflage

Das zugrundeliegende professionelle Qualitätsverständnis und die internen und externen Themen an ein Qualitätsmanagementsystem prägen weltweit mit der Einführung der International Organization for Standardization (ISO-Normen) im Jahr 1987 mehr als 1,1 Millionen Organisationen. Die Qualitätsnormen nach der ISO mit der Prozess- und Ergebnisorientierung kennzeichnen seit vielen Jahren den nachhaltigen Erfolg von Qualitätsmanagementsystemen. So gab es in der Normenreihe der DIN EN ISO 9000 ff. in den letzten drei Jahrzehnten einige Vorgänger-Normen für Qualitätsmanagementsysteme (im Folgendem kurz QM-System genannt), sodass sich noch heute einige QM-Verantwortliche an die Einführung und Aufrechterhaltung der 20 Elemente nach dem »Modell zur Qualitätssicherung und QM-Darlegung« auf der Grundlage der internationalen DIN EN ISO 9001:1994 gut erinnern können. Grundsätzlich wird jedes Qualitätsmanagement durch ein Prozessmanagement gestaltet, welches sich jetzt auch in den relevanten Begriffen und in der Darlegung der neuen Qualitätsmaßstäbe nach § 113 ff. SGB XI n. F. (Soziale Pflegeversicherung) in der vollstationären Pflege bemerkbar gemacht hat. Die QM-Darlegungen und Qualitätsanforderungen in der Pflege erwarten in der Wahrnehmung, dass sowohl die Erfordernisse als auch die realistischen Erwartungen der Kunden im Sinne einer stärkeren Kundenorientierung durch die Pflegeinrichtung erfüllt werden.

Durch die neuen Qualitätsanforderungen für die Qualität in der stationären Langzeitpflege ist es jetzt die Aufgabe des Managements, die Qualitätspolitik und deren stetige Prozesse zur Dienstleistungserbringung in dem einrichtungsinternen Qualitätsmanagement festzulegen und zu regeln, damit auch die unausgesprochenen Kundenerwartungen erfüllt werden können. Nur so lassen sich die festgelegten Qualitätsziele unter Einbeziehung der branchenspezifischen Qualitätsanforderungen, z. B. auf der Grundlage und Struktur der ISO-Normenreihe und nach den bundesweit gültigen Qualitätsprüfungs-Richtlinien und der »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität« in einer Pflegeeinrichtung bzw. in der ambulanten Pflege, erfolgreich erreichen.

Mit der international anerkannten Normenfamilie und der grundlegend neuen Struktur der ISO 9000:2015 »Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe« als eine Unterstützungsnorm, sind im Verständnis nicht nur Definitionen für normenkonforme QM-Systeme angepasst und verändert worden, sondern es sind auch mit der parallelen Revision der ISO 9000 wichtige Begrifflichkeiten, z. B. der Qualitätsbegriff oder die fortlaufende Verbesserung etc., für die Anwender erläutert worden. In der ISO 9000 (Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe) sind auch die sieben Grundsätze des Qualitätsmanagements inhaltlich verändert und weiterentwickelt worden. Durch die Beschreibung von Begriffen in der ISO 9000 können die festgelegten QM-Anforderungen in der neuen ISO 9001:2015 »Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen« branchenspezifisch in einer Organisation angewendet und implementiert werden. Zur Weiterentwicklung und fortlaufenden Verbesserung eines prozessorientierten Managementsystems kann als konsistentes Paar zur ISO 9001 als weitere Bezugsnorm die ISO 9004:2018 »Qualität einer Organisation – Anleitung zum Erreichen nachhaltigen Erfolgs« zur Unterstützung und zur Selbstbewertung eines QM-Systems durch die QM-Verantwortlichen und Qualitätsmanager herangezogen werden.

Die Revision der ISO 9001 als Qualitätsnorm mit seinen branchenneutralen Anforderungen für QM-Systeme beinhalten mit dem »WAS IST ZU TUN?« eine grundlegende Überarbeitung der ISO 9001:2008 als Zertifizierungsnorm. Die internationale ISO 9001:2015 mit seinen zehn Anwendungsabschnitten für Managementsystem-Normen ist nach einer dreijährigen Übergangszeit durch das »International Accreditation Forum« (IAF) als alleinige Zertifizierungsnorm für QM-Systeme seit dem 15.09.2018 für alle Organisationen verbindlich. In der neuen Grundstruktur zeichnet sich die ISO 9001 im Wesentlichen durch Beibehaltung der Prozessorientierung und durch den durchgängigen PDCA-Zyklus in den Abschnitten aus. In der Zertifizierungsnorm der ISO 9001 lassen sich auch andere ISO 9001-basierte Zertifizierungsmodelle, wie z. B. die Managementanforderungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zum Arbeitsschutz (MAAS-BGW), integrieren.

In diesem Werk wird die gemeinsame und einheitliche »High Level Structure« (HLS) der Anwendungsabschnitte der ISO-Norm 9001 für den Leser mithilfe von Übersichtdarstellungen anwenderfreundlich und verständlich erläutert. Durch die gemeinsame Gliederungsstruktur (HLS) wurde das Verständnis und die Implementierung eines Managementsystems im Kontext der Organisationen für andere Managementsystem-Normen erheblich erleichtert. Kennzeichnend für die neue »High Level Structure« ist die grundlegende Ausrichtung des QM-Systems nach dem PDCA-Zyklus mit den Schritten PLAN, DO, CHECK und ACT der als ein fortwährender Kreislauf auch in der ambulanten, teil- und vollstationären Altenpflege in Anbetracht der neuen gesetzlichen Qualitätsanforderungen eine Gültigkeit hat. Der PDCA-Zyklus ist ein kybernetischer Regelkreis und wird verstanden als eine durchgehende Führungsverantwortung der obersten Leitung im gesamten Wertschöpfungsprozess einer Pflegeeinrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes. Der PDCA-Kreislauf beinhaltet mit der Zuordnung in den Anforderungsteilen eine Ist-Analyse (Plan), Umsetzung (Do), Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen (Check) sowie im vierten Schritt die Anpassung der Maßnahmen (Act) als ein Auftrag zur fortlaufenden Verbesserung. Da die Fehlervermeidung immer besser ist als einen Fehler und einen eingetretenen Schaden zu beseitigen oder durch andere Mittel zu regulieren, dient die Anwendung des PDCA-Zyklus im Sinne der neuen ISO 9001 als eine wichtige Methode in einem Qualitätsmanagement.

Durch die einzelnen Anforderungsteile der ISO 9001 wurde für alle Organisationen, die interne und externe Qualitätsaudits von Managementsystemen planen und durchführen oder ein Auditprogramm steuern müssen, der Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen ebenso neu angepasst. Die Planung und Durchführung von internen und externen Qualitätsaudits oder die Steuerung von Auditprogrammen wurde im Oktober 2018 für die QM-Auditoren und QM-Verantwortlichen in der revidierten ISO 19011:2018 »Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen« dargelegt. Durch den risikobasierten Ansatz in den Anforderungen der ISO 9001 im 6. Normabschnitt »Planung« müssen jetzt auch in der Auditplanung, Auditdurchführung sowie in der Audit-Berichterstattung die Risiken und Chancen zur fortlaufenden Verbesserung miterfasst werden. Auch wenn in der neuen ISO 9001 der risikobasierte Ansatz als vorbeugender Charakter im Anforderungsteil »Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen« eine wichtige Anforderung darstellt, sind Organisationen nicht verpflichtet ein formelles Risikomanagement nach einer bestimmten Norm, z. B. nach der DIN ISO 31000:2018 »Risikomanagement – Leitlinien« als Grundlage für die Zertifizierung eines QM-Systems zu implementieren.

Neben den neuen Qualitätsanforderungen der ISO-Normenreihe hat sich auch dass Berufs- und Selbstverständnis der Pflegefachkräfte in den letzten Jahren deutlich verändert und weiterentwickelt. Mit der Neuausrichtung des Qualitäts- und Prüfsystems sind auch neue Begriffe in der Versorgungslandschaft entstanden, die sowohl methodisch als auch fachlich trennscharf voneinander abzugrenzen sind. Die Rückbesinnung auf die pflegerische Fachlichkeit und die Stärkung des fachlichen Selbstbewusstseins der Pflegefachkräfte kennzeichnen die komplexe Trias: der selbstbestimmten Pflegekunden/Bewohner und deren individuelle Präferenzen – der Pflegenden als eine eigenständige Profession – der internen Unternehmens- und Führungskultur auf der Organisations- bzw. Einrichtungsebene. Die neuen gesetzlichen »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität« in der stationären Pflege spannen den Bogen zu den zentralen Anforderungen eines QM-Systems nach der branchenneutralen ISO-Qualitätsnorm deren Implementierung auf einer Freiwilligkeit beruht. Die neuen Grundlagen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements mit dem Fokus auf die Qualitätsindikatoren (QI) zur Darstellung von Ergebnisqualität und deren vergleichende Messung und Berechnung mit anderen Pflegeeinrichtungen durch die Datenauswertungsstelle (kurz: DAS) und die externen Qualitätsprüfungen sowie die freiwilligen durch die Pflegeeinrichtungen bereit gestellten Informationen bilden den Rahmen für das neue Prüf- und Qualitätssystem in den vollstationären Pflegeeinrichtungen. Durch diese neuen Anforderungen werden die in der Öffentlichkeit umstrittenen »Pflegenoten« in den vollstationären Pflegeeinrichtungen ab dem 01.11.2019 abgelöst.

Die Medizinischen Dienste (MD) und die PKV-Prüfdienste haben z. B. die Aufgaben neben der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und des Grades bei einer Bedürftigkeit eines Menschen u. a. auch die Versorgungsqualität (u. a. die Pflegequalität) in den ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen zu überwachen, persönlich zu untersuchen und zu beurteilen. Durch das MDK-Reformgesetz wird u. a. die deutlichere Trennung zwischen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und den Krankenkassen und deren größere Unabhängigkeit herbeigeführt. Somit wird durch das MDK-Reformgesetz der MDK als Mitglied des Medizinischen Dienstes Bund (MD Bund) zukünftig als Medizinischer Dienst (MD) benannt.

Im Rahmen der Versorgungsqualität ist es für alle Pflegeheime wichtig, sich frühzeitig an die bewohnerbezogenen Versorgungsergebnisse durch einen personenzentrierten Ansatz in der Langzeitpflege auszurichten. In einem personenzentrierten Ansatz stehen die Potenziale und Stärken und vor allen Dingen die individuellen Bedürfnisse und Interessen von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen im Mittelpunkt. Die Qualität in der Langzeitpflege und deren inhaltliche Vergleichbarkeit haben sich durch das neuartige System zur Weiterentwicklung der Qualitätsbeurteilung im Wesentlichen durch das BMG/BMFSFJ-Projekt »Entwicklung der Instrumente und Verfahren für Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI n. F. und die Qualitätsdarstellung nach § 115 Abs. 1a SGB XI n. F. in der stationären Pflege« zu einem indikatorengestützten Ansatz verfestigt (vgl. Wingenfeld et al., 2018a).

Durch wissenschaftliche Erkenntnisse sind erstmalig einzelne Qualitäts- bzw. Ergebnisindikatoren als ein Indikatorenset zu wichtigen zehn Themenbereichen im Rahmen der pflegefachlichen Versorgung sowie zu weiteren sechs Qualitätsbereichen in den neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR vollstationär, 2018) und durch eine neue Darstellungsform der Qualität sowie deren Ergebnisse auch aus Sicht der Verbraucher in den Mittelpunkt gerückt. Die Förderung und »die Erhaltung der Selbstständigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner ist ein wichtiges pflegerisches Ergebnis« (QDVS, Anlage 3, 2019: 4). In den »Maßstäben und Grundsätzen für die Qualität, die Qualitätssicherung und -darstellung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 SGB XI n. F. in der vollstationären Pflege« (nachfolgend kurz: »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität« oder »MuG«) und deren vier Anlagen wird nach den allgemeinen Grundsätzen und Zielen (MuG, 2018a), die Umsetzung des Indikatorenverfahrens (MuG, Anlage 1, 2018b), die Qualitätsindikatoren zur Messung der Ergebnisqualität (MuG, Anlage 2, 2018c), das Erhebungsinstrument (MuG, Anlage 3, 2018d) und das Verfahren zur Datenaufbereitung und -übermittlung sowie die Stichprobenbildung (MuG, Anlage 4, 2018e) näher geregelt. Die statistische Beurteilung der Ergebnisqualität sowie deren vergleichende Messung und die Berechnung auf Bundesebene als auch deren Veröffentlichung und Darstellung der Indikatoren (u.a. für die Verbraucher) wurden in der Qualitätsdarstellungsvereinbarung (QDVS) nach § 115 Abs. 1a SGB XI mit acht Anlagen zu einer gesetzlichen Verbindlichkeit im Elften Buch der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) kodifiziert.

Mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen wird eine neue Zeitepoche durch ein neues Qualitäts- und Prüfsystem für die vollstationären Pflegeeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) ab 01. November 2019 geschaffen. Das zukünftige indikatorengestützte Verfahren ab dem 01. Oktober 2019 in der stationären Pflege bezieht sich auf die Versorgungsergebnisse und bedeutet für über 14.500 Pflegheimbetreiber (vgl. StBA, 2018) eine Abkehr vom bisherigen »alten« Schulnotensystem und bedeutet auch eine Neuorientierung für die vollstationären Pflegeeinrichtungen. Aber, das neue Qualitätsprüfungsverfahren beinhaltet kein zusätzliches Dokumentationserfordernis für die Pflege- und Betreuungskräfte in den Pflegeheimen (vgl. IPW, 2019: 15). Die neuen Anforderungen der externen Qualitätsprüfer der Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen (MDK) und der PKV-Prüfdienste des Verbands der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) beziehen sich in der Zukunft auf die Fragen: »Hätte der Bewohner evtl. einen Pflegeschaden oder ein Pflegerisiko erleiden können?« bzw. »Hat der Bewohner einen Pflegeschaden durch Versorgungsdefizite erlitten?« Durch den Fokus auf die Versorgungsergebnisse und deren Beurteilung i. S. von Ergebnisqualität hat die Frage: »Haben unsere pflegerischen Bemühungen zu einem positiven Ergebnis geführt?« in den Pflegeeinrichtungen einen sehr hohen Stellenwert und Relevanz erhalten.

Damit beginnen nun die vorgeschalteten Prozesse und Maßnahmen zur internen gesteuerten Qualitätssicherung bevor die Prüfgutachter der Medizinischen Dienste bzw. die PKV-Prüfdienste zu einer externen jährlichen Qualitätsprüfung gem. § 114 ff. SGB XI n. F. in die vollstationäre Pflegeeinrichtung kommen. Die Pflegeeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege sind in der gesetzlichen Verpflichtung das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement auf dem Fundament des Verfahrens der »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität« fortwährend zu aktualisieren und die Versorgungsergebnisse von allen Bewohnern in einer Pflegeeinrichtung alle sechs Monate proaktiv, d. h. in eigener Verantwortung zu erheben und zu beurteilen sowie die Ergebnisse der Indikatoren an die unabhängige Datenauswertungsstelle zur Berechnung und zur Veröffentlichung ab 01. Juli 2020 als Datensätze zu übermitteln.

Die bundesgesetzlichen Vorschriften als auch die behördlichen Vorgaben und Vereinbarungen auf Landesebene nach den heimrechtlichen Vorschriften machen es erforderlich, sich mit den veränderten neuen Herausforderungen und mit den daraus resultierenden Konsequenzen für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement auseinanderzusetzen. Bei diesen Neuerungen ist unbestritten, dass die fachlichen neuen Qualitätsanforderungen in der stationären Pflege eine gute interdisziplinäre und professionelle interne Kommunikation sowie eine positive innere Haltung durch die Gesundheitsakteure im Pflege- und Betreuungskontext voraussetzen.

Auch der Aufgabenbereich der Sozialen Betreuung und die Angebote zur Alltagsgestaltung sowie die soziale Teilhabe haben durch die neuen gesetzlichen Anforderungen eine neue Qualität angenommen und stellen sich in den individuellen zielgruppenspezifischen Unterstützungsleistungen zur Förderung und zum Erhalt der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten der Bewohner dar. Die Versorgungsergebnisse und die externe Beurteilung der sechs Qualitätsbereiche mit weiteren Fragen zu unterschiedlichen Qualitätsaspekten werden nach den Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR vollstationär, 2018) durch den Medizinischen Dienst (MD/MDK) bzw. den PKV-Prüfdiensten, neben der statistischen Plausibilitätskontrolle durch die DAS, bewertet. Die Qualitätsindikatoren für die zehn Themenbereiche und die Ergebnisse aus den externen Qualitätsprüfungen sowie die Einrichtungsinformationen werden entsprechend den Qualitätsdarstellungsvereinbarungen (QDVS, 2019 ff.) für die stationäre Pflege durch eine webbasierte Lösung bzw. als ein umfassendes Informationsangebot im Internet für die interessierten Verbraucher und Nutzer veröffentlicht. Allerdings sind die beiden Verfahren (Ergebniserfassung und externe Qualitätsprüfungen) trennscharf voneinander zu betrachten, da die Vorgehensweise und die beabsichtigten Ziele und die Ergebnisse in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Die Qualitätsprüfberichte der Medizinischen Dienste (MD/MDK) bzw. der Privaten Krankenversicherungen (PKV) ohne zusammenfassende Bewertung in Form von Schulnoten dienen gemeinsam mit dem einrichtungsinternen Erhebungsreport und dem Feedbackbericht der Datenauswertungsstelle als wichtige Informationsgrundlage für die Weiterentwicklung des internen Qualitätsmanagements und werden für die QM-Verantwortlichen und Pflegedienstleitungen in der Zukunft zu einem unentbehrlichen Instrument im Rahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung. Zweifelsohne müssen dadurch die grundlegenden Managementprozesse in einer Pflegeeinrichtung als ein fester Bestandteil im einrichtungsinternen Qualitätsmanagement bestimmt und deren Funktionsweisen gut geregelt sein. Gut funktionierende Strukturen, Regelungen von Verantwortungen und Befugnisse sowie ein förderndes Kommunikations-, Wissens- und Risikomanagement auf dem Fundament der neuen Qualitätsanforderungen zeichnen in der Zukunft das individuelle Versorgungsgeschehen und deren positive Effekte in den Pflegeeinrichtungen aus.

Unabhängig von den ISO-Qualitätsnormen richtet sich dieses Werk durch die neuen gesetzlichen Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität in der Pflege, die gar nicht so weit entfernt von den Qualitätsansprüchen der ISO entfernt sind, an die QM-Verantwortlichen, Heim- und Pflegedienstleitungen sowie an die Pflegemitarbeiter als auch an die Mitarbeiter in der Sozialen Betreuung in den ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen. Es versteht sich als eine Unterstützung, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement in einer Pflegeeinrichtung oder in einem ambulanten Pflegedienst im Kontext der relevanten Rechtsvorschriften zu verwirklichen. Dies gelingt am besten, wenn die Wissensbestände und das »Können« (vorhandene Fähigkeiten) einer Pflegeeinrichtung auf breiter Basis ausgerichtet werden und alle beteiligten Akteure in den Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten die Umsetzung von geplanten Veränderungen durch ein »Wollen« gemeinsam im Team planen und in ihrer aktiven Rolle durch ausreichende vorherige Informationen mitgestalten können.

Die Leser erhalten mit diesem Werk eine Vielzahl von Hinweisen und Anleitungen an die Hand, die beim Aufbau und bei der Weiterentwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements unterstützen können, um clever und schnell die neuen Managementanforderungen in einer Pflegeeinrichtung oder in einem ambulanten Pflegedienst umsetzen zu können.

Im ersten Teil werden für den Leser die Basisanforderungen und dass grundlegende professionelle Qualitätsverständnis für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement mit der Fokussierung auf Ergebnisqualität nach dem neuen Qualitäts- und Prüfsystem dargestellt. Die Umsetzungshinweise und Erläuterungen sollen verhelfen, Strukturen und Prozesse durch die wirksame Anwendung eines internen Qualitätsmanagements und die Qualitätssicherung mithilfe verschiedener QM-Methoden weiter voranzutreiben und zu professionalisieren.

Der zweite Teil des Werkes widmet sich der Darlegung, Interpretation und den Ansätzen zur Implementierung der ISO-Anforderungen in den Pflegeeinrichtungen, um ein prozessorientiertes QM-System auf der Basis der ISO 9001 einführen, verwirklichen und aufrechterhalten zu können. Da sich bestimmte Qualitätsanforderungen aus der Zertifizierungsnorm auch in den neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien ableiten lassen, können zur Unterstützung auch bestimmte Anforderungsteile aus der ISO-Qualitätsnorm, z. B. die Durchführung von internen Qualitätsaudits oder die Festlegung von Qualitätszielen, in das bestehende einrichtungsinterne Qualitätsmanagement integriert und als ein Bestandteil berücksichtigt werden.

Die überarbeitete und aktualisierte 3. Auflage mit dem neuen Titel »Qualitätsmanagement« generiert sich mit seinen Themen u. a. neben den beruflichen Kernkompetenzen aus den positiven Erfahrungen und Fachdiskussionen mit vielen Berufskolleginnen und Berufskollegen aus dem Pflegemanagement und des Qualitätsmanagements.

Mein besonderer Dank richtet sich deshalb an meine Kolleginnen und Kollegen Stefanie Banasch, Saskia Ersoy, Sandra Stefanovic, Julian Kühn und Sebastian Timsries für deren fachliche Expertise und pflegefachlichen Diskurs im Themengebiet des Qualitätsmanagements und der internen Qualitätssicherung im zentralen Qualitätsmanagement in den DANA Senioreneinrichtungen.

Für die Erstellung der Grafiken möchte ich mich ganz besonders bei Thomas Riedel-Weigert sowie bei Claudia Flöer und Petra Heyde von der Schlüterschen Verlagsgesellschaft für die redaktionelle Unterstützung bedanken.

Ich wünsche den Lesern viel Erfolg bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen und normativen Qualitätsanforderungen in den ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen und verbinde mit diesem Werk den Anspruch, die fortlaufende Qualitätsentwicklung sowie den personenzentrierten Ansatz in der Altenpflege auch weiterhin im Mittelpunkt zu behalten.

Seelze, im Oktober 2019

Johann Weigert

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Ein neuer »Pflege-TÜV« entsteht … und Verbraucher sollen besser informiert werden!

»Quality exists, when the price is long forgotten.« So wurde Frederick Henry Royce, der Mitbegründer von Rolls Royce, häufig zitiert oder wer kennt nicht den Satz: »Qualität ist, wenn der Kunde wiederkommt, und nicht das Produkt.« Trotz der wirtschaftlich zu beobachtenden Mega- und Großtrends in den vergangenen Jahren und der zunehmenden Deindustrialisierung mag diese Aussage im verarbeitenden Gewerbe sicherlich noch richtig sein. Die Großtrends durch die Globalisierung und die Handelsoffenheit, Digitalisierung (»Arbeit 4.0«), Technisierung und der Wandel von einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft (Tertiarisierung) haben große Auswirkungen und Effekte auf den Kaufentscheid von Produkten und Konsumgütern oder auf die Inanspruchnahme von Dienstleistungen. Der technologische Wandel hat bedeutende Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und auf die Qualifikationsanforderungen der Mitarbeiter die tendenziell eher ansteigen als abnehmen werden. Somit hat sich auch das Bewusstsein größtenteils in der Gesellschaft von den Leistungs- und Qualitätsanforderungen in der Pflegewirtschaft geschärft, wie z. B. eine qualitativ angemessene und gute pflegerische Versorgungsqualität bei bestehenden knappen Ressourcen gestaltet und organisiert sein müssen.

Wie sieht es im Dienstleistungsbereich und insbesondere in der »Pflege, Betreuung und der personenbezogenen Versorgungssituation« im Verständnis aus, wenn man den Begriff von »Qualität« der interprofessionell stark verzweigt ist, näher fassen möchte? Die Determinanten der Qualität in der Pflege und die Qualitätsanforderungen sind stark mit vielen interdisziplinären Wissenschaftsfeldern verschränkt bzw. mit vielen komplexen Fragestellungen verlinkt und lassen sich keinesfalls auf die Einhaltung von QM-Verfahrensanweisungen oder auf ein »Gut-umsorgt-Werden« reduzieren. Durch die gesetzliche Präzisierung der Qualitätsanforderungen sind alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen sowie die ambulanten Pflegedienste gem. § 72 SGB XI durch den Abschluss eines Versorgungsauftrages (u. a. § 84 Abs. 4 SGB XI) zur Sicherung einer qualitativ ausreichenden Versorgung der Bewohner und Pflegekunden verpflichtet. Durch den Versorgungsvertrag besteht neben der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Auftrag und die Verpflichtung, die Zulassungsvoraussetzungen (§ 71 SGB XI; § 10 WTPG) zu erfüllen und eine intern gestützte Qualitätssicherung durch die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements gem. § 113 SGB XI n. F. unter der Anwendung der nationalen Expertenstandards (§ 113a SGB XI n. F.) zu implementieren.

Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) berichtete neben den Qualitätsdefiziten in der Prozessqualität über eine unzureichende Versorgungssituation und fachliche Defizite insbesondere in den Bereichen der Dekubitusprophylaxe, Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung, Inkontinenzversorgung und im Rahmen der Versorgung von Personen mit gerontopsychiatrischen Beeinträchtigungen (vgl. MDS, 2007: 17 f.).

1.1Vorzeichen für einen neuen »Pflege-TÜV«

Durch die skandalisierten Reportagen in der Öffentlichkeit und Zusammenfassungen sowie schlechte Schlagzeilen, z. B. mit dem Titel und der Überschrift »Alptraum Pflegeheim« – Für die Bewohner blanker Horror«»Tausende Schwerkranke werden unzureichend behandelt und versorgt« (Bildzeitung vom 31.08.2007) in den unterschiedlichen Medien sowie in den Darstellungen des 2. Berichts der Medizinischen Dienste der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V. (MDS) nach dem § 118 Abs. 4 SGB XI im August 2007 über die Ergebnisse von durchgeführten Qualitätsprüfungen, war der Gesetzgeber in die Pflicht genommen mit dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (PfWG, 2008) zu reagieren (vgl. Büscher; Wingenfeld und Igl, 2018: 40 ff.). Vor diesem Hintergrund haben das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) bereits im Jahr 2008 einen Projektauftrag mit dem Arbeitstitel »Entwicklung und Erprobung von Instrumenten zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe« vergeben. Das Projekt (2008–2010) wurde durch das Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld (IPW, Projektleitung Prof. Dr. Klaus Wingenfeld et al.) und dem Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH (ISG, Projektleitung Dr. Dietrich Engels et al.) durchgeführt, dessen Ergebnisse im Jahr 2011 in einem umfassenden Abschlussbericht vorgestellt wurden (vgl. BMG; BMFSFJ, 2011). Mit dem PfWG wurden die externen jährlichen Qualitätsprüfungen und die Veröffentlichung von einigen Teilen der Prüfergebnisse im Rahmen der Pflege-Transparenzvereinbarungen nach den Pflege-Transparenzkriterien für alle Pflegeheimbetreiber (PTVS) und für die ambulanten Pflegedienste (PTVA) durch eine »Schulnote« als »Zwischenlösung«, also »vorläufig«, bis gesicherte Erkenntnisse über Indikatoren der Ergebnisqualität vorliegen, im Jahr 2009 gesetzlich verankert.

Mit der Einführung der viel gescholtenen Pflegenoten ab dem Jahr 2009 sollten die unterschiedlichen Pflegeangebote für die Bevölkerung verdeutlicht werden, um einen Überblick über eine »gute oder schlechte Qualität« in der stationären und ambulanten Versorgung zu erhalten. In der Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff ist in der öffentlichen Wahrnehmung berechtigt oft zu hören: »Ich will, dass es meinem pflegebedürftigen Angehörigen in dem Pflegeheim gut geht.« Seit knapp zehn Jahren wird von einem Versagen der Pflegenoten und der Bewertungssystematik gesprochen sowie eine bessere Erfassung und Darstellung von Ergebnisqualität von unterschiedlichen Träger- und Pflegeverbänden eingefordert.

Im Jahr 2012 wurden mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) die Einführung eines Indikatorenansatzes und neue Konzepte zur Durchführung von Qualitätsprüfungen sowie eine neue Qualitätsdarstellung gesetzlich mitgetragen. Mit dem Zweiten Pflege-Stärkungsgesetz (PSG II) vom 21.12.2015 wurden die verbindlichen Vorgaben zur Entwicklung einer neuen Bewertungssystematik und weitere Maß gaben verbindlich festgelegt und der Entwicklungsauftrag an die Geschäftsstelle des Qualitätsausschuss Pflege übertragen (vgl. IPW, 2019: 6 f.). Ziel war es, ein neues System zur öffentlichen Darstellung der externen Qualitätsprüfungen für die stationäre Pflege zu schaffen und Indikatoren zur vergleichenden Messung von Ergebnisqualität sowie eine neue Qualitätsdarstellungsform zu entwickeln und bundesweit voranzutreiben und gesetzlich zu verankern. Auch sollte durch ein neues Qualitäts- und Prüfsystem sowie durch eine Neukonzeption die Messung und die Qualitätsdarstellung von Ergebnisqualität in einem neuen Qualitätsbericht, durch die Abschaffung der Transparenzberichte und der Ausfüllanleitung (vollstationäre Pflege) mit den Anhaltspunkten zur Ergebnisqualität, als Ausdruck einer individuellen bedarfs- und bedürfnisgerechten Versorgungsqualität in den vollstationären Pflegeeinrichtungen (§ 43 SGB XI) ermöglicht werden.

Dieser Projektauftrag wurde im Jahr 2017 an das Institut für Pflegewissenschaften der Universität Bielefeld (IPW; Prof. Dr. Klaus Wingenfeld) sowie an das Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH (aQua) erteilt und pilotiert. In dem Abschlussbericht mit dem Projektnamen »Entwicklung der Instrumente und Verfahren für Qualitätsprüfungen nach §§ 114 ff. SGB XI und die Qualitätsdarstellung nach § 115 Abs. 1a SGB XI in der stationären Pflege« wurden die Projektergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt (vgl. Abschlussbericht, Wingenfeld et al., 2018a). Der Projektauftrag umfasste auch eine Revision der externen jährlichen Qualitätsprüfungen im Rahmen des SGB XI sowie eine Neugestaltung der einrichtungsbezogenen öffentlichen Qualitätsberichte (vgl. Wingenfeld et al., 2018b). Folgernd sind im Ergebnis die neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) mit neun Anlagen zur Beurteilung der personenbezogenen Versorgung (QPR, Prüfbogen A, 2018) und zur Beurteilung der Einrichtungsebene (QPR, Prüfbogen B, 2018) als auch die Plausibilitätskontrolle (QPR, Prüfbogen C, 2018) der Qualitätsindikatoren vor Ort und die Sichtung des Erhebungsreports der Pflegeeinrichtung sowie weitere Anlagen zur Umsetzung von Qualitätsprüfungen mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) im November 2018 gesetzlich verabschiedet, die jetzt für alle zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege verbindlich geworden sind. Die neuen QPR werden zu einer verbindlichen Prüfgrundlage für die Medizinischen Dienste bzw. die PKV-Prüfdienste für die externen Qualitätsprüfungen und für die Untersuchung von Versorgungsqualität ab dem 01. November 2019 in den vollstationären Pflegeeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege.

Dies waren wichtige Voraussetzungen, da das Zustandekommen der Pflegenoten schon seit Jahren in vielen Fachkreisen in der Öffentlichkeit bemängelt und kritisiert wurden, sodass die Abkehr der Pflegenoten dringend geboten war. Auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn konsentiert: »Ein TÜV, bei dem heute fast jedes Heim ein ›sehr gut‹ bekommt, verdient seinen Namen nicht. Das werden wir ändern.« (Vincentz Network, 2018). Der Gesetzgeber hat mit dem Zweiten Pflegstärkungsgesetz zum Jahresende 2018 den Umfang für die »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität in der vollstationären Pflege« für alle Träger von vollstationären Pflegeeinrichtungen veröffentlicht. Mit den Maßstäben und Grundsätzen für die Qualität gem. § 113 SGB XI n. F. (vom 23.11.2018) und den neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR vollstationär vom 17.12.2018) wird ab 01. November 2019 für alle stationären Pflegeeinrichtungen ein umfassendes gesetzliches Regelwerk geschaffen, welches für alle Träger von Pflegeeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege verbindlich ist. Durch die neuen QPR für die vollstationären Pflegeeinrichtungen und durch die »MuG« als auch durch die QDVS tritt die Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) mit seinen Transparenzkriterien in der letzten Fassung vom 11. August 2016 endgültig zum 31. Oktober 2019 außer Kraft. Die neuen Prüfverfahren (Qualitätsprüfungen, Plausibilitätskontrollen des Erhebungsreports und Erhebung von Versorgungsdaten) sowie deren Darstellungsformen sind nicht miteinander vergleichbar. Gerne und allzu oft wurde in der Vergangenheit immer wieder im Zusammenhang mit dem »Schulnotensystem« und dem »Pflege-TÜV« angeführt, dass eine schlechte Versorgungsqualität z. B. im Qualitätsbereich 1 »Pflege und medizinische Versorgung« mit dem Transparenzkriterium »Wird der Speiseplan in gut lesbarer Form eines Wochenplanes bekannt gegeben?« durch eine bessere Einzelbenotung in diesem Qualitätsbereich eine schlechte Versorgungssituation im Gesamtergebnis ausgeglichen werden konnte. Ein häufiges Vorurteil gegenüber dem vorherigen »Pflege-TÜV« und der »alten« Bewertungssystematik mit den Ausfüllanleitungen zu den Pflege-Transparenzkriterien für die vollstationären Pflegeeinrichtungen (PTVS) waren auch die mangelnde Transparenz und die verfehlte Aussagekraft aus der Verbrauchersicht sowie die fehlende wissenschaftliche Auseinandersetzung und Evidenz.

Zum Verbraucherschutz können bspw. andere europäische Länder wie z. B. die Niederlande mit dem staatlichen Zorginstituut bereits seit dem Jahr 2014 im Vergleich zu Deutschland aufzeigen, wie die Patientenorganisation als eine wichtige Stimme, in der Festlegung der Messung von Qualität in der Pflege durch einen Qualitätsrahmen »Kwaliteitskader Verpleeghuiszorg« (Transparenzkalender) aussehen und mit welchen Messinstrumenten die Versorgungsqualität und die Patientenzufriedenheit gemessen werden kann (vgl. Delnoij, 2017: 7).

Trotz der kritischen Stimmen und der häufig vorschnellen Vorurteilsbildung und Übergeneralisierung über die althergebrachten »Pflegenoten« sowie deren Darstellung nach den Transparenzkriterien, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich neben der Wahrnehmung des subjektiven Gesundheitszustandes und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität gleichfalls in den letzten Jahren das erfolgreiche Alter(n) in unserer Gesellschaft in einem Wandel befindet und sich durch die Betrachtung verschiedener Qualitätsansprüche und -aspekte neu verorten muss. Damit sind nicht nur die demografischen Veränderungen und der soziale Wandel sowie deren Bestimmungsmerkmale oder die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur und der Anstieg der ferneren Lebenserwartung, wie die Zahlen der Bevölkerungsvorausberechnungen dies bis 2060 vorhersagen, gemeint (vgl. StBA, 2015). »Als fernere Lebenserwartung werden die Lebensjahre bezeichnet, die unter den gegenwärtigen Sterblichkeitsverhältnissen ab einem bestimmten Alter noch zu erwarten sind« (RKI, 2015: 22).

Gegenwärtig ist die Zunahme von altersassoziierten Erkrankungen sowie deren individuelle und optimale flächendeckende Versorgung in einer segmentierten Versorgungslandschaft, z. B. im ländlichen Raum auch wichtige externe Themen, die in öffentlichen Diskussionen, neben den Pflegenoten, immer wieder angesprochen werden. Durch den Versorgungsanspruch in einem sektorenübergreifenden Versorgungsmanagement hat die Inanspruchnahme von qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen zugenommen, mit dem Anliegen eine Über-, Unter- oder Fehlversorgung zu vermeiden. Durch die absehbar ansteigende Anzahl der pflegebedürftigen älteren Menschen muss aus Versorgungssicht an oberster Stelle ein flächendeckendes Versorgungsangebot bei Pflegebedürftigkeit durch politische Entscheidungen in der Versorgungslandschaft unterstützt und verankert werden. Ein Qualitätsmanagement und die intern gestützte Qualitätssicherung kann nur durch eine gute Versorgungsstruktur und durch das Vorhandensein von qualifizierten und gesunden Pflegefachkräften realisiert werden, um eine Versorgungskontinuität dauerhaft sicherzustellen.

Verschiedene kombinierte Studien (Quer- und Längsschnittuntersuchungen) und Datensätze, wie z. B. des Deutschen Alterssurveys (DEAS), dem Deutschen Gesundheitssurveys des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA), die Generali Altersstudie 2017 (GAS) oder die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) können aufzeigen, in welcher Art und Weise sich die Bedürfnislagen und die Qualitätsansprüche als auch die Erwartungen an externe Anbieter (Dienstleister) mit zunehmendem Alter bei guter funktionaler Gesundheit verändert haben. Diese Veränderungen erwarten insbesondere von den Pflegeeinrichtungen ein Umdenken in einem generalistisch ausgerichteten Team als auch einen Perspektivenwechsel durch die Neuordnung des internen Qualitätsmanagements. Die Güte und Qualität der Pflege definiert sich in den stationären Pflegeeinrichtungen nicht mehr nur an dem Anspruch »Umsorgtzu-Sein«, sondern sie bemisst sich an den individuellen Bedürfnis- und Lebenslagen sowie den persönlichen Interessen im biografischen Kontext mit der Fokussierung einer guten Ergebnisqualität sowie der Beachtung der Selbstbestimmung und der Wahrung als auch dem Schutz von Persönlichkeitsrechten des Menschen.

Um die Wirklichkeit und die Qualität sowie die Transparenz in der Pflege besser abzubilden sind in den vollstationären Pflegeeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege die Pflegenoten durch eine neue Prüf- und Bewertungssystematik sowie durch drei neue Darstellungsformen ab 01. November 2019 als herkömmlicher »Pflege-TÜV« passé geworden (vgl. Wingenfeld, 2018c). Dadurch, dass die Ergebnisse von Qualitätsbewertungen in der Zukunft nicht mehr in Bereichs- oder Gesamtbewertungen zusammengefasst werden, sind in der deutschen Pflegelandschaft die Pflegenoten zugunsten von vier Qualitätsabstufungen im Rahmen der externen Qualitätsprüfungen durch die Medizinischen Dienste bzw. PKV-Prüfdienste verschwunden. Das herkömmliche Qualitätsprüfungsverfahren und die damit verbundenen Transparenzkriterien waren nach Auffassungen einiger Pflegewissenschaftler zu wenig pflege wissenschaftlich und die Auflistung der »alten« prüfrelevanten Qualitätskriterien haben ebenso wenig die wissenschaftlichen grundsätzlichen drei Hauptgütekriterien der Validität (ist losgelöst von der untersuchenden Person), Reliabilität (Exaktheit der Erfassung von Merkmalen) und Objektivität (Ergebnis kann durch die Person nicht beeinflusst werden) entsprochen. Neben der inhaltlichen Funktionstüchtigkeit (Validität) wird als Reliabilität die Zuverlässigkeit und Genauigkeit einer Messung oder Methode bezeichnet. Im Rahmen der Validität muss die Frage beantwortet werden: Kann die Methode oder das Verfahren das messen, was beabsichtigt ist?

In Deutschland haben bislang zur vergleichenden Messung von Ergebnisqualität keine pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verfügung gestanden. Nach Prof. Dr. Klaus Wingenfeld bestand im »alten System« der externen Qualitätsprüfungen durch den MDK bzw. durch die PKV-Prüfdienste der Qualitätsmangel darin, »dass weniger die tatsächliche Versorgung geprüft wurde, sondern eher der Nachweis der Versorgung in der Dokumentation« (Wingenfeld, 2018c). Durch die fehlende wissenschaftliche Evidenz der »alten« Qualitätskriterien wurde für viele Pflegeeinrichtungen und auch im bundesweiten Vergleich nach der Pflege-Transparenzvereinbarung (PTVA bzw. PTVS) fast immer die »Pflegenote 1« vor dem Komma als Bestnoten von der DatenClearingStelle (DCS) mathematisch errechnet und veröffentlicht. Die zukünftigen Aufgaben der DCS, z. B. die Veröffentlichung der Transparenzberichte (ambulante Pflege), der MDK-Prüfergebnisse und die Indikatorenergebnisse in den vollstationären Pflegeeinrichtungen als auch die Übermittlung der Prüfergebnisse an die entsprechenden Veröffentlichungsplattformen (Webportale) nach Prüfung und Freigabe durch die Landesverbände der Pflegekassen, bleiben nach den bisherigen Informationen auch durch die zukünftigen neuen Aufgaben der unabhängigen DAS, davon unberührt. Auch die Bundesregierung konsentiert in dem 6. Bericht über die Entwicklung der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI), dass die veröffentlichenden Bereichs- und Gesamtnoten keine differenzierte Qualitätsdarstellung ermöglichen und zu wenige Informationen über die tatsächliche Ergebnisqualität der Einrichtungen ermöglichen (vgl. BMG, 2016: 106 f.). Die Pflege-Transparenzvereinbarungen und die QPR für die stationären Pflegeeinrichtungen waren bis 31. Oktober 2019 die Grundlagen für alle externen Qualitätsprüfungen für die stationären Pflegeeinrichtungen.

Die öffentlich zugänglichen Daten zu den Pflegenoten konnten im Internetportal, z. B. dem Pflegelotsen (www.pflegelotse.de) oder dem AOK-Pflege-Navigator (www.pflegenavigator.de) entnommen werden und wurden bspw. in der vollstationären Pflege in fünf Qualitätsbereiche untergliedert:

Pflege und medizinische Versorgung

Umgang mit demenzkranken Bewohnern

Betreuung und Alltagsgestaltung

Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene

Befragung der Bewohner (Kein Einfluss auf die Gesamtnote)

Auch wenn die Pflegenoten für die vollstationären Pflegeeinrichtungen ab dem 01. November 2019 abgeschafft werden, bleiben die regelmäßigen externen jährlichen Qualitätsprüfungen nach § 114 Abs. 1 SGB XI n. F. im Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen mit dem neuem Qualitäts- und Prüfsystem grundsätzlich bestehen. Auch in der ambulanten Pflege erfolgen weiterhin die jährlichen Qualitätsprüfungen nach den Transparenzvereinbarungen und -kriterien gem. § 114 Abs. 1 SGB XI und der Qualitätsprüfungs-Richtlinie häusliche Krankenpflege (QPR-HKP) nach dem SGB V (Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung) mit Anlagen bzw. die Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) nach den SGB XI (Soziale Pflegeversicherung) durch die Medizinischen Dienste bzw. PKV-Prüfdienste. Neben der Neuorientierung in den vollstationären Pflegeeinrichtungen wird mit Blickrichtung in die Zukunft eine analoge Anpassung der externen Qualitätsprüfungen für die ambulanten Leistungserbringer die Qualitätsprüfungs-Richtlinien mit den Pflege-Transparenzvereinbarungen (PTVA) durch eine Pilotierung bereits politisch diskutiert und eine neue QPR für die ambulante Pflege ab dem Jahr 2020 angestrebt. Da jeder Investor und Pflegeheimbetreiber trotz der demografischen Alterung und des sozialen Wandels auch von den Empfehlungen unterschiedlicher Multiplikatoren (z. B. Krankenhäuser, Hausärzte, Angehörige, Betreuer, Beratungsstellen, Pflegestützpunkte u.v.m.) und von einer guten wohnortnahen Marktpositionierung und einer guten Versorgungsqualität lebt, ist heute ein systematisches Empfehlungsmarketing (Image der Pflegeeinrichtung) durch optimale Qualitäts- und Versorgungsergebnisse als auch der »gute Ruf« sowie der persönliche Eindruck von unschätzbaren Marktwert.

Wichtig Im Mittelpunkt: Personenzentrierter Ansatz

Gute Versorgungsergebnisse können in der Verantwortung der Pflegeeinrichtung gut gelingen, wenn die Beantwortung der Frage: »Wie geht es dem Bewohner?« durch einen personenzentrierten Ansatz im Mittelpunkt des Versorgungsgeschehens stehen.

Mit dem Begriff der zukünftigen Versorgungsergebnisse und deren Messung werden in einer halbjährlichen Verlaufsbetrachtung (Zeitpunkt 1 – Veränderung – Zeitpunkt 2) ab der Bekanntgabe der einrichtungsindividuellen Stichtage (01.07.2020) die unterstützenden pflegerischen Maßnahmen als »personelle Hilfe« bei allen Bewohnern (mit definierten Ausschlussgründen z. B. bei Kurzzeit- oder Verhinderungspflege) als Grundgesamtheit in der Pflegeeinrichtung als ein wichtiges pflegerisches Ergebnis bezeichnend. Die Erhebung und Auswertung der Versorgungsergebnisse versteht sich als eine Grundgesamtheit (alle Bewohner mit definierten Merkmalen) im Gegensatz zu einer Stichprobe hinsichtlich von ausgewählten Merkmalen (Indikatoren). Unter einer Grundgesamtheit versteht man die Gesamtmenge aller Beobachtungseinheiten, über die Aussagen getroffen werden sollen (vgl. Bortz; Döring, 2006: 394). Eine Stichprobe ist im Gegensatz zu einer Grundgesamtheit (Totalerhebung) eine (kleine) Auswahl von Merkmalen oder Elementen der Grundgesamtheit. Die zukünftige und bewusste Frage lautet in der Zukunft für jeden einzelnen Bewohner als »Merkmalsträger«: »Was hat die Pflege durch die professionell Pflegenden bei dem Bewohner in dem festgelegten Zeitverlauf bewirkt?« Und: »Sind erwünschte oder unerwünschte Ereignisse in den Versorgungsergebnissen bei den Bewohnern aktuell aufgetreten?«

Durch diese Fragestellungen steht der personenzentrierte Ansatz mit der Frage: »Wie hat sich die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten bzw. die Selbstständigkeit und die Fähigkeiten eines pflegebedürftigen Bewohners im Verlauf entwickelt?« im Mittelpunkt. Mit dem Vorliegen des neuen Qualitäts- und Prüfsystems wurde nach Auffassung einiger Branchenexperten oft darüber debattiert, dass die Indikatoren zur Messung der Ergebnisqualität »überwiegend einem pflegefachlichen, medizinisch-naturwissenschaftlichen und ökonomischen Ansatz« verfolgen und »dass sie nicht den gesamten Prozess der Versorgung und Betreuung umfassen« (Hasseler; Stemmer, 2018: 24). Die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Martina Hasseler warnte durch den strukturellen Fachkräftemangel davor, dass die Indikatoren einen unnötigen Druck auf die Pflegekräfte ausüben könnten und dass die Einrichtungen die Bewohner nach negativen Risiken selektieren und diese dann evtl. nicht mehr aufnehmen werden (vgl. Hasseler, 2018). So wirkte u. a. auch Prof. Dr. Martina Hasseler von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfsburg (seit 4/2019) als Kooperationspartner an der Studie »Modellhafte Pilotierung von Indikatoren in der stationären Pflege« (MoPIP) mit. Im Auftrag der Vertragsparteien nach § 113 SGB XI umfasste diese Studie die 15 gesundheitsbezogenen Indikatoren aus dem von Wingenfeld et al. (2011) entwickelten Indikatorenset »hinsichtlich ihrer Eignung und Reichweite für den Einsatz in einem bundesweit einheitlichen, indikatorengestützten Verfahren zur vergleichenden Messung und Darstellung von Ergebnisqualität« zu analysieren (UBC, 2017: II).

Zur ersten Ergebniserfassung nach dem Indikatorenmodell ist der Zeitaufwand in dem festgelegten Erhebungszeitraum von 14 Tagen für die vergangenen sechs Monate durch die Verantwortlichen und dem Management einer Pflegeeinrichtung im Blick zu behalten und zukünftig in der Jahresplanung, z. B. bei Feste und Feiern oder in der Urlaubsplanung der Bezugspflegefachkräfte sowie von der verantwortlichen Pflegefachkraft gut zu organisieren und zu planen. Auch ist die Wissensvermittlung über die Kriterien der Begutachtungsmodule und Abstufungen der Selbstständigkeit und der Fähigkeiten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit eines Bewohners nach dem Pflegeversicherungsgesetz im Kontext des neuen Qualitätsindikatorenset (QIs) zur proaktiven stichtagsbezogenen Erhebung und Berechnung von Ergebnisqualität durch die DAS bei den Bezugspflegemitarbeiter in der stationären Pflege von größter Bedeutung. Deshalb ist für die reibungslose halbjährliche Erhebung der Versorgungsergebnisse in dem festgelegten Erhebungszeitraum wichtig, dass die Bezugspflegefachkräfte, die später in die Erhebung der Indikatoren einbezogen werden, durch ein frühzeitiges Coaching und durch Schulungen oder durch kollegiale Fallberatungen durch die verantwortliche Pflegefachkraft bzw. durch die QM-Verantwortlichen in der Pflegeeinrichtung vorher informiert und zur stichtagsbezogenen Erhebung der Versorgungsergebnisse sowie zu den Begutachtungs-Richtlinien (BRi) trainiert und angeleitet werden. Einige Trägerverbände wie z. B. der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW) bieten für ihre Mitgliedseinrichtungen entspre chende Schulungen zum Thema des Begutachtungsassessments als auch entsprechende Arbeitshilfen mit Softwareunterstützung zur Einstufung der Pflegegrade an, damit die Pflegemitarbeiter in der stationären und ambulanten Pflege sich mit den Bewertungskriterien und Inhalten vertraut machen können (vgl. bpa, 2016). Auch wenn ein umfassendes Wissensmanagement und der Umgang mit Wissen in der Qualitätsnorm nicht unmittelbar angesprochen werden, so wurden erstmalig die Anforderungen für das »Wissen einer Organisation« in der ISO 9001 festgelegt.

Im Zuge der stichtagsbezogenen Erhebung der Versorgungsdaten (synonym: Erhebungsindikatoren) ist es grundlegend wichtig, dass sich die Bezugspflegemitarbeiter mit der Systematik des Begutachtungsinstruments (BI) auseinandersetzen und sich mit dem neuen Prüfverfahren nach den Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR vollstationär, 2018) vertraut machen. Für die Schulungen zur Erhebung von Indikatoren bezogenen Versorgungsdaten können die zugelassenen Pflegeinrichtungen im Jahr 2019 einen einmaligen Förderbetrag in Höhe von 1000 Euro aus den Mitteln des Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung erhalten (vgl. § 114 Abs. 3 SGB XI n. F.).

Die Qualitätsdiskussionen und politischen Debatten über die Messung von Ergebnisqualität sind durch den 360-Grad Blick auf die Kernprozesse in der Pflege in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt, nach dem Motto: »Gute Qualität zu einem annehmbaren Preis.« Dennoch ist festzuhalten, »dass Qualitätsdefizite im Bereich von Strukturen, Prozessen und Ergebnissen in der Öffentlichkeit nicht gut auseinandergehalten werden« (IPW, 2019: 7). In der Praxis wurden allzu oft Dokumentationsschwächen in der Pflege mit gesundheitlichen Schädigungen verwechselt oder gleichgesetzt. Dieser Rückschluss ist methodisch als auch pflegefachlich nicht immer korrekt. Durch das neue jährliche externe Prüfsystem ist ab 01. November 2019 die Hoffnung damit verbunden, dass die gute Pflegequalität durch die hochmotivierten Pflegenden befördert und für die Öffentlichkeit, d. h. insbesondere für die Angehörigen und aus Verbrauchersicht besser durch drei neuen Darstellungsformen nach der Qualitätsdarstellungsvereinbarung für die stationäre Pflege (QDVS, 2019) nachvollziehbarer wird. Es wird mit Spannung die Reaktion der interessierten Verbraucher abzuwarten sein, wenn die neuen drei einrichtungsindividuellen Darstellungsformen nach der QDVS und insbesondere durch das neue Standarddokument mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Informationen über die Ergebnisse und Bewertungen von Pflegeeinrichtungen zu einer Wirklichkeit durch den neuen »Pflege-TÜV« geworden sind. Fachexperten erhoffen sich auch mit dem neuen und veränderten Qualitätsund Prüfverfahren, dass sich die Fachlichkeit der Pflegenden dadurch wieder lohnt und die gute Pflege durch die Vielzahl von unterschiedlichen Informationen auch im Interesse der Öffentlichkeit und für die Verbraucher, z. B. im Internet in den entsprechenden Webportalen nachvollziehbarer wird. Die drei gesetzlich geregelten Qualitätsdarstellungsformen für die stationäre Pflege und teilweise auch für die Kurzzeitpflege beziehen sich in dem Standarddokument auf die nachfolgenden Bereiche (vgl. QDVS, 2019, Anlage 1: 1; Vincentz Network, 2019):

Bewertungen der Ergebnisqualität anhand der Indikatoren (nur vollstationäre Langzeitpflege)

Überblick der Ergebnisse aus externen Qualitätsprüfungen (vollstationäre Langzeitpflege und Kurzzeitpflege)

Darstellung der Angaben einer Pflegeeinrichtung (vollstationäre Pflegeeinrichtungen und Kurzzeitpflege)

Erläuterungen der Bewertungen der Ergebnisqualität

Erläuterungen der Ergebnisse aus externen Qualitätsprüfungen

Durch die neuen Qualitätsdarstellungsformen ist es für die vollstationären Pflegeeinrichtungen möglich, freiwillige und ergänzende Angaben zur Personalausstattung, Größe der Zimmer, besondere Qualifikationsprofile der Mitarbeiter, die Möglichkeit des Probewohnens etc. als weitere Informationen für die interessierten Menschen zur Verfügung zu stellen. Bei der Fülle der Informationen in den verschiedenen (Pflege)-Webportalen ist allerdings zu befürchten, dass einige Übungen und eine gewisse Affinität von den Verbrauchern abverlangt wird, um bei der Vielzahl der unterschiedlichen Informationen den Überblick zu behalten, um sich dann als Angehöriger eines hilfe- und pflegebedürftigen Menschen für eine wohnortnahe geeignete spezielle Pflegeeinrichtung zu entscheiden (s. z. B. QDVS, Anlage 1, 2019).

Die Einführung von verschlankten Prozessen unter der Berücksichtigung des bundesweiten strukturellen Fachkräftemangels, der die Freude und die Attraktivität am Pflegeberuf schwächen lässt, werden ebenso die besonderen Herausforderungen in der heutigen Versorgungslandschaft, die durch die einzelnen Träger von Pflegeinrichtungen und durch die »Konzertierten Aktion Pflege« (KAP) und Fachkräftestrategie der Bundesregierung unterschiedlich, begegnet werden. So soll u. a. nach der Präsentation am 04. Juli 2019 der KAP (Arbeitsgruppe 4) der rechtliche Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG, Dezember 2018) mit Erleichterungen im Anerkennungs- und Visumverfahren zur Gewinnung von Pflegefachkräften aus dem Ausland weiterentwickelt und erleichtert werden (vgl. BMG; BMFSFJ; BMAS, 2019). Der Abbau von bürokratischen Hürden und ein schnelles und einheitliches Anerkennungsverfahren in den einzelnen Bundesländern gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit sollte durch einen Masterplan zur Sicherstellung des Versorgungsauftrages im Gesundheits- und Pflegesektor politisch vertreten und unterstützt werden. Diese politischen Herausforderungen sind zwingend geboten, um u. a. auch Pflegefachpersonen aus dem europäischen Ausland zurückzugewinnen und z. B. auch Pflegefachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU gezielt anzuwerben, um auf den strukturellen Pflegenotstand in Deutschland in den Krankenhäusern und in der ambulanten Pflege sowie in der stationären Langzeitversorgung zu reagieren. Nur durch hochmotivierte Mitarbeiter bei guten Rahmenbedingungen lassen sich die gesetzlich gesetzten Qualitätsanforderungen und der verpflichtende Auftrag und das Bekenntnis zur »Qualität« zielgerichtet in der Praxis umsetzen.

Neben dem Erwerb der Sprachkompetenzen nach dem »Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen« (GER) für Sprachen (mindestens B2-Niveaustufe oder Deutsch Pflege B2-Kurse) ausländischer Pflegefachkräfte z. B. am Goethe-Institut, müssen die Pflegefachkräfte aus Staaten jenseits der EU zusätzlich nach der Prüfung und der Erteilung eines individuellen Feststellungs- und Defizitbescheids ihrer Berufsabschlüsse durch die Landesbehörden, einen Anpassungslehrgang oder als zweite Variante eine Kenntnisprüfung erfolgreich absolvieren. Nur durch eine behördliche Anerkennung ist eine Beschäftigung als Pflegefachkraft in Deutschland möglich. Der Anpassungslehrgang dauert insgesamt zehn Monate und wird in Vollzeit grundsätzlich an staatlich anerkannten Gesundheits- und Krankenpflegeschulen oder kann durch einen dafür anerkannten Bildungsträger für Pflegeberufe durchgeführt werden, um die unterschiedlichen fachlichen Defizite in den festgeschriebenen Lernbereichen durch den Antragsteller auszugleichen. Die kürzere Variante ist die Kenntnisprüfung im Rahmen einer staatlichen Externenprüfung nach der Teilnahme eines Vorbereitungskurs mit hohem medizinischem und rechtlichem Anspruch Dabei ist allerdings wichtig zu wissen, dass nicht alle Pflegeschulen die einen Vorbereitungslehrgang zur Kenntnisprüfung anbieten, die notwendige Prüfung organisatorisch durchführen können. Diese Vorbereitungskurse (zwei bis vier Monate) sind oftmals durch die Agentur für Arbeit förderfähig und deren Dauer kann sehr unterschiedlich geregelt sein.

So machte der Hannoveraner Geschäftsführer eines der größeren privaten Anbieter im Pflegesektor, Dr. Yazid Shammout mit dem Titel »Die ersten Pfleger sind da« (HAZ) oder »Der Pfleger kommt aus Jordanien« (FAZ) Schlagzeilen, indem der Unternehmer die ersten Pflegefachkräfte aus der jordanischen Hauptstadt Amman angeworben hat und sein Vorhaben mit Erfolg fortsetzt (vgl. Koll, HAZ, 2019; Kloepfer, FAZ, 2019).

Nur mithilfe von politischen und strukturellen sowie gesetzlichen Verfahrensund Prozessänderungen, lassen sich solche Projekte die am Ende eine Strahlkraft haben werden, gemeinsam realisieren und für den Pflegemarkt meistern.

Auch mit den Grundlagen der neuen »MuG« (Maßstäbe und Grundsätze zur Qualität und Qualitätssicherung) und den QPR für die vollstationäre Pflege bemisst sich die Pflegequalität weiterhin an den Ebenen und Qualitätsdimensionen der bekannten Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement in den Pflegeeinrichtungen muss durch die politischen und strukturellen Neureglungen auf der Ebene der Ergebnisqualität daran interessiert sein, ein gutes Versorgungsergebnis für die Gesamtheit der Bewohner und Pflegekunden in der Pflegepraxis zu erreichen und abzubilden. Die Bewohner und Pflegekunden sowie die Angehörigen in der ambulanten, teil- und vollstationären Pflege haben klare Vorstellungen über den Qualitätsanspruch und verbinden den Qualitätsbegriff im Kontext der pflegerischen Versorgung und Betreuung mit Information, Beratung, Aufklärung und vor allen Dingen mit der Autonomie und dem Erhalt der Selbstbestimmung sowie dem Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte. Die Wahrung der Persönlichkeitsrechte sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit werden als prüfungsrelevante Qualitätsaspekte (QA), z. B. bei »Freiheitsentziehenden Maßnahmen« (FeM) oder bei der Durchführung von körperbezogenen Pflegemaßnahmen als wichtige interne Themen in der neuen QPR für die stationäre Pflege berücksichtigt.

Professionell Pflegende und QM-Verantwortliche erinnern sich bei diesen Begriffen oder bei der Einführung der Pflegeversicherung am 01.01.1995 als jüngster Zweig der Sozialversicherung in Deutschland an die grundlegenden Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen die in der »Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen« im Jahr 2007 durch eine mehrjährige Vorbereitung durch eine Expertenkommission verankert wurden (vgl. BMFSFJ; BMG, 2019). Neben dem ICN-Ethikkodex (International Council of Nurses) sind in der Pflege-Charta die ideellen Rechte von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen näher beschrieben worden. So basieren bspw. die bestehenden Berufsordnungen für Pflegefachberufe auf der Grund lage des Ethik-Kodexes für professionell Pflegende, und der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e. V. (DBfK) hat bereits 1992 im Zuge der Professionalisierung der Pflege eine Berufsordnung für die Pflegefachberufe und für die Mitglieder als eine Verbindlichkeit ausformuliert (vgl. Kellnhauser, 2014: 58 f.). Die Pflege-Charta beschreibt in insgesamt acht Artikeln den uneingeschränkten Anspruch darauf, dass die Menschenwürde und deren Einzigartigkeit im Rahmen der aktivierenden Pflege nach dem Selbstbestimmungsrecht ausnahmslos respektiert und durch die Gesundheitsakteure beachtet werden müssen (vgl. Anforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 WTPG).

Die Pflege-Charta umfasst das Recht auf:1

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Der würdevolle und respektvolle Umgang mit einer personenzentrierten Ausrichtung der Pflege muss der grundlegende Anspruch des internen Qualitätsmanagements sein.

1.2Zufriedene Kunden als »Maßstab«

Die Verbraucher und die Angehörigen erwarten in der Langzeitpflege, dass die pflegebedürftigen Menschen methodisch als auch pflegefachlich gut versorgt und professionell nach fachkundigen Standards oder Verfahrensanleitungen oder -anweisungen gepflegt werden, die Pflegekräfte »immer« nett und freundlich sind und vor allen Dingen auch die Zeit haben, sodass eine »Rund-um-die-Uhr-Pflege« und Betreuung sichergestellt ist. Sie erwarten ebenso eine familiäre und harmonische Atmosphäre, damit sich die pflegebedürftigen Menschen vom ersten Tag des Pflegeauftrages oder Heimeinzugs an wohlfühlen können – auch bei einer schwierigen Pflege u. a. bei einem herausfordernden erlebtem Verhalten (z. B. Demenz etc.). Dies setzt im Pflegekontext und in der Beziehungsgestaltung neben der Empathie und dem respektvollen Umgang eine enge und vertrauensvolle Bindung mit den Bewohnern bzw. mit den Pflegekunden und ihren Angehörigen durch die Pflege- und Betreuungsmitarbeiter voraus. Diese innere Haltung macht deutlich, dass bei »Qualität« und deren vergleichenden »Messung« und »Darstellung« sowie dem »Managen von Qualität im Verbund« neben der Wirtschaftlichkeit und der Leistungsfähigkeit einer Pflegeeinrichtung auch gesellschaftliche, sozialpolitische und gerontologische Aspekte einen hohen Stellenwert eingenommen haben.

Nie waren die Begriffe der extern bzw. intern gesteuerten Qualitätssicherung und das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement so bedeutungsvoll wie in der Gegenwart und wie dies durch die Neuausrichtung der Pflegequalität in der stationären Pflege in der Zukunft noch der Fall sein wird.

Die Träger von Pflegeeinrichtungen werden stark daran interessiert sein, dass die einrichtungsinternen Versorgungsergebnisse nach deren Auswertung sich nicht zu sehr von den Versorgungsergebnissen der Gesamtheit der Einrichtungen im Bundesvergleich negativ, d. h. »Ergebnisqualität liegt weit unter dem Durchschnitt«, abweichen werden.

Dem Pflegemanagement kommt durch die halbjährliche stichtagsbezogene Erhebung der Versorgungsergebnisse sowie durch die neue Prüf- und Bewertungssystematik eine herausragende Rolle zu, die nur gemeinsam mit den Pflegeteams in einer vollstationären Pflegeeinrichtung gut zu meistern sein werden. Durch die Neuausrichtung des internen Qualitätsmanagements als ein neues System sowie dem frühzeitigen Erkennen von Pflegerisiken, wird das fachliche Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der professionell Pflegenden in den Pflegeeinrichtungen deutlich angehoben und gestärkt..

Der Begriff »Qualität« ist stark geprägt von dem subjektiven Gehalt und ist vor allen Dingen von den vorausgesetzten, d. h. unausgesprochenen Kundenerwartungen, Kundenerfahrungen als auch von den Kundenerlebnissen und Kommunikationsereignissen abhängig. Die Erfassung und das Erkennen der festgelegten Kundenanforderungen (z. B. Angebot, Verträge etc.), Kundenerwartungen und den Kundenerlebnissen in der Vergangenheit sind bedeutende Maßnahmen und sollten im gesamten Pflegeheim und in einem ambulanten Pflegedienst eine sehr hohe Bedeutung haben. Die Alleinstellungsmerkmale einer Pflegeeinrichtung und eines ambulanten Pflegedienstes, z. B. durch ein ISO-Zertifikat bzw. die Werbung mit einem »TÜV-Zertifikat« in Verbindung mit einem branchenspezifischen Güte- oder Qualitätssiegel (z. B. Qualitätssiegel Pflegemanagement etc.) und eine gute bis exzellente Versorgungssituation, werden in der Zukunft das fortdauernde Bestehen einer Pflegeeinrichtung bestimmen, wenn frühzeitig die zugrundeliegenden Impulse sowie die gesetzlichen Regelungen und Vereinbarungen aufgegriffen und umgesetzt werden. Durch die Beteiligung der Mitarbeiter können in den Pflegeeinrichtungen die Verbesserungspotenziale besser und schneller identifiziert und nutzbar gemacht werden. Dadurch können die Motivation und die Zufriedenheit jedes Einzelnen am Arbeitsplatz gestärkt werden. Ein internes Qualitätsmanagement funktioniert nur dann reibungslos, wenn es von jedem gelebt und mitgetragen wird. Und: Wer kein Qualitätsmanagement eingeführt und keine Strukturen im Sinne einer marktorientierten Unternehmens kultur geschaffen hat, kann am Pflegemarkt nicht mehr dauerhaft überleben und muss um seine eigene Existenz in der Pflegewirtschaft befürchten. Um diese Herausforderungen und Chancen auszuschöpfen, sollten im einrichtungsinternen Qualitätsmanagement geeignete Marketinginstrumente in der Organisation entwickelt und in der Verantwortung der obersten Leitung als ein fester Bestandteil implementiert werden. Aufbauend darauf können marktbezogene Vertriebsziele in der Organisation verankert und zur Verwirklichung die Strukturen zur Umsetzung geschaffen werden.

Das Aufgabenprofil für QM-Verantwortliche und der verantwortlichen Pflegefachkräfte hat sich im Verständnis in den letzten Jahren gravierend verändert. Durch das veränderte Pflegeverständnis, dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, den Begutachtungs-Richtlinien (BRi) und dem Strukturmodell zur Neuausrichtung der Pflegedokumentation sind für die ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen – neben dem neuen Qualitäts- und Prüfsystem – neue Handlungsoptionen entstanden. Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf verbleiben heute sehr viel länger in ihrer eigenen Häuslichkeit und nehmen bei Pflegebedürftigkeit oft zunächst einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch (was gesetzlich auch gewollt ist), bis eine pflegerische Versorgung in der eigenen Häuslichkeit nicht mehr funktioniert. Durch das längere Verbleiben in der eigenen Häuslichkeit bei Pflegebedarf ist eine wohnortnahe indikationsspezifische und zeitliche Versorgungsstruktur in der Zukunft, insbesondere im ländlichen Raum wichtig. Es ist deshalb bedeutungsvoll, die Informations-, Kommunikations- und Medizintechnologien (IKMT) gemeinsam mit anderen Leistungserbringern und den Kostenträgern sowie weiteren externen Anbietern (Lieferanten) weiter auszubauen und in der Zukunft durch unterschiedliche Leuchtturmprojekte, z. B. gemeinsam mit den verschiedenen Typen von Gesundheitsregionen in den einzelnen Bundesländern mit ihren Hauptzielsetzungen weiter im Verbund mit anderen Gesundheitsakteuren in der Vernetzung voranzutreiben.

So bestehen bspw. durch einen Zusammenschluss in Deutschland mehr als 100 Gesundheitsregionen und davon haben sich rund 20 Mitgliederregionen in dem Dachverband »Netzwerk Deutsche Gesundheitsregionen e. V.« (NDGR) organisiert (vgl. Kettner-Nikolaus, 2017: 23 f.). Von besonderer Aufmerksamkeit wird für die Zukunft sein, den weiteren Ausbau eines telemedizinischen Netzwerks und das Dienstleistungsangebot zu unterstützen sowie den Umgang mit technischen Assistenzsystemen durch die demographische Entwicklung flächendeckender auszubauen. Dabei sollte die Anwendung von technikunterstützten Assistenzsystemen (Ambient Assisted Living – kurz: AAL-Systeme) zielgruppenspezifischer, z. B. durch Kurse an Volkshochschulen oder dem Sanitätsfachhandel etc. weiter in der älteren Bevölkerung bekannt gemacht und deren Anwendungen geschult werden, um die Akzeptanz zu erhöhen.

Nach der Pflegestatistik (image Tab. 1), gab es z. B. 2017 nach den Angaben 3,4 Millionen Pflegebedürftige, von denen 76 Prozent (2,59 Millionen) zu Hause versorgt wurden und für 24 Prozent (818 000) erfolgte die pflegerische Versorgung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Im Rahmen des PSG II wurde ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff gem. § 14 Abs. 2 SGB XI n. F. eingeführt, welcher zu den wichtigsten Merkmalen der Pflegereform vom 21.12.2015 gehört. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff mit der Unterteilung in fünf Pflegegrade berücksichtigt die Aspekte der sozialen Teilhabe und die Kommunikation sowie den individuellen Bedarf an Betreuung, Beaufsichtigung und Anleitung der Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz und verwendet durchgängig den Krankheitsbegriff nicht mehr. Durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und der ständigen Auseinandersetzung durch das neue Qualitätssystem in der stationären Pflege »wird ausschließlich der Part der Selbstständigkeit und die Fähigkeiten des zu Pflegenden betrachtet und überprüft« (Penzlien; Schmidt-Statzkowski, o. J.: 3). Das neue Qualitäts- und Prüfsystem baut durch die Heranziehung von bestimmten Begutachtungsmodulen und Beurteilungskriterien auf den Pflegebedürftigkeitsbegriff auf und ist auf die Stärkung und den Erhalt von Selbstständigkeit und der Fähigkeiten der pflegebedürftigen Menschen ausgerichtet. Es beschränkt sich nicht mehr ausschließlich auf den individuellen Hilfebedarf und die Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens.

Tab. 1 : Pflegebedürftige 2017 nach Versorgungsart (vgl. StBA, 2017)

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Durch den reformierten Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem neuen pflegefachlich begründeten Begutachtungsassessment nach den Begutachtungs-Richtlinien (BRi) erfolgte bundesweit eine Leistungsverbesserung für versicherte Menschen mit Pflegebedarf sowie für Menschen mit eingeschränkten Alltagskompetenzen (z. B. Altersdemenz). Für die einzelnen sechs Module werden auf der Grundlage des Begutachtungsassessments nach den Begutachtungs-Richtlinien (BRi) zum Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit entsprechende Punktewerte je nach Beeinträchtigungen in der Selbstständigkeit (Module 1, 4 und 6 sowie der Kategorie 5,16), der Fähigkeiten (Modul 2), Häufigkeiten von Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (Modul 3) sowie der Häufigkeit der personellen Hilfe (Modul 5 mit Ausnahme der Kategorie 5.16 »Einhalten einer Diät ...«) vergeben. Durch die Ermittlung und Gewichtung des jeweiligen Moduls ergeben sich für die Bestimmung eines Pflegegrads (PG 1–5) gem. § 15 SGB XI n. F. ein Gesamtpunktwert. Durch den Pflegebedürftigkeitsbegriff werden die individuellen Beeinträchtigungen und Fähigkeiten der pflegebedürftigen Menschen in sechs Lebensbereichen erfasst. Dabei steht die Frage »Was kann der pflegebedürftige Mensch noch selbstständig bewältigen?« im Vordergrund (vgl. Penzlien, Schmidt-Satzkowski, o. J.: 3).

Es wurden die Pflegstufen ab dem 01.01.2017 durch eine neue Einstufungssystematik mit den fünf Pflegegraden gem. § 15 SGB XI n. F. ersetzt und die Höhe der Leistungsansprüche sind vom Pflegegrad abhängig. Die Leistungsverbesserungen und die Ausweitung der Leistungsansprüche hat mehrere Konsequenzen: Die Verweildauer von Pflegebedürftigen in den stationären Pflegeeinrichtungen hat sich trotz des Anstiegs der ferneren Lebenserwartung stark verkürzt; durch die multimorbiden Erkrankungen im zunehmendem Alter und der Gebrechlichkeit bzw. chronisch kranker älterer Menschen sind durch die Pflegemitarbeiter potenzielle gesundheitsbezogenen Risiken in der stationären und ambulanten Pflege rechtzeitig pflegefachlich einzuschätzen, um durch Prophylaxen und Schutzfaktoren als Lebenskompetenzen die Lebensqualität und die Selbstständigkeit älterer Menschen zu stärken.

Auch wenn die Zertifizierungsnorm der ISO 9001 die Implementierung eines Risikomanagements nicht explizit fordert, ist im risikobasierten Ansatz der Risikomanagementrahmen für die Risikoüberwachung sowie die Risikoüberprüfung durch die oberste Leitung (oL) und dem Pflegemanagement immer im Blick zu behalten. Das Risikomanagement ist unabhängig einer Normierung (z. B. ISO 31000 –Risikomanagement – Grundsätze und Richtlinien) eine grundlegende Selbstverpflichtung und Bestandteil im Pflegeprozess nach den sechs Schritten bzw. nach dem Strukturmodell mit der strukturierten Informationssammlung (SIS®) als eine neue fachlich begründete Pflegeprozessgestaltung. Das ohnehin immer knappe Budget, der anhaltende Kosten-Leistungsdruck sowie die Einhaltung der kontinuierlich ansteigenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen sowie eine tradierte und verfestigte Sichtweise der Gesundheitsakteure erschweren oftmals die Ist-Situation in den Versorgungssituationen, um neue Dinge umzusetzen oder auszuprobieren. Gewachsene Strukturen, die aufgelockert und fachlich kritisch hinterfragt werden müssen, aber auch Aussagen wie: »Das haben wir immer schon so gemacht …« erschweren heute die Auseinandersetzung mit den neuen externen Rahmenbedingungen und können die Argumentationen für die Neuausrichtung des neuen Qualitätssystems lähmen.

Das Qualitätsmanagement bietet verschiedene Möglichkeiten und Kompetenzen an, um in den wichtigsten Prozessen die Risiken und Chancen (risikobasierter Ansatz!) zu ermitteln, damit die gewünschten Ergebnisse in einem QM-System erfolgsversprechend erreicht werden können. Bei der Neuausrichtung oder Neuanpassung von Prozessen sind erfolgskritische Faktoren einer Pflegeeinrichtung zu analysieren (z. B. die Anzahl der Doppelzimmer, geringe Fachkraftquote und die personelle Besetzung u.v.m.), um daraus z. B. geeignete Marketingaktivitäten und optimale Vertriebsziele im Wettbewerb des Seniorenmarktes festlegen zu können. Eine Neubewertung der Ist-Situation (Ist-Soll-Vergleich) verhilft Altbewährtes loszulassen und neue Wege zu wagen, um sich weiterzuentwickeln und Prozesse und Ergebnisse zu optimieren.

Die Pflegesachkundigen in den ambulanten und stationären Pflegeinrichtungen antworten auf die Frage nach der Qualität häufig mit Umschreibungen wie: »Gut, sauber, fach- und sachgerechte Pflege, ordentlich und reibungslos« und mit der Aussage: »Den Bewohnern soll es hier gut gehen«, oder: »Wir brauchen in Anbetracht der Erfordernisse mehr Zeit für unsere Bewohner bzw. Pflegekunden.« Der Anspruch der Bewohner bzw. Pflegekunden und ihrer Angehörigen als auch die Aussagen der Pflegemitarbeiter sind gar nicht so gegensätzlich. Die Unterschiede zwischen den Mitarbeitern und den Angehörigen könnten darin bestehen, dass beide Anspruchsgruppen unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen mit dem Qualitätsbegriff verknüpfen und in Wechselbeziehung zueinander bringen.

Werden Einrichtungsträger zum Qualitätsbegriff im Zusammenhang der Leistungserbringung befragt, so kann die Qualität sehr häufig in dem ausgewogenen Verhältnis von Kosten-Nutzen (Effektivität und Effizienz), Investition und in »Return on Investment« gesehen werden. Gute fach- und sachgerechte Pflege und die Vergütungsvereinbarungen je nach Versorgungsaufwand (§§ 82-91 SGB XI), d. h. entsprechend der Pflegegrade der Bewohner, die mit den Pflegekassen verhandelt und vereinbart wurden, gehören gleichrangig dazu. Zu den Voraussetzungen und Betrieb einer vollstationären Pflegeeinrichtung ist neben der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Trägers wichtig, dass die Leistungen und die Versorgung an den individuellen Bedürfnissen und Interessen mit Blickrichtung auf den erforderlichen Pflege- und Betreuungsbedarf, neben dem allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse, auszurichten sind (vgl. § 10 Abs. 1 WTPG). Ob man in dem derzeitigen Versorgungsmanagement durch den Mangel an freien Kapazitäten durch den strukturell bedingten Fachkräftemangel überhaupt von optimalen externen oder internen Rahmenbedingungen im Kontext der Pflegeorganisationen ausgehen kann, sei kritisch zu hinterfragen. So kann nur vermutet werden, dass ein prekäres Pflegemanagement mit einer schizoiden Unternehmenskultur mit internen Diskontinuitäten und Instabilitäten in der Versorgung sowie ein gleichgültiges Verhalten trotz einer guten Belegungs- und Auslastungssituationen und der zukünftigen Transparenz der Qualität aus Verbrauchersicht, in puncto der Gewinnung und Bindung von Pflegefachkräften für ein weiteres Fortbestehen einer vollstationären Pflegeeinrichtung bestimmend und kennzeichnend sein werden. Eine schizoide Unternehmenskultur oder ein schlechtes Arbeitsklima zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern kann die Flucht aus der Pflegeeinrichtung und somit auch die Fluktuation, zu Lasten der zu betreuenden Bewohnern oder Kunden, noch zusätzlich verstärken. So ist bspw. eines der größten Sorgen der Verbraucher in der ambulanten Versorgung »überhaupt irgendeine Form von Unterstützung zu erhalten«, da die erforderlichen personellen Kapazitäten zu einer kurzfristigen Übernahme einer Versorgung oder sonstige Versorgungsanfragen, z. B. nach einer Krankenhausbehandlung, derzeit oftmals in der Praxis fehlen (Jurgschat-Geer, 2019).

Auch wenn bundesweit in der Pflegebranche gute Pflegeassistenten die alltägliche Arbeit verrichten, so sind die professionell Pflegenden durch die dreijährige Berufsausbildung nicht in der Pflegepraxis wegzudenken und stellen einen der wichtigsten Garanten für eine individuelle bedarfs- und bedürfnisgerechte sowie für eine qualifizierte Versorgungsqualität gegenüber den Kostenträgern und Heimaufsichten, dar. Die Pflegeheimbetreiber und Träger von ambulanten Pflegediensten brauchen heute oft sehr lange, um eine offene Stelle wieder besetzen zu können und dass dürfte sich nach Auffassungen der Bundesagentur für Arbeit vorerst auch nicht so schnell verändern. Durch den Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften sind die Mitarbeiterbindung und die Beibehaltung der Innovationskraft für jeden Betreiber einer Pflegeeinrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes zu wichtigen Qualitätsmerkmalen geworden. Dazu bilanziert die Nürnberger Bundesagentur: »In keinem Bundesland stehen rechnerisch ausreichend arbeitslose Bewerber zur Verfügung, um damit die der Bundesagentur gemeldeten Stellen besetzen zu können« (Prössl, 2019). Interessant wird dabei auch die Frage sein, inwieweit die Generalistik den Pflegeberuf ab dem Jahr 2020 mit der erwarteten Attraktivitätssteigerung nach dem Pflegeberufegesetz (PflAPrV) zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann positiv befördern wird.

Einsatzfreude, alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung und Arbeitsbedingungen, niedrige Krankenquoten als auch belastbare, hochmotivierte und langjährige sowie gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter, gute externe und interne Rahmenbedingungen, eine gute Belegungs- und Auslastungssituation sowie gute Versorgungsergebnisse sollten aus Trägersicht die heutigen Qualitätsansprüche sein. Dies ist erforderlich, um den neuen Herausforderungen und die technologischen Innovationen z. B. durch die Digitalisierung und anderer Systeme gewachsen zu sein. »Angesichts der demographischen Entwicklung können sich die Betriebe die Verschwendung der Potenziale der Älteren nicht mehr lange leisten« (Wagner, 2011). Arbeitswissenschaftliche Forschungsergebnisse können in einigen Studien verdeutlichen, dass durch den Anstieg der älteren Mitarbeiter in den Betrieben und somit auch in den Pflegeeinrichtungen, die alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung in der Zukunft erheblich für jede Leitung an Bedeutung gewinnen müssen, damit die individuelle und gesundheitliche Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter gefördert und erhalten bleibt. So waren beispielsweise 77 Prozent der 55–59-Jährigen in Deutschland im Jahr 2014 erwerbstätig (vgl. Mühlenbrock, 2017). Die altersgerechte Arbeitsgestaltung orientiert sich an den jeweiligen Lebensphasen und konkreten Lebenssituationen sowie an den individuellen Bedürfnislagen der Mitarbeiter. Die alternsgerechte Arbeitsgestaltung stellt den Alterungsprozess in den Mittelpunkt und umfasst die präventiven Maßnahmen zur langfristigen Gesunderhaltung und die gesundheitsbezogenen Verhaltensweisen der Mitarbeiter, z. B. durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) oder durch eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitsplätze.

Der Kompetenzerhalt und -entwicklung, die Gesundheit der Mitarbeiter, die Arbeitsmotivation und die Anpassung von guten Arbeitsbedingungen an den Arbeitsplatz sowie die Übernahme von besonderen Funktionen in den Pflegeheimen und Pflegediensten stehen bei diesen großartigen Herausforderungen in jedem Qualitätsmanagement im Vordergrund. Bedeutungsvoll dabei ist, dass arbeitserleichternde Hilfen zur Verfügung gestellt werden, damit die Mitarbeiter durch die Arbeit gesund bleiben und ein vorzeitiges Altern minimiert wird, um später gesund und mit Freude in die Rente gehen zu können. Langfristige belastende Arbeitsbedingungen und Arbeitsumstände, z. B. durch eine hohe Arbeitsdichte, chronischer Zeitmangel und Leistungsdruck sowie ein schlechtes Betriebsklima tragen zur vorzeitigen Alterung bei, welches sich nicht am kalendarischen Alter eines Menschen bemisst. Deshalb ist es wichtig, dass gerade auch die älteren Mitarbeiter an einer betrieblichen Weiterbildung mit positiven Lernerfahrungen teilnehmen können, da eine Weiterbildung z. B. die Arbeitsmotivation erhöhen und den Verrentungszeitpunkt erheblich beeinflussen kann.

Die qualifikatorischen Anforderungen sind unabhängig der ISO-Anforderungen der Normabschnitte »7.1.6 Wissen der Organisation« und »7.2 Kompetenz« im gesamten Lebenslauf in der Arbeitswelt der Mitarbeiter mit der Frage wie: »Sind unsere Mitarbeiter für die Anforderungen hinreichend qualifiziert?« zu fördern. In der Studie »Die Weiterbildungsverlierer« von Frick et al. (2013) konnte festgestellt werden, dass manche ältere Mitarbeiter die Möglichkeit an einer Weiterbildung teilzunehmen nicht erhalten, da sie ohnehin bald in den Ruhestand gehen bzw. oft in der Pflegeeinrichtung nur mit einer geringen Wochenstundenanzahl arbeiten. Dies erfolgt meistens auch tatsächlich, weil sie keine Weiterbildungen erhalten haben und sich im Arbeitskontext überfordert fühlen. Durch die vorzeitige Verrentung kann durch das Fehlen eines systematischen Wissensmanagements auch nicht mehr an die Berufserfahrungen erfolgreich durchgeführter Projekte der älteren Mitarbeiter angeknüpft werden. Somit geht wertvolles individuelles Wissen verloren, da es vorher nicht hinreichend einrichtungsintern abgesichert und bewahrt wurde. Des Weiteren dient die betriebliche Weiterbildung auch als ein wichtiges Führungsinstrument und als eine marktorientierte Unternehmenskultur, um den strukturell bedingten Fachkräftemangel aktiv zu begegnen.

Da Wissen eines Mitarbeiters in der Volkswirtschaft als vierter Produktionsfaktor sowie als Unternehmenskapital in der Wertschöpfungskette nicht eins zu eins von Mitbewerbern kopiert werden kann, führt ein Ausscheiden eines leistungsfähigen Mitarbeiters auch immer zu einem Qualitätsverlust sowie zu einer Unzufriedenheit in den (Pflege-)Teams und kann die Innovationsprozesse in einer Pflegeeinrichtung oder in einem ambulanten Pflegedienst schwächen (vgl. Sutter, 2018). Unbenommen sind dabei eine wertschätzende Unternehmens- bzw. Organisationskultur mit positiven Werten und Handlungsnormen sowie die innere positive Haltung der Führungskräfte als auch die Förderung einer generationsübergreifenden Zusammenarbeit durch altersgemischte Teams wichtige Voraussetzungen, um Mitarbeiter im Wertschöpfungsprozess an das Pflegeunternehmen zu binden oder zu begeistern. Durch zusätzliche Gesundheitsangebote, z. B. die Förderung der körperlichen Fitness könnten neben der Stärkung des »Wir-Gefühls« die Gesundheitsförderung und einen gesunden Lebensstil sowie die Lebensqualität der älteren Mitarbeiter positiv beeinflussen und die Fehltage durch Krankheit reduzieren. Die individuelle Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter und die behutsame Auseinandersetzung mit den internen und externen Themen des Qualitätsmanagements sind ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Implementierungsstrategie deren Wirkung durch die Leitung nicht unterschätzt werden sollte. Die Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern ist immer eine komplexe Form des Lernens die den Neuerwerb, die Festigung, die Verbesserung oder die Ausdifferenzierung kognitiver, emotionaler, sozialer und motorischer Fertigkeiten und Fähigkeiten umfassen sollte. Von daher ist es sinnvoll für das Qualitätsmanagement die Pflegefachkräfte für die Übernahme von Leitungsfunktionen oder zielgruppenspezifischen Weiterbildungen zu qualifizieren, z. B. durch eine Fachweiterbildung als Praxisanleiter(in) (300 Weiterbildungsstunden nach der PflAPrV durch die Generalistik der Pflegeberufe), Wundexperte, Hygienebeauftragte etc. fortzubilden.

Die Kosten für der Einführung, Verwirklichung, Aufrechterhaltung und Wirksamkeit eines QM-Systems, die Entwicklung von einrichtungsspezifischen Qualitätsstandards oder QM-Verfahrensanweisungen, die Ermittlung des bestehenden Wissens der Mitarbeiter und die damit verbundene berufliche Weiterqualifizierung, sind anfänglich relativ hoch. Qualität, Nutzen, Aufwand und Kosten stehen verständlicherweise im Vordergrund sowie immer wieder die Frage der Refinanzierung durch unterschiedliche Kostenträger und Vertragspartner.

Zwangsläufig stellt sich deswegen auch für Heim- und Pflegedienstbetreiber oft die Qualitätsfrage, ob:

der Nutzen der im Rahmen eines Qualitätsmanagements zu trefenden Maßnahmen die Kosten überwiegt (Kosten/Nutzenverhältnis);

die in einem einrichtungsinternen Qualitätsmanagement investierten Mittel einen besseren Efekt erzielen als mit den herkömmlichen Maßnahmen zu erreichen sind;

sich die neuen Qualitätsanforderungen in das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement nahtlos implementieren lassen;

die einrichtungsinternen Versorgungsergebnisse sich im Ergebnis im Bereich »Ergebnisqualität liegt weit über dem Durchschnitt« befinden.

Von daher sollten die Mitarbeiter zur Orientierung als eine arbeits- und aufgabenbezogene Gruppe und als eine Teamleistung ein Verständnis für die Qualitätsnorm(en) und den festgelegten gesetzlichen QM-Anforderungen als externe Rahmenbedingungen durch Schulungen und interne Workshops in kleinen Schritten kennenlernen. Wichtig dabei ist, dass die Arbeitsgruppen und Teams einen Handlungsspielraum im Rahmen der Umsetzung erhalten, in dem sie ihre Aufgaben und Tätigkeiten in ihrer aktiven Rolle gemeinsam planen, entscheiden und ausführen können. Die Heimleitung muss dazu z. B. im ersten Schritt die Mitarbeiter über die Absicht informieren ein QM-System einzuführen, damit die Teams als Gesamteinheit ein »Wir-Gefühl« und eine Gruppenharmonie zur Zielerreichung entwickeln können. Dabei ist zu beherzigen, dass ohne eine Klarheit und Offenheit über die Qualitätsziele der Erfolg gefährdet sein kann. Denn: Jedes »Qualitätsmanagement erfordert die Festlegung von Zielen« und wird prozessorientiert, durch die Planung, Ausführung, Überprüfung und durch die fortlaufende Verbesserung bestimmt (MuG, 2018a: 3 f.). Jeder Mitarbeiter muss die für seinen Arbeitsbereich geltenden Regelungen und die verbindlichen Strukturen sowie Rahmenbedingungen kennen, damit diese als »Spielregeln« eingehalten werden können. Somit kann für beide Seiten eine Win-win-Situation durch das Finden von gemeinsamen Lösungen und faktengestützte Entscheidungen geschaffen werden, die dann von allen Mitarbeitern getragen und akzeptiert werden können. Treten durch neue Verfahren Widersprüche zu bisherigen Regelungen auf, müssen Übergangsregelungen im Verständigungsprozess getroffen und ungültige Regelungen eingezogen werden. Dazu eignen sich Informationsgespräche, moderierte Workshops, Blitzumfragen, Qualitätszirkel, Dienstbesprechungen, Einführungsseminare sowie interne Mitteilungen und Aushänge (Kommunikationsstrukturen). Auch eine kollegiale Beratung ist für die Führungskräfte eine wirkungsvolle Methode. Die strukturierte kollegiale Beratung hat zum Ziel, »Lösungen für eine konkrete berufliche Schlüsselfrage zu entwickeln« (Tietze, 2003). Um Informationen zu vermitteln, setzt bei den Mitarbeitern die kollegiale Beratung grundsätzlich die Freiwilligkeit und die innere Bereitschaft voraus, um die Beziehungen und das Arbeitsklima zwischen einer Leitungskraft und eines Mitarbeiters für die Zukunft in den Arbeitsbeziehungen nicht unnötig zu belasten.

Die Pflegeteams in den Pflegeeinrichtungen sollten sich mit den Gründen für das interne Qualitätsmanagement und mit dem Umfang der damit verbundenen Qualitätssicherungsmaßnahmen und letztendlich mit den Auswirkungen auseinandersetzen. Sie sollten bereit sein, es konsequent umzusetzen. Daher ist es von Anfang wichtig, die Mitarbeiter in den Arbeitsbereichen »ins Boot zu holen« und zu motivieren, aufzuklären und sie in diese Arbeit zum Aufbau einzubeziehen.

Es wurde bereits deutlich, dass die Herausforderungen des indikatorengestützten Verfahrens keinesfalls als ausschließliche Aufgabe einer Pflegedienstleitung oder als ein neues Wirkungsfeld von QM-Verantwortlichen betrachtet werden kann. Denn, die korrekte und vollständige sowie zeitnahe stichtagsbezogene Erhebung der Versorgungsergebnisse und der damit verbundene Perspektivenwechsel können nur von denjenigen Pflegemitarbeitern übernommen werden, die den personellen Hilfe- und Versorgungsbedarf sowie die individuelle Versorgungssituation der Bewohner im zeitlichen Verlauf pflegefachlich und im Gesamtüberblick gut kennen.

Die organisatorischen und strukturellen Anforderungen und Vorrausetzungen zur Durchführung, Erhebung, Übermittlung von Versorgungsergebnisse an die DAS an dem einmal festgelegten Stichtag gehören in der Zukunft für alle Pflegedienstleitungen in der stationären Pflege zu den neuen Managementaufgaben. Der einmal festgelegte Stichtag zur Übermittlung der Datensätze ab dem 01. Juli 2020 für alle Bewohner ist dabei für alle vollstationären Pflegeeinrichtungen nach ihrer erstmaligen Anmeldung und der Registrierung auf der Internetseite der DAS (www.das-pflege.de) verbindlich. Der einmal festgelegte Stichtag zur Ergebniserfassung und -übermittlung ist nicht mehr veränderbar. Durch die stichtagsbezogene Erhebung der Versorgungsergebnisse aller Bewohner (mit definierten Ausschlussgründe) und deren Übermittlung der Versorgungsdaten an die unabhängige Datenauswertungsstelle (DAS) gem. § 113 Abs. 1b SGB XI n. F. kann der Statuserhalt, z. B. durch die Stabilisierung einer Pflegesituation oder die Verbesserung einer Versorgungssituation von einem Bewohner, d. h. die personelle Unterstützung durch die Pflegemitarbeiter, abgebildet werden. Die DAS übernimmt dabei als eine unabhängige Institution neben der Zusammenführung der Ergebnisse die prozentuale Auswertung und Berechnung der von den stationären Pflegeeinrichtungen erhobenen Indikatoren und weitere Informationen zur Messung und Berechnung der Ergebnisqualität und ermöglichen eine Vergleichbarkeit aller vollstationären Pflegeeinrichtungen im Bundesdurchschnitt. Der errechnete Durchschnittswert dient für die Bewertung als ein Referenzwert der mit Zunahme der Bewertungen sich ständig verändern und nach der Evaluation der validen Referenz- und ggf. Schwellenwerte zur vergleichenden Messung stets angepasst wird. Die Startbedingungen als ein Referenzwert beziehen sich auf einen rechnerischen Durchschnitt aus einer Gesamtheit der einbezogenen Pflegeeinrichtungen (vgl. QDVS, Anlage 2, 2019: 2 f.). Schwellenwerte bedeuten hingegen den Sprung nach oben oder unten, also »Die Ergebnisqualität liegt leicht unter dem Durchschnitt« zu einer nächst höheren z. B. »Die Ergebnisqualität liegt weit über dem Durchschnitt« in der Gesamtheit aller Pflegeeinrichtungen der durch ein »überschritten« oder »unterschritten« ermittelt wird. Die Umsetzung des neuen Prüf- und Qualitätssystems ist insgesamt nur durch die rechtzeitige Vermittlung eines Wissens-, Innovations- und Veränderungsmanagements möglich. Dabei ist es lohnenswert, den kontinuierlichen Wissensaustausch mit den relevanten Akteuren in den Pflegeeinrichtungen im Hinblick auf die Qualitätsanforderungen untereinander zu fördern und durch die Leitung zu initiieren und in die gewünschte Richtung zu steuern, damit die benannten Pflegefachkräfte die neuen Aufgaben, behutsam kennenlernen und korrekt umsetzen können.

Um diese neuen Aufgaben im Qualitätsmanagement reibungslos umsetzen zu können, wird ein kooperativer Führungsstil mit einer kultursensiblen und sinnstiftenden als auch mit einer gestaltbaren Organisationskultur mit seinen Werten und Normen (Mission) als eine Orientierung vorausgesetzt, um die Betroffenen in ihrer aktiven Rolle in den Pflegeeinrichtungen an dem Wissensmanagementprozess durch eine Motivationsarbeit zu beteiligen und in die neuen Aufgaben einzubeziehen. Für den Wissenstransfer die den Kernprozess unterstützen, sind geeignete Interaktions- Kommunikations-, Informations- und Kollaborationsstrukturen nach dem Verständnis »Open ears, open doors, open minds« erforderlich (Gerhards; Trauner, 2010). Dies hat u. a. auch der Normungsausschuss Qualitätsmanagement erkannt und eine neue Wissensmanagementanforderung in dem Normabschnitt 7.1.6 »Wissen der Organisation« in der ISO 9001:2015 festgelegt, damit das Wissen (Knowledge-Flow) als eine Wertschöpfung in einer Organisation bewahrt, geteilt und sich vermehren kann (vgl. North, 2016: 166 f.). Dabei kann ein gemeinsamer Aufenthaltsraum oder Cafeteria ein einfacher Ort sein, um den Wissensaustauch und den Erfahrungsaustausch der Mitarbeiter positiv zu unterstützen damit sich wichtige Themen im Verständnis durch Wissen weiter verdichten und genutzt werden können. Dies sind wichtige Voraussetzungen, damit sich ein neues Wissen und die richtigen Kompetenzen, z. B. mündlich bzw. schriftlich oder in der Teamkommunikation durch Teilung an andere Kollegen vermehren und bedarfsgerecht als Wissensbilanz zur Anwendung kommen kann.

Um eine wissensstimulierende Wissensmanagementkultur aufzubauen, sind neben der Aufbauorganisation als Organigramm, ebenso konzeptionelle und strukturelle Anforderungen, wie z. B. eine Unternehmensstrategie mit der Verankerung eines Leitbildes oder Qualitätspolitik und Qualitätszielen sowie eine Organisationskultur und -klima mit Perspektiven zu implementieren sowie die Kompetenzen innerhalb der Pflegeeinrichtung oder des Pflegedienstes unmissverständlich zu klären. Durch ein Organigramm mit seinen Verbindungslinien werden die Beziehungs- und Entscheidungsstrukturen sowie die Zuständigkeiten und Verantwortungen für die Mitarbeiter gut verdeutlicht. Das neue Qualitäts- und Prüfsystem erfordert ebenso klare Organisationsstrukturen im Pflegeheim (»Wer macht was?«) und ein rechtzeitiger Reset des »alten« Systems durch ein konsequentes Umlenken im bisherigen internen Qualitätsmanagement mit der Fokussierung auf das neue System in der stationären Pflege. Allerdings, lohnt sich der verbundene Aufwand und das Engagement damit die Umstellung zum neuen Qualitäts- und Prüfsystems in der Pflegeeinrichtung sowie die Erhebung der Versorgungsergebnisse zur vergleichenden Messung und Darstellung von Ergebnisqualität ressourcenschonend erfolgen kann.

In dem neuen Qualitäts- und Prüfsystem in der vollstationären Pflege ist das Qualitätsindikatorenset zu den zehn Themenbereichen losgelöst vom pflegerischen Verständnis oder von einer Pflegekonzeption bzw. von einem bestimmten Pflegemodell (-theorie) zu verstehen. Auch wenn die Einzelindikatoren in den Themenbereichen zur Beurteilung, Messung und Darstellung von Ergebnisqualität wichtige Themen darstellen, haben diese Indikatoren nicht den Anspruch, dass vollumfassend alle pflegerelevanten Themenbereiche in den Pflegeheimen angesprochen werden. Des Weiteren ist die einrichtungsinterne stichtagsbezogene Erhebung der Versorgungsergebnisse (Ergebnisindikatoren) unabhängig von den externen MDK-Qualitätsprüfungen bzw. der PKV-Prüfdienste zu betrachten, die im Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen erfolgen. Um die Motivation der Mitarbeiter zu den Strategien des neuen Qualitätsmanagements anzukurbeln, sollten im Rahmen einer qualitätsorientierten Reorganisation verbesserte interne Rahmenbedingungen und -strukturen sowie motivationale gruppen- oder teambezogene Anreizsysteme mit Wertebezug zur eigenen Pflegeeinrichtung als ein wichtiger »Humanfaktor« geschaffen werden. Denn allein durch ein Leitbild oder eine Qualitätspolitik lässt sich die innere Haltung eines Mitarbeiters nicht vermitteln. Die innere Haltung ist entscheidend, damit bei den Mitarbeitern bestehende Barrieren, z. B. durch Aussagen »Mit mir nicht« bis »Ist mir doch egal« durch die Angst vor Veränderung und die Ablehnung von neuen Prozessen sowie Misstrauen, frühzeitig auf der Leitungsebene einer Pflegeeinrichtung identifiziert und bei den Mitarbeitern überwunden werden können. Die Anreizsysteme, seien sie materiell oder immateriell, können unterstützend wirken und die Implementierungsstrategien und das Erfolgspotenzial eines QM-Systems beschleunigen. Ist das gelungen, wird man sehr schnell beobachten können, dass die Mitarbeiter sich untereinander motivieren, sich mit der Einrichtung und deren Unternehmenszielen und Aufgaben schneller identifizieren und an der Arbeit und Umsetzung von erforderlichen Maßnahmen mehr Freude haben.

Die langjährige Heimleitung Anne Schäfer (DANA Pflegeheim Appen) sieht die einrichtungsinterne Qualitätsarbeit eng verbunden mit der Motivationsarbeit und dem Wissensmanagement der Mitarbeiter: »... das Verständnis der Mitarbeiter für das Qualitätsmanagement und für die interne Qualitätssicherung zu wecken, gelingt am besten durch das Erkennen und durch die Förderung individueller Ressourcen. D. h. jeden Mitarbeiter in einer Pflegeeinrichtung mit seinen Fähigkeiten, Qualitäten und Ideen ernst zu nehmen, den Mitarbeitern zuzuhören und sie für ihre Aufgaben zu befähigen. Durch die gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung fühlen sich die Mitarbeiter in ihrer täglichen Arbeit wohl und motivieren sich dann selbst im Team ...«

Die Schulung und die Begleitung der Mitarbeiter ist notwendig, um die neuen Qualitätsanforderungen des zugrunde gelegten QM-Modells oder QM-Systems als Teamleistung umsetzen zu können und um den Informationsbedarf der Mitarbeiter genauer zu ermitteln und zu begegnen. Je besser die Mitarbeiter ihre Bedeutung und ihre Aufgaben im Qualitätsmanagement verinnerlichen, umso rascher sinken die Kosten für das Erreichen der Selbstmotivation, die Überwachungskosten und damit die Gesamtkosten – bei steigender Sicherheit und Transparenz, fortlaufender Verbesserung und Optimierung der betrieblichen Abläufe. Dies ist ein wichtiger Qualitätsaspekt, der zwar zeitaufwändig ist, aber langfristig einen sehr großen Nutzen für die Pflegeeinrichtung oder einen ambulanten Pflegedienst darstellen kann.

Selbstverständlich müssen die für die Einführung und Aufrechterhaltung eines QM-Systems die erforderlichen Ressourcen und Mittel als eine Aufgabe bereitgestellt werden, damit nicht das Gefühl bei den Mitarbeitern aufkommt, die ISO ist durch den Formalismus zu bürokratisch und bringt für den einzelnen Bewohner oder den Pflegekunden nichts. Nur wer die einzelnen Anforderungen in den Normabschnitten genauer unter Lupe nimmt, kann erkennen, dass viele der genannten ISO-Anforderungen auch in den neuen QPR, wenn sprachlich auch etwas anders verpackt enthalten sind und von jeder Pflegeeinrichtung oder einem ambulanten Pflegedienst ausnahmslos erfüllt werden müssen. Darüber hinaus ist das dafür benötigte Fachpersonal (Verantwortliche im Qualitätsmanagement, Sicherheitsbeauftragte, Datenschutzbeauftragte, Hygienebeauftragte, Beauftragte für Medizinproduktesicherheit etc.) zur Verfügung zu stellen, das Personal zur Übernahme der Aufgaben zu qualifizieren und deren Befugnisse und Verantwortungen in Funktions- oder Stellenbeschreibungen festzulegen. Die Zuordnungen von Verantwortungen ist in der ISO 9001 in dem Normabschnitt 5.3 der ISO-Norm »Rollen, Verantwortungen und Befugnisse in der Organisation« (vgl. DIN 9001, 2015) aber auch z. B. in den Qualitätsprüfungs-Richtlinien als grundlegende Anforderungen zur Beurteilung der personenbezogenen Versorgung sowie der einrichtungsbezogenen Merkmale, festgeschrieben (vgl. QPR, Anlage 1 und 2, 2018). Doch diese Investitionen lohnen sich in jedem Fall!

1.3Verständnis von Qualität

Auch wenn die Redewendung »Der Weg ist das Ziel« mehrere Bedeutungen haben kann, so tragen viele Menschen dazu bei, ein gemeinschaftliches Ziel oder ein Vorhaben zu erreichen, von dem anschließend eine einzelne Person ohne einen Beitrag geleistet zu haben i. S. von »Public-Goods« profitieren kann (vgl. Fischer et al., 2014). Dabei werden unter dem Begriff »Public« die Gesellschaft und unter »Goods« die Produkte oder die Dienstleistungen verstanden.

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Neue Anforderung!

Um die Dienstleistungsbranche und die Verständlichkeit für Dienstleistungsbetriebe hervorzuheben, wird nunmehr ausdrücklich nach der Revision der ISO 9001 (8.1–8.5 Abschnitt) anstatt nur von »Produkten« nunmehr von »Produkte und Dienstleistungen« bzw. von »Produktion und Dienstleistungserbringung« als Wortpaar gesprochen.

Beim Qualitätsverständnis lässt sich sozusagen durch die unterschiedlichsten einzelnen Sichtweisen und dem Konflikt »zwischen dem Eigeninteresse eines Einzelnen und dem Gesamtinteresse einer Gruppe oder Interessen einer Gesellschaft« auch von einem »Public-Goods-Dilemma« sprechen (vgl. Wirtz, 2017: 1381). Zum einen kann etwas für den Einzelnen von großem Nutzen sein ohne sich dabei aktiv an dem Vorhaben beteiligt zu haben und trotzdem aus dem Nutzen der Gemeinschaft für sich etwas daraus generieren ohne einen eigenen Beitrag dabei geleistet zu haben. Das professionelle Qualitätsverständnis ist neben dem eigenen Verständnis von der Verfügbarkeit von Güter oder dem Vorhandensein von Dienstleistungen abhängig und der Einzelne kann davon profitieren oder einen persönlichen Nutzen daraus haben was durch ein kollektives Verhalten oder einer ganzen Gruppe geschaffen wurde.

Die Qualitätsorientierung und die fortlaufende Qualitätssicherung sowie die Verstetigung des neuen Qualitätsmanagements, verbunden mit der Entwicklung von Qualitätsstandards, sind nicht nur eine immense Herausforderung die von Pflegeeinrichtungen erwartet wird sondern sie sind auch von dem gesamten Sozial- und Gesundheitssystem und den Entscheidungen der politischen Gesundheitsakteure auf der Makroebene abhängig. Qualität wird natürlich vom Kunden als auch von den Geschäftspartnern überall und in allen Branchen vorausgesetzt, aber zu einem optimalen und vor allen Dingen bezahlbaren Preis. Slogans wie: »Stimme des Kunden hören« oder »Der Kunde ist bei uns König« prägen viele Betriebe. Eine Pflegeeinrichtung in einer Region mit einem guten Ruf genießt Anerkennung und Lob.

Die Gesellschaft, d. h. die unmittelbaren Nachbarn der Pflegeinrichtung sind durch ihr gemeinsames kollektives Verhalten in diesem Fall sehr stolz auf ihre Pflegeeinrichtung und transportieren diese Anerkennung und Wertschätzung in die unmittelbare Umgebung. Die Nachbarn und Geschäftskunden kommunizieren gerne über die Pflege und Betreuung sowie über das Wohnen und gute pflegerische Versorgung in diesem Pflegeheim. Die Auflösung eines sozialen Dilemmata gelingt am besten nach der Redewendung »Der Weg ist das Ziel« durch die kollektive Freischaltung einer ganzen Gruppe und durch den Beitrag jedes Einzelnen etwas zum gesellschaftlichen Wohl verändern zu wollen. Die Anforderungen moderner Qualitätsmanagement-Konzepte und die Maßnahmen zur internen Qualitätssicherung fokussieren durch ein kollektives Verhalten im Team die Kundenbedürfnisse und die Erfüllung ihrer Anforderungen als eine sehr wichtige Größe in einem QM-System. Die Ermittlung und die Auswirkungen der Kundenzufriedenheit müssen bei der Darlegung eines QM-Systems durch den ISO-Anforderungsteil »9.1.2 Kundenzufriedenheit« entsprechend in den Festlegungen der »Kundenbezogene Prozesse« ermittelt, identifiziert, beschrieben und bewertet werden sowie die Kundenerwartungen neben den Kundenanforderungen zu entsprechen (vgl. Hödl, 2015: 261).

Die ISO-Normen und die gesetzlichen Qualitätsanforderungen nach dem Pflegeversicherungsrecht mit den »MuG« zur Kundenzufriedenheit ergeben sich als eine Teamleistung aus dem Erfüllungsgrad und der Überwachung von Erfordernissen sowie den realistischen Erwartungen. Demnach muss u. a. jeder ambulante Pflegedienst und jede vollstationäre Pflegeeinrichtung die »Aufnahme, Bearbeitung und ggf. Lösung von Kundenbeschwerden« sicherstellen (MuG, 2018a: 4). Der Erfüllungsgrad von Erwartungen misst sich in der Verschränkung mit anderen Anwendungsabschnitten der ISO 9001, wie z. B. in der Festlegung von Qualitätszielen oder der Unternehmenspolitik bzw. durch ein Pflegeleitbild im Kontext einer gestaltbaren Organisationskultur. Dass grundlegende Ziel ist es, dass durch die wirksame Anwendung des Qualitätsmanagements die Kundenzufriedenheit und die vorausgesetzten Kundenerwartungen erhöht, d. h. am besten übertroffen werden. Dies gelingt am besten, wenn die Bewohner bei den Pflege- und Betreuungsprozessen und deren Ausgestaltung einbezogen werden und selbstbestimmt mitwirken können (vgl. § 9 WTPG). So kann durch objektive sowie kundenorientierte Messverfahren die Dienstleistungsqualität beurteilt werden, z. B. durch Beobachtungen, Befragungen und Feedbackgespräche. Nur durch die Ermittlung oder eine Messung ist es möglich, Rückschlüsse auf die Dienstleistungsqualität für die Zukunft zu ziehen. Im Kundenkontakt ist es für jede Pflegeeinrichtung bedeutungsvoll, vorher abzuklären, wer die Kundenrückmeldungen bearbeitet und welche Personen bei Kundenbeschwerden einrichtungsintern für weitere Entscheidungen zu informieren sind. Eine Kundenreklamation oder eine mitgeteilte personenbezogene Beschwerde sollte niemals im Sande verlaufen oder ausgesessen werden und könnte auch eine Anlassprüfung u.a. im Auftrag der Landesverbände der Pflegekassen durch die externen Prüfinstitutionen auslösen.

Die ISO Norm 9001 beinhaltet die unausgesprochenen, d. h. vorausgesetzten Erwartungen der Kunden und sie werden definiert als »Wahrnehmungen des Kunden über den Erfüllungsgrad seiner Erfordernisse und Erwartungen«. Durch diese Normforderungen wird erkennbar, dass sich die Kundenzufriedenheit nicht nur an den gesetzlichen und behördlichen Anforderungen bemisst, sondern auch auf die unausgesprochenen Ansprüche, d. h. auf die Erwartungen beziehen, welche nicht immer explizit in einem Heim- oder Pflegevertrag genannt oder schriftlich formuliert werden. So kann ein Bewohner in der stationären Pflege die Erwartung haben, jeden Morgen ein Angebot zum Duschen zu erhalten, ohne dass diese körperbezogenen Einzelleistungen im Heimvertrag erwähnt werden. Es ist für alle Leistungserbringer in der Pflegebranche wichtig, neben den gesetzlichen und behördlichen Anforderungen auch die zu realisierenden Erwartungen von Pflegekunden zu (er-)kennen und die individuellen Präferenzen im Ablauf der Organisation einzubeziehen und zu beachten. Werden die Qualitätsanforderungen der internationalen Norm der ISO 9001 näher betrachtet, wird sehr schnell festzustellen sein, dass neben der Forderung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements ebenso viele Begrifflichkeiten und auch Anforderungen, z. B. die Regelungen von Verantwortungen sowie personelle Zuständigkeiten, die Prozessund Kundenorientierung sowie deren Zufriedenheit den Eingang in die »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität« sich wiederfinden lassen. So finden sich bspw. in den Zielen der »MuG« als Leistungen einer vollstationären Pflegeeinrichtung u. a. die Bestrebungen »die Förderung und den Erhalt von Lebensqualität und Zufriedenheit des pflegebedürftigen Menschen unter Berücksichtigung seiner Biografie, kulturellen Prägung und Lebensgewohnheiten sowie die Förderung und den Erhalt der Fähigkeiten, Selbstständigkeit und Selbstpflegekompetenzen« wieder (MuG, 2018a: 2).

Kundenbefragungen, Rückmeldungen als ein Feedback und ein Beschwerdemanagement sowie die Maßnahmen der internen Qualitätssicherung gehören als Methoden im Dienstleistungsbereich schon seit geraumer Zeit zum Alltag, um Rückschlüsse zur Dienstleistungsqualität und Aussagen zur Kundenzufriedenheit zu erhalten. Sie nehmen einen sehr wichtigen Stellenwert im Qualitätsmanagement ein, nicht nur bei der Optimierung von Produkten und Dienstleistungen, sondern auch bei der Neuentwicklung von Angeboten sowie bei einrichtungsinternen Veränderungen. In der Versorgungslandschaft wird oftmals an diesem Punkt »Ist die Pflege fach- und bedarfsgerecht?« viel zu lange mit Maßnahmen zur internen Qualitätssicherung und demzufolge mit einer fachlich durchdachten Qualitätsplanung und Qualitätslenkung abgewartet.

Die Kundenzufriedenheit und das Wohlbefinden sowie die Lebenszufriedenheit der Bewohner gehören zum Beschwerde- und Zufriedenheitsmanagement eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements und erfordern die Einbeziehung der Erwartungen der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in der ambulanten und stationären Versorgung. Die »MuG« verdeutlichen die Bedeutung der Zufriedenheit der pflegebedürftigen Menschen in den vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie in der Kundenkommunikation die Lösung bei Kundenbeschwerden. Die Kundenkommunikation und der Umgang mit Kundenreklamation und Rückmeldungen von Kunden ist eine bedeutende Anforderung in jedem Qualitätsmanagement.

Als eine Maßnahme kann die Kundenbefragung in einer ganzen Reihe von Aktivitäten gesehen werden. Die Planung, Ermittlung und Auswertung der Kundenzufriedenheit nach dem PDCA-Zyklus als fortlaufende Verbesserung sollte ein grundlegender Baustein und Anspruch des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements sein. Nach den Qualitätsprüfungs-Richtlinien werden für die ambulanten Pflegedienste (QPR-HKP-Richtlinie gem. § 275b SGB V n. F. und QPR gem. §§ 114 ff. SGB XI n. F.) im Rahmen der Ergebnisqualität die auskunftsfähigen Pflegekunden zur Kundenzufriedenheit im Zuge eines strukturierten Interviews nach dem 18. Kapitel »Zufriedenheit des Leistungsbeziehers« durch die externen Medizinischen Dienste bzw. durch die PKV-Gutachter befragt (vgl. QPR-ambulant, 2017). Der 5. Pflege-Qualitätsbericht dokumentiert sehr hohe Zufriedenheitswerte bei den Bewohnerbefragungen im Rahmen der externen Qualitätsprüfungen durch die Medizinischen Dienste (MD) bzw. PKV-Prüfdienste. Insgesamt bewerten die Bewohner im Rahmen der gesetzlichen Qualitätsprüfungen und Zufriedenheitsbefragungen den weitaus größten Teil der Pflegeeinrichtungen mit »absolut zufrieden« und somit eindeutig positiv. »Allenfalls wenn es um ausreichend Zeit der Mitarbeiter, den Geschmack des Essens, die Angebote zur sozialen Betreuung, die Zufriedenheit mit der Wäscheversorgung und den Umgang mit Beschwerden geht, zeigen sich verhaltene Hinweise auf Optimierungsbedarfe aus Perspektive der Bewohner« (MDS, 2017b). In der ambulanten Pflege gibt es aus der Perspektive der Pflegekunden lediglich dezente Hinweise auf Optimierungen im Bereich des Beschwerdemanagements. Bei diesen Befragungen sollte berücksichtig werden, dass die Bewohner- und Kundenbefragungsergebnisse bei einer externen Überprüfung nur sehr bedingt als Indikator für eine gute Pflegequalität herangezogen werden können. Die Gründe sind neben der Methode der Befragung, dass generationsbedingt die derzeitigen Bewohner oder die älteren Pflegekunden in der ambulanten Versorgung oft nur sehr bedingt zu motivieren sind, vorhandenen Unmut oder Kritik gegenüber unbekannten Dritten zu äußern. Manche Bewohner und Pflegekunden befürchten unbegründet, dass ihnen der Pflegegrad aberkannt wird oder die gesundheitliche Beeinträchtigung ihrer Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten durch die Medizinischen Dienste (MD) bzw. PKV-Prüfdienste neu beurteilt werden und sich schlimmstenfalls die individuellen Leistungsansprüche verringern könnten.

In der ISO 9001 wird nicht explizit zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit eine schriftliche Kundenbefragung mithilfe eines standardisierten Fragebogens gefordert. Durch die neuen ISO-Anforderungen können zum Nachweis der Kundenzufriedenheit mit der Revision ebenso andere Methoden und Varianten systematisch geplant und eingesetzt werden, wie z. B. die Durchführung von Interviews (sehr anspruchsvoll, aber auch ideal!), Feedbackgespräche, Reklamationsgespräche, Befragungen der Multiplikatoren, Beschwerdemanagement und -controlling oder idealerweise auch die Aussagen und Rückschlüsse zu Kennzahlensystemen, z. B. Balanced Score Card (BSC). Von besonderer Bedeutung ist, dass eine Einschätzung in Bezug auf die Zufriedenheit der Kunden durchgeführt und die Ergebnisse grundsätzlich auch an das betroffene Pflegeteam als Feedback zurück gekoppelt werden. Falls Kundenzufriedenheitsermittlungen durchgeführt werden, obliegt die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Auswertung bei den Leitungs- und Führungskräften. An der Planung und Umsetzung können interessierte Mitarbeiter beteiligt werden. So wie eine Mitarbeiterbefragung in ein übergeordnetes System der Organisationsentwicklung integriert sein sollte, ist es sinnvoll, eine Kunden- bzw. Bewohnerbefragung in ein übergeordnetes System des internen Beschwerde- und Zufriedenheitsmanagements zu integrieren. Durch die Integration der Kundenzufriedenheitsbefragung in das Managementsystem einer Pflegeeinrichtung können sämtliche Potenziale, die dieses Instrument bietet, auch ausgeschöpft werden. Die Abbildung (image Abb. 2) verdeutlicht eine Vorgehensweise zu einer Zufriedenheitsbefragung in der ambulanten, teil- und vollstationären Pflege.

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Abb. 2: Ablauf einer Kundenbefragung

Die »eigentliche Arbeit« beginnt nachdem die Ergebnisse der Befragung auf der Grundlage eines Maßnahmenplans herausgearbeitet wurden. Dann sind wiederum alle Mitarbeiter gefragt: Die, die jeden Tag mit den Bewohnern und Kunden in Kontakt sind sowie die, die jeden Tag die personenbezogene pflegerische Versorgung erbringen. Die Pflegemitarbeiter wissen am besten, wo den Bewohnern und Kunden der Schuh drückt und welche konkreten Veränderungen notwendig sind, um fortlaufende Verbesserungen auch im Zusammenhang der Versorgungsergebnisse, zeitnah zu erzielen. Die Leitung einer Einrichtung muss die organisatorischen und infrastrukturellen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen schaffen und bereitstellen, damit Verbesserungsmaßnahmen zügig umgesetzt werden können. Die Entwicklung des Kundenbefragungsbogens ist in hohem Maße davon abhängig, zu welchem Zweck, mit welchem Hintergrund und mit welchen Zielen eine Kundenbefragung durchgeführt werden soll. Deshalb gibt es hinsichtlich der Kundenbefragung keine Standardlösungen. Hier kommt es vielmehr darauf an, die Zielvorstellungen der Heim- und Pflegedienstbetreiber auf der Leitungsebene klar herauszuarbeiten, um dann ein exakt darauf abgestimmtes Instrument einsetzen zu können.

Ablauf einer Kundenbefragung:

1.Erstgespräch zur Durchführung einer Kundenzufriedenheitsbefragung mit dem Leitungsteam einer Pflegeeinrichtung: »Was wollen wir erfahren?« und: »Was für Ziele werden daran angeknüpft?«

2.Erläuterung der Vorgehensweise und des Ablaufs.

3.Ermittlung der Anforderungen und Erwartungen hinsichtlich der Kundenbefragung in einer gemeinsamen Sitzung. Wer soll befragt werden: Bewohner, Pflegekunden, Angehörige und Betreuer?

4.Gibt es Ausschlussgründe bei der Durchführung der Befragung?

5.Wie und auf welche Art und Weise erfolgt die Auswertung z. B. einer »EDV-gestützten Kundenbefragung?«

6.Entwicklung und Bereitstellung der vorhandenen Befragungsmodule zur Kundenbefragung und Erstellung des Fragebogens und Testlauf (Pretest).

7.Rahmenbedingungen für die Planung und Durchführung der Befragung schafen.

8.Durchführung der Befragung in einem festgelegten Zeitraum.

9.Anonyme Auswertung der ausgefüllten Fragebögen.

10.Interpretation der Ergebnisse und Präsentation der Ergebnisse im Leitungsteam.

11.Umsetzung und Planung von Verbesserungsmaßnahmen im Sinne einer fortlaufenden Qualitätsverbesserung auf der Basis des PDCA-Zyklus.

Die Planung, Ermittlung, Bewertung, Überwachung und das Wissen über den aktuellen Stand der Kundenzufriedenheit unter Berücksichtigung unterschiedlicher Informationsquellen sind wichtige Größen in jedem Qualitätsmanagement. Die Vorgehensweise nach dem PDCA-Zyklus als Reflexionsinstrument welches Verbesserungspotenziale aufzeigen kann ist eine wichtige Voraussetzung, um die erwarteten Ergebnisse zu erreichen und somit die Kundenzufriedenheit innerhalb der Einrichtung zu erhöhen. In der nachfolgenden Tabelle werden die Kundenanforderungen (Spezifikationen) bzgl. der Ursachen und deren Auswirkungen für Pflegeeinrichtungen bei »Nicht-Erfüllung« von Kundenanforderungen anhand verschiedener Beispiele und Situationen verdeutlicht.

1.3.1 Kundenanforderungen nachhaltig erfüllen

Zu den wichtigste internen und externen Themen gehört u. a. die Kundenorientierung, d. h. im Fokus stehen gleichrangig die Pflegekunden als auch die Mitarbeiter die für die strategische Planung und Gestaltung des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements oder eines QM-Systems nach der ISO 9001 im Normabschnitt 4.1 »Verstehen der Organisation und ihres Kontextes« von besonderer Bedeutung sind. Eigentlich sollte gerade in der ambulanten und stationären Pflege vorausschauendes Denken und Verlässlichkeit, die Einbeziehung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sowie deren Erwartungen viel stärker vorherrschen, als dies oft der Fall ist. Die Bewohner antworten auf die Frage: »Wie gefällt es ihnen hier?« mit folgenden Umschreibungen, die oftmals als sozial erwünschtes Antwortverhalten bewertet werden können:

»… die ›Schwestern‹ sind hier alle nett … und sind sehr bemüht ...«

»… Ich mag nicht klingeln, denn die ›Schwestern‹ haben so viel zu tun ...«

»… das Essen schmeckt mir gut …«

»… die sind alle freundlich … und haben sehr viel zu tun …«

»… ich würde gerne mal spazieren gehen, aber dafür hat man hier keine Zeit …«

»… wo soll ich denn noch hin, meine Kinder haben keine Zeit und sind auch berufstätig …«

»… ich bin nur vorübergehend hier, meine Kinder holen mich bald wieder ab …« und verweisen auf ein Bild von den Kindern mit den Enkelkindern auf dem Nachtschrank...

So kann erlebt werden, dass z. B. manche Bewohner in den stationären Pflegeeinrichtungen oftmals lächelnd auf ihr noch verbliebenes »Hab und Gut« verweisen, dass sie doch noch mit ins Heim nehmen durften. Diese scheinbare Zufriedenheit spiegelt sich häufig in ihren Gesichtern nicht wider. Sie lässt sich auch manchmal nicht immer von einem guten Pflegezustand (z. B. Beurteilung der Haar- und Hautpflege, Hautzustand, Körpergewicht, Bekleidung, Bartrasur, Fuß- und Fingernägel etc.) unmittelbar in den unterschiedlichen Versorgungsarten und -situationen ableiten. Auch das Mitbringen von Kleinmöbeln oder lieb gewonnenen Haustieren ist nicht in allen stationären Pflegeeinrichtungen die Regel und dass obwohl die positiven Wirkungen von Haustieren bei älteren Menschen belegt sind. Es wird vielmehr immer wieder als Problem thematisiert, weil das Aufstellen der Möbel (in den meist zu kleinen Zimmern) die Reinigung und Instandhaltung dabei Schwierigkeiten machen können. Viele, gerade ältere stationäre Pflegeeinrichtungen verfügen durch ihre bauliche Konzeption manchmal noch nicht einmal über einen eigenen Telefonanschluss mit größeren Tastaturen und über entsprechend größere Anzeigen oder über einen eigenen Internetzugang in ihren Zimmern, ein Radio wird häufig als störend empfunden. Die Verweigerung oder die ablehnende Haltung kann dann mit dem Satz: »Die Zimmernachbarin fühlt sich dadurch gestört und das wollen WIR doch nicht …« begründet werden und dass obwohl die Gestaltung des Alltagslebens und die Förderung der sozialen Kontakte unter der Berücksichtigung der Biografie sich als eine Anforderung in den »alten« als auch in den neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) wiederfinden lassen (vgl. QPR, Anlage 2, 3. und 5. Qualitätsbereich, 2018). Der Umgang und die Verbreitung von digitalen Medien und die Technikakzeptanz, welche von unterschiedlichen Faktoren abhängig gemacht werden muss, haben schon lange Einzug gehalten in den Wohnungen der älteren Menschen. So kann die Altersstudie 2017 aufzeigen, dass z. B. jeder zweite 65–85-Jährige das Internet benutzt und dass es sich in diesem Alterssegment weiter verbreitet (vgl. Generali Altersstudie, 2017).

»Ich benutze mein Internet täglich: In erster Linie nutze ich es, um ein paar Spiele für mein geistiges Training durchzuführen. Und dann ist es für die Urlaubssuche sehr schön. Und ich benutze es zum Einkaufen, für allgemeine Produktinformationen und Testergebnisse.« (Mann, 75 Jahre, mit Partnerin) (Auszug aus der Generali Altersstudie, 2017: 113 f.).

Dies sind nur einige Beispiele für die veränderten Kundenanforderungen und die individuellen Präferenzen der älteren Menschen, die sich insbesondere auch bei gesundheitsbezogenen Beeinträchtigungen nicht unbedingt verändern werden. So können beispielsweise viele ältere Menschen bereits vor dem Einzug in eine Pflegeeinrichtung sehr geübt in dem Gebrauch von technikunterstütztem Wohnen sein, z. B. durch technische, integrierte und vernetzte Assistenzsysteme in ihrer eigenen Häuslichkeit. Die Bedienung von Raum- und Gebäudefunktionen sollten grundsätzlich verstanden werden, um eine Stigmatisierung von »Alter(n)« zu vermeiden und das erfolgreiche und gesunde Alter(n) zu fördern (vgl. BMFSFJ, 2015). Die technischen Assistenzsysteme (AAL-Systeme) als technische Hilfsmittel haben den Vorteil, dass durch diese intelligente Technik ein Höchstmaß an Lebensqualität sowie die selbstständige Lebensführung in einer gewohnten Umgebung für einen längeren Zeitraum erhalten bleiben. Bei den AAL-Systemen und anderen Gerontechnologien handelt es sich um »komplexe Konglomerate aus Technologie und Dienstleistungen, die Menschen in der selbstständigen Bewältigung des Alltags unterstützen« (Fachinger et al., 2014: 14) und gehören heute zum normalen Alterungsprozess. So können durch eine sensorische Raumüberwachung z. B. Gefahrensituationen frühzeitig erkannt und ein automatischer Notalarm abgesetzt werden, ohne dass dabei durch den älteren Menschen in seinem Zuhause eine aktive Bedienung erforderlich ist. Unterstützende Systeme und bauliche Konzeptionen sind Bestandteil von Qualität und kennzeichnen das Wohlbefinden, Lebensqualität und die bestmögliche Lebenszufriedenheit von älteren Menschen mit individuellen Pflegebedarf.

Eine Vielzahl von Beispielen können die vorausgesetzten und unausgesprochenen Erwartungs- und Anspruchshaltungen sowie die Kundenerlebnisse der hilfe- und pflegebedürftigen älteren Menschen nach Einzug in eine Pflegeeinrichtung aufzeigen. Ein Zimmer mit einem Bett, Nachtschrank, Notruf und einer Nasszelle genügen heute als ein gewisser »Goldstandard« schon lange nicht mehr. Manchmal sind die Pflegeeinrichtungen in ihrer baulichen Konzeption nicht immer optimal ausgerichtet, z. B. ein viel zu großer Wohnbereich mit vielen unterschiedlichen Wohnund Bewohnergruppen, fehlende Rückzugsmöglichkeiten für die Pflegenden oder zu kleine Dienstzimmer für die Pflegemitarbeiter, um ungestört Übergaben und Besprechungen durchführen zu können, erschweren die Organisation und haben negative Auswirkungen auf eine gute Versorgungsqualität. Daneben wird beispielweise auch durch eine ungünstige bauliche Konzeption die Handlungsfreiheit von Bewohner und Bewohnerinnen stark eingeschränkt, sodass die älteren Menschen mit einer demenziellen Erkrankung in ihrem Bewegungsdrang durch zu kleine Gänge in den Fluren und durch dunkle Treppenhäuser in ihren Freiheitsrechten eingeengt und beschnitten werden (vgl. Wahl; Heyl, 2015: 201 f.).

Trotz allem verneinen oft selbst Bewohner, die gesundheitlich und körperlich dazu in der Lage wären, häufig einen Umzug in eine andere Pflegeeinrichtung. So kann die Frage: »Wie gefällt es ihnen hier« auch mit einem: »Na ja, es muss ja …« oder: »Wo soll ich denn in dem hohen Alter noch hin?« beantwortet werden. Andere Bewohner hoffen in diesen vorgefundenen Lebensbedingungen in Pflegeheimen auf ihre Angehörigen: »Meine Kinder kommen bald und holen mich hier wieder ab …ich bin doch nur vorübergehend hier!« Dass sie in der eigenen Häuslichkeit oft nicht mehr zurechtkommen, dass die eigenen Kinder sie nicht immer betreuen und aus verschiedenen Gründen auch nicht immer pflegen können, realisieren sie dabei oft nicht mehr oder verdrängen diese Tatsache in ihrer eigenen Lebenswelt. Somit warten diese Bewohner, Tage, Wochen und Monate, bis das »Abwarten« irgendwann einmal vergessen oder verdrängt wurde und das Pflegeheim und die Abläufe zum Alltag geworden sind und hingenommen werden. Das Heim, und sei es noch so emotional belastend, wird dann zwangsläufig das neue »Zuhause« dass man dann nicht wieder auf »gut Glück« so einfach aufgeben möchte.

Allein der Umzug in eine andere Pflegeeinrichtung ist mit großen Mühen und Strapazen verbunden, was die Bewohner ihren Angehörigen (oder umgekehrt) nicht zumuten möchten. Von daher verbleiben gezwungenermaßen die Bewohner fast immer in einem schlecht organisierten und unstrukturierten Pflegeheim mit wenig Angeboten zur Unterstützung bei der Tagesstrukturierung und Beschäftigung oder der personellen Förderung zur sozialen Teilhabe und Kommunikation, nehmen eine schicksalsergebende Haltung ein und kommunizieren dies mit eigenen Schuldgefühlen oder einem schlechtem Gewissen: »Ich mag nicht klingeln, denn die ›Schwestern‹ haben so viel zu tun.« Dabei ist eine auf das Alter(n) spezifische Herausforderung, dass die Beschäftigungsangebote und die Aktivitäten im Alltag in Einklang mit den persönlichen Präferenzen der älteren Menschen stehen müssen (vgl. QPR, Anlage 2: Prüfbogen B, 3.2 Qualitätsaspekt, 2018: 17).

So gibt es durchaus Bewohner in einem Pflegeheim, die in diesen schwierigen und prekären Versorgungssituationen sehr schnell hospitalisieren, stereotype Verhaltensweisen annehmen, vereinsamen und sich in eine »ICH-Zurückgezogenheit« sowie in ihre Vergangenheit durch Instabilitäten der inneren und äußeren Lebenssituationen zurückziehen und sich dadurch kognitive und körperliche Beeinträchtigungen nicht mehr selbstständig ausbalancieren lassen. Dies kann zur Folge haben, dass sich die älteren Menschen von ihrer Außenwelt abschirmen, dem ein kontinuierlicher irreversibler Leistungsabfall und Funktionsverlust unterliegt (vgl. Becker; Brandenburg, 2014: 43 f). Diese Lebenssituationen und »Schreckensbilder des Alterns« erhöhen das Risiko, die individuelle Autonomie und die Entscheidungsfähigkeit zu verlieren und können ebenso zu einem Verlust der vorhandenen Selbstmanagementund Anpassungskompetenzen führen. Durch diese schwierigen Lebens- und Versorgungssituationen können die Bewohner in der stationären Pflege ihre bestehenden Funktionseinschränkungen und Beeinträchtigungen, z. B. nach dem sogenannten SOK-Modell (Selektion, Optimierung und Kompensation) dann nicht mehr selbstständig ausgleichen, d. h. selbstständig ausbalancieren, damit ein selbstständiges Leben möglich wird und die Autonomie und die Selbstbestimmung erhalten bleiben. Die Wahrnehmung der Autonomie eines Bewohners ist weder vom Alter eines Menschen noch seiner Geschäftsfähigkeit abhängig.

Durch eine gezielte Selektion und Optimierung durch Kompensation können eingetretene Verluste im Alter durch Hilfen und kleinere »Tricks« im Alltag durch die älteren Menschen ausgeglichen werden. Das nachfolgende Beispiel des Pianisten Arthur Rubenstein wird allzu gerne in im Zusammenhang des SOK-Modells herangezogen: Rubenstein wurde nach einem Konzert gefragt, wie er trotz seines hohen Alters das hohe Niveau seiner Vorstellungen in seinen Darbietungen halten könne. Dieser antwortete, » dass er (a) sein Repertoire einschränke (Selektion), (b) intensiver das, was er noch spiele, übe (Optimierung) und (c) einige Tricks , wie z. B. das bewusste Langsamer-Spielen von schnelleren Passagen, einsetze (Kompensation) (Becker; Brandenburg, 2014: 48; Wahl et al., 2012: 134 f).

Die Vernachlässigung der eigenen Kompetenzen und Ressourcen sowie der bedeutsamen Ziele können zur Konsequenz führen, dass der Prozess des Funktionsverlustes (sog. Deconditioning) und die eigenen Gestaltungs- und Handlungsspielräume sowie die AEDL-Performance oftmals nicht mehr aufgehalten werden kann und dadurch die Beeinträchtigungen im Verhältnis dominieren. Durch ein Deconditioning können sich neben dem Frailty-Syndrom (Gebrechlichkeit), ein getriggerter Verlust mit Abbau von Muskelmasse und durch die Abnahme der Muskelkraft (Sarkopenie) eine Immobilität mit Ortsfixierung (schlimmstenfalls eine Bettlägerigkeit) als negative Folgen resultieren (vgl. Siebens, 1990). Im Hintergrund der Lebensspannenkonzeption beschreibt das SOK-Kompetenzmodell in jedem Entwicklungsprozess den Erhalt von Handlungskompetenzen, die Maximierung von Gewinnen und die Minimierung von Verlusten auf der Grundlage von Prozessen der Selektion, Optimierung und Kompensation (vgl. Baltes & Baltes, 1990). Somit können grundsätzlich alle Menschen auf körperbezogene Verluste und Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit mit Anpassungsprozesse (Selektion), Optimierungs- (Training der Leistungsfähigkeiten) und Kompensationsmechanismen (Ausgleichen) durch die Anwendung und Verstärkung von alternativen Möglichkeiten und Anpassungsstrategien bewusst oder unbewusst reagieren, um die gewohnte Lebensqualität in ihrem persönlichen Umfeld aufrechtzuerhalten. Die Förderung und der Erhalt der Selbstständigkeit und Lebensqualität ist ein wichtiges Qualitätsziel i. S. von Ergebnisqualität nach dem neuen Qualitäts- und Prüfsystems.

Andere Bewohner in den vollstationären Pflegeeinrichtungen können sich bei der Vernachlässigung einer individuellen Tagesstrukturierung mit unangemessenen Strukturen und Abläufen allein und in ihrem individuellen Alternsverlauf im Stich gelassen fühlen. Durch diese Lebenssituationen kann ein herausfordernd erlebtes Verhalten ausgelöst werden, da tagsüber keine sinnvollen tagesstrukturierenden Maßnahmen und Angebote zur Förderung der subjektiven Gesundheit und der individuellen Interessen und Gewohnheiten der Bewohner angeboten werden. Unter einer subjektiven (selbst wahrgenommenen) Gesundheit ist zu verstehen, dass die Menschen ihren eigenen Gesundheitszustand und das eigene Wohlbefinden nicht ausschließlich auf der Basis von objektiven (tatsächlich vorliegenden) medizinischen Diagnosen beurteilen (vgl. RKI, 2015). Diese Phänomenologie der subjektiven Gesundheit und deren individuelle Wahrnehmung wird als »Wohlbefindlichkeitsparadoxen« beschrieben (vgl. Staudinger, 2000). Auch die Altersstudien bspw. durch das Zentrum für Altersfragen (DZA) im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) können im Ergebnis aufzeigen, dass trotz vorhandener Erkrankungen und Einschränkungen z. B. in der Mobilität, ältere Menschen ihre eigene Gesundheit geschlechtsunspezifisch trotz objektiver Erkrankungen oft positiver bewerten und nach außen darstellen als die Diagnosen diese eigene Beurteilung zulassen (vgl. RKI, 2015; Spuling et al., 2017).

Pflegeheimbetreiber mit unangemessenen Struktur- und Rahmenbedingungen können neben den Versäumnissen in der baulichen Konzeption mehrere Kennzeichen aufweisen: Durch den täglichen Wettlauf mit der Zeit und den damit verbundenen Arbeitsspitzen bei bestehender strukturell personeller Unterbesetzung des Pflegepersonals und der Fachkräftemangel in allen anderen Arbeitsbereichen können die Bewohner im betriebsbedingten Tagesablauf häufig nur mit dem Notwendigsten versorgt werden. Sie erleiden Gesundheitsrisiken, sowohl körperlich als auch psychisch. Dadurch können die Bewohner in Vergessenheit geraten, es sei denn, sie äußern sich lautstark, wehren sich oder haben engagierte Angehörige, die sich für die Belange und Bedürfnisse einsetzen und oftmals als Anlaufstelle die Heimaufsicht oder die Kranken- und Pflegekassen aufsuchen. Es wird oft zu wenig oder zu spät darüber nachgedacht, die vereinbarten Kundenanforderungen und die realistischen Erwartungen mit Nachdruck zu erfüllen und mit anderen Berufsgruppen im interdisziplinären Kontext zusammenzuarbeiten. Bei einem unstrukturierten und unorganisierten Betriebsmanagement und bei »unangemessenen Struktur- und Rahmenbedingungen« werden die Bewohner allein gelassen und die gesetzlich umfassenden Informationspflichten durch den Träger (§ 3 WBVG) werden in diesen Situationen oftmals vernachlässigt oder unverständlich an die Bewohner und ihrer Angehörigen kommuniziert. Ihre individuellen Bedürfnisse und Interessen bleiben unerkannt, sodass vorhandene individuelle Fähigkeiten in ihrem Alltagsleben nicht gefördert werden und schlimmstenfalls Pflegefehler entstehen können. Durch die Neuausrichtung des Qualitäts- und Prüfsystems in den neuen Qualitätsbereichen und der halbjährlichen Erhebung, Messung und Darstellung der Versorgungsergebnisse mithilfe von Ergebnisindikatoren ist zu erwarten, dass solche Beobachtungen im Zuge der neuen Qualitätsbewertungen und Verfahren sich im Ergebnis frühzeitiger zeigen werden, sodass nach dem Anhörungsverfahren die Anordnung und die Erteilung eines Maßnahmenbescheides gem. § 115 Abs. 2 S. 1 SGB XI n. F. auch gerechtfertigt ist.

Auch wenn die Pflegedokumentation als Grundlage und Steuerung für den Pflegeprozess nicht mehr als alleinige Informationsquelle nach den neuen Qualitätsanforderungen herangezogen wird, so zeigen die Pflegedokumentationen in den genannten Pflegeeinrichtungen trotzdem häufig gravierende Mängel und große Lücken sowie Dokumentationsdefizite sowohl in der Nachvollziehbarkeit als auch in den Evaluationen und Anpassungen bei Veränderungen von Pflegesituationen oder gesundheitsbezogenen Aspekten. In den zukünftigen externen Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst bzw. dem PKV-Prüfdienst müssen jegliche Veränderungen von vorgefundenen Pflegesituation (Plausibilitätskontrolle) in dem Fachgespräch im Abgleich mit den Versorgungsergebnissen im Feedbackbericht der DAS und deren Abweichungen, plausibel dem Medizinischen Dienst (MD) bzw. den PKV-Qualitätsprüfern durch die Pflegefachkräfte die in der Versorgung der Bewohner sind, verdeutlicht und nachvollziehbar erklärt werden können. Demnach erfordert jede Veränderung einer Pflegesituation (z. B. nach einem Krankenhausaufenthalt) eine zeitnahe Evaluation und Anpassung der Maßnahmen, da im Fachgespräch als gleichrangige Informationsgrundlage zu anderen Datenquellen, entsprechende pflegefachliche Erläuterungen ausnahmslos durch die Pflegenden gemacht werden müssen. Das Fachgespräch und der pflegefachliche Austausch und die Auffassungen haben auch in der Vergangenheit einen sehr hohen Stellenwert bei externen Qualitätsprüfungen eingenommen, um eine vorgefundene Versorgungssituation sachlich und fachlich gemeinsam zu reflektieren oder eine vorgefundene Pflegesituation fachlich zu argumentieren oder zu begründen. In einer lückenhaften und mangelhaften Pflegedokumentation überwiegen betriebsbezogene und sonstige »dokumentierte Informationen« sowie defizitorientierte Eintragungen und eine Evaluation des Pflegeprozesses erfolgt nicht immer zeitnah. Hinzu kommen Hinweise im Pflegenachweis bzw. im Berichteblatt wie: »Keine besonderen Vorkommnisse« oder »Alles wie gehabt.« Für Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner und deren pflegefachliche Reflexion und Anpassung von Pflegemaßnahmen sowie die Orientierung an den individuellen Bedarfslagen ist manchmal weder die Zeit noch der Wille vorhanden. Oft fehlt auch nur die erforderliche Fachlichkeit und dass pflegefachliche Bewusstsein, um gute Versorgungsergebnisse i. S. einer personellen Unterstützung der Bewohner zu erzielen.

Allerdings müssen Dokumentationsschwächen oder Defizite nicht immer zwangsläufig mit einer gesundheitlichen Schädigung einhergehen (vgl. IPW, 2019: 7). So entsteht aufgrund einer unzureichenden Risikoeinschätzung nicht immer sofort ein Dekubitus. Dieses kann allerdings ein mögliches Risiko mit negativen Folgeschäden für den versorgten Bewohner haben (z. B. durch eine fehlende Ermittlung erforderlicher Lagerungsintervalle und sonstiger Prophylaxen – Risiko: Dekubitalulcera bei bewegungseingeschränkten Bewohnern) und wird deshalb zukünftig nach der neuen Prüf- und Bewertungssystematik durch den Medizinischen Dienst bzw. die PKV-Prüfdienste mindestens als ein sogenanntes C-Risiko (»Defizit mit Risiko negativer Folgen für die versorgte Person«) bewertet. Unter einem C-Risiko bestehen fachliche Defizite in der Prozessqualität und werden verstanden als ein vermeidbares Risiko negativer Folgen für die betreffende Person, die dem Verantwortungsbereich der Pflegeeinrichtung zuzuschreiben sind (vgl. QPR, Anlage 5: Qualitätsbewertung Qualitätsprüfung und Anlage 6: Bewertung Plausibilitätskontrolle, 2018).

Einige Bewohner können in den Pflegeeinrichtungen mit Organisationsmängeln durch Unruhe- und Verwirrtheitszustände oft im Verhalten und Erleben auffällig werden. Es wird dann oft von »schwierig« oder »pflegeabwehrendes Verhalten« und Unruhezuständen in der nächtlichen Versorgung berichtet und schlimmstenfalls nach verzerrten Beurteilungen gegenüber dem Hausarzt nach ärztlicher Verordnung (AVO) medikamentös mit Psychopharmaka sediert oder nach ärztlicher Anordnung eine »Therapie« als notwendig erachtet. Durch bestimmte Psychopharmaka wie z. B. Neurocil® oder Haloperidol® und anderen Arzneimitteln können bei älteren Menschen unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) ausgelöst werden. Sie sollten durch die Hausärzte auf gar keinen Fall verordnet werden. Die PRISCUS-Liste enthält eine Auflistung von 83 Arzneimitteln, die für ältere Menschen als potenziell inadäquat anzusehen sind, da ein besonderes Risiko für UAWs auftreten können (vgl. Holt; Schmiedl; Thürmann, 2011). Die PRISCUS-Liste bezieht sich nicht nur auf die Psychopharmaka, sondern umfasst mit ihren wesentlichen Bedenken für mögliche UAWs auch andere 18 Arzneistoffklassen, wie z. B. Analgetika, Antiarrhythmika, Antibiotika, Anticholinergika etc. So können anticholinergische Effekte wie z. B. ein trockener Mund mit der Einnahme von Antipsychotika oder Antidepressiva induziert sein und sich dabei negativ auf die gesamte Bewegungskoordination bei älteren Menschen auswirken. Die nachfolgende Tabelle (image Tab. 3) soll als kurzer Auszug den Aufbau der bekannten PRISCUS-Liste schematisch darstellen:

Oftmals werden in den vollstationären Pflegeeinrichtungen die pflegesensitiven Gesundheitsrisiken (z. B. Sturzgefahr, Exsikkosegefahr, Kontrakturen- und Dekubitusgefahr und die Gefahr der Verschlechterung der Mobilität etc.) sowie die damit verbundenen Aktivierungspotenziale durch die Pflegefachkräfte entweder nicht rechtzeitig erkannt oder die Risiken werden nicht durch geeignete Maßnahmen abgestellt oder jedenfalls minimiert. Der personenzentrierte Ansatz in der Pflege beinhaltet, dass die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Bewohner im Mittelpunkt stehen und die Bedarfe zur Versorgungssituation in der Pflegeeinrichtung ermittelt und bekannt sind. Die Ermittlung und Einschätzung von pflegesensitiven Risiken haben zum Ziel, zeitnah geeignete Interventionen einzuleiten und Förderungspotenziale zu erkennen, damit gesundheitsbezogene Risiken und Pflegeschäden (z. B. ein Dekubitus) in jedem Fall verhindert werden. Oftmals ist dies in den o. g. Pflegeinrichtungen nicht der Fall: Da werden Bewohner aufgrund ihrer »Immobilität« und Frailty-Syndrom nicht mobilisiert, und es werden ohne Einwilligungserklärungen oder richterliche Beschlüsse zwei Bettseitenteile am Bett als »Freiheitsentziehende Maßnahmen« (FeM) angebracht, da alternative Maßnahmen zur Fixierungsvermeidung, z. B. nach dem »Werdenfelser Weg«, als Entlastung für die Pflegenden nicht hinreichend bekannt sind. Durch die Anwendung einer FeM, z. B. durch beidseitige Bettseitenteile wird in besonderem Maße in die Patientenautonomie und in die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit eingegriffen und ist in jedem Fall durch alternative Maßnahmen zu verhindern (s. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

Der »Werdenfelser Weg« als eine alternative Maßnahme verfolgt das Ziel, die Fixierungen in Pflegeeinrichtungen auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und auf Freiheitsentziehende Maßnahmen (FeM) durch andere Maßnahmen (z. B. technische Hilfsmittel) zu verzichten. Grundsätzlich ist der Betreuer bei einer FeM »Herr des Verfahrens« und muss die Maßnahmen zur Freiheitsentziehung sofort beenden, wenn sie nicht mehr dem Wohl des Betroffenen dient oder andere Voraussetzungen nicht mehr vorliegen (vgl. § 1906 Abs. 3 BGB). In der Zukunft ist durch die stichtagsbezogene Erhebung der Versorgungsergebnisse alle sechs Monate der Anteil der Bewohner, bei denen Bettseitenteile oder Gurte in den vergangenen vier Wochen angewendet werden, ein wichtiges Kennzeichen für die Pflegequalität. Dies ist nichts Neues, da auch in den alten Prüfanleitungen und Transparenzkriterien die Notwendigkeit und die Einwilligungen bzw. die richterlichen Genehmigungen von freiheitsentziehende Maßnahmen von den externen Qualitätsprüfungen überprüft und in dem 1. Qualitätsbereich »Pflege und medizinische Versorgung« nach den »alten« Pflegenoten« für die vollstationären Pflegeeirichtungen nach den Transparenzkriterien (T 20 und T 21) bewertet wurden. Nach der neuen QPR vollstationär (2018) werden zukünftig in dem neuen 4. Qualitätsbereich »Unterstützung in besonderen Bedarfsund Versorgungssituationen« unter dem 4.4. Qualitätsaspekt »Freiheitsentziehende Maßnahmen« für die in die Prüfung einbezogenen Bewohner auch weiterhin erfasst und durch den Medizinischen Dienst bzw. durch die PKV-Prüfdienste das Ausmaß, die Formalien (z. B. Einwilligungserklärungen oder richterliche Beschlüsse) und die Notwendigkeit beurteilt (vgl. QPR, Anlage 1: Prüfbogen A, 2018: 41 ff.). Nach dem Indikatorenmodell zur Erfassung und Darstellung sowie zur vergleichenden Messung der Ergebnisqualität muss die Anwendung von Gurten sowie die Anwendung von Bettseitenteilen durch die Einrichtung in dem Erfassungsinstrument für alle Bewohner einer Pflegeeinrichtung ermittelt und zur Berechnung der Indikatoren an die DAS übermittelt werden.

Durch Vernachlässigung einer angemessenen Versorgungssituation können wiederum andere Bewohner in der stationären Pflege seit Monaten einen Dauerkatheter haben – ohne ärztliche Indikationsstellung sowie fehlender Diagnose. Pflegerische Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe (Druckstellen durch die Katheterableitungen!) finden sich bei einem bestehenden Dauerkatheter nicht handlungsleitend in der Pflegedokumentation. Oft argumentieren die Pflegekräfte dann selbstsicher: »Der Bewohner ist mit dem Dauerkatheter aus dem Krankenhaus gekommen«, obwohl der Krankenhausaufenthalt bereits Monate zurückliegt. Die Inhalte aus dem nationalen Expertenstandard zur Förderung der Harnkontinenz und sonstiger Expertenstandards sind in solchen Pflegeeinrichtungen entweder nur sehr oberflächlich bekannt oder nicht verständlich sowie nicht einrichtungsbezogen, d. h. handlungsanleitend als eine verbindliche Grundlage, angepasst worden. Die Expertenstandards sollen die Pflegequalität befördern und deren Implementierung muss immer auf die besonderen Gegebenheiten einer Einrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes zugeschnitten werden. Die Expertenstandards sind als Maßstab zur Beurteilung des aktuellen Standes in der gängigen Pflegepraxis anzuwenden (vgl. QPR, 2018: 8).

Bereits 1999 hat die Gesundheitsministerkonferenz durch ihr Erschließungspapier zur »Gewährleistung einer systematischen Weiterentwicklung der Qualität im Gesundheitswesen« die Grundlagen für die Entwicklung von Expertenstandards beschlossen (Schmidt, 2012). Damit dieses Vorhaben gelingt, wurde 1999 das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP; www.dnqp.de) in Kooperation mit dem Deutschen Pflegerat (DPR) und mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gegründet. Die nationalen Expertenstandards als ein Qualitätsmaßstab tragen mit ihren Themen zur Konkretisierung des allgemein anerkannten Stand der medizinisch-pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse bei und sind nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger für alle ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland als eine unmittelbare Verbindlichkeit zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege einzubeziehen (vgl. § 113a Abs. 3 SGB XI n. F.). Die QPR beziehen neben den Strukturen und Prozessen grundsätzlich die Expertenstandards in der Pflege und deren Umsetzung in die externen jährlichen Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst bzw. PKV-Prüfdienste im Rahmen der Beurteilung von Prozess- und Ergebnisqualität mit ein.

Die bisherigen Expertenstandards des Deutschen Netzwerks für die Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) sind:

Dekubitusprophylaxe in der Pflege (2. Aktualisierung, Juni 2017)

Entlassungsmanagement in der Pflege (2. Aktualisierung, 2019)

Schmerzmanagement in der Pflege bei akuten Schmerzen (1. Aktualisierung, Dezember 2011)

Schmerzmanagement in der Pflege bei chronischen Schmerzen (Entwicklung – Konsentierung – Implementierung, Mai 2015)

Sturzprophylaxe in der Pflege (1. Aktualisierung, Januar 2013)

Förderung der Harnkontinenz in der Pflege (1. Aktualisierung, März 2014)

Pflege von Menschen mit chronischen Wunden (1. Aktualisierung, September 2015)

Ernährungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege (1. Aktualisierung, Januar 2017)

Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz (Sonderdruck einschließlich Kommentierung und Literaturstudie, März 2018)

Der Expertenstandard »Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege« (Mai 2019) wird nach Auskunft des DNQP derzeit unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Klaus Wingenfeld von der Universität Bielefeld seit Januar 2020 bewertet. Dabei wird über einen möglichen Änderungsbedarf entschieden. Nach der Konsultationsphase zum überarbeiteten Expertenstandard (Entwurfsfassung im Frühjahr 2020) soll der konsentierte aktualisierte Expertenstandard den Vertragsparteien nach§ 113 Abs. 1 SGB XI übergeben werden. Das DNQP entwickelt in Kooperation mit der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) und der Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderen medizinischen Unterstützungsbedarf (AG ZMB) einen neuen Expertenstandard zum Thema »Erhaltung und Förderung der Mundgesundheit in der Pflege« bei pflegebedürftigen Menschen in Krankenhäusern, Einrichtungen der stationären Altenhilfe und ambulanten Pflegediensten. Der neue Expertenstandard zur Mundgesundheit soll im Herbst 2020 in der Fachöffentlichkeit vorgestellt und konsentiert werden.

Unter einer Mundgesundheit wird eine »uneingeschränkte Funktionalität und Entzündungs- bzw. Beschwerdefreiheit aller Organe der Mundhöhle, d. h. der Zähne, des Zahnhalteapparates (Verankerung des Zahnes im Kieferknochen und Zahnfleisch), der Schleimhäute, der Zunge, der Kiefergelenke und der Speicheldrüsen« verstanden (Brauckhoff et al., 2009: 8 f.). Diese Definition verdeutlicht, dass die gute Mund- und Zahngesundheit im Rahmen der Gerodontologie als eine wichtige Determinante für die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität und für das Wohlbefinden von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen eine hohe Bedeutung hat (vgl. Reißmann; Lamprecht, 2018). Die Anspruchsleistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei pflegebedürftigen Menschen, Menschen mit Behinderungen und bei eingeschränkten Alterskompetenzen, ergeben sich im Wesentlichen aus dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG, 2008) und den Regelungen im Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG). »Im PNG wurden die Vorschriften zu den Kooperationsverträgen, die gem. § 119b SGB V Pflegeheime einzeln oder gemeinsam zur Sicherstellung der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung ihrer Bewohner*innen mit niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten abschließen können, weiterentwickelt« (Brandhorst et al., 2016). Die grundlegenden zahnmedizinischen Reformen wurden gem. § 22a SGB V n. F. (Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung) zuletzt im Jahr 2018 gesetzlich neu verankert, die jetzt auch gesetzlich versicherten Pflegebedürftigen einen Anspruch auf zusätzliche Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen einräumt, und sind in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kodifiziert. Einige Pflegeeinrichtungen haben bereits vertragliche und schriftliche Kooperationen mit den niedergelassenen Zahnärzten abgeschlossen und haben professionsübergreifend auch Pflegemitarbeiter zu Mundhygienebeauftragten als Ansprechpartner für die Zahnärztinnen und Zahnärzte benannt und geschult. Die Verbesserung der zahnmedizinischen Betreuung von pflegebedürftigen Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen ist gleichfalls ein wichtiges Kennzeichen für eine gute Pflege- und Lebensqualität.

Neben einer angemessenen Zahn-, Prothesen- und Mundgesundheit bei älteren hilfe- und pflegebedürftigen Menschen, kann in schlecht aufgestellten Pflegeeinrichtungen beobachtet werden, dass die medizinische Behandlungspflege, z. B. das An- und Ausziehen von Antithrombosestrümpfen (ATS) von unausgebildeten Pflegehilfskräften durchgeführt wird. Die Pflegefachkräfte übernehmen dann im Anschluss oftmals das Abzeichnen im Durchführungsnachweisen der medizinischen Pflege. Diese durchaus gängige Praxis wird damit gerechtfertigt, dass die Pflegeassistenten oder die unausgebildeten Pflegemitarbeiter seit Jahren in der Pflegeeinrichtung beschäftigt sind und die Bewohner sehr gut kennen sowie das Verfahren mit der Heimaufsicht i. S. einer Gleichstellung von Pflegehelfern abgeklärt wurde. Auch wird oftmals angeführt, dass es sich hierbei um keine invasiven Pflegemaßnahmen gehandelt hat. Dieser direkte Rückschluss der Pflegenden ist grundlegend falsch! Die Gleichstellung von langjährigen Pflegehelfern kann ausnahmslos mit dem Vorliegen von bestimmten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, z. B. durch eine vorherige gute, dokumentierte und mehrfache Anleitung durch die Pflegefachkräfte, durch die Heimaufsicht nach Antrag des Trägers einer Pflegeeinrichtung zeitlich befristet (meist nur einige Monate) bewilligt werden. Nichtsdestotrotz ist das vorherige Abzeichen der medizinischen Pflege durch Pflegehilfskräfte in der Praxis keinesfalls zu rechtfertigen.

Die Bewohner werden bei einer nicht fachlich kompetenten Pflege und durch das Ausbleiben einer aktivierenden fördernden Prozesspflege und der Vernachlässigung der Interessen und Gewohnheiten sehr schnell durch nicht angemessene Verhaltensweisen innerhalb der Organisationskultur vergessen und durch das prekäre Management überrollt und oftmals auch in ihrer Persönlichkeit bevormundet. Förderungsmöglichkeiten in Bezug auf die personenbezogene Versorgung werden vernachlässigt und biografische sowie kulturelle Aspekte bleiben unberücksichtigt. Die Unterstützung bei der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte ist in der Zukunft u. a. ein wichtiges Beurteilungskriterium im 3. Qualitätsbereich »Unterstützung bei der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte« der neuen externen jährlichen Regelprüfungen deren Erwartungshorizont bspw. in den »Erläuterungen zu den Prüfbögen« beschrieben wurden (vgl. QPR, Anlage 4, 2018: 17 ff.).

Nicht selten kommt es in diesen schlecht organisierten Pflegeeinrichtungen zu schlimmsten Qualitätsdefiziten, wie z. B. Dekubitusulcera (Druckgeschwür), zu gefährlichen Stürzen mit irreversiblen Folgen und unnötigen Krankenhausaufenthalten oder zu einem nicht situationsangemessenen Umgang im Bereich der Ernährungsund Flüssigkeitsversorgung mit Hinweise zu einem unbeabsichtigten Gewichtsverlust.

Eines ist schon lange unbestritten: Auch ein nicht vorhandener Dekubitus ist heute kein alleiniges Indiz mehr für eine »gute« und erwünschte Versorgungsqualität! Grundsätzlich ist von einer nicht angemessenen Versorgungssituation zu sprechen und zu diskutieren, wenn bei einem der relevanten Versorgungsergebnisse innerhalb der Qualitätsbereiche und der personenbezogenen Versorgung ein fachliches Defizit mit einem Risiko negativer Folgen bei einem Bewohner festgestellt wird. Hier können oft im Fachgespräch mit den Pflegefachkräften unter Berücksichtigung der Einwirkungsmöglichkeiten der Einrichtung keine nachvollziehbaren Begründungen für ein defizitäres Versorgungsergebnis hergeleitet werden. Nach den Qualitätsprüfungsverfahren ist das »Fachgespräch eine gleichrangige Informationsquelle zu anderen Datenquellen« (QPR, 2018: 7). Auch wenn der beratungsorientierte Ansatz und der Dialog zwischen dem Medizinischen Dienst bzw. mit den PKV-Prüfdiensten und den Pflegenden in der Praxis durchaus in der Vergangenheit beobachtet werden konnte, soll jetzt im Fachgespräch die Versorgungssituation eines Bewohners und die pflegefachlichen Sichtweisen gemeinsam besprochen und pflegefachlich reflektiert werden. Zukünftig ist neu, dass durch die QPR-Anforderungen die Sichtweisen der begleitenden Pflegefachkräfte in Augenhöhe mit dem Medizinischen Dienst bzw. mit den PKV-Prüfdiensten in der gutachterlichen Beurteilung in dem Prüfbericht ohne eine zusammenfassende Beurteilung durch Schulnoten als Vermerk »abweichende fachliche Einschätzung« zu berücksichtigen sind (vgl. QPR, Anlage 9, 2018: 4 f.).

Durch das Strukturmodell zur Entbürokratisierung oder »Verschlankung« der Pflegedokumentation wurde der Bereich und die Kompetenzen der Mitarbeiter in der Sozialen Betreuung durch das teamorientierte Verständnis einer neuen Sichtweise der Pflegedokumentation erheblich aufgewertet. Manche Ergotherapeuten oder sonstige therapeutische Fachkräfte führen im Bereich der Sozialen Betreuung eine hervorragende ergotherapeutische Befunderhebung und Therapieplanung in Bezug auf die vorhandenen Anpassungs- und Selbstmanagementkompetenzen im Alltag durch, um Förderungsmöglichkeiten daraus abzuleiten zu können und gezielt den Erhalt der Selbstständigkeit zu trainieren. Ein konstant wiederkehrender Tagesablauf, der sich an den gerechtfertigten Bedürfnissen und Gewohnheiten sowie an den Alltagsroutinen orientiert, sorgt für die hilfe- und pflegebedürftigen älteren Menschen oftmals für große Sicherheit und verschafft ihnen neben dem Kompetenzerhalt eine Orientierung im Lebensalltag. So sollten durch eine ergotherapeutische Befundung die Therapiemethoden (Kompetenzzentrierte, Interaktionelle Methode usw.), die therapeutischen Maßnahmen und Verfahren im Sinne einer sinnvollen Tagesstrukturierung personenzentriert mit den Bewohnern und mit den Abläufen der Pflege gemeinsam abgestimmt werden. Eine ergotherapeutische Befundung oder die Anwendung eines bestimmten Konzeptes und deren Intervention, z. B. nach dem multimodalen »MAKS®–Konzept« (Schulung zu MAKS®-Therapeuten, z. B. durch ClarCert), d. h. als eine »motorische, alltagspraktische, kognitive und soziale« Aktivierungstherapie bei Bewohnern mit einer Demenz oder sonstigen kognitiven Beeinträchtigungen, um die alltagspraktischen Fähigkeiten und die Ressourcen zu erhalten, sollten knapp und handlungsleitend in der Tagesstruktur und in der Pflegeplanung oder in einer individuellen Maßnahmenplanung nach dem Strukturmodell unter den Aspekten »Nicht täglich zu erbringenden Leistungen« oder »Täglich zu erbringende Leistungen« festgehalten und in festgelegten Zeitabständen evaluiert werden.2 Somit sollte jede ergotherapeutische Befunderhebung durch die Mitarbeiter in der sozialen Betreuung in Übereinstimmung mit dem Pflegeprozess bzw. im Kontext der strukturierten Informationssammlung (Strukturmodell/SIS®) und der individuellen Maßnahmen- oder Tagesstrukturplanung in der ambulanten, teil- und stationären Pflege gemeinsam mit dem Pflegekunden bzw. mit dem Bewohner und ggf. mit seinen Angehörigen besprochen und individuell abgestimmt werden (z. B. zusätzliche Betreuungsangebote).

Oft erkundigen sich Angehörige in den Beratungsstellen (Pflege- und Seniorenbüros sowie Bürgertelefone) für ältere oder hilfesuchende Bürger, nach dem »richtigen« Pflegeheimplatz und erwarten dort kompetente Hilfe und soziale Unterstützung. Da diese Entscheidung individuell getroffen werden muss, können oft keine speziellen Pflegeeinrichtungen empfohlen werden. Viele vollstationäre Pflegeeinrichtungen haben bereits vor dem neuen Qualitäts- und Prüfsystem und der neuen Qualitätsdarstellung für die Langzeitpflege damit angefangen, ihre Dienstleistungsangebote, mithilfe unterschiedlicher Internetplattformen oder Webportale, den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen bei der Auswahl des passenden Heims zu unterstützen und weiterzuhelfen. Durch die zur Verfügung stehenden Qualitätsdarstellungsformen (QDVS) können die pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen nun gezielt relevante Informationen, die aus unterschiedlichen Quellen generiert werden, als Entscheidungsgrundlage bei der Suche nach dem richtigen Heimplatz heranziehen (vgl. QDVS, Anlage 4, 2019: 1 ff.). Darüber hinaus bieten verschiedene Organisationen und Arbeitsgemeinschaften entsprechende Checklisten und »Kontrolllisten« für die Suche nach dem »richtigen« Pflegeheimplatz an, um die Pflegeeinrichtung bewerten und auswählen zu können. In derartigen Checklisten werden verschiedene Struktur- und teilweise auch Prozesskriterien zusammengefasst, die ein »gut geführtes Heim« und deren Dienstleitungsportfolio unterscheiden soll. Durch die neuen Qualitätsdarstellungsformen wurden für die stationären Pflegeeinrichtungen als auch für die interessierten Verbraucher eine Abhilfe und eine Transparenz für eine gute Pflegequalität im Interesse der Öffentlichkeit geschaffen. In den QDVS ist sehr detailliert geregelt, wie die erhobenen Daten in den Pflegeeinrichtungen bewertet und die Informationen in der Zukunft dem Verbraucher präsentiert werden sollen. Durch das webbasierte individuell gestaltbare Informationsangebot ist es dem Verbraucher nun möglich, eine gezielte Such- und Selektionsfunktion von ergebnis-, einrichtungsund qualitätsbezogenen Informationen gezielt zu erhalten (vgl. Vincentz Network, 2019). Somit kann z. B. sich der Verbraucher bestimmte Informationen individuell nach persönlichem Interesse zusammenstellen oder die wohnortnahen Pflegeeinrichtungen miteinander vergleichen und nach individueller Sortierung und Auswahl entsprechend anzeigen, abspeichern oder ausdrucken, um die Informationen als Gedankenstütze in die vorgesehene Pflegeeinrichtung mitnehmen zu können.

Sicherlich, in vielen Pflege- und Betreuungssituationen werden die erforderlichen fachlichen und methodischen Maßnahmen bestimmt durchgeführt – wenn auch nicht immer mit aller Konsequenz. Oft geschehen Fehler oder entstehen fachliche Qualitätsdefizite auch unter dem Diktat von Unsicherheit, Zeitmangel, ungewollter Mehrarbeit wegen Personalmangel und fehlenden Fachkräften oder auch durch therapiebedingte ärztliche Anordnungen. Es gibt eine Reihe von »pflegeerleichternden« Maßnahmen in Pflegeeinrichtungen, die durch ein defizitäres Pflegemanagement und ungünstige Strukturen zustande kommen können. Solche »pflegeerleichternden« Maßnahmen müssen durch den Medizinischen Dienst bzw. durch die PKV-Prüfdienste als ein fachliches »Defizit« bewertet werden, da sich die betrieblichen Abläufe und die pflegerische Versorgungssituation grundsätzlich an den gerechtfertigten und individuellen Bedürfnissen der Bewohner oder Pflegekunden zu orientieren haben und nicht an der einrichtungsinternen gelebten Pflegekultur.

Die Zufriedenheit und die Lebensqualität im Hinblick auf die vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen in der Qualitätsverantwortung (§ 112 SGB XI) der Träger von Pflegeeinrichtungen haben viele Facetten und lassen sich oftmals auch nur schwer als ein subjektives Phänomen erfassen. Nur eine wohlwollend positive Beantwortung und Würdigung einer Zufriedenheitsabfrage darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass durch die erhöhte Vulnerabilität (Verletzlichkeit) der hilfe- und pflegebedürftigen älteren Menschen, die Bewertungskriterien und Aussagen für eine »Gute oder schlechte Qualität« von verschiedenen Aspekten und der Betrachtung der einzelnen Qualitätsdimensionen der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität abhängig sind. Ein schlechtes Versorgungsergebnis wirkt bei den Pflegemitarbeitern demoralisierend und kann sich verstärken, wenn die internen und externen Rahmenbedingungen sich nicht verändern lassen.

Die erhöhte Vulnerabilität insbesondere im Alter kann das Risiko die Alltagskompetenzen zu verlieren beinhalten und muss um jeden Preis zeitnah durch die Pflegenden identifiziert und durch eine fachlich kompetente und bedarfsgerechte Pflege und Betreuung durch geeignete Interventionsmaßnahmen begegnet werden (vgl. Wahl; Heyl, 2015: 183 ff.). Die individuelle Anspruchshaltung der Bewohner und ihrer Angehörigen und auch die Aussagen über eine »Zufriedenheit« sind in ihrem Kontext immer unterschiedlich und sind unter Berücksichtigung der Gesamtsituation und der Einhaltung von vertraglichen und gesetzlichen Anforderungen zu betrachten. Deshalb sollte das neue Indikatorenmodell mit seinen zehn Themenbereichen als eine neue Chance verstanden werden, die Qualität in der Pflege zu erfassen und im Bundesdurchschnitt transparent darzustellen, um letztendlich auch die Lebensqualität sowie die altersassoziierten Beeinträchtigungen bei hilfe- und pflegebedürftigen Menschen durch eine gezielte Förderung zu verbessern oder einen guten Pflegezustand in den Pflegeeinrichtungen zu erhalten. Wichtig dabei ist, die Risiko- und Schutzfaktoren durch professionelle Pflege und Beratung mit der pflegebedürftigen Person und ggf. mit den Angehörigen zu ermitteln, um die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bestmöglich zu erhalten. Die Risikofaktoren beziehen sich auf die Minimierung oder die Vermeidung von negativ beeinflussenden Faktoren (z. B. Gefahr von Druckstellen) und die Aktivierung von Schutzfaktoren. Sie beinhalten ein lebenslanges Training der motorischen und kognitiven Fähigkeiten, z. B. durch die Stärkung und Festigung von Alltagskompetenzen, die zum Erhalt der Selbstständigkeit wichtig sind (vgl. Wahl; Heyl, 2015: 204 ff.; s. u. a. Einsatz von MAKS®-Therapeuten).

Dabei geht es keinesfalls bei der Fokussierung und der stichtagsbezogenen Erhebung der Versorgungsergebnisse darum, gemeinsam mit dem hilfe- und pflegebedürftigen älteren Menschen den »Jungbrunnen« (Fountain of Youth) zu suchen und ausfindig zu machen, wie es zu jener Zeit der Spanier Ponce de Leon (1460–1521) versucht hat, sondern es geht darum, die potenziellen Risikofaktoren zu identifizieren und zu minimieren, um einen Pflegezustand zu verbessern oder den guten pflege- und gesundheitsbezogenen Status beizubehalten. Im Verständnis ist es wichtig, die individuelle Ausgestaltung von pflegebedürftigen Bewohnern und deren subjektives Wohlbefinden im Lebensalltag zu fördern und durch eine methodisch und fachlich kompetente sowie bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. Es geht auch darum, in den Ergebnissen eine gute pflegerische Versorgungssituation zu garantieren sowie flexibel bei erkannten Veränderungen oder potenziellen Gesundheitsrisiken auf dem Fundament der pflegefachlichen Erkenntnisse korrekt und zeitnah unter Berücksichtigung der individuellen Bedarfslagen der Bewohner oder Pflegekunden zu reagieren.

1.3.2Zufriedene und gesunde Mitarbeiter

Damit die Verpflichtung zur Einführung und Anwendung eines QM-Systems und der verbundene Aufwand in den Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten abgeschätzt werden kann, sollte sich die oberste Leitung gemeinsam mit der Leitungsebene frühzeitig mit dem QM-System und den Basisanforderungen auseinandersetzen die hinter einem prozessorientierten Qualitätsmanagement stehen. Neben der Motivation und Wertschätzung der Mitarbeiter sollte die oberste Leitung im einrichtungsinternen Qualitätsmanagement auch darüber nachdenken, welche psychischen Belastungen und Beanspruchungen damit für die Mitarbeiter, z. B. bei der Einführung eines QM-Systems, verbunden sind. So können belastende Arbeitsbedingungen und Unsicherheiten durchaus die Motivation der Mitarbeiter senken und zur Unzufriedenheit mit der beruflichen Tätigkeit oder der Arbeitsaufgabe führen. Körperliches Unbe hagen, Unzufriedenheit und Beschwerden sowie chronische Erkrankungen bei den Mitarbeitern können durchaus die Folge von psychischen Belastungen und Beanspruchungen oder der Grund für eine fehlende Präventionskultur sein und sich gleichfalls negativ auf die Lebensqualität der Bewohner und Pflegekunden auswirken.

Diese Anforderungen sind wichtig, da die internen und externen Themen die Auftragserfüllung und die Entwicklung sowie gleichermaßen die Erreichung der Qualitätsziele durch die vorherrschenden Struktur- und Rahmenbedingungen beeinflussen können. Die Rahmenbedingungen für eine hohe Arbeitszufriedenheit als ein internes Thema müssen dazu durch die Leitung einer Einrichtung ermittelt, festgelegt und fortlaufend überwacht werden, um bei der Ausgestaltung des internen QM-Systems ggf. geeignete Maßnahmen einleiten zu können. Zu den internen Themen gehört es im Kontext der Organisation neben einer angemessenen arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) u. a. auch die Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Mitarbeiter und insbesondere die psychischen Belastungen und Beanspruchungen in der Arbeitswelt sowie die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu betrachten, d. h. zu erfassen und deren Auswirkungen zu beurteilen. Die Erfassung der Belastungsfaktoren kann sich dabei auf die Arbeitsbereiche des Pflegedienstes, Verwaltung, Sozialen Betreuung, Wäscherei, Haustechnik, Küche und Hauswirtschaft oder auf den Fahrdienst in der ambulanten oder teilstationären Pflege (z. B. Tagespflege oder Nachtpflege) beziehen. Psychische Belastungen und deren Bewertungen sind von Mitarbeiter zu Mitarbeiter sehr individuell und können in der Betrachtungsweise systemisch mit der Frage analysiert werden: »Ist die psychische Belastung nur für den einzelnen Mitarbeiter eine Beanspruchung oder ist diese Beanspruchung in der Einrichtung oder in dem ambulanten Pflegedienst für ein gesamtes Team verallgemeinerbar?«

Es gibt viele Synonyme die den übergeordneten Begriff der psychischen Belastung oder psychischen Beanspruchung umschreiben wie z. B. mentale Fehlbelastung oder die psychosoziale Fehlbeanspruchung, und pauschal wird auch oft vorschnell vom Stress gesprochen. Um in der Begrifflichkeit der individuellen psychischen Belastungen mehr Klarheit zu schaffen, wurde auf den konzeptionellen Grundlagen des »Belastungs-Beanspruchungs-Modell« die DIN EN ISO 10075-1:2017 »Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung« als ein fester Bestandteil zur Begriffsbestimmung und zu den Grundlagen festgelegt. Auf diesen Grundlagen ist die psychische Belastung ein neutraler Begriff und wird nicht als ein negatives Ergebnis der Arbeitsbelastung verstanden, da psychische Belastungen auch positive kurz- oder langfristige Auswirkungen haben können, z. B. durch eine Änderung der Arbeitsaufgaben oder durch die Ruhephasen. Eine psychische Belastung bei Mitarbeitern ist die »Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf einen Menschen zukommen und diesen psychisch beeinflussen« (DIN EN ISO 10075-1; BAuA, 2010). Der Begriff der psychischen Beanspruchung bezieht sich auf die Auswirkungen der Belastung eines Menschen in Abhängigkeit von dem jeweiligen aktuellen Zustand, z. B. durch Alter, individuelle Bewältigungsstrategien, Müdigkeit usw. (vgl. DIN EN ISO 10075-1). Bei dem o. g. Modell handelt es sich um ein Ursache-Wirkungs-Konzept, das die Auswirkungen und die Folgen einer psychischen Beanspruchung durch eine Gefährdungsbeurteilung (GBU) der Arbeitsbedingungen und Arbeitsumstände erfassen soll. Der Begriff der Belastung, z. B. durch ungewollte Mehrarbeit, durch Arbeitsunterbrechungen, durch Zeit- und Termindruck, schlechtes Betriebsklima oder z. B. durch herausfordernd erlebtes Verhalten bei demenziell veränderten Bewohnern oder Pflegekunden, kann als eine mögliche Ursache für eine psychische Belastung im Arbeitskontext verstanden werden (vgl. Rohmert; Rutenfranz, 1975). Seit Oktober 2013 ist es für jede Leitung oder Geschäftsführung einer Pflegeinrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes verpflichtend, die psychisch betrieblichen Gesundheitsrisiken durch eine GBU zu erfassen, um gesundheitliche Beeinträchtigungen bei den Mitarbeitern frühzeitig entgegenzuwirken (vgl. ArbSchG und DGUV Vorschriften 1 und 2).

Da sich bei den psychischen Belastungen keine messbaren Merkmale oder Grenzwerte (z. B. Stunden, Tage oder Zahlenwerte) ermitteln lassen, können hier nur die Faktoren oder besondere Situationen angeführt werden, die psychisch für die Mitarbeiter eine Belastung darstellen könnten.

Bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist es im Sinne der berufsübergreifenden Zusammenarbeit wichtig, dass die Fachexperten wie z. B. die Arbeitsschutzakteure, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, Mitarbeitervertretungen (u. a. Personal- oder Betriebsräte), Arbeitspsychologen und die Verwaltungs- bzw. Personalleitung sowie das Qualitätsmanagement in die Erfassung und Beurteilung einbezogen werden. Für Pflegeheimbetreiber und ambulante Pflegedienste sollte grundsätzlich der Ansporn darin bestehen, im Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes die Schutzfaktoren zur Gesundheitserhaltung der Mitarbeiter zu fördern (z. B. körperliche Fitness durch Betriebssport etc.), um die psychischen Belastungen und deren Folgen am Arbeitsplatz frühzeitig zu reduzieren. Die GBU zur Ermittlung und Erfassung der psychischen Belastungen muss sich auf die Technik, Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und auf die Umwelteinflüsse beziehen. Dabei sind die fünf Kernthemen oder Belastungsfaktoren, wie z. B. die Arbeitsinhalte und die Arbeitsaufgabe, die Arbeitsorganisation, die Arbeitsumgebung (»Prozessumgebung«) und die Arbeitsformen in die GBU miteinzubeziehen.

Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) wurde eine Liste psychischer Belastungsfaktoren entwickelt, die es in der gängigen Praxis erforderlich macht, inhaltliche Schwerpunkte bei der Durchführung einer GBU festzulegen (vgl. BAuA, 2014). Die GDA hat im Jahr 2016 »Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen« sieben Schritte zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderung einer GBU für die Unternehmungen vorangestellt. Diese Schritte der Gefährdungsbeurteilung beruhen auf der Anwendung des PDCA-Zyklus als kybernetischer Regelkreis, d. h. Plan, Do, Check und als letzter Schritt Act, mit der Anpassung von Maßnahmen. Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht die Reihenfolge der sieben Schritte, wobei sich der besondere Fokus auf die Erfassung der psychischen Belastungen (image Abb. 3) beziehen muss, damit zielgerichtete Maßnahmen umgesetzt werden können.

So können gesundheitliche Belastungen durch unterschiedliche Methoden und Maßnahmen erfasst, priorisiert und angegangen werden. Eine gute Methode sind moderierte Gesprächsrunden in denen die Mitarbeiter über ihre psychischen Belastungen sprechen und diskutieren, auch wenn dieses Thema von den Mitarbeitern häufig als unangenehm empfunden wird. Die moderierten Workshops können mit der Eingangsfrage: »Was gefällt Ihnen hier und womit sind Sie ganz besonders zufrieden?« gestartet werden. Durch die lebhaften Diskussionen können Handlungsbedarfe anhand der fünf Kernthemen identifiziert werden und in den Arbeitsteams die Belastungsfaktoren erfasst und gemeinsam gewichtet werden, damit lösungsorientierte Maßnahmenpläne entwickelt werden können. Die Beteiligung der Mitarbeiter ist neben der Wertschätzung und der Anerkennung ein wichtiger Faktor, um das »Wir-Gefühl« in den Teams zu stärken.

Eine weitere Methode sind Mitarbeiterbefragungen die auf einer Freiwilligkeit beruhen müssen und durch anonymisierte Fragebögen unterstützt werden können. Nach dem Vorliegen und der Beurteilung der Befragungsergebnisse sind geeignete Maßnahmen daraus abzuleiten und einrichtungsintern umzusetzen. Das Erkennen, die Zustimmung und die Einleitung von Maßnahmen erfordert an erster Stelle, neben einem fundierten Konzept eine multiprofessionale Zusammenarbeit und ein fachliches »Know-how« sowie motivierte Mitarbeiter in den Pflegeteams. In der Begehungspraxis lässt sich häufig feststellen, dass die Gefährdungsbeurteilung unvollständig ist, nicht alle wesentlichen Belastungsfaktoren ausreichend berücksichtigt wurden und dass keine geeigneten Maßnahmen im Arbeitsschutzausschuss (ASA) besprochen und festgelegt wurden. Deshalb ist es neben einer nachvollziehbaren Dokumentation hilfreich, sich bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gemeinsam mit den überbetrieblichen Diensten (z. B. Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie Betriebsärztinnen und Betriebsärzte etc.) an den Schritten (image Abb. 3) der GBU zu orientieren, um diese Anforderungen mit den Gruppen und den Teams in den Arbeitsbereichen gemeinsam gut zu meistern. Auch kann es wertvoll sein, die Führungskräfte einer Pflegeeinrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes durch die BGW zu dem Thema »Psychische Belastungen« in einem zweitägigen Seminar zu schulen, um tiefergehende Kenntnisse zur praktischen Umsetzung und Aktualisierung der GBU zu erhalten.

1.3.3 Beschwerden – ein schwieriges Thema?

Für viele Menschen ist ein konstruktiver und direkter Umgang mit Unmut oder Unzufriedenheit durch entstandene Fehler oder Unzulänglichkeiten ungewohnt. Deshalb wägen die meisten Menschen zunächst bewusst oder unbewusst ab, ob sie ihre Unzufriedenheit äußern. Die geäußerten Beschwerden können durch Vermutungen und subjektive Wahrnehmungen sowie durch die falsche Zuordnung von Botschaften bei den Mitarbeitern oft zu Missverständnissen führen. So kann eine Beschwerde durch die verschiedenen Kommunikationsstile zu Fehlinterpretation führen, die in der Folge eine Vielfallt von Reaktionsweisen bei dem Empfänger auslösen können (vgl. Schulz v. Thun, 2016). In den Kommunikationsprozessen entscheidet, z. B. der Mitarbeiter als Empfänger was gehört werden soll, und es erfolgt unmittelbar eine Zuordnung der Botschaften des Senders, die besonders in der Beziehungs- und Selbstoffenbarungsebene nicht immer einfach ist. Die in einer Botschaft enthaltenen vier Aspekte sind nach Schulz v. Thun (image Abb. 4) der Sachinhalt, die Selbstoffenbarung, die Beziehung und der Appell.

Eine gute Kommunikationspraxis ist in jedem Qualitätsmanagement von unschätzbarem Wert und muss auf der Leitungs- und Führungsebene vorgelebt und in den Teams einer Pflegeeinrichtung und eines ambulanten Pflegedienstes gefördert werden.

Kommunikationsstörungen entstehen besonders häufig im Umgang mit Beschwerden, wenn bspw. die Gesprächspartner unzureichend zuhören, sich nicht empathisch verhalten können und aneinander vorbeireden oder die Atmosphäre von Anfang an »vergiftet« oder eine Situation angespannt und verhärtet ist. Eine wertschätzende Kommunikationspraxis und gute Kommunikationskultur gelingen gut, wenn die Sender und die Empfänger bewusst die Technik des »aktiven Zuhörens« beherrschen und anwenden können. Dabei ist es in einem Beschwerdegespräch wichtig, ein inneres Interesse füreinander zu zeigen und die Impulse des Anderen wahrzunehmen und mit einer Offenheit und Ehrlichkeit darauf zu reagieren.

Zu einem Fehlerkulturprozess und risikobasiertem Denken und Handeln gehören im Rahmen des Beschwerdemanagements auch wertschätzende Feedbackgespräche oder Spiegelmomente bzw. eine Resonanz auf Augenhöhe zwischen den Feedbackgeber und -nehmer. »Feedback ist ein Instrument, das bei achtsamen Einsatz den Austausch über unterschiedliche Perspektiven ermöglicht« (Goetz; Reinhardt, 2017). Damit die Mitarbeiter in einem Feedbackgespräch einen Mehrwert annehmen können, sind neben den organisationalen Voraussetzungen die Dialogbereitschaft und die Gestimmtheit des Feedbackgebers und -nehmers sowie die vorherrschenden Rahmenbedingungen (z. B. eine ruhige Atmosphäre) als auch die innere ehrliche Haltung gegenüber dem Gesprächspartner von größter Bedeutung.

Oft bestehen aus unterschiedlichen Gründen vonseiten der Bewohner oder der Pflege kunden und ihrer Angehörigen auch Hemmungen einen Kummer oder eine Beschwerde zu äußern. Die Mitarbeiter haben auf der anderen Seite oftmals Schwierigkeiten, situationsangemessen mit einer geäußerten Unzufriedenheit oder mit einem Unmut umzugehen. Die Schwierigkeit der Mitarbeiter mit Unzufriedenheit angemessen umzugehen, erzeugt allerdings kein gutes Klima, dass die Bewohner oder die Pflegekunden ihre Unzufriedenheit äußern mögen, was ihre kommunikativen Hemmschwellen wiederum verstärken kann. In der Praxis kann deshalb beobachtet werden, dass sich die Pflegekunden in der ambulanten Versorgung oder die Bewohner bei ihren Angehörigen beklagen. Diese können dann den direkten Kontakt zur Leitung aufnehmen oder auch einen Beschwerdebrief an den Träger der Pflegeeinrichtung oder des ambulanten Pflegedienstes verfassen, bitten dann allerdings oft in dem Brief, den Bewohner oder den Pflegekunden vor Repressalien und negativen Auswirkungen zu schützen. Die Unzufriedenheit kann insbesondere bei Misstrauen und Vertrauensbruch auch an die Kranken- oder Pflegekassen bzw. an die Heimaufsichtsbehörde durch den Bewohner, Angehörigen oder Betreuer oder durch die Mitarbeiter einer Pflegeeinrichtung weitergeleitet werden. Die Folge könnte je nach Anlass und Häufigkeit eine externe Qualitätsprüfung und Inaugenscheinnahme der Bewohner gem. § 114 Abs. 1 SGB XI n. F., durch externe Qualitätsprüfer und ggf. je nach Beschwerdegrund gemeinsam mit der Heimaufsichtsbehörde, sein (vgl. § 117 SGB XI n. F.; QPR, 2018: 22 f.).

Der Umgang mit Beschwerden oder mit einer Unzufriedenheit ist sowohl für den Beschwerdeführer als auch für die Mitarbeiter nicht immer einfach und häufig besteht ein innerer Konflikt, eine Unzufriedenheit überhaupt mitzuteilen oder besser zu schweigen. Mal erscheint das Problem als zu geringfügig und ein anderes Mal wird die geäußerte Unzufriedenheit und deren Lösung von vornherein als aussichtslos betrachtet. Wieder andere Bewohner oder Pflegekunden halten sich auch zurück, weil sie nicht immer als »Meckertante« oder als »Meckerfritze« dastehen wollen. Andere Beschwerdeführer haben aufgrund schlechter Erfahrungen aufgegeben, ihren Unmut überhaupt noch zu äußern. Die Gründe, eine Unzufriedenheit oder eine Beschwerde nicht zu äußern, können sehr vielfältig sein. Den wenigsten Menschen fällt es leicht, eine Unzufriedenheit zu äußern. Vielen fällt es hingegen leichter, länger zu schweigen, ihren Frust »herunter zu schlucken«, und auf den letzten Tropfen der das Fass zum Überlaufen bringt, abzuwarten. Einige Mitarbeiter sind im Umgang mit Beschwerden sehr »dünnhäutig« und fühlen sich sehr schnell in Frage gestellt. Wieder andere Mitarbeiter erleben eine geäußerte Unzufriedenheit als »unmöglich« und sagen erst einmal an »was Sache ist«. Aber auch Diskussionen und Überlegungen über die »Schuldfrage« lassen sich in der Praxis beobachten und wahrnehmen. Selbstbewusster und kompetenter Umgang mit Unmut oder Beschwerden ist für viele Mitarbeiter in den unterschiedlichen Arbeitsbereichen nicht immer selbstverständlich. Folglich bedarf es der Ermutigung (Beschwerdestimulierung) durch die Leitungs- und Führungskräfte einer Einrichtung oder eines ambulanten Pflegedienstes, dass eine geäußerte Unzufriedenheit oder Beschwerde erwünscht ist, da diese als eine Chance zu einer fortlaufenden Qualitätsverbesserung und zur internen Qualitätssicherung genutzt werden kann.

Nutzen eines Beschwerdemanagements:

Impulse und Anregungen für die fortlaufende Verbesserung

Schadensbegrenzung bei Inkompatibilitäten

Transparenz bezüglich des Images der Pflegeeinrichtung oder des ambulanten Pflegedienstes (Empfehlungsmarketing)

Erhöhung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung (z. B. Bewohner, Pflegekunde, Angehörige, Betreuer, Mitarbeiter etc.)

Sensibilisierung für kundenorientiertes Verhalten der Mitarbeiter

Förderung der Leistungs- und Qualitätsfähigkeit eines QM-Systems

Wahrnehmung der Qualitätsverantwortung und für die Qualität der Leistungen

Weiterentwicklung der Pflegequalität

Der direkte Beschwerdemanagementprozess setzt sich aus den Teilen der Beschwerdestimulierung, der Beschwerdeannahme, der Beschwerdebearbeitung und -reaktion zusammen. Zur Beschwerdestimulierung gehören alle Aktivitäten einer Pflegeorganisation, die Kunden zu der Mitteilung von Beschwerde zu ermuntern. Ziel der Beschwerdestimulierung ist es, eine leichte und unkomplizierte Beschwerdeführung innerhalb der Pflegeeinrichtung oder des Pflegedienstes für alle Betroffenen zu ermöglichen. Um die Transparenz des Beschwerdemanagements für die Mitarbeiter abzusichern, ist es empfehlenswert, die Ergebnisse nach der Beschwerdebearbeitung gemeinsam mit den Betroffenen zu besprechen (z. B. Teamsitzungen und Dienstbesprechungen). Dadurch wird den Mitarbeitern durch die Leitungskräfte verdeutlicht, dass das Beschwerdemanagement ernst genommen wird. Es ist sinnvoll, ein Dokument oder eine anwenderfreundliche Plattform zur Beschwerdeaufnahme zu erarbeiten und zur Verfügung zu stellen, um die Beschwerde schriftlich zu erfassen und anschließend bearbeiten zu können. Die Beschwerdebearbeitung ist ein unternehmensinterner Prozess, der die effektive Bearbeitung der Beanstandung und die systematische Analyse der Beschwerde beinhalten kann. Ein betriebsinternes Beschwerde- und Zufriedenheitsmanagement als qualitätssichernde Maßnahme kann im Sinne des internen Beschwerdecontrollings genutzt werden, um die Beschwerden oder eine Unzufriedenheit auszuwerten und sich intern neu zu verorten und Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Eine wichtige Anforderung im Beschwerdemanagement ist die Reaktions- und Bearbeitungszeit. Eine schnelle Reaktion und Bearbeitung, z. B. innerhalb von 24 Stunden erhöht immer die Kundenzufriedenheit. Ist die Beschwerde bearbeitet, wird dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beschwerdebearbeitung i. d. R innerhalb von 72 Stunden mitgeteilt. Dies kann neben einer persönlichen Ansprache auch in Form eines Telefonanrufes oder durch eine kurze E-Mail erfolgen und schafft bei dem Beschwerdeführer ein gewisses Vertrauen, dass der Anlass der Beschwerde innerhalb der Pflegeeinrichtung oder des ambulanten Pflegedienstes ernstgenommen und zeitnah bearbeitet wurde.

Der indirekte Prozess beschäftigt sich im Beschwerdemanagementprozess, um die Beschwerdeauswertung und dem sich anschließendem Beschwerdecontrolling. Die Beschwerden können im Beschwerdecontrolling quantitativ oder qualitativ in der Praxis ausgewertet und dargestellt werden. Bei einer quantitativen Betrachtung werden die Ergebnisse durch Zahlen übersetzt und ausgedrückt, z. B. wie häufig Beschwerden in einem Leistungsbereich oder in einem Arbeitsbereich aufgetreten sind und geben Rückmeldung, ob z. B. das Beschwerdemanagement im gewünschten Umfang in Anspruch genommen wurde. Die Beschwerdehäufigkeit wird für die Beschwerdeauswertung quantitativ für die einzelnen Leistungsbereiche, z. B. Verwaltung, Pflegdienst, Haustechnik, Küche und Hauswirtschaft, soziale Betreuung etc. schriftlich erfasst. Die Daten bezüglich der Kundengruppe, Problemart, Ort und Zeitpunkt des Problemauftritts, geben Hinweise auf die Problembereiche innerhalb der Pflegeeinrichtung bzw. ambulanten Pflegedienstes. Die qualitative Auswertung beschäftigt sich mit der genaueren Betrachtung von Ursachen, wie es zur Beschwerde kommen konnte. Sie ist die Basis für die Problembehebung und für die Verbesserungsprozesse (Impulse für den Qualitätszirkel), da sich das Augenmerk auf die Aussagen im Wortlaut der Beschwerdeführer zu beziehen hat.

Das beschreibende Beschwerdecontrolling kann die Koordination, Planung, Steuerung und Überwachung des gesamten Beschwerdemanagementprozesses umfassen. Hierzu ist die Bewertung des Beschwerdemanagements durch die Kunden eine wichtige Rückmeldequelle. Alternativ können auch Kennzahlen (»Wie zufrieden war der Beschwerdeführer mit dem Ergebnis der Bearbeitung?«) festgelegt werden. Für die spätere Verarbeitung kann bei der Durchführung eine numerische Rating-Skalenbezeichnung (NRS) von 1–5 nach dem Schulnotensystem eingesetzt werden. Fünfstufige Skalen (1–5) werden oft in der Praxis eingesetzt, da diese gut ausgewertet werden können. Statt einer numerischen Skalenbezeichnung und Zuordnung könnte ebenso eine verbale Beschreibung mit den entsprechenden Merkmalsausprägungen und Abstufungen, z. B. von »gar nicht zufrieden«, »kaum zufrieden«, »mittelmäßig zufrieden«, »ziemlich zufrieden« bis »außerordentlich gut zufrieden«, erarbeitet und verwendet werden. Am besten ist es in der Altenpflege, die Skalenbeschreibung, z. B. 1–5 durch Bilder oder Symbole zu charakterisieren, z. B. durch Smileys. Wichtig ist bei den Vorgehensweisen allerdings, dass diejenigen, die diese Skalen anwenden oder ausfüllen sollen, auch darum wissen, was mit dem numerischen oder verbalen Ausdruck gemeint ist. Nach der Analyse aller Beschwerden kann ggf. eine Lösungsquote ermittelt werden, die einrichtungsintern festzulegen ist. Die Lösungsquote kann über die Effizienz des Beschwerdemanagementsystems weitergehende Informationen aufzeigen. Dieser neue Erkenntnisgewinn aus einer Beschwerde und deren Häufigkeiten kann durch die Ermittlung und der Analyse inhaltlicher Aussagen genutzt werden, um das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement weiter voranzutreiben und fortlaufend i. S. des PDCA-Zyklus zu verbessern und in erster Linie auch zu stärken.

1.4Entbürokratisierung der Pflegedokumentation

Ein umfassendes einrichtungsinternes Qualitätsmanagement sollte bei der alltäglichen Arbeit nicht durch eine Überflutung von dokumentierten Informationen blockieren oder durch einen hohen zeitlichen und angstgetriebenen Dokumentationsaufwand durch die Pflegedokumentation behindern. Unbenommen ist, dass die Dokumentation als wichtige Betreiberpflichten von allen Pflegeeinrichtungen und auch für die ambulanten Pflegedienste eine immense Herausforderung darstellt, um auch den Überblick im Rahmen der Leistungserbringung zu behalten.

Die Pflegedokumentation (Papierform oder mit Softwareunterstützung) kann sowohl als Vorgabedokument als auch durch die Rückverfolgbarkeit und Einhaltung von Aufbewahrungsfristen als Nachweisdokument verstanden werden. So muss z. B. eine vollstationäre Pflegeeinrichtung die Pflegedokumentation nach den »Maßstäben und Grundsätzen für die Qualität« mindestens drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Leistungserbringung aufbewahren (vgl. MuG, 2018a: 10).

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Neue Anforderung!

Durch die revidierte ISO 9001:2015 hat sich der Begriff »Dokumentierte Informationen« als neuer Sammelbegriff für die bisher verwendeten »Dokumente«, »dokumentierte Verfahren« und »Aufzeichnungen« durchgesetzt, die durch die Einrichtung gelenkt und aufrechterhalten werden müssen. Durch den Wegfall der sechs dokumentierten Verfahren nach der ISO 9001 entscheidet jetzt eine Organisation über die Erforderlichkeit von dokumentierten Verfahren.

Eine oft überbordende Pflegedokumentation mit ihrer Pflegeprozessdokumentation, z. B. nach den »Aktivitäten und existentiellen Erfahrungen des Lebens« (AEDL als Rahmen- und Managementmodell von M. Krohwinkel) oder anderen pflegetheoretischen Grundlagen mit ihren Aspekten (Pflegetheorien und -modelle) sowie der hohe Zeitaufwand für die Dokumentationserfordernisse in der stationären und ambulanten Pflege war ein wichtiger Handlungsbedarf und wurden ebenso durch die Bundesregierung als ein erstzunehmendes Problem erkannt und projektiert. So hat der Pflege bevollmächtigte der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, zum Jahresbeginn 2015 das Projektbüro »Ein-STEP« (Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation) als Implementierungsstrategie zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation eingerichtet. Durch ein bundesweites Projekt entstand das neue Strukturmodell als eine Neuausrichtung der Pflegedokumentation in der deutschen Pflegelandschaft (vgl. Beikirch et al., 2015: 3). Das Strukturmodell ist seit 2015 durch eine Vielzahl von Initiativen, z. B. durch den Einsatz von bundesweiten fünf Regionalkoordinatoren und der Schulung von über 700 regionalen Multiplikatoren, mittlerweile in vielen ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen implementiert worden (vgl. Beikirch et al., 2015: 3 ff.). Die flächendeckende Implementierung des Strukturmodells zur verschlankten Pflege dokumentation erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Verbänden der Einrichtungs- und Kostenträger auf Bundes- und Landesebene, den Prüfdiensten und den Ländern (vgl. Beikirch et al., 2015: 4).

Auch Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) und die MDK-Gemeinschaft haben das Projekt zur Effizienzsteigerung in der Pflege von Anfang an inhaltlich begleitet und dazu die »Ergänzende Erläuterungen für Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen nach den Qualitätsprüfungs-Richtlinien bei Umsetzung des Strukturmodells zur Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation« als Handlungsanleitung entwickelt (vgl. MDK und MDS, 2016). Ebenso unterstützte der Deutsche Pflegerat e. V (DPR) das Projekt und konsentierte im Januar 2015 »dass das Strukturmodell sowie die neu entwickelte ›Strukturierte Informationssammlung‹ (SIS®) inklusive der ›Risikomatrix‹ unter Berücksichtigung fachlicher Standards den Aufwand für die Dokumentation deutlich reduziert« (DPR, 2015: 3 ff.). Damit waren die Grundlagen zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in der ambulanten, teil- und vollstationären Langzeitpflege gesetzt worden. Die Neuausrichtung der Pflegedokumentation hat innerhalb kürzester Zeit bundesweit einen großen Zuspruch und Lob von den Trägervereinigungen und Pflegeverbänden sowie bei den Mitarbeitern in den ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen erhalten. Nach dem Strukturmodell bildet im Kern die strukturierte Informationssammlung, neben dem Stammblatt und der individuellen Maßnahmenplanung, die Versorgungssituation in der Pflege ab. Durch die verschlankte Pflegedokumentation mit der Besinnung auf das Wesentliche innerhalb der Pflegedokumentation kann nachhaltig die Zufriedenheit der Pflege- und Betreuungsmitarbeiter steigern, da mit der Einführung mehr Zeit für die Bewohner und für die Pflegekunden in der ambulanten Pflege gewonnen wird. Durch den Wegfall der Durchführungsnachweise für die täglich wiederkehrenden und geplanten grundpflegerischen und der betreuungsrelevanten Maßnahmen wurde der Dokumentationsaufwand für die Pflege- und Betreuungsmitarbeiter sowie der zusätzlichen Betreuungskräfte (vgl. §§ 84 Abs. 8 und 85 Abs. 8 S. 1 SGB XI n. F.) in den Pflegeeinrichtungen erheblich erleichtert.

Das wissenschaftsbasierte Konzept des Strukturmodells dient durch die Erfassung der pflege- und betreuungsrelevanten sowie der biografischen Aspekte in den Themenfeldern der SIS® einen ersten Einstieg in den 4-phasigen Pflegeprozess (vgl. BMG, 2015: 8). Die Implementierung des Strukturmodells in der ambulanten, teilund vollstationären Langzeitpflege mit seiner strukturierten Informationssammlung und der integrierten Risikomatrix zur Erfassung der individuellen pflegesensitiven Risiken und Pflegephänomene (z. B. Dekubitus, Sturz, Inkontinenz, Schmerz, Ernährung), dienen zur Effizienzsteigerung einer praxistauglichen Pflegedokumentation. Durch einen verschlankten Pflegeprozess erfolgt eine Rückbesinnung auf die professionellen und persönlichen Kompetenzen der Pflegenden (vgl. BMG, 2015: 39 f.). Im Mittelpunkt des Strukturmodells steht die Sichtweise des Bewohners und der Pflegekunden sowie ggf. seiner Angehörigen die im Strukturmodell als personenzentrierter Ansatz bezeichnet wird. In der Abbildung (image Abb. 5) werden die vier wichtigsten Kernelemente des Strukturmodells auf der Grundlage der Handlungsanleitung der Bundesregierung als Schaubild dargestellt (vgl. BMG, 2015: 11 ff.).

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Abb. 5: Elemente des Strukturmodells (vgl. Beikirch, 2015: 15)

Wie dem Regelkreis (image Abb. 5) zu entnehmen ist, bilden vier Elemente den Kern des Strukturmodells: Informationssammlung durch die SIS® (1. Element), individuelle Maßnahmenplanung (2. Element), Berichteblatt (3. Element) mit dem Fokus auf die Abweichungen sowie die zielgerichtete Evaluation (4. Element).

Durch die SIS® (ist keinesfalls nur ein Formular!) wird die Verständigung über den Pflegeprozess stimuliert und der Einstieg in den vierphasigen Pflegeprozess erfolgt über die »Eigeneinschätzung der pflegebedürftigen Person, den sechs Themenfeldern zur fachlichen Einschätzung des individuellen Pflege- und Hilfebedarfs und der Matrix zu individuellen pflegesensitiven Risiken und Phänomenen« (Beikirch et al., 2015: 13). Die SIS® besteht zu Beginn aus einer Grundbotschaft des hilfe- und pflegebedürftigen Menschen und beinhaltet drei Kernfragen:

1.»Was bewegt Sie im Augenblick?«

2.»Was brauchen Sie?«

3.»Was können wir für Sie tun?«

Die Erfassung der pflegerischen und betreuungsrelevanten Aspekte und sonstiger Informationen erfolgt getrennt in den maßgeblich sechs Themenfeldern, die vom Aufbau an einige Module der Begutachtungs-Richtlinien (BRi) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit in eines der fünf Pflegegrade erinnern:

Themenfeld 1 - Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Themenfeld 2 - Mobilität und Beweglichkeit

Themenfeld 3 - Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen

Themenfeld 4 - Selbstversorgung

Themenfeld 5 - Leben in sozialen Beziehungen

Themenfeld 6 - Häuslichkeit (ambulant) und Wohnen/Häuslichkeit (stationär)

Die Initialen Einschätzungen der individuellen Risiken der Bewohner oder der Pflege kunden erfolgen in der integrierten Risikomatrix am unteren Ende der SIS®. Wichtig ist im Rahmen der SIS®, dass beim Festhalten der pflege- und betreuungsrelevanten Aspekte in den sechs Themenfeldern der tatsächliche Wortlaut zur eigenen Einschätzung der Situation im Originalton des Bewohners oder des Pflegekunden in der ambulanten Versorgung ungefiltert festgehalten wird. Ergänzend werden in der SIS® die Informationen von Angehörigen oder Betreuer und die pflegefachlichen Einschätzungen durch die professionell Pflegenden in allen Themenfeldern sowie der Verständigungsprozess mit dem Bewohner oder des Pflegekunden vermerkt. Die pflegefachliche Einschätzung muss in Abgrenzung zu den Aussagen der Bewohner oder des Pflegekunden entsprechend in den einzelnen sechs Themenfeldern in der SIS® kenntlich gemacht werden. In der SIS® werden ebenso die wichtigsten Informationen, Gewohnheiten, individuelle Präferenzen, Ressourcen und der pflegerische Hilfebedarf aus Sicht des Bewohners oder des Pflegekunden zu Beginn des pflegerischen Auftrags durch die Pflegemitarbeiter dokumentiert. Wie der nachfolgenden Abbildung (image Abb. 6) zu entnehmen ist, werden neben der Grundbotschaft in den sechs pflegerelevanten Themenfeldern für die Langzeitpflege (Bereiche) ebenso die Hilfsmittel, die persönliche Einschätzung der Gesundheitsrisiken, der individuelle Hilfebedarf und der Grad der Selbstständigkeit, biografische Informationen (dadurch Wegfall eines separaten Biografiebogens) und die Gewohnheiten eines Bewohners oder des Pflegekunden in der SIS® dokumentiert. Eine Besonderheit ist, dass auch der Verständigungsprozess, z. B. Absprachen zwischen dem Bewohner oder Pflegekunden und der Pflegefachkraft stichwortartig festzuhalten sind.

Im Verständigungsprozess (VP) zwischen dem Bewohner und der Pflegekraft könnte bspw. dokumentiert werden, dass die Medikamentenversorgung durch die Pflegefachkräfte übernommen wird oder dass die Hilfsmittel zur Förderung der Mobilität und zur Sturzprophylaxe angenommen und durch den Bewohner oder den Pflegekunden akzeptiert werden. Ergänzend hat in der SIS® eine pflegefachliche Initiale Einschätzung der individuellen pflegesensitiven Risiken und Pflegephänomene in der integrierten Risikomatrix ausschließlich durch eine Pflegefachkraft zu erfolgen. Hier folgt eine pflegefachliche Entscheidung zu Beginn des pflegerischen Auftrags (innerhalb von 24 Stunden) wie prägnant sich die Situation bei der Aufnahme aus Sicht der Pflegefachkraft darstellt und ob ein pflegerisches Risiko erkennbar ist oder eben nicht. In der SIS® werden korrespondierend mit den Themen der Expertenstandards nachfolgende Pflegerisiken nach einer pflegefachlichen Bewertung im Ankreuzverfahren mit der Frage »weitere Einschätzung notwendig« mit »Ja« oder »Nein« beantwortet und durch ein Ankreuzen (z. B. »X«) kenntlich gemacht:

Dekubitus

Sturz

Inkontinenz

Schmerz

Ernährung (inkl. Flüssigkeitsversorgung)

Sonstiges (Freitext)

Die Ersteinschätzung der Risiken im Kontext mit den Themenfeldern der SIS® kann ein bis zwei Tage später durch ein tiefergehendes Differenzial-Assessment mit der Frage »weitere Einschätzung notwendig?« durch die Pflegefachkräfte reflektiert und durch unterschiedliche pflegefachliche Methoden oder Instrumente eingeleitet werden. Ein Differenzial-Assessment (Pflegeassessment) könnte sich z. B. auf die genauere Beurteilung von Schmerzen oder zur näheren Erfassung der Ernährungsund Flüssigkeitsversorgung eines Bewohners oder Pflegekunden beziehen. Die Überprüfung der Risikoeinschätzung in der integrierten Risikomatrix durch die Pflegefachkräfte erfolgt grundsätzlich mit der Leitfrage: »Wird die fachliche Entscheidung in der Risikomatrix durch die Themenfelder gestützt?« Im sechsten Themenfeld »Häuslichkeit« (ambulant) und »Wohnen/Häuslichkeit« (vollstationär) wird dabei keine Risikoeinschätzung vorgenommen. Durch den Wegfall und Verzicht der Pflegeplanungen auf der Grundlage eines Konzeptes oder Pflegemodells oder einer Pflegetheorie wird die darauf aufbauende neue individuelle Maßnahmenplanung (alternativ: Tagesstrukturplanung) auf der Basis der Erkenntnisse aus der SIS® erarbeitet. Die Maßnahmenplanung (Früh-, Spät- und Nachtdienst bzw. Einsatzplanung) muss handlungsleitend sein sowie die erforderlichen Prophylaxen (s. Risikomatrix) enthalten.

Die Verschriftlichung und Festlegung der pflegerischen Ziele entfallen in dieser neuen Maßnahmenplanung, da diese immanent in den individuellen Maßnahmenplanungen und in der Ausführung der Pflege enthalten sind. Der große Gewinn des Strukturmodells ist für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement und für den täglichen Wettlauf mit der Zeit, dass die wiederkehrenden täglichen grund- und behandlungspflegerischen Tätigkeiten und die täglichen individuellen Angebote und Maßnahmen zur Gestaltung des Alltagsleben in der Sozialen Betreuung, z. B. die zielgrupppenspezifischen Einzel- oder Gruppenangebote, auf der Basis der Erkenntnisse aus der SIS® in der individuellen Maßnahmenplanung einmalig abgebildet werden. Die Maßnahmenplanung (Formblatt bzw. Dokumentation) muss durch die Pflegeeinrichtung oder durch den Pflegedienst (alternativ: externe Anbieter von Pflegedokumentationen und Software-Herstellern) organisationsbezogen entwickelt werden, da hierzu neben dem Aufbau und der Struktur der SIS® keine Vorgaben oder Empfehlungen gemacht werden können. Allerdings ist erfahrungsgemäß in der individuellen Maßnahmenplanung eine Differenzierung in »Nicht täglich zu erbringenden Leistungen« und »Täglich wiederkehrende Leistungen« sinnvoll und für die Pflegemitarbeiter arbeitserleichternd. Somit können die personenbezogenen pflegerischen Maßnahmen und die Angebote der Sozialen Betreuung die nicht jeden Tag erbracht werden, z. B. das Duschen oder Baden, der Friseurbesuch, die Maniküre, die Teilnahme an den wechselnden Veranstaltungen oder routinemäßige Assessments zur Einschätzung und Beurteilung einer Pflegesituation etc., den »Nicht täglich zu erbringenden Leistungen« handlungsleitend in der individuellen Maßnahmenplanung durch die Pflegemitarbeiter einmalig zugeordnet werden. Die »Nicht täglich zu erbringenden Leistungen« können mit der konkreten Benennung der Wochentage oder mit deren Häufigkeit (z. B. zweimal in der Woche oder einmal im Monat) in der Maßnahmenplanung festgehalten werden. Damit nachvollziehbar bleibt, wann diese Leistungen erbracht wurden, ist in diesem Fall ein Eintrag an dem jeweiligen Wochentag im Berichteblatt schichtbezogen vorzunehmen. Die vollständige Übernahme von Körperpflegemaßnahmen durch die Pflegemitarbeiter und die Maßnahmen zur medizinischen Pflege, z. B. die Verabreichung der Medikamente nach AVO durch die Pflegefachkräfte (PFK), können bei den »Täglich zu erbringen Leistungen« tageszeitlich bzw. schichtbezogen in der Maßnahmenplanung dokumentiert werden. In der ambulanten Pflege ist die kundenbezogene Maßnahmenplanung von der Einsatzund Tourenplanung und den zu erbringenden Leistungen in der eigenen Häuslichkeit des Pflegekunden abhängig.

Mit der Implementierung des Strukturmodells wurden die Leistungsnachweise für die Grundpflege (mit Ausnahme der Behandlungspflege) in der Langzeitpflege sowie für den Bereich der Sozialen Betreuung überflüssig und abgeschafft. Die Dokumentation der Behandlungspflege nach der Verordnung der häuslichen Krankenpflege in der ambulanten Pflege erfolgt weiterhin nach den Regelungen des SGB V durch die Pflegefachkräfte und muss nach der Leistungserbringung mit einem Handzeichen im täglichen Leistungsnachweis abgezeichnet werden (vgl. BMG, 2015: 15). Die Dokumentation der behandlungspflegerischen Maßnahmen in der stationären Pflege erfolgt unverändert im täglichen Pflegenachweis bzw. Leistungsnachweis für die medizinische Pflege und muss wie in der ambulanten Versorgung mit einem Handzeichen der Pflegefachkräfte tageszeitlich quittiert werden. Durch das Strukturmodell und der SIS® sowie der integrierten Risikomatrix für pflegesensitive Probleme ist keine separate Pflegeanamnese, Pflegeplanung und auch kein Biografiebogen in der Pflegedokumentation mehr erforderlich, da z. B. die biografischen Informationen wie auch Hilfsmittel etc. in der SIS® zu entnehmen sind (image Abb. 6).

Im Berichteblatt als Informations- und Kommunikationsmittel werden nach dem Strukturmodell durch alle an der Pflege und Betreuung Beteiligten nur noch die aktuellen, erwünschten oder unerwünschten Ereignisse sowie die Abweichungen von der handlungsleitenden Maßnahmenplanung und den Betreuungsangeboten dokumentiert, um eine unnötige Überfrachtung des Berichteblattes in der Zukunft auszuschließen. Eine Abweichung von der Maßnahmenplanung könnte sein, wenn bspw. der Bewohner an dem geplanten Wochentag das Baden abgelehnt hat. Werden die Maßnahmen in der Maßnahmenplanung nicht genau beschrieben, so müssen diese Maßnahmen im Rahmen der Durchführung im Berichteblatt detailliert dokumentiert, d. h. beschrieben werden. Auch wenn nicht jedes unerwünschte Ereignis bei einem Bewohner vermieden werden kann und oft auch eine personenbezogene Compliance eine wichtige Voraussetzung darstellt, so lässt sich dennoch deren Häufigkeit, z. B. ein Sturz mit schwerwiegenden Folgen durch geeignete pflegerische Maßnahmen verhindern! Die individuelle Evaluation nach dem Pflegeprozess erfolgt je nach der Situation auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der SIS® mit der integrierten Risiko matrix, der individuellen Maßnahmenplanung sowie unter der Berücksichtigung der Ereignisse und Eintragungen die im Berichteblatt dokumentiert wurden. Empfehlenswert ist es, dass vorher entsprechende individuelle Evaluationszeiten (keine schematischen Festlegungen!) durch die Pflegefachkräfte in der individuellen Maßnahmenplanung, z. B. im Rahmen des Pflegecontrollings (Risikomanagements oder zeitlich befristete Maßnahmen, z. B. das Führen eines Trinkprotokolls) oder bei gesundheitsbezogenen Veränderungen festgehalten werden.

1.5Qualitäts- und Prüfsystem

Die neuen externen Qualitätsprüfungen auf den Grundlagen der neuen gesetzlichen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) durch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen (MDK) bzw. durch den Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) in der stationären Pflege und die stichtagsbezogenen halbjährlichen Erhebungen der Versorgungsergebnisse sind als ein neues lernendes System (d. h. »alles fließt«) zu verstehen, wie z. B. ein lebendiger und sozialer Organismus. Die heterogenen lernenden Systeme betonen durch ihre intelligente Vielfallt, dass sie zuverlässig wirken und beinhalten ein Zusammenwirken von verschiedenen Faktoren, die wiederum dem Menschen eine Sicherheit vermitteln können. Somit kann sich ein lernendes System auf unterschiedliche äußere Einflussfaktoren und Bedingungen einstellen, die aufeinander wirken oder sich wechselseitig beeinflussen können. Offene lernende Systeme können sich durch ihre kennzeichnenden Eigenschaften (Merkmale) oft mühelos und rapide schnell auf die Außenwelt anpassen und entsprechend den Einflüssen verändern und sich durch den Wandel von Merkmalen weiterentwickeln, ganz nach dem Motto: »Alles im Leben ist in Bewegung und nichts ist im Stillstand.«

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Info

Ein offenes lernendes System, wie z. B. ein lebendiger und sozialer Organismus, kann im Scheinwerferlicht und in seinen Gestaltungsmöglichkeiten mit den Begrifflichkeiten und den Anforderungen der ISO-Normen für QM-Systeme sowie in der Verschränkung mit den Inhalten des Strukturmodells (SIS®), dem Pflegebedürftigkeitsbegriff und Pflegeverständnis eng miteinander verzahnt sein, wenn die Akteure in der Pflege dies auch beabsichtigen und in erster Linie auch wollen.

Das Qualitätsmerkmal und die Qualitätskriterien eines lernenden Systems, welches sich auf die Erfüllung von Qualitätsanforderungen beziehen kann, beinhaltet in diesem Verständnis den Statuserhalt oder die Verbesserung einer Versorgungssituation. Somit gilt es, die Selbstständigkeit von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen zu erhalten oder durch die personelle Hilfe der professionell Pflegenden und den Betreuungsmitarbeitern eine Pflegesituation als eine gemeinsame Teamleistung zu verbessern, um somit ein akzeptables Versorgungsergebnis als Qualitätsziel zu erreichen. Mit dem Neustart der gesetzlichen Grundlagen der neuen Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität (»MuG«) und den neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) für die vollstationären Pflegeinrichtungen einschließlich der Kurzzeitpflege3 sowie der damit verbundenen nutzerorientierten Qualitätsdarstellungsvereinbarung (QDVS) wurde erstmalig eine Bewertungssystematik mit qualitätsbezogenen Kennzahlen im Mai 2019 grundlegend in der stationären Langzeitversorgung neu verankert. Dies war nicht nur auf der Grundlage der Qualitätsdebatten über die Pflegenoten erforderlich, sondern auch, weil erhebliche Unterschiede in der Qualitätsmessung auf Basis von Routinedaten zu ausgewählten Versorgungsaspekten zwischen den Pflegeheimen vorliegen (vgl. Schwinger et al., 2018: 119 f.). Diese erhobenen Routinedaten zur Qualitätsmessung als pflegerische Einzelleistungen beziehen sich u. a. (nach Antje Schwinger et al.) auf die Dekubitusentstehung in der Langzeitpflege, Mundgesundheit, Harnwegsinfektionen in der Langzeitversorgung oder auch auf die ärztliche Versorgungssituation in den Pflegeheimen etc. Die neuen Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Durchführung der Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI (Qualitätsprüfungs-Richtlinien – QPR) für die vollstationäre Pflege vom 17. Dezember 2018 mit seinen neun Anlagen sind in erster Linie für die Gutachter der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) bzw. für die PKV-Prüfdienste als auch für die Träger von Pflegeeinrichtungen als Handlungsgrundlagen verbindlich. Neben dem Qualitätsauftrag für alle Pflegeheimbetreiber und der einrichtungsindividuellen Organisationskultur sind in der Zukunft durch diese Richtlinien wichtige Handlungsoptionen für die Pflegeund Betreuungsmitarbeiter in der stationären Langzeitversorgung geschaffen worden. Sie müssen neben den knappen Ressourcen u. a. durch den strukturell bedingten Fachkräftemangel, bewerkstelligt werden. Die stringente Umsetzung erfordert verschlankte und maßgeschneiderte Prozesse und eine gut abgestimmte als auch abgesicherte interne Qualitätssicherung durch die Führung bzw. durch die Pflegedienstleitung (PDL) als verantwortliche Pflegefachkraft. Die Qualitätssicherung ist der Teil eines Qualitätsmanagements, »der auf das Erzeugen von Vertrauen darauf ausgerichtet ist, dass Qualitätsanforderungen erfüllt werden« (ISO 9000:2015).

Durch die gesetzlichen Richtlinien wurde ein Neubeginn für ein Prüf- und Qualitätssystems in der Versorgungslandschaft der stationären Pflege in Deutschland als eine Richtschnur für alle Träger von stationären Pflegeeinrichtungen ab 01. November 2019 mit dem Fokus auf die Ergebnisqualität verpflichtend. Die Ergebnisqualität stellt dabei ein Teil eines umfassenden Qualitätsbegriffes dar und kann mithilfe von zuverlässigen Indikatoren als ein Resultat des Pflege- und Versorgungsgeschehens erfasst werden (vgl. Preusker, 2013).

Die gesetzlich geregelten Grundlagen für die strukturierte Erhebung der Qualitätsindikatoren im Abstand von sechs Monaten und deren Messung (Berechnung) sowie die Darstellung von Qualität nach den externen jährlichen Qualitätsprüfungen sind:

Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität, die Qualitätssicherung und -darstellung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 SGB XI n. F. in der vollstationären Pflege (»MuG«) – vom 23.11.2018 mit vier Anlagen.

Qualitätsprüfungs-Richtlinien für die vollstationäre Pflege (QPR vollstationär). Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Durchführung der Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI für die vollstationäre Pflege – vom 17. Dezember 2018 mit neun Anlagen.

Vereinbarung nach § 115 Abs. 1a SGB XI über die Darstellung und Bewertung der Qualitätsindikatoren gemäß § 113 Abs. 1a SGB XI und die Ergebnisse aus Qualitätsprüfungen nach §§ 114 f. SGB XI – Qualitätsdarstellungsvereinbarung für die stationäre Pflege (QDVS) – vom 19.03.2019 mit acht Anlagen.

Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Verlängerung des Prüfrhythmus bei guter Qualität und zur Veranlassung unangemeldeter Prüfungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 114c Abs. 1 SGB XI (PruP-RiLi) – vom 23.09.2019. Die Kriterien für ein hohes Qualitätsniveaus auf der Grundlage »der Ergebnisse der nach § 114 SGB XI durchgeführten Qualitätsprüfungen werden auf empirischer Grundlage bis zum 31.10.2020 festgelegt« (§ 3 PruP-RiLi, 2019: 3).

Die o. g. gesetzlichen Regelwerke beinhalten viele neue Details und sind nicht immer für die Leser oder für die Anwender selbsterklärend. Auf den gesetzlichen Grund lagen der »Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität« (»MuG«) mit dem Fokus auf Ergebnisqualität ist jede vollstationäre Pflegeeinrichtung jetzt gesetzlich gefordert, die festgelegten Versorgungsdaten (Qualitätsindikatoren) der vergangenen sechs Monate in der Zukunft für alle Heimbewohner (mit definierten Ausschlussgründen, z. B. während einer Kurzzeit- oder Verhinderungspflege, s. MuG, Anlage 3, 2018d: 28) stichtagsbezogen zu erheben und an die Datenauswertungsstelle (DAS) in einer EDV-gestützten elektronischen Erfassung zur Auswertung, d. h. zur Berechnung zu übermitteln. Die Qualitätsindikatoren die gemessen werden, können als »Maße, deren Ausprägung eine Unterscheidung zwischen guter und schlechter Qualität von Strukturen, Prozessen und/oder Ergebnissen der Versorgung ermöglichen sollen« verstanden werden (DNEbM, 2011).

Viele Synonyme werden für die »Qualitätsindikatoren« oder »Qualitätsdaten« verwendet, wie z. B. Versorgungsdaten, Ergebnisindikatoren oder Indikatorendaten, die sich insgesamt in der Langzeitpflege alle auf die zuverlässigen und messbaren Versorgungsmerkmale der Bewohner beziehen. Alle Merkmale (Indikatoren) des indikatorengestützten Verfahrens werden zusammen bei den »Merkmalsträgern« (Bewohnern) als Indikatorenset (IQs) bzw. auch als Indikatorenmodell bezeichnet, die den Qualitätsbegriff einer guten Versorgungssituation erfassen und in der Zukunft abgebildet werden müssen.

Die aQua als Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen mit Sitz in Göttingen, wurde im Februar 2019 durch den Qualitätsausschuss Pflege (www.gs-qsa-pflege.de) beauftragt, die Unabhängige Datenauswertungsstelle (www.das-pflege.de) nach § 113 Abs. 1b SGB XI aufzubauen und zu betreiben. Die Hauptaufgabe der Datenauswertungsstelle (DAS) besteht in diesem neuen Prüfverfahren, die halbjährlich übermittelten einrichtungsbezogenen Datensätze zu erfassen und durch eine vergleichende Messung im Bundesvergleich auf der Grundlage der neuen Darstellungsformen in der stationären Pflege auszuwerten, um die Ergebnis- und Versorgungsqualität zu messen und die für die Pflegeeinrichtung und für die Öffentlichkeit sowie für andere relevanten interessierten Parteien oder Anspruchsgruppen (z. B. auch Nutzer, Kostenträger, Mitbewerber oder für Angehörige, Zugehörige und Betreuer) als Informationsangebot abzubilden.

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Neue Anforderung!

Durch die Revision der ISO 9001 hat sich der Begriff der fünf relevanten »Interessierten Parteien«, z. B. Kunden, Mitarbeiter, externe Anbieter, Gesellschaft und Eigentümer verändert und wurde jetzt weiter gefasst.

Eine relevante interessierte Partei (Anspruchsgruppe) kann demnach eine Person oder eine Organisation sein, die eine Entscheidung oder eine Tätigkeit beeinflussen kann oder die sich davon beeinflusst fühlen kann (vgl. DIN EN ISO 9000:2015). Nach dieser Definition entscheidet eine Organisation mit ihrer Zweckbestimmung über die beliebige Anzahl von relevanten interessierten Parteien und kann dadurch auch opponierende Interessengruppen wie z. B. auch die Mitbewerber auf dem Senioren- und Pflegemarkt einschließen. Unbenommen gehören zur Marktorientierung, dass gut informierte Mitarbeiter mit ihren Schlüsselkompetenzen als ein wichtiger Aspekt der Mitarbeiterorientierung in wichtige Prozesse einbezogen werden. Das sichert den Erfolg jeder Pflegeeinrichtung! Durch die neue Prüf- und Bewertungssystematik der Ergebnisindikatoren und durch die externen Qualitätsprüfungen ist jetzt das Pflegemanagement und somit die Leitungsebene in den vollstationären Pflegeeinrichtungen im besonderen Maß gefragt, die gesetzlichen Qualitätsanforderungen einrichtungsintern im Blick zu behalten und zu erfüllen, damit gute Versorgungsergebnisse als ein Anreizsystem im Vergleich zu anderen Mitbewerbern erreicht werden. Auch wenn mit dem neuen Qualitäts- und Prüfsystem keine neuen Dokumentationserfordernisse (»Dokumentierte Informationen« n. d. ISO 9000:2015), d. h. keine zusätzlichen Assessments für die Pflege abverlangt werden, stellen neben der verantwortlichen Pflegefachkraft die aktive Rolle der professionell Pflegenden neue Herausforderungen für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement in seiner Gesamtheit dar.

Mit der Abkehr von den »Schulnoten« (Pflegenoten 1–5) und den Einzelnoten in bestimmten Bereichen sind die neuen Qualitätsprüfungs-Richtlinien (QPR) in sechs prüfrelevante Qualitätsbereiche mit insgesamt 24 verschiedenen fachlich relevanten Qualitätsaspekten (QA) für die Pflegequalität (»QPR-Prüfung«) untergliedert worden. Dabei beurteilen die ersten vier Qualitätsbereiche die personenbezogene Versorgungsqualität und umfassen 21 von 24 fachlich relevanten Qualitätsaspekten. Drei von 24 Qualitätsaspekten beziehen sich auf die Strukturqualität. Neu sind in dem Qualitäts- und Prüfverfahren nicht unbedingt die Qualitätsanforderungen, sondern die Art der Stichprobenziehung und die Auswahl der einzelnen Bewohnergruppen mit den unterschiedlichen Merkmalskombinationen, die miteinander verglichen werden. Nachfolgend werden die sechs Qualitätsbereiche in der QPR als Überblick dargestellt:

Bewohnerebene

In den ersten vier o. g. Qualitätsbereichen stehen die Bewohner sowie deren individuelle bedarfs- und bedürfnisgerechte personelle Unterstützung zur Beurteilung der personenbezogenen Versorgung im Mittelpunkt und beinhalten die Module des Begutachtungsinstruments sowie die Expertenstandards des DNQP. Dabei werden aus der Bewohnersicht die fachlich relevanten Qualitätsaspekte zur personenbezogenen Versorgung im Rahmen der Regelprüfung durch die externen MDK-Gutachter bzw. durch die PKV-Prüfdienste beurteilt (vgl. QPR, 2018, Anlage 1: Prüfbogen A, 2018). In einem gesonderten Abschnitt (vgl. QPR, 2018, Anlage 2: Prüfbogen B, 2018) sind zwei weitere Qualitätsbereiche zur Beurteilung der Einrichtungsebene in einem 5. Qualitätsbereich »Bedarfsübergreifende Qualitätsaspekte« sowie in dem 6. Qualitätsbereich »Einrichtungsinterne Organisation und Qualitätsmanagement« mit einer kriteriengestützten Bewertung und den Erläuterungen zu den nicht erfüllten Anforderungen zur Erfassung der Strukturqualität geschaffen worden.

Die erreichten Ergebnisse aus der Beurteilung der fachlich relevanten Qualitätsaspekte im Prüfbogen A zur Beurteilung der personenbezogenen Versorgung werden in der Zukunft für jeden einzelnen Bewohner nach vier verschiedene Bewertungskategorien (A-D-Kategorien) mit Abstufungen bei Auffälligkeiten und Qualitätsdefiziten beurteilt und dementsprechend zugeordnet (vgl. QPR, Anlage 5: Qualitätsbewertung Qualitätsprüfung, 2018). Im Hintergrund dieser neuen Bewertungssystematik ist wichtig zu wissen, dass z. B. eine C- oder D-Wertung als ein »Defizit mit eigetretenen negativen Folgen für den Bewohner bzw. die Bewohnerin« für eine »fehlende Bedarfs- oder Bedürfnisgerechtigkeit nicht allein auf der Grundlage einer fehlenden Information in der Pflegedokumentation vergeben werden darf« (QPR, Anlage 5, 2018: 3 ff.; QDVS, Anlage 7, 2019: 3). Die Umsetzung und verbindliche Anwendung der nationalen Expertenstandards nach § 113a SGB XI die einrichtungsintern in jedem Fall immer anzupassen sind, stellen als normative Bezugspunkte in dem neuen Qualitäts- und Prüfsystem im Zusammenhang der Qualitätsbeurteilung der bewohnerorientierten Versorgung auch weiterhin eine herausragende Bedeutung dar. So wird bspw. die einrichtungsindividuelle Umsetzung der Nationalen Expertenstandards des DNQP in der Altenpflege bei den relevanten Themenbereichen in den einzelnen Qualitätsaspekten der QPR betont und erwartet.

Neben den Qualitätsaussagen und der Informationserfassung sowie einer Allgemeinen Beschreibung des Qualitätsaspekts wurden zu jedem Qualitätsaspekt in den ersten fünf Qualitätsbereichen in den neuen Prüfungsrichtlinien eine unterschiedliche Anzahl von Leitfragen festgelegt, um die Ergebnisqualität nach den neuen vier Bewertungskategorien mit Abstufungen (A–D) bei bestehenden Qualitätsdefiziten beurteilen und messbar zu machen. Die Leitfragen innerhalb der QPR ersetzen zukünftig in den vollstationären Pflegeeinrichtungen die Ausfüllanleitungen zu den Pflege-Transparenzkriterien (PTVS) und erwarten eine bedürfnis- und bedarfsgerechte personelle Unterstützung der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen (vgl. QPR, Anlage 1: Prüfbogen A und QPR, Anlage 2: Prüfbogen B, 2018). Die Leitfragen mit Hinweisen innerhalb der einzelnen Qualitätsaspekte (QA) stellen für das externe Prüfteam einen wichtigen »roten Faden« sowie eine durchgehende themenbezogene Orientierung dar und sollten durch die Pflegedienstleitung zur internen Qualitätssicherung als Vorbereitung von externen Qualitätsprüfungen unter Zuhilfenahme der »Erläuterungen zu den Prüfbögen« (s. QPR, Anlage 4, 2018) genutzt werden. Die Beantwortung der Leitfragen und die »Erläuterungen zu den Prüfbögen« mit den Hinweisen zu den Leitfragen sollten durch die QM-Verantwortlichen, Pflegedienstleitungen und letztendlich auch durch die Bezugspflegefachkräfte durch ihre dahinterstehende Zielsetzung sehr ernst genommen werden. »Zu den jeweiligen Leitfragen ist in der Ausfüllanleitung beschrieben, welche Aspekte des pflegerischen Handelns in die Beurteilung einbezogen werden sollen« und verweisen darauf, was durch die Träger von Pflegeeinrichtungen zu realisieren ist (QPR, 2018: 11 f.). Die Begriffsdeutungen der Leitfragen finden sich im Übrigen auch in den sechs pflegerelevanten Themenfeldern des Strukturmodells nach der Strukturierten Informationssammlung (SIS®) oder in anderen Managementanforderungen (z. B. MAAS-BGW zum Arbeitsschutz) wieder und dienen in diesem Bezugspunkt als eine Anleitung für die Prüfer und Pflegenden, die Informationen aus der Bewohnersicht bzw. der Pflegekunden in den ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen zu erfassen. Allerdings können diese Leitfragen z. B. aus der SIS® nicht direkt als eine Auflistung entnommen werden, sondern wurden in einer gesonderten Anleitung (Handlungsanleitung 1.0) für die Pflegenden und Betreuungskräfte zur Verfügung gestellt (vgl. Beikirch et al., 2014: 20; BMG, 2015: 28 ff.). Mit Ausnahme der Prüffragen und der kriteriengestützten Beurteilung im 6. Qualitätsbereich »Einrichtungsinterne Organisation und Qualitätsmanagement« mit den internen und externen Themen zur Strukturqualität können die Leitfragen in den einzelnen QA in den fünf Qualitätsbereichen, nicht nur als bloße Prüffragen mit Abstufungen, z. B. mit »Ja« oder »Nein« bzw. »Weiblich« oder »Männlich« und »Bestanden« oder »Nicht bestanden« bzw. »Gut« oder »Schlecht«, als dichotome Variablen, d. h. mit nur zwei Merkmalsausprägungen, beantwortet werden. Alle Leitfragen in den fachlich relevanten Qualitätsaspekten und die Art der prozessorientierten Fragestellungen sind von ihrem Konstrukt mit einer fachlich kompetenten und fachgerechten Pflege umfassender zu verstehen und können mit der Mind-Map-Technik mit den linearen Verzweigungen und den Verbindungslinien, als ein theoretisch aufgeladener Sachverhalt zur Strukturierung, Visualisierung und Hierarchisierung verglichen werden. Mit den formulierten Leitfragen als eine qualitative Methode werden durchgehend individuelle Problem- oder Bedarfslagen sowie komplexe pflegerische Sachverhalte unter Hinzuziehung aller relevanten Informationen oder auch interessierende Merkmale sachlich durch die externen Qualitätsprüfer eingegrenzt. Dadurch können die gewonnenen Informationen und die vorgefundenen pflegerischen Sachverhalte zu einer faktengestützten Entscheidungsfindung führen und weiter zu einem Qualitätsergebnis verdichtet werden, um zu Schlussfolgerungen zu gelangen. Diese Herangehensweise ermöglicht eine zusammenfassende Qualitätsbeurteilung in den relevanten Qualitätsaspekten, da durch die Fragestellungen eine sogenannte »theoretische Sättigung«, erzielt wird. Im Falle einer »theoretischen Sättigung« oder durch einen gewissen Sättigungsgrad können auch unter Zuhilfenahme weiterer Datenbestände und zusätzlichen Informationsgrundlagen, z. B. durch die Hinzuziehung der Pflegedokumentation, keine weiteren neuen Erkenntnisse generiert oder gewonnen werden. Diese Anstrengungen und Herangehensweisen sind kennzeichnend für die sieben Auditprinzipien und der Auditierung von Managementsystemen (vgl. DIN EN ISO 19011:2018).

Deshalb ist es grundsätzlich sinnvoll, sich neben dem Prüfbogen A zu der personenbezogenen Versorgung (QPR, Anlage 1, 2018) und dem Prüfbogen B zur Qualitätsbeurteilung auf der Einrichtungsebene (QPR, Anlage 2, 2018) im Rahmen der Vorbereitungen auf eine Regelprüfung sich ebenso mit den Erläuterungen zu den Prüfbögen (QPR, Anlage 4, 2018) inhaltlich vorher auseinanderzusetzen. Dabei sollte ein angestrebtes Ergebnis sein, durch eine hohe Kommunikations- und Dialogbereitschaft in den Pflege- und Betreuungsteams eine grundlegende Verständigung als eine gemeinsame Sprache sowie Teamkultur auf der Verstehensebene von Begrifflichkeiten und Zusammenhängen in Bezug auf die »Qualitätsaussage« und der »Allgemeinen Beschreibung« im Kontext der Leitfragen aus den Prüfungsrichtlinien zu vereinbaren bzw. zu erzielen. Denn: »Das Gegenteil von schlecht muss nicht gut sein – es kann noch schlechter sein« (Paul Watzlawick, 1921–2007). Zur Problemeingrenzung und zum Sättigungseffekt gehört es, eine gemeinsame Sprache und Sichtweise auf der Verstehensebene in den Pflege- und Betreuungsteams (Soziale Betreuung) zu finden, um Begrifflichkeiten oder Sachverhalte in den durch die Leitung festgelegten Verständigungs- und Kommunikationsprozessen in der sozialen Interaktion auszulösen und vorab die pflegeund betreuungsrelevanten Sichtweisen und den individuellen Versorgungsbedarf eines Bewohners als einen gemeinsamen Nenner im Team »personenzentriert« festzulegen. Hier müssen die Pflege- und Betreuungsteams erst eine einheitliche Meinung und Verständigung sowie eine allgemeingültige Sichtweise »erarbeiten« bzw. Verhaltensregeln gemeinsam festlegen. Eine gute Verständigung gelingt hier besonders schnell, wenn die gut informierten Pflege- und Betreuungsmitarbeiter im multidisziplinären Team bewusst die Technik des aktiven Zuhörens beherrschen und anwenden sowie ein Interesse für die Aufgaben und Zielsetzungen abteilungsübergreifend füreinander haben oder gemeinsam entwickeln. In der Praxis passieren im Verständigungsprozess oftmals Fehler und es entstehen Missverständnisse in den Prüfsituationen, weil eine Verständigung über gängige Grundbegriffe und Sachverhalte oder Aspekte im pflegerischen Handeln als eine verbindliche Sprache oder Sichtweise oftmals fehlen. Auch kann häufig festgestellt werden, dass getroffene Aussagen der begleitenden Pflegemitarbeiter in Qualitätsprüfungen in einem Widerspruch zu den Beurteilungen der Qualitätsprüfer zueinanderstehen. Oft kann in diesen Stresssituationen auch beobachtet werden, dass es durch vorschnelle Haltungen und Überzeugungen im Kontext der Prüfsituation nicht immer gut gelingt, zu argumentativ begründbaren Aussagen zu gelangen. So kann bspw. im 3. Qualitätsbereich »Unterstützung bei der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte« die erste Leitfrage im Qualitätsaspekt 3.3 »Nächtliche Versorgung« durchaus unter verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln betrachtet und auch beantwortet werden: »Liegt eine aussagekräftige Bedarfseinschätzung und individuelle Maßnahmenplanung für die nächtliche Versorgung vor?« Zur Beantwortung dieser Leitfrage sind Hinweise in der Pflegedokumentation nur dann erforderlich, wenn ein nächtlicher fachgerechter Unterstützungsbedarf, z. B. bei einer Demenz mit umgekehrten Schlaf- und Wachrhythmus besteht. Kennzeichnend für die neurodegenerativen Prozesse mit kognitiven Veränderungen sind z. B. die verschiedenen Formen und Leitsymptome einer fortgeschrittenen Demenz. Die Desorientierung, Sprachstörungen, herausfordernde Verhaltensweisen sowie ein umgekehrter Schlaf- und Wachrhythmus kann den Umgang und die Pflege- und Betreuungssituation grundsätzlich erschweren (vgl. Bartholomeyczik; Halek, 2017: 51 ff.).

Bei der o. g. Leitfrage zur nächtlichen bedarfs- und bedürfnisgerechten Versorgung ist im Verständnis bspw. in den Pflege- und Betreuungsteams vorab zu klären, was unter einem »nächtlichen Unterstützungsbedarf« verstanden wird und wie sich der nächtliche individuelle Versorgungsbedarf in solchen Situationen tatsächlich verändert bzw. wie sich ein herausfordernd erlebtes Verhalten oder andere Verhaltensauffälligkeiten im Nachtdienst bei einem Bewohner darstellen und auswirken. Also, welche Inhalte oder Umschreibungen sollten sich knapp in einer handlungsleitenden Maßnahmenplanung oder anderen »dokumentierten Informationen« (Aufzeichnungen) zu diesen individuellen Problem- und Bedarfslagen auf jeden Fall wiederfinden? Sind ein einmaliger Unruhezustand oder eine Verhaltensauffälligkeit in der Nacht bereits ein nächtliches Problem oder nicht? Und wenn ja, für wen? Pflegerische Sachverhalte und das zugrundeliegende professionelle Qualitätsverständnis sind somit keine Einzelphänomene, sondern sie sind immer ein multidimensionales Konstrukt in einem größeren Bezugsrahmen. Oft fehlt es also nicht am Fachwissen der einzelnen Pflegeund Betreuungsmitarbeiter im Pflegeheim, sondern es fehlen im pflegerischen Fachgespräch eine grundlegend einheitliche Verständigung als eine »gemeinsame Sprache« oder die Festlegung und Begründung zu einer Verstehenshypothese (z. B. bei Bewohner mit einer Demenz) sowie eine klare nachvollziehbare Argumentation, um z. B. eine veränderte Pflege- und Versorgungssituation plausibel darstellen oder umschreiben zu können. Damit diese Fehler oder Unsicherheiten z. B. in den Prüfsituationen nicht passieren können, sollte die gemeinsame Sprache und die einheitlichen Sichtweisen zur Beantwortung der Leitfragen innerhalb der Qualitätsaspekte als eines der Basiskompetenzen über den Verständigungsprozess durch Übungen mit den Pflegefachkräften trainiert und als eine erfolgsversprechende gemeinsame Teamleistung betrachtet werden. Ein Wissensmanagement bietet hier verschiedene Möglichkeiten an, »ie Fähigkeiten, Wissen und Fertigkeiten anzuwenden, um beabsichtigte Ergebnisse zu erzielen« (ISO 9000:2015). Durch ein breit aufgestelltes Wissensmanagement kann in einem Pflegeheim z. B. eine zweitägige externe Qualitätsprüfung durch die MDK- bzw. durch die PKV-Prüfdienste mit »Keine oder geringe Qualitätsdefizite« im Gesamtergebnis in den einzelnen QA gut abgeschlossen und später mit Stolz nach Außen dargestellt sowie für verschiedene Anspruchsgruppen repliziert werden. Es ist wichtig, sich in diesen Prüfsituationen gut informiert, verständlich und deutlich fundiert mitzuteilen, da diese Fähigkeiten entscheidend sein können, um andere Menschen gut über einen gegenläufigen Sachverhalt überzeugen zu können. Durch die Abkehr zu den Pflege-Transparenzvereinbarungen und Transparenzkriterien (PTVS) in der stationären Pflege wurden für die Zukunft zur Darstellung der Ergebnisqualität in den vollstationären Pflegeeinrichtungen drei nutzerorientierte Darstellungsformen als Informationsangebot aus der Verbrauchersicht festgelegt:

1. Prinzipienskizze zur Darstellung der von der Pflegeeinrichtung bereitgestellten Informationen (Einrichtungsinformationen):

Name der Einrichtung:         Musterhaus
Art der Einrichtung:         Vollstationäre Pflegeeinrichtung
Letzte Aktualisierung:         31. Mai 2020

Allgemeine Informationen über die Einrichtung: z. B. Möglichkeit eines Probewohnens, Erreichbarkeit der Pflegeeinrichtung, speziell qualifizierte Pflegefachkräfte z. B. Wundexperten, Palliativpflege etc.

2.Ergebnisse aus den externen Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst bzw. den PKV-Prüfdienst. Es werden durch die Qualitätsdarstellungsvereinbarung (vgl. § 6 QDVS, 2019 und QVDS, Anlage 6, Zu veröfentlichende Prüfergebnisse) aus der Nutzerperspektive ebenso die Ergebnisse der beiden letzten externen Qualitätsprüfungen aufgezeigt, um eine Entwicklungstendenz für die interessierten Verbraucher und Nutzer, z. B. bei der Suche nach einem Heimplatz, ableiten zu können. Zur Veröfentlichung der Prüfergebnisse aus den Qualitätsprüfungen nach §§ 114 f. SGB XI werden 16 Qualitätsaspekte herangezogen (vgl. § 6 QDVS, 2019).

Vierstufiges Bewertungsschema: Vier Punkte ist die beste Bewertung und die schlechteste Bewertung wird mit einem Punkt als gleich große Quadrate versehen.

3.Bewertung der Versorgungsergebnisse (Qualitätsindikatoren in den zehn Themenbereichen) sowie die Darstellung der ausgewerteten Ergebnisqualität nach Maßgabe der Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität (»MuG«) unter Anwendung bestimmter Bewertungsregeln und Merkmalskombinationen (Unterteilung von Risiko- bzw. Bewohnergruppen).

Fünfstufige Bewertungssystematik: 5 Punkte ist die beste Bewertung und die schlechteste Bewertung wird mit 1 Punkt versehen. Die Ergebnisse werden durch gleich große Kreise dargestellt.

Die Bewertungssystematik der Ergebnisqualität liest sich folgendermaßen:

image : Die Ergebnisqualität liegt weit über dem Durchschnitt.

image : Die Ergebnisqualität liegt leicht über dem Durchschnitt.

image : Die Ergebnisqualität liegt nahe beim Durchschnitt.

image : Die Ergebnisqualität liegt leicht unter dem Durchschnitt.

image : Die Ergebnisqualität liegt weit unter dem Durchschnitt.

1.5.1 Erhebung der Qualitätsindikatoren

Nach dem neuen indikatorengestützten Verfahren müssen alle vollstationären Pflegeeinrichtungen die relevanten sowie festgelegten Versorgungsdaten, ab 01. Oktober 2019 bis 30. Juni 2020 (Erprobungszeitraum) einmalig und ab 01. Juli 2020 halbjährlich stichtagsbezogen für alle Bewohner als Vollerhebung nach erstmaliger Anmeldung der Pflegeinrichtung im Webportal der DAS (www.das-pflege.de), erfassen und übermitteln (vgl. § 113 Abs. 1b, SGB XI n. F.; MuG, Anlage 3, 2018d: 24 ff.). Aufigabe der DAS ist, die Indikatoren zur Messung der Ergebnisqualität auszuwerten, d. h. zu berechnen und in einem Feedbackbericht zu übermitteln (§ 114b Abs. 1 SGB XI n. F.).

Zum Registrierungsprozess durch die DAS gehört es, dass sich ein Administrator z. B. die Heimleitung und mindestens eine vertretungsberechtigte Person für die Pflegeeinrichtung z. B. die verantwortlichen Pflegefachkraft mit jeweils einer E-Mail-Adresse als Benutzername im Webportal durch die DAS registrieren lassen müssen.

Die vertretungsberechtigte Person für die Pflegeeinrichtung ist nach der Rücksendung der schriftlichen Eigenerklärung der DAS dafür verantwortlich, dass die Datensätze der Versorgungsergebnisse zum Zwecke der Auswertung an die DAS korrekt und vollständig übermittelt werden. Die vertretungsberechtigte Person ist auch zur Kommentierung der Indikatorenergebnisse befugt und kann rechtsverbindliche Angaben gegenüber der DAS bei Rückfragen machen. Nach der Rücksendung der unterschriebenen Eigenerklärung und der schriftlichen Bestätigung (per E-Mail) durch die DAS verfügt z. B. die Pflegedienstleitung (PDL) als vertretungsberechtigte Person über die vollständige Funktionalität des Webportals der Datenauswertungsstelle.

Der Gesetzgeber hat im Juli 2019 eine Erprobungsphase für alle Pflegeeinrichtungen vom 01.10.2019 bis 30.06.2020 und eine Übermittlung der Versorgungsdaten zu einem beliebigen Zeitpunkt festgelegt. In diesem Erprobungszeitraum können »jederzeit weitere Datenlieferungen an die DAS übermittelt werden« (Mauel, bpa, 2019). Die einrichtungsindividuellen Stichtage zur strukturierten Erhebung der Versorgungsdaten gelten in der Erprobungsphase noch nicht. Die übermittelten Versorgungsdaten für die erste Erprobung werden durch die DAS ausgewertet und die Ergebnisse in einem gesonderten Feedbackbericht zusammengefasst. Die erhobenen Versorgungsergebnisse in dem ersten Erprobungszeitraum durch die DAS werden nach der Auswertung nur an die Pflegeeinrichtung übermittelt und sind noch nicht für andere Interessens- bzw. Anspruchsgruppen, z. B. die Landesverbände der Pflegekassen oder die Prüfdienste etc. bestimmt.

Die verbindlichen Stichtage (Start: 1. Stichtag ... – fortlaufende Verbesserung 2. Stichtag ...) zur halbjährlichen stichtagsbezogenen Erhebung der Indikatoren als Vollerhebung und deren erstmalige Veröffentlichung beginnen somit ab dem 01. Juli 2020 und werden nach der Registrierung und der schriftlichen Bestätigung durch die DAS, unabhängig der nachfolgenden Kalenderjahre für die Zukunft für alle Pflegeheime verbindlich. Dabei bezieht sich die Ergebniserfassung und die Beantwortung der Fragen im Ergebungsinstrument auf den Zeitraum der vergangenen letzten sechs Monate und umfasst ebenso den Neueinzug von Bewohnern in dem Erfassungszeitraum, d. h. zwischen zwei Stichtagen. Dabei können die einmal festgelegten Stichtage nach der Registrierung in der Zukunft weder von der vertretungsberechtigten Person oder durch den Administrator noch durch die DAS verändert werden.

Der zweite Stichtag und alle weiteren Stichtage im halbjährlichen Abstand (alle sechs Monate!) berechnen sich automatisch durch den einmalig ersten festgelegten Stichtag im Webportal durch die DAS. Wird der einrichtungsindividuelle Stichtag oder ein Fristende auf ein Wochenende oder auf einen gesetzlichen bzw. bundeslandspezifischen Feiertag ermittelt, so gilt automatisch als Stichtag der nachfolgende Werktag oder Fristablauf (vgl. bpa, 2019b). Nach den Regelungen finden in den Monaten Juni und Dezember jeden Jahres grundsätzlich keine Datenerhebungen und Datenübermittlungen zur Messung und Berechnung der Ergebnisqualität statt (vgl. MuG, Anlage 1, 2018b: 5). Durch den dominierenden Anteil der sog. Verlaufsindikatoren (»Wie hat sich eine Versorgungssituation, z. B. eine Dekubitusentstehung im Verlauf verändert?«) ist abzusehen, dass alle aussagekräftigen Ergebnisindikatoren erst im Jahr 2021 als eine fassbare Grundgesamtheit (alle versorgten Heimbewohner) in Deutschland vorliegen werden. Als Grundgesamtheit gelten alle potenziell untersuchbaren Einheiten bzw. Elemente, die ein gemeinsames Merkmal oder eine gemeinsame Merkmalskombination aufweisen (vgl. Raithel, 2008: 54 f.).

Die DAS generiert auf der Grundlage der übermittelten Versorgungsdaten und nach einer statistischen Plausibilitätskontrolle sowie nach erfolgter datentechnischer Prüfung, z. B. auf Fehler und Vollständigkeit der Datensätze, im Rahmen der Datenübermittlung einen Feedbackbericht mit der Auswertung, d. h. mit der Messung (Berechnung) aller einzelnen Qualitätsindikatoren im bundesweiten Vergleich.

Durch die Datenauswertung, d. h. durch die Berechnung der Indikatorendaten durch die DAS wird die Ergebnisqualität der Pflegeeinrichtung in einer fünfstufigen Bewertungssystematik als ein mathematisch-errechnetes Gesamtergebnis für jeden einzelnen Indikator zusammengefasst und in einem Feedbackbericht dargestellt. Wie der nachstehenden Tabelle (image Tab. 4) zu entnehmen ist, kann sich dabei eine Pflegeeinrichtung im Wettbewerb mit anderen bundesweiten stationären Pflegeeinrichtungen durch die fünfstufige Bewertungssystematik auf der Ebene der Ergebnisqualität weit über dem Durchschnitt, leicht über, nahe beim oder leicht bzw. weit unter dem Durchschnitt befinden.

Die folgende Bewertung beruht auf Daten, die von der Pflegeeinrichtung erfasst und von einer unabhängigen Stelle ausgewertet wurden. Die Bewertung bezieht sich auf den 30. April 2017.

Tab. 4 : Bewertung der Versorgungsergebnisse: Ergebnisqualität (beste Bewertung: 5 Punkte / schlechteste Bewertung: 1 Punkt)

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Die Qualitätsindikatoren zeigen in der Zukunft in der Gesamtheit durch die statistische Berechnung und durch die Plausibilitätskontrolle die Versorgungsqualität aller Bewohner mit Prozentwerten auf und verdeutlichen der Pflegeeinrichtung, wie oft ein bestimmtes (Pflege)-Ereignis in der Versorgung bei einem Bewohner in den letzten sechs Monaten (z. B. Dekubitusentstehung, Schmerzmanagement Integrationsgespräche etc.) aufgetreten ist (vgl. IPW, 2019: 7 f.). Es werden mit diesem neuen Verfahren nur diejenigen Indikatoren bzw. Versorgungsdaten für die Messung und Berechnung und zur Darstellung herangezogen, die durch die Einwirkungsmöglichkeiten und somit im Verantwortungsbereich der Pflegeeinrichtung in eine bestimmte positive oder negative Entwicklung unmittelbar beeinflussbar sind.

Grundsätzlich lassen sich alle festgelegten Einzelindikatoren in den Qualitätsbereichen der Ergebnisqualität im Kontext der Organisation als wichtige interne und externe Themen messen, d. h. in Prozentwerten als Parameter mit den Merkmalsausprägungen statistisch als Verhältniszahl in dem Vergleich mit anderen Pflegeeinrichtungen in Deutschland durch die DAS berechnen und als ein Qualitätsergebnis abbilden. Die statistische Berechnung und die Darstellung der Versorgungsdaten (tlw. mit Differenzierungen in zwei Risiko- bzw. Bewohnergruppen) ist ein bestimmender Aspekt für die Auswahl von genau diesen benannten evidenzbasierten Ergebnisindikatoren.

Auch wenn die Gäste in der Kurzzeitpflege nicht durch die DAS berechnet werden, so sind diese Bewohnergruppen (image Tab. 5) als auch Bewohner, die gerade in die Pflegeinrichtung eingezogen sind oder seit der letzten vorangegangenen Erhebung verstorben sind, in dem einrichtungsinternen Erhebungsreport (Pseudonymisierungsliste) mit dem personenbezogenen Code (Pseudonymen) und der Zuordnung aller Bewohner tabellarisch zu erfassen (vgl. MuG, Anlage 3, 2018d: 24 f.). Ein einmalig vergebenes Pseudonym gilt für den gesamten Heimaufenthalt und kann durch die Pflegeinrichtung nicht noch einmal vergeben werden. Ein Bewohner erhält auf Dauer das gleiche Pseudonym. Es kann z. B. für diese Person wiederverwendet werden, wenn sie die Pflegeeinrichtung verlässt und später in die Langzeitpflege der Pflegeeinrichtung zurück kommt (vgl. www.gs.qsa-pflege.de, FAQ zu den MuG, 2019: 3).

Somit muss der einrichtungsinterne Erhebungsreport für alle Bewohner die in der Pflegeeinrichtung leben, fortlaufend mit großer Sorgfalt und Genauigkeit durch die Pflegeeinrichtung, z. B. durch die Heimverwaltung oder durch die Pflegedienstleitung (als vertretungsberechtigte Person) fortgesetzt werden, da dieser in tagesaktueller Fassung auch im Falle einer Qualitätsprüfung dem MDK bzw. den PKV-Prüfdiensten, z. B. bei einer Regel-, Anlass- oder Wiederholungsprüfung zur Entschlüsselung (Dekodierung) der versorgten Bewohner als eine wichtige Grundlage zur Stichprobenziehung dient. Die Bewohner die nicht mehr in der Pflegeeinrichtung versorgt werden, sollten zur besseren Übersicht in dieser EDV-gestützten Pseudonymisierungsliste im Kontextmenü ausgeblendet werden.

Tab. 5 : Erhebungsreport (vgl. IPW, 2019: 13); eigene Darstellung

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In der o. g. Tabelle 5 wurde beispielhaft für jeden Bewohner vermerkt, wann z. B. eine Ergebniserfassung vorgenommen wurde bzw. kann durch die definierten Ausschlussgründe entnommen werden, warum ein Bewohner oder eine Bewohnerin nicht in dem Erhebungsinstrument zur Ergebniserfassung berücksichtigt wurde. So wurde beispielhaft die erste stichtagsbezogene Erhebung (Stichtag: 01. April 2021) für Herrn Willi Meyenfeld, der bereits viele Jahre in der Pflegeeinrichtung lebt, im Erhebungszeitraum (14 Tage!) am 12.04.2021 sowie die zweite Erhebung (Stichtag: 03.10.2021) am 09.10.2021 fristgerecht durchgeführt. Die Bewohnerin Frau Fuchs ist seit dem 02.04.2021 Gast in der Kurzzeitpflege und wird nur im Erhebungsreport aufgenommen. Eine Datenübermittlung muss durch die Ausschlussgründe in diesem Fall durch die vollstationäre Pflegeeinrichtung nicht vorgenommen werden. Durch die definierten Ausschlussgründe müssen ebenso die Versorgungsdaten für die neu eingezogene Bewohnerin Frau Maria Langenfeld in der ersten Erhebung am 01.04.2021 wie auch für die Bewohnerin Frau Gisela Meinecke (Einzug am 01.10.2021) nicht an die DAS übermittelt werden, da der Einzug weniger als 14 Tage vor dem Stichtag stattgefunden hat.

Dadurch, dass in der Tagespflege die Anwendung und die Erhebung von Qualitätsindikatoren nicht vorgesehen ist, müssen die benannten Indikatorendaten nach dem Indikatorenmodell nicht in den teilstationären Pflegeeinrichtungen der Tages- und Nachtpflege und in den solitären Einrichtungen der Kurzzeitpflege sowie in den Einrichtungen der Behindertenhilfe als Datensätze erhoben und an die DAS übermittelt werden (vgl. MuG, Anlage 1, 2018b: 1 ff.).

Für die externen Qualitätsprüfungen in den teilstationären Pflegeeinrichtungen (z. B. Tagespflege) gelten die bestehenden Richtlinien (QPR) auch mit der Einführung des neuen Qualitäts- und Prüfverfahrens in der stationären Pflege über den 31. Oktober 2019 hinaus (vgl. QPR, 2018: 4; BAnz, 2013; QPR vom 27. November 2017b).

1.5.2 Indikatorenset und Qualitätsmessung

Das nachfolgende Indikatorenset dient neben weiteren Informationen im Instrument zur Ergebniserfassung zur stichtagsbezogenen Vollerhebung, Beur teilung und zur vergleichenden Messung der Ergebnisqualität für alle vollstationären Pflegeeinrichtungen:

1.erhaltene Mobilität*

2.erhaltene Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen (z. B. Körperpflege)*

3.erhaltene Selbstständigkeit bei der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

4.Dekubitusentstehung* (Dekubitalulcera ab Kategorie 2–4)

5.schwerwiegende Sturzfolgen*

6.unbeabsichtigter Gewichtsverlust*

7.Durchführung eines Integrationsgesprächs

8.Anwendung von Gurten

9.Anwendung von Bettseitenteilen

10.Aktualität der Schmerzeinschätzung

Durch die Unterschiede in den Bewohnerstrukturen und unter der Berücksichtigung der Bewertungsregeln wird bei einem Indikator mit einem Sternchen (*) eine Unterteilung der Bewohner in zwei Risikogruppen vorgenommen, um einen gerechten Vergleich in der Betrachtung in den genannten Bewohnergruppen vornehmen zu können. »Das hängt damit zusammen, dass Versorgungsergebnisse für zwei Bewohnergruppen (Risikogruppen) getrennt betrachtet werden, weil es sonst zu Verzerrungen aufgrund der unterschiedlichen Bewohnerstruktur in den Einrichtungen kommen würde« (IPW, 2019: 9).

So erfolgt zur Beurteilung und zur Berechnung der Einzelergebnisse eines Bewohners durch eine vorherige automatische Gruppenbildung in den Qualitätsbereichen durch die DAS, z. B. bei dem Indikator »Erhaltene Mobilität« im Kontext der Mobilität und der »Kognitiven Fähigkeiten« sowie bei anderen Merkmalskombinationen, eine Differenzierung zwischen den Bewohnern in der Risikogruppe 1 und der Risikogruppe 2. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht beispielhaft diese Merkmalskombinationen und die Gruppenbildungen.

Bis auf die nachfolgend definierten Ausschlüsse werden alle Bewohner- und Versorgungsdaten im Zuge der stichtagsbezogenen Erhebung im einrichtungsinternen Erhebungsreport durch ein Pseudonym (6-stellig) erhoben und an die DAS zur Berechnung, Messung und Darstellung der Ergebnisqualität übermittelt. Die vollstationäre Pflegeeinrichtung hat vor der Ergebniserfassung die Aufgabe, zu überprüfen, welche Bewohner aus der Ergebniserfassung ausgeschlossen werden können. Die vier definierten Ausschlussgründe sind (vgl. IPW, 2019: 11; MuG, Anlage 3, 2018d: 28):

1.Einzugsdatum liegt weniger als 14 Tage vor dem Stichtag.

2.Bewohner ist Kurzzeitpflegegast.

3.Bewohner befindet sich in der Sterbephase.

4.Bewohner hält sich seit mindestens 21 Tagen vor dem Stichtag nicht mehr in der Einrichtung auf (z. B. wegen einer Krankenhausbehandlung oder eines längeren Urlaubs mit Angehörigen).

Die o. g. definierten Ausschlussgründe gelten nur für die Erhebung und Übermittlung der Qualitätsindikatoren müssen aber unter Nennung der Ausschlussgründe, z. B. auch die Gäste zur Kurzzeitpflege (KZP) oder die KZP bei fehlender Pflegebedürftigkeit nach § 39c SGB V, in dem einrichtungsinternen Erhebungsreport (image Tab. 5) mit dem Pseudonym (Code) festgehalten werden.

Bei der genaueren Betrachtung der Indikatoren fällt auf, dass z. B. nach pflegefachlicher Expertise und Einschätzung die Begleitung sterbender Menschen oder die gesundheitliche Versorgungsplanung (gVP) für die letzte Lebensphase gem. § 132g Abs. 3 SGB V n. F. mit der Durchführung von Ethikfallberatungen oder einer ethischen Fallbesprechung im Team als ethisches Interaktionsmodell (n. Gordijn; Steinkamp, 2003) nicht berücksichtigt wurden. Des Weiteren kann festgestellt werden, dass bspw. auch die kontrollorientierte Reihenuntersuchung durch kooperierende Zahnärztinnen und Zahnärzte gem. § 119b Abs. 1 SGB V n. F. in der Langzeitpflege als ein weiteres wichtiges Thema in der stationären Altenpflege nicht in dem Indikatorenset als ein Merkmal berücksichtigt wurde. Gleichwohl wurden die Aspekte zur Zahn- und Mundgesundheit in dem Projekt »Modellhafte Pilotierung von Indikatoren in der stationären Pflege« (MoPIP) in dem Bereich der Selbstversorgung im Instrument von Wingenfeld et al. (2011) abgefragt, »jedoch nicht für die Bildung eines gesundheitsbezogenen Ergebnisindikators diskutiert« (UBC, 2017: 35 ff.).

Zu den Teams einer ethischen Fallbesprechung als ein sehr wichtiges Thema in der ambulanten und stationären Altenpflege gehören nach der sogenannten Nimwegener Methode z. B. die Hausärzte, Seelsorger, Angehörige, Betreuer, Therapeuten und die Bezugspflegefachkräfte. Durch diese multidisziplinäre Teambildung werden bspw. Fragestellungen bei nicht mehr einwilligungsfähigen Bewohner in einer ethischen Fallbesprechung diskutiert und eine begründbare sowie faktengestützte Beschlussfassung gemeinsam abgewogen und vereinbart. Zu diesem Thema ist wichtig, dass durch die teilnehmenden Teammitglieder ein Problem oder eine ethische Fragestellung (z. B. künstliche Ernährung mittels einer PEG oder eben nicht etc.) als auch ein ethisch begründbares Verhalten aus unterschiedlichen Perspektiven zu reflektieren ist und somit die Behandlungsentscheidung auf eine breitere Basis von Expertise und Akzeptanz gestellt wird (vgl. Steinkamp; Gordijn, 2000). Durch die kontrollorientierten Reihenuntersuchungen als ein weiteres wichtiges Thema soll z. B. die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität erhalten und die beschwerdeorientierte Inanspruchnahme in der Langzeitpflege vermindert werden (vgl. KZV BW, 2014).

Die Bewegmotive, warum gerade diese o. g. zwei wichtigen internen und externen Themen (z. B. die Pflege sterbender Menschen und die Mundgesundheit) nicht im bestehendem Indikatorenmodell als Indikatoren aufgenommen wurden, könnte vermutlich damit begründet werden, dass sich bspw. diese Gegebenheiten oder Pflegesituationen u. a. als Prozentzahlen mit zwei Stellen hinter dem Komma, mit der Frage: »Was soll hier gemessen werden?« sich datentechnisch nicht berechnen und sich ebenfalls nicht durch eine Parametereinschätzung darstellen lassen. Auch ist es in diesen Situationen unmöglich, Grenzwerte und Prozentzahlen oder andere Variablen mit dichotomen (zweistufige Abstufung) oder polytomen (mehr als drei Abstufungen) Merkmalsausprägungen als mögliche Antworten für die Bildung eines Indikators festzulegen, da sich die Parameter und die Sinnhaftigkeit der Darstellung für die Messung in diesen Situationen nur sehr begrenzt finden lassen und ebenso in erster Linie weder ethisch noch moralisch zu vertreten sind.

Auch wenn die nachfolgenden Bewohnergruppen bei anderen Indikatoren einbezogen werden, sind die Bewohnergruppen z. B. für die Messung der Indikatoren zum Selbstständigkeitserhalt bspw. durch auftretende Krankheitsereignisse oder bei einem unbeabsichtigten Gewichtsverlust ausgeschlossen und werden durch die festgelegten Bewertungsregeln und die spezifischen Ausschlusskriterien nicht berücksichtigt:

Komatöse oder somnolente Bewohner, Bewohner mit apallischem Syndrom.

Bewohner, die eine aktuelle und abgesicherte Diagnose einer bösartigen Tumorerkrankung oder eine Tetraplegie, Tetraparese, Chorea Huntington mit Auswirkungen auf die Pflege haben.

Bewohner, die während der letzten sechs Monate einen Schlaganfall, Herzinfarkt, eine Fraktur oder Amputation erlebt haben.

Bewohner, die in den letzten sechs Monaten einen Krankenhausaufenthalt von mindestens zwei Wochen Dauer hatten.

Bewohner, die bei der vorangegangenen Erhebung (vor sechs Monaten) bereits extrem stark beeinträchtigt waren (vgl. MuG, Anlage 3, 2018d: 29 f.).

Allerdings werden die o. g. versorgten Bewohner in den anderen Indikatoren einbezogen (vgl. bpa, 2019a: 28). Durch die Festlegung der Bewertungsregeln (wichtig für die DAS als sogenanntes »Rechenzentrum«) werden bspw. auch die Bewohner mit einer Tumorerkrankung (s.o.) bei der Berechnung des Indikators im Zusammenhang eines unbeabsichtigten Gewichtsverlustes automatisch nicht mitberücksichtigt. Auch wenn bei der strukturierten Erhebung der Versorgungsergebnisse definierte Ausschlussgründe bestehen, werden die Qualitätsindikatoren zum Teil auf der Grundlage der Module und dem unmittelbaren Bezug aus dem Begutachtungsinstrument zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit berechnet, die Bestandteile der Ergebniserfassung sind (vgl. MuG, Anlage 2, 2018c: 1 ff.). Dies setzt voraus, dass das Begutachtungsinstrument (BI) am Tag des einrichtungsindividuell festgelegten Stichtags für alle versorgten Bewohner aktuell erfasst und die pflegefachlich begründeten Kriterien nach den Begutachtungsrichtlinien (BRi) bei den Bezugspflegefachkräften bekannt sein müssen:

BI-Modul 1: Mobilität

BI-Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

BI-Modul 4: Selbstversorgung

Details

Seiten
ISBN (ePUB)
9783842690059
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2020 (April)
Schlagworte
Altenpflege Ambulante & häusliche Pflege Pflege Pflegemanagement & -planung

Autor

  • Johann Weigert (Autor:in)

Johann Weigert ist Heimleiter, TQM-Auditor® für den Bereich Sozial- und Gesundheitswesen. Seit 2002 ist er Leiter des zentralen Qualitätsmanagements der DANA Senioreneinrichtungen GmbH in Hannover.
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Titel: Qualitätsmanagement